Brüssel ist eine Pilgerstätte für Jugendstilfans aus aller Welt. Ihr erster Anlaufpunkt ist meist das frühere Haus des wegweisenden Architekten Victor Horta, der es 1901 im Vorort St-Gilles erbaute. Er entwarf jedes kleine Detail und schuf so ein Juwel aus farbigem Glas, Schmiedeeisen und fein ausgeführten Schnitzarbeiten. Heute ist es das Musée Horta.
Der Stil, den Horta populär machte, war der Jugendstil oder Art nouveau – eine „neue Kunst“, weil er sich mit seinen stilisierten organischen Schwüngen und dem Einsatz neuer Materialien nicht auf vergangene Stile bezog. Hortas erstes Experiment – eines der ersten Beispiele für Jugendstilarchitektur – war das Hôtel Tassel (6 Rue Paul-Émile Janson), dessen bahnbrechende Neuerungen einen halboffenen Grundriss und eine Eisenkonstruktion mit Blütenrankenschmuck beinhalteten. Weitere Jugendstilhäuser anderer Architekten sehen Sie in der Rue Faider, der Rue Defacqz und an den Straßen westlich der Étangs d’Ixelles. Nahe dem Park Cinquantenaire liegen das üppig verzierte Maison Cauchie (5 Rue des Francs), das anders als die anderen Häuser öffentlich zugänglich ist, und das außergewöhnliche Maison St-Cyr (11 Square Ambiorix).
Ein Jugendstil-Geschäftshaus ist mit dem Old-England-Kaufhaus zu bewundern, eine Eisen-Glas-Konstruktion, die heute das Musée des Instruments de Musique (MIM) mit einer Sammlung von mehr als 600 Musikinstrumenten beherbergt (und einem Dachcafé mit Aussicht). Schauen Sie auch beim Centre Belge de la Bande Dessinée herein, das die Geschichte des Comics zeigt (Tim und Struppi, die sich Georges Remi alias Hergé ausgedacht hat, sind vielleicht die bekanntesten Belgier der Welt). Es liegt in einem 1903–06 von Horta entworfenen ehemaligen Stofflager.
Diese Gebäude sind seltene Überlebende. Der Jugendstil war nach dem Ersten Weltkrieg nicht mehr modern, und viele Bauwerke wurden zerstört. Erst ein neues Interesse in den späten 1960er-Jahren brachte die Wende. Betrauern können Sie das im Le Falstaff, einer tollen Bar/Brasserie nahe dem Grand Place, die 1903 von Hortas Mitarbeiter entworfen wurde und gut erhalten ist. Die einfache Karte ist prima für ein Mittagessen. Oder verwöhnen Sie sich im Comme Chez Soi („Ganz wie zu Hause“) mit seinem eleganten, von Horta inspirierten Jugendstildekor – die passende Stimmung für das kulinarische Highlight der Stadt (wie viele sagen).
Die beeindruckenden Schmiedearbeiten am Maison St-Cyr machen es zu etwas Besonderem.
MUSÉE HORTA: +32/2-543-0490; www.hortamuseum.be. LA MAISON CAUCHIE: Tel. +32/2-733-8684; www.cauchie.be. MIM: Tel. +32/2-545-0130; www.mim.fgov.be. CENTRE BELGE DE LA BANDE DESSINÉE: Tel. +32/2-219-1980; www.cbbd.be/de/home. LE FALSTAFF: Tel. +32/2-511-8789; www.lefalstaff.be. Preise: Mittagessen € 30. COMME CHEZ SOI: Tel. +32/2-512-2921; www.commechezsoi.be. Preise: Dinner € 90.