Zur Bekämpfung des Antisemitismus heute1

 

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

ich fühle mich etwas in die Situation des Hans Sachs gedrängt, wenn er sagt: »Euch macht Ihr's leicht, mir macht Ihr's schwer, gebt Ihr mir Armem zuviel Ehr'.« Sie dürfen also nicht zuviel erwarten von dem, was ich Ihnen zu sagen habe.

Ich möchte mich ganz einfach beschränken auf die Diskussion einiger kritischer Punkte. Ich werde versuchen, nichts zu sagen, was Ihnen allen mehr oder minder vertraut, sondern das eine oder andere, was vielleicht nicht so im allgemeinen Bewußtsein gegenwärtig ist.

Über den Antisemitismus heute und seine mögliche Abwehr zu sprechen, scheint zunächst ein wenig anachronistisch, weil, wie man so sagt, der Antisemitismus in Deutschland kein aktuelles Problem darstelle. Das wird Ihnen bestätigt werden etwa durch die Erhebungszahlen der Meinungsforscher, vor allem der kommerziellen Meinungsforschungs-Institute, die uns dauernd darüber berichten, daß die Zahl der Antisemiten abnehme. Die Gründe dafür sind zunächst einmal sehr handgreiflich: einmal die offiziellen Tabus, die in unserer Gesellschaft heute, in Deutschland jedenfalls, über dem Antisemitismus liegen, dann das Furchtbare, daß es in Deutschland kaum noch Juden gibt, an die sich das antisemitische Vorurteil heften könnte. Ich möchte dies alles nicht leugnen, aber ich glaube doch, daß die Frage nicht so einfach ist wie ihre statistische Struktur. Sie dürfen nicht annehmen, der Antisemitismus sei ein isoliertes und spezifisches Phänomen. Sondern er ist, wie Horkheimer und ich das seinerzeit in der »Dialektik der Aufklärung« ausgedrückt haben, der Teil eines ›Tickets‹, eine Planke in einer Plattform. Überall dort, wo man eine bestimmte Art des militanten und exzessiven Nationalismus predigt, wird der Antisemitismus gleichsam automatisch mitgeliefert. Er hat sich in solchen Bewegungen bewährt als das Mittel, das die sonst sehr divergierenden Kräfte eines jeden Rechtsradikalismus auf die gemeinsame Formel zu bringen geeignet ist. Dazu kommt, daß das Potential durchaus überlebt hat. Sie brauchen sich dazu nur die rechtsradikale Presse in Deutschland anzusehen, von der es eine erkleckliche Anzahl von Repräsentanten gibt, und Sie werden vielen Äußerungen begegnen, die man als krypto-antisemitisch zu deklarieren vermag, die durch ihre Implikationen, auch durch einen gewissen Gestus des Augenzwinkerns, den Antisemitismus nähren. Schließlich ist es so, daß wir auch gerade in unserer Arbeit am Frankfurter Institut für Sozialforschung einigen Anlaß haben, den schönen Zahlen, die uns von den Meinungsforschungs-Instituten an die Hand gegeben werden, nicht so absolut zu vertrauen. So hat es sich beispielsweise vor einiger Zeit bei einer Erhebung herausgestellt, daß Kinder aus kleinbürgerlichen und zum Teil auch aus proletarischen Kreisen eine gewisse Neigung zu antisemitischen Vorurteilen haben. Wir bringen das damit zusammen, daß die Eltern dieser Kinder seinerzeit zu der aktiven Gefolgschaft des Dritten Reiches gehörten. Sie sehen heute nun sich gezwungen, ihren Kindern gegenüber ihre damalige Haltung zu verteidigen, und werden dadurch fast automatisch veranlaßt, ihren Antisemitismus aus den dreißiger Jahren aufzuwärmen. Unser Mitarbeiter Peter Schönbach hat dafür den recht glücklichen Ausdruck eines »sekundären Antisemitismus« geprägt. Diesen Dingen wäre nachzugehen. Wichtig wäre dabei, von vornherein die Aufmerksamkeit auf die spezifischen Gruppen zu richten, innerhalb deren dies Nachleben des faschistischen Antisemitismus zu beobachten ist. Jede Forschungsarbeit in dieser Zone muß geleitet sein von dem Gedanken der Notwendigkeit, solche Phänomene und Manifestationen zu begreifen und sich einzugestehen, anstatt sich zu entrüsten. Nur wenn man auch das Alleräußerste – nicht einfühlend, sondern schematisch – noch zu verstehen vermag, wird es einem möglich sein, sinnvoll und mit Wahrheit dagegen zu wirken. Ein Symptom für die mächtige kollektive Gewalt der Abwehr des gesamten Schuldzusammenhangs der Vergangenheit ist die begeisterte Aufnahme, die seit einiger Zeit in Deutschland eine Reihe von angelsächsischen Autoren finden, die in bezug auf die Kriegsschuldfrage Deutschland zu entlasten scheinen. Sie werden enthusiastisch zitiert, auch wenn sie selber dem Tenor ihrer Bücher nach alles andere als deutschfreundlich sind. Man kann wahrscheinlich sagen, ohne Gewaltsamkeit unterstellen, daß überall, wo solche Wirkungen stattfinden, aus purem Drang zur kollektiven Selbstverteidigung heraus auch der Antisemitismus des Dritten Reiches irgend apologetisch erklärt wird. Sobald man ihn sich aber einmal plausibel macht, etwa durch das Argument, der Einfluß der Juden damals sei wirklich ungebührlich groß gewesen, ist bereits ein Weg gebahnt, der zu dem unmittelbaren Wiederaufleben des Vorurteils selber führen kann. Man hört denn auch dementsprechend recht häufig, daß man den Juden heute, deren Anzahl, wie gesagt, ja wirklich verschwindend gering ist, keinen zu großen Einfluß einräumen, daß man sie nicht in hohe Ämter zulassen sollte und ähnliches. Lassen Sie mich gleich vorweg sagen, daß ich es deswegen, im Sinne der Abwehr des Antisemitismus, nicht für richtig fände, etwa den Einfluß der Juden in der Weimarer Republik zu leugnen. Wenn man sich auf eine solche Kasuistik, gar auf ein Herumwürfeln mit Zahlen einläßt, ist man von vornherein im Nachteil. Man muß viel radikaler argumentieren: sagen, daß in einer Demokratie überhaupt die Frage nach dem Anteil verschiedener Bevölkerungsgruppen an verschiedenen Berufen von vornherein das Prinzip der Gleichheit verletzt. Ich sage Ihnen das, weil mir hier ein Modellfall gegeben zu sein scheint für Probleme der Gegenargumentation gegen den Antisemitismus, mit denen wir ständig konfrontiert sind.

Ich hatte Sie aufmerksam gemacht auf das Phänomen des versteckten Antisemitismus heute, mit dem man es auf Grund der offiziellen Tabus zu tun hat. Dieser Krypto-Antisemitismus ist eine Funktion der Autorität, die hinter dem Verbot offener antisemitischer Manifestationen steht. Es liegt aber in diesem Versteckten selbst ein gefährliches Potential; das Tuscheln, das Gerücht (ich habe einmal gesagt, der Antisemitismus sei das Gerücht über die Juden), die nicht ganz offen zutage liegende Meinung war von jeher das Medium, in dem soziale Unzufriedenheiten der verschiedensten Art, die in einer gesellschaftlichen Ordnung sich nicht ans Licht trauen, sich regen. Wer sich derart der Meinung, dem Gerücht zuwendet, wirkt von vornherein so, als ob er einer heimlichen, wahrhaften und durch die Oberflächenformen der Gesellschaft nur unterdrückten Gemeinschaft angehörte. Darauf spekuliert tatsächlich einer der wesentlichen Tricks von Antisemiten heute: sich als Verfolgte darzustellen; sich zu gebärden, als wäre durch die öffentliche Meinung, die Äußerungen des Antisemitismus heute unmöglich macht, der Antisemit eigentlich der, gegen den der Stachel der Gesellschaft sich richtet, während im allgemeinen die Antisemiten doch die sind, die den Stachel der Gesellschaft am grausamsten und am erfolgreichsten handhaben. Der Krypto-Antisemitismus führt von selbst auf den Autoritätsglauben. Das Problem der Autorität in der Bekämpfung des Antisemitismus nun liegt kompliziert. Man soll nicht, um eine gültige Formel zu gewinnen, die Phänomene dort vereinfachen, wo die Realitäten nicht einfach sind und widerspruchsvoll. Man soll nicht automatisch sagen: »Den Antisemitismus bekämpfen, das hieße autoritär sein, also soll man auch gegen den Antisemitismus keine Autorität einsetzen.« Ich kann Ihnen drastisch klarmachen, worum es sich hier handelt. Selbstverständlich darf man in keiner Sekunde die enge Verkoppelung des antisemitischen Vorurteils mit autoritätsgebundener Charakterstruktur und mit autoritären Mächten überhaupt verleugnen. Man wird dort, wo es sich um die formativen Prozesse der Persönlichkeit, also um Erziehung in einem allerweitesten Sinn handelt, ganz sicher der Bildung des autoritätsgebundenen Charakters entgegenarbeiten müssen, also konsequent antiautoritär im Sinne auch der Ergebnisse der modernen Erziehungswissenschaft sich zu verhalten haben. Aber wir haben es nicht nur mit Menschen zu tun, die wir bilden oder verändern können, sondern auch mit solchen, bei denen die Würfel bereits ausgespielt sind, vielfach solchen, für deren besondere Persönlichkeitsstruktur es charakteristisch ist, daß sie in einem gewissen Sinn verhärtet, nicht eigentlich der Erfahrung offen sind, nicht recht flexibel, kurz: unansprechbar. Diesen Menschen gegenüber, die im Prinzip selber lieber auf Autorität ansprechen und die sich in ihrem Autoritätsglauben auch nur schwer erschüttern lassen, darf auf Autorität auch nicht verzichtet werden. Wo sie sich ernsthaft vorwagen bei antisemitischen Manifestationen, müssen die wirklich zur Verfügung stehenden Machtmittel ohne Sentimentalität angewandt werden, gar nicht aus Strafbedürfnis oder um sich an diesen Menschen zu rächen, sondern um ihnen zu zeigen, daß das einzige, was ihnen imponiert, nämlich wirklich gesellschaftliche Autorität, einstweilen denn doch noch gegen sie steht. Auch die Argumentationen, die man ihnen gegenüber vorbringt, müssen von vornherein so angelegt sein, daß sie, ohne daß man dabei irgend von der Wahrheit abginge, Menschen erreichen können, die eine solche Charakterstruktur haben.

Spreche ich von Autorität, so ist es unvermeidlich, gerade in unserem Kreis, daß ich ein paar Worte sage auch über das Problem der religiösen Autorität, auf die sich zu berufen zunächst einmal eines der drastischsten Mittel der Abwehr von Rassevorurteilen erscheint. Ich bin mir dessen bewußt, daß eigentlich die aktiven und zuverlässigsten Kräfte, die sich heute in Deutschland überhaupt in der Abwehr von antisemitischen Regungen finden, vielfach religiösen Gruppen, und zwar beider großen christlichen Konfessionen gleichermaßen, angehören. Kaum muß ich eigens noch etwas über die große Dankbarkeit sagen, die man diesen Gruppen eben deshalb schuldet. Aber gerade weil diese Gruppen die Abwehr des Antisemitismus und das, was man in einem höheren Sinne Wiedergutmachung nennen könnte, so ernst nehmen, darf man vielleicht auch vor einem Mißverständnis warnen, das im Verhältnis zwischen positiver Religion und Antisemitismus leicht sich einstellt. Man soll nämlich nicht für selbstverständlich halten, daß der Appell an Religion unmittelbar dem Antisemitismus entgegenwirkt; vor allem soll man nicht deshalb, weil man selber zu einer religiösen Gruppe gehört, daraus nun etwas wie ein Vorrecht der Religion auf die Bekämpfung des Antisemitismus in dem Sinne ableiten, daß man gegen Antisemiten immer wieder und bei jeder sich bietenden Gelegenheit von Religion redet. Sonst ergibt sich sehr leicht die Gefahr dessen, was man mit einer amerikanischen Prägung ›preaching to the saved‹ nennt, denen predigen, die von vornherein schon gerettet sind. Das Verhältnis der Religion zum Antisemitismus ist das der Verpflichtung, ihm sich entgegenzusetzen, nicht das eines Monopols auf seine Abwehr. Dabei ist vor allem der Bewußtseinsstand der Antisemiten selber zu erwägen. Die Menschen, die man als Kerngruppen des Antisemitismus ansprechen kann, sind schwerlich religiösen Argumenten zugänglich. Ihnen imponiert zwar vielleicht die Macht der Kirchen als Institutionen, sie neigen aber im allgemeinen zu einer Art von naturalistischem Sozialdarwinismus, so wie er auch Hitlers Elaborat »Mein Kampf« durchzieht. Die antisemitischen Gruppen haben sozial sich in einem weiten Maß aus Schichten rekrutiert, die in doppelter Abwehr standen: auf der einen Seite gegen den Sozialismus, auf der anderen Seite gegen das, was ihnen Klerikalismus hieß. Sie verbinden einen gewissen Widerstand gegen konventionalistisch-konservative Mächte mit dem gegen die Arbeiterschaft. In Österreich war das ganz besonders markant: wer dort weder christlich-sozial noch Sozialdemokrat war, tendierte fast automatisch zum Deutschvölkischen und damit zum Antisemitismus. Von dieser Mentalität würde ich annehmen, daß sie auch heute weiterexistiert. Grundstrukturen der politischen Gruppierung haben eine merkwürdige Zählebigkeit, die offenbar selbst über die Weltuntergänge hinwegträgt, die wir schon mitgemacht haben. Daher kommen religiöse Argumentationen leicht in ideologischen Nachteil gegenüber Menschen, die schon von vornherein in einer Sphäre leben, die die religiöse gar nicht an sich herankommen läßt und in ihr nur den fiktiven ultramontanen Herrschaftsanspruch wittert. Auch die religiösen Gruppen – und das erfordert eine gewisse Selbstentäußerung – sollten versuchen, mit dem Antisemitismus auf dessen eigenem Boden zu kämpfen, auf der einen Seite also die Bildung antisemitischer Charaktere zu verhindern helfen, dort aber, wo sie bereits existieren, an das anzuknüpfen, was wir vom Bewußtsein und Unbewußtsein der Antisemiten wissen, und darüber hinaus zu gelangen, nicht aber einfach dagegen ihren Standpunkt behaupten und gar propagieren. Ich berühre damit die Stellung zum Problem der Propaganda insgesamt. Lassen Sie mich dem, ein wenig pointiert, eine These voranstellen: Antisemitismus ist ein Massenmedium; in dem Sinn, daß er anknüpft an unbewußte Triebregungen, Konflikte, Neigungen, Tendenzen, die er verstärkt und manipuliert, anstatt sie zum Bewußtsein zu erheben und aufzuklären. Er ist eine durch und durch antiaufklärerische Macht, trotz seines Naturalismus, und hat trotz seines Naturalismus auch von jeher im schroffsten Gegensatz zu der in Deutschland immer wieder beschimpften Aufklärung sich verstanden. Diese Struktur hat er gemeinsam mit dem Aberglauben, mit der Astrologie, die ebenfalls versucht, unbewußte Regungen zu verstärken und auszubeuten, und mit aller Propaganda dazu; sie tut stets dasselbe. Infolgedessen ist das, was man so Propagandamethoden nennt, von vornherein dem Antisemitismus gegenüber im Nachteil. Ich halte gerade diese rationale Fixierung irrationaler Tendenzen, ihre Bestätigung oder Reproduktion durch verschiedene Formen von Massenmedien heute für eine der gefährlichsten ideologischen Kräfte in der gegenwärtigen Gesellschaft. Bei Gelegenheit einer Arbeit gegen die kommerzielle Astrologie der Zeitungsspalten, die ich vor einiger Zeit veröffentlicht habe, hat ein bekannter Psychologe gegen mich polemisiert, ohne mich ausdrücklich zu nennen, und hat mir vorgeworfen, daß ich diese harmlosen Dinge überschätze; daß es doch eigentlich ganz schön wäre, wenn die Astrologie die Menschen dazu brächte, nett zueinander und beim Autofahren ein bißchen vorsichtiger zu sein. Ich will die Astrologie in ihrer Bedeutung nicht überschätzen, aber ich möchte doch ebenso davor warnen, sie zu unterschätzen. Die Tendenz, nicht etwa das schwelend Unbewußte aufzuklären, sondern es zu manipulieren und in den Dienst irgendwelcher Sonderinteressen zu bringen, liegt auch im antisemitischen Vorurteil. Ich könnte Ihnen den Nachweis erbringen, daß bis ins einzelne eine strukturelle Übereinstimmung der, lassen Sie mich sagen, ›astrologischen Stereotype‹ und der ›antisemitischen Stereotype‹ vorliegt und daß die Mechanismen, um die es sich dabei handelt, zugleich die Invarianten der Reklamepsychologie sind. Der Antisemitismus, könnte man sagen, ist so etwas wie die Ontologie der Reklame. Deshalb, meine ich, muß man sich gegen alles Reklameähnliche wehren. Wer gegen den Strom schwimmt, und wir müssen uns darüber klar sein, daß wir heute und in der jetzigen Situation mit unserer Arbeit gegen den Strom schwimmen, der darf sich nicht so benehmen, als ob er mit dem Strom schwämme. Es hilft nur emphatische Aufklärung, mit der ganzen Wahrheit, unter striktem Verzicht auf alles Reklameähnliche. Vergessen Sie nicht, daß die Abwehrmechanismen, mit denen wir zu rechnen haben, außerordentlich fein alles Reklameähnliche registrieren und eliminieren. Sehen Sie sich als Gradmesser die rechtsradikale Presse an. Sie werden darin höchst sicher immer wieder all das denunziert finden, was an Reklame irgend gemahnt. (Nebenbei bemerkt: Es wäre eine recht gute Schule für unsere Arbeit, wenn wir uns die Blättchen, um die es sich hier handelt, einmal recht genau ansehen und sie analysieren würden auf Grund der Stimuli – der Reize, die sie sehr schlau verwenden; wir könnten erschließen, was heute die anfälligsten Zonen sind, um unsere Arbeit danach wesentlich einzustellen.) Es gibt eine prinzipielle Allergie der Bevölkerung gegen die von allen Seiten der Welt heute losgelassene Reklame. Während aber die meisten im allgemeinen der Reklame wehrlos gegenüberstehen, wird dort, wo sie mit unbewußten Tendenzen so übereinstimmt wie im Falle des Antisemitismus, die Abwehr übertragen auf das, was man Gegenreklame nennen könnte; man wird hier auf besonders heftigen Widerstand stoßen. Die antisemitische Abwehr der Aufklärung konzentriert sich mit Vorliebe auf irgendwelche Fakten und Daten, die nicht absolut sicher sein sollen, wie etwa die Anzahl der ermordeten Juden, die Authentizität mancher Dokumente und ähnliches. Es wäre von vornherein falsch, sich dabei in die Kasuistik einzulassen. Statt dessen sollte man versuchen, zur Besinnung über die Formen des Denkens zu veranlassen, das sich darauf kapriziert, es wären nicht sechs, sondern nur fünf Millionen gewesen, und das dann von dort unmerklich, wie ich es wiederholt in rechtsradikalen Publikationen habe beobachten können, dazu übergeht, daß es am Ende nur ein paar Tausend gewesen seien. Generell ist es besser, über Strukturen der Argumentation aufzuklären, über die Mechanismen, die ins Spiel gebracht werden, als jeweils sich auf eine unendliche Diskussion innerhalb der Strukturen einzulassen, die von den Antisemiten gewissermaßen vorgegeben sind und durch die man a priori ihren eigenen Spielregeln sich unterwerfen würde. Beispiel: das beliebte Schema des Aufrechnens; daß es zwar wahr sei, soundso viele Juden wären umgebracht worden; »Krieg« – so wird einem dann bedeutet – »sei Krieg, dabei flögen eben Späne, aber Dresden wäre doch auch entsetzlich gewesen«. Kein Vernünftiger wird das bestreiten, wohl aber das ganze Schema des Denkens, die Vergleichbarkeit von Kriegshandlungen mit der planmäßigen Ausrottung ganzer Gruppen der Bevölkerung. – Oder: »Es sei nun so lange Zeit vergangen, daß man endlich einen Schlußstrich zu ziehen habe«; ein Argument, das immer von denen vorgebracht wird, die das größte Interesse an einem solchen Schlußstrich haben. Zu antworten wäre nur, daß, solange eine Gesinnung fortlebt, die der gleicht, die das Grauen verübt hat, der Schlußstrich selber noch unzeitgemäß ist. – Oder das beliebte Argument: »Hitler hat in so vielem recht gehabt, er hat zum Beispiel die Gefahr des Bolschewismus rechtzeitig erkannt; nun, er wird schon mit den Juden auch nicht ganz unrecht gehabt haben.« Hier müßte man in die ganze politische Dialektik eintreten; erklären, daß die furchtbaren Konflikte, die heute die Welt bedrohen, wahrscheinlich niemals in dieser Weise sich konstituiert hätten, wenn nicht durch Hitler selber eine Situation geschaffen worden wäre, die dann zu dieser Drohung führte. – Ein besonders hintersinniges Argument ist: »Man darf ja gegen Juden heute nichts sagen.« Es wird sozusagen gerade aus dem öffentlichen Tabu über dem Antisemitismus ein Argument für den Antisemitismus gemacht: wenn man nichts gegen die Juden sagen darf, dann – so läuft die assoziative Logik weiter – sei an dem, was man gegen sie sagen könnte, auch schon etwas daran. Wirksam ist hier ein Projektionsmechanismus: daß die, welche die Verfolger waren und es potentiell heute noch sind, sich aufspielen, als wären sie die Verfolgten. Dem kann man nur dann begegnen, wenn man nicht etwa idealisiert, wenn man nicht etwa Lobreden auf große jüdische Männer hält oder hübsche Bilder von israelischen Bewässerungsanlagen oder Kibbuz-Kindern dort vorführt, sondern eben die jüdischen Züge, auf welche die Antisemiten deuten, erklärt, ihr Recht und ihren Wahrheitsgehalt darstellt. Überhaupt ist es viel besser, als die Juden zu verharmlosen und sie als eine Art von Lämmerchen oder Sonnenjünglingen vor Augen zu stellen, zu sagen, daß sie eine große, stürmische und wilde Geschichte hatten, in der es genausoviel Furchtbares gibt wie in der Geschichte anderer Völker auch. Abstoßend wäre ein sentimentales Reklamebild. Man darf auch nicht, wie es so vielfach geschieht, die Juden, sei es aus noch so guter Absicht, mit ihrer eigenen Religion identifizieren, unter dem Gesichtspunkt ihrer religiösen Taten und Leistungen versuchen, sie ›schmackhaft‹ zu machen, sondern keinesfalls verschweigen, daß sie mit dem bürgerlichen Zeitalter wesentlich Träger der Aufklärung waren, und man muß sehr dazu sich stellen. Keine mögliche Haltung gegen das antisemitische Potential, die nicht selber mit Aufklärung sich identifizieren müßte. Den Antisemitismus kann nicht bekämpfen, wer zu Aufklärung zweideutig sich verhält. Es ist nicht von sogenannten positiven Leistungen zu schwafeln (soviel derartige positive Leistungen selbstverständich existieren), sondern gerade auf den Nervenpunkt einzugehen: das kritische Element im Geist der Juden, das verbunden ist mit ihrer gesellschaftlichen Mobilität. Dies kritische Moment ist als Moment der Wahrheit selber der Gesellschaft unabdingbar; es lag ursprünglich genau im Prinzip der gleichen bürgerlichen Gesellschaft, die heute, in ihrer Spätphase, des kritischen Moments zugunsten eines faden und falschen Ideals von Positivität sich zu entledigen sucht. – Oder, wenn ich noch ein paar solcher Modelle improvisieren darf: wenn etwa von Antisemiten gesagt wird, die Juden entzögen sich der harten körperlichen Arbeit, so wäre es nicht der Weisheit letzter Schluß, zu erwidern, es habe doch im Osten so viele jüdische Schuster und Schneider gegeben, und es gebe heute in New York so viele jüdische Taxichauffeure. Indem man so spricht, gibt man den Antiintellektualismus bereits vor und begibt sich damit schon selber auf die Ebene des Gegners, auf der man stets im Nachteil ist. Man müßte statt dessen aussprechen, daß diese ganze Argumentation eine Rancune-Argumentation ist: weil man selber glaubt, hart arbeiten zu müssen oder es wirklich muß; und weil man im tiefsten weiß, daß harte physische Arbeit heute eigentlich bereits überflüssig ist, denunziert man dann die, von denen zu Recht oder Unrecht behauptet wird, sie hätten es leichter. Eine wahre Entgegnung wäre, daß Handarbeit alten Stils heute überhaupt überflüssig, daß sie durch die Technik überholt ist und daß es etwas tief Verlogenes hat, einer bestimmten Gruppe Vorwürfe zu machen, daß sie nicht hart genug physisch arbeitet. Es ist Menschenrecht, sich nicht physisch abzuquälen, sondern lieber sich geistig zu entfalten. Entfallen müßte darum die gesamte Argumentationsreihe, die sich darauf bezieht, daß die Juden in Israel mit saurem Schweiß das Land fruchtbar machen. Ich bin der letzte, der die großartige Leistung dort verkleinert. Aber sie ist selber im Grunde nur der Reflex auf die furchtbare soziale Rückbildung, die den Juden durch den Antisemitismus aufgezwungen wurde, und nicht zu verabsolutieren, nicht so darzustellen, als ob der Schweiß an sich etwas Verdienstliches und etwas Positives wäre. All das bedarf einer gewissen Weite, Übersicht, Souveränität, welche die Phänomene in ihre Zusammenhänge rückt und so, ohne jede billige Apologetik, jedenfalls diejenigen erreicht, die überhaupt rationalen Denkens fähig sind, anstatt eine Rechthaberei zu betreiben, in der immer derjenige, der sich verteidigen will, gegenüber dem Aggressiven als der Schwächere sich erweist. – Ich möchte Ihnen noch ein Modell geben, das mit dem anderen sehr nah zusammenhängt, den Vorwurf des Vermittlertums der Juden. Rasch wird daraus der Vorwurf der Unehrlichkeit, des Betrugs, der Täuschung – das Wort ist nun einmal mit dem Tauschen verwandt. Selten wird man auf die volle ökonomische Theorie dieses Vorurteils und seine Widerlegung eingehen, aber darauf hinweisen können, daß man, seit es eine entfaltete bürgerliche Tauschgesellschaft gibt, dieser Vermittlerfunktion gesellschaftlich bedurfte. Infolgedessen ist es illegitim, jene Funktion, nur weil sie im Zeitalter der gegenwärtigen Hochkonzentration ökonomischer Macht zurücktritt, von vornherein als parasitär, unmoralisch und schlecht zu denunzieren. Man wird weiter auch daran zu erinnern haben, daß zwischen dem Vermittlertum, der Sphäre der Zirkulation – wie man das in der Ökonomie nennt –, der Sphäre des Geldes und dem Geist eine bestimmte Relation herrscht, wie sie selbst von einem rechtsradikalen Denker wie Oswald Spengler hervorgehoben wurde. Ohne die Sphäre des Vermittlertums, die von Handel, Geldkapital und Mobilität, wäre die Freiheit des Geistes, der sich von der bloßen Unmittelbarkeit gegebener Verhältnisse löst, unvorstellbar gewesen. Was ich an Hand dieser herausgegriffenen Modelle Ihnen habe zeigen wollen, ist, daß man nur dann wirksam gegen den Antisemitismus sprechen kann, wenn man die Wahrheit sagt und die Dinge in ihrer Komplexität und ihrem gesellschaftlichen Zusammenhang mit der gesellschaftlichen Lokalität sieht, anstatt sich auf billige Widerlegungen zu beschränken, die ihrerseits immer wieder nur Gegenargumente herauslocken und der schlechten Unendlichkeit zusteuern.

Ich möchte jetzt eingehen auf die beiden Grundtypen von Gegenwehr, die ich für die nun einmal maßgebenden halte. Ich bediene mich dabei einmal ganz schlicht der amerikanischen Terminologie, die das ›long term program‹ und das ›short term program‹ unterscheidet; Maßnahmen, die auf lange Strecken hin geplant werden, und solche, die unmittelbar praktiziert werden sollen. Diese beiden Typen könnte man auch das Erziehungsprogramm und das unmittelbare Abwehrprogramm nennen. Für sie gilt die Unterscheidung, die ich zu Beginn anregte: daß man bei der Planung für lange Sicht möglichst der Bildung autoritätsgebundener Charaktere entgegenwirkt, daß man dagegen bei der aktuellen Einwirkung in einem gewissen Sinn der Autorität nicht ganz entraten kann. Beim ›long term program‹, also dem Problem einer Erziehung, die wirklich an den Antisemitismus heranzukommen sucht, ist es wichtig, etwas zu unterstreichen, was oft mißverstanden wird. Vielfach, und nicht immer bona fide, hält man mir entgegen, daß der Antisemitismus ja nicht nur ein psychologisches Problem sei, sondern daß er seine ökonomischen und kulturellen Wurzeln und Gott weiß was sonst habe. Diejenigen von Ihnen, die ein wenig vertraut sind mit dem Denken, für das ich sonst einstehe, werden wissen, daß ich am letzten zum Psychologismus neige. Der Antisemitismus ist nicht einfach zu einer Frage der psychologischen Einstellung zu machen. Nehmen wir aber einmal an, der Antisemitismus gehe in erheblichem Maß auf frühkindliche Erlebnisse zurück – oder jedenfalls die Grundlage dafür, daß Menschen für antisemitische Reize später rezeptiv sind, werde in ihrer frühen Kindheit gelegt –, dann wird man dabei notwendig auch auf die psychologische Seite verwiesen. Eben weil dieser Aspekt im allgemeinen vernachlässigt wird, haben wir in der Untersuchung »The Authoritarian Personality« besonderes Gewicht darauf gelegt; einfach, um dem vielen anderen, was man dazu weiß, etwas hinzuzufügen, was man offenkundig nicht ebenso gewußt hat. Ich darf indessen vielleicht doch sagen, daß Elemente einer Gesamt-Theorie des Antisemitismus in unserer Gesellschaft sich in dem Buch »Dialektik der Aufklärung« von Horkheimer und mir finden und daß darin diese psychologischen Aspekte ihren richtigen Stellenwert empfangen. Durch die Objektivität, in welche die psychologischen Mechanismen des Antisemitismus eingespannt sind, werden natürlich der Erziehungsarbeit gewisse Grenzen gesetzt. Man tut gut daran, diese Grenzen nicht so zu deuten, wie wenn sie bezeugten, der Antisemitismus sei ein Urphänomen. Auch sie wären aus der Dynamik der Gesellschaft abzuleiten.

Es geht also darum, in der Erziehungssphäre – im weitesten Sinn – möglichst zu verhindern, daß sich so etwas wie ein autoritätsgebundener Charakter bildet. Ich möchte dessen Theorie hier nicht geben; Sie können ja darüber viel nachlesen. Ich darf nur vielleicht an das erinnern, daß durch Unterdrückung, besonders durch heftige, brutale väterliche Autorität, sich sehr oft das konstituiert, was man psychoanalytisch den ödipalen Charakter nennt, das heißt: Menschen, die auf der einen Seite beherrscht sind von verdrängter Wut, aber auf der anderen Seite, eben weil sie sich nicht haben entwickeln können, wieder dazu tendieren, mit der sie unterdrückenden Autorität sich zu identifizieren und dadurch ihre unterdrückten und aggressiven Instinkte an anderen, und zwar im allgemeinen an Schwächeren, auszulassen. Der autoritätsgebundene, der spezifisch antisemitische Charakter ist wirklich der Untertan, wie Heinrich Mann ihn darstellte, oder, wie man es schlicht auf gut deutsch sagt, die Radfahrernatur – charakterisiert durch eine gewisse Art des pseudorebellischen »Da-muß-doch-endlich-was-geschehen, da-muß-doch-endlich-mal-Ordnung-geschaffen-werden«; aber dann ständig bereit, vor den Trägern der wirklichen Macht, der ökonomischen oder welcher auch immer, sich zu ducken und es mit ihr zu halten. Wenn man der Formation des Charakters von Hitler selber nachgeht, wie das wohl in amerikanischen Untersuchungen geschehen ist, wird man all diesen Dingen wieder begegnen. Aber es ist hier eine Ergänzung zu machen – und damit weise ich Sie auf ein Problem hin, das ich Ihnen ans Herz legen möchte mit der Bitte, darüber nachzudenken, ohne daß ich Ihnen etwa eine Patentlösung anzubieten hätte –: Heute entscheidet in der Erziehung weniger die väterliche Brutalität so wie im Fall Hitlers, sondern eine bestimmte Art von Kälte und Beziehungslosigkeit, die die Kinder in ihrer frühen Kindheit erfahren. Sie hängt ihrerseits sehr tief zusammen mit der Transformation der Familie in eine ›Tankstelle‹, wie man das gelegentlich genannt hat. Der Typus von Charakter, der – wenn ich mich nicht irre – psychologisch heute in unserem Zusammenhang der bedrohliche ist, gleicht viel eher dem, welchen ich in der »Authoritarian Personality« den manipulativen genannt habe. Es sind jene pathisch kalten, beziehungslosen, mechanisch verwaltenden Typen wie Himmler und der Lagerkommandant Höss. Es ist außerordentlich schwer, gegen die Bildung dieses Typus in der frühen Kindheit anzugehen. Es ist die Reaktion auf einen Mangel an Affekt, und Affekt kann man nicht predigen. Daß es zur Freiheit des Affekts nicht kommt, liegt an unserer Gesellschaft selber. Das ist eine jener objektiven Grenzen psychologischer Erziehung, auf die ich Sie vorher hinwies. Es handelt sich um eine besonders kritische Zone; man sollte sehr darüber nachdenken, was man in ihr tun kann, ohne in die Verlogenheit synthetischer Nestwärme, Nestwärme mit Klimaanlage, zu verfallen, wie es denn überhaupt nichts Törichteres gibt, als Menschen aufzufordern zu lieben.

Die Bemerkungen, die ich anschließe, beziehen sich mehr auf meine eigene Erfahrung, als daß sie strenge wissenschaftliche Dignität beanspruchen dürften, sie fügen sich aber zumindest der wissenschaftlichen Konzeption des autoritätsgebundenen Charakters einigermaßen sinnvoll ein. – Die frühkindlichen Ursprünge des Antisemitismus sind im allgemeinen im Elternhaus zu suchen. In der Schule ist meist alles schon entschieden. Sie ist eine sekundäre Quelle; antisemitische Kameraden dürften schon von Haus aus mit Antisemitismus geimpft worden sein; sie nehmen dann in der Schule vielfach so eine Art von Schlüsselstellung ein. Dabei sind nun – ich habe das bereits angedeutet – eine besondere Gefahr solche Eltern, die sich vor ihren Kindern wegen ihrer einst eigenen nationalsozialistischen Vergangenheit rechtfertigen wollen und deshalb dazu tendieren, antisemitische Argumente zu ihrer eigenen Entschuldigung aufzuwärmen, die dann von den Kindern übernommen werden. Es wäre von großer Wichtigkeit, schon in der Phase, in der Kinder im Kindergarten sind, wenn man an ihnen irgendwelche Anzeichen ethnozentrischer Reaktion – auch Negerkindern gegenüber (die Struktur dieser Phänomene ist vollkommen gleich; ich kann das nicht stark genug unterstreichen) – bemerkt, mit den Eltern Kontakt aufzunehmen und auf sie einzuwirken. Allerdings besteht die Gefahr, daß diese Eltern selber antisemitisch fixiert sind und daß man sie eigentlich nicht überzeugen kann. In solchen Fällen wäre es ratsam, gerade die bereits antisemitisch geimpften oder anfälligen Kinder sich herauszusuchen und individuell mit ihnen zu reden. Plausibel ist die Hypothese, daß das sehr häufig entweder unterdrückte oder besonders kalt behandelte Kinder sind. Ginge man auf ihre individuellen Nöte ein, lockerte man die Verhärtung, so wären sie wohl erreichbar, weil sie ja eben das empfingen, dessen sie unbewußt bedürfen. Auch müßten auf irgendeine Weise – und in dem ›auf irgendeine Weise‹ steckt das ganze Problem – die einwirkenden Pädagogen wirklich fähig sein, den Kindern das zu geben, was ihnen zu Hause fehlt. Weiter möchte ich annehmen, daß man es hier durchweg, schon im Kindergarten, dann auch in der Schule, mit einer Schlüssel-Gruppe, mit einigen oder wenigen Kindern zu tun hat – sozusagen, um den Ausdruck einmal auf Ungewohntes anzuwenden, ›public opinion leaders‹. Auf sie wäre die aufklärende und erzieherische Arbeit in der Kindheit von vornherein zu konzentrieren, anstatt daß man in diesem Bereich die Erziehung breit und notwendigerweise ohne die rechte Intensität streut. Man sollte auf sie die Aufmerksamkeit konzentrieren und sie zu verändern suchen. In Fällen, wo vom Elternhaus starker Gegendruck ausgeübt wird, dürfte ein Erzieher auch vor Konflikten mit den Eltern nicht zurückschrecken. Er müßte die Kinder lehren, daß das, was sie zu Hause hören, nicht lauteres Gold ist, daß ihre Eltern irren können, und warum. Die Zivilcourage zu solchen Konflikten wäre von den Erziehern zu erwarten.

Für möglich halte ich es, daß es in der Formation des autoritätsgebundenen Charakters und des antisemitischen Vorurteils einen kritischen Augenblick gibt. Wenn ich mich nicht täusche, ist das – ich sage es mit Vorbehalt, die Pädagogen unter Ihnen werden den Gedanken verifizieren oder falsifizieren können; es lohnt sich jedenfalls für sie, darüber einmal nachzudenken – der Augenblick des Schuleintritts. Das ist im Augenblick ja der Moment, wo man zum ersten Mal in eine Sekundär-Gruppe eintritt, die einem fremd und kalt gegenübersteht; wo man die Nestwärme – falls es heute so etwas noch gibt – plötzlich, gewissermaßen schockartig verliert. Das Trauma, das dabei sich bildet, dürfte leicht antisemitische Verhärtungen bilden. Druck und Kälte, die das Kind erfahren hat, werden weitergegeben; weil man sich selber plötzlich ausgeschlossen fühlt, wünscht man auch andere auszuschließen und sucht sich die Geeigneten aus. Pädagogen sollten ihre Aufmerksamkeit diesem Schock-Moment zuwenden und ihn womöglich abfangen. Früher gab es, in ländlichen Schulen zumal, die Volkssitte, daß der Lehrer den neu eintretenden Kindern Brezeln schenkte, die er freilich insgeheim von den Eltern bekommen hatte. Die Brezel-Sitte verrät recht tiefe Einsicht in das Phänomen. Man sollte, nach dem altertümlichen Modell, den Schock der Kälte und damit die Wendung zur Aggression zu verhindern trachten; mit anderen Worten, die Brezel- in eine Verhaltensweise umsetzen, die den Schulunterricht während der ersten Wochen der Spiel-Situation soweit wie nur möglich anähnelt. Über den ganzen Komplex wären zunächst einmal systematische Beobachtungen anzustellen, etwas wie Sozialforschung in der Schule zu betreiben, ehe man dazu kommen kann, wirklich bündige Maßnahmen zu ersinnen. Nur weiß man in so delikaten Dingen nie, wie lange man Zeit hat. Deshalb würde ich dazu tendieren, wenn meine unverbindlichen Beobachtungen plausibel sind, schon praktische Folgerungen auszuprobieren.

Überhaupt wäre in der Schule dem Problem des Ausschließenden nachzugehen, der Bildung besonderer Gruppen und Cliquen, die fast stets dadurch zusammengehalten werden, daß sie gegen irgendwelche anderen sich richten, die nicht mitmachen dürfen: »Mit dir spiel' ich nicht« – oder: »Der, mit dem spielt ja niemand«. Dieses Phänomen ist prinzipiell gleich gebaut wie das antisemitische. Die ihm entgegengesetzte Form einer menschlichen Beziehung wäre keine vag-kollektive Klassengemeinde, sondern die individuelle Freundschaft. Im Sinne einer dem Vorurteil entgegenwirkenden Pädagogik wäre es, individuelle Freundschaften zu ermutigen und nicht, wie es sicherlich oft noch in der Schule geschieht, sie zu ironisieren und herabzusetzen; dagegen, soweit es geht, der Bildung von tuschelnden Cliquen und derartigen Gruppen entgegenzuarbeiten, insbesondere, sobald sie irgend nach Kontrolle streben. Die Struktur der Cliquen-Bildung in der Schule insgesamt ist ein Schlüssel-Phänomen. Wie in einem Mikrokosmos bildet sich dann die Problematik der ganzen Gesellschaft ab. Offensichtlich entsprechen die Cliquen einer Art geheimer Hierarchie, die der offiziellen Schul-Hierarchie, die an der Leistung gemessen wird, entgegengesetzt ist. In ihr werden ganz andere Qualitäten – physische Kraft, eine bestimmte Art von Geschicklichkeit und ähnliches – honoriert, die sonst zu kurz kommen. – In dieser Dimension wäre hinzuweisen auf die Gefahr von Organisationen, die von außen an die Schulen sich heranmachen und in die dann manche Kinder hineingehen, andere nicht. Daraus wird dann leicht ein ausschließendes Prinzip. Vom ideologischen Gehalt solcher Organisationen ist das nicht unabhängig. Kinder, die besonders zur Bildung solcher Cliquen tendieren, und unter ihnen wieder die Cliquenführer, dürften vielfach auch zum Antisemitismus neigen, identisch sein mit den antisemitischen public opinion leaders. Ihre Meinung ist eine Vorform zur späteren ›nicht-öffentlichen‹. Grundsätzlich müßte man den Typus des mit Antisemitismus infizierten Kindes sich einmal sehr genau ansehen. Die Analyse seiner Charakterstruktur würde dazu helfen, den Charakter dieser Kinder anders zu entwickeln. Anfällige Kinder wird man oft unter denen finden, die ich in durchaus übertragenem Sinne das ›Klassenproletariat‹ nennen möchte, also unter der kleinen Gruppe sehr schlechter Schüler, auf denen die Lehrer a priori herumhacken; die sie schon von vornherein fragen mit der durchsichtigen Erwartung, daß die Antwort doch falsch sein wird, und die durch eine Reihe von Momenten aus der offiziellen Schulhierarchie sonst ausgeschlossen sind. Sie werden generell dazu gedrängt, ihre eigene Situation auf andere zu übertragen, andere wiederum auszustoßen. Trügen meine Beobachtungen mich nicht, so sind das gar nicht selten durchaus begabte Kinder, keineswegs Dummköpfe; begabt in einem bestimmten praktisch-realistischen Sinn, ohne doch mit ihrer Begabung recht vorwärts zu kommen, ganz ähnlich jenen Leuten, die im Leben trotz einer gewissen Organisationsbegabung und manchen Fähigkeiten erfolglos waren und beim Ausbruch des Dritten Reiches sofort in die Höhe kamen, etwas leisteten und sich austobten. Nicht wenige dieser Kinder dürften aus einem Milieu stammen, in dem sie, wie man so sagt, nicht genug mitbekommen haben. In der Schule sind sie gehemmt zu zeigen, was sie eigentlich können, trotzdem sie das Potential in sich fühlen. Ihre angestaute Rancune kehrt sich dann gegen andere. Natürlich wird das antisemitische Potential sehr verbreitet sein unter renitenten, refraktären Kindern, unter solchen, die auch anderwärts zur Gewalttätigkeit und zum Sadismus neigen. Sie haben häufig Führerstellen in der inoffiziellen Klassenhierarchie inne.

Wo es nicht gelingen sollte, individuell auf sie einzuwirken, muß man sie wohl schon in der Schule mit Autorität konfrontieren, man muß ihre ideologische Wirkung auf die anderen unter Strafe stellen, die Strafen dann auch durchführen. Wichtiger aber ist, daß man diese Kinder zum Sprechen bringt, daß sie lernen, sich auszudrücken, und zwar gar nicht nur wegen der kathartischen Wirkung, die von der Sprache überhaupt ausgeht. Jene Kinder – ich berichte wieder nur von Erinnerungen und Beobachtungen – haben vielfach Rancune gegen die, welche reden können, die Ausdrucksfähigen. Es wäre am Ende eines der wichtigsten und anständigsten Mittel in der Abwehr von Antisemitismus, Ausdrucksfähigkeit insgesamt zu steigern und die Rancune gegen das Reden abzumildern. Ich glaube, die Schülermitverwaltung, die Wahl von Vertrauensschülern, alle diese Institutionen, auch die Schülerparlamente hätten in der Entwicklung der Redefähigkeit und in der Brechung des kindlichen Tabus über das Sprechenkönnen eine dringende Aufgabe. Kinder, die einen, der reden kann, deshalb als Schmuser denunzieren, sind von vornherein Rekruten für das antisemitische Vorurteil. Bei ihnen stehen Geschicklichkeit und praktischer Sinn gegen den Geist. Ich kenne wenige, für die Formation des antisemitischen Charakters so charakteristische Dokumente wie eines, an das ich mich bestimmt erinnere, aber das, soviel ich weiß, ganz in Vergessenheit geriet: nämlich ein Edikt, das Hitler in den ersten Monaten der Machtergreifung im Jahre 1933 erließ. Es beinhaltet etwa, daß unter keinen Umständen mehr jüdische Kinder Primus in der Klasse sein dürften. Damit trafen die Nazis mit ihrem Spürsinn für diese Komplexe auf eine Grundschicht des Antisemitismus, die Rancune gegen den Geist, der die Kinder überfordert und der in der Gestalt der traditionellen Bildung ihnen vielfach gar nichts bedeuten kann. Zur Abwehrarbeit rechnet auch, daß man die stillschweigende Identifikation von Juden und Geist zerstört. Freiheit im Verhältnis zwischen Deutschen und Juden bestünde auch darin, daß man nicht mehr automatisch unterstellt, alle Juden seien gescheit: manche sind auch dumm. Wird einmal deutlich, daß Intelligenz nicht die Eigenschaft irgendeiner Gruppe oder Rasse oder Religion ist, sondern durchaus nur eine individuelle Qualität, so hilft das schon etwas.

Auch der sogenannten positiven Stereotypenbildung wäre entgegenzuwirken, hinter der die negative Stereotypie dicht lauert. Sagt einer: »Die Juden sind alle so gescheit«, dann ist er, auch wenn er es lobend sagt, schon nahe bei »nun ja, und deshalb wollen sie uns betrügen«. Auch der Formel »Die Juden sind ein so merkwürdiges, besonderes, tiefes Volk« ist nicht über den Weg zu trauen. Mein Freund Nevitt Sanford hat auf das antisemitische Stereotyp »Some of my best friends are Jews« lustig geantwortet: »Some of my worst enemies are Jews.« Durch Emanzipation von der Stereotypenbildung für die Gruppe als Ganzes wird wahrscheinlich dem Vorurteil wirksamer entgegengearbeitet, als wenn man ein negatives Vorurteil mechanisch durch ein positives ersetzt. Gerade die Kollektivurteile als solche, wie sie in Deutschland verhängnisvoll, und zwar gegen alle möglichen Gruppen verbreitet sind, sind abzubauen; keinesfalls ist ein falsches Kollektivurteil durch ein ebenso falsches anderes zu berichtigen.

Ein Wort noch zur Frage der Rolle des Lehrers in der Abwehr des Antisemitismus. Ich argwöhne, daß immer noch eine erhebliche Anzahl von Lehrern stumm, schweigend, unausdrücklich mit dem Antisemitismus sympathisiert. Gerade dadurch, daß sie es nicht offen sagen, sondern in einer kaum merklichen, gestischen Weise durchblicken lassen, stellen sie von vornherein eine Art Einverständnis mit den anfälligen Schülern her. Diese haben dann das Gefühl, endlich stünde wieder gesellschaftliche Autorität hinter ihnen. Sie fühlen sich gedeckt und gestärkt. Ich sagte schon, daß die halbe Andeutung für den Antisemitismus, solange er nicht die Macht ergreift, charakteristisch, daß die Form der Andeutung zuzeiten gefährlicher sei als die offene Rede. Ich maße mir nicht an, dafür Regeln aufzustellen oder gar irgendwelche Tests zu empfehlen. Aber bei der Auswahl von Lehrern wären doch Kriterien dafür zu entwickeln, die es gestatten, solche, die mit dem autoritären Charakter und dadurch mit dem Antisemitismus sympathisieren, von vornherein fernzuhalten. Ich erinnere mich aus meiner eigenen Schulzeit an einen sehr brünetten Lehrer – er hätte leicht für einen Juden gehalten werden können, ohne übrigens in seinen wissenschaftlichen Leistungen hervorzuragen; ich habe bei keinem so wenig gelernt wie bei ihm, obwohl er mir nie etwas Böses tat. Aber er verstand sich auf eine bestimmte Art Kameraderie mit den Schülern und war bei ihnen sehr beliebt, ein Mann des Typus hail-fellow-well-met. Höchst überraschenderweise rückte er gegen Ende des ersten Weltkrieges mit antisemitischen Hetzreden heraus, die ihn jedoch nicht daran hinderten, mit seinem flotten Schmiß und seinen Salonlöwenattitüden kurz danach die Tochter eines reichen Juden zu heiraten. Was aus der Ehe geworden ist, weiß ich nicht. Er verkörperte die Schule selbst, auf demagogische Weise, etwas wie eine verkrachte Existenz. Solche Sozialcharaktere unter den Lehrern, die ich übrigens keineswegs nur negativ beurteile, verdienten Studium. Ich wäre froh, wenn wir gerade über die Frage der Lehrerauswahl, die natürlich sehr schwierig ist – vor allem wegen der Gefahr des Denunziantentums und der Gesinnungsschnüffelei – reden würden. Ich kann nur ein sehr ernstes Problem bezeichnen, nicht aber seine Lösung beanspruchen. Die wäre wohl wirklich dem eigentlich pädagogischen Kreis vorzubehalten. – Gerade die Atmosphäre ›Man darf ja nichts sagen‹, also die Sympathie mit der nichtöffentlichen Meinung, wird Typen wie jenen Lehrer mit der latenten Klassenhierarchie der starken, realistischen, anti-intellektuellen Kerle zusammenbringen. Daraus resultiert dann eine verschworene Gemeinschaft bedrohlichsten Wesens.

Lassen Sie mich zum Ende noch ganz weniges sagen über die Frage eines kurzfristigen Programms. Ich sagte Ihnen bereits, daß ich bei Menschen, bei denen das Vorurteil bereits etabliert ist, von der Herstellung sogenannter Kontakte und ähnlichem nicht viel halte. Bei ihnen ist die Erfahrungsfähigkeit bereits abgestumpft. Antisemitischen Äußerungen ist sehr energisch entgegenzutreten: sie müssen sehen, daß der, welcher sich gegen sie stellt, keine Angst hat. Man imponiert einem bissigen Hund, sobald er merkt, daß man sich nicht vor ihm fürchtet, aber ist verloren, wenn er innerviert, daß man eigentlich vor seinem Gebiß zittert; so ist es in solchen Fällen auch. Ich habe nach meiner Rückkehr nach Deutschland mit solchen Menschen unmittelbare Erfahrungen gemacht. Einmal bin ich an einer Gruppe von Chauffeuren vorbeigekommen, die damals in dem Pool für die amerikanische Besatzungsmacht beschäftigt waren. Sie schimpften untereinander wüst auf die Juden. Ich ging zum nächsten Schutzmann und ließ sie verhaften. Auf der Wache habe ich mich lange und eingehend vor allem mit dem Rädelsführer unterhalten und habe von ihm einen Satz gehört, der sich mir sehr eingeprägt hat: »Ach wissen Sie, gestern waren wir Nazi, heute sind wir Ami und morgen sind wir Kommi.« Er hat mir damit ungewollt eine tiefe Weisheit über die ganze Charakterstruktur seines Typus verraten. Bei ihm überwiegt das Motiv der Anpassung um jeden Preis alles andere. Wenn man in solchen Fällen ohne Angst zugreift und dann auf die Argumente solcher Personen in allem frank antwortet, kann man etwas erreichen. Ich hatte jedenfalls das Gefühl, daß jene Chauffeure, jedenfalls ihrer bewußten Überzeugung nach, ein wenig anderen Sinnes von der Polizeiwache weggegangen sind. Begegnet man expliziten und fixierten Vorurteilen, so ist auf eine Art Schocktherapie zu vertrauen. Man muß die allerschroffsten Gegenpositionen beziehen. Schock und moralische Kraft gehen dabei zusammen. Schlecht ist das Zurückweichen. Gerade wer dem autoritätsgebundenen Charakter fernsteht, wird nicht auf der Vollstreckung von Strafen und ähnlichem insistieren. Unsereinem ist jede Strafwut, auf amerikanisch ›punitiveness‹, ekelhaft. Aber Humanität wird meist als Zeichen von Schwäche oder schlechtem Gewissen interpretiert und fordert den Mechanismus von Erpressung heraus. Man muß sowohl im Verhalten wie in der Argumentation darauf achten, daß man nicht das Stereotyp der Schwäche auslöst, das den Vorurteilsvollen zur Hand ist gegen die, welche anderen Sinnes sind als sie selber. Argumentationen muß man auch wirklich durchfechten. Beispiel: wird einem dem Sinne nach gesagt, »wo viel Rauch ist, da muß doch auch ein Feuer sein« – (wenn es soviel Antisemitismus gibt, dann muß es doch auch an den Juden liegen), so muß man entfalten, daß dies Sprichwort vorweg zur Abwehr durch Verschiebung dient, daß es nicht wahr, sondern Ideologie ist. Bei den Vorurteilsvollen, die ja gewöhnlich eine bestimmte Art von Realismus hervorsuchen und rücksichtslos auf dem individuellen und nationalen Selbstinteresse beharren, ist anzuknüpfen an die demonstrierbaren und sichtbaren Konsequenzen des Nationalsozialismus. Sie sind darauf hinzuweisen, wohin das Ganze führt, und was ihnen selber unter einem erneuerten Ganz- oder Halbfaschismus aller Wahrscheinlichkeit nach passieren wird. Weiter sollte man sich bei diesen Menschen, die, wie gesagt, oft keineswegs dumm, sondern nur verhärtet und verstockt sind, darauf beziehen, daß niemand in unserer Gesellschaft gerne den Dummen spielen will. Man muß ihnen demonstrieren, daß der gesamte Geist des Antisemitismus, wie es in dem berühmten Zitat heißt, tatsächlich der Sozialismus der dummen Kerle ist, daß er ihnen aufgeschwätzt wird, um sie in Objekte der Manipulation zu verwandeln. Das ist die einfache Wahrheit, und sie dürfte ihren Eindruck schwerlich verfehlen, trifft man sich mit den Vorurteilsvollen auf der Ebene ihres eigenen, etwas outrierten Realismus; überzeugt man sie davon, daß sie das Gegenteil dessen erreichen, was sie eigentlich erwarten, dann wäre das ganz fruchtbar. Im Augenblick nährt noch eine besondere Situation antisemitische Regungen. Ich meine den antiamerikanischen Affekt. Irre ich mich nicht, so ist er seit der Berlin-Krise, seit jeder merkt, daß zwischen Washington und Bonn nicht alles eitel Sonnenschein ist, im Anwachsen. Gespielt wird, wohl auch in Flüsterpropaganda, auf dem alten Instrument: »Wir werden verraten, wir werden im Stich gelassen.« Der Ruf »Verrat, Verrat« ist diesseits wie jenseits des Rheins demagogisch außerordentlich bewährt. Da nun die amerikanische gegenwärtige Regierung eine Links-Regierung ist und Kennedy wohl auch eine Reihe von jüdischen Beratern hat, so leuchtet es ein, daß zusammen mit dem Anti-Kennedy-Komplex auch insgeheim der antisemitische gedeiht. Wirksame Abwehr des Antisemitismus ist von einer wirksamen des Nationalismus in jeglicher Gestalt unabtrennbar. Man kann nicht auf der einen Seite gegen Antisemitismus, auf der anderen ein militanter Nationalist sein. Ein rationales Verhältnis zu den weltpolitischen Fragen anstelle eines ideologischen und von Rancune erfüllten Nationalismus ist wohl die wesentlichste Voraussetzung fürs Bessere. Damit eng zusammen hängt in der gegenwärtigen Periode das Wiedererwachen des Anti-Intellektualismus. Man kann ihm heute auf Schritt und Tritt begegnen, keineswegs nur bei Rechtsradikalen, sondern bis tief in die Manifestationen eines sogenannten maßvollen Konservatismus hinein. Das hängt zusammen mit der deutschen Gestalt des Konformismus. Ich weiß, daß die Anti-Intellektuellen besonders wütend werden, wenn sie das Wort Konformismus hören, aber eben diese Wut auf das Wort bezeugt die Gewalt der Sache: daß der Konformismus seinen Dienst einstweilen noch ganz brav leistet. Die Abweichung von der nun einmal etablierten Gruppenmeinung gilt von vornherein als bedenklich und fragwürdig. Dabei spielt eine besondere Rolle, wer Mängel eines Systems oder die Problematik eines bestimmten Zustandes nennt. Er wird – nach dem Verratsschema – für die Mängel verantwortlich gemacht und dadurch der von ihm charakterisierte Zustand entlastet. Immer noch gilt das Wort des alten Helvetius, daß die Wahrheit noch niemandem geschadet hat, außer dem, der sie ausspricht. Dieser Mechanismus wäre ins Bewußtsein zu heben. Man sollte nicht vor anti-intellektuellen Argumenten zurückweichen, ihnen irgend etwas vorgeben, sondern in ihrem Angesicht zu militanter Aufklärung sich stellen, das heißt, sagen, daß in einer Gesamtverfassung der Menschheit und auch der deutschen Nation, in der das Bewußtsein der Menschen nicht länger mehr gefesselt und durch alle möglichen Beeinflussungsmechanismen verstümmelt wird, intellektuell zu sein nicht länger ein beneidetes und darum diffamiertes Privileg wäre, sondern daß im Grunde alle Menschen das sein könnten und eigentlich das sein sollten, was man im allgemeinen den Intellektuellen vorbehält. Im übrigen sind, und keineswegs primär in Deutschland, die Hetzbilder gegen den Intellektuellen, mit denen viele Massenmedien operieren, oft nur leise verschleierte Stereotype des Antisemitismus. Man sollte bei der Filmindustrie vorstellig werden, daß sie derlei anti-intellektuelle Stereotype wegen jener Implikationen vermeidet. Allerdings sind sie keineswegs bloß auf die Kulturindustrie beschränkt, sondern geistern auch in der sogenannten hohen Kultur. Ich habe seinerzeit entwickelt, daß in einem der berühmtesten Werke des deutschen Operntheaters, den Meistersingern, die kraß negative Figur Beckmesser, obwohl er als Zunftangehöriger natürlich kein Jude sein kann, doch so charakterisiert ist, daß alle erdenklichen antisemitischen Stereotype wiederkehren. Zumal einer bestimmten traditionellen, etablierten deutschen Kultur gegenüber wäre es notwendig, das auszusprechen und zu entgiften. Welches Unheil etwa heute noch durch die Lektüre von Büchern wie »Soll und Haben« von Gustav Freytag angerichtet wird, wage ich kaum auszudenken. Der Respekt vor dem sogenannten kulturellen Erbe sollte nicht verwehren, es von nahe zu besehen. Der Antisemitismus ist nicht erst von Hitler von außen her in die deutsche Kultur injiziert worden, sondern diese Kultur war bis dorthinein, wo sie am allerkultiviertesten sich vorkam, eben doch mit antisemitischen Vorurteilen durchsetzt.

Rassevorurteile jeden Stils sind heute archaisch und in schreiendem Widerspruch zu der Realität, in der wir leben. Darüber jedoch ist nicht zu vernachlässigen, worauf jüngst auf dem Münsteraner Philosophentag ein soziologisch-philosophischer Denker hinwies: daß nämlich, je mehr in zunehmender rationalisierter, technischer Zivilisation solche Irrealitäten an realer Basis verlieren, gleichzeitig um so virulenter die irrationale Tendenz wird, sie festzuhalten, sich an sie zu klammern. Nun, wenn man diesen Widerspruch erst sich selber bewußt und dann auch anderen klar macht, kann man wirklich von Grund auf im Sinne dessen fortschreiten, was wohl nicht wahrer zu definieren wäre als durch den Willen: »So etwas soll nicht noch einmal sein.«

 

1962

 

 
Fußnoten

1 So dankbar der Autor die Initiative des Deutschen Koordinierungsrates der Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit zu schätzen weiß, welcher seinen Vortrag den Teilnehmern der Europäischen Erzieherkonferenz als Druck zugänglich machen möchte, so sehr zögert er gleichwohl, der Publikation zuzustimmen. Er ist sich dessen bewußt, daß in seiner Art von Wirksamkeit gesprochenes und geschriebenes Wort noch weiter auseinander treten als heute wohl durchweg. Spräche er so, wie er um der Verbindlichkeit der sachlichen Darstellung willen schreiben muß, er bliebe unverständlich; nichts aber, was er spricht, kann dem gerecht werden, was er von einem Text zu verlangen hat. Je allgemeiner die Gegenstände sind, um so mehr verstärken sich die Schwierigkeiten für einen, dem jüngst ein Kritiker freundlich attestierte, seine Produktion gehorche dem Satz »Der liebe Gott wohnt im Detail«. Wo ein Text genaue Belege zu geben hätte, bleiben dergleichen Vorträge notwendig bei der dogmatischen Behauptung von Resultaten stehen. Er kann also für das hier Gedruckte die Verantwortung nicht übernehmen und betrachtet es lediglich als Erinnerungsstütze für die, welche bei seiner Improvisation zugegen waren und welche über die behandelten Fragen selbstverständlich weiterdenken möchten auf Grund der bescheidenen Anregungen, die er ihnen übermittelte. Darin, daß allerorten die Tendenz besteht, die freie Rede, wie man das so nennt, auf Band aufzunehmen und dann zu verbreiten, sieht er selber ein Symptom jener Verhaltensweise der verwalteten Welt, welche noch das ephemere Wort, das seine Wahrheit an der eigenen Vergänglichkeit hat, festnagelt, um den Redenden darauf zu vereidigen. Die Bandaufnahme ist etwas wie der Fingerabdruck des lebendigen Geistes. Indem der Autor von der liebenswürdigen Bereitschaft des DKR Gebrauch macht, all das unumwunden auszusprechen, hofft er, wenigstens einigen der Mißdeutungen vorzubeugen, denen er sonst unweigerlich sich aussetzte.

T.W.A.

 

 

Rodolphe Lœwenstein, Psychanalyse de l'Antisémitisme. Paris: Presses Universitaires de France 1952

 

Das Buch versteht sich als eine unmittelbar dem Gegenstand zugewandte, psychoanalytisch orientierte, aber zugleich sozialpsychologische und historische Aspekte einbegreifende Deutung des Antisemitismus. Trotz seines knappen Umfangs jedoch erweist es sich in Wahrheit als eine Art Kompendium der Forschungen über das Rassevorurteil. Daran hat es bis heute in Europa gefehlt. Zumal in Deutschland, wo man sich zwar zutraut, die Psychoanalyse zu überwinden, wo es aber zugleich nach wie vor an der Kenntnis der Freudschen Theorie mangelt, würde das Lœwensteinsche Buch eine erhebliche Funktion erfüllen. Es kann nur gewünscht werden, daß es bald seinen Übersetzer finde.

An spezifisch neuen Einsichten scheint nicht viel gewonnen. Doch ist daraus dem Autor kaum ein Vorwurf zu machen. Nachdem die Theorie einmal die einigermaßen starre und beschränkte Ontologie des Antisemitismus auskristallisiert hat, bleibt ihr nicht viel hinzuzufügen: psychische Verarmung, Immergleichheit, Enge des Bewußtseins gehören selber zum antisemitischen Syndrom. Fast täte die Bemühung um reicheres ›Verständnis‹ dem Gegenstand zuviel Ehre an. Durchwegs jedoch belegt der Autor die Theorie mit Beobachtungen aus der spezifischen klinischen Erfahrung, die einleuchten.

Merkwürdig nur, daß bei einem Buch solchen Charakters das verarbeitete Material erhebliche Lücken aufweist. So sind die »Studies in Prejudice«, von denen dem Autor offenbar bloß Bruchstücke zugänglich waren, ebenso wenig erwähnt wie die von jenen Studien ganz unabhängigen, aber parallel gerichteten Untersuchungen von E. Hartley. Da der Autor typologisch interessiert ist, so mag auch daran erinnert werden, daß das Institut für Sozialforschung bereits 1941 eine Typologie des Antisemitismus publiziert hatte, die dann in den »Studies in Prejudice« nach verschiedenen Dimensionen weiter verfolgt wurden. Auch auf Maurice Samuels »Great Hatred« wird nicht eingegangen.

Eine große Rolle spielen in dem Buch die psychologischen Eigentümlichkeiten der Juden. Ob es solche Eigentümlichkeiten gebe, steht nicht zur Debatte. Wohl aber, ob sie zum Verständnis des modernen – und das heißt: des totalitären – Antisemitismus viel helfen. Denn dieser hängt mit der primären Erfahrung des erkorenen Feindes kaum zusammen. Immer wieder stößt man darauf, daß Antisemiten die ihnen bekannten Juden vom Vorurteil ausnehmen und nur die andern attackieren; und in Gegenden, in denen überhaupt keine Juden leben, scheint der Antisemitismus nicht geringer zu sein als in Zentren jüdischer Bevölkerung. Ob der Antisemitismus jemals mit dem psychischen Sosein der Juden viel zu tun hatte, ist fraglich. Heute hat er es ganz gewiß nicht. Er wurde längst zum manipulierbaren, ideologischen Herrschaftsmittel geschliffen. Die Kunst der Agitatoren, die von je zum Antisemitismus gehörten, besteht darin, auf höchst rationale Weise irrationale Momente in den von ihnen Erreichten zu erwecken. Die Abhebung des ›sekundären‹, eigentlich schon gar nicht mehr spontanen und darum doppelt unversöhnlichen Antisemitismus vom älteren, noch nicht durchorganisierten ist unbedingt geboten, wenn man nicht dem Grauen von heute allzu harmlose Begriffe entgegensetzen möchte. Die psychologische, ›beseelende‹ Auffassung hat selber, gegenüber dem administrativ durchgeführten Mord, etwas von solcher Harmlosigkeit.

 

Ca. 1952

 

 

Otto Büsch und Peter Furth, Rechtsradikalismus im Nachkriegsdeutschland. Studien über die »Sozialistische Reichspartei« (SRP). Berlin, Frankfurt a.M.: Verlag Franz Vahlen 1957. (Schriften des Instituts für politische Wissenschaft. Bd. 9.)

 

Der Band bietet einen wesentlichen empirischen Beitrag zur politischen Soziologie. Die Methode, die sich abzeichnet und die sich wohl erst im Verlauf der Untersuchung selbst auskristallisiert hat, ist ›perspektivisch‹: eine institutionelle Studie über Geschichte und Gestalt der 1952 verbotenen »Sozialistischen Reichspartei« steht am Anfang, es folgt eine der Ideologie der untersuchten Partei geltende Untersuchung, eine qualitative content analysis von Propagandamaterial. Kaum zufällig, daß heute an verschiedenen Stellen solche methodischen Kombinationen mehr oder minder unabhängig voneinander erprobt werden. Sie bezeugen, daß weder mehr bloß objektiv gerichtete noch ideologiekritische Analysen noch subjektiv gerichtete Meinungsbefragungen in der politischen Soziologie isoliert ausreichen. Jede einzelne jener Verfahrensweisen bringt die Gefahr perspektivischer Verzerrungen mit sich: die objektiv organisatorische Analyse etwa tendiert dazu, über die Bewußtseinsinhalte und die potentiellen Verhaltensweisen derer hinwegzugehen, die den Organisationen angehören; die bloße Ideologieanalyse wird leicht die realen Interessenkomplexionen zumal hinter manipulativen Bewegungen wie denen des neofaschistischen Rechtsradikalismus verfehlen. Wenn es der empirischen Soziologie versagt ist, die gesellschaftliche Totalität als solche in den Griff zu bekommen, dann kann sie immerhin durch sinnvolle Verbindungen verschiedener Fragestellungen und Forschungsweisen, zentriert um den gleichen Gegenstandsbereich, einiges dazu beitragen, zu berichtigen, woran sie vorweg laboriert. Das dürfte in den beiden sich ergänzenden Studien von Otto Büsch und Peter Furth in besonderem Maß geglückt sein. Sie waren begünstigt dadurch, daß ihnen das Material zugänglich war, auf Grund dessen seinerzeit das Verbot der SRP erfolgte, so daß die Autoren von der gerade bei apokryphen politischen Phänomenen oft sehr schwierigen Aufgabe der Dokumentation weithin entlastet wurden. Schade nur, daß nicht, als dritte Studie, eine Befragung von Mitgliedern der SRP durchgeführt werden konnte; sie erst hätte, im Zusammenhang mit den beiden anderen, etwas über das Verhältnis von Parteiapparat, Ideologie und tatsächlichem Denken und Verhalten der Organisierten ausmachen können und die volle Perspektive gegeben. Doch wäre fraglos gerade in dieser Zone eine Meinungsbefragung fast unüberwindlichen Schwierigkeiten ausgesetzt gewesen, zu schweigen davon, daß nach dem Verbot auch ein Sample der Parteimitglieder kaum mehr sich hätte zusammenstellen lassen.

Inhaltlich besagen solche Untersuchungen mehr über Potentialitäten, als etwas politisch Unmittelbares. Die ausdrückliche Frage nach dem neofaschistischen Potential nun wird von den Autoren vermieden. Doch läßt sich manches extrapolieren. Wie beim alten Nationalsozialismus zeichnet sich auch bei der SRP der Vorrang einer nach dem Führerprinzip aufgebauten, strikten Organisation über jedes spezifische Programm aufs deutlichste ab. Die organisatorische Straffheit (vgl. etwa S. 106) dürfte von sich aus bereits die Aktionsfähigkeit auch von Gruppen des sogenannten ›lunatic fringe‹ weit über Mitgliederzahl und aktuelle Macht hinaus steigern. Bei der ›Ideenlosigkeit‹ einer solchen Partei, die bloß, mehr oder minder getarnt, nationalsozialistische Parolen nachredet, sollte man sich nicht allzu leicht beruhigen. Es kommt zunächst derartigen Bewegungen nicht auf Zielsetzungen an, sondern auf die ›Machtergreifung‹ durch eine Clique, die sich selbst als Elite ausgibt und gleichzeitig Umschau hält nach sozialen und ökonomischen Gruppen, die sie decken. Auffallend ist der Unterschied zwischen der überaus durchgebildeten Organisation und der geringen Zahl von ›Gefolgsleuten‹ (10000). Bestätigt wird, was auch aus analogen amerikanischen Untersuchungen hervorging: daß diese Gefolgsleute keineswegs »eine eindeutige Relation zu einer bestimmten Bevölkerungsschicht« (S. 100) hatten. Der Anteil von Arbeitslosen scheint relativ hoch gewesen zu sein – symptomatisch wichtig für den Fall neuer ökonomischer Krisensituationen –; dagegen war der Anteil der Vertriebenen und Flüchtlinge an der SRP gering. Dort, wo sie ihre größten Erfolge hatte, im nördlichen Gebiet Niedersachsens, herrscht eine großbäuerliche und großagrarische Sozialstruktur vor. Insgesamt freilich war offenbar die Partei immer noch mehr städtisch als ländlich. Jedenfalls hat ihr objektiver Klassencharakter sich nicht in der subjektiven Zusammensetzung ausgeprägt. Sie konnte, in ihrem engen Umkreis, mit ebensoviel Wahrheit und Unwahrheit sich als ›Sammlungspartei‹ ausgeben wie seinerzeit die alte NSDAP.

Die zweite, mit ungewöhnlicher Intensität durchgeführte Studie, von Peter Furth, weist erstmals wohl an deutschem Material detailliert nach, daß die Ideologien rechtsradikaler Bewegungen nicht im eigentlichen Sinn des Begriffs »notwendig falsches Bewußtsein« darstellen; daß sie überhaupt nicht ihrem politischen Inhalt nach zu verstehen sind, sondern als sozialpsychologische Kalkulationen. Der Titel »Ideologie und Propaganda« verweist auf diesen zentralen Sachverhalt: besaßen Ideologien stets schon ihren propagandistischen Aspekt, so werden sie nun planvoll ganz und gar dem Primat der Propaganda unterworfen und lösen sich auf in eine Reihe mehr oder minder kohärenter ›Stimuli‹, bilden eine Art sozialpsychologischer Versuchsanordnung, die, ähnlich wie hochrationalisierte Reklame, Menschen gewinnt, indem sie ihnen Ersatzbefriedigungen vor allem kollektiv-narzißtischer Art verschafft. Die Trümmer dessen, was die Nationalsozialisten ihre Weltanschauung nannten, sind selbstverständlich ein wesentliches Element dieser Ideologie; es wird der Nachkriegssituation angepaßt; manches auch dieser entnommen. Charakteristische Züge, wie die ›Personalisierung‹, also die Verschiebung politischer und sozialer Verantwortungen von objektiven Institutionen auf einzelne Individuen, hatte die SRP-Propaganda mit verwandten Bewegungen auf der ganzen Welt gemeinsam – wie denn überhaupt die Signatur des neuen Nationalsozialismus dessen Internationalität ist; er ist aus einer primären Ideologie zu einer sekundären, ihrerseits aus den Zusammenhängen der weltpolitischen Totalität abzuleitenden geworden.

Der Furthschen Untersuchung kommt unmittelbar aufklärender Wert zu. Indem sie die Mechanismen freilegt, auf denen Propaganda vom Schlag jener SRP spielt, zeigt sie, wie derlei Bewegungen darauf aus sind, ihre präsumtiven Anhänger »beim Wahne zu packen«, sie gegen ihre realen Interessen manipulativ einzuspannen. Die längst liquidierte Bauernfängerei der Jahrmärkte von anno dazumal hat ihren Unterschlupf in solcher modernen Politik gefunden. Der Hitlerschen Regel entsprechend muß derartige Propaganda die Linie des geringsten Widerstandes verfolgen, will sagen, nach dem niedrigsten Niveau sich richten. Dies Mittel aber, während der letzten vierzig Jahre überstrapaziert, ist zweischneidig. Je unverhüllter die Propaganda sich an die Dümmsten wendet, um so mehr setzt sie sich dem potentiellen Widerstand derer aus, die denn doch nicht die Dümmsten sein möchten. Darum wäre von größtem Wert, wenn die Ergebnisse des gesamten Buches, insbesondere die Furths, derart zusammengefaßt und dargestellt würden, daß sie als Serum für die stets noch Anfälligen wirken. In der Bundesrepublik sollte es nicht an Stellen fehlen, die bereit wären, ein solches Projekt politischer Aufklärung zu realisieren.

 

1958

 

 

Die UdSSR und der Frieden*

Der »vorbereitende Ausschuß des Friedenskomitees an der Johann Wolfgang von Goethe Universität Frankfurt/Main« sandte uns einen offenen Brief, den »friedliebende Studenten auf einer Friedenskonferenz der westdeutschen Hochschulen in Heidelberg am 30. Juli 1950 beschlossen haben«, und bat uns, ihm unsere Ansicht über den Inhalt des Briefs mitzuteilen. Es handelt sich um einen Aufruf zum absoluten Verbot der Atomwaffen, der jede Regierung als Kriegsverbrecher zu behandeln droht, die »als erste« die Atomwaffen gegen irgendein Land einsetzt. Zugrunde liegt die Erklärung des »ständigen Weltfriedenskomitees in Stockholm«. Wir glauben uns verpflichtet, unsere Ansicht nicht bloß den Aufrufenden, sondern der Öffentlichkeit bekannt zu machen.

Daß die Erhaltung des Friedens das dringendste Anliegen aller Menschen heute ist, und daß die neuen Waffen die endgültige Katastrophe herbeiführen können, ist selbstverständlich. Aber es ist Ausdruck der verstrickten und verblendeten Situation, die auf jenes absolute Grauen hintreibt, daß sie noch die Wahrheit darüber in die Lüge zu verkehren droht, indem sie sie in den Dienst der Lüge nimmt. Friedensaufruf und Ächtung der Atomwaffe sind ein Stück der Sowjetpropaganda, die darauf abzielt, allerorten die humanen Regungen dafür zu mißbrauchen, daß der Widerstand gegen die Gewalt gebrochen werde, die von der Sowjetunion ausgeht und die nicht zögern wird, den Krieg zu entfesseln, wenn die Moskauer Gewaltherrscher glauben, daß sie ihn gewinnen können. Das Verlangen nach dem Frieden, das die Völker aller Länder teilen, wird dazu benutzt, für das neue totalitäre Unternehmen Zeit zu gewinnen.

Was Propaganda dem Begriff des Friedens antut, ist symptomatisch für die Veränderungen, denen heute der Begriff der Politik überhaupt unterliegt. Einmal hieß Politik die bewußte, unabhängige und kritische Anstrengung, durch Gedanken und Tat anstelle schlechter gesellschaftlicher Verhältnisse menschenwürdigere herbeizuführen. Heute ist Politik weithin bloße Fassade geworden. Sie meint nicht mehr die Verwirklichung der Humanität, sondern zwischenstaatliche Machtkämpfe. Die jetzt am lautesten die Ziele der Menschheit ausposaunen, sind die gleichen, die die Menschheit an die Kandare nehmen und ihnen jenen Geist der Kritik und Freiheit austreiben wollen, der allein menschenwürdigere Zustände zu erreichen vermöchte. Wer naiv, in der traditionellen Sprache des Pazifismus, zur Ächtung des Krieges aufruft, nimmt dabei stillschweigend die rote Armee und ihre ordensgeschmückten Generäle aus; wer das Grauen des Atomkriegs ausmalt, deckt willentlich oder unwillentlich zugleich die Vögte und Folterknechte, die ungezählte Millionen von Arbeitssklaven in Konzentrationslagern halten und Intellektuelle wie Meyerhold, die in die offizielle Kulturbarbarei nicht hineinpassen, umbringen. In einer Welt, in der die Gedanken mehr als je in Zweckzusammenhänge verflochten sind, genügt es nicht, vom Frieden zu reden. Man muß fragen, wer vom Frieden redet, in wessen Auftrag und in welcher Funktion.

Wir haben versucht, nach unseren schwachen Kräften in unserer theoretischen und sozialwissenschaftlichen Arbeit den Geist kritischer Unabhängigkeit uns zu erhalten, bei dem allein wir die Hoffnung auf Abwendung des Unheils sehen. Solcher Geist der Kritik kann nicht Halt machen vor jenem Rußland, das einmal in der Tat jene Hoffnung aufs Ende der Kriege verkörperte, die es heute zur Phrase erniedrigt. Gerade wer dieser Hoffnung treu bleibt, tritt in notwendigen Gegensatz zum Imperialismus der Stalindiktatur.

Das kritische Denken, an dem wir festzuhalten suchen, hat sein eigenes Wesen daran, daß es sich keiner Autorität verschreibt, sondern das Element lebendiger Erfahrung und kritischer Freiheit auch den mächtigsten Gedanken gegenüber sich bewahrt. Denn kein Gedanke ist davor gefeit, in Wahn überzugehen, wenn er aus jener lebendigen Erfahrung herausgebrochen, als Götze installiert wird. Das widerfährt heute der Marxischen Konzeption. Der Sinn eines jeglichen ihrer Sätze wird um so gründlicher ins Gegenteil verkehrt, je starrer sie nachgebetet werden. Wird aus Marx ein positives System, eine Weltformel gemacht, so tritt unsägliche Verarmung allen Erkennens und aller Praxis, schließlich ein Trugbild der Wirklichkeit ein. Weder besteht die Bildung aus Marx allein, noch ist er die ganze Wahrheit, und wem es um diese ernst ist, darf sich durch die Marxischen Erkenntnisse nicht den Weg zur unbeirrten Erkenntnis verbauen lassen. Immer wieder hat sich gezeigt, daß gerade die, welche aus Marx schluckten, als wäre er nicht der Kritiker der politischen Ökonomie sondern der Erfinder einer Weltformel, am ehesten bereit sich zeigten, ›umzufallen‹, sobald sie einmal entdeckten, daß das Dasein sich nicht in seinen Kategorien erschöpft. Dogmatische Starrheit, schlechtes Gewissen und die Bereitschaft, ein Cliché durchs nächste zu ersetzen, hinter dem die Macht steht, gehören zusammen. Dessen sind auch die abgespaltenen und heute ohnmächtigen Oppositionsgruppen schuldig, die zwar den Moskauer Gewalthabern unangenehme Wahrheiten genug sagen, aber ebenso reden, dasselbe meinen wie jene, Rivalen im Anspruch auf die gleiche totalitäre Machtposition, die sie dem Kreml vorwerfen. In Phasen wie der gegenwärtigen ist im privaten Dasein, das sich nicht an kollektiven Machtbildern berauscht, mehr von der Wahrheit aufgehoben als in der Maschinerie der großen Politik. Internationale Solidarität, auf die zu berufen jenen am schlechtesten ansteht, in deren Wahlheimat Kosmopolitismus das ärgste Schimpfwort ist, wird zum Vorwand für fünfte Kolonnen, Agenten des russischen Nationalismus in den Ländern, in denen Menschliches überhaupt noch atmen kann. Den freien Ländern loyal zu helfen, wenn es gilt, die Freiheit zu verteidigen, ist heute das Höhere, als den Internationalismus im eigenen Lande auf die Sowjetheimat abzustimmen.

In dem Augenblick, in dem das Institut für Sozialforschung an der Universität Frankfurt, das wir vertreten, wieder errichtet wird, sehen wir uns, nachdem Arbeiten aus dem Institut in der Ostzone nachgedruckt wurden, zur ausdrücklichen Erklärung veranlaßt, daß unsere Forschungen und Schriften im schärfsten Gegensatz zu der Politik und Doktrin stehen, welche von der Sowjetunion ausgehen. Die Furcht, man leite damit Wasser auf die Mühlen der Reaktion, hat den letzten Schein des Rechts verloren, seitdem die russische Reaktion jene Furcht einkalkuliert. Das Potential einer besseren Gesellschaft wird eher dort bewahrt, wo die bestehende ohne Rücksicht analysiert werden darf, als dort, wo die Idee einer besseren Gesellschaft verderbt ward, um die schlechte bestehende zu verteidigen. Das ist die Voraussetzung unserer Existenz und unserer Arbeit, für die wir unbedingt die gemeinsame Verantwortung tragen.

 

1950

 

 
Fußnoten

* Der Text wurde gemeinsam von Adorno und Horkheimer geschrieben.

 

Auf die Frage: Warum sind Sie zurückgekehrt

 

Daß solche, die von einer Tyrannis aus ihrer Heimat vertrieben wurden, nach deren Sturz zurückkehren, ist eine antike Tradition. Ihr wird einer, der den Gedanken, ein neues Leben anzufangen, haßt, und für den die Kontinuität seiner geistigen Existenz entscheidet, fast selbstverständlich, ohne lang zu fragen, sich einfügen. Da ich viel zu sehr gesellschaftlich denke, um den Faschismus als Sache des sogenannten deutschen Nationalcharakters zu sehen, sondern ihn als Konsequenz einer sozial-ökonomischen Entwicklung begreife, war mir auch die Konzeption, die Deutschen als Volk hätten die Schuld, recht fremd; die Bildung solcher Kollektivbegriffe scheint mir selbst in jenes Bereich zu gehören, das den Faschismus hervorbrachte. Ich darf wohl sagen, daß ich während der gesamten Emigrationszeit trotz aller Dankbarkeit für das Land, wo ich gerettet wurde, keinen Augenblick die Hoffnung auf Rückkehr aufgab. Dabei war es mir durch glückliche Umstände vergönnt, gemeinsam mit Horkheimer meine Arbeit in Amerika fortzusetzen. Genau in den Monaten, da ich wieder nach Deutschland ging, hatte die »Authoritarian Personality« drüben einen sehr großen wissenschaftlichen Erfolg.

Sollte ich sagen, warum ich zurückging, so müßte ich ohne große Worte erklären, daß ich eben nach Europa und nach Deutschland gehöre. Verwiesen bin ich auf die Sprache, die ich als meine eigene schreiben kann, während ich Englisch in den langen Emigrationsjahren bestenfalls so schreiben lernte wie die anderen. In Deutschland fühle ich mich keinem Druck von Markt und öffentlicher Meinung ausgesetzt, der mich zur Anpassung des Ausdrucks dessen nötigte, was mir vorschwebt. Die Substanz meiner Gedanken ist noch in dem, wo sie scharf gegen die deutsche Tradition sich wenden, von dieser Tradition nicht zu trennen; ich hätte mein geistiges Naturell verleugnen müssen, wenn ich den Versuch dazu gemacht hätte. Daß ich das Gefühl hegte, in Deutschland auch einiges Gute tun, der Verhärtung und Wiederholung des Unheils entgegenarbeiten zu können, ist wohl nur ein anderer Aspekt derselben Sache.

Ich habe eine sonderbare Erfahrung gemacht. Menschen, die konformieren, die sich mit der gegebenen Umwelt und den Herrschaftsverhältnissen, die in ihr sich ausprägen, identifizieren, passen auch im neuen Land viel leichter sich an. Hier Nationalist, dort Nationalist. Wer aber nicht mitspielt, bleibt oppositionell und distanziert auch in der neuen Kultur. Sinn für Kontinuität und Treue zu den eigenen Ursprüngen, die darin gründet, hat nichts zu tun mit Hochmut und Verstocktheit bei dem, was man nun einmal ist. Solche Treue bedeutet, daß man lieber dort etwas zu ändern sucht, wo die eigene Erfahrung ihr Zentrum hat, als daß man eines anderen Milieus wegen sich aufgibt. Ich wollte einfach dorthin zurück, wo ich meine Kindheit hatte, am Ende aus dem Gefühl, daß, was man im Leben realisiert, wenig anderes ist als der Versuch, die Kindheit verwandelnd einzuholen. Gefahr und Schwierigkeit meines Entschlusses habe ich nicht unterschätzt, aber bis heute ihn nicht bereut. Gerade weil meine Arbeit in Deutschland so wesentlich kritischen Charakters ist; weil ich mir einbilde, an den herrschenden Geist hier so wenig Konzessionen zu machen wie an den drüben, darf ich diese Motive vielleicht aussprechen, ohne dem Mißverständnis der Schwäche oder der Sentimentalität mich auszusetzen.

 

1962

 

 

Gegen die Notstandsgesetze

Ein Nichtjurist darf zur dritten Lesung der Notstandsgesetze einige Worte sagen im Bewußtsein, daß es sich nicht um eine juristische Frage handelt, sondern um eine reale gesellschaftliche und politische. Obwohl es in anderen Staaten analoge Gesetze gibt, die auf dem Papier sich keineswegs humaner lesen, ist in Deutschland die Situation so durchaus verschieden, daß daraus keine Rechtfertigung des Vorhabens abgeleitet werden kann. Was in der Vergangenheit geschehen ist, zeugt gegen den Plan, gar nicht erst die Ermächtigungsgesetze, sondern bereits der Paragraph 48 der Weimarer Verfassung. Er erlaubte es, die Demokratie den autoritären Absichten des Herrn von Papen in die Hände zu spielen. Hierzulande enthalten derlei Gesetze unmittelbar repressive Tendenzen in sich, anders als etwa in der Schweiz, wo Demokratie unvergleichlich viel substantieller das Leben des Volkes durchdrungen hat. Man braucht nicht, wie manche es uns zuschreiben, von politischer Hysterie erfüllt zu sein, um vor dem sich zu fürchten, was da sich abzeichnet. Die gegenwärtige Regierung und ihr Vorläufer haben seit Jahren eine Haltung zum Grundgesetz bewiesen, die für die Zukunft einiges erwarten läßt. Aus Anlaß der sogenannten Spiegelaffäre hat der verstorbene Bundeskanzler Adenauer von einem fürchterlichen Fall von Landesverrat gesprochen, der dann vor Gericht in nichts sich auflöste. Auf der Regierungsseite brachte jemand den Zynismus auf, zu erklären, die schützenden Organe dieses Staates könnten nicht mit dem Grundgesetz unter dem Arm herumlaufen. Die Formulierung »etwas außerhalb der Legalität« ist unterdessen zum Bestandteil jenes Volkswitzes geworden, der sich nicht unmündig machen läßt. Wer angesichts dieser Tradition nicht mißtrauisch wird, der muß sich schon willentlich verblenden. Die restaurativen Tendenzen, oder wie man sie nennen will, sind nicht schwächer geworden, sondern haben sich verstärkt. Unsere Bundesrepublik hat nicht einmal im Ernst etwas gegen den Menschenraub getan, den südkoreanische Agenten begingen. Einzig verruchter Optimismus könnte von den Notstandsgesetzen etwas anderes erwarten als die Fortsetzung jenes Trends, nur weil sie mit soviel staatsrechtlicher Umsicht formuliert sind. Das Englische kennt eine Wendung, die von Prophezeiungen redet, welche von sich aus zu ihrer eigenen Erfüllung treiben. So steht es mit dem Notstand. Der Appetit wächst mit dem Essen. Fühlt man sich einmal dessen sicher, was alles man mit den Notstandsgesetzen decken kann, so werden sich Gelegenheiten, sie zu praktizieren, schon finden. Das ist der wahre Grund, warum man dagegen aufs schärfste protestieren muß, daß nun die bislang allmähliche Aushöhlung der Demokratie auch noch legalisiert werde. Zu spät ist es, wenn einmal die Gesetze es erlauben, jene Kräfte außer Aktion zu setzen, von denen erwartet wird, daß sie den Mißbrauch in Zukunft verhindern könnten: eben dazu wird der Mißbrauch es nicht mehr kommen lassen. In der größten erreichbaren Öffentlichkeit ist gegen die Notstandsgesetze zu opponieren wegen des Verdachts der Notstandsfreude derer, die sie erlassen. Daß die Notstandsfreude kein Zufall ist, sondern Ausdruck eines mächtigen gesellschaftlichen Zuges, sollte die Opposition dagegen nicht mindern sondern steigern.

 

1968

 

 

»Über die Berliner Vorgänge«

Vor der Vorlesung am 6. Juni 1967

Es ist mir nicht möglich, die Vorlesung heute zu beginnen, ohne ein Wort zu sagen über die Berliner Vorgänge, so sehr diese auch beschattet werden von dem Furchtbaren, das Israel, der Heimstätte zahlloser vor dem Grauen geflüchteter Juden, droht.

Mir ist bewußt, wie schwer es nachgerade fällt, auch über das faktisch Einfachste sich ein gerechtes und verantwortliches Urteil zu bilden, weil alle Nachrichten, die zu uns gelangen, bereits gesteuert sind. Aber das kann mich nicht hindern, meine Sympathie für den Studenten auszusprechen, dessen Schicksal, gleichgültig was man uns berichtet, in gar keinem Verhältnis zu seiner Teilnahme an einer politischen Demonstration steht. Unabhängig davon, welche der einander widersprechenden Darstellungen der erschreckenden Vorgänge zutrifft, ist auf jeden Fall die Beobachtung, daß stets noch in Deutschland die offizielle und mit dem Geist von Demokratie unvereinbare Neigung höherer Instanzen herrscht, Aktionen der im doppelten Sinn untergeordneten Organe a priori zu decken. Nachdem die Untersuchung der Hamburger Vorgänge in einer sogenannten Beruhigungszelle abgebrochen wurde, steht zu befürchten, daß Ähnliches auch in Berlin geschehe. Nicht nur der Drang, den Opfern Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, sondern die Sorge darum, daß der demokratische Geist in Deutschland, der wahrhaft erst sich bildet, nicht durch obrigkeitsstaatliche Praktiken erstickt wird, macht die Forderung notwendig, es möchten die Untersuchung in Berlin Instanzen führen, die mit denen, die da geschossen und den Gummiknüppel geschwungen haben, organisatorisch nicht verbunden sind und bei denen keinerlei Interesse daran, in welcher Richtung die Untersuchung läuft, zu beargwöhnen ist. Daß die Untersuchung in vollster Freiheit, raschestens, ungegängelt von autoritären Wünschen, dem Geist der Demokratie gemäß angestellt werde, ist ein Wunsch, den ich nicht als meinen privaten fühle sondern als einen, der in der objektiven Situation entspringt. Ich vermute, daß Sie ihn teilen.

Ich bitte Sie, sich zum Gedächtnis unseres toten Berliner Kommilitonen Benno Ohnesorg von Ihren Plätzen zu erheben.

 

Diskus. Frankfurter Studentenzeitung. Extrablatt, 8./9.6.1967, S. 2

 

 

»Zum Freispruch des Polizeiobermeisters Kurras«

Vor der Vorlesung am 23. November 1967

Ich nehme an, es ist auch in Ihrem Sinn, wenn ich einige Worte zum Freispruch des Polizeiobermeisters Kurras sage. Ich bin kein Jurist und beanspruche nicht die Qualifikation, juristisch über das Urteil mich zu äußern. Sicher war es schwer, den Tatbestand zu rekonstruieren, und er selbst dürfte jenes Moment von Verworrenheit enthalten haben, auf das man fast stets dort stößt, wo man glaubt, das öffentliche Unwesen konkret greifen zu können. Die Problematik dessen, was man Urteilsschelte nennt, ist mir vertraut. Immerhin kann ich nicht mein Mißtrauen verschweigen gegen eine Wissenschaft, die den Anspruch ihrer Objektivität wesentlich auf jene Technik der Subsumtion gründet, die mir philosophisch höchst problematisch dünkt. Ganz gewiß wäre es nicht an mir, der das Bedürfnis zu strafen für überaus fragwürdig hält, meinerseits mich zum Sprecher jenes Bedürfnisses zu machen und, von der anderen Seite her, mich in die Gesellschaft derer zu begeben, mit denen ich nichts gemein zu haben wünsche. Aber all das ist bei der Ermordung unseres Kommilitonen Ohnesorg nicht das Entscheidende. Wenn schon der Polizeiobermeister nicht verurteilt werden kann, weil ihm Schuld im Sinn des Gesetzes nicht nachzuweisen ist, so wird dadurch die Schuld seiner Auftraggeber um so größer. Daß man die Polizei bei einer Studentendemonstration bewaffnete, trägt die Versuchung zu jenen Aktionen in sich, welche der Polizeiobermeister mit dem Wort Auftrag rechtfertigen möchte. In Frankfurt zeigte sich wiederholt, daß die Polizei solcher Methoden nicht bedarf; um so dringlicher, Auskunft darüber zu erlangen, warum sie sie in Berlin anwendete, wer die Verantwortlichen sind und wie es mit dem sogenannten Auftrag bestellt ist. Über all das jedoch geht der Eindruck hinaus, den ich von Herrn Kurras hatte, als er im Fernsehen erschien. Ich vernahm da einen Satz etwa wie: »Es tut mir leid, daß dabei ein Student ums Leben gekommen ist«. Der Tonfall war unverkennbar widerwillig, so wie wenn Herr Kurras jene dürftigen Worte sich mühsam abgerungen hätte, gar nicht im Ernst dessen sich bewußt geworden wäre, was er anrichtete. Die Affektarmut des »Es tut mir leid« verklagt ihn ebenso wie das unpersönliche » ...ein Student ums Leben gekommen ist«. Das klingt, als hätte am zweiten Juni eine objektive höhere Gewalt sich manifestiert und nicht Herr Kurras, zielend oder nicht, auf den Hahn gedrückt. Solche Sprache ist zum Erschrecken ähnlich der, die man in den Prozessen gegen die Quälgeister der Konzentrationslager vernimmt. Herr Kurras hat es nicht über sich gebracht, einfach zu sagen: »Ich bin unglücklich darüber, daß ich einen unschuldigen Menschen getötet habe«. Der Ausdruck »ein Student« in seinem Satz erinnert an jenen Gebrauch, der heute noch in Prozessen und in der Öffentlichkeit, die darüber berichtet, von dem Wort Jude gemacht wird. Man setzt Opfer zu Exemplaren einer Gattung herab. Von derlei Erwägungen abzusehen, können keine juristischen mich veranlassen. Antwort wäre nachdrücklich zu verlangen auf die Frage, wie man in Berlin einen Menschen von der Mentalität des Herrn Kurras einstellen und ihn in eine Situation bringen konnte, die ihn dazu ermutigte, auf seine Weise sich zu betätigen.

 

Diskus. Frankfurter Studentenzeitung, November/Dezember 1967

 

 

Kritische Theorie und Protestbewegung

Ein Interview mit der »Süddeutschen Zeitung«

Frage: In der Öffentlichkeit besteht der Eindruck, die revolutionäre Aktivität einiger Studentengruppen sei zum Teil auf den philosophischen Denkansatz zurückzuführen, der von Ihnen mitentwickelt wurde und vertreten wird. Das Frankfurter Institut für Sozialforschung gilt als geistige Heimstatt der »Revolutionären Linken«. Inwieweit ist diese Ansicht zutreffend?

Adorno: Das Verhältnis zwischen Denkansätzen und praktischen Konsequenzen war stets äußerst gebrochen und ist es heute erst recht. Robespierre hat Rousseaus volonté générale zur Rechtfertigung für den Terror seiner Clique mißbraucht. Die kritische Theorie, wie sie vom Institut für Sozialforschung in Frankfurt in völliger geistiger Freiheit und Autonomie entwickelt wurde, hat nie nach ihrer Anwendbarkeit geschielt und gar dem Kriterium von Anwendbarkeit sich unterworfen. Welche unserer theoretischen Motive in die Studentenbewegung hineingewirkt haben, vermag ich kaum zu beurteilen. Ein wirklich faßlicher Zusammenhang zwischen dem gegenwärtigen Aktionismus, den ich für höchst problematisch halte, und unseren Gedanken ist mir noch von keinem Menschen aufgezeigt worden. Irrationale Aktionen, von der Theorie abgelöst, die man verlästert, sind nie in unserem Sinn gewesen. Kritische Theorie schließt notwendig eben jene Analyse der Situation ein, die sich der Aktionismus erspart, um nicht der eigenen Hinfälligkeit innewerden zu müssen. Im übrigen ist die These, wir hätten Ideen entwickelt, die sich gegen uns gewandt hätten, als sie in die Tat umgesetzt wurden, besonders beliebt bei denen, und wahrscheinlich von ihnen erfunden, welche die Freiheit des kritischen Gedankens mit der Geste des »Seht ihr's« lähmen wollen. Ich habe so wenig Neigung, diesem Gestus mich zu beugen wie den Solidaritätszwängen der Aktionisten.

Frage: Wo würden Sie die Grenze ziehen zwischen einer legitimen praktischen Umsetzung Ihrer kritischen Gesellschaftstheorie und einer auf Mißverständnis und Ideologisierung beruhenden Verfälschung des Denkmodells, wie sie etwa Jürgen Habermas kritisiert hat. Wo liegt der entscheidende Punkt?

Adorno: Mit der Kritik der Verfälschung kritischen Denkens durch den Aktionismus, die Habermas gegeben hat, stimme ich gänzlich überein. Wie er rechne ich den Aktionismus zur Pseudoaktivität. Der entscheidende Differenzpunkt ist wohl der, daß unter den gesellschaftlichen und technischen Bedingungen der Gegenwart verändernde Praxis überhaupt vorstellbar ist nur als gewaltlos und durchaus im Rahmen des Grundgesetzes.

Frage: In einer Umfrage dieser Zeitung zum Jahreswechsel 1966/67 sagten Sie, Sie verspürten eine steigende Abneigung gegen Praxis im Widerspruch zu Ihren eigenen theoretischen Positionen*. Ist es möglich, daß die von Ihnen wegen ihrer revolutionären Aktivität gerügten Studenten nur einen Ausweg aus dieser – Ihrer – Widersprüchlichkeit suchen und dabei, wie sie behaupten, nur konsequent Ihre Gedanken in die Tat umsetzen?

Adorno: Meine steigende Zurückhaltung der Praxis gegenüber hängt wohl weniger mit meiner individuellen Entwicklung als mit dem steigend illusionären Charakter solcher Praxis unter den gegenwärtigen Bedingungen zusammen. Daß die Studenten verzweifelt guten Glaubens einen Ausweg suchen, ist fraglos, aber ich halte diesen Ausweg für versperrt. Die Konsequenzen des Aktionismus deuten in eben die Richtung, welche die Studenten ihrem Bewußtsein nach am wenigsten wollen. Vor Widersprüchen habe ich im übrigen keine Angst. Sie können in der Sache liegen, nicht notwendig in der Person. Die Stärke eines Ichs bewährt sich darin, daß es fähig ist, objektive Widersprüche in sein Denken aufzunehmen und nicht gewaltsam wegzuschaffen.

Frage: Könnte ein Grund für das getrübte Verhältnis zwischen Professoren und Studenten am Institut für Sozialforschung neben Ihrer »Praxis-Abneigung« auch in der resignierenden Grundhaltung liegen, die der heutigen Frankfurter Schule (etwa von Georg Lukács und Leo Kofler) trotz aller aufklärerischen, revolutionären, antikapitalistischen Gedanken nachgesagt wird?

Adorno: Meine eigene Haltung, ebenso wie die von Horkheimer, halte ich für das Gegenteil von resignativ – jüngst hielt ich über diesen Punkt einen kurzen Radiovortrag für den Sender Freies Berlin, der bald im Druck erscheinen dürfte**. Versuche, Gewissenszwang zur Aktion auszuüben, wie vor zwei Jahren, als man von mir ein Gutachten in der Angelegenheit Teufel erzwingen wollte, lassen mich unberührt. Sie dienen jener Art von Kollektivierung, die ich als die Nötigung empfinde, schlechterdings zu unterschreiben, nämlich mit Haut und Haaren sich selbst zu verschreiben. Eben das nicht zu tun, liegt in dem Begriff von Aufklärung, an dem ich festhalte. Mein Verhältnis zu meinen Studenten ist nicht mehr beeinträchtigt, als es allgemein im herrschenden Universitätskonflikt der Fall zu sein pflegt. Es wird fruchtbar und sachlich, ohne private Trübung, diskutiert.

Frage: Sie sind als Hochschulprofessor auch Lehrer. Fühlen Sie sich durch den öffentlichen Vorwurf, als einer der geistigen Väter der Studentenrevolte zu gelten, in Ihrem pädagogischen Verantwortungsbewußtsein getroffen. Simpel ausgedrückt: Haben Sie Schuldgefühle?

Adorno: Durch die Studentenrevolte fühle ich mich in meinem Verantwortungsbewußtsein nicht getroffen. Schuldgefühle habe ich nicht. Kein Mensch, der meine Sachen gelesen oder meine Vorlesungen gehört hat, hätte sie je als Anweisung zu Gewaltakten interpretieren können. Als mir 1967 erstmals in Berlin mit einer Demonstration begegnet wurde, die einen Vortrag verhindern wollte, hatte ich kein anderes Gefühl als das maßlosen Staunens.

Frage: Sie klagten kürzlich: »Wie konnte ich ahnen, daß Leute mein theoretisches Denkmodell mit Molotow-Cocktails verwirklichen wollen?« Trifft Sie die darin angesprochene Trübung Ihres Verhältnisses zu Ihren Studenten persönlich; sind Sie enttäuscht?

Adorno: Ich bin nicht enttäuscht, und wenn der Besuch der Lehrveranstaltungen etwas besagt, sind es die Studenten auch nicht. Deren Gesamtniveau halte ich nach wie vor für außerordentlich hoch. Dabei beziehe ich auch solche ein, mit denen ich, was politische Praxis anlangt, gänzlich divergiere.

Frage: Werden Sie aus diesen Erfahrungen Konsequenzen ziehen, etwa eine andere Form der Vermittlung Ihrer kritischen gesellschaftstheoretischen Vorstellungen erwägen, Ihr Praxisverhältnis überprüfen? Oder hat sich Ihr Verhältnis zur »kritischen Theorie« in den letzten Jahren gewandelt?

Adorno: Ich sehe keinerlei Anlaß, die »Form der Vermittlung« meiner kritischen gesellschaftstheoretischen Vorstellungen zu erwägen. Eine solche Änderung liefe auf Anpassung hinaus, auf das, was man heute Kommunikation zu nennen liebt: auf Verwässerung und Senkung des Niveaus, und der freilich verweigere ich mich. Über das Verhältnis von Theorie und Praxis hoffe ich bald einiges Grundsätzliche vorlegen zu können, hinausgehend über das in der »Negativen Dialektik« Gesagte***. Das Verhältnis der Inauguration der kritischen Theorie zu dieser hat sich selbstverständlich weiterentwickelt. Ich hoffe, daß wir auch heute noch nicht in sogenannten Positionen zur Ruhe gekommen sind. Mit der kritischen Theorie selbst identifiziere ich mich nach wie vor, ohne einen Drang zur Revision im leisesten zu verspüren.

 

1969

 

 
Fußnoten

* Vgl. jetzt unten, S. 737.

 

** Vgl. jetzt GS 10.2, s. S. 794ff.

 

*** Vgl. jetzt GS 10.2, s. S. 759ff.

 

 

»Keine Angst vor dem Elfenbeinturm«

Ein »Spiegel«-Gespräch

Spiegel: Herr Professor, vor zwei Wochen schien die Welt noch in Ordnung ...

Adorno: Mir nicht.

Spiegel: ...Sie sagten, Ihr Verhältnis zu den Studenten sei nicht beeinträchtigt. In Ihren Lehrveranstaltungen werde fruchtbar und sachlich ohne private Trübung diskutiert. Nun haben Sie jedoch Ihre Vorlesung abgesagt.

Adorno: Ich habe meine Vorlesung nicht für das ganze Semester abgesagt, sondern nur bis auf weiteres; in ein paar Wochen will ich sie wiederaufnehmen. Das machen alle Kollegen bei derartigen Vorlesungs-Sprengungen.

Spiegel: Hat man Gewalt gegen Sie angewandt?

Adorno: Nicht physische Gewalt, aber es wurde ein solcher Lärm gemacht, daß die Vorlesung darin untergegangen wäre. Das war offensichtlich geplant.

Spiegel: Stößt Sie nur die Form ab, mit der die Studenten heute gegen Sie vorgehen – Studenten, die früher zu Ihnen gehalten haben, oder stören Sie auch die politischen Ziele? Früher herrschte ja wohl Übereinstimmung zwischen Ihnen und den Rebellen.

Adorno: Das ist nicht die Dimension, auf der sich die Differenzen abspielen. Ich habe neulich in einem Fernsehinterview gesagt, ich hätte zwar ein theoretisches Modell aufgestellt, hätte aber nicht ahnen können, daß Leute es mit Molotow-Cocktails verwirklichen wollen. Dieser Satz ist unzählige Male zitiert worden, aber er bedarf sehr der Interpretation.

Spiegel: Wie würden Sie ihn heute interpretieren?

Adorno: Ich habe in meinen Schriften niemals ein Modell für irgendwelche Handlungen und zu irgendwelchen Aktionen gegeben. Ich bin ein theoretischer Mensch, der das theoretische Denken als außerordentlich nah an seinen künstlerischen Intentionen empfindet. Ich habe mich nicht erst neuerdings von der Praxis abgewandt, mein Denken stand seit jeher in einem sehr indirekten Verhältnis zur Praxis. Es hat vielleicht praktische Wirkungen dadurch gehabt, daß manche Motive in das Bewußtsein übergegangen sind, aber ich habe niemals irgend etwas gesagt, was unmittelbar auf praktische Aktionen abgezielt hätte. Seitdem es in Berlin 1967 zum erstenmal zu einem Zirkus gegen mich gekommen ist, haben bestimmte Gruppen von Studenten immer wieder versucht, mich zur Solidarität zu zwingen, und praktische Aktionen von mir verlangt. Das habe ich verweigert.

Spiegel: Aber die kritische Theorie will die Verhältnisse nicht so lassen, wie sie sind. Das haben die SDS-Studenten von Ihnen gelernt. Sie, Herr Professor, verweigern sich jetzt jedoch der Praxis. Pflegen Sie also nur eine »Liturgie der Kritik«, wie Dahrendorf behauptet hat?

Adorno: Bei Dahrendorf waltet ein Oberton von frisch-fröhlicher Überzeugung: Wenn man nur im kleinen bessert, dann wird vielleicht auch alles besser werden. Das kann ich als Voraussetzung nicht anerkennen. Bei der ApO aber begegne ich immer dem Zwang, sich auszuliefern, mitzumachen, und dem habe ich mich seit meiner frühesten Jugend widersetzt. Und es hat sich darin bei mir nichts geändert. Ich versuche das, was ich erkenne und was ich denke, auszusprechen. Aber ich kann es nicht danach einrichten, was man damit anfangen kann und was daraus wird.

Spiegel: Wissenschaft im Elfenbeinturm also?

Adorno: Ich habe vor dem Ausdruck Elfenbeinturm gar keine Angst. Dieser Ausdruck hat einmal bessere Tage gesehen, als Baudelaire ihn gebraucht hat. Jedoch wenn Sie schon vom Elfenbeinturm sprechen: Ich glaube, daß eine Theorie viel eher fähig ist, kraft ihrer eigenen Objektivität praktisch zu wirken, als wenn sie sich von vornherein der Praxis unterwirft. Das Unglück im Verhältnis von Theorie und Praxis besteht heute gerade darin, daß die Theorie einer praktischen Vorzensur unterworfen wird. Man will mir zum Beispiel verbieten, einfache Dinge auszusprechen, die den illusionären Charakter vieler politischer Zielsetzungen bestimmter Studenten zeigen.

Spiegel: Diese Studenten haben aber offenbar große Gefolgschaft.

Adorno: Es gelingt immer wieder einer kleinen Gruppe, Loyalitätszwänge auszuüben, denen sich die große Mehrheit der linken Studenten nicht entziehen mag. Aber das möchte ich noch einmal sagen: Sie können sich dabei nicht auf Aktionsmodelle berufen, die ich ihnen gegeben hätte, um mich dann später davon zu distanzieren. Von solchen Modellen kann keine Rede sein.

Spiegel: Gleichwohl ist es doch so, daß die Studenten sich manchmal sehr direkt, manchmal indirekt, auf Ihre Gesellschaftskritik berufen. Ohne Ihre Theorien wäre die studentische Protestbewegung vielleicht gar nicht entstanden.

Adorno: Das möchte ich nicht leugnen; trotzdem ist dieser Zusammenhang für mich schwer zu übersehen. Ich würde schon glauben, daß etwa die Kritik gegen die Manipulation der öffentlichen Meinung, die ich auch in ihren demonstrativen Formen für völlig legitim halte, ohne das Kapitel »Kulturindustrie« in der »Dialektik der Aufklärung« von Horkheimer und mir nicht möglich gewesen wäre. Aber ich glaube, man stellt sich oft den Zusammenhang zwischen Theorie und Praxis zu kurzschlüssig vor. Wenn man 20 Jahre mit dieser Intensität gelehrt und publiziert hat wie ich, geht das schon in das allgemeine Bewußtsein über.

Spiegel: Und damit wohl auch in die Praxis?

Adorno: Unter Umständen – das ist aber nicht notwendig so. In unseren Arbeiten wird der Wert von sogenannten Einzelaktionen durch die Betonung der gesellschaftlichen Totalität äußerst eingeschränkt.

Spiegel: Wie wollen Sie aber die gesellschaftliche Totalität ohne Einzelaktionen ändern?

Adorno: Da bin ich überfragt. Auf die Frage ›Was soll man tun‹ kann ich wirklich meist nur antworten ›Ich weiß es nicht‹. Ich kann nur versuchen, rücksichtslos zu analysieren, was ist. Dabei wird mir vorgeworfen: Wenn du schon Kritik übst, dann bist du auch verpflichtet zu sagen, wie man's besser machen soll. Und das allerdings halte ich für ein bürgerliches Vorurteil. Es hat sich unzählige Male in der Geschichte ereignet, daß gerade Werke, die rein theoretische Absichten verfolgen, das Bewußtsein und damit auch die gesellschaftliche Realität verändert haben.

Spiegel: Sie haben doch in Ihren Arbeiten die kritische Theorie von beliebigen anderen Theorien abgesetzt. Sie soll nicht bloß empirisch die Wirklichkeit beschreiben, sondern gerade auch die richtige Einrichtung der Gesellschaft mit bedenken.

Adorno: Hier ging es mir um die Kritik des Positivismus. Beachten Sie dabei, daß ich gesagt habe, mit bedenken. In diesem Satz steckt doch nicht, daß ich mir anmaßen würde zu sagen, wie man nun handelt.

Spiegel: Aber Sie haben einmal gesagt, die kritische Theorie solle »den Stein aufheben, unter dem das Unwesen brütet«. Wenn die Studenten nun mit diesem Stein werfen – ist das so unverständlich?

Adorno: Unverständlich ist es sicher nicht. Ich glaube, daß der Aktionismus wesentlich auf Verzweiflung zurückzuführen ist, weil die Menschen fühlen, wie wenig Macht sie tatsächlich haben, die Gesellschaft zu verändern. Aber ich bin ebenso überzeugt davon, daß diese Einzelaktionen zum Scheitern verurteilt sind; das hat sich auch bei der Mai-Revolte in Frankreich gezeigt.

Spiegel: Wenn Einzelaktionen also sinnlos sind, bleibt dann nicht nur »kritische Ohnmacht«, wie sie der SDS Ihnen vorgeworfen hat?

Adorno: Es gibt einen Satz von Grabbe, der lautet: »Denn nichts als nur Verzweiflung kann uns retten.« Das ist provokativ, aber gar nicht dumm. – Ich kann darin keinen Vorwurf sehen, daß man in der Welt, in der wir leben, verzweifelt, pessimistisch, negativ sei. Eher sind doch die Menschen beschränkt, die krampfhaft die objektive Verzweiflung durch den Hurra-Optimismus der unmittelbaren Aktion überschreien, um es sich psychologisch leichter zu machen.

Spiegel: Ihr Kollege Jürgen Habermas, auch ein Verfechter kritischer Theorie, hat gerade jetzt in einem Aufsatz zugestanden, daß die Studenten »phantasiereichen Provokationismus« entfaltet haben und wirklich etwas zu ändern vermochten.

Adorno: Darin würde ich Habermas zustimmen. Ich glaube, daß die Hochschulreform, von der wir im übrigen noch nicht wissen, wie sie ausgeht, ohne die Studenten überhaupt nicht in Gang gekommen wäre. Ich glaube, daß die allgemeine Aufmerksamkeit auf die Verdummungsprozesse, die in der gegenwärtigen Gesellschaft vorwalten, ohne die Studentenbewegung sich niemals auskristallisiert hätte. Und ich glaube weiter – um etwas ganz Konkretes zu nennen –, daß nur durch die von Berliner Studenten geführte Untersuchung der Ermordung Ohnesorgs diese ganze grauenhafte Geschichte überhaupt ins öffentliche Bewußtsein gedrungen ist. Ich möchte damit sagen, daß ich mich keineswegs praktischen Konsequenzen verschließe, wenn sie mir selber durchsichtig sind.

Spiegel: Und wann waren sie Ihnen durchsichtig?

Adorno: Ich habe an Kundgebungen gegen die Notstandsgesetze teilgenommen, und ich habe im Bereich der Strafrechtsreform getan, was ich tun konnte. Aber es ist doch ein Unterschied ums Ganze, ob ich so etwas tue oder mich an einer nun wirklich schon halb wahnhaften Praxis beteilige und Steine gegen Universitätsinstitute werfe.

Spiegel: Woran würden Sie messen, ob eine Aktion sinnvoll ist oder nicht?

Adorno: Einmal hängt die Entscheidung weitgehend von der konkreten Situation ab. Zum anderen habe ich allerdings gegen jede Anwendung von Gewalt die schwersten Vorbehalte. Ich müßte mein ganzes Leben verleugnen – die Erfahrungen unter Hitler und was ich am Stalinismus beobachtet habe –, wenn ich dem ewigen Zirkel der Anwendung von Gewalt gegen Gewalt mich nicht verweigern würde. Ich kann mir eine sinnvolle verändernde Praxis nur als gewaltlose Praxis vorstellen.

Spiegel: Auch unter einer faschistischen Diktatur?

Adorno: Sicher wird es Situationen geben, in denen das anders aussieht. Auf einen wirklichen Faschismus kann man nur mit Gewalt reagieren. Da bin ich alles andere als starr. Wer jedoch nach der Ermordung ungezählter Millionen von Menschen in den totalitären Staaten heute noch Gewalt predigt, dem versage ich die Gefolgschaft. Das ist die entscheidende Schwelle.

Spiegel: Ist diese Schwelle überschritten worden, als Studenten versuchten, durch Sitzstreiks die Auslieferung von Springer-Zeitungen zu verhindern?

Adorno: Diesen Sitzstreik halte ich für legitim.

Spiegel: Wurde diese Schwelle überschritten, als Studenten Ihre Vorlesung durch Lärm und Sex-Einlagen störten?

Adorno: Gerade bei mir, der sich stets gegen jede Art erotischer Repression und gegen Sexualtabus gewandt hat! Mich zu verhöhnen und drei als Hippies zurechtgemachte Mädchen auf mich loszuhetzen! Ich fand das widerlich. Der Heiterkeitseffekt, den man damit erzielt, war ja doch im Grunde die Reaktion des Spießbürgers, der Hihi! kichert, wenn er ein Mädchen mit nackten Brüsten sieht. Natürlich war dieser Schwachsinn kalkuliert.

Spiegel: Sollte der ungewöhnliche Akt vielleicht Ihre Theorie verwirren?

Adorno: Mir scheint, daß es bei diesen Aktionen gegen mich weniger um den Inhalt meiner Vorlesung geht; wichtiger ist dem extremen Flügel wohl die Publizität. Er leidet unter der Angst, in Vergessenheit zu geraten. So wird er zum Sklaven seiner eigenen Publizität. Eine Vorlesung wie die meine, die von etwa 1000 Leuten besucht wird, ist selbstverständlich ein herrliches Forum für Propaganda der Tat.

Spiegel: Läßt sich nicht auch diese Tat als Aktion der Verzweiflung deuten? Vielleicht fühlten sich die Studenten im Stich gelassen von einer Theorie, der sie zumindest zutrauten, sie ließe sich in gesellschaftsändernde Praxis umsetzen?

Adorno: Die Studenten haben gar nicht versucht, mit mir zu diskutieren. Was mir den Umgang mit den Studenten heute so erschwert, ist der Vorrang der Taktik. Meine Freunde und ich haben das Gefühl, daß wir nur noch Objekte in genau kalkulierten Plänen sind. Der Gedanke an das Recht von Minderheiten, der ja schließlich für die Freiheit konstitutiv ist, spielt überhaupt keine Rolle mehr. Gegen die Objektivität der Sache macht man sich blind.

Spiegel: Und angesichts solcher Nötigungen verzichten Sie auf eine Verteidigungs-Strategie?

Adorno: Mein Interesse wendet sich zunehmend der philosophischen Theorie zu. Wenn ich praktische Ratschläge gäbe, wie es bis zu einem gewissen Grad Herbert Marcuse getan hat, ginge das an meiner Produktivität ab. Man kann gegen die Arbeitsteilung sehr viel sagen, aber bereits Marx, der sie in seiner Jugend aufs heftigste angegriffen hat, erklärte bekanntlich später, daß es ohne Arbeitsteilung auch nicht ginge.

Spiegel: Sie haben sich also für den theoretischen Teil entschieden, die anderen können den praktischen erledigen; sie sind bereits dabei. Wäre es nicht besser, wenn die Theorie gleichzeitig die Praxis reflektieren würde? Und damit auch die gegenwärtigen Aktionen?

Adorno: Es gibt Situationen, in denen ich das täte. Im Augenblick allerdings scheint mir viel wichtiger, erst einmal die Anatomie des Aktionismus zu bedenken.

Spiegel: Also wieder nur Theorie?

Adorno: Ich räume der Theorie zur Zeit höheren Rang ein. Ich habe – vor allem in der »Negativen Dialektik« – diese Dinge längst angefaßt, ehe es zu diesem Konflikt kam.

Spiegel: In der »Negativen Dialektik« finden wir die resignierte Feststellung: »Philosophie, die einmal überholt schien, erhält sich am Leben, weil der Augenblick ihrer Verwirklichung versäumt ward.« Wird eine solche Philosophie – jenseits aller Konflikte – nicht zur »Narretei«? Eine Frage, die Sie selbst sich gestellt haben.

Adorno: Ich glaube nach wie vor, daß man gerade unter dem allgemeinen Praxiszwang einer funktionalen pragmatisierten Welt an der Theorie festhalten sollte. Und ich lasse mich auch durch die jüngsten Ereignisse nicht von dem abbringen, was ich geschrieben habe.

Spiegel: Bisher, so formulierte einmal Ihr Freund Habermas, hat sich Ihre Dialektik an den »schwärzesten Stellen« der Resignation, dem »destruktiven Sog des Todestriebes«, überlassen.

Adorno: Ich würde eher sagen, daß der krampfhafte Hang zum Positiven aus dem Todestrieb kommt.

Spiegel: Dann wäre es die Tugend der Philosophie, dem Negativen ins Auge zu sehen, aber nicht, es zu wenden?

Adorno: Die Philosophie kann von sich aus keine unmittelbaren Maßnahmen oder Änderungen empfehlen. Sie ändert gerade, indem sie Theorie bleibt. Ich meine, man sollte doch einmal die Frage stellen, ob es nicht auch eine Form des Sich-Widersetzens ist, wenn ein Mensch die Dinge denkt und schreibt, wie ich sie schreibe. Ist denn nicht Theorie auch eine genuine Gestalt der Praxis?

Spiegel: Gibt es nicht Situationen, wie zum Beispiel in Griechenland, in denen Sie, über kritische Reflexion hinaus, Aktionen befürworten würden?

Adorno: In Griechenland würde ich selbstverständlich jede Art von Aktion billigen. Dort herrscht eine total andere Situation. Doch aus dem sicheren Hort zu raten, macht ihr mal Revolution, hat etwas so Läppisches, daß man sich genieren muß.

Spiegel: Sie sehen also die sinnvollste und notwendigste Form Ihrer Tätigkeit in der Bundesrepublik nach wie vor darin, die Analyse der Gesellschaftsverhältnisse voranzutreiben?

Adorno: Ja, und mich in ganz bestimmte Einzelphänomene zu versenken. Ich geniere mich gar nicht, in aller Öffentlichkeit zu sagen, daß ich an einem großen ästhetischen Buch arbeite.

Spiegel: Herr Professor Adorno, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

 

1969

 

 
Gesammelte Werke
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