Aus dem materialen Begriff der Moderne folgt, pointiert gegen die Illusion vom organischen Wesen der Kunst, bewußte Verfügung über ihre Mittel. Auch darin konvergieren materielle Produktion und künstlerische. Die Nötigung, zum Äußersten zu gehen, ist die einer solchen Rationalität im Verhältnis zum Material, nicht eine zum pseudowissenschaftlichen Wettlauf mit der Rationalisierung der entzauberten Welt. Sie scheidet das material Moderne kategorisch vom Traditionalismus. Ästhetische Rationalität erheischt, daß jedes künstlerische Mittel in sich und seiner Funktion nach so bestimmt sein muß wie möglich, um von sich aus zu leisten, wovon kein traditionales es mehr entlastet. Das Extrem ist von künstlerischer Technologie geboten, nicht bloß von rebellischer Gesinnung ersehnt. Gemäßigte Moderne ist in sich kontradiktorisch, weil sie die ästhetische Rationalität bremst. Daß jedes Moment in einem Gebilde ganz und gar das leiste, was es leisten soll, koinzidiert unmittelbar mit Moderne als Desiderat: das Gemäßigte entzieht sich diesem, weil es die Mittel von vorhandener oder fingierter Tradition empfängt und ihr die Macht zutraut, die sie nicht mehr besitzt. Plädieren gemäßigt Moderne für ihre Ehrlichkeit, die sie davor bewahre, mit der Mode mitzulaufen, so ist das unehrlich angesichts der Erleichterungen, deren sie sich erfreuen. Die prätendierte Unmittelbarkeit ihres künstlerischen Verhaltens ist durchaus vermittelt. Der gesellschaftlich fortgeschrittenste Stand der Produktivkräfte, deren eine Bewußtsein ist, das ist im Inneren der ästhetischen Monaden der Stand des Problems. Die Kunstwerke zeichnen in ihrer eigenen Figur vor, worin die Anwort darauf zu suchen sei, die sie doch von sich aus, ohne Eingriff nicht zu geben vermögen; das allein ist legitime Tradition in der Kunst. Ein jedes bedeutende Werk hinterläßt in seinem Material und seiner Technik Spuren, und diesen zu folgen ist die Bestimmung des Modernen als des Fälligen, nicht: zu wittern, was in der Luft liegt. Sie konkretisiert sich durchs kritische Moment. Die Spuren in Material und Verfahrungsweisen, an die jedes qualitativ neue Werk sich heftet, sind Narben, die Stellen, an denen die voraufgegangenen Werke mißlangen. Indem das neue Werk an ihnen laboriert, wendet es sich gegen diejenigen, welche die Spuren hinterließen; was der Historismus als das Generationsproblem in der Kunst traktiert, führt darauf zurück, nicht auf den Wechsel bloß subjektiven Lebensgefühls, oder den der etablierten Stile. Der Agon der griechischen Tragödie hat das noch einbekannt, erst das Pantheon der neutralisierten Kultur hat darüber betrogen. Der Wahrheitsgehalt der Kunstwerke ist fusioniert mit ihrem kritischen. Darum üben sie Kritik auch aneinander. Das, nicht die historische Kontinuität ihrer Abhängigkeiten, verbindet die Kunstwerke miteinander; »ein Kunstwerk ist der Todfeind des anderen«; die Einheit der Geschichte von Kunst ist die dialektische Figur bestimmter Negation. Und anders nicht dient sie ihrer Idee von Versöhnung. Wie Künstler einer Gattung sich als unterirdisch gemeinsam Arbeitende erfahren, unabhängig fast von ihren einzelnen Produkten, gibt eine wie immer auch schwache und unreine Idee solcher dialektischen Einheit.

So wenig in der Realität gilt, daß die Negation des Negativen Position sei, im ästhetischen Bereich ist es nicht ohne alle Wahrheit: im subjektiven künstlerischen Produktionsprozeß ist die Kraft zur immanenten Negation nicht ebenso gefesselt wie draußen. Künstler von hoch gesteigerter Empfindlichkeit des Geschmacks wie Strawinsky und Brecht haben aus Geschmack den Geschmack gegen den Strich gebürstet; Dialektik hat ihn ergriffen, er treibt über sich hinaus, und das freilich ist auch seine Wahrheit. Durch ästhetische Momente unterhalb der Fassade haben im neunzehnten Jahrhundert realistische Kunstwerke sich zuweilen als substantieller erwiesen denn solche, die von sich aus das Reinheitsideal der Kunst honorierten; Baudelaire hat Manet verherrlicht und für Flaubert Partei ergriffen. Der puren peinture nach überragt Manet unvergleichlich den Puvis de Chavannes; sie gegeneinander abzuwägen, tendiert zur Komik. Der Irrtum des Ästhetizismus war ästhetisch: er verwechselte den eine Kunst geleitenden Begriff von sich selbst mit dem Vollbrachten. Im Kanon der Verbote schlagen Idiosynkrasien der Künstler sich nieder, aber sie wiederum sind objektiv verpflichtend, darin ist ästhetisch das Besondere buchstäblich das Allgemeine. Denn das idiosynkratische, zunächst bewußtlose und kaum theoretisch sich selbst transparente Verhalten ist Sediment kollektiver Reaktionsweisen. Kitsch ist ein idiosynkratischer Begriff, so verbindlich, wie er nicht sich definieren läßt. Daß Kunst heute sich zu reflektieren habe, besagt, daß sie ihrer Idiosynkrasien sich bewußt werde, sie artikuliere. In Konsequenz dessen nähert Kunst sich der Allergie gegen sich selbst; Inbegriff der bestimmten Negation, die sie übt, ist ihre eigene. In Korrespondenzen mit dem Vergangenen wird das Wiederauftretende ein qualitativ Anderes. Deformationen menschlicher Figuren und Gesichter in Plastik und Malerei der Moderne mahnen prima vista an archaische Gebilde, in denen Abbildung von Menschen in Kultgestalten entweder nicht angestrebt oder mit der verfügbaren Technik nicht zu realisieren war. Aber es ist ein Unterschied ums Ganze, ob Kunst, der Erfahrungsstufe von Abbildlichkeit mächtig, diese negiert, so wie es das Wort Deformation notiert, oder ob sie ihren Ort diesseits der Kategorie des Abbildlichen hat; der Ästhetik wiegt die Differenz schwerer als der Anklang. Schwer vorstellbar ist, daß Kunst, nachdem sie die Heteronomie des Abbildlichen einmal erfahren hat, das je wieder vergißt und zu dem bestimmt und motiviert Verneinten zurückkehrt. Freilich sind auch die historisch entsprungenen Verbote nicht zu hypostasieren; sonst fordern sie den vor allem bei der Moderne des Cocteauschen Typus beliebten Trick heraus, das temporär Verbotene plötzlich wieder aus dem Ärmel hervorzuzaubern, es zu präsentieren, als wäre es frisch, und die Verletzung des modernen Tabus ihrerseits als Moderne zu goutieren; so wird vielfach Modernität in Reaktion umgebogen. Was wiederkehrt, sind Probleme, nicht vorproblematische Kategorien und Lösungen. Der spätere Schönberg soll, nach zuverlässigem Bericht, geäußert haben, die Harmonie stünde zur Zelt nicht zur Diskussion. Fraglos prophezeite er nicht, man könne eines Tages wieder mit den Dreiklängen operieren, die er durch die Erweiterung des Materials zu verbrauchten Spezialfällen relegiert hatte. Offen indessen ist die Frage nach der Dimension des Simultanen in der Musik insgesamt, die zum bloßen Resultat, einem Irrelevanten, virtuell Zufälligen degrediert worden war; der Musik wurde eine ihrer Dimensionen, die des in sich sprechenden Zusammenklangs, entzogen, und nicht zuletzt darum verarmte das ungemessen bereicherte Material. Nicht Dreiklänge oder andere Akkorde aus dem tonalen Hausschatz sind zu restituieren; denkbar jedoch, daß, wenn einmal wieder gegen die totale Quantifizierung der Musik qualitative Gegenkräfte sich regen, die vertikale Dimension derart erneut ›zur Diskussion steht‹, daß die Zusammenklänge abermals ausgehört werden und spezifische Valenz gewinnen. Dem Kontrapunkt, der in der blinden Integration ähnlich untergegangen ist, wäre Analoges vorherzusagen. Die Möglichkeit reaktionären Mißbrauchs dabei freilich ist nicht zu verkennen; wiederentdeckte Harmonik, wie immer sie beschaffen sei, schickt sich zu harmonistischen Tendenzen; man braucht sich nur auszumalen, wie leicht aus dem nicht weniger begründeten Verlangen nach der Rekonstruktion monodischer Linien die falsche Auferstehung dessen werden kann, was die Feinde der neuen Musik als Melodie so peinlich vermissen. Die Verbote sind zart und streng. Die These, daß Homöostase nur als Resultante eines Kräftespiels, nicht als spannungslose Wohlproportioniertheit stichhaltig sei, impliziert das triftige Verbot jener ästhetischen Phänomene, die in Blochs »Geist der Utopie« teppichhaft heißen, und das Verbot breitet retrospektiv sich aus, als wäre es invariant. Aber noch als vermiedenes, negiertes wirkt das Bedürfnis nach Homöostase fort. Kunst drückt zuzeiten, anstatt die Antagonismen auszutragen, durch ein Äußerstes an Distanz zu jenen negativ, ausgespart übermächtige Spannungen aus. Ästhetische Normen, wie groß auch ihre geschichtliche Stringenz sein mag, bleiben hinter dem konkreten Leben der Kunstwerke zurück; gleichwohl partizipieren sie an den magnetischen Feldern in ihnen. Dagegen hilft nicht, den Normen einen temporalen Index äußerlich aufzukleben; die Dialektik der Kunstwerke findet zwischen solchen Normen, auch und gerade den avanciertesten, und ihrer spezifischen Gestalt statt.

Die Nötigung, Risiken einzugehen, aktualisiert sich in der Idee des Experimentellen, die zugleich die bewußte Verfügung über Materialien, wider die Vorstellung bewußtlos organischen Prozedierens, aus der Wissenschaft auf die Kunst überträgt. Im Augenblick räumt die offizielle Kultur dem, was sie mißtrauisch zum Experiment erklärt, halb schon aufs Mißlingen hoffend, Sondersparten ein und neutralisiert es dadurch. Tatsächlich ist kaum mehr Kunst möglich, die nicht auch experimentierte. So kraß ist die Disproportion zwischen der etablierten Kultur und dem Stand der Produktivkräfte geworden: gesellschaftlich erscheint das in sich Folgerechte als unverbindlicher Wechsel auf die Zukunft, und die gesellschaftlich obdachlose Kunst ist der eigenen Verbindlichkeit keineswegs sicher. Meist kristallisiert das Experiment, als Ausproben von Möglichkeiten, vorwiegend Typen und Gattungen und setzt leicht das konkrete Gebilde zum Schulfall herab: eines der Motive fürs Altern der neuen Kunst. Wohl sind ästhetisch Mittel und Zwecke nicht zu trennen; die Experimente indessen, fast ihrem Begriff nach vorweg an Mitteln interessiert, lassen gern auf den Zweck vergebens warten. Während der letzten Dezennien wurde überdies der Begriff des Experiments äquivok. Bezeichnete er noch um 1930 den durchs kritische Bewußtsein gefilterten Versuch, im Gegensatz zum unreflektierten Weitermachen, so ist unterdessen hinzugetreten, daß die Gebilde Züge enthalten sollen, die im Produktionsprozeß nicht absehbar sind; daß, subjektiv, der Künstler von seinen Gebilden überrascht werde. Darin wird Kunst eines stets vorhandenen, von Mallarmé hervorgehobenen Moments sich bewußt. Kaum je hat die Imagination der Künstler vollkommen in sich einbegriffen, was sie hervorbrachten. Die kombinatorischen Künste etwa der ars nova und dann der Niederländer infiltrierten die spätmittelalterliche Musik mit Ergebnissen, welche die subjektive Vorstellung der Komponisten überschritten haben dürften. Eine Kombinatorik, welche die Künstler als entfremdete sich abverlangten, mit ihrer subjektiven Imagination zu vermitteln, war für die Entfaltung künstlerischer Techniken wesentlich. Verstärkt wird dabei das Risiko, daß die Produkte unter inadäquate oder schwächliche Imagination herabsinken. Das Risiko ist das ästhetischer Regression. Der Ort, an dem künstlerischer Geist übers bloß Daseiende sich erhebt, ist die Vorstellung, die nicht vorm bloßen Dasein der Materialien und Verfahrungsweisen kapituliert. Seit der Emanzipation des Subjekts ist die Vermittlung des Werkes durch jenes nicht mehr zu entbehren ohne Rückschlag in schlechte Dinghaftigkeit. Das haben bereits Musiktheoretiker des sechzehnten Jahrhunderts erkannt. Andererseits könnte nur der Starrsinn die produktive Funktion nicht imaginierter, ›überraschender‹ Elemente in mancher modernen Kunst, in action painting und Aleatorik, leugnen. Den Widerspruch dürfte auflösen, daß alle Imagination einen Hof von Unbestimmtheit hat, daß dieser jedoch der Imagination nicht unverbunden gegenübersteht. Solange Richard Strauss noch einigermaßen komplexe Gebilde schrieb, mochte selbst der Virtuose nicht einen jeden Klang, eine jede Farbe, eine jede Klangverbindung exakt sich vorstellen; bekannt ist, daß Komponisten mit dem besten Gehör, wenn sie ihr Orchester real vernehmen, davon im allgemeinen überrascht werden. Solche Unbestimmtheit indessen, auch die von Stockhausen erwähnte Unfähigkeit des Gehörs, bei Tontrauben jeden einzelnen Ton zu unterscheiden und gar zu imaginieren, ist in Bestimmtheit eingebaut, deren Moment, nicht das Ganze. Im Jargon der Musiker: man muß genau wissen, ob etwas klingt; nur in Grenzen, wie es klingt. Das läßt den Überraschungen Spielraum, den gewünschten sowohl wie denen, die zu Korrekturen veranlassen; was so früh auftritt wie l'imprévu bei Berlioz, ist es nicht nur für den Hörer sondern objektiv; zugleich aber auch voraushörbar. Beim Experiment ist das Moment des Ichfremden ebenso zu achten wie subjektiv zu beherrschen: erst als Beherrschtes zeugt es fürs Befreite. Der wahre Grund des Risikos aller Kunstwerke aber ist nicht deren kontingente Schicht, sondern daß ein jedes dem Irrlicht der ihm immanenten Objektivität folgen muß, ohne Garantie, daß die Produktivkräfte, der Geist des Künstlers und seine Verfahrungsweisen, jener Objektivität gewachsen wären. Bestünde eine solche Garantie, so sperrte sie eben das Neue aus, das seinerseits zur Objektivität und Stimmigkeit der Werke hinzuzählt. Was an der Kunst ohne idealistischen Muff Ernst heißen kann, ist das Pathos der Objektivität, die dem kontingenten Individuum vor Augen stellt, was mehr und anders ist als es in seiner geschichtlich notwendigen Unzulänglichkeit. Das Risiko der Kunstwerke hat daran teil, Bild des Todes in ihrem Bereich. Jener Ernst aber wird relativiert dadurch, daß ästhetische Autonomie außerhalb jenes Leidens verharrt, dessen Bild sie ist und von dem sie den Ernst empfängt. Nicht nur ist sie Echo des Leidens sondern verkleinert es; Form, Organon ihres Ernstes, ist auch das von Neutralisierung des Leidens. Damit gerät sie in eine unschlichtbare Verlegenheit. Die Forderung vollständiger Verantwortung der Kunstwerke vergrößert die Last ihrer Schuld; darum ist sie zu kontrapunktieren mit der antithetischen nach Unverantwortlichkeit. Diese erinnert ans Ingrediens von Spiel, ohne das Kunst so wenig kann gedacht werden wie Theorie. Als Spiel sucht Kunst ihren Schein zu entsühnen. Unverantwortlich ist Kunst ohnehin als Verblendung, als spleen; und ohne ihn ist sie überhaupt nicht. Die Kunst absoluter Verantwortung terminiert in Sterilität, deren Hauch den konsequent durchgebildeten Kunstwerken selten fehlt; absolute Unverantwortlichkeit erniedrigt sie zum fun; eine Synthese richtet sich durch den eigenen Begriff. Ambivalent ist das Verhältnis zur vormaligen Würde der Kunst geworden, zu dem, was bei Hölderlin der ›hohe ernstere Genius‹14 heißt. Angesichts der Kulturindustrie behält Kunst jene Würde; zwei Takte eines Beethovenquartetts sind von ihr bekleidet, die man, am Radio drehend, zwischen der trüben Flut der Schlager erhascht. Dagegen wäre moderne Kunst, die mit Würde sich gebärdet, ohne Gnade ideologisch. Sie müßte sich aufspielen, in Positur setzen, zu einem anderen machen als was sie sein kann, um Würde zu suggerieren. Ihr Ernst gerade zwingt sie dazu, deren bereits durch die Wagnersche Kunstreligion hoffnungslos kompromittierte Prätention abzustreifen. Feierlicher Ton würde Kunstwerke ebenso zur Lächerlichkeit verurteilen wie die Gebärde von Macht und Herrlichkeit. Wohl ist ohne die subjektive Kraft zum Formen Kunst nicht denkbar, aber sie hat nichts zu tun mit der Attitude von Kraft im Ausdruck der Gebilde. Selbst subjektiv ist es um jene Stärke schwierig bestellt. Wie an Stärke hat Kunst ihrerseits an Schwäche teil. Vorbehaltlose Preisgabe von Würde kann im Kunstwerk zum Organon seiner Stärke werden. Welcher Kraft bedurfte der reiche und glanzvoll begabte Bürgerssohn Verlaine, um so sich gehen zu lassen, so zu verkommen, daß er zum passiv taumelnden Instrument seiner Dichtung sich machte. Ihm, wie Stefan Zweig es wagte, vorzurechnen, er sei ein Schwächling gewesen, ist nicht nur subaltern sondern enträt der Einsicht in die Varietäten produktiven Verhaltens: ohne seine Schwäche hätte Verlaine so wenig seine schönsten Gebilde schreiben können wie dann die armseligen, die er als raté verhökerte.

Um inmitten des Äußersten und Finstersten der Realität zu bestehen, müssen die Kunstwerke, die nicht als Zuspruch sich verkaufen wollen, jenem sich gleichmachen. Radikale Kunst heute heißt soviel wie finstere, von der Grundfarbe schwarz. Viel zeitgenössische Produktion disqualifiziert sich dadurch, daß sie davon keine Notiz nimmt, etwa kindlich der Farben sich freut. Das Ideal des Schwarzen ist inhaltlich einer der tiefsten Impulse von Abstraktion. Vielleicht allerdings reagieren die gängigen Klang- und Farbspielereien auf die Verarmung, die es mit sich bringt; vielleicht wird Kunst, einmal ohne Verrat, jenes Gebot außer Kraft setzen, so wie Brecht es empfunden haben mag, als er die Verse niederschrieb: »Was sind das für Zeiten, wo/Ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist/Weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt!«15 Kunst verklagt die überflüssige Armut durch die freiwillige eigene; aber sie verklagt auch die Askese und kann sie nicht simpel als ihre Norm aufrichten. In der Verarmung der Mittel, welche das Ideal der Schwärze, wenn nicht jegliche Sachlichkeit mit sich führt, verarmt auch das Gedichtete, Gemalte, Komponierte; die fortgeschrittensten Künste innervieren das am Rande des Verstummens. Daß freilich die Welt, die nach Baudelaires Vers16 ihren Duft und seitdem ihre Farbe verloren hat, ihn von der Kunst wiederempfange, dünkt nur der Arglosigkeit möglich. Das rüttelt weiter an der Möglichkeit von Kunst, ohne sie doch stürzen zu lassen. Übrigens fragte schon während der ersten Romantik ein später von Affirmation so ausgebeuteter Künstler wie Schubert, ob es fröhliche Musik überhaupt gebe. Das Unrecht, das alle heitere Kunst, vollends die der Unterhaltung begeht, ist wohl eines an den Toten, am akkumulierten und sprachlosen Schmerz. Trotzdem trägt die schwarze Kunst Züge, die, wären sie ihr Endgültiges, die geschichtliche Verzweiflung besiegelten; so weit, wie es immer noch anders werden kann, mögen auch sie ephemer sein. Was am Postulat des Verdunkelten, wie es die Surrealisten als schwarzen Humor zum Programm erhoben, vom ästhetischen Hedonismus, der die Katastrophen überdauert hat, als Perversion diffamiert wird: daß die finstersten Momente der Kunst etwas wie Lust bereiten sollen, ist nichts anderes, als daß Kunst und ein richtiges Bewußtsein von ihr Glück einzig noch in der Fähigkeit des Standhaltens finden. Dies Glück strahlt von innen her in die sinnliche Erscheinung. Wie in stimmigen Kunstwerken ihr Geist noch dem sprödesten Phänomen sich mitteilt, es gleichsam sinnlich errettet, so lockt seit Baudelaire das Finstere als Antithesis zum Betrug der sinnlichen Fassade von Kultur auch sinnlich. Mehr Lust ist bei der Dissonanz als bei der Konsonanz: das läßt dem Hedonismus Maß für Maß widerfahren. Das Schneidende wird, dynamisch geschärft, in sich und vom Einerlei des Affirmativen unterschieden, zum Reiz; und dieser Reiz kaum weniger als der Ekel vorm positiven Schwachsinn geleitet die neue Kunst in ein Niemandsland, stellvertretend für die bewohnbare Erde. In Schönbergs Pierrot lunaire, wo kristallinisch imaginäres Wesen und Totalität der Dissonanz sich vereinen, hat dieser Aspekt von Moderne erstmals sich realisiert. Negation vermag in Lust umzuschlagen, nicht ins Positive.

Die authentische Kunst der Vergangenheit, die derzeit sich verhüllen muß, ist dadurch nicht gerichtet. Die großen Werke warten. Etwas von ihrem Wahrheitsgehalt zergeht nicht mit dem metaphysischen Sinn, so wenig es sich festnageln läßt; es ist das, wodurch sie beredt bleiben. Einer befreiten Menschheit sollte das Erbe ihrer Vorzeit, entsühnt, zufallen. Was einmal in einem Kunstwerk wahr gewesen ist und durch den Gang der Geschichte dementiert ward, vermag erst dann wieder sich zu öffnen, wenn die Bedingungen verändert sind, um derentwillen jene Wahrheit kassiert werden mußte: so tief sind ästhetisch Wahrheitsgehalt und Geschichte ineinander. Die versöhnte Realität und die wiederhergestellte Wahrheit am Vergangenen dürften miteinander konvergieren. Was an vergangener Kunst noch erfahrbar ist und von Interpretation zu erreichen, ist wie eine Anweisung auf einen solchen Zustand. Nichts verbürgt, daß sie real honoriert werde. Die Tradition ist nicht abstrakt zu negieren, sondern unnaiv nach dem gegenwärtigen Stand zu kritisieren: so konstituiert das Gegenwärtige das Vergangene. Nichts ist unbesehen, nur weil es vorhanden ist und einst etwas galt, zu übernehmen, nichts aber auch erledigt, weil es verging; Zeit allein ist kein Kriterium. Ein unabsehbarer Vorrat von Vergangenem erweist immanent sich als unzulänglich, ohne daß die betroffenen Gebilde es an Ort und Stelle und fürs Bewußtsein ihrer eigenen Periode gewesen wären. Die Mängel werden durch den zeitlichen Verlauf demaskiert, sind aber solche der objektiven Qualität, nicht des wechselnden Geschmacks. – Nur das je Fortgeschrittenste hat Chance gegen den Zerfall in der Zeit. Im Nachleben der Werke jedoch werden qualitative Differenzen offenbar, die keineswegs mit dem Grad an Modernität zu ihrer Periode koinzidieren. In dem geheimen bellum omnium contra omnes, das die Geschichte der Kunst erfüllt, mag als Vergangenes das ältere Moderne über das neuere siegen. Nicht daß eines Tages das par ordre du jour Altmodische sich als dauerhafter, gediegener bewähren könnte als das Avancierte. Hoffnung auf Renaissancen der Pfitzner und Sibelius, der Carossa oder Hans Thoma sagen mehr über die, welche sie hegen, als über die Wertbeständigkeit von derlei Seele. Wohl aber können durch geschichtliche Entfaltung, durch correspondance mit Späterem Werke sich aktualisieren: Namen wie Gesualdo da Venosa, Greco, Turner, Büchner sind allbekannte Exempel, nicht zufällig wiederentdeckt nach dem Bruch der kontinuierlichen Tradition. Selbst Gebilde, die technisch den Standard ihrer Periode noch nicht erreicht hatten, wie die früheren Symphonien von Mahler, kommunizieren mit Späterem, und zwar gerade vermöge dessen, was sie von ihrer Zeit trennte. Seine Musik hat ihr Fortgeschrittenstes am zugleich ungeschickten und sachlichen Refus des neuromantischen Klangrauschs, aber der Refus war seinerseits skandalös, ähnlich modern vielleicht wie die Simplifikationen Van Goghs und der Fauves gegenüber dem Impressionismus.

So wenig Kunst Abbild des Subjekts ist, so recht Hegels Kritik der Redensart behält, der Künstler müsse mehr sein als sein Werk – nicht selten ist er weniger, gleichsam die leere Hülse dessen, was er in der Sache objektiviert –, so wahr bleibt, daß kein Kunstwerk anders mehr gelingen kann, als soweit das Subjekt es von sich aus füllt. Nicht steht es beim Subjekt als dem Organon von Kunst, die ihm vorgezeichnete Absonderung, die keine von Gesinnung und zufälligem Bewußtsein ist, zu überspringen. Durch diese Situation aber wird Kunst, als ein Geistiges, in ihrer objektiven Konstitution zur subjektiven Vermittlung gezwungen. Der subjektive Anteil am Kunstwerk ist selbst ein Stück Objektivität. Wohl ist das der Kunst unabdingbare mimetische Moment seiner Substanz nach ein Allgemeines, nicht anders zu erlangen jedoch als durchs unauflöslich Idiosynkratische der Einzelsubjekte hindurch. Ist Kunst an sich im Innersten ein Verhalten, so ist sie nicht vom Ausdruck zu isolieren, und der ist nicht ohne Subjekt. Der Übergang zum diskursiv erkannten Allgemeinen, durch welchen die zumal politisch reflektierenden Einzelsubjekte ihrer Atomisierung und Ohnmacht zu entlaufen hoffen, ist ästhetisch ein Überlaufen zur Heteronomie. Soll die Sache des Künstlers über seine Kontingenz hinausreichen, so hat er dafür den Preis zu erstatten, daß er, anders als der diskursiv Denkende, nicht über sich und die objektiv gesetzte Grenze sich erheben kann. Wäre selbst einmal die atomistische Struktur der Gesellschaft verändert, so hätte die Kunst nicht ihre gesellschaftliche Idee: wie ein Besonderes überhaupt möglich sei, dem gesellschaftlich Allgemeinen zu opfern: solange Besonderes und Allgemeines divergieren, ist keine Freiheit. Vielmehr würde diese dem Besonderen jenes Recht verschaffen, das ästhetisch heute nirgendwo anders sich anmeldet als in den idiosynkratischen Zwängen, denen die Künstler zu gehorchen haben. Wer gegenüber dem unmäßigen kollektiven Druck auf dem Durchgang der Kunst durchs Subjekt insistiert, muß dabei keineswegs selber unter subjektivistischem Schleier denken. Im ästhetischen Fürsichsein steckt das von kollektiv Fortgeschrittenem, dem Bann Entronnene. Jede Idiosynkrasie lebt, vermöge ihres mimetisch-vorindividuellen Moments, von ihrer selbst unbewußten kollektiven Kräften. Daß diese nicht zur Regression treiben, darüber wacht die kritische Reflexion des wie immer auch isolierten Subjekts. Gesellschaftliches Denken über Ästhetik pflegt den Begriff der Produktivkraft zu vernachlässigen. Die ist aber, tief in die technologischen Prozesse hinein, das Subjekt; zur Technologie ist es geronnen. Produktionen, die es aussparen, gleichsam technisch sich verselbständigen wollen, müssen am Subjekt sich korrigieren.

Die Rebellion der Kunst gegen ihre falsche – intentionale – Vergeistigung, etwa die Wedekinds im Programm einer körperlichen Kunst, ist ihrerseits eine des Geistes, der zwar nicht stets, wohl aber sich selbst verneint. Der jedoch ist auf dem gegenwärtigen Stand der Gesellschaft präsent nur vermöge des principium individuationis. Denkbar ist in der Kunst kollektive Zusammenarbeit; kaum die Auslöschung der ihr immanenten Subjektivität. Sollte es anders werden, so wäre die Bedingung dafür, daß das gesamtgesellschaftliche Bewußtsein einen Stand erreicht hat, der es nicht mehr in Konflikt bringt mit dem fortgeschrittensten, und das ist heute allein das von Individuen. Die bürgerlich-idealistische Philosophie hat bis in ihre subtilsten Modifikationen hinein den Solipsismus erkenntnistheoretisch nicht zu durchschlagen vermocht. Fürs bürgerliche Normalbewußtsein hatte die Erkenntnistheorie, die auf es zugeschnitten war, keine Konsequenz. Ihm erscheint Kunst als notwendig und unmittelbar ›intersubjektiv‹. Dies Verhältnis von Erkenntnistheorie und Kunst ist umzukehren. Jene vermag durch kritische Selbstreflexion den solipsistischen Bann zu zerstören, während der subjektive Bezugspunkt von Kunst real nach wie vor das ist, was in der Realität der Solipsismus bloß fingierte. Kunst ist die geschichtsphilosophische Wahrheit des an sich unwahren Solipsismus. In ihr kann nicht willentlich der Stand überschritten werden, den Philosophie zu Unrecht hypostasiert hat. Der ästhetische Schein ist, was außerästhetisch der Solipsismus mit der Wahrheit verwechselt. Weil er an der zentralen Differenz vorbeidenkt, verfehlt Lukács' Angriff auf die radikale moderne Kunst diese gänzlich. Er kontaminiert sie mit wirklich oder vermeintlich solipsistischen Strömungen in der Philosophie. Das Gleiche jedoch ist hier und dort schlechtweg das Gegenteil. – Ein kritisches Moment am mimetischen Tabu richtet sich gegen jene mittlere Wärme, die heute Ausdruck überhaupt zu verbreiten beginnt. Ausdrucksregungen erzeugen eine Art von Kontakt, dessen der Konformismus eifrig sich erfreut. In solcher Gesinnung hat man Bergs Wozzeck absorbiert und ihn reaktionär gegen die Schönbergschule ausgespielt, die seine Musik in keinem Takt verleugnet. Die Paradoxie des Sachverhalts konzentriert sich im Vorwort Schönbergs zu den Streichquartettbagatellen von Webern, einem bis zum Äußersten expressiven Gebilde: er preist es, weil es animalische Wärme verschmähe. Solche Wärme indessen wird mittlerweile auch den Gebilden attestiert, deren Sprache einmal sie verwarf eben um der Authentizität des Ausdrucks willen. Stichhaltige Kunst polarisiert sich nach einer noch der letzten Versöhnlichkeit absagenden, ungemilderten und ungetrösteten Expressivität auf der einen Seite, die autonome Konstruktion wird; auf der anderen nach dem Ausdruckslosen der Konstruktion, welche die heraufziehende Ohnmacht des Ausdrucks ausdrückt. – Die Verhandlung über das Tabu, welches auf Subjekt und Ausdruck lastet, betrifft eine Dialektik der Mündigkeit. Deren Postulat bei Kant, als das der Emanzipation vom infantilen Bann, gilt wie für die Vernunft so für die Kunst. Die Geschichte der Moderne ist eine der Anstrengung zur Mündigkeit, als der organisierte und gesteigert sich tradierende Widerwille gegen das Kindische der Kunst, die kindisch freilich erst wird nach dem Maß der pragmatistisch engen Rationalität. Nicht weniger jedoch rebelliert Kunst gegen diese Art von Rationalität selber, die über der Zweck-Mittel-Relation die Zwecke vergißt und Mittel zu Zwecken fetischisiert. Solche Irrationalität im Vernunftprinzip wird von der eingestandenen und zugleich in ihren Verfahrungsweisen rationalen Irrationalität der Kunst demaskiert. Sie bringt das Infantile im Ideal des Erwachsenen zum Vorschein. Unmündigkeit aus Mündigkeit ist der Prototyp des Spiels.

Metier in der Moderne ist grundverschieden von handwerklich-traditionalen Anweisungen. Sein Begriff bezeichnet das Totum der Fähigkeiten, durch welche der Künstler der Konzeption Gerechtigkeit widerfahren läßt und dadurch die Nabelschnur der Tradition gerade durchschneidet. Gleichwohl stammt es nie allein aus dem einzelnen Werk. Kein Künstler geht je an sein Gebilde mit nichts anderem heran als den Augen, den Ohren, dem sprachlichen Sinn für jenes. Die Realisierung des Spezifischen setzt stets Qualitäten voraus, die jenseits des Bannkreises der Spezifikation erworben sind; nur Dilettanten verwechseln die tabula rasa mit Originalität. Jenes Totum der ins Kunstwerk hineingetragenen Kräfte, scheinbar ein bloß Subjektives, ist die potentielle Gegenwart des Kollektivs im Werk, nach dem Maß der verfügbaren Produktivkräfte: fensterlos enthält es die Monade. Am drastischesten wird das an kritischen Korrekturen durch den Künstler. In jeder Verbesserung, zu der er sich genötigt sieht, oft genug im Konflikt mit dem, was er für die primäre Regung hält, arbeitet er als Agent der Gesellschaft, gleichgültig gegen deren eigenes Bewußtsein. Er verkörpert die gesellschaftlichen Produktivkräfte, ohne dabei notwendig an die von den Produktionsverhältnissen diktierten Zensuren gebunden zu sein, die er durch die Konsequenz des Metiers immer auch kritisiert. Stets noch mag für viele der Einzelsituationen, mit denen das Werk seinen Autor konfrontiert, eine Mehrheit von Lösungen verfügbar sein, aber die Mannigfaltigkeit solcher Lösungen ist endlich und überschaubar. Metier setzt die Grenze gegen die schlechte Unendlichkeit in den Werken. Es bestimmt, was mit einem Begriff der Hegelschen Logik die abstrakte Möglichkeit der Kunstwerke heißen dürfte, zu ihrer konkreten. Darum ist jeder authentische Künstler besessen von seinen technischen Verfahrungsweisen; der Fetischismus der Mittel hat auch sein legitimes Moment.

Daß Kunst auf die fraglose Polarität des Mimetischen und Konstruktiven nicht als auf eine invariante Formel zu reduzieren ist, läßt daran sich erkennen, daß sonst das Kunstwerk von Rang zwischen beiden Prinzipien ausgleichen müßte. Aber in der Moderne war fruchtbar, was in eines der Extreme ging, nicht was vermittelte; wer beides zugleich, die Synthese erstrebte, wurde mit verdächtigem Consensus belohnt. Die Dialektik jener Momente gleicht darin der logischen, daß nur im Einen das Andere sich realisiert, nicht dazwischen. Konstruktion ist nicht Korrektiv oder objektivierende Sicherung des Ausdrucks, sondern muß aus den mimetischen Impulsen ohne Planung gleichsam sich fügen; darin liegt die Superiorität von Schönbergs Erwartung über vieles, was aus ihr ein Prinzip machte, das seinerseits eines von Konstruktion war; am Expressionismus überleben, als ein Objektives, die Stücke, welche der konstruktiven Veranstaltung sich enthalten. Dem korrespondiert, daß keine Konstruktion als Leerform humanen Inhalts mit Ausdruck zu füllen ist. Diesen nehmen sie an durch Kälte. Die kubistischen Gebilde Picassos, und wozu er sie später umbildete, sind durch Askese gegen den Ausdruck weit ausdrucksvoller als Erzeugnisse, die vom Kubismus sich anregen ließen, aber um den Ausdruck bangten und erbittlich wurden. Das mag über den Funktionalismusstreit hinausführen. Kritik an Sachlichkeit als einer Gestalt verdinglichten Bewußtseins darf keine Lässigkeit einschmuggeln, welche sich einbildet, durch Minderung des konstruktiven Anspruchs vorgeblich freie Phantasie und damit das Ausdrucksmoment zu restaurieren. Funktionalismus heute, prototypisch in der Architektur, hätte die Konstruktion so weit zu treiben, daß sie Expressionswert gewinnt durch ihre Absage an traditionale und halbtraditionale Formen. Große Architektur empfängt ihre überfunktionale Sprache, wo sie, rein aus ihren Zwecken heraus, diese als ihren Gehalt mimetisch gleichsam bekundet. Schön ist die Scharounsche Philharmonie, weil sie, um räumlich ideale Bedingungen für Orchestermusik herzustellen, ihr ähnlich wird, ohne Anleihen bei ihr zu machen. Indem ihr Zweck in ihr sich ausdrückt, transzendiert sie die bloße Zweckmäßigkeit, ohne daß im übrigen ein solcher Übergang den Zweckformen garantiert wäre. Das neusachliche Verdikt über den Ausdruck und alle Mimesis als ein Ornamentales und Überflüssiges, als unverbindlicher subjektiver Zutat gilt nur so weit, wie Konstruktion mit Ausdruck fourniert wird; nicht für Gebilde absoluten Ausdrucks. Absoluter Ausdruck wäre sachlich, die Sache selbst. Das von Benjamin mit sehnsüchtiger Negation beschriebene Phänomen der Aura ist zum Schlechten geworden, wo es sich setzt und dadurch fingiert; wo Erzeugnisse, die nach Produktion und Reproduktion dem hic et nunc widerstreiten, auf den Schein eines solchen angelegt sind wie der kommerzielle Film. Das freilich beschädigt auch das individuell Produzierte, sobald es Aura konserviert, das Besondere zubereitet und der Ideologie beispringt, die sich gütlich tut an dem gut Individuierten, das es in der verwalteten Welt noch gebe. Andererseits leiht sich die Theorie der Aura, undialektisch gehandhabt, zum Mißbrauch. Mit ihr läßt jene Entkunstung der Kunst zur Parole sich ummünzen, die im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit des Kunstwerks sich anbahnt. Nicht nur das Jetzt und Hier des Kunstwerks ist, nach Benjamins These, dessen Aura, sondern was immer daran über seine Gegebenheit hinausweist, sein Gehalt; man kann nicht ihn abschaffen und die Kunst wollen. Auch die entzauberten Werke sind mehr, als was an ihnen bloß der Fall ist. Der ›Ausstellungswert‹, der da den auratischen ›Kultwert‹ ersetzen soll, ist eine imago des Tauschprozesses. Diesem ist Kunst, die dem Ausstellungswert nachhängt, zu Willen, ähnlich wie die Kategorien des sozialistischen Realismus dem status quo der Kulturindustrie sich anbequemen. Die Negation des Ausgleichs in den Kunstwerken wird zur Kritik auch der Idee ihrer Stimmigkeit, ihrer schlackenlosen Durchbildung und Integration. Stimmigkeit zerbricht an einem ihr Übergeordneten, der Wahrheit des Gehalts, die weder im Ausdruck länger ihr Genügen hat – denn er belohnt die hilflose Individualität mit trügender Wichtigkeit – noch an der Konstruktion – denn sie ist mehr als nur analog zur verwalteten Welt. Äußerste Integration ist ein Äußerstes an Schein und das bewirkt ihren Umschlag: die Künstler, die es leisteten, mobilisieren seit dem späten Beethoven die Desintegration. Der Wahrheitsgehalt der Kunst, dessen Organon Integration war, wendet sich gegen die Kunst, und in dieser Wendung hat sie ihre emphatischen Augenblicke. Die Nötigung dazu aber finden die Künstler in ihren Gebilden selbst, ein Surplus an Veranstaltetem, an Regime; es bewegt sie dazu, den Zauberstab aus der Hand zu legen wie Shakespeares Prospero, aus dem der Dichter spricht. Um nichts Geringeres aber ist die Wahrheit solcher Desintegration zu erlangen als durch Triumph und Schuld von Integration hindurch. Die Kategorie des Fragmentarischen, die hier ihre Stätte hat, ist nicht die der kontingenten Einzelheit: das Bruchstück ist der Teil der Totalität des Werkes, welcher ihr widersteht.

 

Daß Kunst im Begriff des Schönen nicht aufgeht sondern, um ihn zu erfüllen, des Häßlichen als seiner Negation bedurfte, ist ein Gemeinplatz. Aber damit ist die Kategorie des Häßlichen als Kanon von Verboten nicht einfach abgeschafft. Er verbietet nicht mehr Verstöße gegen allgemeine Regeln, doch solche gegen die immanente Stimmigkeit. Seine Allgemeinheit ist nur noch der Primat des Besonderen: nichts Unspezifisches soll mehr sein. Das Verbot des Häßlichen ist zu dem des nicht hic et nunc Geformten, nicht Durchgebildeten – des Rohen – geworden. Dissonanz ist der technische Terminus für die Rezeption dessen durch die Kunst, was von der Ästhetik sowohl wie von der Naivetät häßlich genannt wird. Was immer es sei, soll es ein Moment der Kunst bilden oder bilden können; ein Werk des Hegelschülers Rosenkranz trägt den Titel »Ästhetik des Häßlichen«17. Die archaische und dann wieder die traditionelle Kunst seit den Faunen und Silenen zumal des Hellenismus abundiert von Darstellungen, deren Stoff für häßlich galt. Das Gewicht dieses Elements wuchs in der Moderne derart an, daß daraus eine neue Qualität entsprang. Nach der herkömmlichen Ästhetik widerstreitet jenes Element dem das Werk beherrschenden Formgesetz, wird von ihm integriert und bestätigt es dadurch samt der Kraft subjektiver Freiheit im Kunstwerk gegenüber den Stoffen. Sie würden im höheren Sinn doch schön: durch ihre Funktion in der Bildkomposition etwa oder bei der Herstellung dynamischen Gleichgewichts; denn Schönheit haftet, nach einem Hegelschen Topos, nicht am Gleichgewicht als dem Resultat allein sondern immer zugleich an der Spannung, die das Resultat zeitigt. Harmonie, die als Resultat die Spannung verleugnet, die in ihr einsteht, wird dadurch zum Störenden, Falschen, wenn man will, Dissonanten. Die harmonistische Ansicht vom Häßlichen ist in der Moderne zu Protest gegangen. Ein qualitativ Neues wird daraus. Die Anatomiegreuel bei Rimbaud und Benn, das physisch Widerwärtige und Abstoßende bei Beckett, die skatologischen Züge mancher zeitgenössischer Dramen haben mit der Bauernderbheit holländischer Bilder des siebzehnten Jahrhunderts nichts mehr gemein. Das anale Vergnügen und der Stolz der Kunst, überlegen es sich einzuverleiben, dankt ab; im Häßlichen kapituliert das Formgesetz als ohnmächtig. So durchaus dynamisch ist die Kategorie des Häßlichen und notwendig ebenso ihr Gegenbild, die des Schönen. Beide spotten einer definitorischen Fixierung, wie sie jeglicher Ästhetik vorschwebt, deren Normen, sei's noch so indirekt, an jenen Kategorien orientiert sind. Das Urteil, irgend etwas, eine von Industrieanlagen verwüstete Landschaft, ein von Malerei deformiertes Gesicht, sei ganz einfach häßlich, mag spontan auf solche Phänomene antworten, enträt aber der Selbstevidenz, mit der es sich vorträgt. Der Eindruck der Häßlichkeit von Technik und Industrielandschaft ist formal nicht zureichend erklärt, dürfte übrigens bei rein durchgebildeten und im Sinn von Adolf Loos ästhetisch integren Zweckformen fortbestehen. Er datiert zurück aufs Prinzip der Gewalt, des Zerstörenden. Unversöhnt sind die gesetzten Zwecke mit dem, was Natur, wie sehr auch vermittelt, von sich aus sagen will. In der Technik ist Gewalt über Natur nicht durch Darstellung reflektiert, sondern tritt unmittelbar in den Blick. Verändert könnte das werden erst von einer Umlenkung der technischen Produktivkräfte, welche diese nicht länger bloß an den gewollten Zwecken sondern ebenso an der Natur mißt, die da technisch geformt wird. Entfesselung der Produktivkräfte könnte, nach Abschaffung des Mangels, in anderer Dimension verlaufen als einzig der quantitativer Steigerung der Produktion. Ansätze dazu zeigen sich, wo Zweckbauten an landschaftliche Formen und Linien sich anpassen; wohl bereits wo die Materialien, aus denen Artefakte gebildet wurden, ihrer Umgebung entstammten und dieser sich einfügten wie manche Burgen und Schlösser. Was Kulturlandschaft heißt, ist schön als Schema dieser Möglichkeit. Rationalität, die solche Motive aufgriffe, könnte die Wunden von Rationalität schließen helfen. Noch der vom bürgerlichen Bewußtsein naiv vollzogene Richtspruch über die Häßlichkeit der von Industrie zerwühlten Landschaft trifft eine Relation, die erscheinende Naturbeherrschung dort, wo Natur den Menschen die Fassade des Unbeherrschten zukehrt. Jene Entrüstung fügt darum der Ideologie von Herrschaft sich ein. Solche Häßlichkeit verschwände, wenn einmal das Verhältnis der Menschen zur Natur des repressiven Charakters sich entäußerte, der die Unterdrückung von Menschen fortsetzt, nicht umgekehrt. Das Potential dazu in der von Technik verwüsteten Welt liegt in einer friedlich gewordenen Technik, nicht in eingeplanten Exklaven. Nichts vermeintlich einfach Häßliches gibt es, das nicht durch seinen Stellenwert im Gebilde, emanzipiert vom Kulinarischen, seine Häßlichkeit abwerfen könnte. Was als häßlich figuriert, ist zunächst das historisch Ältere, von der Kunst auf der Bahn ihrer Autonomie Ausgestoßene, dadurch in sich selbst vermittelt. Der Begriff des Häßlichen dürfte allerorten entstanden sein in der Abhebung der Kunst von ihrer archaischen Phase: er markiert deren permanente Wiederkunft, verflochten mit der Dialektik der Aufklärung, an welcher die Kunst teilhat. Archaische Häßlichkeit, die kannibalisch drohenden Kultfratzen waren ein Inhaltliches, Nachahmung von Furcht, die sie als Sühne um sich verbreiteten. Mit der Depotenzierung der mythischen Furcht durchs erwachende Subjekt werden jene Züge von dem Tabu ereilt, dessen Organon sie waren; häßlich erst angesichts der Idee von Versöhnung, die mit dem Subjekt und seiner sich regenden Freiheit in die Welt kommt. Aber die alten Schreckbilder überdauern in der Geschichte, welche Freiheit nicht einlöst, und in der das Subjekt als Agent der Unfreiheit den mythischen Bann fortsetzt, gegen den es sich aufbäumt und unter dem es steht. Nietzsches Satz, alle guten Dinge seien einmal arge Dinge gewesen, Schellings Einsicht vom Furchtbaren am Anfang könnten an der Kunst erfahren worden sein. Der gestürzte und wiederkehrende Inhalt wird zur Imagination und zur Form sublimiert. Nicht ist Schönheit der platonisch reine Beginn, sondern geworden in der Absage an das einst Gefürchtete, das erst retrospektiv, von seinem Telos aus, mit jener Absage zum Häßlichen wird, gleichsam entspringt. Schönheit ist der Bann über den Bann, und er vererbt sich an sie. Die Vieldeutigkeit des Häßlichen stammt daher, daß das Subjekt unter seiner abstrakten und formalen Kategorie alles subsumiert, worüber in der Kunst sein Verdikt erging, das sexuell Polymorphe ebenso wie das von Gewalt Verunstaltete und Tödliche. Aus dem Wiederkehrenden wird jenes antithetisch Andere, ohne das Kunst ihrem eigenen Begriff nach gar nicht wäre; durch Negation rezipiert, nagt es korrektiv am Affirmativen der vergeistigenden Kunst, Antithesis zum Schönen, dessen Antithesis es war. In der Geschichte der Kunst saugt die Dialektik des Häßlichen auch die Kategorie des Schönen in sich hinein; Kitsch ist, unter diesem Aspekt, das Schöne als Häßliches, im Namen des gleichen Schönen tabuiert, das es einmal war und dem es nun wegen der Absenz seines Widerparts widerspricht. Daß aber der Begriff des Häßlichen so gut wie sein positives Korrelat nur formal sich bestimmen läßt, steht im innigsten Zusammenhang mit dem immanenten Aufklärungsprozeß der Kunst. Denn je mehr sie von Subjektivität durchherrscht wird, und je unversöhnlicher diese allem ihr Vorgeordneten sich zeigen muß, desto mehr wird subjektive Vernunft, das formale Prinzip schlechthin, zum ästhetischen Kanon18. Dies Formale, subjektiven Gesetzmäßigkeiten ohne Rücksicht auf ihr Anderes gehorsam, behält, von keinem solchen Anderen erschüttert, sein Wohlgefälliges: Subjektivität genießt darin unbewußt sich selbst, das Gefühl ihrer Herrschaft. Die Ästhetik des Wohlgefälligen, einmal der kruden Stofflichkeit ledig, koinzidiert mit mathematischen Verhältnissen im künstlerischen Objekt, deren berühmtestes, in der bildenden Kunst, der goldene Schnitt ist und das seinesgleichen hat in den einfachen Obertonverhältnissen der musikalischen Konsonanz. Aller Ästhetik des Wohlgefallens gebührt der paradoxe Titel des Don Juan-Stücks von Max Frisch: Liebe zur Geometrie. Den Formalismus im Begriff des Häßlichen und des Schönen, wie ihn die Kantische Ästhetik einbekennt, gegen den künstlerische Form nicht immun ist, hat Kunst als Preis dafür zu zollen, daß sie über die Herrschaft der Naturmächte sich erhebt, nur um sie als Herrschaft über Natur und Menschen fortzusetzen. Formalistischer Klassizismus begeht einen Affront: er befleckt eben die Schönheit, die sein Begriff verherrlicht, durch das Gewaltsame, Arrangierende, ›Komponierende‹, das seinen exemplarischen Werken anhaftet. Was auferlegt, hinzugetan wird, dementiert insgeheim die Harmonie, die ihre Herrschaft herzustellen sich unterfängt: die anbefohlene Verbindlichkeit bleibt unverbindlich. Ohne daß der formale Charakter von häßlich und schön durch Inhaltsästhetik ruckhaft zu annullieren wäre, ist sein Inhalt bestimmbar. Er gerade verleiht ihm die Schwere, die es verwehrt, durch plumpes Übergewicht der Stoffschicht die immanente Abstraktheit des Schönen zu korrigieren. Versöhnung als Gewalttat, ästhetischer Formalismus und unversöhntes Leben bilden eine Trias.

Der latente Inhalt der formalen Dimension häßlich-schön hat seinen sozialen Aspekt. Das Motiv der Zulassung des Häßlichen war antifeudal: die Bauern wurden kunstfähig. Bei Rimbaud dann, dessen Gedichte über entstellte Leichname jene Dimension rückhaltloser verfolgten als selbst Baudelaires »Martyre«, sagt das Weib beim Sturm auf die Tuilerien: »Je suis crapule«19, vierter Stand oder Lumpenproletariat. Das Unterdrückte, das den Umsturz will, ist nach den Normen des schönen Lebens in der häßlichen Gesellschaft derb, von Ressentiment verzerrt, trägt alle Male der Erniedrigung unter der Last der unfreien, zumal körperlichen Arbeit. Unter den Menschenrechten derer, welche die Zeche der Kultur bezahlen, ist, polemisch gegen die affirmative, ideologische Totale, auch das darauf, daß jene Male der Mnemosyne als imago zugeeignet werden. Kunst muß das als häßlich Verfemte zu ihrer Sache machen, nicht länger um es zu integrieren, zu mildern oder durch den Humor, der abstoßender ist als alles Abstoßende, mit seiner Existenz zu versöhnen, sondern um im Häßlichen die Welt zu denunzieren, die es nach ihrem Bilde schafft und reproduziert, obwohl selbst darin noch die Möglichkeit des Affirmativen als Einverständnis mit der Erniedrigung fortdauert, in die Sympathie mit den Erniedrigten leicht umschlägt. Im Penchant der neuen Kunst für das Ekelhafte und physisch Widerliche, dem die Apologeten des Bestehenden nichts Stärkeres entgegenzuhalten wissen, als daß das Bestehende schon häßlich genug sei und darum die Kunst zu eitel Schönheit verpflichtet, schlägt das kritisch materialistische Motiv durch, indem Kunst durch ihre autonomen Gestalten Herrschaft verklagt, auch die zum geistigen Prinzip sublimierte, und für das zeugt, was jene verdrängt und verleugnet. Noch als Schein bleibt es in der Gestalt, was es jenseits der Gestalt war. Mächtige ästhetische Valeurs werden vom sozial Häßlichen entbunden: das nie geahnte Schwarz des ersten Teils von Hanneles Himmelfahrt. Der Vorgang ist vergleichbar der Einführung negativer Größen: sie behalten ihre Negativität im Kontinuum des Gebildes. Das Bestehende wird damit fertig nur, indem es Graphiken mit verhungernden Arbeiterkindern, extreme Darstellungen als Dokumente jenes gütigen Herzens schluckt, das noch im Ärgsten schlage und damit verspreche, es sei nicht das Ärgste. Solchem Einverständnis arbeitet Kunst dann dadurch entgegen, daß ihre Formensprache den Rest von Affirmation beseitigt, den sie im sozialen Realismus behielt: das ist das soziale Moment im formalen Radikalismus. Die Infiltration des Ästhetischen mit dem Moralischen, wie Kant sie außerhalb der Kunstwerke im Erhabenen aufsuchte, wird von der Kulturapologie als Entartung diffamiert. So mühsam hat die Kunst in ihrer Entwicklung ihre Grenzen gezogen, so wenig, als Divertissement, sie je ganz geachtet, daß, was an die Hinfälligkeit jener Grenzen mahnt, alles Hybride, heftigste Abwehr provoziert. Das ästhetische Verdikt übers Häßliche lehnt sich an die sozialpsychologisch verifizierte Neigung an, das Häßliche, mit Grund, dem Ausdruck des Leidens gleichzusetzen und, projektiv, zu beschimpfen. Das Reich des Hitler hat, wie auf die gesamte bürgerliche Ideologie, auch darauf die Probe gemacht: je mehr in den Kellern gefoltert ward, desto unerbittlicher wurde darüber gewacht, daß das Dach auf Säulen ruhe. Invariantenlehren tendieren zum Vorwurf der Entartung. Deren Gegenbegriff soll eben die Natur sein, für die einsteht, was der Ideologie Entartung heißt. Nicht hat Kunst gegen den Vorwurf, sie sei entartet, sich zu verteidigen; wo sie ihm begegnet, weigert sie sich, den verruchten Weltlauf als eherne Natur zu bejahen. Daß aber die Kunst die Kraft hat, das ihr Konträre zu bergen, ohne von ihrer Sehnsucht etwas nachzulassen, ja ihre Sehnsucht in die Kraft dazu verwandelt, verschwistert das Moment des Häßlichen ihrer Vergeistigung, so wie George hellsichtig in der Vorrede zur Übertragung der Fleurs du mal es gewahrte. Der Titel Spleen et idéal spielt darauf an, wenn anders man unter dem Wort die Obsession mit jenem gegen seine Formung Spröden sehen darf, einem Kunstfeindlichen als Agens der Kunst, das deren Begriff über den des Ideals hinaus erweitert. Dem dient das Häßliche in der Kunst. Aber Häßliches: Grausamkeit in ihr ist nicht nur ein Dargestelltes. Ihr eigener Gestus hat, wie Nietzsche wußte, ein Grausames. In den Formen wird Grausamkeit zur Imagination: aus einem Lebendigen, dem Leib der Sprache, den Tönen, der sichtbaren Erfahrung etwas herausschneiden. Je reiner die Form, je höher die Autonomie der Werke, desto grausamer sind sie. Appelle zur humaneren Haltung der Kunstwerke, zur Anpassung an Menschen als ihrem virtuellen Publikum, verwässern regelmäßig die Qualität, erweichen das Formgesetz. Was Kunst in einem weitesten Sinn bearbeitet, unterdrückt sie, der im Spiel nachlebende Ritus von Naturbeherrschung. Das ist die Erbsünde der Kunst; auch ihr permanenter Einspruch gegen Moral, die grausam die Grausamkeit ahndet. Die Kunstwerke aber gelangen, die von dem Amorphen, dem sie unabdingbar Gewalt antun, in die Form, die als abgespaltene es verübt, etwas hinüberretten. Das allein ist das Versöhnliche an der Form. Die Gewalt jedoch, die den Stoffen widerfährt, ist der nachgeahmt, die von jenen ausging und die in ihrem Widerstand gegen die Form überdauert. Die subjektive Herrschaft des Formens ergeht nicht indifferenten Stoffen, sondern wird aus ihnen herausgelesen, Grausamkeit des Formens ist Mimesis an den Mythos, mit dem sie umspringt. Der griechische Genius hat das bewußtlos allegorisiert: ein frühdorisches Relief des Palermitanischen archäologischen Museums, aus Selinunt, stellt den Pegasus dar als entsprungen aus dem Blut der Medusa. Erhebt in den neuen Kunstwerken Grausamkeit unverstellt ihr Haupt, so bekennt sie das Wahre ein, daß vor der Übermacht der Realität Kunst a priori die Transformation des Furchtbaren in die Form nicht mehr sich zutrauen darf. Das Grausame ist ein Stück ihrer kritischen Selbstbesinnung; sie verzweifelt an dem Machtanspruch, den sie als versöhnte vollstreckt. Nackt tritt das Grausame aus den Kunstwerken hervor, sobald ihr eigener Bann erschüttert ist. Das mythisch Furchtbare der Schönheit reicht in die Kunstwerke hinein als deren Unwiderstehlichkeit, wie sie einst der Aphrodite Peithon zugesprochen war. Wie die Gewalt des Mythos auf dessen olympischer Stufe vom Amorphen übergegangen war an die Einheit, welche das Viele und die Vielen sich unterwirft und sein Zerstörendes behält, so haben dann die großen Kunstwerke das Zerstörende behalten in der Autorität ihres Gelingens, als zerschmetternde. Finster ist ihr Strahlen; das Schöne durchwaltet die Negativität, in dem sie bezwungen dünkt. Noch von den scheinbar neutralsten Objekten, welche die Kunst als schön zu verewigen trachtete, geht – als fürchteten sie um das Leben, das ihnen durch ihre Verewigung ausgesaugt wird – ein Hartes, Unassimilierbares: Häßliches aus, vollends von den Materialien. Die formale Kategorie des Widerstands, deren doch das Kunstwerk bedarf, wenn es nicht zu dem von Hegel abgefertigten leeren Spiel absinken soll, trägt noch in Kunstwerke glücklicher Perioden wie der des Impressionismus das Grausame von Methode hinein, so wie andererseits die Sujets, an denen der große Impressionismus sich entfaltete, selten solche der friedvollen Natur sind, sondern versetzt mit zivilisatorischen Einsprengseln, die dann die peinture beseligt sich einverleiben will.

Wenn überhaupt, ist das Schöne eher im Häßlichen entsprungen als umgekehrt. Würde aber sein Begriff auf den Index gesetzt, wie manche psychologischen Richtungen mit dem der Seele, manche soziologischen mit dem der Gesellschaft verfuhren, so resignierte Ästhetik. Die Bestimmung der Ästhetik als der Lehre vom Schönen fruchtet so wenig, weil der formale Charakter des Schönheitsbegriffs von dem vollen Inhalt des Ästhetischen abgleitet. Wäre Ästhetik nichts anderes als ein gar systematisches Verzeichnis dessen, was irgend schön genannt wird, so gäbe das keine Vorstellung von dem Leben im Begriff des Schönen selbst. In dem, worauf ästhetische Reflexion zielt, gibt er einzig ein Moment ab. Die Idee der Schönheit erinnert an ein Wesentliches von Kunst, ohne daß sie es doch unmittelbar ausspräche. Würde nicht von Artefakten, wie sehr modifiziert, geurteilt werden, daß sie schön seien, so wäre das Interesse an ihnen unverständlich und blind, und keiner, Künstler nicht und nicht Betrachter, hätte Anlaß, jene Bewegung aus dem Bereich praktischer Zwecke, den der Selbsterhaltung und des Lustprinzips, zu vollziehen, den Kunst ihrer Konstitution nach zumutet. Hegel stellt die ästhetische Dialektik still durch die statische Definition des Schönen als des sinnlichen Scheinens der Idee. So wenig ist das Schöne zu definieren wie auf seinen Begriff zu verzichten, eine strikte Antinomie. Ohne Kategorie wäre Ästhetik molluskenhaft, historisch-relativistische Beschreibung dessen, was hier und dort, in verschiedenen Gesellschaften etwa oder verschiedenen Stilen, mit Schönheit gemeint gewesen sei; eine daraus destillierte Merkmaleinheit würde unweigerlich zur Parodie und ginge am nächsten besten konkret Herausgegriffenen zuschanden. Die fatale Allgemeinheit des Begriffs des Schönen ist jedoch nicht kontingent. Der Übergang zum Primat der Form, den die Kategorie des Schönen kodifiziert, läuft bereits auf den Formalismus, die Übereinstimmung des ästhetischen Objekts mit allgemeinsten subjektiven Bestimmungen hinaus, an dem dann der Begriff des Schönen leidet. Nicht ist dem formal Schönen ein materiales Wesen entgegenzusetzen: das Prinzip ist, als Gewordenes, in seiner Dynamik und insofern inhaltlich zu begreifen. Das Bild des Schönen als des Einen und Unterschiedenen entsteht mit der Emanzipation von der Angst vorm überwältigend Ganzen und Ungeschiedenen der Natur. Den Schauer davor rettet das Schöne in sich hinüber vermöge seiner Abdichtung gegen das unmittelbar Seiende, durch Stiftung eines Bereichs des Unanrührbaren; schön werden Gebilde kraft ihrer Bewegung gegen das bloße Dasein. Der ästhetisch formende Geist ließ von dem, woran er sich betätigte, nur passieren, was ihm gleicht, was er begriff oder was er sich gleichzumachen hoffte. Dieser Prozeß war einer von Formalisierung; darum Schönheit, ihrer historischen Richtungstendenz nach, ein Formales. Die Reduktion, welche Schönheit dem Schrecklichen widerfahren läßt, aus dem sie und über das sie sich erhebt, und das sie gleichwie aus einem Tempelbezirk draußen hält, hat im Angesicht des Schrecklichen etwas Ohnmächtiges. Es verschanzt sich draußen wie der Feind vor den Wällen der belagerten Stadt und hungert sie aus. Dem muß Schönheit, will sie nicht ihr Telos verfehlen, entgegenarbeiten, auch wider die eigene Richtungstendenz. Die von Nietzsche erkannte Geschichte des hellenischen Geistes ist unverlierbar, weil sie in sich selbst den Prozeß zwischen dem Mythos und dem Genius austrug und darstellte. Die archaischen Riesen, hingestreckt in einem der Tempel von Agrigent, sind so wenig wie die Dämonen der attischen Komödie nur Rudimente. Ihrer bedarf die Form, um nicht dem Mythos zu erliegen, der in ihr sich verlängert, wofern sie ihm bloß sich sperrt. In aller späteren Kunst, die mehr ist als Fahrt ohne Fracht, erhält und verwandelt sich jenes Moment, so schon beim Euripides, in dessen Dramen der Schrecken der mythischen Gewalten überschlägt auf die purifizierten, der Schönheit gesellten olympischen Gottheiten, die nun ihrerseits als Dämonen verklagt werden; von dem Grauen vor ihnen wollte danach die Epikurische Philosophie das Bewußtsein heilen. Da aber die Bilder der schreckhaften Natur von Anbeginn mimetisch jene besänftigen, ähneln bereits die archaischen Fratzen, Monstren und Halbtiere auch einem Menschlichen sich an. Schon in den Mischgebilden waltet ordnende Vernunft; Naturgeschichte hat ihresgleichen nicht überleben lassen. Sie sind schreckhaft, weil sie an die Gebrechlichkeit der menschlichen Identität mahnen, aber nicht chaotisch, Drohung und Ordnung sind darin ineinander. In den Wiederholungsrhythmen primitiver Musik geht das Bedrohliche vom Ordnungsprinzip selbst aus. Die Antithesis zum Archaischen ist in diesem impliziert, das Kräftespiel des Schönen eines; der qualitative Sprung der Kunst ist ein kleinster Übergang. Kraft solcher Dialektik verwandelt sich das Bild des Schönen in der Gesamtbewegung von Aufklärung. Das Gesetz der Formalisierung des Schönen war ein Augenblick von Balance, fortschreitend gestört durchs Verhältnis zu dem Ungleichnamigen, das die Identität des Schönen von sich vergebens fernhält. Das Furchtbare blickt aus Schönheit selbst als der Zwang, der von der Form ausstrahlt; der Begriff des Blendenden meint diese Erfahrung. Die Unwiderstehlichkeit des Schönen, sublimiert vom Sexus an die höchsten Kunstwerke gelangt, wird von ihrer Reinheit, ihrer Distanz von Stofflichkeit und Wirkung ausgeübt. Solcher Zwang wird zum Inhalt. Was den Ausdruck unterjochte, der formale Charakter der Schönheit, mit aller Ambivalenz des Triumphs, verwandelt sich zum Ausdruck, in dem das Bedrohliche der Naturbeherrschung sich vermählt mit der Sehnsucht nach dem Bezwungenen, die an jener Herrschaft entflammt. Es ist aber der Ausdruck des Leidens an der Unterjochung und ihrem Fluchtpunkt, dem Tode. Die Affinität aller Schönheit zu ihm hat ihren Ort in der Idee der reinen Form, die Kunst der Mannigfaltigkeit des Lebendigen auferlegt, das in ihr erlischt. In der ungetrübten Schönheit wäre ihr Widerstrebendes ganz zur Ruhe gekommen, und solche ästhetische Versöhnung ist tödlich fürs Außerästhetische. Das ist die Trauer von Kunst. Versöhnung vollbringt sie unwirklich, um den Preis der wirklichen. Das Letzte, was sie vermag, ist die Klage um das Opfer, das sie darbringt und das sie selbst in ihrer Ohnmacht ist. Nicht allein spricht das Schöne, wie die Wagnersche Walküre zu Siegmund als Sendbote des Todes spricht, sondern ähnelt ihm in sich, als Prozeß. Der Weg zur Integration des Kunstwerks, eins mit dessen Autonomie, ist der Tod der Momente im Ganzen. Was im Kunstwerk über sich, die eigene Partikularität hinaustreibt, sucht den eigenen Untergang, und die Totalität des Werks ist sein Inbegriff. Haben die Kunstwerke ihre Idee am ewigen Leben, dann einzig durch Vernichtung des Lebendigen in ihrem Bezirk; auch das teilt sich ihrem Ausdruck mit. Er ist der des Untergangs des Ganzen, so wie das Ganze vom Untergang des Ausdrucks redet. Im Drang alles Einzelnen der Kunstwerke zu seiner Integration meldet insgeheim sich der desintegrative der Natur an. Je integrierter die Kunstwerke, desto mehr zerfällt in ihnen, woraus sie sind. Insofern ist ihr Gelingen selber Zerfall, und er leiht ihnen das Abgründige. Er entbindet zugleich die immanente Gegenkraft der Kunst, die zentrifugale. – Weniger stets realisiert sich das Schöne an der partikularen, purifizierten Gestalt; das Schöne verschiebt sich auf die dynamische Totalität des Gebildes und setzt in solcher ansteigenden Emanzipation von der Partikularität die Formalisierung fort, schmiegt aber auch jener, dem Diffusen sich an. Indem die Wechselwirkung, die in Kunst statthat, virtuell, im Bild den Kreislauf von Schuld und Buße durchbricht, an dem sie teil hat, legt sie den Aspekt eines Zustands jenseits des Mythos frei. Sie transponiert den Kreislauf in die imago, die ihn reflektiert und dadurch transzendiert. Treue zum Bild des Schönen bewirkt Idiosynkrasie gegen es. Sie verlangt Spannung und kehrt am Ende sich gegen deren Ausgleich. Spannungsverlust ist der schwerste Einwand gegen manche zeitgenössische Kunst, Gleichgültigkeit im Verhältnis von Teilen und Ganzem ein anderes Wort. Dabei wäre Spannung an sich, abstrakt postuliert, abermals dürftig-kunstgewerblich: ihr Begriff gilt dem immer auch Gespannten, der Form und ihrem Anderen, dessen Repräsentant im Werk die Partikularitäten sind. Wird aber einmal das Schöne, als Homöostase von Spannung, transferiert an die Totalität, so gerät es in deren Strudel. Denn diese, der Zusammenhang der Teile zur Einheit, fordert ein Moment von Substantialität der Teile oder setzt es voraus, und zwar mehr als je ältere Kunst, in der Spannung unterhalb etablierter Idiome weit latenter blieb. Weil Totalität am Ende die Spannung verschluckt und zur Ideologie sich schickt, wird Homöostase selbst aufgesagt: das ist die Krisis des Schönen und die von Kunst. Darin dürften wohl die Bestrebungen der letzten zwanzig Jahre konvergieren. Noch darin setzt die Idee des Schönen sich durch, die alles ihr Heterogene, konventionell Gesetzte, alle Spur von Verdinglichung ausscheiden muß. Auch um des Schönen willen ist kein Schönes mehr: weil es keines mehr ist. Was anders nicht denn als negativ erscheinen kann, spottet einer Auflösung, die es als falsch durchschaut, und die darum die Idee des Schönen entwürdigte. Die Empfindlichkeit des Schönen gegen das Geglättete, die aufgehende Rechnung, welche die Kunst ihre Geschichte hindurch mit der Lüge kompromittiert hat, überträgt sich auf das Moment der Resultante, das so wenig von der Kunst kann weggedacht werden wie die Spannungen, aus denen es erwächst. Absehbar wird der Prospekt einer Absage an die Kunst um der Kunst willen. Er deutet sich an in denjenigen ihrer Gebilde, die verstummen oder verschwinden. Auch sozial sind sie richtiges Bewußtsein: lieber keine Kunst mehr als sozialistischer Realismus.

Kunst ist Zuflucht des mimetischen Verhaltens. In ihr stellt das Subjekt, auf wechselnden Stufen seiner Autonomie, sich zu seinem Anderen, davon getrennt und doch nicht durchaus getrennt. Ihre Absage an die magischen Praktiken, ihre Ahnen, involviert Teilhabe an Rationalität. Daß sie, ein Mimetisches, inmitten von Rationalität möglich ist und ihrer Mittel sich bedient, reagiert auf die schlechte Irrationalität der rationalen Welt als einer verwalteten. Denn der Zweck aller Rationalität, des Inbegriffs der naturbeherrschenden Mittel, wäre, was nicht wiederum Mittel ist, ein Nichtrationales also. Eben diese Irrationalität versteckt und verleugnet die kapitalistische Gesellschaft, und dagegen repräsentiert Kunst Wahrheit im doppelten Verstande; in dem, daß sie das von Rationalität verschüttete Bild ihres Zwecks festhält, und indem sie das Bestehende seiner Irrationalität: ihres Widersinns überführt. Die Preisgabe des Wahns vom unmittelbaren Eingriff des Geistes, der intermittierend freilich in der Geschichte der Menschheit unersättlich wiederkehrt, wird zum Verbot dessen, daß das Eingedenken durch die Kunst der Natur unmittelbar sich zuwende. Trennung kann widerrufen werden einzig vermöge der Trennung. Das kräftigt in der Kunst das rationale Moment und entsühnt es zugleich, weil es der realen Herrschaft widersteht; allerdings als Ideologie stets wieder mit ihr sich verbündet. Die Rede vom Zauber der Kunst ist Phrase, weil Kunst allergisch ist gegen den Rückfall in Magie. Sie bildet ein Moment in dem Prozeß der von Max Weber so genannten Entzauberung der Welt, der Rationalisierung verflochten; alle ihre Mittel und Produktionsverfahren stammen daher; die Technik, welche ihre Ideologie verketzert, inhäriert ihr ebenso wie sie sie bedroht, weil ihr magisches Erbe in all ihren Verwandlungen zäh sich erhalten hat. Nur mobilisiert sie die Technik in entgegengesetzter Richtungstendenz als die Herrschaft es tut. Die Sentimentalität und Schwächlichkeit fast der gesamten Tradition ästhetischer Besinnung rührt daher, daß sie die der Kunst immanente Dialektik von Rationalität und Mimesis unterschlagen hat. Das setzt sich fort in dem Staunen über das technische Kunstwerk als wäre es vom Himmel gefallen: beide Ansichten sind eigentlich komplementär. Gleichwohl erinnert noch die Phrase vom Zauber der Kunst an ein Wahres. Fortlebende Mimesis, die nichtbegriffliche Affinität des subjektiv Hervorgebrachten zu seinem Anderen, nicht Gesetzten, bestimmt Kunst als eine Gestalt der Erkenntnis, und insofern ihrerseits als ›rational‹. Denn worauf das mimetische Verhalten anspricht, ist das Telos der Erkenntnis, das sie durch ihre eigenen Kategorien zugleich blockiert. Kunst komplettiert Erkenntnis um das von ihr Ausgeschlossene und beeinträchtigt dadurch wiederum den Erkenntnischarakter, ihre Eindeutigkeit. Sie droht zu zerreißen, weil Magie, welche sie säkularisiert, das eigentlich verweigert, während das magische Wesen inmitten von Säkularisierung zum mythologischen Restbestand, zum Aberglauben herabsinkt. Was heute, als Krise der Kunst, als ihre neue Qualität hervortritt, ist so alt wie ihr Begriff. Wie Kunst mit dieser Antinomie fertig wird, das entscheidet über ihre Möglichkeit und ihren Rang. Sie kann ihrem Begriff nicht genügen. Das schlägt ein jedes ihrer Gebilde, noch das höchste, mit einer Unvollkommenheit, welche die Idee des Vollkommenen dementiert, der die Kunstwerke nachhängen müssen. Unreflektiert konsequente Aufklärung müßte Kunst so verwerfen, wie die Nüchternheit des sturen Praktikers tatsächlich es tut. Die Aporie der Kunst, zwischen der Regression auf buchstäbliche Magie, oder der Zession des mimetischen Impulses an dinghafte Rationalität, schreibt ihr das Bewegungsgesetz vor; nicht ist sie wegzuräumen. Die Tiefe des Prozesses, der ein jegliches Kunstwerk ist, wird gegraben von der Unversöhnlichkeit jener Momente; sie ist zur Idee der Kunst, als des Bildes von Versöhnung, hinzuzudenken. Nur weil emphatisch kein Kunstwerk gelingen kann, werden ihre Kräfte frei; nur dadurch blickt sie auf Versöhnung. Kunst ist Rationalität, welche diese kritisiert, ohne ihr sich zu entziehen; kein Vorrationales oder Irrationales, wie es angesichts der Verflechtung jeglicher menschlichen Tätigkeit in die gesellschaftliche Totalität vorweg zur Unwahrheit verurteilt wäre. Rationalistische und irrationalistische Kunsttheorie versagen daher gleichermaßen. Wird aufklärerische Gesinnung stracks auf die Kunst übertragen, so resultiert jene banausische Nüchternheit, die es seinerzeit den Weimarer Klassizisten und ihren romantischen Zeitgenossen so leicht machte, die kärglichen Regungen bürgerlich-revolutionären Geistes in Deutschland durch ihre eigene Lächerlichkeit zu töten; eine Banausie, die freilich hundertfünfzig Jahre später von der der eingehegten bürgerlichen Kunstreligion weit überboten war. Der Rationalismus, der ohnmächtig gegen Kunstwerke argumentiert, indem er auf sie Kriterien außerkünstlerischer Logik und Kausalität anwendet, ist nicht ausgestorben; der ideologische Mißbrauch der Kunst provoziert ihn. Wendet ein Nachzügler des realistischen Romans gegen einen Vers Eichendorffs ein, daß nicht Wolken Träumen, sondern allenfalls Träume Wolken verglichen werden könnten, so ist gegen solche hausbackene Richtigkeit die Zeile »Wolken ziehn wie schwere Träume«20 immun in ihrem Bereich, wo Natur ins ahnungsvolle Gleichnis eines Inwendigen sich wandelt. Wer die Ausdruckskraft der Zeile, eines Prototyps sentimentalischer Dichtung im großen Sinn, leugnet, der stolpert und stürzt im Zwielicht des Gebildes, anstatt tastend, die Valeurs der Worte und ihrer Konstellation nachvollziehend, darin sich zu bewegen. Rationalität ist im Kunstwerk das einheitstiftende, organisierende Moment, nicht ohne Relation zu der draußen waltenden, aber bildet nicht deren kategoriale Ordnung ab. Die nach deren Maß irrationalen Züge des Kunstwerks sind nicht Symptom irrationalistischen Geistes, nicht einmal stets einer solchen Gesinnung des Betrachters; Gesinnung pflegt eher Gesinnungskunstwerke, in gewissem Sinn rationalistische zu produzieren. Vielmehr gestattet dem Lyriker seine désinvolture, der Dispens von den logischen Geboten, die wie Schatten in seinen Bereich eingehen, der immanenten Gesetzmäßigkeit seiner Gebilde zu folgen. Kunstwerke verdrängen nicht; sie verhelfen durch Ausdruck dem Diffusen und Entgleitenden zum gegenwärtigen Bewußtsein, ohne daß sie es ihrerseits, wie die Psychoanalyse es kritisiert, ›rationalisierten‹. – Irrationale, den Spielregeln der auf Praxis gerichteten Vernunft ein Schnippchen schlagende Kunst des Irrationalismus zu zeihen, ist auf seine Weise nicht weniger ideologisch als die Irrationalität des offiziellen Kunstglaubens; paßt den Apparatschiks aller Couleurs je nach Bedarf gut ins Konzept. Richtungen wie der Expressionismus und der Surrealismus, deren Irrationalitäten befremdeten, gingen an gegen Gewalt, Autorität, Obskurantismus. Daß in den Faschismus, dem aller Geist nur Mittel zum Zweck war und der darum alles fraß, in Deutschland auch expressionistische und in Frankreich vom Surrealismus gespeiste Strömungen mündeten, ist gegenüber der objektiven Idee jener Bewegungen unerheblich und wird zu agitatorischen Zwecken von der Ästhetik der Diadochen Schdanows geflissentlich übertrieben. Zweierlei ist es, Irrationales – die Irrationalität der Ordnung wie der Psyche – künstlerisch zu manifestieren, zu formen und damit stets in gewissem Sinn rational zu machen, oder Irrationalität zu predigen, wie es stets fast mit Rationalismus der ästhetischen Mittel, in plump kommensurablen Oberflächenzusammenhängen zu geschehen pflegt. Dem dürfte Benjamins Theorie über das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit nicht ganz gerecht geworden sein. Die einfache Antithese zwischen dem auratischen und dem massenreproduzierten Werk, die, um ihrer Drastik willen, die Dialektik beider Typen vernachlässigt, wird Beute einer Ansicht vom Kunstwerk, welche die Photographie zum Muster sich wählt und die nicht weniger barbarisch ist als die vom Künstler als Schöpfer; übrigens hat Benjamin ursprünglich in der »Kleinen Geschichte der Photographie« keineswegs jene Antithese so undialektisch verkündet wie fünf Jahre später in dem Reproduktionsaufsatz21. Während dieser aus dem älteren die Definition der Aura wörtlich übernimmt, wird von der Photographie-Arbeit den frühen Photographien ihre Aura rühmend attestiert, die sie erst durch die Kritik an ihrer kommerziellen Ausschlachtung – durch Atget – verloren haben. Das dürfte dem Sachverhalt weit näher kommen als die Simplifizierung, die dann der Reproduktionsarbeit zu ihrer penetranten Beliebtheit verhalf. Durch die weiten Maschen jener der Abbildlichkeit zuneigenden Ansicht rutscht das kultischen Zusammenhängen seinerseits opponierende Moment dessen, wofür Benjamin den Begriff der Aura einführte, das fernrückende, gegen die ideologische Oberfläche des Daseins kritische. Das Verdikt über die Aura springt leicht über auf die qualitativ moderne, von der Logik der gewohnten Dinge sich entfernende Kunst und deckt dafür die Produkte der Massenkultur, denen der Profit eingegraben ist und dessen Spur sie noch in vorgeblich sozialistischen Ländern tragen. Brecht hat tatsächlich die Musik des Songtypus über Atonalität und Zwölftontechnik gestellt, die ihm als romantisch expressiv verdächtig waren. Von solchen Positionen aus werden die sogenannten irrationalen Strömungen des Geistes umstandslos dem Faschismus zugeschlagen, ohne Organ für den Protest gegen die bürgerliche Verdinglichung, durch den sie stets noch provozieren. In Konkordanz mit der Politik des Ostblocks ist man blind für Aufklärung als Massenbetrug22. Entzauberte Verfahrungsweisen, die an die Erscheinungen so sich heften, wie diese sich geben, schicken nur allzugut sich zu ihrer Verklärung. Der Mangel von Benjamins groß konzipierter Reproduktionstheorie bleibt, daß ihre bipolaren Kategorien nicht gestatten, zwischen der Konzeption einer bis in ihre Grundschicht hinein entideologisierten Kunst und dem Mißbrauch ästhetischer Rationalität für Massenausbeutung und Massenbeherrschung zu unterscheiden; die Alternative wird kaum nur gestreift. Als einziges über den Kamerarationalismus hinausgehendes Moment benutzt Benjamin den Begriff der Montage, der seine Akme unterm Surrealismus hatte und im Film rasch gemildert ward. Montage aber schaltet mit Elementen der Wirklichkeit des unangefochten gesunden Menschenverstands, um ihnen eine veränderte Tendenz abzuzwingen oder, in den gelungensten Fällen, ihre latente Sprache zu erwecken. Kraftlos jedoch ist sie insofern, als sie die Elemente selbst nicht aufsprengt. Gerade ihr wäre ein Rest von willfährigem Irrationalismus vorzuwerfen, Adaptation an das von außen dem Gebilde fertig gelieferte Material.

Mit einer Folgerichtigkeit, deren Stufen jene ästhetische Geschichtsschreibung, die es noch nicht gibt, erst zu beschreiben hätte, ist darum das Montageprinzip in das der Konstruktion übergegangen. Nicht zu verschweigen, daß auch im Konstruktionsprinzip, der Auflösung von Materialien und Momenten in auferlegte Einheit, abermals ein Glättendes, Harmonistisches, das der reinen Logizität, beschworen wird und Ideologie werden will. Es ist die Fatalität einer jeglichen Kunst im gegenwärtigen Zeitalter, daß sie von der Unwahrheit des herrschenden Ganzen angesteckt wird. Gleichwohl ist Konstruktion die heute einzig mögliche Gestalt des rationalen Moments im Kunstwerk, so wie zu Beginn, in der Renaissance, die Emanzipation der Kunst von der kultischen Heteronomie mit der Entdeckung von Konstruktion – damals ›Komposition‹ geheißen – zusammenging. Konstruktion ist in der Monade des Kunstwerks, mit beschränkter Machtvollkommenheit, der Statthalter von Logik und Kausalität, transferiert aus der gegenständlichen Erkenntnis. Sie ist Synthesis des Mannigfaltigen zu Lasten der qualitativen Momente, deren sie sich bemächtigt, ebenso wie des Subjekts, das in ihr sich auszumerzen meint, während es sie bewerkstelligt. Die Verwandtschaft von Konstruktion mit den kognitiven Prozessen, oder vielleicht eher mit deren erkenntnistheoretischer Auslegung, ist nicht minder evident als die Differenz: daß keine Kunst wesentlich urteilt und wo sie es tut, aus ihrem Begriff ausbricht. Von Komposition in einem weitesten Verstande, der die Bildkomposition deckt, unterscheidet Konstruktion sich durch die rückhaltlose Unterwerfung nicht bloß alles von außen ihr Zukommenden sondern aller immanenten Teilmomente; insofern ist sie die verlängerte subjektive Herrschaft, die, je weiter sie getrieben wird, desto gründlicher sich selbst verdeckt. Sie reißt die Elemente des Wirklichen aus ihrem primären Zusammenhang heraus und verändert sie so weit in sich, bis sie von sich aus abermals einer Einheit fähig werden, wie sie draußen heteronom ihnen auferlegt ward und drinnen nicht weniger ihnen widerfährt. Kunst möchte durch Konstruktion desperat aus eigener Kraft ihrer nominalistischen Situation, dem Gefühl des Zufälligen sich entwinden, zu einem übergreifend Verbindlichen, wenn man will, Allgemeinen gelangen. Dazu bedarf sie jener Reduktion der Elemente, welche dann diese zu depotenzieren droht und auszuarten in den Triumph über nicht Vorhandenes. Das abstrakt transzendentale, nach der Kantischen Lehre vom Schematismus verborgene Subjekt wird zum ästhetischen. Gleichwohl schränkt Konstruktion die ästhetische Subjektivität kritisch ein, wie denn die konstruktivistischen Richtungen – genannt sei Mondrian – ursprünglich zu den expressionistischen in Antithese standen. Denn damit die Synthesis der Konstruktion gelinge, muß sie doch, bei aller Aversion, aus den Elementen herausgelesen werden, die an sich dem ihnen Auferlegten nie rein willfahren; mit allem Recht sagt die Konstruktion dem Organischen als Illusionärem ab. Das Subjekt in seiner quasi-logischen Allgemeinheit ist der Funktionär dieses Akts, während seine Äußerung im Resultat gleichgültig wird. Zu den tiefsten Einsichten der Hegelschen Ästhetik rechnet, daß sie dies wahrhaft dialektische Verhältnis längst vor allem Konstruktivismus erkannte und das subjektive Gelingen des Kunstwerks dort aufsuchte, wo das Subjekt im Kunstwerk verschwindet. Durch solches Verschwinden, nicht durch Anbiederung an die Realität durchstößt das Kunstwerk, wenn irgendwo, die bloß subjektive Vernunft. Das ist die Utopie von Konstruktion; ihre Fehlbarkeit, daß sie notwendig ein Penchant hat, das Integrierte zu vernichten und den Prozeß zu sistieren, an dem allein sie ihr Leben hat. Der Spannungsverlust konstruktiver Kunst heute ist nicht nur Produkt subjektiver Schwäche, sondern bewirkt von der Idee der Konstruktion. Grund dessen ist ihr Verhältnis zum Schein. Jene möchte auf ihrer quasi unaufhaltsamen Bahn, die nichts außer sich duldet, sich zu einem Wirklichen sui generis machen, wie sie denn gerade die Reinheit ihrer Prinzipien den auswendigen technischen Zweckformen entlehnt. Als zweckfrei aber bleibt sie in der Kunst gefangen. Das rein konstruierte, strikt sachliche Kunstwerk, seit Adolf Loos geschworener Feind allen kunstgewerblichen Wesens, geht vermöge seiner Mimesis an die Zweckformen in ein Kunstgewerbliches über, Zweckmäßigkeit ohne Zweck wird zur Ironie. Dagegen hat bislang nur eines geholfen: der polemische Eingriff des Subjekts in die subjektive Vernunft; ein Überschuß seiner Manifestation über das, worin es sich negieren möchte. Nur im Austrag dieses Widerspruchs, nicht in seiner Glättung kann Kunst irgend noch sich erhalten.

Die Nötigung zu sachlicher Kunst befriedigte sich nie an zweckgebundenen Medien und griff auf die autonomen über. Sie desavouiert zunächst einfach Kunst als das Produkt menschlicher Arbeit, welches gleichwohl nicht Sache sein will, nicht Ding unter Dingen. Primär ist sachliche Kunst ein Oxymoron. Seine Entfaltung jedoch ist das Innere zeitgenössischer Kunst. Kunst wird davon bewegt, daß ihr Zauber, Rudiment der magischen Phase, als unmittelbare sinnliche Gegenwart von der Entzauberung der Welt widerlegt ist, während jenes Moment nicht ausradiert werden kann. Einzig in ihm ist ihr Mimetisches zu bewahren, und es hat seine Wahrheit kraft der Kritik, die es durch seine Existenz an der sich zum Absoluten gewordenen Rationalität ausübt. Der Zauber selbst, emanzipiert von seinem Anspruch, wirklich zu sein, ist ein Stück Aufklärung: sein Schein entzaubert die entzauberte Welt. Das ist der dialektische Äther, in dem Kunst heute sich zuträgt. Der Verzicht auf den Wahrheitsanspruch des bewahrten magischen Moments umschreibt den ästhetischen Schein und die ästhetische Wahrheit. Im Erbe der einst auf die Wesen gerichteten Verhaltensweise des Geistes überdauert die Chance der Kunst, vermittelt jenes Wesentlichen innezuwerden, dessen Tabuierung dem Fortschritt rationaler Erkenntnis gleichgesetzt wird. In der entzauberten Welt ist, ohne daß sie es sich eingestünde, das Faktum Kunst ein Skandalon, Nachbild des Zaubers, den sie nicht duldet. Nimmt jedoch Kunst das unerschüttert in Kauf, setzt sie sich blind als den Zauber, so erniedrigt sie sich zum Illusionsakt wider den eigenen Anspruch auf Wahrheit und unterminiert sich erst recht. Inmitten der entzauberten Welt klingt noch das äußerste, jeden erhöhenden Zuspruchs bare Wort von Kunst romantisch. Hegels ästhetische Geschichtsphilosophie, die als Endphase die romantische konstruiert, wird noch von der antiromantischen verifiziert, während diese doch allein, durch ihre Schwärze, die entzauberte Welt überbieten, den Zauber tilgen kann, den diese durch die Übermacht ihrer Erscheinung, den Fetischcharakter der Ware wirkt. Indem Kunstwerke da sind, postulieren sie das Dasein eines nicht Daseienden und geraten dadurch in Konflikt mit dessen realem Nichtvorhandensein. Dieser Konflikt ist aber nicht nach der Façon der Vorstellungsweise von Jazzfans zu denken: was ihnen nicht in ihren Sport paßt, sei wegen seiner Unvereinbarkeit mit der entzauberten Welt unzeitgemäß. Denn wahr ist nur, was nicht in diese Welt paßt. Das Apriori des künstlerischen Ansatzes schlechthin und der Stand der Geschichte stimmen nicht mehr zusammen, wenn anders sie je harmonierten; und diese Inkonzinnität ist nicht durch Anpassung zu beseitigen: Wahrheit vielmehr, sie auszutragen. Umgekehrt ist Entkunstung der Kunst immanent, der unbeirrten nicht weniger als der, die sich ausverkauft, gemäß der durch keine Berufung auf angeblich reine und unmittelbare Innerlichkeit zu sistierenden technologischen Tendenz der Kunst. Der Begriff künstlerischer Technik ist spät aufgekommen; noch in der Periode nach der Französischen Revolution, als ästhetische Naturbeherrschung ihrer selbst sich bewußt ward, fehlt er; freilich nicht die Sache. Künstlerische Technik ist keine kommode Anpassung an ein Zeitalter, das sich mit läppischem Eifer als technisch affichiert, wie wenn über seine Struktur unmittelbar die Produktivkräfte entschieden und nicht ebenso die Produktionsverhältnisse, die jene im Bann halten. Wo ästhetische Technologie, wie es nicht selten in den modernen Bewegungen nach dem Zweiten Krieg der Fall war, Verwissenschaftlichung der Kunst als solcher anstatt technischer Neuerungen erstrebt, kippt die Kunst aus den Pantinen. Wissenschaftler, Physiker zumal konnten Künstlern, die an ihrer Nomenklatur sich berauschten, mühelos Mißverständnisse nachweisen und sie daran erinnern, daß den physikalischen Termini, die sie für ihre Verfahrungsweisen benutzen, nicht die Sachverhalte entsprechen, die von den Termini gemeint werden. Nicht weniger als vom Subjekt her, dem desillusionierten Bewußtsein und dem Mißtrauen gegen Magie als Schleier, wird die Technisierung der Kunst ausgelöst vom Objekt: wie Kunstwerke als verbindlich zu organisieren seien. Die Möglichkeit dazu ist mit dem Verfall der traditionalen Verfahrungsweisen, die bis in die gegenwärtige Epoche hineinreichen, problematisch geworden. Allein Technologie, welche Kunstwerke durchaus im Sinn jener Zweck-Mittel-Relation zu organisieren verhieß, die Kant generell dem Ästhetischen gleichgesetzt hatte, bot sich an. Technik sprang keineswegs als Lückenbüßer von außen ein, obwohl die Geschichte der Kunst Augenblicke kennt, die den technischen Revolutionen der materiellen Produktion ähneln. Mit fortschreitender Subjektivierung der Kunstwerke war die freie Verfügung über sie in den traditionellen Verfahrungsweisen herangereift. Technifizierung setzt die Verfügung als Prinzip durch. Zu ihrer Legitimation kann sie darauf sich berufen, daß die großen traditionellen Kunstwerke, die seit Palladio nur intermittierend der Besinnung auf technische Verfahrungsweisen sich verbanden, gleichwohl ihre Authentizität vom Maß ihrer technischen Durchbildung empfingen, bis die Technologie die traditionellen Verfahrungsweisen sprengte. Retrospektiv ist Technik als Konstituens von Kunst auch für die Vergangenheit unvergleichlich viel schärfer zu erkennen, als Kulturideologie konzediert, die das nach ihrer Sprache technische Zeitalter der Kunst als Nachfolge und Verfall eines ehemals menschlich Spontanen ausmalte. Wohl kann man an Bach etwa die Lücke zwischen der Struktur seiner Musik und den damals zu ihrer voll adäquaten Aufführung verfügbaren technischen Mitteln aufzeigen; für die Kritik des ästhetischen Historismus ist das relevant. Aber Einsichten jenes Typus decken nicht den gesamten Komplex. Bachs Erfahrung geleitete ihn zu einer höchst entwickelten Kompositionstechnik. Umgekehrt ist in Werken, die prägnant archaisch heißen dürfen, der Ausdruck amalgamiert mit einer Technik sowohl wie mit deren Absenz oder mit dem, was jene noch nicht leistete. Eitel darüber zu rechten, was von der Wirkung der vorperspektivischen Malerei der Tiefe des Ausgedrückten sich verdankt oder einer Steresis der technischen Unzulänglichkeit, die stets wieder selbst Ausdruck wird. In archaischen Werken, die generell nicht in ihrer Möglichkeit offen sind sondern restringiert, scheint eben darum stets soviel Technik, und nicht mehr, vorhanden, wie zur Realisierung der Sache notwendig ist. Das verleiht ihnen jene trügende Autorität, die über den technischen Aspekt täuscht, der Bedingung solcher Autorität ist. Vor solchen Gebilden verstummt die Frage, was gewollt, was noch nicht gekonnt sei; tatsächlich führt sie stets, im Angesicht des Objektivierten, in die Irre. Die Kapitulation hat aber auch ihr obskurantistisches Moment. Der Rieglsche Begriff des Kunstwollens, soviel er auch dazu half, ästhetische Erfahrung von abstrakt-zeitlosen Normen zu kurieren, ist schwerlich zu halten; wenig und selten nur entscheidet an einem Werk, was damit gewollt war. Die wilde Starrheit des etruskischen Apollon in der Villa Giulia ist ein Konstituens des Gehalts, gleichgültig ob intendiert oder nicht. Gleichwohl wandelt sich die Funktion von Technik und schlägt an Knotenstellen um. Sie etabliert, voll entfaltet, den Primat des Machens in der Kunst zum Unterschied einer wie immer auch vorgestellten Rezeptivität der Produktion. Zum Widerpart der Kunst vermag Technik insoweit zu werden, wie Kunst das unterdrückte nicht Machbare auf wechselnden Stufen vertritt. Auch in Machbarkeit jedoch erschöpft sich nicht, wie die Flachheit des Kulturkonservativismus es möchte, die Technifizierung der Kunst. Technifizierung, der verlängerte Arm des naturbeherrschenden Subjekts, entäußert die Kunstwerke dessen unmittelbarer Sprache. Technologische Gesetzlichkeit drängt die Kontingenz des bloßen Individuums zurück, welches das Kunstwerk hervorbringt. Derselbe Prozeß, über den der Traditionalismus als einen der Entseelung sich entrüstet, bringt in seinen obersten Produkten das Kunstwerk zum Sprechen, anstatt daß daraus ein Psychologisches oder Menschliches sich, wie sie heute plappern, aussagte. Was Verdinglichung heißt, tastet, wo es radikalisiert wird, nach der Sprache der Dinge. Es nähert sich virtuell der Idee jener Natur, die der Primat des menschlich Sinnhaften exstirpiert. Emphatische Moderne entwindet sich dem Bereich der Abbildung eines Seelischen und geht über zu einem keiner meinenden Sprache Aussprechlichen. Das Werk Paul Klees ist aus der jüngeren Vergangenheit dafür wohl das bedeutendste Zeugnis, und er war Mitglied des technologisch gesonnenen Bauhauses.

Lehrt man, wie es wohl Adolf Loos intendierte und wie seitdem Technokraten willig es wiederholen, die Schönheit realer technischer Objekte, so prädiziert man von ihnen eben das, wogegen Sachlichkeit als ästhetische Innervation sich sträubt. Beiherspielende Schönheit, nach undurchsichtig traditionellen Kategorien wie formaler Harmonie oder gar imponierender Größe bemessen, geht auf Kosten der realen Zweckmäßigkeit, in der Zweckgebilde wie Brücken oder industrielle Anlagen ihr Formgesetz aufsuchen. Daß die Zweckgebilde vermöge ihrer Treue zu jenem Formgesetz immer auch schön seien, ist apologetisch, als wolle es trösten über etwas, was ihnen abgeht: schlechtes Gewissen von Sachlichkeit selber. Das autonome, einzig in sich funktionelle Kunstwerk dagegen möchte durch seine immanente Teleologie erreichen, was einmal Schönheit hieß. Teilen indessen zweckgebundene und zweckfreie Kunst die Innervation von Sachlichkeit trotz ihrer Trennung, so wird die Schönheit des autonomen technologischen Kunstwerks problematisch, auf die ihr Vorbild, die Zweckgebilde, verzichtet. Sie laboriert am funktionslosen Funktionieren. Weil ihm der auswendige terminus ad quem abgeht, verkümmert der inwendige; Funktionieren, als ein Für anderes, wird überflüssig, ornamental als Selbstzweck. Sabotiert wird dabei ein Moment von Funktionalität selber, die von unten her aufsteigende Notwendigkeit, die danach sich richtet, was und wohin die Partialmomente wollen. Aufs tiefste beeinträchtigt wird jener Spannungsausgleich, den das sachliche Kunstwerk von den Zweckkünsten sich erborgt. In all dem manifestiert sich die Inadäquanz zwischen dem in sich funktional durchgestalteten Kunstwerk und seiner Funktionslosigkeit. Dennoch ist die ästhetische Mimesis an Funktionalität durch keinen Rekurs aufs subjektiv Unmittelbare widerruflich: er würde nur verhüllen, wie sehr der Einzelne und seine Psychologie gegenüber der Vormacht der gesellschaftlichen Objektivität zur Ideologie geworden ist: davon hat Sachlichkeit das richtige Bewußtsein. Die Krisis der Sachlichkeit ist kein Signal, diese durch ein Menschliches zu ersetzen, das sogleich in Zuspruch degenerierte, Korrelat der real ansteigenden Unmenschlichkeit. Bis zum bitteren Ende gedacht, wendet jedoch Sachlichkeit sich zum barbarisch Vorkünstlerischen. Noch die ästhetisch hochgezüchtete Allergie gegen Kitsch, Ornament, Überflüssiges, dem Luxus sich Näherndes hat auch den Aspekt von Barbarei, des nach Freuds Theorie destruktiven Unbehagens in der Kultur. Die Antinomien der Sachlichkeit bezeugen jenes Stück Dialektik der Aufklärung, in dem Fortschritt und Regression ineinander sind. Das Barbarische ist das Buchstäbliche. Gänzlich versachlicht wird das Kunstwerk, kraft seiner puren Gesetzmäßigkeit, zum bloßen Faktum und damit als Kunst abgeschafft. Die Alternative, die in der Krisis sich öffnet, ist die, entweder aus der Kunst herauszufallen oder deren eigenen Begriff zu verändern.

 

Seit Schelling, dessen Ästhetik Philosophie der Kunst heißt, hat das ästhetische Interesse sich auf die Kunstwerke zentriert. Der Theorie ist das Naturschöne, an das noch die durchdringendsten Bestimmungen der Kritik der Urteilskraft sich hefteten, kaum mehr thematisch. Schwerlich jedoch deshalb, weil es, nach Hegels Lehre, tatsächlich in einem Höheren aufgehoben wäre: es wurde verdrängt. Der Begriff des Naturschönen rührt an eine Wunde, und wenig fehlt, daß man sie mit der Gewalt zusammendenkt, die das Kunstwerk, reines Artefakt, dem Naturwüchsigen schlägt. Ganz und gar von Menschen gemacht, steht es seinem Anschein nach nicht Gemachtem, der Natur, gegenüber. Als pure Antithesen aber sind beide aufeinander verwiesen; Natur auf die Erfahrung einer vermittelten, vergegenständlichten Welt, das Kunstwerk auf Natur, den vermittelten Statthalter von Unmittelbarkeit. Darum ist die Besinnung über das Naturschöne der Kunsttheorie unabdingbar. Während paradox genug Betrachtungen darüber, beinahe die Thematik an sich, zopfig, ledern, antiquiert wirken, versperrt große Kunst samt ihrer Auslegung, indem sie sich einverleibt, was die ältere Ästhetik der Natur zusprach, die Besinnung auf das, was jenseits der ästhetischen Immanenz seine Stätte hat und gleichwohl in diese als ihre Bedingung fällt. Der Übergang zur ideologischen Kunstreligion des neunzehnten Jahrhunderts, deren Name von Hegel erfunden ward; die Befriedigung an der im Kunstwerk symbolisch erreichten Versöhnung zahlt für jene Verdrängung. Das Naturschöne verschwand aus der Ästhetik durch die sich ausbreitende Herrschaft des von Kant inaugurierten, konsequent erst von Schiller und Hegel in die Ästhetik transplantierten Begriffs von Freiheit und Menschenwürde, demzufolge nichts in der Welt zu achten sei, als was das autonome Subjekt sich selbst verdankt. Die Wahrheit solcher Freiheit für es ist aber zugleich Unwahrheit: Unfreiheit fürs Andere. Darum fehlt der Wendung gegen das Naturschöne, trotz des unermeßlichen Fortschritts in der Auffassung von Kunst als eines Geistigen, den sie ermöglichte, das zerstörerische Moment so wenig, wie dem Begriff der Würde gegen Natur schlechthin. Schillers wie immer auch bedeutende Abhandlung über Anmut und Würde setzt darin die Zäsur. Die Verwüstungen, die der Idealismus ästhetisch anrichtete, werden grell sichtbar an seinen Opfern, solchen wie Johann Peter Hebel, die dem Verdikt der ästhetischen Würde verfallen und diese doch überleben, indem sie sie durch ihre Existenz, die den Idealisten allzu endlich dünkte, der eigenen bornierten Endlichkeit überführen. Nirgends vielleicht ist das Ausdörren alles nicht vom Subjekt Durchherrschten, der finstere Schatten des Idealismus so eklatant wie in der Ästhetik. Machte man einen Revisionsprozeß ums Naturschöne anhängig, er träfe Würde als die Selbsterhöhung des Tiers Mensch über die Tierheit. Sie enthüllt sich, im Angesicht der Erfahrung von Natur, als Usurpation des Subjekts, welche das diesem nicht Unterworfene, die Qualitäten, zu bloßem Material degradiert und als ganz unbestimmtes Potential aus der Kunst wegräumt, wessen diese dem eigenen Begriff nach bedürfte. Nicht sind die Menschen mit Würde positiv ausstaffiert, sondern sie wäre einzig, was sie noch nicht sind. Kant hat sie darum in den intelligiblen Charakter verlegt und nicht dem empirischen zugesprochen. Im Zeichen der den Menschen, wie sie sind, angeklebten Würde, die rasch in jene offizielle überging, der Schiller im Geist des achtzehnten Jahrhunderts immerhin mißtraute, wurde Kunst zum Tummelplatz des Wahren, Schönen und Guten, der, in der ästhetischen Reflexion, das Stichhaltige an den Rand dessen verschlug, was der breite und schmutzige Hauptstrom des Geistes mit sich wälzte.

Das Kunstwerk, durch und durch tesei, ein Menschliches, vertritt, was pysei, kein bloßes fürs Subjekt, was, kantisch gesprochen, Ding an sich wäre. So sehr fällt das Kunstwerk als sein Identisches ins Subjekt, wie einmal Natur sie selbst sein müßte. Die Befreiung von der Heteronomie der Stoffe, zumal der Naturgegenstände; der Rechtsanspruch, ein jeglicher Gegenstand könne von der Kunst ergriffen werden, hat diese erst ihrer mächtig gemacht und die Roheit des zum Geist Unvermittelten an ihr getilgt. Aber die Bahn dieses Fortschritts, der alles unterpflügte, was nicht solcher Identität willfahrte, war auch eine der Verwüstung. Dessen hat im zwanzigsten Jahrhundert sich die Erinnerung an authentische Kunstwerke versichert, die unterm Terror des Idealismus der Geringschätzung verfielen. Auf die Rettung solcher Gebilde in der Sprache hatte Karl Kraus es abgesehen, in Übereinstimmung mit seiner Apologie des unterm Kapitalismus Unterdrückten: des Tiers, der Landschaft, der Frau. Dem entspräche die Hinlenkung der ästhetischen Theorie aufs Naturschöne. Hegel gebrach es offenbar am Organ dafür, daß genuine Erfahrung von Kunst nicht möglich ist ohne die jener sei's noch so schwer zu fassenden Schicht, deren Name, das Naturschöne, verblaßte. Ihre Substantialität aber reicht tief in die Moderne hinein: bei Proust, dessen Recherche Kunstwerk ist und Kunstmetaphysik, zählt die Erfahrung einer Weißdornhecke zu den Urphänomenen ästhetischen Verhaltens. Die authentischen Kunstwerke, die der Idee der Versöhnung von Natur nachhängen, indem sie sich vollkommen zu zweiter machen, haben stets, gleichwie um Atem zu schöpfen, den Drang verspürt, aus sich herauszutreten. Weil Identität nicht ihr letztes Wort sei, haben sie Zuspruch von der ersten Natur gesucht: der letzte Figaro-Akt, der im Freien spielt, nicht weniger als der Freischütz in dem Augenblick, in dem Agathe auf dem Altan der gestirnten Nacht innewird. Wie sehr dies Aufatmen vom Vermittelten, der Welt der Konventionen abhängt, ist unverkennbar. Über lange Perioden steigerte sich das Gefühl des Naturschönen mit dem Leiden des auf sich zurückgeworfenen Subjekts an einer zugerichteten und veranstalteten Welt; es trägt die Spur von Weltschmerz. Noch Kant hegte einige Mißachtung der von Menschen gemachten Kunst, die konventionell der Natur gegenübersteht. »Dieser Vorzug der Naturschönheit vor der Kunstschönheit, wenn jene gleich durch diese der Form nach sogar übertroffen würde, dennoch allein ein unmittelbares Interesse zu erwecken, stimmt mit der geläuterten und gründlichen Denkungsart aller Menschen überein, die ihr sittliches Gefühl kultiviert haben.«23 Daraus spricht Rousseau und nicht weniger aus dem Satz: »Wenn ein Mann, der Geschmack genug hat, um über Produkte der schönen Kunst mit der größten Richtigkeit und Feinheit zu urteilen, das Zimmer gern verläßt, in welchem jene die Eitelkeit und allenfalls gesellschaftliche Freuden unterhaltenden Schönheiten anzutreffen sind, und sich zum Schönen der Natur wendet, um hier gleichsam Wollust für seinen Geist in einem Gedankengange zu finden, den er sich nie völlig entwickeln kann: so werden wir diese seine Wahl selber mit Hochachtung betrachten und in ihm eine schöne Seele voraussetzen, auf die kein Kunstkenner und Liebhaber um des Interesse willen, das er an seinen Gegenständen nimmt, Anspruch machen kann.«24 Den Gestus des Heraustretens teilen diese Sätze der Theorie mit den Kunstwerken ihrer Zeit. Kant hat das Erhabene und damit wohl jegliches dem bloß formalen Spielen entragende Schöne der Natur zugeschrieben. Hegel und seine Epoche haben demgegenüber den Begriff einer Kunst erlangt, die nicht, wie das Kind des dix-huitième für selbstverständlich erachtete, ›die Eitelkeit und gesellschaftlichen Freuden unterhält‹. Aber sie haben damit die Erfahrung versäumt, die bei Kant noch ungehemmt sich ausdrückt im bürgerlich revolutionären Geist, der das Gemachte für fehlbar hält und, weil es ihm nicht durchaus zur zweiten Natur geworden ist, das Bild einer ersten bewahrt.

Wie sehr der Begriff des Naturschönen in sich geschichtlich sich verändert, zeigt am eindringlichsten sich daran, daß, wohl erst im Lauf des neunzehnten Jahrhunderts, ein Bereich sich ihm eingegliedert hat, der als einer von Artefakten primär für ihm entgegengesetzt gehalten werden muß, der der Kulturlandschaft. Geschichtliche Gebilde, oftmals in Relation zu ihrer geographischen Umgebung, etwa auch ihr durch das verwandte Steinmaterial ähnlich, werden als schön empfunden. In ihnen steht nicht, wie in der Kunst, ein Formgesetz zentral, sie sind selten geplant, obwohl ihre Ordnung um den Kern von Kirche oder Marktplatz im Effekt zuweilen auf etwas dergleichen herausläuft, wie denn überhaupt ökonomisch-materielle Bedingungen zuzeiten Kunstformen aus sich entlassen. Gewiß besitzen sie nicht den Charakter der Unberührbarkeit, der von der gängigen Ansicht mit dem Naturschönen assoziiert wird. Den Kulturlandschaften hat die Geschichte als ihr Ausdruck, historische Kontinuität als Form sich eingeprägt und integriert sie dynamisch, wie es sonst bei Kunstwerken der Fall zu sein pflegt. Die Entdeckung dieser ästhetischen Schicht und ihre Appropriation durch kollektives Sensorium datiert auf die Romantik, vermutlich zunächst den Kultus der Ruine, zurück. Mit dem Verfall der Romantik ist das Zwischenreich Kulturlandschaft verkommen bis hinab zum Reklameartikel für Orgeltagungen und neue Geborgenheit; der vorwaltende Urbanismus saugt als ideologisches Komplement auf, was dem städtischen Wesen willfahrt und doch die Stigmata der Marktgesellschaft nicht auf der Stirn trägt. Ist aber deswegen der Freude an jedem alten Mäuerchen, an jeder mittelalterlichen Häuserfamilie schlechtes Gewissen beigemischt, so überdauert sie gleichwohl die Einsicht, die sie verdächtig macht. Solange der utilitaristisch verkrüppelte Fortschritt der Oberfläche der Erde Gewalt antut, läßt die Wahrnehmung trotz aller Beweise des Gegenteils nicht vollends sich ausreden, was diesseits des Trends liege und vor ihm, sei in seiner Zurückgebliebenheit humaner und besser. Rationalisierung ist noch nicht rational, die Universalität der Vermittlung nicht umgeschlagen in lebendiges Leben; das verleiht den Spuren alter, wie immer auch fragwürdiger und überholter Unmittelbarkeit ein Moment korrektiven Rechtes. Die Sehnsucht, die an ihnen sich stillt, von ihnen betrogen wird und durch falsche Erfüllung selber zu einem Bösen, legitimiert sich doch an der Versagung, die vom Bestehenden permanent verübt wird. Ihre tiefste Resistenzkraft aber dürfte die Kulturlandschaft dadurch erlangen, daß der Ausdruck von Geschichte, der ästhetisch an ihr ergreift, gebeizt ist von vergangenem realen Leiden. Die Figur des Beschränkten beglückt, weil der Zwang des Beschränkenden nicht vergessen werden darf; seine Bilder sind ein Memento. Beseelt klagt aus der Kulturlandschaft, die dort bereits der Ruine ähnelt, wo die Häuser noch stehen, was seitdem zur klaglosen Klage verstummte. Ist heute das ästhetische Verhältnis zu jeglicher Vergangenheit vergiftet durch die reaktionäre Tendenz, mit der jenes Verhältnis paktiert, so taugt ein punktuelles ästhetisches Bewußtsein nicht mehr, das die Dimension des Vergangenen als Abfall wegfegt. Ohne geschichtliches Eingedenken wäre kein Schönes. Einer befreiten, zumal aller Nationalismen ledigen Menschheit vermöchte mit der Vergangenheit auch die Kulturlandschaft unschuldig zuteil zu werden. Was an Natur als ein der Geschichte Entrücktes und Ungebändigtes erscheint, gehört polemisch einer geschichtlichen Phase an, in der das gesellschaftliche Gespinst so dicht gewoben ward, daß die Lebendigen den Erstickungstod fürchten. In Zeitläuften, in denen Natur den Menschen übermächtig gegenübertritt, ist fürs Naturschöne kein Raum; agrarische Berufe, denen die erscheinende Natur unmittelbar Aktionsobjekt ist, haben, wie man weiß, wenig Gefühl für die Landschaft. Das vorgeblich geschichtslos Naturschöne hat seinen geschichtlichen Kern; das legitimiert es ebenso, wie es seinen Begriff relativiert. Wo Natur real nicht beherrscht war, schreckte das Bild ihres Unbeherrschtseins. Daher die längst befremdende Vorliebe für symmetrische Ordnungen der Natur. Sentimentalische Naturerfahrung hat sich am Unregelmäßigen, Unschematischen erfreut, in Sympathie mit dem Geist des Nominalismus. Leicht jedoch täuscht der zivilisatorische Fortschritt die Menschen darüber, wie ungeschützt sie stets noch sind. Das Glück an der Natur war verflochten mit der Konzeption des Subjekts als eines Fürsichseienden und virtuell in sich Unendlichen; so projiziert es sich auf die Natur und fühlt als Abgespaltenes ihr sich nahe; seine Ohnmacht in der zur zweiten Natur versteinerten Gesellschaft wird zum Motor der Flucht in die vermeintlich erste. Bei Kant begann die Angst vor der Naturgewalt anachronistisch zu werden durchs Freiheitsbewußtsein des Subjekts; es ist dessen Angst vor der perennierenden Unfreiheit gewichen. Beides wird in der Erfahrung des Naturschönen kontaminiert. Je weniger sie sich ungetrübt vertrauen kann, desto mehr wird Kunst zu ihrer Bedingung. Verlaines »la mer est plus belle que les cathédrales« kündet von einer höchst zivilisatorischen Phase und bereitet – wie allemal, sobald Natur erhellend auf das von Menschen Gemachte bezogen wird, das ihre Erfahrung nicht Wort haben will – heilsamen Schrecken.

Wie verklammert das Naturschöne mit dem Kunstschönen ist, erweist sich an der Erfahrung, die jenem gilt. Sie bezieht sich auf Natur einzig als Erscheinung, nie als Stoff von Arbeit und Reproduktion des Lebens, geschweige denn als das Substrat von Wissenschaft. Wie die Kunsterfahrung ist die ästhetische von der Natur eine von Bildern. Natur als erscheinendes Schönes wird nicht als Aktionsobjekt wahrgenommen. Die Lossage von den Zwecken der Selbsterhaltung, emphatisch in der Kunst, ist gleichermaßen in der ästhetischen Naturerfahrung vollzogen. Insofern ist die Differenz zwischen dieser und der künstlerischen nicht gar so beträchtlich. Die Vermittlung ist dem Verhältnis der Kunst zur Natur nicht weniger zu entnehmen als dem umgekehrten. Kunst ist nicht, wie der Idealismus glauben machen wollte, Natur, aber will einlösen, was Natur verspricht. Fähig ist sie dazu nur, indem sie jenes Versprechen bricht, in der Zurücknahme auf sich selbst. Soviel ist wahr am Hegelschen Theorem, Kunst sei durch ein Negatives, die Bedürftigkeit des Naturschönen inspiriert; in Wahrheit dadurch, daß Natur, solange sie einzig durch ihre Antithese zur Gesellschaft definiert wird, noch gar nicht ist, als was sie erscheint. Was Natur vergebens möchte, vollbringen die Kunstwerke: sie schlagen die Augen auf. Die erscheinende Natur selber gewährt, sobald sie nicht als Aktionsobjekt dient, den Ausdruck von Schwermut oder Frieden oder von was immer. Kunst vertritt Natur durch ihre Abschaffung in effigie; alle naturalistische ist der Natur nur trügend nahe, weil sie, analog zur Industrie, sie zum Rohstoff relegiert. Der Widerstand des Subjekts gegen die empirische Realität im autonomen Werk ist auch einer gegen die unmittelbar erscheinende Natur. Denn was an dieser aufgeht, koinzidiert so wenig mit der empirischen Realität wie, nach Kants großartig widerspruchsvoller Konzeption, die Dinge an sich mit der Welt der ›Phänomene‹, der kategorial konstituierten Gegenstände. Der geschichtliche Fortschritt der Kunst hat am Naturschönen gezehrt, so wie es in frühbürgerlichen Zeiten aus jener Bewegung entsprang; etwas davon mag in der Hegelschen Geringschätzung des Naturschönen verzerrt antezipiert sein. Ästhetisch gewordene Rationalität, die immanente Disposition über Materialien, die sich ihr zum Gebilde fügen, resultiert in einem dem Naturmoment am ästhetischen Verhalten Ähnlichen. Quasi rationale Tendenzen der Kunst wie der kritische Verzicht auf Topoi, die Durchbildung der einzelnen Gebilde in sich bis zum Äußersten, Produkte der Subjektivierung nähern die Gebilde an sich, keineswegs durch Imitation, einem vom allherrschenden Subjekt zugehängten Naturhaften an; »Ursprung ist das Ziel«, wenn irgend, dann für die Kunst. Daß die Erfahrung des Naturschönen, zumindest ihrem subjektiven Bewußtsein nach, diesseits der Naturbeherrschung sich hält, als wäre sie zum Ursprung unmittelbar, umschreibt ihre Stärke und ihre Schwäche. Ihre Stärke, weil sie des herrschaftslosen Zustands eingedenkt, der wahrscheinlich nie gewesen ist; ihre Schwäche, weil sie eben dadurch in jenes Amorphe zerfließt, aus dem der Genius sich erhob und jener Idee von Freiheit überhaupt erst zuteil ward, die in einem herrschaftslosen Zustand sich realisierte. Die Anamnesis der Freiheit im Naturschönen führt irre, weil sie Freiheit im älteren Unfreien sich erhofft. Das Naturschöne ist der in die Imagination transponierte, dadurch vielleicht abgegoltene Mythos. Schön gilt allen der Gesang der Vögel; kein Fühlender, in dem etwas von europäischer Tradition überlebt, der nicht vom Laut einer Amsel nach dem Regen gerührt würde. Dennoch lauert im Gesang der Vögel das Schreckliche, weil er kein Gesang ist, sondern dem Bann gehorcht, der sie befängt. Der Schrecken erscheint noch in der Drohung der Vogelzüge, denen die alte Wahrsagerei anzusehen ist, allemal die von Unheil. Die Vieldeutigkeit des Naturschönen hat inhaltlich ihre Genese in der der Mythen. Deshalb vermag der Genius, einmal zu sich aufgewacht, am Naturschönen nicht länger sich zu befriedigen. In ihrem ansteigenden Prosacharakter entwindet Kunst vollends sich dem Mythos und damit dem Bann der Natur, der doch wiederum in deren subjektiver Beherrschung sich fortsetzt. Erst was der Natur als Schicksal entronnen wäre, hülfe zu ihrer Restitution. Je mehr Kunst als Objekt des Subjekts durchgebildet und dessen bloßen Intentionen entäußert wird, desto artikulierter spricht sie nach dem Modell einer nicht begrifflichen, nicht dingfest signifikativen Sprache; es wäre die gleiche, die in dem verzeichnet ist, was dem sentimentalischen Zeitalter mit einer verschlissenen und schönen Metapher Buch der Natur hieß. Auf der Bahn ihrer Rationalität und durch diese hindurch wird die Menschheit in Kunst dessen inne, was Rationalität vergißt und woran deren zweite Reflexion mahnt. Fluchtpunkt dieser Entwicklung, freilich nur eines Aspekts der neuen Kunst, ist die Erkenntnis, daß Natur, als ein Schönes, nicht sich abbilden läßt. Denn das Naturschöne als Erscheinendes ist selber Bild. Seine Abbildung hat ein Tautologisches, das, indem es das Erscheinende vergegenständlicht, zugleich es wegschafft. Die keineswegs esoterische Reaktion, welche die lila Heide und gar das gemalte Matterhorn als Kitsch empfindet, reicht weit über derlei exponierte Sujets hinaus: innerviert wird darin die Unabbildbarkeit des Naturschönen schlechthin. Das Unbehagen daran aktualisiert sich an Extremen, damit die geschmackvolle Zone von Naturimitation desto unbehelligter bleibe. Der grüne Wald deutscher Impressionisten hat keine höhere Dignität als der Königssee der Hotelbildmaler, und die französischen spürten genau, warum sie so selten reine Natur als Sujet wählten, warum sie, wenn nicht einem so Künstlichen wie Balletteusen und Rennreitern oder der erstorbenen Natur von Sisleys Winter zugekehrt, ihre Landschaften mit zivilisatorischen Emblemen durchsetzten, die zur konstruktiven Skelettierung der Form beitrugen, etwa bei Pissarro. Wie weit das sich verdichtende Tabu über dem Abbild von Natur deren Bild in Mitleidenschaft zieht, ist schwer absehbar. Die Einsicht Prousts, es habe durch Renoir die Wahrnehmung der Natur selbst sich verändert, spendet nicht nur den Trost, den der Dichter aus dem Impressionismus sog, sondern impliziert auch Grauen: daß die Verdinglichung der Beziehungen zwischen Menschen jegliche Erfahrung anstecke und buchstäblich zum Absoluten werde. Das schönste Mädchengesicht wird häßlich durch penetrante Ähnlichkeit mit dem Filmstar, nach dem es am Ende wirklich präfabriziert ist: noch wo die Erfahrung eines Natürlichen als eines ungeschmälert Individuierten sich gibt, wie wenn sie vor der Verwaltung geschützt wäre, betrügt sie tendenziell. Das Naturschöne geht im Zeitalter seines totalen Vermitteltseins in seine Fratze über; nicht zuletzt bewegt die Ehrfurcht dazu, vor seiner Betrachtung solange Askese zu üben, wie es mit den Abdrücken der Ware überzogen ist. Naturmalerei war auch in der Vergangenheit authentisch wohl nur als nature morte: wo sie Natur als Chiffre eines Geschichtlichen, wenn nicht der Hinfälligkeit alles Geschichtlichen zu lesen verstand. Das alttestamentarische Bilderverbot hat neben seiner theologischen Seite eine ästhetische. Daß man sich kein Bild, nämlich keines von etwas machen soll, sagt zugleich, kein solches Bild sei möglich. Was an Natur erscheint, das wird durch seine Verdopplung in der Kunst eben jenes Ansichseins beraubt, an dem die Erfahrung von Natur sich sättigt. Treu ist Kunst der erscheinenden Natur einzig, wo sie Landschaft vergegenwärtigt im Ausdruck ihrer eigenen Negativität; Borchardts »Verse bei Betrachtung von Landschafts-Zeichnungen geschrieben«25 haben das unübertrefflich und schockierend ausgesprochen. Scheint Malerei mit Natur glücklich versöhnt, wie etwa bei Corot, hat solche Versöhnung den Index eines Augenblicklichen: verewigter Duft ist paradox.

Das Naturschöne an der erscheinenden Natur unmittelbar ist kompromittiert durch den Rousseauismus des retournons. Wie sehr die Vulgärantithese von Technik und Natur irrt, liegt darin zutage, daß gerade die von menschlicher Pflege ungesänftigte Natur, über die keine Hand fuhr, alpine Moränen und Geröllhalden, den industriellen Abfallhaufen gleichen, vor denen das gesellschaftlich approbierte ästhetische Naturbedürfnis flüchtet. Wie industriell es im anorganischen Weltraum aussieht, wird einmal sich weisen. Der stets noch idyllische Naturbegriff bliebe auch in seiner tellurischen Expansion, dem Abdruck totaler Technik, der Provinzialismus einer winzigen Insel. Technik, die, nach einem letztlich der bürgerlichen Sexualmoral entlehnten Schema, Natur soll geschändet haben, wäre unter veränderten Produktionsverhältnissen ebenso fähig, ihr beizustehen und auf der armen Erde ihr zu dem zu helfen, wohin sie vielleicht möchte. Bewußtsein ist der Erfahrung von Natur nur dann gewachsen, wenn es, wie die impressionistische Malerei, deren Wundmale in sich einbegreift. Dadurch gerät der fixe Begriff des Naturschönen in Bewegung. Er erweitert sich durch das, was schon nicht mehr Natur ist. Sonst wird diese zum trügenden Phantasma degradiert. Das Verhältnis der erscheinenden Natur zum dinghaft Toten ist ihrer ästhetischen Erfahrung zugänglich. Denn in einer jeglichen von der Natur steckt eigentlich die gesamte Gesellschaft. Nicht nur stellt sie die Schemata der Perzeption bei, sondern stiftet vorweg durch Kontrast und Ähnlichkeit, was jeweils Natur heißt. Naturerfahrung wird mitkonstituiert durchs Vermögen bestimmter Negation. Mit der Ausbreitung der Technik, mehr noch in Wahrheit der Totalität des Tauschprinzips wird das Naturschöne zunehmend zu dessen kontrastierender Funktion und dem befochtenen verdinglichten Wesen integriert. Der Begriff des Naturschönen, einmal gegen Zopf und Taxusgang des Absolutismus gemünzt, hat seine Kraft eingebüßt, weil seit der bürgerlichen Emanzipation im Zeichen der angeblich natürlichen Menschenrechte die Erfahrungswelt weniger nicht sondern mehr verdinglicht war als das dix-huitième. Die unmittelbare Naturerfahrung, ihrer kritischen Spitze ledig und dem Tauschverhältnis – das Wort Fremdenindustrie steht dafür ein – subsumiert, wurde unverbindlich neutral und apologetisch: Natur zum Naturschutzpark und zum Alibi. Ideologie ist das Naturschöne als Subreption von Unmittelbarkeit durchs Vermittelte. Sogar angemessene Erfahrung des Naturschönen fügt sich der komplementären Ideologie des Unbewußten. Wird nach bürgerlicher Sitte Menschen als Verdienst angerechnet, daß sie soviel Sinn für Natur hätten – meist ist er ihnen bereits zur moralisch-narzißtischen Befriedigung geworden: wie gut müsse man sein, um so dankbar sich freuen zu können –, so ist kein Halten mehr bis zum Sinn für alles Schöne aus den Heiratsannoncen, als den Zeugnissen armselig geschrumpfter Erfahrung. Sie deformiert das Innerste der Naturerfahrung. Schwerlich ist etwas von ihr im organisierten Tourismus übrig. Natur zu fühlen, ihre Stille zumal, wurde zum seltenen Privileg und es wiederum kommerziell verwertbar. Damit jedoch ist die Kategorie des Naturschönen nicht einfach verurteilt. Die Abneigung, von ihr zu reden, ist dort am stärksten, wo Liebe zu ihr überlebt. Das Wort ›wie schön‹ in einer Landschaft verletzt deren stumme Sprache und mindert ihre Schönheit; erscheinende Natur will Schweigen, während es jenen, der ihrer Erfahrung fähig ist, zum Wort drängt, das von der monadologischen Gefangenschaft für Augenblicke befreit. Das Bild von Natur überlebt, weil seine vollkommene Negation im Artefakt, welche dies Bild errettet, notwendig gegen das sich verblendet, was jenseits der bürgerlichen Gesellschaft, ihrer Arbeit und ihrer Waren wäre. Das Naturschöne bleibt Allegorie dieses Jenseitigen trotz seiner Vermittlung durch die gesellschaftliche Immanenz. Wird aber diese Allegorie als der erreichte Stand von Versöhnung unterschoben, so erniedrigt sie sich zum Behelfsmittel, den unversöhnten zu verschleiern und zu rechtfertigen, in dem doch solche Schönheit möglich sei.

Jenes ›O wie schön‹, das nach einem Vers Hebbels »die Feier der Natur«26 stört, ist der gespannten Konzentration im Angesicht von Kunstwerken gemäß, nicht der Natur. Mehr weiß von deren Schönheit bewußtlose Wahrnehmung. In ihrer Kontinuität geht sie, plötzlich zuweilen, auf. Je intensiver man Natur betrachtet, desto weniger wird man ihrer Schönheit inne, wenn sie einem nicht schon unwillkürlich zuteil ward. Vergeblich ist meist der absichtsvolle Besuch berühmter Aussichtspunkte, der Prominenzen des Naturschönen. Dem Beredten der Natur schadet die Vergegenständlichung, die aufmerksame Betrachtung bewirkt, und am Ende gilt etwas davon auch für die Kunstwerke, die nur im temps durée ganz wahrnehmbar sind, dessen Konzeption bei Bergson wohl von der künstlerischen Erfahrung sich herleitet. Kann man aber Natur gleichsam nur blind sehen, so sind bewußtlose Wahrnehmung und Erinnerung, ästhetisch unabdingbar, zugleich archaische Rudimente, unvereinbar mit steigender rationaler Mündigkeit. Pure Unmittelbarkeit reicht zur ästhetischen Erfahrung nicht aus. Sie bedarf neben dem Unwillkürlichen auch Willkür, Konzentration des Bewußtseins; der Widerspruch ist nicht fortzuschaffen. Konsequent fortschreitend erschließt alles Schöne sich der Analyse, die es wiederum der Unwillkürlichkeit zubringt, und die vergebens wäre, wohnte ihr nicht versteckt das Moment des Unwillkürlichen inne. Angesichts des Schönen stellt analytische Reflexion den temps durée durch seine Antithese wieder her. Analyse terminiert in einem Schönen, so wie es der vollkommenen und selbstvergessenen bewußtlosen Wahrnehmung erscheinen müßte. Damit beschreibt sie subjektiv noch einmal die Bahn, welche objektiv das Kunstwerk in sich beschreibt: adäquate Erkenntnis von Ästhetischem ist der spontane Vollzug der objektiven Prozesse, die vermöge seiner Spannungen darin sich zutragen. Genetisch dürfte ästhetisches Verhalten der Vertrautheit mit dem Naturschönen in der Kindheit bedürfen, von dessen ideologischem Aspekt es sich abkehrt, um es in die Beziehung zu den Artefakten hinüberzuretten.

Als der Gegensatz von Unmittelbarkeit und Konvention sich schärfte und der Horizont ästhetischer Erfahrung dem sich öffnete, was bei Kant erhaben heißt, traten als schön Naturphänomene ins Bewußtsein, die grandios überwältigten. Diese Verhaltensweise war historisch ephemer. So hat der polemische Genius in Karl Kraus, vielleicht in Übereinstimmung mit dem modern style etwa Peter Altenbergs, dem Kultus großartiger Landschaft sich verweigert, offenbar kein Glück am Hochgebirge empfunden, wie es ungeschmälert wohl nur dem Hochtouristen zuteil wird, dem der Kulturkritiker mit Grund mißtraute. Solche Skepsis gegen große Natur entspringt evident im künstlerischen Sensorium. Bei fortschreitender Differenzierung macht es sich spröde gegen die bei der idealistischen Philosophie vorwaltende Gleichsetzung großer Entwürfe und Kategorien mit dem Gehalt der Werke. Beides zu verwechseln wurde unterdessen zum Index amusischen Verhaltens. Auch die abstrakte Größe der Natur, die Kant noch bewunderte und dem Sittengesetz verglich, wird als Reflex des bürgerlichen Größenwahns, des Sinns für Rekord, der Quantifizierung, auch des bürgerlichen Heroenkults durchschaut. Darüber entgleitet, daß jenes Moment in der Natur dem Betrachter auch ein ganz Verschiedenes zuwendet, etwas, woran menschliche Herrschaft ihre Grenze hat und was an die Ohnmacht des allmenschlichen Getriebes erinnert. So mochte noch Nietzsche in Sils Maria sich empfinden, »zweitausend Meter über dem Meer, geschweige über den Menschen«. Derlei Fluktuationen in der Erfahrung des Naturschönen verwehren jeglichen Apriorismus der Theorie so durchaus wie die Kunst. Wer das Naturschöne im invarianten Begriff fixieren wollte, geriete in Lächerlichkeit wie Husserl, wo er berichtet, daß er ambulando das frische Grün des Rasens wahrnimmt. Wer vom Naturschönen redet, begibt sich an den Rand der Afterpoesie. Einzig der Pedant vermißt sich, in der Natur Schönes und Häßliches zu unterscheiden, aber ohne alle solche Unterscheidung würde der Begriff des Naturschönen leer. Weder Kategorien wie die der formalen Größe – der die mikrologische Wahrnehmung von Schönem in der Natur, wohl die authentischeste, widerspricht – noch etwa, wie die ältere Ästhetik es sich vorstellte, mathematische Symmetrieverhältnisse liefern Kriterien des Naturschönen. Nach dem Kanon allgemeiner Begriffe ist es aber darum unbestimmbar, weil sein eigener Begriff seine Substanz hat in dem der Allgemeinbegrifflichkeit sich Entziehenden. Seine wesentliche Unbestimmtheit manifestiert sich darin, daß jegliches Stück Natur, wie alles von Menschen Gemachte, das zu Natur geronnen ist, schön zu werden vermag, von innen her leuchtend. Solcher Ausdruck hat mit formalen Proportionen wenig oder nichts zu tun. Zugleich jedoch bietet jedes einzelne als schön erfahrene Objekt der Natur so sich dar, als wäre es das allein Schöne auf der ganzen Erde; das erbt sich fort an jedes Kunstwerk. Während zwischen Schönem und nicht Schönem in der Natur nicht kategorisch zu unterscheiden ist, wird doch das Bewußtsein, das in ein Schönes liebend sich versenkt, zur Unterscheidung gedrängt. Ein qualitativ Unterscheidendes am Schönen der Natur ist, wenn irgendwo, zu suchen in dem Grad, in dem ein nicht von Menschen Gemachtes spricht, ihrem Ausdruck. Schön ist an der Natur, was als mehr erscheint, denn was es buchstäblich an Ort und Stelle ist. Ohne Rezeptivität wäre kein solcher objektiver Ausdruck, aber er reduziert sich nicht aufs Subjekt; das Naturschöne deutet auf den Vorrang des Objekts in der subjektiven Erfahrung. Wahrgenommen wird es ebenso als zwingend Verbindliches wie als Unverständliches, das seine Auflösung fragend erwartet. Weniges vom Naturschönen hat auf die Kunstwerke so vollkommen sich übertragen wie dieser Doppelcharakter. Unter seinem Aspekt ist Kunst, anstatt Nachahmung der Natur, Nachahmung des Naturschönen. Es wächst an mit der allegorischen Intention, die es bekundet, ohne sie zu entschlüsseln; mit Bedeutungen, die nicht, wie in der meinenden Sprache, sich vergegenständlichen. Sie dürften durchweg geschichtlichen Wesens sein wie der Hölderlinsche »Winkel von Hardt«27. Eine Baumgruppe löst dort als schön – schöner als andere – sich ab, wo sie wie immer auch vag Mal eines vergangenen Vorgangs dünkt; ein Fels, der für eine Sekunde dem Blick zu einem vorweltlichen Tier wird, während dem nächsten die Ähnlichkeit wieder entgleitet. Eine Dimension der romantischen Erfahrung, die jenseits von romantischer Philosophie und Gesinnung sich behauptet, hat dort ihre Stätte. Im Naturschönen spielen, musikähnlich und kaleidoskopisch wechselnd, naturhafte und geschichtliche Elemente ineinander. Eines kann fürs andere eintreten, und in der Fluktuation, nicht in der Eindeutigkeit der Beziehungen lebt das Naturschöne. Es ist Schauspiel, wie Wolken Shakespearesche Dramen vorführen, oder beleuchtete Wolkenränder Blitze dem Schein nach zur Dauer verhalten. Bildet Kunst nicht die Wolken ab, so versuchen die Dramen dafür, die der Wolken aufzuführen; bei Shakespeare wird das in einer Szene Hamlets mit den Höflingen gestreift. Naturschönes ist sistierte Geschichte, innehaltendes Werden. Wann immer man Kunstwerken mit Recht Naturgefühl zubilligt, sprechen sie darauf an. Nur ist jenes Gefühl, bei aller Verwandtschaft mit der Allegorese, flüchtig bis zum déjà vu und ist wohl als ephemeres am triftigsten.

Humboldt nimmt auch darin eine Position zwischen Kant und Hegel ein, daß er am Naturschönen festhält, aber es gegenüber dem Kantischen Formalismus zu konkretisieren trachtet. So wird in der Schrift über die Vasken, die zu Unrecht von Goethes Italienischer Reise verdunkelt wurde, an Natur Kritik geübt, ohne daß diese, wie nach einhundertfünfzig Jahren zu gewärtigen wäre, durch ihren Ernst lächerlich würde. Einer großartigen Felsenlandschaft wirft Humboldt vor, daß ihr die Bäume mangelten. Der Vers »Die Stadt ist schön gelegen, jedoch der Berg fehlt ihr« spottet über derlei Sprüche; die gleiche Landschaft hätte wohl fünfzig Jahre später entzückt. Indessen bezeugt die Naivetät, die von der außermenschlichen Natur den Gebrauch menschlicher Urteilskraft nicht sich abmarkten läßt, eine Beziehung zu jener, die unvergleichlich viel inniger ist als die allseits befriedigte Bewunderung. Vernunft im Angesicht der Landschaft setzt nicht nur, wie prima facie zu argwöhnen ist, einen rationalistisch-harmonistischen Zeitgeschmack voraus, der noch das Außermenschliche als auf den Menschen Abgestimmtes supponiert. Darüber hinaus ist sie lebendig von einer Naturphilosophie durchtränkt, die Natur als ein an sich Sinnvolles interpretiert, so wie Goethe mit Schelling es teilte. Wie diese Konzeption ist die Erfahrung von Natur unwiederbringlich, die jene beseelt. Aber Kritik an der Natur ist nicht nur Hybris des zum Absoluten sich aufspreizenden Geistes. Sie hat einigen Halt am Gegenstand. So wahr es ist, daß ein jegliches in der Natur als schön kann aufgefaßt werden, so wahr das Urteil, die Landschaft der Toscana sei schöner als die Umgebung von Gelsenkirchen. Wohl ging das Verblassen des Naturschönen zusammen mit dem Verfall der Naturphilosophie. Diese jedoch starb nicht nur als geistesgeschichtliches Ingrediens; die Erfahrung, welche sie und das Glück an der Natur gleichermaßen trug, hat eingreifend sich verändert. Mit dem Naturschönen geht es ähnlich wie mit Bildung: es wird ausgehöhlt durch die unabweisliche Konsequenz seiner Erweiterung. Die Naturschilderungen Humboldts halten jedem Vergleich stand; die des wild bewegten Biscaischen Meeres okkupieren die Mitte zwischen Kants mächtigsten Sätzen über das Erhabene und der Poeschen Darstellung des Maelstroms; aber sie sind unwiederholbar an ihren geschichtlichen Augenblick gekettet. Das Urteil Solgers und Hegels, die aus der heraufdämmernden Unbestimmtheit des Naturschönen dessen Inferiorität folgerten, ging fehl. Goethe mochte noch unterscheiden zwischen Objekten, die der Malerei würdig wären und solchen, die es nicht sind; das verleitete ihn dazu, Motivjagd und eine Vedutenmalerei zu verherrlichen, die selbst dem geläuterten Geschmack der Herausgeber der Jubiläumsausgabe nicht mehr behagten. Die klassifizierende Enge der Goetheschen Urteile über Natur jedoch ist durch Konkretion dem gebildet nivellierten Spruch, alles sei gleich schön, immer noch überlegen. Freilich hat unterm Zwang der malerischen Entwicklung die Bestimmung des Naturschönen sich umgedreht. Billig geistreich hat man gar zu häufig bemerkt, durch die Kitschbilder seien die Sonnenuntergänge selbst angekränkelt. Schuld am Unstern über der Theorie des Naturschönen ist weder die korrigierbare Schwäche der Reflexionen darüber noch die Armut des Gesuchten. Vielmehr wird es bestimmt von seiner Unbestimmtheit, einer des Objekts nicht weniger als des Begriffs. Als Unbestimmtes, antithetisch zu den Bestimmungen, ist das Naturschöne unbestimmbar, darin der Musik verwandt, die aus solcher ungegenständlichen Ähnlichkeit mit Natur in Schubert die tiefsten Wirkungen zog. Wie in Musik blitzt, was schön ist, an der Natur auf, um sogleich zu verschwinden vor dem Versuch, es dingfest zu machen. Kunst ahmt nicht Natur nach, auch nicht einzelnes Naturschönes, doch das Naturschöne an sich. Das nennt, über die Aporie des Naturschönen hinaus, die von Ästhetik insgesamt. Ihr Gegenstand bestimmt sich als unbestimmbar, negativ. Deshalb bedarf Kunst der Philosophie, die sie interpretiert, um zu sagen, was sie nicht sagen kann, während es doch nur von Kunst gesagt werden kann, indem sie es nicht sagt. Die Paradoxien der Ästhetik sind ihr vom Gegenstand diktiert: »Das Schöne erfordert vielleicht die sklavische Nachahmung dessen, was in den Dingen unbestimmbar ist.«28 Ist es barbarisch, von irgend etwas in der Natur zu sagen, es sei schöner als ein anderes, so trägt gleichwohl der Begriff des Schönen in der Natur als eines Unterscheidbaren solche Barbarei teleologisch in sich, während doch das Urbild des Banausen bleibt, wer gegen das Schöne in der Natur blind ist. Grund dessen ist das Enigmatische ihrer Sprache. Solche Insuffizienz des Naturschönen mag tatsächlich, der Hegelschen Stufenlehre gemäß, als Motivation emphatischer Kunst mitgespielt haben. Denn in Kunst wird das Entgleitende objektiviert und zur Dauer zitiert: insofern ist sie Begriff, nur nicht wie in der diskursiven Logik. Die Schwäche des Gedankens angesichts des Naturschönen, als eine des Subjekts, und dessen objektive Stärke verlangen, daß sein Enigmatisches in der Kunst sich reflektiere und dadurch, wenngleich abermals nicht als ein an sich Begriffliches, dem Begriff sich bestimme. »Wandrers Nachtlied« ist unvergleichlich, weil darin nicht so sehr das Subjekt redet – eher möchte es, wie in jedem authentischen Gebilde, durch dieses hindurch darin verstummen –, sondern weil es durch seine Sprache das Unsagbare der Sprache von Natur imitiert. Nichts anderes dürfte die Norm meinen, im Gedicht sollten Form und Inhalt koinzidieren, wofern sie mehr sein soll als die Phrase der Indifferenz.

Das Naturschöne ist die Spur des Nichtidentischen an den Dingen im Bann universaler Identität. Solange er waltet, ist kein Nichtidentisches positiv da. Daher bleibt das Naturschöne so versprengt und ungewiß wie das, was von ihm versprochen wird, alles Innermenschliche überflügelt. Der Schmerz im Angesicht des Schönen, nirgends leibhafter als in der Erfahrung von Natur, ist ebenso die Sehnsucht nach dem, was es verheißt, ohne daß es darin sich entschleierte, wie das Leiden an der Unzulänglichkeit der Erscheinung, die es versagt, indem sie ihm gleichen möchte. Das setzt im Verhältnis zu den Kunstwerken sich fort. Der Betrachter unterschreibt, unwillentlich und ohne Bewußtsein, einen Vertrag mit dem Werk, ihm sich zu fügen, damit es spreche. In der angelobten Rezeptivität lebt das Ausatmen in der Natur nach, das reine sich Überlassen. Das Naturschöne teilt die Schwäche aller Verheißung mit deren Unauslöschlichkeit. Mögen immer die Worte von der Natur abprallen, ihre Sprache verraten an die, von welcher jene qualitativ sich scheidet – keine Kritik der Naturteleologie kann fortschaffen, daß südliche Länder wolkenlose Tage kennen, die sind, als ob sie darauf warteten, wahrgenommen zu werden. Indem sie so strahlend unverstört zum Ende sich neigen, wie sie begannen, geht von ihnen aus, nicht sei alles verloren, alles könne gut werden: »Tod, sitz aufs Bett, und Herzen, horcht hinaus: / Ein alter Mann zeigt in den schwachen Schein /Unterm Rand des ersten Blaus: / Für Gott, den Ungebornen, stehe / Ich euch ein: / Welt, und sei dir noch so wehe, / Es kehrt von Anfang, alles ist noch dein!«29 Das Bild des Ältesten an der Natur ist umschlagend die Chiffre des noch nicht Seienden, Möglichen: als dessen Erscheinung ist sie mehr als Daseiendes; aber schon die Reflexion darauf frevelt fast. Daß Natur so rede, davon läßt sich nicht urteilen, es sei verbürgt, denn ihre Rede ist kein Urteil; ebensowenig jedoch bloß der trügerische Zuspruch, den Sehnsucht sich zurückspiegelt. In der Ungewißheit erbt sich ans Naturschöne die Zweideutigkeit des Mythos fort, während zugleich dessen Echo, der Trost, in der erscheinenden Natur vom Mythos sich entfernt. Wider den Identitätsphilosophen Hegel ist Naturschönheit dicht an der Wahrheit, aber verhüllt sich im Augenblick der nächsten Nähe. Auch das hat Kunst dem Naturschönen abgelernt. Die Grenze gegen den Fetischismus der Natur jedoch, die pantheistische Ausflucht, die nichts als affirmatives Deckbild von endlosem Verhängnis wäre, wird dadurch gezogen, daß Natur, wie sie in ihrem Schönen zart, sterblich sich regt, noch gar nicht ist. Die Scham vorm Naturschönen rührt daher, daß man das noch nicht Seiende verletze, indem man es im Seienden ergreift. Die Würde der Natur ist die eines noch nicht Seienden, das intentionale Vermenschlichung durch seinen Ausdruck von sich weist. Sie ist übergegangen an den hermetischen Charakter der Kunst, ihre von Hölderlin gelehrte Absage an jeglichen Gebrauch, wäre es auch der durchs Einlegen menschlichen Sinnes sublimierte. Denn Kommunikation ist die Anpassung des Geistes an das Nützliche, durch welche er sich unter die Waren einreiht, und was heute Sinn heißt, partizipiert an diesem Unwesen. Das Lückenlose, Gefügte, in sich Ruhende der Kunstwerke ist Nachbild des Schweigens, aus welchem allein Natur redet. Das Schöne an der Natur ist gegen herrschendes Prinzip wie gegen diffuses Auseinander ein Anderes; ihm gliche das Versöhnte.

Hegel geht zum Kunstschönen vom Naturschönen über, das er zunächst konzediert: »Als die sinnlich objective Idee nun ist die Lebendigkeit in der Natur schön, insofern das Wahre, die Idee, in ihrer nächsten Naturform als Leben unmittelbar in einzelner gemäßer Wirklichkeit da ist.«30 Dieser Satz, der vorweg das Naturschöne ärmer macht, als es ist, bietet ein Paradigma von Konsequenz-Ästhetik: er folgt aus der Identifikation des Wirklichen mit dem Vernünftigen, spezifischer: der Bestimmung der Natur als der Idee in ihrer Andersheit. Jene wird von ober her dem Naturschönen gutgeschrieben. Die Schönheit der Natur entfließt aus der Hegelschen Theodizee des Wirklichen: weil die Idee nicht anders soll sein können als wie sie sich realisiert, sei ihre primäre Erscheinung oder ›nächste Naturform‹ ›gemäß‹ und darum schön. Dialektisch wird das sogleich eingeschränkt; der Natur als Geist, wohl in polemischem Gedanken an Schelling, nicht weiter nachgegangen, weil sie der Geist in seiner Andersheit sein soll, nicht unmittelbar auf ihn reduzibel. Unverkennbar der Fortschritt kritischen Bewußtseins darin. Die Hegelsche Bewegung des Begriffs sucht das unmittelbar nicht aussprechbare Wahre in der Benennung des Partikularen, Begrenzten: des Toten und Falschen. Das läßt das Naturschöne, kaum daß es auftrat, verschwinden: »Dieser nur sinnlichen Unmittelbarkeit wegen ist jedoch das lebendige Naturschöne weder schön für sich selber, noch ganz aus sich selbst als schön und der schönen Erscheinung wegen producirt. Die Naturschönheit ist nur schön für Anderes, d.h. für uns, für das die Schönheit auffassende Bewußtseyn.«31 Damit dürfte die Essenz des Naturschönen versäumt sein, die Anamnesis dessen gerade, was nicht nur Für Anderes ist. Solche Kritik am Naturschönen folgt einem Topos der Hegelschen Ästhetik insgesamt, ihrer objektivistischen Wendung wider die Kontingenz subjektiver Empfindung. Eben das Schöne, das als unabhängig vom Subjekt, als schlechterdings nicht Gemachtes sich darstellt, verfällt dem Verdacht des schwächlich Subjektiven; ihm setzt Hegel die Unbestimmtheit am Naturschönen unmittelbar gleich. Überhaupt gebricht der Hegelschen Ästhetik das Organ für alles Sprechende, das nicht signifikativ wäre; auch seiner Sprachtheorie32. Immanent wäre gegen Hegel damit zu argumentieren, daß seine eigene Bestimmung der Natur als des Geistes in seiner Andersheit ihn jener nicht nur kontrastiert, sondern beides auch verbindet, ohne daß dem verbindenden Moment in der Ästhetik, wie in der Naturphilosophie des Systems, weiter nachgefragt würde. Hegels objektiver Idealismus wird in der Ästhetik zur krassen, nahezu unreflektierten Parteinahme für subjektiven Geist. Wahr daran ist, daß das Naturschöne, jähes Versprechen eines Obersten, nicht bei sich bleiben kann, sondern errettet wird erst durch das Bewußtsein hindurch, das ihm sich entgegensetzt. Was Hegel triftig dem Naturschönen entgegenhält, ist seiner Kritik des ästhetischen Formalismus gemäß und damit des spielerisch Hedonistischen, das den emanzipierten bürgerlichen Geist am achtzehnten Jahrhundert abstieß. »Die Form des Naturschönen als abstracte ist einerseits bestimmte und dadurch beschränkte Form, andrerseits enthält sie eine Einheit und abstracte Beziehung auf sich ... Diese Art der Form ist das, was man Regelmäßigkeit, Symmetrie, ferner Gesetzmäßigkeit und endlich Harmonie nennt.«33 Hegel spricht aus Sympathie mit dem Vordringen der Dissonanz, taub dagegen, wie sehr diese im Naturschönen ihre Stätte hat. Mit dieser Intention lief die ästhetische Theorie auf ihrer Hegelschen Höhe der Kunst voraus; erst als neutralisierte Wohlweisheit blieb sie nach ihm hinter jener zurück. Die bloß formalen, ›mathematischen‹ Verhältnisse, die Naturschönes einst begründen sollten, werden dem lebendigen Geist entgegengesetzt; sie trifft das Verdikt des Subalternen und Hausbackenen: die Schönheit der Regelmäßigkeit ist »eine Schönheit abstracter Verständigkeit«34. Verachtung für die rationalistische Ästhetik jedoch trübt Hegels Blick für das, was an Natur deren Begriffsnetz entschlüpft. Buchstäblich kommt der Begriff des Subalternen beim Übergang vom Naturschönen zum Kunstschönen vor: »Dieser wesentliche Mangel [des Naturschönen] nun führt uns auf die Nothwendigkeit des Ideals, das in der Natur nicht zu finden ist und, gegen welches gehalten die Naturschönheit als untergeordnet erscheint.«35 Untergeordnet aber ist das Naturschöne in denen, die es preisen, nicht an sich. Mag die Bestimmtheit von Kunst die der Natur überflügeln, so hat sie doch an deren Ausdruck ihr Urbild und nicht an dem Geist, den Menschen ihr verleihen. Der Begriff des Ideals, eines Gesetzten, wonach Kunst sich zu richten hätte, was ›gereinigt‹ wäre, ist ihr äußerlich. Der idealistische Hochmut gegen das an der Natur, was nicht selber Geist ist, rächt sich an dem, was in Kunst mehr ist als deren subjektiver Geist. Das zeitlose Ideal wird Gips; das Schicksal der Dramatik Hebbels, deren Positionen den Hegelschen nicht gar zu fernlagen, belegt in der Geschichte der deutschen Literatur das vielleicht am einfachsten. Hegel deduziert die Kunst, rationalistisch genug, unter wunderlicher Abstraktion von ihrer realen geschichtlichen Genese, aus der Insuffizienz der Natur: »Die Nothwendigkeit des Kunstschönen leitet sich also aus den Mängeln der unmittelbaren Wirklichkeit her, und die Aufgabe desselben muß dahin festgesetzt werden, daß es den Beruf habe, die Erscheinung der Lebendigkeit und vornehmlich der geistigen Beseelung auch äußerlich in ihrer Freiheit darzustellen, und das Aeußerliche seinem Begriffe gemäß zu machen. Dann erst ist das Wahre aus seiner zeitlichen Umgebung, aus seinem Hinaussichverlaufen in die Reihe der Endlichkeiten herausgehoben, und hat zugleich eine äußere Erscheinung gewonnen, aus welcher nicht mehr die Dürftigkeit der Natur und der Prosa hervorblickt, sondern ein der Wahrheit würdiges

 
Gesammelte Werke
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