Schönberg und der Fortschritt

 

Die reine Einsicht aber ist zunächst ohne Inhalt und vielmehr reines Verschwinden desselben; durch die negative Bewegung gegen das ihr Negative aber wird sie sich realisieren und einen Inhalt geben.

Hegel, Phänomenologie des Geistes

 

Die Veränderungen, die der Musik während der letzten dreißig Jahre widerfuhren, sind bislang kaum ihrer ganzen Tragweite nach gesehen worden. Es handelt sich nicht um die vielberufene Krise; einen chaotischen Gärungszustand, dessen Ende abzusehen wäre und der die Ordnung nach der Unordnung heraufbrächte. Der Gedanke an zukünftige Erneuerung, sei es in großen und runden Kunstwerken, sei es in der seligen Konsonanz von Musik und Gesellschaft, verleugnet bloß was geschah und was sich unterdrücken, aber nicht ungeschehen machen läßt. Musik hat unterm Zwang der eigenen sachlichen Konsequenz die Idee des runden Werkes kritisch aufgelöst und den kollektiven Wirkungszusammenhang durchschnitten. Wohl hat keine Krise, nicht die wirtschaftliche und nicht die der Kultur, in deren Begriff schon der verwaltende Wiederaufbau mitgedacht ist, das offizielle Musikleben zu unterbinden vermocht. Auch in der Musik hat das Monopol der Tüchtigen überlebt. Vorm versprengtesten Klang jedoch, der sich dem Netz der organisierten Kultur und ihrer Konsumenten entzieht, wird solche Kultur als Schwindel offenbar. Daß der Betrieb das andere nicht aufkommen läßt, dafür macht er den Mangel an »Leistung« verantwortlich. Die außerhalb seien Pfadfinder, Bahnbrecher und vor allem tragische Figuren. Die nach ihnen kommen, sollen es besser haben; schalten sie sich gleich, so läßt man sie gelegentlich herein. Aber die draußen sind gar keine Wegbereiter zukünftiger Werke. Sie fordern den Begriff von Leistung und Werk selber heraus. Der Apologet der eigentlich radikalen Musik, der sich etwa auf das berufen wollte, was an Produktion der Schönbergschule schon alles da sei, verleugnete bereits, wofür er einstehen will. Die einzigen Werke heute, die zählen, sind die, welche keine Werke mehr sind. Das läßt sich erkennen am Verhältnis der arrivierten Resultate der Schule zu den Zeugnissen ihrer Frühzeit. Aus dem Monodram »Erwartung«, das die Ewigkeit der Sekunde in vierhundert Takten entfaltet, aus den jäh sich drehenden Bildern der »Glücklichen Hand«, die ein Leben in sich zurücknehmen, ehe es nur in der Zeit sich ansiedeln konnte – daraus ist Bergs große Oper »Wozzeck« geworden. Doch eben eine große Oper. Sie gleicht der »Erwartung« im Detail so gut wie in der Konzeption, als Darstellung von Angst; der »Glücklichen Hand« im unersättlichen Übereinanderlagern harmonischer Komplexe, Allegorie der Vielschichtigkeit des psychologischen Subjekts. Aber es wäre Berg beim Gedanken, er habe im »Wozzeck« erfüllt, was in Schönbergs expressionistischen Stücken als bloße Möglichkeit angelegt war, nicht wohl gewesen. Für seine extensive Fülle und die kontemplative Weisheit der Architektur hat das komponierte Trauerspiel den Preis zu zahlen. Die unvermittelten Aufzeichnungen des expressionistischen Schönberg werden zu neuen Bildern der Affekte vermittelt. Die Sicherheit der Form erweist sich als Medium der Absorption von Schocks. Das Leiden des ohnmächtigen Soldaten in der Maschinerie des Unrechts beruhigt sich zum Stil. Es wird umfangen und beschwichtigt. Die ausbrechende Angst wird musikdrama-fähig, und die Musik, welche die Angst widerspiegelt, findet sich ins Schema der Verklärung resigniert-einverstanden zurück1. »Wozzeck« ist ein Meisterwerk, ein Werk der traditionellen Kunst. Jenes aufgescheuchte Zweiunddreißigstelmotiv, das so sehr an die »Erwartung« mahnt, wird zum Leitmotiv, wiederholbar und wiederholt. Je blanker es damit in den Verlauf sich schickt, um so williger verzichtet es darauf, buchstäblich genommen zu werden: es sedimentiert sich als Ausdrucksträger, die Wiederholung bricht ihm die Spitze ab. Die den »Wozzeck« als eines der ersten bleibenden Ergebnisse der neuen Musik preisen, wissen nicht, wie sehr ihr Lob ein Stück kompromittiert, das an Abgeklärtheit krankt. Mit experimenteller Kühnheit hat Berg vor allen anderen die neuen Mittel über große Zeitstrecken ausprobiert. Unerschöpflich ist der variative Reichtum musikalischer Charaktere, und ihm zeigt die Größe der bauherrlichen Disposition sich ebenbürtig. Im gebärdelosen Mitleid des Tons wacht tapferer Defaitismus. Trotzdem nimmt der »Wozzeck« die eigene Ausgangsposition zurück, gerade in den Momenten, in denen er jene entwickelt. Die Impulse des Werkes, die in seinen musikalischen Atomen leben, rebellieren gegen das Werk, das aus ihnen gerät. Sie dulden kein Resultat. Der Traum von bleibendem künstlerischen Besitz wird nicht bloß durch den bedrohlichen gesellschaftlichen Zustand von außen gestört. Ihm versagt sich die geschichtliche Tendenz der Mittel selber. Die Verfahrungsweise der neuen Musik stellt in Frage, was viele Fortschrittliche von ihr erwarten: in sich ruhende Gebilde, die in den Opern- und Konzertmuseen ein für allemal sich betrachten ließen.

Die Annahme einer geschichtlichen Tendenz der musikalischen Mittel widerspricht der herkömmlichen Auffassung vom Material der Musik. Es wird physikalisch, allenfalls tonpsychologisch definiert, als Inbegriff der je für den Komponisten verfügbaren Klänge. Davon aber ist das kompositorische Material so verschieden wie die Sprache vom Vorrat ihrer Laute. Nicht nur verengt und erweitert es sich mit dem Gang der Geschichte. Alle seine spezifischen Züge sind Male des geschichtlichen Prozesses. Sie führen die historische Notwendigkeit um so vollkommener mit sich, je weniger sie mehr unmittelbar als historische Charaktere lesbar sind. Im Augenblick, da einem Akkord sein historischer Ausdruck nicht mehr sich anhören läßt, verlangt er bündig, daß seinen historischen Implikationen Rechnung trage, was ihn umgibt. Sie sind zu seiner Beschaffenheit geworden. Der Sinn musikalischer Mittel geht nicht in ihrer Genesis auf und ist doch von ihr nicht zu trennen. Die Musik kennt kein Naturrecht, und darum ist alle Musikpsychologie so fragwürdig. Diese setzt, im Bestreben, die Musik aller Zeiten zum invarianten »Verstehen« zu bringen, Konstanz des musikalischen Subjekts voraus. Deren Annahme ist der der Konstanz des Naturmaterials enger verwandt als die psychologische Differenzierung worthaben möchte. Was diese unzulänglich und unverbindlich beschreibt, ist in der Erkenntnis der Bewegungsgesetze des Materials aufzusuchen. Ihnen zufolge ist nicht zu allen Zeiten alles möglich. Wohl ist dem Tonmaterial an sich oder selbst dem durch das System der Temperatur filtrierten keineswegs ontologisches Eigenrecht zuzuschreiben, wie es etwa in der Argumentation jener geschieht, die sei's aus den Obertonverhältnissen, sei's aus der Physiologie des Ohrs ableiten wollen, daß der Dreiklang die notwendige und allgemeingültige Bedingung möglicher Auffassung sei und darum alle Musik an ihn sich binden müsse. Die Argumentation, die auch Hindemith zu eigen sich gemacht hat, ist nichts als ein Überbau für reaktionäre Komponiertendenzen. Sie wird Lügen gestraft von der Beobachtung, daß das entwickelte Gehör die kompliziertesten Obertonverhältnisse harmonisch ebenso präzis aufzufassen vermag wie die einfachen, und dabei keinerlei Drang zur »Auflösung« der vorgeblichen Dissonanzen verspürt, sondern vielmehr gegen Auflösungen als einen Rückfall in primitivere Hörweisen spontan sich auflehnt, ähnlich wie in der Generalbaßära die Quintenfortschreitungen als eine Art archaischer Regression geahndet waren. Die Forderungen, die vom Material ans Subjekt ergehen, rühren vielmehr davon her, daß das »Material« selber sedimentierter Geist, ein gesellschaftlich, durchs Bewußtsein von Menschen hindurch Präformiertes ist. Als ihrer selbst vergessene, vormalige Subjektivität hat solcher objektive Geist des Materials seine eigenen Bewegungsgesetze. Desselben Ursprungs wie der gesellschaftliche Prozeß und stets wieder von dessen Spuren durchsetzt, verläuft, was bloße Selbstbewegung des Materials dünkt, im gleichen Sinne wie die reale Gesellschaft, noch wo beide nichts mehr voneinander wissen und sich gegenseitig befehden. Daher ist die Auseinandersetzung des Komponisten mit dem Material die mit der Gesellschaft, gerade soweit diese ins Werk eingewandert ist und nicht als bloß Äußerliches, Heteronomes, als Konsument oder Opponent der Produktion gegenübersteht. In immanenter Wechselwirkung konstituieren sich die Anweisungen, die das Material an den Komponisten ergehen läßt, und die dieser verändert, indem er sie befolgt. Daß in den Frühzeiten einer Technik deren späte Stufen sich nicht, oder bloß rhapsodisch, vorwegnehmen lassen, versteht sich. Es gilt aber auch das Umgekehrte. Keineswegs stehen dem Komponisten unterschiedslos alle je gebrauchten Tonkombinationen heute zur Verfügung. Die Schäbigkeit und Vernutztheit des verminderten Septimakkords oder gewisser chromatischer Durchgangsnoten in der Salonmusik des neunzehnten Jahrhunderts gewahrt selbst das stumpfere Ohr. Fürs technisch erfahrene setzt solches vage Unbehagen in einen Kanon des Verbotenen sich um. Wenn nicht alles trügt, schließt er heute bereits die Mittel der Tonalität, also die der gesamten traditionellen Musik, aus. Nicht bloß, daß jene Klänge veraltet und unzeitgemäß wären. Sie sind falsch. Sie erfüllen ihre Funktion nicht mehr. Der fortgeschrittenste Stand der technischen Verfahrungsweise zeichnet Aufgaben vor, denen gegenüber die traditionellen Klänge als ohnmächtige Clichés sich erweisen. Es gibt moderne Kompositionen, die in ihren Zusammenhang gelegentlich tonale Klänge einstreuen. Kakophonisch sind solche Dreiklänge und nicht die Dissonanzen. Als deren Stellvertreter mögen sie zuweilen sogar gerechtfertigt sein. Verantwortlich für ihre Falschheit ist aber nicht bloß der unreine Stil. Sondern der technische Horizont, aus dem die tonalen Klänge abscheulich hervorstechen, begreift heute alle Musik in sich. Hält ein Zeitgenosse ganz und gar mit den tonalen Klängen haus, wie Sibelius, so tönen sie ebenso falsch wie als Enklaven in atonalem Gebiet. Das bedarf freilich der Einschränkung. Über die Wahrheit und Falschheit von Akkorden entscheidet nicht deren isoliertes Vorkommen. Sie ist meßbar allein am gesamten Stand der Technik. Der verminderte Septimakkord, der in den Salonpiècen falsch klingt, ist richtig und allen Ausdrucks voll am Beginn von Beethovens Sonate op. 1112. Nicht nur, daß er hier nicht aufgeklatscht ist, daß er aus der konstruktiven Anlage des Satzes hervorgeht. Sondern das technische Gesamtniveau Beethovens, die Spannung zwischen der äußersten ihm möglichen Dissonanz etwa und der Konsonanz; die harmonische Perspektive, die alle melodischen Ereignisse in sich hineinzieht; die dynamische Konzeption der Tonalität als ganzer verleiht dem Akkord sein spezifisches Gewicht. Der historische Prozeß jedoch, durch den er es verloren hat, ist irreversibel3. Als abgestorbener repräsentiert der Akkord selbst in seiner Versprengtheit einen Stand der Technik als ganzer, der dem aktuellen widerspricht. Mag daher auch die Wahrheit oder Falschheit alles musikalisch Einzelnen von solchem totalen Stande der Technik abhängig sein, so wird dieser doch lesbar nur in den bestimmten Konstellationen kompositorischer Aufgaben. Kein Akkord ist »an sich« falsch, schon weil es keine Akkorde an sich gibt, und weil jeder das Ganze, auch die ganze Geschichte in sich trägt. Aber eben darum ist die Erkenntnis des Ohrs, was richtig oder falsch sei, unabdingbar wiederum an diesen einen Akkord gebunden und nicht an die abstrakte Reflexion auf das technische Gesamtniveau. Damit aber wandelt sich zugleich das Bild des Komponisten. Es verliert jene Freiheit im Großen, welche die idealistische Ästhetik dem Künstler zuzusprechen gewohnt ist. Er ist kein Schöpfer. Nicht äußerlich schränken Epoche und Gesellschaft ihn ein, sondern im strengen Anspruch der Richtigkeit, den sein Gebilde an ihn stellt. Der Stand der Technik präsentiert sich in jedem Takt, den er zu denken wagt, als Problem: mit jedem Takt verlangt die Technik als ganze von ihm, daß er ihr gerecht werde und die allein richtige Antwort gebe, die sie in jedem Augenblick zuläßt. Nichts als solche Antworten, nichts als Auflösung technischer Vexierbilder sind die Kompositionen, und der Komponist ist einzig der, der sie zu lesen vermag und seine eigene Musik versteht. Was er tut, liegt im unendlich Kleinen. Es erfüllt sich in der Vollstreckung dessen, was seine Musik objektiv von ihm verlangt. Aber zu solchem Gehorsam bedarf der Komponist allen Ungehorsams, aller Selbständigkeit und Spontaneität. So dialektisch ist die Bewegung des musikalischen Materials.

Sie hat sich aber heute gegen das geschlossene Werk gekehrt und alles, was mit ihm gesetzt ist. Die Krankheit, welche die Idee des Werkes befallen hat, mag von einem gesellschaftlichen Zustand herrühren, der nichts vorgibt, was verbindlich und bestätigt genug wäre, um die Harmonie des selbstgenügsamen Werkes zu garantieren. Die prohibitiven Schwierigkeiten des Werkes jedoch enthüllen sich nicht in der Reflexion darauf, sondern im dunklen Innern des Werks selber. Denkt man ans sinnfälligste Symptom, das Schrumpfen der Ausdehnung in der Zeit, die nur als extensive in der Musik Werke konstituiert, so läßt dafür am letzten individuelle Ohnmacht, Unfähigkeit zur Formbildung sich verantwortlich machen. Keine Werke könnten größere Dichte und Konsistenz der Formgestalt bewähren als Schönbergs und Weberns kürzeste Sätze. Ihre Kürze rührt gerade vom Anspruch der höchsten Konsistenz her. Diese verbietet das Überflüssige. Damit kehrt sie sich gegen die zeitliche Ausbreitung, die der Vorstellung vom musikalischen Werk seit dem achtzehnten Jahrhundert, gewiß seit Beethoven zugrunde liegt. Ein Schlag trifft Werk, Zeit und Schein. Die Kritik am extensiven Schema verschränkt sich mit der inhaltlichen an Phrase und Ideologie. Musik, zum Augenblick geschrumpft, ist wahr als Ausschlag negativer Erfahrung. Sie gilt dem realen Leiden4. In solchem Geist demoliert die neue Musik die Ornamente und damit die symmetrisch-extensiven Werke. Unter den Argumenten, die den unbequemen Schönberg in die Vergangenheit von Romantik und Individualismus abschieben möchten, um mit besserem Gewissen dem Betrieb alter und neuer Kollektive dienen zu können, ist das verbreitetste jenes, welches ihn als »Espressivo-Musiker« und seine Musik als »Übersteigerung« des hinfällig gewordenen Ausdrucksprinzips brandmarkt. Weder braucht man seinen Ursprung im Wagnerischen Espressivo zu leugnen noch die herkömmlichen Espressivo-Elemente seiner früheren Werke zu übersehen. Der blanken Leere zeigten sie sich immer noch gewachsen. Indessen ist das Espressivo Schönbergs seit dem Bruch, zumindest seit den Klavierstücken op. 11 und den Georgeliedern, wenn nicht von Anbeginn, qualitativ verschieden vom romantischen eben durch jene »Übersteigerung«, welche dieses zu Ende denkt. Die abendländische expressive Musik, seit dem Beginn des siebzehnten Jahrhunderts, nahm einen Ausdruck an, den der Komponist seinen Gestalten, und nicht bloß den dramatischen, zuerteilte wie etwa der Dramatiker, ohne daß die ausgedrückten Regungen beanspruchten, im Werk unvermittelt gegenwärtig und wirklich zu sein. Die dramatische Musik, als die wahre musica ficta, bot von Monteverdi bis Verdi den Ausdruck als stilisiert-vermittelten, den Schein der Passionen. Wo sie darüber hinausging und Substantialität jenseits des Scheins ausgedrückter Gefühle beanspruchte, haftete dieser Anspruch kaum an einzelnen musikalischen Regungen, die solche der Seele widerspiegeln sollten. Ihn verbürgte einzig die Formtotalität, welche über die musikalischen Charaktere und ihren Zusammenhang gebot. Ganz anders bei Schönberg. Das eigentlich umstürzende Moment an ihm ist der Funktionswechsel des musikalischen Ausdrucks. Es sind nicht Leidenschaften mehr fingiert, sondern im Medium der Musik unverstellt leibhafte Regungen des Unbewußten, Schocks, Traumata registriert. Sie greifen die Tabus der Form an, weil diese solche Regungen ihrer Zensur unterwerfen, sie rationalisieren und sie in Bilder transponieren. Schönbergs formale Innovationen waren der Änderung des Ausdrucksgehalts verschwistert. Sie dienen dem Durchbruch von dessen Wirklichkeit. Die ersten atonalen Werke sind Protokolle im Sinn von psychoanalytischen Traumprotokollen. Kandinsky hat in der frühesten Buchpublikation über Schönberg dessen Gemälde »Gehirnakte« genannt. Die Narben jener Revolution des Ausdrucks aber sind die Kleckse, die auf den Bildern so gut wie in der Musik als Boten des Es gegen den kompositorischen Willen sich festsetzen, die Oberfläche verstören und von der nachträglichen Korrektur so wenig wegzuwischen sind wie Blutspuren im Märchen5. Das reale Leid hat sie im Kunstwerk zurückgelassen zum Zeichen, daß es dessen Autonomie nicht länger anerkennt. Ihre Heteronomie fordert den selbstgenügsamen Schein der Musik heraus. Der besteht aber darin, daß in aller herkömmlichen Musik vorgegebene und formelhaft sedimentierte Elemente so eingesetzt werden, als ob sie die unverbrüchliche Notwendigkeit dieses einen Falles wären; oder daß dieser so auftritt, als wäre er mit der vorgegebenen Formsprache identisch. Seit dem Beginn des bürgerlichen Zeitalters hat alle große Musik ihr Genügen daran gefunden, diese Einheit als bruchlos geleistete vorzutäuschen und die konventionelle Allgemeingesetzlichkeit, der sie unterworfen ist, aus ihrer eigenen Individuation heraus zu rechtfertigen. Dem widersteht die neue Musik. Die Kritik des Ornaments, die der Konvention und die der abstrakten Allgemeinheit der musikalischen Sprache sind eines Sinns. Wenn Musik vor andern Künsten durch die Absenz des Scheins, dadurch, daß sie kein Bild macht, privilegiert ist, dann hat sie doch durch die unermüdliche Aussöhnung ihrer spezifischen Anliegen mit der Herrschaft der Konventionen am Scheincharakter des bürgerlichen Kunstwerks nach Kräften partizipiert. Ihm hat Schönberg die Gefolgschaft gekündigt, indem er eben jenen Ausdruck ernst nahm, dessen Subsumtion unters versöhnlich Allgemeine das innerste Prinzip des musikalischen Scheins ausmacht. Seine Musik dementiert den Anspruch, Allgemeines und Besonderes seien versöhnt. Wie sehr auch diese Musik gleichsam vegetabilischem Drang ihren Ursprung verdankt, wie sehr auch gerade ihre Unregelmäßigkeit organischen Formen sich anähnelt, nirgends ist sie Totalität. Noch Nietzsche hat in einer gelegentlichen Bemerkung das Wesen des großen Kunstwerks damit bestimmt, daß es in allen seinen Momenten auch anders sein könnte. Diese Bestimmung des Kunstwerks durch seine Freiheit setzt voraus, daß Konventionen verpflichtend gelten. Nur wo solche vorweg und aller Frage enthoben die Totalität garantieren, könnte in der Tat ebensogut alles auch anders sein: weil nichts anders wäre. Die meisten Sätze Mozarts würden dem Komponisten weitgehende Alternativen bieten, ohne etwas einzubüßen. Folgerecht hat Nietzsche zu den ästhetischen Konventionen positiv sich gestellt, und seine ultima ratio war das ironische Spiel mit Formen, deren Substantialität geschwunden ist. Was dem sich nicht beugt, war ihm als plebejisch und protestantisch verdächtig: viel von diesem Geschmack ist in seinem Kampf gegen Wagner. Aber erst mit Schönberg hat die Musik seine Herausforderung angenommen6. Schönbergs Stücke sind die ersten, in welchen in der Tat nichts anders sein kann: sie sind Protokoll und Konstruktion in einem. Nichts ist in ihnen von den Konventionen übriggeblieben, welche die Freiheit des Spiels garantierten. Schönberg steht so polemisch zum Spiel wie zum Schein. Er kehrt sich so scharf gegen den neusachlichen Musikanten und das gleichgerichtete Kollektiv wie gegen das romantische Ornament. Beides hat er formuliert: »Die Musik soll nicht schmücken, sie soll wahr sein« und »Kunst kommt nicht vom Können sondern vom Müssen«7. Mit der Negation von Schein und Spiel tendiert Musik zur Erkenntnis.

Diese gründet aber im Ausdrucksgehalt der Musik selber. Was die radikale Musik erkennt, ist das unverklärte Leid des Menschen. Seine Ohnmacht ist so angewachsen, daß sie Schein und Spiel nicht mehr erlaubt. Die Triebkonflikte, an deren sexueller Genesis Schönbergs Musik keinen Zweifel läßt, haben in der protokollarischen Musik eine Gewalt angenommen, die es ihr verwehrt, sie tröstlich zu besänftigen. Im Ausdruck der Angst, als »Vorgefühle«, bezeugt die Musik aus Schönbergs expressionistischer Phase die Ohnmacht. Das Monodram »Erwartung« hat zur Heldin eine Frau, die nachts ihren Geliebten sucht, allen Schrecken des Dunklen preisgegeben, um ihn schließlich ermordet zu finden. Sie wird der Musik gleichsam als analytische Patientin überantwortet. Das Geständnis von Haß und Begierde, Eifersucht und Verzeihung und darüber hinaus die ganze Symbolik des Unbewußten wird ihr abgedrungen; und die Musik erinnert sich ihres tröstenden Einspruchsrechts erst mit dem Wahnsinn der Heldin. Die seismographische Aufzeichnung traumatischer Schocks wird aber zugleich das technische Formgesetz der Musik. Es verbietet Kontinuität und Entwicklung. Die musikalische Sprache polarisiert sich nach ihren Extremen: nach Schockgesten, Körperzuckungen gleichsam, und dem gläsernen Innehalten dessen, den Angst erstarren macht. Es ist diese Polarisierung, von welcher die gesamte Formwelt des reifen Schönberg, und ebenso Weberns, abhängt. Sie zerstört die von ihrer Schule zuvor ungeahnt gesteigerte musikalische »Vermittlung«, den Unterschied von Thema und Durchführung, die Stetigkeit des harmonischen Flusses, die ungebrochene melodische Linie. Keine von Schönbergs technischen Neuerungen, die nicht auf jene Polarisierung des Ausdrucks zurückzuführen wäre und nicht deren Spur über den Bannkreis der Expression hinaus bewahrte. Man mag daran Einsicht gewinnen in die Verschränkung von Form und Inhalt in aller Musik. Töricht ist es zumal, weitgetriebene technische Artikulation als formalistisch zu verfemen. Alle Formen der Musik, nicht erst die des Expressionismus, sind niedergeschlagene Inhalte. In ihnen überlebt was sonst vergessen ist und unmittelbar nicht mehr zu reden vermag. Was einmal Zuflucht suchte bei der Form, besteht namenlos in deren Dauer. Die Formen der Kunst verzeichnen die Geschichte der Menschheit gerechter als die Dokumente. Keine Verhärtung der Form, die nicht als Negation des harten Lebens sich lesen ließe. Daß aber die Angst des Einsamen zum Kanon der ästhetischen Formensprache wird, verrät etwas vom Geheimnis der Einsamkeit. Der Vorwurf gegen den späten Individualismus der Kunst ist darum so armselig, weil er dessen gesellschaftliches Wesen verkennt. Die »einsame Rede« spricht mehr aus von der gesellschaftlichen Tendenz als die kommunikative. Schönberg ist auf den gesellschaftlichen Charakter der Einsamkeit gestoßen, indem er diese bis ins Extrem festhielt. Musikalisch ist das »Drama mit Musik« »Die Glückliche Hand« vielleicht das Bedeutendste, was ihm gelang: der Traum eines Ganzen, darum nur um so stichhaltiger, weil er niemals als ganze Symphonie sich realisierte. Der Text, wie sehr auch unzulänglicher Notbehelf, ist doch von der Musik nicht loszureißen. Seine groben Verkürzungen sind es, welche der Musik die gedrängte Form diktieren und damit ihre Schlagkraft und Dichte. So ist es denn die Kritik eben dieser Grobheit des Textes, welche ins geschichtliche Zentrum der expressionistischen Musik führt. Subjekt ist der Strindbergisch Einsame, der erotisch die gleichen Versagungen erfährt wie in seiner Arbeit. Schönberg verschmäht es, ihn »sozialpsychologisch« aus der Industriegesellschaft zu erklären. Aber er hat notiert, wie die Subjekte und die industrielle Gesellschaft als perennierender Widerspruch aufeinander sich beziehen und kommunizieren durch Angst. Das dritte Bild des Dramas spielt in einer Werkstatt. Man sieht »einige Arbeiter in realistischen Arbeitskostümen an der Arbeit. Einer feilt, einer sitzt an der Maschine, einer hämmert.« Der Held begibt sich in die Werkstatt. Mit den Worten: »Das kann man einfacher« – der symbolischen Kritik des Überflüssigen – verfertigt er mit einem Zauberschlag aus einem Stück Gold den Schmuck, zu dessen Herstellung die realistischen Arbeiter komplizierter arbeitsteiliger Verfahren bedürfen. »Ehe er zum Schlage ausholt, springen die Arbeiter auf und machen Miene, sich auf ihn zu stürzen. Unterdessen betrachtet er, ohne die Drohung zu bemerken, seine erhobene linke Hand ... Wie der Hammer niederfällt, erstarren die Gesichter der Arbeiter vor Staunen: der Amboß ist in der Mitte geborsten, das Gold in den dadurch entstandenen Spalt gesunken. Der Mann bückt sich und hebt es mit der linken Hand auf. Hebt es langsam hoch empor. Es ist ein Diadem, reich mit Edelsteinen geschmückt.« Der Mann singt – »schlicht, ohne Ergriffenheit« – »so schafft man Schmuck«. »Die Mienen der Arbeiter werden drohend; dann verächtlich; sie reden aufeinander ein und scheinen neuerdings einen Anschlag gegen den Mann zu planen. Der Mann wirft ihnen lachend das Geschmeide zu. Sie wollen sich auf ihn stürzen. Er hat sich umgedreht und sieht sie nicht.« Damit wechselt die Szene. Die objektive Naivetät dieser Vorgänge ist keine andere als die des Mannes, der die Arbeiter »nicht sieht«. Er ist dem realen Produktionsprozeß der Gesellschaft entfremdet und vermag den Zusammenhang von Arbeit und Wirtschaftsform nicht mehr zu erkennen. Ihm erscheint das Phänomen der Arbeit absolut. Daß die Arbeiter im stilisierten Drama realistisch auftreten, entspricht der Angst des von der materiellen Produktion Getrennten vor dieser. Es ist die Angst, erwachen zu müssen, wie sie durchweg den expressionistischen Konflikt von Traumbühne und Realität beherrscht. Weil der Traumbefangene sich zu gut ist, die Arbeiter zu sehen, meint er, die Drohung käme von diesen und nicht von jenem Ganzen, das ihn und die Arbeiter voneinander gerissen hat. Die chaotische Anarchie in den Arbeitsbeziehungen der Menschen, die vom System gestiftet wird, drückt sich in der Verlagerung der Schuld auf die Opfer aus. Noch ihre Drohung ist in Wahrheit nicht ihr Vergehen, sondern ihre Antwort aufs universale Unrecht, das mit jeder neuen Erfindung ihre Existenz bedroht. Der Verblendungszusammenhang, der das Subjekt »nicht sehen« läßt, ist jedoch selber objektiver Art, die Ideologie der Klasse. Insofern bewährt der chaotische Aspekt der »Glücklichen Hand«, der das Unerhellte unerhellt läßt, jene intellektuelle Redlichkeit, die Schönberg gegen Schein und Spiel vertritt. Aber die Wirklichkeit des Chaos ist nicht die ganze Wirklichkeit. In jener erscheint das Gesetz, nach welchem die Tauschgesellschaft blind, über den Köpfen der Menschen sich reproduziert. Es schließt das stete Anwachsen der Macht der Verfügenden über die anderen ein. Chaotisch ist die Welt für die Opfer von Wertgesetz und Konzentration. Nicht aber ist sie chaotisch »an sich«. Dafür hält sie bloß der Einzelne, den ihr Prinzip unerbittlich erdrückt. Die Gewalten, die ihm seine Welt chaotisch machen, nehmen schließlich die Reorganisation des Chaos in die Hand, weil es ihre Welt ist. Das Chaos ist die Funktion des Kosmos, le désordre avant l'ordre. Chaos und System gehören zusammen, in der Gesellschaft wie in der Philosophie. Die inmitten des expressionistischen Chaos konzipierte Wertewelt trägt Züge der heraufziehenden neuen Herrschaft. Der Mann der »Glücklichen Hand« sieht die Geliebte so wenig wie die Arbeiter. Er erhöht sein Mitleid mit sich selber zum geheimen Königreich des Geistes. Er ist ein Führer. Seine Kraft wirkt in der Musik, seine Schwäche im Text. Die Kritik an der Verdinglichung, die er repräsentiert, ist reaktionär gleich der Wagnerischen. Sie wendet sich nicht gegen die gesellschaftlichen Produktionsverhältnisse, sondern gegen die Arbeitsteilung. Schönbergs eigene Praxis krankt an der Verwechslung. Sie ist belastet durch die dichterischen Versuche, mit denen er das höchste Maß spezialisierter Kenntnis in der Musik ergänzt. Auch darin überschlägt sich eine Wagnerische Tendenz. Was im Gesamtkunstwerk noch zusammengehalten wird durch die rationale Organisation des künstlerischen Produktionsprozesses und seine progressive Seite hat, bricht bei Schönberg disparat auseinander. Er bleibt dem Bestehenden treu als Konkurrent. »Das kann man einfacher« als die andern. Der Schönbergische Mann hat »um den Leib einen Strick als Gürtel, an dem zwei Türkenköpfe hängen«, und hält »ein entblößtes blutiges Schwert in der Hand«. So schlecht es ihm in der Welt ergeht, er ist doch der Mann der Gewalt. Das Fabeltier der Angst, das in seinen Nacken sich festbeißt, verhält ihn zum Gehorsam. Der Ohnmächtige findet sich ab mit seiner Ohnmacht und tut das Unrecht, das ihm angetan wird, den andern an. Nichts könnte seine historische Zweideutigkeit genauer treffen als die Regiebemerkung, derzufolge der Schauplatz »ein Mittelding zwischen einer Mechaniker- und einer Goldschmiedewerkstatt darstellt«. Der Held, Prophet der neuen Sachlichkeit, soll als Handwerker den Zauber der alten Produktionsweise erretten. Seine schlichte Geste gegen das Überflüssige taugt eben dazu, ein Diadem herzustellen. Siegfried, sein Vorbild, hatte wenigstens das Schwert geschmiedet. »Musik soll nicht schmücken, sondern wahr sein.« Aber das Kunstwerk hat nur wieder Kunst zum Gegenstand. Es kann dem Zusammenhang der Verblendung nicht ästhetisch entrinnen, dem es gesellschaftlich angehört. Das radikal entfremdete, absolute Kunstwerk bezieht in seiner Blindheit tautologisch sich einzig auf sich selber. Sein symbolisches Zentrum ist die Kunst. So höhlt es sich aus. Schon bemächtigt sich seiner auf der Höhe des Expressionismus die Leere, die in der neuen Sachlichkeit manifest wird. Was er von dieser vorwegnimmt, teilt er zugleich mit Jugendstil und Kunstgewerbe, die ihm vorausgingen. Ihnen ist die »Glückliche Hand« in Momenten wie der Farbensymbolik verpflichtet. Die Rückkehr in den Schein wird dem expressionistischen Protest so leicht, weil er im Schein entsprang, dem der Individualität selber. Er bleibt wider Willen, wozu die Kunst um 1900 offen sich bekannt hatte, Einsamkeit als Stil.

Die »Erwartung« enthält gegen Ende, an einer der exponiertesten Stellen, zu den Worten »tausend Menschen ziehn vorüber«8, ein musikalisches Zitat. Schönberg hat es einem früheren tonalen Lied entnommen, dessen Thema und Kontrapunkt mit größter Kunst in das freizügige Stimmgewebe der »Erwartung« hineingezogen sind, ohne die Atonalität zu durchbrechen. Das Lied heißt »Am Wegrand« und gehört zu der Gruppe op. 6, der durchweg Jugendstilgedichte zugrunde liegen. Die Worte stammen von dem Stirner-Biographen John Henry Mackay. Sie fixieren den Schnittpunkt von Jugendstil und Expressionismus so gut wie die Komposition des Liedes, das, bei Brahmsischem Klaviersatz, die Tonalität durch selbständige chromatische Nebenstufen und kontrapunktische Zusammenstöße erschüttert. Das Gedicht lautet: »Tausend Menschen ziehen vorüber, / den ich ersehne, er ist nicht dabei! / Ruhlos fliegen die Blicke hinüber, / fragen den Eilenden, / ob er es sei ... / Aber sie fragen und fragen vergebens. / Keiner gibt Antwort: ›Hier bin ich. Sei still.‹ / Sehnsucht erfüllt die Bezirke des Lebens, / welche Erfüllung nicht füllen will, / und so steh ich am Wegrand-Strande, / während die Menge vorüberfließt, / bis – erblindet vom Sonnenbrande – / mein ermüdetes Aug' sich schließt.« Darin liegt die Formel des Stils der Einsamkeit. Die Einsamkeit ist eine gemeinsame: die der Städtebewohner, die nichts mehr voneinander wissen. Die Geste des Einsamen wird vergleichbar. So läßt sie sich zitieren: der Expressionist deckt Einsamkeit als Allgemeinheit auf9. Er zitiert auch dort noch, wo nichts zitiert wird: die Stelle »Liebster, Liebster, der Morgen kommt« (»Erwartung«, Takt 389f.) verleugnet nicht das »Lausch« vom zweiten Akt Tristan. Wie in der Wissenschaft stellt das Zitat Autorität vor. Die Angst des Einsamen, der zitiert, sucht Halt beim Geltenden. Sie hat in den expressionistischen Protokollen von den bürgerlichen Ausdruckstabus sich emanzipiert. Als Emanzipierte aber hindert nichts mehr sie daran, dem Stärkeren sich zu verschreiben. Die Position der absoluten Monade in der Kunst ist beides: Widerstand gegen die schlechte Vergesellschaftung und Bereitschaft zur schlechteren.

Der Umschlag ereignet sich notwendig. Er rührt eben daher, daß der Gehalt des Expressionismus, das absolute Subjekt, nicht absolut ist. In seiner Vereinzelung erscheint die Gesellschaft. Der letzte von Schönbergs Männerchören op. 35 gibt davon einfache Rechenschaft. »Leugne doch, daß Du auch dazu gehörst! – bleibst nicht allein.« Solche »Verbundenheit« tritt aber daran zutage, daß die reinen Expressionen in ihrer Isoliertheit Elemente des Intrasubjektiven und damit der ästhetischen Objektivität freisetzen. Jede expressionistische Konsequenz, welche die traditionelle Kategorie des Werkes herausfordert, führt neue Ansprüche der Stimmigkeit des So-und-nicht-anders-sein-Könnens, damit von Organisation mit sich. Indem der Ausdruck den musikalischen Zusammenhang nach seinen Extremen polarisiert, macht die Folge der Extreme wiederum Zusammenhang aus. Der Kontrast ist als Formgesetz nicht weniger verbindlich denn der Übergang in der traditionellen Musik. Man könnte die spätere Zwölftontechnik recht wohl als System von Kontrasten, als Integration des Unverbundenen definieren. Solange Kunst die Distanz zum unmittelbaren Leben innehält, vermag sie nicht, über den Schatten ihrer Autonomie und Formimmanenz zu springen. Der werkfeindliche Expressionismus vermag es, bei aller Werkfeindschaft, um so weniger, als er gerade in der Kündigung der Kommunikation auf jene Autonomie pocht, die einzig in der Konsistenz von Werken sich bewährt. Es ist dieser unausweichliche Widerspruch, welcher es verbietet, auf dem expressionistischen Punkt zu beharren. Indem das ästhetische Objekt als reines Diesda bestimmt werden soll, geht es gerade vermöge dieser negativen Bestimmung, der Absage an alles Übergreifende, der es als seinem Gesetz unterliegt, über das reine Diesda hinaus. Die absolute Befreiung des Besonderen von der Allgemeinheit macht es durch die polemische und prinzipielle Beziehung auf diese selber zu einem Allgemeinen. Das Bestimmte ist kraft der eigenen Prägung mehr denn die bloße Vereinzelung, zu welcher es geprägt ist. Selbst die Schockgesten der »Erwartung« ähneln sich der Formel an, sobald sie nur einmal wiederkehren, und ziehen die Form herbei, die sie umfängt: der Schlußgesang ist ein Finale. Nennt man den Zwang zur stimmigen Konstruktion Sachlichkeit, so ist Sachlichkeit keine bloße Gegenbewegung zum Expressionismus. Sie ist der Expressionismus in seinem Anderssein. Die expressionistische Musik hatte das Prinzip des Ausdrucks aus der traditionell romantischen so genau genommen, daß es Protokollcharakter annahm. Damit aber schlägt es um. Musik als Ausdrucksprotokoll ist nicht länger »ausdrucksvoll«. Nicht mehr schwebt über ihr das Ausgedrückte in unbestimmter Ferne und leiht ihr den Abglanz des Unendlichen. Sobald die Musik das Ausgedrückte, ihren subjektiven Gehalt, scharf, eindeutig fixiert, erstarrt er unter ihrem Blick zu eben dem Objektiven, dessen Existenz ihr reiner Ausdruckscharakter verleugnet. In der protokollarischen Einstellung zu ihrem Gegenstand wird sie selber »sachlich«. Mit ihren Ausbrüchen explodiert der Traum der Subjektivität nicht weniger als die Konventionen. Die protokollarischen Akkorde sprengen den subjektiven Schein. Damit aber heben sie schließlich ihre eigene Ausdrucksfunktion auf. Was sie, wie genau auch immer, als Objekt abbilden, wird gleichgültig: ist es doch die gleiche Subjektivität, deren Zauber vor der Genauigkeit des Blicks vergeht, den das Werk auf sie richtet. So werden die protokollarischen Akkorde zum Material der Konstruktion. Das ereignet sich in der »Glücklichen Hand«. Sie ist Zeugnis des orthodoxen Expressionismus und Werk in einem. Sie bekennt sich zur Architektur mit der Reprise, mit Ostinato und liegenden Harmonien, mit dem lapidaren Leitakkord der Posaune10 in der letzten Szene. Solche Architektur negiert den musikalischen Psychologismus, welcher in ihr doch sich vollendet. Damit fällt die Musik nicht bloß, wie der Text, hinter den Erkenntnisstand des Expressionismus zurück, sondern schreitet zugleich über diesen hinaus. Die Kategorie des Werks, als des ganzen und in sich bruchlos einstimmigen, geht nicht auf in jenem Schein, den der Expressionismus Lügen straft. Sie hat selber Doppelcharakter. Enthüllt das Werk dem isolierten und ganz entfremdeten Subjekt sich als Trug der Harmonie, der Versöhnung an sich und mit anderen, so ist es zugleich die Instanz, welche die schlechte Individualität, die zur schlechten Gesellschaft gehört, in die Schranken weist. Steht die Individualität kritisch zum Werke, so steht das Werk kritisch zu ihr. Protestiert die Zufälligkeit der Individualität gegen das verworfene gesellschaftliche Gesetz, dem sie selber entstammt, so entwirft das Werk Schemata, die Zufälligkeit zu überkommen. Es vertritt die Wahrheit der Gesellschaft gegen das Individuum, das ihre Unwahrheit erkennt und selbst diese Unwahrheit ist. Nur in den Werken ist gegenwärtig, was die Beschränktheit von Subjekt und Objekt gleichermaßen übersteigt. Als scheinhafte Versöhnung sind sie der Widerschein der wirklichen. In der expressionistischen Phase hatte Musik den Anspruch der Totalität kassiert. Aber die expressionistische Musik war »organisch« geblieben11, Sprache, subjektiv und psychologisch. Das treibt sie wiederum zur Totalität. Verhielt der Expressionismus gegen den Aberglauben ans Organische sich nicht radikal genug, so hat dessen Liquidation noch einmal die Idee des Werkes auskristallisiert; das expressionistische Erbe fällt notwendig Werken zu.

 

Was danach möglich wäre, scheint unbeschränkt. Alle verengenden Selektionsprinzipien der Tonalität sind gefallen. Die traditionelle Musik hatte mit einer höchst begrenzten Zahl von Tonkombinationen, zumal in der Vertikale, hauszuhalten. Sie mußte sich damit abfinden, stets wieder das Spezifische zu treffen durch Konstellationen des Allgemeinen, welche es paradox als identisch mit dem Einmaligen vor Augen stellen. Beethovens gesamtes Werk ist die Auslegung dieser Paradoxie. Demgegenüber sind heute die Akkorde den unauswechselbaren Forderungen ihres konkreten Einsatzes angegossen. Keine convenus verbieten dem Komponisten den Klang, den er hier, und bloß hier, braucht. Keine convenus zwingen ihn, dem alten Allgemeinen sich zu fügen. Zugleich mit der Entfesselung des Materials ist die Möglichkeit angewachsen, es technisch zu beherrschen. Es ist, als hätte die Musik dem letzten vermeintlichen Naturzwang sich entwunden, den ihr Stoff ausübt, und vermöchte frei, bewußt und durchsichtig über diesen zu schalten. Mit den Klängen hat der Komponist sich emanzipiert. Die verschiedenen Dimensionen der tonalen abendländischen Musik – Melodik, Harmonik, Kontrapunkt, Form und Instrumentation – haben historisch weithin unabhängig voneinander sich entwickelt, planlos und insofern »naturwüchsig«. Auch wo die eine zur Funktion der andern wurde, wie etwa die Melodik zu der der Harmonik während der romantischen Periode, ist nicht wahrhaft die eine aus der andern hervorgegangen, sie haben bloß einander sich angeglichen. Die Melodik »umschrieb« die harmonische Funktion, die Harmonik differenzierte sich im Dienst der melodischen Valeurs. Aber selbst die Befreiung der Melodik von ihrem alten Dreiklangscharakter durchs romantische Lied bleibt im Rahmen der harmonischen Allgemeinheit. Die Blindheit, mit welcher sich die Entfaltung der musikalischen Produktivkräfte zumal seit Beethoven vollzog, resultierte in Mißverhältnissen. Wann immer ein isolierter Materialbereich im geschichtlichen Zuge entwickelt wurde, stets sind andere Materialbereiche zurückgeblieben und haben in der Einheit des Werkes die fortgeschritteneren Lügen gestraft. Während der Romantik galt das vorab für den Kontrapunkt. Er ist bloße Dreingabe zum homophonen Satz. Es bleibt entweder bei der äußerlichen Kombination homophon gedachter Themen oder bei der bloß ausschmückenden Umkleidung des harmonischen »Chorals« mit Scheinstimmen. Darin gleichen sich Wagner, Strauss und Reger. Zugleich aber besteht aller Kontrapunkt dem eigenen Sinn nach auf der Simultaneität selbständiger Stimmen. Vergißt er das, wird er zum schlechten Kontrapunkt. Drastische Beispiele sind die »zu guten« spätromantischen Kontrapunkte. Sie sind melodisch-harmonisch konzipiert. Noch dort wirken sie als Hauptstimme, wo sie bloß als Teilgestalten des Stimmgefüges wirken dürften. So machen sie den Stimmenzug undeutlich und desavouieren die Konstruktion durch aufdringlich liedhaftes Gehabe. Solche Mißverhältnisse bleiben aber nicht aufs technische Detail beschränkt. Sie werden zu geschichtlichen Kräften des Ganzen. Denn je weiter die einzelnen Materialbereiche entwickelt, manche von ihnen, wie in der Romantik Instrumentalklang und Harmonie, verschmolzen werden, um so deutlicher zeichnet sich die Idee einer rationalen Durchorganisation des gesamten musikalischen Materials ab, die jene Mißverhältnisse beseitigt. Sie hatte schon am Wagnerischen Gesamtkunstwerk teil; verwirklicht wird sie von Schönberg. In seiner Musik sind nicht bloß alle Dimensionen gleich entwickelt, sondern alle derart auseinander produziert, daß sie konvergieren. Schon in der expressionistischen Phase hat Schönberg solche Konvergenz vorgeschwebt, etwa im Begriff der Klangfarbenmelodie. Er besagt, daß der bloße instrumentale Farbenwechsel identischer Klänge melodische Kraft annehmen kann, ohne daß im alten Sinne melodisch etwas geschähe. Später dann wird ein Generalnenner für alle musikalischen Dimensionen gesucht. Das ist der Ursprung der Zwölftontechnik. Sie kulminiert im Willen, den tragenden Gegensatz der abendländischen Musik, den von polyphonem Fugen-und homophonem Sonatenwesen, aufzuheben. So hat Webern es mit Bezug auf sein letztes Streichquartett formuliert. Man hat Schönberg einmal als Synthese von Brahms und Wagner verstanden. In ihren jüngsten Werken greift Musik noch höher. Ihre Alchimie möchte Bach und Beethoven im innersten Prinzip vermählen. Dahin treibt die Restitution des Kontrapunkts. Aber sie geht wiederum unter in der Utopie jener Synthese. Das spezifische Wesen des Kontrapunkts, die Relation zu einem vorgegebenen cantus firmus, wird hinfällig. Weberns späte Kammermusik jedenfalls kennt keinen Kontrapunkt mehr: ihre spärlichen Laute sind die Reste, welche die Fusion von Vertikale und Horizontale eben noch übriggelassen hat, gleichsam die Denkmale der Musik, die in der Indifferenz verstummt.

Es ist der Gegensatz zur Idee der rationalen Durchorganisation des Werkes, zur »Indifferenz« der Materialdimensionen gegeneinander im Werke, welcher Verfahrungsweisen wie die Strawinskys und Hindemiths als reaktionär kenntlich macht. Und zwar als technisch reaktionär, zunächst ohne Rücksicht auf den gesellschaftlichen Standort. Musikantentum ist das geschickte Schalten mit einem abgespaltenen Materialbereich an Stelle der konstruktiven Konsequenz, die alle Materialschichten dem gleichen Gesetz unterwirft. Jenes Geschickte ist, in seiner hartgesottenen Naivetät, heute aggressiv geworden. Die integrale Organisation des Kunstwerks, die ihm entgegensteht, seine allein mögliche Objektivität heute, ist gerade das Produkt eben jener Subjektivität, welche von der Musikantenmusik um ihrer »Zufälligkeit« willen denunziert wird. Wohl sind die heute zerstörten Konventionen nicht stets der Musik so äußerlich gewesen. Wie sich in ihnen ehemals lebendige Erfahrungen niederschlugen, so haben sie dann schlecht und recht eine Funktion erfüllt. Es war die organisatorische. Gerade sie jedoch ward ihnen von der autonomen ästhetischen Subjektivität abgenommen, welche das Kunstwerk aus sich heraus in Freiheit zu organisieren strebt. Der Übergang der musikalischen Organisation an die autonome Subjektivität vollzieht sich vermöge des technischen Prinzips der Durchführung. Zu Anfang im achtzehnten Jahrhundert war sie ein kleiner Teil der Sonate. An den einmal aufgestellten und als seiend hingenommenen Themen erprobte sich subjektive Beleuchtung und Dynamik. Mit Beethoven aber wird die Durchführung, die subjektive Reflexion des Themas, die dessen Schicksal entscheidet, zum Zentrum der gesamten Form. Sie rechtfertigt die Form, auch wo diese als Konvention vorgegeben bleibt, indem sie sie spontan nochmals erzeugt. Dazu hilft ein älteres, gleichsam zurückgebliebenes Mittel, das erst in der späteren Phase seine latente Möglichkeit enthüllt. Oft in der Musik treiben Residuen des Vergangenen über den jeweils erreichten Stand der Technik hinaus. Die Durchführung erinnert sich der Variation. In der vor-Beethovenschen Musik, mit ganz wenigen Ausnahmen, zählte diese zu den äußerlichsten technischen Verfahrungsweisen, als bloße Maskierung identisch erhaltenen Stoffes. Nun, im Zusammenhang mit der Durchführung, dient sie der Herstellung universaler, konkret-unschematischer Beziehungen. Die Variation wird dynamisiert. Wohl hält sie auch jetzt noch das Ausgangsmaterial – Schönberg nennt es »Modell« – als identisches fest. Es ist alles »dasselbe«. Aber der Sinn dieser Identität reflektiert sich als Nicht-Identität. So geartet ist das Ausgangsmaterial, daß es festhalten zugleich es verändern heißt. »Ist« es doch gar nicht an sich, sondern nur im Hinblick auf die Möglichkeit des Ganzen12. Die Treue zum Anspruch des Themas bedeutet dessen eingreifende Veränderung in allen Momenten. Vermöge solcher Nicht-Identität der Identität gewinnt die Musik eine völlig neue Beziehung zur Zeit, in der sie jeweils verläuft. Sie ist nicht mehr gleichgültig zur Zeit, da sie in dieser nicht beliebig wiederholt wird, sondern sich verändert. Aber sie verfällt auch nicht der bloßen Zeit, da sie ja in dieser Veränderung als identische sich durchhält. Der Begriff des Klassischen in der Musik ist durch diese paradoxe Beziehung zur Zeit definiert. Sie involviert aber zugleich die Beschränkung des Durchführungsprinzips. Nur solange die Durchführung nicht total, nur solange ein ihr nicht Unterworfenes, ein musikalisches Ding an sich Kantisch gleichsam ihr vorgegeben ist, vermag die Musik die leere Gewalt der Zeit beschwörend fernzuhalten. Darum begnügt sich die eingreifende Variation in den verbindlichsten Werken der Beethovenschen »Klassik«, wie der Eroica, mit der Sonatendurchführung als mit einem »Teil« und respektiert Exposition und Reprise. Später aber wird für die Musik, gerade vermöge des anwachsenden Übergewichts jener dynamischen Mächte des subjektiven Ausdrucks, welche die konventionellen Residuen zerstören, der leere Zeitverlauf immer bedrohlicher. Die subjektiven Ausdrucksmomente brechen aus dem zeitlichen Kontinuum heraus. Sie lassen sich nicht länger meistern. Um dem zu begegnen, breitet die variative Durchführung über die ganze Sonate sich aus. Deren problematische Totalität soll von der universalen Durchführung rekonstruiert werden. Bei Brahms schon hat die Durchführung als thematische Arbeit von der Sonate als ganzer Besitz ergriffen. Es verschränken sich Subjektivierung und Objektivierung. Brahmsens Technik setzt beide Tendenzen in eins, so wie sie lyrisches Intermezzo und akademischen Satz zusammenzwingt. Innerhalb der Tonalität stößt er weitgehend die konventionellen Formeln und Rudimente ab und produziert die Einheit des Werkes gleichsam in jedem Augenblick neu, aus Freiheit. Damit ist er indessen zugleich der Anwalt der allseitigen Ökonomie, die alle zufälligen Momente der Musik verwirft und noch die äußerste Mannigfaltigkeit, ja gerade diese, aus identisch festgehaltenen Materialien entwickelt. Es gibt nichts Unthematisches mehr, nichts, was nicht als Ableitung eines Identischen, wie sehr auch immer Latenten, zu verstehen wäre. Indem Schönberg die Beethoven-Brahmsische Tendenz aufnimmt, kann er das Erbe der klassischen bürgerlichen Musik beanspruchen in einem Sinn sehr ähnlich dem, in welchem die materialistische Dialektik auf Hegel sich bezieht. Die Erkenntniskraft der neuen Musik legitimiert sich jedoch damit, daß sie nicht auf die »große bürgerliche Vergangenheit«, auf den heroischen Klassizismus der Revolutionsperiode zurückgreift, sondern die romantische Differenzierung technisch und damit ihrer Substantialität nach in sich aufhebt. Das Subjekt der neuen Musik, worüber diese Protokoll führt, ist das emanzipierte, vereinsamte, reale der spätbürgerlichen Phase. Diese reale Subjektivität und das radikal von ihr durchformte Material gibt für Schönberg den Kanon der ästhetischen Objektivation ab. Danach mißt sich seine Tiefe. Bei Beethoven und vollends bei Brahms war die Einheit der motivisch-thematischen Arbeit gewonnen in einer Art von Ausgleich zwischen subjektiver Dynamik und traditioneller – »tonaler« – Sprache. Subjektive Veranstaltung zwingt die konventionelle Sprache zum zweitenmal zu reden, ohne als Sprache eingreifend sie zu verändern. Die Veränderung der Sprache ist auf der romantisch-Wagnerischen Linie geleistet worden auf Kosten der Objektivität und Verbindlichkeit der Musik selber. Sie hat die motivisch-thematische Einheit in Lieder zerfällt und dann durch Leitmotiv und Programm surrogiert. Schönberg erst hat die Prinzipien universaler Einheit und Ökonomie im Wagnerisch neuen, subjektiven, emanzipierten Material selber aufgedeckt. Seine Werke erbringen den Nachweis, daß, je konsequenter der von Wagner inaugurierte Nominalismus der musikalischen Sprache verfolgt wird, um so vollkommener diese Sprache rational sich beherrschen läßt. Beherrschen kraft der Tendenzen, die ihr selber innewohnen, nicht durch ausgleichenden Takt und Geschmack. Man mag das am besten am Verhältnis von Harmonik und Polyphonie erkennen. Polyphonie ist das angemessene Mittel zur Organisation der emanzipierten Musik. In der Ära der Homophonie ward die Organisation durch die akkordischen convenus vollbracht13. Sind diese, mit der Tonalität, einmal weggefallen, so ist jeder bloß akkordbildende Ton so lange zunächst zufällig, wie er nicht durch den Verlauf der Stimmführung, also polyphonisch sich legitimiert. Der späte Beethoven, Brahms, in gewissem Sinn auch Wagner haben Polyphonie aufgeboten, um dafür zu entschädigen, daß die Tonalität ihre formbildende Kraft einbüßt und formelhaft erstarrt. Schönberg endlich aber behauptet das Prinzip der Polyphonie nicht länger als ein der emanzipierten Harmonik heteronomes und mit ihr jeweils erst zu versöhnendes. Er enthüllt es als Wesen der emanzipierten Harmonik selber. Der einzelne Akkord, der in der klassisch-romantischen Überlieferung als subjektiver Ausdrucksträger den Gegenpol zur polyphonischen Objektivität darstellt, wird in seiner eigenen Polyphonie erkannt. Das Mittel dazu ist kein anderes als das extreme der romantischen Subjektivierung: die Dissonanz. Je dissonierender ein Akkord, je mehr voneinander unterschiedene und in ihrer Unterschiedenheit wirksame Töne er in sich enthält, um so »polyphoner« ist er, um so mehr nimmt, wie Erwin Stein einmal darlegte, jeder einzelne Ton bereits in der Simultaneität des Zusammenklangs den Charakter der »Stimme« an. Die Vorherrschaft der Dissonanz scheint die rationalen, »logischen« Beziehungen innerhalb der Tonalität, die einfachen Dreiklangsverhältnisse, zu zerstören. Insofern aber ist dennoch die Dissonanz rationaler als die Konsonanz, als sie die Beziehung der in ihr vorkommenden Töne, wie immer auch komplex, artikuliert vor Augen stellt, anstatt deren Einheit durch die Vernichtung der in ihr enthaltenen Partialmomente, durch »homogenen« Klang zu erkaufen. Die Dissonanz und die ihr verschwisterten Kategorien der Melodiebildung durch »dissonante« Intervalle sind aber die eigentlichen Träger des protokollarischen Ausdruckscharakters. So wird der subjektive Drang und das Verlangen nach scheinloser Selbstkundgabe zum technischen Organon des objektiven Werkes. Umgekehrt ist es diese Rationalität und Vereinheitlichung des Materials wiederum, die zunächst das unterworfene Material der Subjektivität gänzlich fügsam macht. In einer Musik, in der jeder einzelne Ton durchsichtig durch die Konstruktion des Ganzen determiniert ist, verschwindet der Unterschied von Essentiellem und Akzidentellem. In allen ihren Momenten ist eine solche Musik gleich nahe zum Mittelpunkt. Damit verlieren die Formkonventionen, welche einmal Nähe und Ferne vom Mittelpunkt geregelt hatten, ihren Sinn. Es gibt keinen unwesentlichen Übergang mehr zwischen den wesentlichen Momenten, den »Themen«; folgerecht überhaupt keine Themen und in strengem Sinn auch keine »Entwicklung«. Das ist schon an den Werken der ungebundenen Atonalität bemerkt worden. »In der Instrumentalmusik des 19. Jahrhunderts läßt sich überall die Tendenz verfolgen, die musikalische Form durch das Mittel der sinfonischen Arbeit auszubauen. Beethoven als erster hat mit Hilfe kleiner Motive gewaltige Steigerungen anzulegen gewußt, die sich einheitlich auf einem Keimmotiv, dem Erreger der Idee aufbauen. Das Prinzip des Gegensatzes, das alle Kunst beherrscht, tritt dann erst in seine Rechte, wenn die Wirkung der Idee des Keimmotives aufgehört hat. Die Zeit vor Beethoven kennt in der Sinfonie noch keinen derart geschlossenen Aufbau. Die Themen Mozarts z.B. tragen das Prinzip der Gegensätzlichkeit oft in sich selbst; es finden sich festgeschlossene Vordersätze und aufgelöste Nachsätze. Dieses Prinzip der unmittelbaren Kontrastwirkung, der Aneinanderrückung der Gegensätze in dem Verlaufe eines Themas, wendet Schönberg ... wieder an.«14 Dies Verfahren der Themenbildung entsprang im Protokollcharakter der Musik. Die Momente des musikalischen Verlaufs werden gleich psychologischen Regungen ungebunden aneinandergereiht, als Schocks erst und dann als Kontrastgestalten. Nicht länger wird dem Kontinuum der subjektiven Erlebniszeit die Kraft zugetraut, musikalische Ereignisse zusammenzufassen und als ihre Einheit ihnen Sinn zu verleihen. Solche Diskontinuität aber tötet die musikalische Dynamik, der sie selber sich verdankt. Noch einmal bewältigt Musik die Zeit: aber nicht mehr, indem sie sie erfüllt einstehen läßt, sondern indem sie sie durch eine Sistierung aller musikalischen Momente durch die allgegenwärtige Konstruktion verneint. Nirgends erweist sich das geheime Einverständnis der leichten und der vorgeschrittenen Musik bündiger als hier. Der späte Schönberg teilt mit dem Jazz, und übrigens auch mit Strawinsky, die Dissoziation der musikalischen Zeit15. Musik entwirft das Bild einer Verfassung der Welt, die, zum Guten oder Argen, Geschichte nicht mehr kennt.

Der Umschlag der musikalischen Dynamik in Statik-Dynamik der musikalischen Struktur, nicht der bloße Wechsel der Stärkegrade, die selbstverständlich weiter crescendo und decrescendo kennen – erklärt den eigentümlich fixierten Systemcharakter, den Schönbergs Komponieren vermöge der Zwölftontechnik in seiner späten Phase angenommen hat. Das Werkzeug kompositorischer Dynamik, die Variation, wird total. Damit kündigt sie der Dynamik den Dienst. Das musikalische Phänomen präsentiert sich nicht länger als selbst in Entwicklung begriffen. Die thematische Arbeit wird zur bloßen Vorarbeit des Komponisten. Die Variation tritt als solche überhaupt nicht mehr in Erscheinung. Alles und Nichts ist Variation; das Variieren wird ins Material zurückverlegt und präformiert es, ehe die Komposition eigentlich anhebt. Darauf spielt Schönberg an, wenn er die Zwölftonstruktur der späten Werke seine Privatsache nennt. Die Musik wird zum Resultat der Prozesse, denen ihr Material unterworfen ward und die sie nicht selber sichtbar werden läßt. So wird sie statisch16. Man darf die Zwölftontechnik nicht als eine »Kompositionstechnik«, etwa wie die des Impressionismus, mißverstehen. Alle Versuche, sie als solche zu benutzen, führen ins Absurde. Eher ist sie einer Anordnung der Farben auf der Palette zu vergleichen als dem Malen des Bildes. Das Komponieren beginnt in Wahrheit erst, wenn die Zwölftondisposition fertig ist. Daher hat denn auch diese das Komponieren nicht leichter sondern schwerer gemacht. Sie verlangt, daß jedes Stück, sei es der einzelne Satz, sei es auch ein ganzes mehrsätziges Werk, aus einer »Grundgestalt« oder »Reihe« abgeleitet werde. Darunter wird eine jeweils bestimmte Anordnung der zwölf im temperierten Halbtonsystem verfügbaren Töne verstanden, wie etwa cis-a-h-g-as-fis-b-d-e-es-c-f in der ersten von Schönberg publizierten Zwölftonkomposition. Jeder Ton der gesamten Komposition ist durch diese »Reihe« determiniert: es gibt keine »freie« Note mehr. Das besagt aber nur in wenigen und sehr elementaren Fällen, wie sie in der Anfangszeit der Technik vorkamen, daß nun das ganze Stück hindurch eben diese Reihe unverändert und bloß verschieden gesetzt und rhythmisiert abgespielt werde. Ein solches Verfahren hat unabhängig von Schönberg der österreichische Komponist Hauer ausgebildet, und die Resultate sind von ödester Dürftigkeit17. Demgegenüber nimmt Schönberg die klassischen und mehr noch die archaischen Techniken der Variation radikal ins Zwölftonmaterial auf. Meist verwendet er die Reihe in vier Modi: als Grundreihe; als deren Umkehrung, also indem jedes Intervall der Reihe durch das in der Gegenrichtung ersetzt wird (nach Art der »Umkehrungsfuge«, etwa der in G-Dur aus dem ersten Band des Wohltemperierten Klaviers); als »Krebs« im Sinn der alten kontrapunktischen Praxis, so daß die Reihe mit dem letzten Ton beginnt und mit dem ersten schließt; und als Umkehrung des Krebses. Diese vier Modi lassen sich ihrerseits wieder auf alle zwölf verschiedenen Ausgangstöne der chromatischen Skala transponieren, so daß die Reihe in 48 verschiedenen Formen für eine Komposition zur Verfügung steht. Weiter lassen sich aus den Reihen durch symmetrische Auswahl bestimmter Töne »Ableitungen« bilden, die neue, selbständige und gleichwohl auf die Grundreihe bezogene Reihen ergeben. Dies Verfahren hat Berg in der »Lulu« ausgiebig angewandt. Umgekehrt lassen sich zur Verdichtung der Tonbeziehungen die Reihen in Teilgestalten unterteilen, die ihrerseits miteinander verwandt sind. Endlich kann eine Komposition, anstatt auf einer Reihe zu basieren, zwei oder mehrere als Ausgangsmaterial benutzen, nach Analogie der Doppel- und Tripelfuge (Schönbergs Drittes Quartett). Die Reihe tritt keineswegs bloß melodisch, sondern ebenso harmonisch auf, und jeder Ton der Komposition, ohne jede Ausnahme, hat seinen Stellenwert in der Reihe oder einem ihrer Derivate. Das garantiert die »Indifferenz« von Harmonik und Melodik. In einfachen Fällen wird die Reihe zwischen Vertikale und Horizontale verteilt und, sobald die zwölf Töne vollständig sind, wiederholt oder durch eines der Derivate ersetzt; in komplizierteren wird die Reihe selber »kontrapunktisch« verwandt, also gleichzeitig in verschiedenen Modi oder Transpositionen. Bei Schönberg sind in der Regel Kompositionen einfacheren Stils – die »Begleitmusik zu einer Lichtspielszene« – auch zwölftontechnisch einfacher als komplex gesetzte. So sind die Variationen für Orchester unerschöpflich auch in ihren Reihenkombinationen. Zwölftontechnisch »frei« sind die Oktavlagen: ob der zweite Ton der Grundreihe jenes Walzers, a, eine kleine Sext über oder eine große Terz unter dem ersten Ton cis erscheint, entscheidet sich nach den Anforderungen der Komposition. Prinzipiell freigegeben ist weiter die gesamte rhythmische Gestaltung, vom Motiv bis zur großen Form. – Die Regeln sind nicht willkürlich ausgedacht. Sie sind Konfigurationen des geschichtlichen Zwanges im Material. Sie sind zugleich Schemata, diesem Zwang sich zu adaptieren. Das Bewußtsein unternimmt es in ihnen, Musik von den Resten des verfallen Organischen zu reinigen. Grausam führen sie den Kampf gegen den musikalischen Schein fort. Aber noch die kühnsten Zwölftonmanipulationen sind dem technischen Stand des Materials abgehört. Das gilt nicht bloß fürs integrale Variationsprinzip des Ganzen, sondern noch für den mikrokosmischen Zwölftonstoff selber, die Reihe. Sie rationalisiert, was jedem gewissenhaften Komponisten vertraut ist: die Empfindlichkeit gegen die zu frühe Wiederkehr des gleichen Tons, es sei denn, er werde unmittelbar repetiert. Das kontrapunktische Verbot des doppelten Höhepunkts und das Gefühl der Schwäche bei Baßführungen im harmonischen Satz, die zu geschwind die gleiche Note wieder erreichen, bezeugen diese Erfahrung. Ihre Eindringlichkeit wächst aber, wenn einmal das Schema der Tonalität fortfällt, das die Präponderanz einzelner Töne über andere legitimierte. Wer immer mit freier Atonalität umging, weiß von der ablenkenden Kraft eines Melodie- oder Baßtons, der zum zweitenmal auftritt, ehe alle andern da waren. Er droht den melodisch-harmonischen Zug zu unterbrechen. Die statische Zwölftontechnik verwirklicht die Empfindlichkeit der musikalischen Dynamik gegenüber der ohnmächtigen Wiederkehr des Gleichen. Sie macht die Empfindlichkeit sakrosankt. Der zu früh wiederkehrende ebenso wie der »freie«, vorm Ganzen zufällige Ton wird tabuiert.

Ein System der Naturbeherrschung in Musik resultiert. Es entspricht einer Sehnsucht aus der bürgerlichen Urzeit: was immer klingt, ordnend zu »erfassen«, und das magische Wesen der Musik in menschliche Vernunft aufzulösen. Luther nennt den 1521 gestorbenen Josquin »der Noten Meister; die haben's müssen machen wie er wollt', die andern Sangesmeister müssen's machen wie die Noten wollen«18. Die bewußte Verfügung übers Naturmaterial ist beides: die Emanzipation des Menschen vom musikalischen Naturzwang und die Unterwerfung der Natur unter menschliche Zwecke. In Spenglers Geschichtsphilosophie bricht am Ende der bürgerlichen Epoche das Prinzip der nackten Herrschaft durch, das sie inaugurierte. Er hat ein wahlverwandtes Gefühl für das Gewalttätige der Meisterschaft und den Zusammenhang von ästhetischem und politischem Verfügungsrecht: »Die Mittel der Gegenwart sind noch auf Jahre hinaus die parlamentarischen: Wahlen und Presse. Man kann über sie denken, wie man will, sie verehren oder verachten, aber man muß sie beherrschen. Bach und Mozart beherrschten die musikalischen Mittel ihrer Zeit. Das ist das Kennzeichen jeder Art von Meisterschaft. Mit der Staatskunst steht es nicht anders.«19 Wenn Spengler von der späten abendländischen Wissenschaft prognostiziert, sie werde »alle Züge der großen Kunst des Kontrapunkts tragen«, und wenn er die »infinitesimale Musik des grenzenlosen Weltraums« als »tiefe Sehnsucht« der abendländischen Kultur nennt20, dann scheint die in sich rückläufige Zwölftontechnik, unendlich in ihrer geschichtslosen Statik, jenem Ideal näher, als jemals Spengler, aber auch Schönberg sich beikommen ließ21. Zugleich jedoch auch dem der Meisterschaft als Herrschaft, deren Unendlichkeit recht eigentlich darin besteht, daß kein Heteronomes bleibt, das nicht in ihrem Kontinuum aufginge. Die Unendlichkeit ist die reine Identität. Es ist aber das unterdrückende Moment der Naturbeherrschung, das umschlagend gegen die subjektive Autonomie und Freiheit selber sich wendet, in deren Namen die Naturbeherrschung vollzogen ward. Das Zahlenspiel der Zwölftontechnik und der Zwang, den es ausübt, mahnt an die Astrologie, und es ist keine bloße Schrulle, daß viele ihrer Adepten dieser verfielen22. Die Zwölftonrationalität nähert als ein geschlossenes und zugleich sich selbst undurchsichtiges System, in welchem die Konstellation der Mittel unmittelbar als Zweck und Gesetz hypostasiert wird, dem Aberglauben sich an. Die Gesetzlichkeit, in der sie sich erfüllt, ist zugleich eine bloß über das Material verhängte, die es bestimmt, ohne daß dieses Bestimmtsein selber einem Sinn diente. Stimmigkeit als ein mathematisches Aufgehen setzt sich an die Stelle dessen, was der traditionellen Kunst »Idee« hieß und was freilich in der Spätromantik zur Ideologie verkam, zur Behauptung metaphysischer Substantialität durch stofflich krude Befassung der Musik mit den letzten Dingen, ohne daß diese in der reinen Gestalt des Gebildes gegenwärtig wären. Schönberg, dessen Musik insgeheim ein Element jenes Positivismus beigemischt ist, der das Wesen seines Widerparts Strawinsky ausmacht, hat in der Konsequenz der Verfügbarmachung von Musik für protokollarischen Ausdruck den »Sinn« exstirpiert, soweit er, wie in der Tradition des Wiener Klassizismus, rein im Zusammenhang der Faktur gelegen zu sein beansprucht. Die Faktur als solche soll richtig sein anstatt sinnvoll. Die Frage, welche dann die Zwölftonmusik an den Komponisten richtet, ist nicht: wie kann musikalischer Sinn organisiert, sondern vielmehr: wie kann Organisation sinnvoll werden, und was Schönberg seit fünfundzwanzig Jahren produzierte, sind fortschreitende Versuche zur Beantwortung jener Frage. Es wird schließlich, fast mit der fragmentarischen Gewalt der Allegorese, einem in den innersten Zellen Leeren die Intention eingelegt. Das Herrschaftliche solcher späten Gebärde jedoch spricht an auf das im Ursprung herrische Wesen des Systems selber. Die Zwölftonstimmigkeit, die jeglichen in der musikalischen Sache an sich seienden Sinnes gleich wie einer Illusion sich entschlägt, behandelt Musik nach dem Schema von Schicksal. Naturbeherrschung aber und Schicksal sind nicht zu trennen. Dessen Begriff mag nach der Erfahrung der Herrschaft modelliert sein, hervorgegangen aus der Übermacht der Natur über den Menschen. Was da ist, ist stärker. Daran haben die Menschen gelernt, selber stärker zu sein und Natur zu beherrschen, und in solchem Prozeß hat das Schicksal sich reproduziert. Es entfaltet sich zwangsläufig Zug um Zug; zwangsläufig, weil ihm jeder Schritt von der alten Übermacht der Natur vorgeschrieben wird. Schicksal ist Herrschaft auf ihre reine Abstraktion gebracht, und das Maß an Vernichtung ist dem an Herrschaft gleich, Schicksal das Unheil.

Musik, welche der historischen Dialektik verfiel, hat daran teil. Die Zwölftontechnik ist wahrhaft ihr Schicksal. Sie fesselt die Musik, indem sie sie befreit. Das Subjekt gebietet über die Musik durchs rationale System, um selber dem rationalen System zu erliegen. Wie in der Zwölftontechnik das eigentliche Komponieren, die Produktivität der Variation, ins Material zurückgeschoben ward, so ergeht es der Freiheit der Komponisten insgesamt. Indem sie sich in der Verfügung übers Material verwirklicht, wird sie zu einer Bestimmung des Materials, die sich dem Subjekt als entfremdete gegenübersetzt und es ihrem Zwange unterwirft. Hat die Phantasie des Komponisten das Material dem konstruktiven Willen ganz gefügig gemacht, so lähmt das konstruktive Material die Phantasie. Vom expressionistischen Subjekt bleibt die neusachliche Unterwürfigkeit unter die Technik. Es verleugnet die eigene Spontaneität, indem es die rationalen Erfahrungen, die es an der Auseinandersetzung mit dem historischen Stoff machte, auf diesen projiziert. Aus den Operationen, welche die blinde Herrschaft des Stoffs der Töne brachen, wird durchs Regelsystem zweite, blinde Natur. Das Subjekt ordnet dieser sich unter und sucht Schutz und Sicherheit, indem es verzweifelt an der Möglichkeit, von sich aus Musik zu erfüllen. Der Wagnerische Satz von der Regel, die man selber stelle und dann befolge, enthüllt seinen verhängnisvollen Aspekt. Keine Regel erweist sich als repressiver denn die selbstgestellte. Ihr Ursprung in Subjektivität gerade wird zur Zufälligkeit beliebiger Setzung, sobald sie sich positiv dem Subjekt als regulative Ordnung entgegenstellt. Die Gewalt, die die Massenmusik den Menschen antut, lebt fort am gesellschaftlichen Gegenpol, bei der Musik, die den Menschen sich entzieht. Wohl ist unter den Regeln der Zwölftontechnik keine, die nicht aus der kompositorischen Erfahrung, aus der fortschreitenden Erhellung des musikalischen Naturmaterials notwendig hervorginge. Aber jene Erfahrung hatte den Charakter der Abwehr kraft subjektiver Sensibilität: daß kein Ton wiederkehre, ehe die Musik alle andern ergriffen hat; daß keine Note erscheine, die nicht in der Konstruktion des Ganzen ihre motivische Funktion erfüllt; daß keine Harmonie verwendet werde, die nicht eindeutig an dieser Stelle sich ausweist. Die Wahrheit all dieser Desiderate ruht in ihrer unablässigen Konfrontation mit der konkreten Gestalt der Musik, auf die sie angewandt werden. Sie besagen, wovor man sich zu hüten habe, nicht aber wie es zu halten sei. Das Unheil geschieht, sobald sie zu Normen erhoben und von jener Konfrontation dispensiert werden. Der Inhalt der Norm ist mit dem der spontanen Erfahrung identisch. Vermöge seiner Vergegenständlichung jedoch verkehrt er sich in den Widersinn. Was einmal das nachhorchende Ohr gefunden hat, wird entstellt zum erfundenen System, an dem abstrakt Richtig und Falsch der Musik sich nachmessen lassen soll. Daher die Bereitschaft so vieler junger Musiker – gerade in Amerika, wo die tragenden Erfahrungen der Zwölftontechnik entfallen – im »Zwölftonsystem« zu schreiben, und der Jubel, daß man einen Ersatz für die Tonalität gefunden habe, so als ob man es in der Freiheit nicht einmal ästhetisch aushalten könnte und diese unter der Hand durch neue Willfährigkeit zu substituieren habe. Die totale Rationalität der Musik ist ihre totale Organisation. Durch Organisation möchte die befreite Musik das verlorene Ganze, die verlorene Macht und Verbindlichkeit Beethovens wiederherstellen. Das gelingt ihr bloß um den Preis ihrer Freiheit, und damit mißlingt es. Beethoven hat den Sinn von Tonalität aus subjektiver Freiheit reproduziert. Die neue Ordnung der Zwölftontechnik löscht virtuell das Subjekt aus. Die großen Momente des späten Schönberg sind gegen die Zwölftontechnik so gut wie durch sie gewonnen. Durch sie: weil die Musik befähigt wird, so kalt und unerbittlich sich zu verhalten, wie es ihr nach dem Untergang einzig noch zukommt. Gegen die Zwölftontechnik: weil der Geist, der sie ersann, seiner selbst mächtig genug bleibt, um noch das Gefüge ihrer Stangen, Schrauben und Gewinde je und je zu durchfahren und aufleuchten zu machen, als wäre er bereit, am Ende doch das technische Kunstwerk katastrophisch zu zerstören. Das Mißlingen des technischen Kunstwerks aber ist nicht bloß eines vor seinem ästhetischen Ideal, sondern eines in Technik selber. Der Radikalismus, mit welchem das technische Kunstwerk den ästhetischen Schein zerstört, überantwortet schließlich dem Schein das technische Kunstwerk. Die Zwölftonmusik hat ein Moment von streamline. In der Realität soll die Technik Zwecken dienen, die jenseits ihres eigenen Zusammenhangs liegen. Hier, wo solche Zwecke entfallen, wird sie zum Selbstzweck und surrogiert die substantielle Einheit des Kunstwerks durch eine bloße des »Aufgehens«. Solcher Verlagerung des Schwerpunkts ist es zuzuschreiben, daß der Fetischcharakter der Massenmusik unvermittelt auch die avancierte und »kritische« Produktion ergriffen hat. Trotz aller Materialgerechtigkeit der Prozedur läßt eine ferne Verwandtschaft mit jenen Bühneninszenierungen nicht ganz sich verkennen, die unablässig Maschinen aufbieten, ja tendenziell der Maschine selber sich anähneln, ohne daß diese eine Funktion erfüllte: sie bleibt stehen bloß noch als Allegorie des »technischen Zeitalters«. Alle neue Sachlichkeit droht insgeheim dem zu verfallen, was sie am grimmigsten befehdet: dem Ornament. Die streamline-Klubsessel innenarchitektonischer Scharlatane bekennen bloß auf dem Markt, was die Einsamkeit der konstruktivistischen Malerei und der Zwölftonmusik inwendig längst ergriffen hat. Notwendig ergriffen. Indem der Schein am Kunstwerk abstirbt, so wie es im Kampf gegen das Ornament sich indiziert, beginnt der Standort des Kunstwerks überhaupt unhaltbar zu werden. Alles, was keine Funktion hat am Kunstwerk – und damit alles, was das Gesetz seines bloßen Daseins übersteigt – wird ihm entzogen. Seine Funktion ist selber gerade, das bloße Dasein zu übersteigen. So wird summum ius zur summa iniuria: das vollendet funktionale Kunstwerk zum vollendet funktionslosen. Da es Realität ja doch nicht sein kann, hebt die Eliminierung aller Scheincharaktere an ihm den Scheincharakter seiner Existenz nur um so greller hervor. Der Vorgang ist unausweichlich. Die Auflösung der Scheincharaktere am Kunstwerk wird von dessen eigener Konsistenz gefordert. Aber der Auflösungsprozeß, den der Sinn des Ganzen befiehlt, macht das Ganze sinnlos. Das integrale Kunstwerk ist das absolut widersinnige. Die übliche Auffassung betrachtet Schönberg und Strawinsky als einander extrem entgegengesetzt. Strawinskys Masken und Schönbergs Konstruktionen haben in der Tat zunächst geringe Ähnlichkeit. Aber man vermag es recht wohl sich vorzustellen, daß einmal die entfremdeten, zusammenmontierten, tonalen Akkorde Strawinskys und die Folge der Zwölftonklänge, deren Verbindungsdrähte gleichsam auf Geheiß des Systems durchgeschnitten sind, gar nicht so verschieden klingen werden, wie sie heute sich ausnehmen. Sie bezeichnen vielmehr verschiedene Stufen der Konsequenz im Gleichen. Beiden ist gemeinsam der Anspruch auf Verbindlichkeit und Notwendigkeit kraft der Verfügung übers Atomisierte. Beiden wird die Aporie der ohnmächtigen Subjektivität zur Auskunft und nimmt die Gestalt der unbestätigten doch herrischen Norm an. Bei beiden wird, freilich auf ganz verschiedenen Niveaus der Gestaltung und bei ungleicher Kraft des Realisierens, Objektivität subjektiv gesetzt. Bei beiden droht die Musik im Raum zu erstarren. Bei beiden wird alles musikalisch Einzelne vom Ganzen prädeterminiert, und es gibt keine echte Wechselwirkung von Ganzem und Teil mehr. Die verfügende Disposition übers Ganze vertreibt die Spontaneität der Momente.

 

Das Mißlingen des technischen Kunstwerks läßt an allen Dimensionen des Komponierens sich bezeichnen. Die Fesselung der Musik vermöge ihrer Entfesselung zur schrankenlosen Herrschaft übers Naturmaterial ist universal. Das erweist sich vorweg an der Definition der Grundreihe durch die zwölf Töne der chromatischen Skala. Es ist nicht einzusehen, warum eine jede solche Grundgestalt alle zwölf Töne, ohne einen auszulassen, enthalten soll und nur die zwölf Töne, ohne einen öfters zu bringen. In der Tat hat Schönberg, als er die Reihentechnik entwickelte, in der Serenade, auch mit Grundgestalten von weniger als zwölf Tönen operiert. Daß er später durchweg alle zwölf Töne verwendet, hat seinen Grund. Die Beschränkung des ganzen Stückes auf die Intervalle der Grundreihe empfiehlt es, diese selber so umfassend anzulegen, daß der Tonraum möglichst wenig eingeengt, daß möglichst viele Kombinationen durchführbar sind. Daß aber die Reihe nicht mehr als zwölf Töne verwendet, schreibt wohl dem Bestreben sich zu, keinem der Töne durch größere Häufigkeit ein Übergewicht zu geben, das ihn zu einem »Grundton« machen und tonale Verhältnisse heraufbeschwören könnte. Mag immer jedoch die Tendenz auf die Zwölfzahl führen – es ist deren Verbindlichkeit stringent nicht abzuleiten. An den Schwierigkeiten, in welche die Zwölftontechnik führt, ist die Hypostasierung der Zahl mitschuldig. Ihr freilich verdankt die Melodik, daß sie nicht bloß von der Präponderanz des einzelnen Tons, sondern auch vom falschen Naturzwang der Leittonwirkung, der automatisierten Kadenz sich befreit hat. In der Übermacht der kleinen Sekunde und der von ihr abgeleiteten Intervalle der großen Septime und kleinen None hatte die freie Atonalität das chromatische und implizit das Dissonanzmoment festgehalten. Nun haben diese Intervalle keinen Vorrang mehr über die anderen, es sei denn, der Komponist wünscht durch die Konstruktion der Reihe einen solchen Vorrang retrospektiv herzustellen. Die melodische Gestalt selber nimmt eine Gesetzlichkeit an, die sie in der traditionellen Musik kaum besaß und durch Umschreibung der Harmonik von dieser erst entlehnen mußte. Jetzt schließt sich die Melodie – vorausgesetzt, daß sie, wie in den meisten Schönbergischen Themen, mit der Reihe koinzidiert – um so vollkommener zusammen, je mehr sie sich dem Reihenende nähert. Mit jedem neuen Ton wird die Auswahl der Resttöne kleiner, und beim letzten ist überhaupt keine Wahl mehr gelassen. Unverkennbar der darin gelegene Zwang. Ihn übt nicht nur der Kalkül aus. Er wird vom Ohr spontan mitvollzogen. Aber es ist ein lähmender Zwang zugleich. Die Geschlossenheit der Melodik schließt diese zu dicht. Jedes Zwölftonthema, ließe übertreibend sich sagen, hat etwas vom Rondothema, vom Refrain. Bezeichnend, daß in Schönbergs Zwölftonkompositionen die altertümlich- Rondoform und ein ihr wesensverwandter, betont harmloser Alla breve-Charakter nach Buchstaben oder Geist so gern zitiert wird. Die Melodie ist zu fertig, und die Schlußkraft, die im zwölften Ton gelegen ist, kann durch den Schwung der Rhythmik, kaum aber durch die Gravitation der Intervalle selber überschritten werden. Die Erinnerung ans traditionelle Rondowesen fungiert als Lückenbüßer für den immanenten Fluß, der abgeschnitten ist. Schönberg hat darauf hingewiesen, daß die traditionelle Kompositionslehre im Grunde nur Anfänge und Schlüsse abhandele und niemals die Logik der Fortsetzung. Den gleichen Mangel hat die Zwölftonmelodik. Jede ihrer Fortsetzungen zeigt ein Moment der Willkür. Man braucht nur zu Beginn von Schönbergs Viertem Streichquartett die Fortsetzung des Hauptthemas durch dessen Umkehrung (Takt 6, zweite Geige) und Krebs (Takt 10, erste Geige) mit dem überaus scharf geschnittenen ersten Themaeinsatz zu vergleichen, um der Not der Fortsetzung innezuwerden. Sie suggeriert, es wolle die Zwölftonreihe, einmal abgeschlossen, von sich aus überhaupt nicht mehr weiter und werde erst durch ihr äußerliche Veranstaltungen vorwärts getrieben. Die Not der Fortsetzung ist aber um so größer, als die Fortsetzung selber auf die Ausgangsreihe verwiesen ist, die sich als solche erschöpft hat und meist nur bei ihrem ersten Auftreten mit dem aus ihr gebildeten Thema wahrhaft koinzidiert. Als bloße Ableitung desavouiert die Fortsetzung den unausweichlichen Anspruch der Zwölftonmusik, in all ihren Momenten gleich nah zum Mittelpunkt zu sein. In der Mehrheit der existierenden Zwölftonkompositionen fällt die Fortsetzung so gründlich gegen die Thesis der Grundgestalt ab wie in spätromantischer Musik die Konsequenz gegen den Einfall23. Indessen verübt der Reihenzwang weit schlimmeres Unheil. Mechanische Muster befallen das Melos24. Die wahre Qualität einer Melodie mißt sich stets danach, ob es gelingt, die gleichsam räumliche Relation von Intervallen in die Zeit umzusetzen. Diese Beziehung wird in ihrer Tiefe von der Zwölftontechnik zerstört. Zeit und Intervall treten auseinander. Sämtliche Intervallverhältnisse sind durch die Grundreihe und deren Ableitungen ein für allemal festgelegt. Es gibt im Intervallverlauf nichts Neues, und die Omnipräsenz der Reihe macht diese selbst zur Herstellung des zeitlichen Zusammenhangs untauglich. Denn dieser Zusammenhang konstituiert sich nur durchs Unterscheidende und nicht durch die bloße Identität. Damit wird aber der melodische Zusammenhang auf ein außermelodisches Mittel verwiesen. Es ist das der verselbständigten Rhythmik. Die Reihe ist unspezifisch durch ihre Allgegenwart. So fällt die melodische Spezifikation an festgehaltene und charakteristische rhythmische Gestalten. Bestimmte stets wiederkehrende rhythmische Konfigurationen übernehmen die Rolle der Themen25. Da aber der melodische Raum dieser rhythmischen Themen durch die Reihe jeweils definiert ist und sie mit den verfügbaren Tönen um jeden Preis auskommen müssen, so nehmen gerade sie obstinate Starrheit an. Dem thematischen Rhythmus fällt schließlich das Melos zum Opfer. Unbekümmert um den Reiheninhalt kehren die thematischen und motivischen Rhythmen wieder. So ist es in den Schönbergschen Rondos die Praxis, bei jedem Rondoeintritt in dem Themenrhythmus eine andere melodische Reihenform zu bringen und dadurch variationsähnliche Wirkungen zu erzielen. Ereignis aber ist der Rhythmus und er allein. Ob der emphatische und überdeutliche dieses oder jenes Intervall subsumiert, ist gleichgültig. Nicht mehr kann aufgefaßt werden als allenfalls, daß hier die Intervalle zum Themenrhythmus anders sind als das erste Mal; ein Sinn aber läßt der melodischen Modifikation nicht mehr sich anhören. So wird das spezifisch Melodische vom Rhythmus entwertet. In der traditionellen Musik konnte eine minimale Intervallausweichung nicht bloß über den Ausdruck einer Stelle, sondern über den Formsinn eines ganzen Satzes entscheiden. Demgegenüber ist in der Zwölftonmusik völlige Vergröberung und Verarmung eingetreten. Einmal entschied sich unverwechselbar an den Intervallen aller musikalische Sinn, das Noch-Nicht, das Jetzt und das Nachher; das Versprochene, das Erfüllte und das Versäumte; das Maßhalten und das sich Verschwenden; das Verbleiben in der Form und die Transzendenz der musikalischen Subjektivität. Nun sind die Intervalle zu bloßen Bausteinen geworden, und alle Erfahrungen, die in ihre Differenz eingingen, scheinen verloren. Wohl hat man es gelernt, vom Stufengang der Sekunden und vom Gleichmaß der konsonierenden Schritte sich zu emanzipieren; wohl ist dem Tritonus, der großen Septime und auch all den Intervallen, die die Oktave überschritten, gleiches Recht geworden, aber um den Preis, daß sie zusammen mit den alten nivelliert sind. In der traditionellen Musik mochte es dem tonal beschränkten Ohr schwerfallen, übermäßige Intervalle als melodische Momente zu integrieren. Heute gibt es keine solche Schwierigkeit mehr, aber die eroberten teilen mit den gewohnten sich ins Einerlei. Das melodische Detail sinkt zur bloßen Konsequenz der Gesamtkonstruktion hinab, ohne über diese noch das mindeste zu vermögen. Es wird zum Bild jener Art technischen Fortschritts, der die Welt erfüllt. Und selbst was melodisch noch etwa gedeiht – immer wieder macht Schönbergs Kraft das Unmögliche möglich – wird vernichtet durch die Gewalt, die der vergangenen Melodie zugefügt wird, wenn das nächste Mal ihrem Rhythmus unbarmherzig andere Intervalle untergelegt werden, denen oft genug nicht bloß die Beziehung zu den ursprünglichen, sondern auch zum Rhythmus selber abgeht. Das Bedenklichste daran ist jene Art des melodischen Ungefähr, welche zwar die Umrisse der alten Melodie wahrt, also einem großen oder kleinen Sprung an der analogen rhythmischen Stelle einen ebensolchen entsprechen läßt, aber nur noch in Kategorien wie groß und klein, ohne daß es im geringsten darauf ankäme, ob der charakteristische Sprung eine große None oder eine Dezime ist. Beim mittleren Schönberg hatten solche Fragen schon darum nichts besagt, weil alle Wiederholung ausgeschlossen war. Die Restauration der Wiederholung aber paart sich mit der Nichtachtung gegen das Wiederholte. Auch darin freilich ist die Zwölftontechnik nicht der rationalistische Ursprung des Unheils, sondern weit eher die Vollstreckerin einer Tendenz, die von der Romantik stammt. Die Art, wie Wagner mit Motiven umspringt, die doch so geprägt sind, daß sie dem variierenden Verfahren widersprechen, ist eine Vorform der Schönbergischen Verfahrungsweise. Sie führt auf den bestimmenden technischen Antagonismus der nach-Beethovenschen Musik: den zwischen der vorgegebenen und stets zu bekräftigenden Tonalität und der Substantialität des Einzelnen. Hatte Beethoven das musikalisch Seiende aus dem Nichts entwickelt, um es ganz als Werdendes bestimmen zu können, so vernichtet der späte Schönberg es als Gewordenes.

Wird der musikalische Nominalismus, die Abschaffung aller wiederkehrenden Formeln zu Ende gedacht, so überschlägt sich die Differenzierung. In herkömmlicher Musik setzte sich das Jetzt und Hier der Komposition in all ihren Elementen mit dem tonalen Schema stetig auseinander. Die Spezifikation war begrenzt durch ein ihr selber weithin Äußerliches, Konventionelles. Durch dessen Auflösung ward das Spezifische entfesselt: musikalischer Fortschritt hieß bis zum restaurativen Gegenschlag Strawinskys fortschreitende Differenzierung. Abweichungen vom vorgegebenen Schema der traditionellen Musik jedoch fielen sinnvoll, entscheidend ins Gewicht. Je bündiger das Schema, um so feiner die Möglichkeit von Modifikation. Was den Ausschlag gab, könnte in der emanzipierten Musik oft gar nicht mehr wahrgenommen werden. Daher erlaubte die traditionelle Musik weit subtilere Nuancen, als wenn jedes musikalische Ereignis bloß für sich selber steht. Verfeinerung wird am Ende mit Vergröberung bezahlt. Das läßt sich bis in die handgreiflichen Phänomene der harmonischen Wahrnehmung verfolgen. Wenn in tonaler Musik auf den neapolitanischen Sextakkord in C-Dur, mit dem des im Sopran, der Dominant-Septimakkord mit h im Sopran folgt, dann wird kraft der Gewalt des harmonischen Schemas der Schritt von des nach h, der »verminderte« Terz heißt, aber abstrakt gemessen ein Sekundintervall darstellt, in der Tat als Terz aufgefaßt, nämlich auf das dazwischenliegende und ausgelassene c mitbezogen. Eine solche unmittelbare Wahrnehmung eines »objektiven« Sekundintervalls als Terz ist jenseits der Tonalität ausgeschlossen: sie setzt das Koordinatensystem voraus und bestimmt sich durch die Differenz von diesem. Was aber bis in fast stofflich akustische Phänomene hinein gilt, gilt erst recht für die höhere, musikalische Organisation. In dem der Agathen-Arie entnommenen Seitensatzthema der Freischützouvertüre ist das auf den Höhepunkt g im dritten Takt führende Intervall eine Terz. In der Coda des ganzen Stückes wird dieses Intervall vergrößert, erst in eine Quint und schließlich in eine Sext, und gegenüber dem Ausgangston des Themas, auf den dessen Verständnis zurückhört, ist diese Sext eine None. Indem sie über den Oktavraum hinausgreift, gewinnt sie den Ausdruck überschwenglichen Jubels. Das ist möglich nur durch die in der Tonalität gegebene Auffassung des Oktavintervalls gleichsam als einer Maßeinheit: wird es überschritten, so wird damit sogleich die Bedeutung ins Extreme, das Gleichgewicht des Systems Aufhebende gesteigert. In der Zwölftonmusik jedoch hat die Oktave jene organisierende Kraft verloren, die ihr wegen ihrer Identität mit dem Dreiklangsgrundton zukam. Zwischen Intervallen, die größer und kleiner als die Oktave sind, herrscht lediglich quantitative, keine qualitative Differenz. Deshalb sind Wirkungen melodischer Variation wie die im Weberschen Beispiel – und wie in ungezählten Fällen zumal bei Beethoven und Brahms – nicht mehr möglich und der Ausdruck selber, der den Prozeß notwendig machte, bedroht, weil er nach Fortfall aller eingeschliffenen Relationen, aller Rangunterschiede der Intervalle, Klänge, Formteile kaum mehr gedacht werden kann. Was einmal seinen Sinn aus der Differenz vom Schema empfing, ward in sämtlichen Dimensionen des Komponierens, nicht nur in Melodik und Harmonik, entwertet und nivelliert. Die Form vor allem hatte am traditionellen Modulationsschema ein normatives System, an dem sie sich in den kleinsten Änderungen, bei Mozart zuweilen durch ein einziges Versetzungszeichen, entfalten konnte. Will man heute größere Formen artikulieren, so muß man zu weit derberen Mitteln greifen, drastischen Gegensätzen der Lage, der Dynamik, der Setzweise, der Klangfarbe, und schließlich wird die Erfindung der Themen selbst auf immer sinnfälligere Qualitäten vereidigt. Der törichte Vorwurf des Laien gegen die Eintönigkeit der neuen Musik enthält gegenüber der Weisheit des Fachmanns ein Moment des Wahren: wann immer der Komponist brutale Kontraste wie zwischen hoch und tief, laut und leise über längere Strecken verschmäht, resultiert ein gewisses Einerlei, wie denn Differenzierung überhaupt nur Kraft hat, wo sie von einem implizit bereits Gesetzten sich unterscheidet, während die differenzierteren Mittel an sich, bloß nebeneinander gestellt, sich ähneln und ineinander verschwimmen. Es war eine der größten Errungenschaften von Mozart und Beethoven, simple Kontraste zu vermeiden und Mannigfaltigkeit in den zartesten Übergängen, oft bloß durch die Modulation hervorzubringen. Diese Errungenschaft war schon während der Romantik gefährdet, deren Themen, gemessen am Ideal der integralen Form des Wiener Klassizismus, allemal zu weit auseinander liegen und die Form in Episoden zu zersetzen drohen. Heute ist gerade in der ernstesten und verantwortlichsten Musik das Mittel des kleinsten Kontrasts verlorengegangen, und selbst Schönberg kann es nur dem Schein nach retten, indem er den Themen, etwa im ersten Satz des Vierten Quartetts, noch einmal den Duktus dessen verleiht, was im Wiener Klassizismus Hauptthema, Überleitungsgruppe, Seitensatzgruppe hieß, ohne daß diese bei Beethoven und Mozart schwebenden Charaktere sich mehr an der harmonischen Gesamtkonstruktion ermessen ließen. So nehmen sie ein Unkräftiges und Unverbindliches an, gleichsam Totenmasken der vom Wiener Klassizismus ausgeformten Profile der instrumentalen Musik. Verzichtet man, wie es im Zwang des Materials liegt, auf solche Rettungsversuche, so ist man bis heute auf übertriebene, roh klangmaterielle Gegensätze angewiesen. Die Nuance endet in der Gewalttat – symptomatisch vielleicht für die historischen Veränderungen, die zwangsmäßig mit allen Kategorien der Individuation heute sich zutragen. Wollte man jedoch die Tonalität restaurieren oder durch andere Bezugssysteme, wie das von Skrjabin ausgedachte, ersetzen, um mit dem Halt den verlorenen Reichtum der Differenzierung zurückzugewinnen, so blieben solche Manöver der gleichen abgespaltenen Subjektivität verhaftet, die sie meistern möchten. Die Tonalität wäre, was sie bei Strawinsky ist, Spiel mit Tonalität, und Schemata wie das Skrjabinsche sind so beschränkt auf dominantenähnliche Akkordtypen, daß sie erst recht Grau in Grau bewirken. Die Zwölftontechnik, als bloße Präformation des Materials, hütet sich weise davor, als Bezugssystem manifest zu werden, schließt aber durch solche Bescheidung den Begriff der Nuance aus. Auch darin vollstreckt sie das Gericht des losgelassenen Subjektivismus an sich selber.

Näher liegen Einwände der Willkür gegen die Zwölftonmusik, wie daß sie trotz aller Rationalität die Harmonik, und zwar den einzelnen Akkord so gut wie die Folge der Klänge, dem Zufall überlasse; daß sie zwar die Sukzession abstrakt reguliere, aber keinerlei zwingende und unmittelbar aufzufassende Notwendigkeit des harmonischen Fortgangs kenne. Der Einwand ist zu billig. Nirgends geht die Ordnung der Zwölftontechnik strenger aus den historischen Tendenzen des Materials hervor als in der Harmonik, und wollte einer Schemata der Zwölftonharmonik ausarbeiten, so ließe in ihnen der Anfang des Tristanvorspiels wahrscheinlich einfacher sich darstellen als in den Funktionen von a-moll. Das Gesetz der Vertikaldimension der Zwölftonmusik darf das der komplementären Harmonik heißen. Vorformen der komplementären Harmonik finden sich weniger beim mittleren Schönberg als bei Debussy und Strawinsky, überall dort nämlich, wo es keinen generalbaßmäßigen harmonischen Fortgang gibt, sondern statt dessen in sich statische Klangebenen, die nur eine Auswahl aus den zwölf Halbtönen zulassen und dann plötzlich in neue umschlagen, die die restlichen Töne bringen. In der komplementären Harmonik ist jeder Klang komplex gebaut: er enthält seine einzelnen Töne als selbständige und unterschiedene Momente des Ganzen, ohne ihre Differenzen nach Art der Dreiklangsharmonik verschwinden zu machen. Das experimentierende Ohr kann sich nun im Raum der zwölf Töne des Chromas der Erfahrung nicht entziehen, daß jeder einzelne dieser komplexen Klänge grundsätzlich zur sei's gleichzeitigen, sei's sukzessiven Ergänzung diejenigen Töne der chromatischen Skala verlangt, die in ihm selber nicht vorkommen. Spannung und Lösung in der Zwölftonmusik sind allemal mit Rücksicht auf den virtuellen Zwölfklang zu verstehen. Der einzelne komplexe Akkord wird fähig, musikalische Kräfte in sich hineinzuziehen, die früher ganzer melodischer Linien oder harmonischer Gefüge bedurft hatten. Zugleich vermag es die komplementäre Harmonik, im jähen Umschlag diese Akkorde so aufleuchten zu lassen, daß all ihre latente Kraft offenbar wird. Durch den Wechsel von einer durch den Akkord definierten harmonischen Ebene auf die nächste, komplementäre werden harmonische Tiefenwirkungen, eine Art von Perspektive hergestellt, wie sie die traditionelle Musik manchmal wohl, etwa in Bruckner, anstrebte, aber kaum je realisierte26. Nimmt man den zwölftönigen Todesakkord Lulus als Integral der komplementären Harmonik, so bewährte Bergs allegorischer Genius sich in einer historischen Perspektive, die schwindeln macht: wie Lulu in der Welt des vollkommenen Scheins nichts herbeisehnt als ihren Mörder und ihn endlich findet in jenem Klang, so sehnt alle Harmonik des verweigerten Glücks – die Zwölftonmusik ist von der Dissonanz nicht zu trennen – ihren tödlichen Akkord herbei als Chiffre der Erfüllung. Tödlich: weil alle Dynamik in ihm stillsteht, ohne daß sie sich löste. Das Gesetz der komplementären Harmonik impliziert bereits das Ende der musikalischen Zeiterfahrung, wie es in der Dissoziation der Zeit nach expressionistischen Extremen angemeldet war. Es verkündet nachdrücklicher als die anderen Symptome jenen Zustand musikalischer Geschichtslosigkeit, von dem heute noch unentschieden ist, ob ihn die grauenvolle Fixierung der Gesellschaft in den gegenwärtigen Herrschaftsformen diktiert oder ob er aufs Ende der antagonistischen Gesellschaft hinweist, die ihre Geschichte hat bloß an der Reproduktion ihrer Antagonismen. Jedoch dies Gesetz der komplementären Harmonik gilt wahrhaft nur als harmonisches. Es wird paralysiert durch die Indifferenz von Horizontale und Vertikale. Die Ergänzungstöne sind Desiderata der »Stimmführung« innerhalb der komplex gebauten, nach Stimmen sich unterscheidenden Akkorde, wie denn alle harmonischen Probleme, schon in der tonalen Musik, aus Forderungen der Stimmführung hervorgehen und umgekehrt alle kontrapunktischen aus solchen der Harmonik. Damit wird aber das eigentlich harmonische Prinzip zugleich von Grund auf verstört. In der Zwölftonpolyphonie stehen die tatsächlich sich bildenden Akkorde kaum je im komplementären Verhältnis. Sondern sie sind »Resultate« der Stimmführung. Unterm Einfluß von Kurths Buch über den linearen Kontrapunkt war die Meinung verbreitet, daß in der neuen Musik die Harmonik gleichgültig sei und daß die Vertikale gegenüber der Polyphonie nicht mehr zähle. Diese Annahme war dilettantisch: die Vereinheitlichung der verschiedenen musikalischen Dimensionen kann nicht besagen, daß eine von ihnen einfach verschwindet. Aber es beginnt an der Zwölftontechnik sich zu zeigen, daß eben diese Vereinheitlichung jede einzelne Materialdimension zu entwerten droht und so freilich auch die harmonische. Komplementär-harmonisch gedachte Stellen sind die Ausnahme. Sie sind es notwendig. Denn das Kompositionsprinzip des »Zusammenklappens« der Reihe zu Simultanklängen befiehlt, daß jeder einzelne Ton sich als Reihenton sowohl horizontal wie vertikal ausweise. Das macht das reine Komplementärverhältnis zwischen den vertikalen Klängen zum seltenen Glücksfall. Die tatsächliche Identität der Dimensionen wird vom Zwölftonschema nicht sowohl garantiert als postuliert. In jedem Augenblick der Komposition bleibt sie aufgegeben und das arithmetische »Stimmen« besagt noch gar nichts darüber, ob sie geleistet ist, ob das »Resultat« auch harmonisch durch die Tendenz der Klänge sich rechtfertige. Die Mehrheit aller Zwölftonkompositionen täuscht jene Koinzidenz bloß durch die numerische Richtigkeit vor. Weithin folgen die Harmonien lediglich aus dem, was sich in den Stimmen abspielt, und ergeben überhaupt keinen spezifisch-harmonischen Sinn. Man braucht nur beliebige Zusammenklänge oder gar harmonische Folgen aus Zwölftonkompositionen – ein krasses Beispiel harmonischen Steckenbleibens findet sich im langsamen Satz von Schönbergs Viertem Quartett Takt 636/37 – mit einer echt harmonisch ausgehörten Stelle freier Atonalität – etwa »Erwartung« Takt 196ff. – zu vergleichen, um der Zufälligkeit, des bloßen sich so Fügens der Zwölftonharmonik gewahr zu werden. Das »Triebleben der Klänge« ist unterdrückt. Nicht bloß die Töne sind vorweg gezählt, der Primat der Linien läßt die Klänge verkümmern. Man kann sich des Verdachtes nicht entäußern, es werde das ganze Prinzip der Indifferenz von Melodie und Harmonie zur Illusion, sobald es ernsthaft sich erprobt. Der Ursprung der Reihen in den Themen, ihr melodischer Sinn, widersteht der harmonischen Umdeutung, und sie gelingt bloß um den Preis der spezifisch harmonischen Relation. Während die komplementäre Harmonik in ihrer reinen Form die sukzessiven Akkorde enger aneinander bindet als je zuvor, werden diese durch die Totalität der Zwölftontechnik voneinander entfremdet. Daß in einer der großartigsten Zwölftonkompositionen, die ihm bis heute gelangen, dem ersten Satz des Dritten Quartetts, Schönberg das ehedem von ihm sorglich ausgeschlossene Prinzip der Ostinatobewegung zitiert, hat darin seinen Grund. Die Bewegung soll einen Zusammenhang stiften, der von Klang zu Klang nicht mehr und kaum im einzelnen Klang besteht. Die Reinigung vom Leittonwesen, das als tonales Residuum in der freien Atonalität fortwirkte, führt zu einer Beziehungslosigkeit und Starrheit der sukzessiven Momente, die nicht nur als korrektive Kälte ins Wagnerische expressive Treibhaus eindringt, sondern darüber hinaus die Drohung der spezifisch musikalischen Sinnlosigkeit, der Liquidation des Zusammenhangs enthält. Mit der Schwerverständlichkeit des nicht Subsumierten ist jene Sinnlosigkeit nicht zu verwechseln. Weit eher schreibt sie der neuen Subsumtion sich zu. Die Zwölftontechnik ersetzt die »Vermittlung«, den »Übergang«, die triebhafte Leittönigkeit durch die bewußte Konstruktion. Aber diese wird erkauft durch Atomisierung der Klänge. Das freie Kräftespiel der traditionellen Musik, welche das Ganze von Klang zu Klang produziert, ohne daß gleichsam von Klang zu Klang das Ganze vorgedacht wäre, wird durch den »Einsatz« der einander entfremdeten Klänge ersetzt. Es gibt kein anarchisches Zueinanderwollen der Klänge mehr, bloß ihre monadische Beziehungslosigkeit und die planende Herrschaft über alle. Daraus resultiert erst recht der Zufall. Hatte vordem die Totalität hinter dem Rücken der Einzelereignisse sich verwirklicht, so ist die Totalität nun bewußt. Aber die Einzelereignisse, die konkreten Zusammenhänge werden ihr geopfert. Selbst die Klänge als solche sind von Zufälligkeit geschlagen. Während die schärfste Dissonanz, die kleine Sekunde, die in freier Atonalität mit höchstem Bedacht gebraucht wurde, nun hantiert wird, als bedeute sie gar nichts, in Chören manchmal zum offenen Schaden des Satzes27, drängen andererseits quartige und quintige Leerklänge, denen die Not des bloßen Zustandekommens auf der Stirn geschrieben steht, sich mehr und mehr in den Vordergrund: spannungslose, stumpfe Akkorde, gar nicht so verschieden von denen, die der Neoklassizismus zumal Hindemiths liebt. Weder die Reibungen noch die Leerklänge genügen einem kompositorischen Zweck: beide sind Opfer der Musik an die Reihe. Allenthalben ergeben sich ohne den Willen der Komposition tonale Einschläge von der Art, wie sie die wache Kritik in freier Atonalität ausschalten konnte. Sie werden nicht zwölftönig sondern eben tonal aufgefaßt. Es steht nicht in der Macht des Komponierens, die historischen Implikationen des Materials vergessen zu lassen. Die freie Atonalität hatte mit den Tabuverboten, die sie über die Dreiklangsharmonik verhängte, die Dissonanz universal über die Musik ausgebreitet. Es gab nur noch Dissonanz. Nirgends vielleicht erweist sich das restaurative Moment der Zwölftontechnik stärker als in der Lockerung des Konsonanzverbots. Wohl könnte man sagen, es habe bereits die Universalität der Dissonanz deren Begriff aufgehoben: nur in der Spannung zur Konsonanz sei Dissonanz möglich, und diese verwandle sich in einen bloßen mehrtönigen Komplex, sobald sie nicht mehr der Konsonanz gegenübergestellt werde. Das aber simplifiziert den Sachverhalt. Denn im mehrtönigen Klang ist die Dissonanz aufgehoben einzig im Hegelschen Doppelsinn. Die neuen Klänge sind nicht die harmlosen Nachfolger der alten Konsonanzen. Von diesen unterscheiden sie sich dadurch, daß ihre Einheit in sich gänzlich artikuliert ist; daß eben die einzelnen Akkordtöne zwar zur Akkordgestalt zusammentreten, aber innerhalb dieser Akkordgestalt zugleich als einzelne allesamt voneinander unterschieden werden. So »dissonieren« sie weiter; nicht zwar gegen die eliminierten Konsonanzen, aber in sich selber. Damit jedoch halten sie das historische Bild der Dissonanz fest. Als Ausdruck von Spannung, Widerspruch und Schmerz sind die Dissonanzen entstanden. Sie haben sich sedimentiert und sind zum »Material« geworden. Sie sind nicht länger Medien des subjektiven Ausdrucks. Aber sie verleugnen darum doch ihren Ursprung nicht. Sie werden zu Charakteren des objektiven Protests. Es ist das rätselvolle Glück dieser Klänge, daß sie gerade vermöge ihrer Verwandlung in Material das Leiden, das sie einmal kundgaben, beherrschen, indem sie es festhalten. Ihre Negativität hält der Utopie die Treue; sie schließt die verschwiegene Konsonanz in sich ein. Darum die leidenschaftliche Empfindlichkeit der neuen Musik gegen alles Konsonanzähnliche. Der Scherz Schönbergs, der »Mondfleck« im Pierrot sei nach den Regeln des strengen Kontrapunkts geschrieben, er lasse Konsonanzen nur im Durchgang und auf unbetonten Taktteilen zu, gibt, unmittelbar fast, die tragende Erfahrung wieder. Ihr weicht die Zwölftontechnik aus. Die Dissonanzen werden, was Hindemith in seiner »Unterweisung im Tonsatz« mit dem abscheulichen Ausdruck »Werkstoff« benannt hat, bloße Quanten, qualitätslos, differenzlos und darum überall einzupassen, wo das Schema es verlangt. So fällt das Material in bloße Natur, in physikalische Tonbeziehungen zurück, und es ist dieser Rückfall zumal, der die Zwölftonmusik dem Naturzwang unterwirft. Nicht bloß der Reiz, auch der Widerstand verflüchtigt sich. So wenig die Klänge zueinander tendieren, so wenig tendieren sie gegen das Ganze, das die Welt vorstellt. In ihrer Anreihung verschwindet jene musikalische Raumtiefe, welche doch eben erst die komplementäre Harmonik zu eröffnen schien. So gleichgültig sind sie geworden, daß sie die Nachbarschaft der Konsonanz nicht mehr stört. Die Dreiklänge am Schluß des Pierrot hatten schockhaft den Dissonanzen ihr unerreichbares Ziel vor Augen gestellt, und ihr zögernder Widersinn glich jenem grünen Horizont, der schwach im Osten dämmert. Im Thema des langsamen Satzes des Dritten Quartetts stehen Konsonanzen und Dissonanzen desinteressiert nebeneinander. Sie klingen nicht einmal mehr unrein.

Daß der Verfall der Harmonik nicht mangelndem harmonischen Bewußtsein sondern der Schwerkraft der Zwölftontechnik zuzuschreiben ist, läßt an jener Dimension sich entnehmen, die von je der harmonischen verschwistert war und jetzt so gut wie in Wagners Zeit die gleichen Symptome zeigt wie die Harmonik: der des instrumentalen Klangs. Die Durchkonstruktion der Musik erlaubt konstruktives Instrumentieren in ungeahntem Maß. Die Bachbearbeitungen Schönbergs und Weberns, welche die minutiösesten Motivbeziehungen der Komposition in solche der Farbe umsetzen und damit erst realisieren, wären ohne die Zwölftontechnik nicht möglich gewesen. Dem Postulat der Deutlichkeit des Instrumentierens, das Mahler aufgestellt hatte, ist erst dank der Zwölftonerfahrungen zureichend, nämlich ohne Verdopplungen und ohne schwimmende Hörnerpedale, zu genügen. Wie der dissonante Akkord jeden in ihm enthaltenen Ton aufnimmt und dabei als unterschiedenen festhält, so vermag nun der Instrumentalklang den Ausgleich aller Stimmen gegeneinander und zugleich die Plastik jeder einzelnen zu realisieren. Die Zwölftontechnik absorbiert den ganzen Reichtum der Kompositionsstruktur und übersetzt ihn in die Farbstruktur. Nie aber stellt sich diese, wie die spätromantische, eigenmächtig vor die Komposition. Sie wird gänzlich zu deren Diener. Das jedoch schränkt sie endlich so ein, daß sie von sich aus stets weniger zur Komposition beiträgt, und daß die Klangdimension als die produktive des Komponierens, zu der die expressionistische Phase sie gemacht hatte, fortfällt. Im Programm des mittleren Schönberg hatte die »Klangfarbenmelodie« ihre Stätte. Es war damit gemeint, daß der Wechsel von Farben von sich aus kompositorisches Ereignis werden, den Gang der Komposition bestimmen sollte. Der Instrumentalklang erschien als die unberührte Schicht, an welcher die Kompositionsphantasie sich nährte. Das dritte Orchesterstück aus op. 16, auch die Musik zum Lichtsturm der »Glücklichen Hand« sind Beispiele der Tendenz. Nichts Ähnliches hat die Zwölftonmusik zustandegebracht, und es läßt sich bezweifeln, ob sie es könnte. Setzt doch jenes Orchesterstück mit dem »wechselnden Akkord« eine Substantialität des harmonischen Ereignisses voraus, welche von der Zwölftontechnik negiert wird. Ihr gilt der Gedanke einer Farbenphantasie, die von sich aus zur Komposition beitrage, für Frevel, und die Scheu vor Farbenverdopplungen, die alles verbannt, was nicht rein die Komposition darstellt, bezeugt nicht bloß den Haß gegen den schlechten Reichtum der spätromantischen Koloristik, sondern auch den asketischen Willen zur Abdrosselung alles dessen, was den definiten Raum der Zwölftonkomposition durchbricht. Diese läßt es schlechterdings nicht mehr zu, etwa Farben sich »einfallen« zu lassen. Der Klang, wie sehr auch differenziert, nähert sich dem, was er war, ehe Subjektivität ihn ergriff: der bloßen Registrierung. Wiederum ist die Frühzeit der Zwölftontechnik exemplarisch: das Bläserquintett mahnt an eine Orgelpartitur, und daß es für Bläserstimmen gerade gesetzt ward, mag mit der Absicht der Registrierung zusammenhängen. Es ist nicht mehr spezifisch instrumentiert wie Schönbergs frühere Kammermusik. Auch im Dritten Quartett sind alle Farben, die Schönberg den Streichern in den beiden ersten abgewonnen hatte, geopfert. Der Quartettklang wird völlig zur Funktion der freilich aufs äußerste gesteigerten kompositorischen Setzweise, zumal der Ausnutzung der weiten Lagen. Später, seit den Orchestervariationen, hat Schönberg die Position zu revidieren begonnen und der Koloristik breiteres Recht eingeräumt. Der Vorrang der Klarinetten insbesondere, der die Registrierungstendenz am entschiedensten bezeichnet hatte, wird nicht länger behauptet. Aber die koloristische Palette der späten Werke hat den Charakter der Konzession. Sie geht weniger aus der Zwölftonstruktur selber hervor als aus dem »Satz«, nämlich dem Interesse an der Verdeutlichung. Dies Interesse selber jedoch ist doppelsinnig. Es schließt alle die musikalischen Schichten aus, in denen der eigenen Anforderung der Komposition nach nicht deren Deutlichkeit, sondern das Gegenteil gefordert ist, und macht damit das neusachliche Postulat des »Materialgerechten« umstandslos sich zu eigen, dessen Materialfetischismus die Zwölftontechnik auch im Verhältnis zur Reihe selbst so nahekommt. Während die Farben von Schönbergs spätem Orchester die Kompositionsstruktur beleuchten wie die überscharfe Photographie ihre Objekte, bleibt es ihnen doch verwehrt, selber zu »komponieren«. Es ergibt sich ein funkelnd geschlossener Klang mit unablässig wechselnden Lichtern und Schatten, angeähnelt einer höchst komplizierten Maschine, die in der schwindelnden Bewegung aller ihrer Teile auf der Stelle verharrt. So deutlich, sauber und blank wird der Klang wie die positivistische Logik. Er enthüllt den Moderantismus, den die harte Zwölftontechnik verdeckt. Die Buntheit und sichere Balance dieses Klangs verleugnet ängstlich den chaotischen Ausbruch, dem sie sich entrang, und gibt sich zum Bild einer Ordnung her, dem alle echten Impulse der neuen Musik widerstreiten und das sie doch zwangvoll selber zu bereiten hat. Das Traumprotokoll beruhigt sich zum Protokollsatz.

 
Gesammelte Werke
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