Der ästhetische Name für Materialbeherrschung, Technik, dem antiken Gebrauch entlehnt, welcher die Künste den handwerkerlichen Tätigkeiten zurechnete, ist in seiner gegenwärtigen Bedeutung jungen Datums. Er trägt die Züge einer Phase, in der, analog zur Wissenschaft, die Methode der Sache gegenüber als ein Selbständiges erschien. Alle künstlerischen Verfahrungsweisen, die das Material formen und von ihm sich leiten lassen, rücken retrospektiv unter dem technologischen Aspekt zusammen, auch jene, die von der handwerkerlichen Praxis mittelalterlicher Güterproduktion noch nicht sich trennten, mit der, aus Widerstand gegen die kapitalistische Integration, Kunst die Verbindung nie gänzlich abbrach. Die Schwelle zwischen Handwerk und Technik an der Kunst ist nicht, wie in der materiellen Produktion, strikte Quantifizierung der Verfahren, unvereinbar mit dem qualitativen Telos; auch nicht die Einführung von Maschinen; vielmehr das Überwiegen freier Verfügung über die Mittel durch Bewußtsein, im Gegensatz zum Traditionalismus, unter dessen Hülle jene Verfügung heranreifte. Angesichts des Gehalts ist der technische Aspekt nur einer unter anderen; kein Kunstwerk nichts als der Inbegriff seiner technischen Momente. Daß der Blick auf die Werke, der an ihnen nichts gewahrt, als wie sie gemacht sind, diesseits der künstlerischen Erfahrung verbleibe, ist zwar ein fix apologetisch aufgebotener Topos der Kulturideologie, behält aber sein Wahres gegen die Nüchternheit dort, wo Nüchternheit verlassen wird. Konstitutiv jedoch für die Kunst ist Technik, weil in ihr sich zusammenfaßt, daß jedes Kunstwerk von Menschen gemacht ward, daß sein Kunsthaftes ihr Produkt wird. Technik und Gehalt sind zu unterscheiden; ideologisch ist erst die Abstraktion, welche das Übertechnische aus der angeblichen bloßen Technik herausklaubt, als erzeugten nicht in bedeutenden Gebilden diese und der Gehalt sich wechselfältig. Der nominalistische Durchbruch Shakespeares zur sterblichen und in sich unendlich reichen Individualität als Gehalt ist ebenso Funktion der antitektonischen, quasi epischen Reihung kürzerer Szenen, wie diese episodische Technik vom Gehalt erzwungen wird, einer metaphysischen Erfahrung, welche die sinngebende Ordnung der alten Einheiten sprengt. In dem pfäffischen Wort Aussage ist das dialektische Verhältnis von Gehalt und Technik zur simplen Dichotomie verdinglicht. Schlüsselcharakter hat Technik für die Erkenntnis von Kunst; sie allein geleitet die Reflexion ins Innere der Werke; freilich nur den, welcher ihre Sprache spricht. Weil der Gehalt kein Gemachtes ist, umschreibt Technik nicht das Ganze der Kunst, aber nur aus ihrer Konkretion ist der Gehalt zu extrapolieren. Technik ist die bestimmbare Figur des Rätsels an den Kunstwerken, rational und begriffslos in eins. Sie erlaubt das Urteil in der Zone des Urteilslosen. Wohl komplizieren die technischen Fragen der Kunstwerke sich unendlich und sind nicht mit einem Spruch zu schlichten. Aber prinzipiell sind sie immanent entscheidbar. Mit dem Maß der ›Logik‹ der Werke gewährt Technik noch das ihrer Suspension. Sie freilich herauszuoperieren wäre der vulgären Gewohnheit genehm, und falsch. Denn die Technik eines Werks ist konstituiert durch dessen Probleme, durch die aporetische Aufgabe, die es objektiv sich setzt. Nur an ihr ist abzulesen, was die Technik eines Werks sei, ob sie zureicht oder nicht, so wie umgekehrt das objektive Problem des Werks nur seiner technischen Komplexion zu entnehmen ist. Läßt kein Werk sich verstehen, ohne daß seine Technik verstanden wäre, so läßt diese ebensowenig sich verstehen ohne Verständnis des Werks. Wieweit eine Technik jenseits der Spezifikation des Werks allgemein ist oder monadologisch, variiert in der Geschichte, doch sorgte auch in den vergötzten Perioden verbindlicher Stile Technik dafür, daß jene nicht abstrakt das Werk regierten, sondern in die Dialektik seiner Individuation eingingen. Wieviel schwerer Technik wiegt, als kunstfremder Irrationalismus Wort haben möchte, ist an dem Einfachen zu lernen, daß dem Bewußtsein, einmal seine Fähigkeit zur Erfahrung von Kunst überhaupt vorausgesetzt, diese um so reicher sich entfaltet, je tiefer es in ihre Komplexion eindringt. Das Verständnis wächst mit dem der technischen Faktur. Daß Bewußtsein töte, ist ein Ammenmärchen; tödlich ist einzig falsches Bewußtsein. Metier macht Kunst dem Bewußtsein zunächst darum kommensurabel, weil es weithin erlernbar ist. Was ein Lehrer stringent an den Arbeiten seines Schülers beanstandet, ist das erste Modell eines Mangels an Metier; die Korrekturen das von Metier selber. Vorkünstlerisch sind diese Modelle so weit, wie sie vorgegebene Muster und Regeln wiederholen; sie treiben weiter, indem verwendete technische Mittel mit der erstrebten Sache verglichen werden. Auf einer primitiven Stufe, über die freilich der gängige Kompositionsunterricht selten hinausgelangt, wird der Lehrer Quintenparallelen tadeln und an ihrer Statt bessere Stimmführungen vorschlagen; ist er aber kein Schulfuchser, so wird er dem Schüler demonstrieren, daß Quintenparallelen als präzises Kunstmittel für intendierte Wirkungen wie bei Debussy legitim sind, ja daß das Verbot außerhalb des tonalen Bezugssystems seinen Sinn verliert. Metier läßt seine ablösbare und beschränkte Gestalt unter sich. Der erfahrene Blick, der über eine Partitur, eine Graphik geht, versichert, mimetisch fast, vor aller Analyse sich dessen, ob das objet d'art Metier hat, und innerviert sein Formniveau. Dabei darf es nicht bleiben. Es bedarf der Rechenschaft über das Metier, das primär wie ein Hauch, eine Aura der Gebilde sich darstellt, in sonderbarem Widerspruch zu den Vorstellungen der Dilettanten vom künstlerischen Können. Das auratische Moment, das, paradox scheinbar, dem Metier sich verbindet, ist das Gedächtnis der Hand, die zart, liebkosend fast über die Konturen des Gebildes fuhr und sie, indem sie sie artikulierte, auch milderte. Solche Rechenschaft gibt die Analyse, und sie wiederum steckt im Metier selbst. Gegenüber der synthesierenden Funktion der Kunstwerke, die alle kennen, wird das analytische Moment wunderlich vernachlässigt. Seinen Ort hat es am Gegenpol der Synthesis, in der Ökonomie der Elemente, aus denen das Gebilde sich fügt; nicht minder jedoch als die Synthesis inhäriert es, objektiv, dem Kunstwerk. Der Kapellmeister, der ein Werk analysiert, um es adäquat aufzuführen, anstatt es zu mimen, wiederholt eine Bedingung der Möglichkeit des Werkes selbst. Indices eines höheren Begriffs von Metier sind von der Analyse einzuholen; musikalisch etwa der ›Fluß‹ eines Stücks: daß es nicht in einzelnen Takten gedacht ist sondern über sie hinweg, in Bögen; oder daß Impulse weitergetragen werden, sich fortsetzen, anstatt in Angestücktem zu erlahmen. Solche Bewegung des Begriffs der Technik ist der wahre gradus ad Parnassum. Nur an ästhetischer Kasuistik wird das recht evident. Als Alban Berg die naive Frage verneinte, ob nicht an Strauss wenigstens dessen Technik zu bewundern sei, zielte er aufs Unverbindliche des Straussischen Verfahrens, das mit Bedacht eine Folge von Wirkungen kalkuliert, ohne daß rein musikalisch die eine aus der anderen hervorginge oder von ihr gefordert wäre. Solche technische Kritik höchst technischer Gebilde freilich ignoriert eine Konzeption, welche das Prinzip der Überraschung in Permanenz erklärt und ihre Einheit geradezu in die irrationalistische Suspension dessen verlegt, was der Tradition des obligaten Stils Logik, Einheit hieß. Nahe liegt der Einwand, ein solcher Begriff von Technik verließe die Immanenz des Werks, ergehe von außen, vom Ideal einer Schule her, die, wie die Schönbergsche, im Postulat entwickelnder Variation so anachronistisch die überkommene musikalische Logik festhält, um sie gegen die Tradition zu mobilisieren. Aber der Einwand verfehlte den künstlerischen Sachverhalt. Bergs Kritik am Straussischen Metier ist triftig, weil, wer Logik refusiert, zu jener Durchbildung unfähig ist, der jenes Metier dient, auf das Strauss seinerseits verpflichtet war. Wohl entspringen die Brüche und Sprünge des schon Berliozschen imprévu dem Gewollten; zugleich jedoch stören sie es, den Schwung des musikalischen Verlaufs, der durch schwungvollen Gestus surrogiert wird. So durchaus zeitlich-dynamisch angelegte Musik wie die Straussens ist inkompatibel mit einem Verfahren, das die zeitliche Sukzession nicht stimmig organisiert. Zweck und Mittel widersprechen einander. Der Widerspruch beruhigt sich aber nicht bei dem Inbegriff der Mittel, sondern greift auf den Zweck über, die Verherrlichung der Kontingenz, die als freies Leben zelebriert, was nichts ist als die Anarchie der Warenproduktion und die Brutalität derer, welche sie beherrschen. Mit einem falschen Begriff von Kontinuität operierte noch die Ansicht eines geraden Fortschritts der künstlerischen Technik, unabhängig vom Gehalt; technische Freiheitsbewegungen vermögen von der Unwahrheit des Gehalts affiziert zu werden. Wie innig Technik und Gehalt, dem Convenu entgegen, kohibiert sind, sprach Beethoven in dem Satz aus, viele der Wirkungen, welche man gemeinhin dem Naturgenie des Komponisten zuschriebe, seien in Wahrheit einzig der geschickten Verwendung des verminderten Septimakkords zu danken; die Würde solcher Nüchternheit verurteilt alles Geschwätz von Schöpfertum; erst Beethovens Sachlichkeit läßt dem ästhetischen Schein wie dem Scheinlosen Gerechtigkeit widerfahren. Die Erfahrung von Unstimmigkeiten zwischen der Technik, dem, was das Kunstwerk will, zumal seiner expressiv-mimetischen Schicht, und seinem Wahrheitsgehalt bewirkt mitunter Revolten gegen Technik. Ihrem Begriff ist es endogen, sich zu verselbständigen auf Kosten ihres Zwecks, als leerlaufende Fertigkeit sich zum Selbstzweck zu werden. Dagegen reagierte der Fauvismus der Malerei; analog der Schönberg der freien Atonalität im Verhältnis zum Orchesterglanz der neudeutschen Schule. In dem Aufsatz »Probleme des Kunstunterrichts«84 hat er, der mehr als jeder andere Musiker seiner Epoche auf stimmiges Handwerk drang, ausdrücklich den Glauben an die alleinseligmachende Technik angegriffen. Verdinglichte Technik zieht zuweilen Korrektive herbei, die dem ›Wilden‹, Barbarischen, technisch Primitiven, Kunstfeindlichen sich nähern. Was prägnant neue Kunst heißt, wurde von diesem Impuls herausgeschleudert; er konnte sich nicht häuslich bei sich einrichten und setzte allerorten wieder in Technik sich um. Doch war er keineswegs rückschrittlich. Technik ist nicht Abundanz der Mittel sondern das aufgespeicherte Vermögen, dem sich anzumessen, was objektiv die Sache von sich aus verlangt. Diese Idee von Technik wird zuzeiten durch Reduktion der Mittel mehr gefördert als durch deren Häufung, die sie verbraucht. Schönbergs karge Klavierstücke op. 11 überragen, mit der großartigen Unbeholfenheit ihres frischen Ansatzes, technisch das Orchester des Heldenlebens, von dessen Partiturbild man nur einen Bruchteil tatsächlich hört, so daß die Mittel bereits ihrem allernächsten Zweck, der akustischen Erscheinung des Imaginierten, nicht mehr helfen. Man fragt sich, ob die zweite Technik des reifen Schönberg nicht hinter den Akt der Suspension der ersten zurückfiel. Aber auch die Verselbständigung der Technik, welche sie in ihre Dialektik verwickelt, ist nicht bloß der Sündenfall von Routine, als welcher sie dem reinen Ausdrucksbedürfnis erscheint. Ihrer Verschwisterung mit dem Gehalt wegen hat Technik ein legitimes Eigenleben. Kunst pflegt verwandelnd solcher Momente zu bedürfen, auf die sie verzichten mußte. Daß bis heute künstlerische Revolutionen reaktionär wurden, ist dadurch weder erklärt noch entschuldigt, aber doch damit verbunden. Verbote haben ein regressives Moment, auch das von luxurierender Fülle und Komplexität; nicht zuletzt darum lockert es sich, ob auch mit den Refus durchtränkt. Das ist eine der Dimensionen im Prozeß von Versachlichung. Als etwa zehn Jahre nach dem Zweiten Krieg die Komponisten der nach-Webernschen Punktualität satt wurden, frappant im Marteau sans maître von Boulez, wiederholte sich der Vorgang, diesmal als Kritik der Ideologie des absoluten Neubeginns, des ›Kahlschlags‹. Vier Dezennien früher mochte der Übergang Picassos von den Demoiselles d'Avignon zum synthetischen Kubismus verwandten Sinnes gewesen sein. Im Aufkommen und Vergehen technischer Allergien äußern sich dieselben geschichtlichen Erfahrungen wie im Gehalt; darin kommuniziert dieser mit der Technik. – Die Kantische Idee der Zweckmäßigkeit, welche bei ihm den Konnex zwischen der Kunst und dem Inwendigen der Natur herstellt, ist der Technik nächstverwandt. Wodurch die Kunstwerke als zweckmäßige so sich organisieren, wie es dem bloßen Dasein versagt ist, das ist ihre Technik; durch sie allein werden sie zweckmäßig. Der Nachdruck auf Technik in der Kunst befremdet den Banausen seiner Nüchternheit wegen: ihr ist die Herkunft von der prosaischen Praxis allzusehr anzumerken, vor der es der Kunst graut. Nirgends macht sie so sehr des Illusionären sich schuldig wie im unabdingbar technischen Aspekt ihres Zaubers, denn nur durch Technik, das Medium ihrer Kristallisation, entfernt Kunst sich von jenem Prosaischen. Sie sorgt dafür, daß das Kunstwerk mehr als ein Agglomerat von faktisch Vorhandenem ist, und dies Mehr ist ihr Gehalt.

In der Sprache der Kunst sind Ausdrücke wie Technik, Metier, Handwerk Synonyma. Das deutet auf jenen anachronistisch handwerklichen Aspekt, der Valérys Schwermut nicht entgangen ist. Er mischt ihrer Existenz etwas Idyllisches bei in einem Zeitalter, in dem kein Wahres mehr harmlos sein darf. Wo jedoch autonome Kunst die industriellen Verfahrungsweisen im Ernst absorbierte, blieben sie ihr äußerlich. Massenweise Reproduzierbarkeit ist ihr keineswegs derart zum immanenten Formgesetz geworden, wie die Identifikation mit dem Angreifer gern es ihr attestiert. Selbst im Film klaffen die industriellen und ästhetisch-handwerklichen Momente, unter gesellschaftlich-ökonomischem Druck, auseinander. Die radikale Industrialisierung von Kunst, ihre ungeschmälerte Anpassung an die erreichten technischen Standards kollidiert mit dem, was an Kunst der Eingliederung sich verweigert. Strebt Technik dem Fluchtpunkt von Industrialisierung zu, so geht sie ästhetisch nach wie vor auf Kosten der immanenten Durchbildung und damit auf die von Technik selbst. Das flößt der Kunst ein archaisches Moment ein, das sie kompromittiert. Die fanatische Vorliebe von Generationen Jugendlicher für den Jazz protestiert bewußtlos dagegen und bekundet zugleich den involvierten Widerspruch, weil die Produktion, die der Industrie sich adaptierte oder wenigstens gebärdet, als hätte sie es getan, ihrer Komplexion nach hilflos hinter den künstlerischen, kompositorischen Produktivkräften herhinkt. Die heute in den verschiedensten Medien konstatierte Tendenz zur Manipulation des Zufalls ist vermutlich, neben anderem, auch der Versuch, das Unzeitgemäße, gleichsam Überflüssige handwerkerlicher Verfahren in der Kunst zu vermeiden, ohne sie der Zweckrationalität von Massenproduktion auszuliefern. Der ebenso unabweislichen wie wegen ihrer Beflissenheit und der gesellschaftlich naiven Spitzmarke für die Epoche zu beargwöhnenden Frage nach Kunst im technischen Zeitalter läßt sich näherrücken wohl nur durch Reflexion aufs Verhältnis der Kunstwerke zur Zweckmäßigkeit. Zwar werden die Kunstwerke durch Technik als ein in sich Zweckmäßiges bestimmt. Ihr terminus ad quem aber hat seinen Ort allein in ihnen selbst, nicht außerhalb. Darum bleibt auch die Technik ihrer immanenten Zweckmäßigkeit ›ohne Zweck‹, während doch Technik konstant außerästhetische zum Modell hat. Kants paradoxe Formulierung drückt ein antinomisches Verhältnis aus, ohne daß der Antinomiker es expliziert hätte: durch ihre Technisierung, die sie unabdingbar an Zweckformen kettet, geraten die Kunstwerke zu ihrer Zwecklosigkeit in Widerspruch. Im Kunstgewerbe werden Produkte etwa Zwecken wie der auf Minderung des Luftwiderstands abzielenden Stromlinienform angeglichen, ohne daß die Stühle solchen Widerstand zu erwarten hätten. Kunstgewerbe aber ist ein Menetekel der Kunst. Ihr unabdingbar rationales Moment, das zu ihrer Technik sich zusammenfaßt, arbeitet gegen sie. Nicht als ob Rationalität das Unbewußte, die Substanz oder was immer töte; Technik hat die Kunst erst befähigt, Unbewußtes zu rezipieren. Aber das rational rein durchgebildete Kunstwerk kassierte kraft eben seiner absoluten Autonomie die Differenz vom empirischen Dasein; gliche, ohne sie nachzuahmen, seinem Widerpart, den Waren sich an. Von den vollkommen zweckrationalen Gebilden wäre es nicht mehr zu unterscheiden außer dadurch, daß es keinen Zweck hat, und das freilich dementierte es. Die Totalität innerästhetischer Zweckmäßigkeit mündet ins Problem der Zweckmäßigkeit von Kunst jenseits ihres Bereichs und vor ihm versagt sie. Nach wie vor gilt das Urteil, es sei das strikt technische Kunstwerk gescheitert, und solche, die der eigenen Technik Einhalt gebieten, sind inkonsequent. Ist Technik der Inbegriff der Sprache von Kunst, so liquidiert sie doch ihre Sprache; dem kann sie nicht sich entwinden. So wenig wie irgendwo ist in der Kunst der Begriff der technischen Produktivkraft zu fetischisieren. Sonst wird sie zum Reflex jener Technokratie, die gesellschaftlich eine unter dem Schein von Rationalität verkappte Form von Herrschaft ist. Technische Produktivkräfte sind nichts für sich. Sie empfangen ihren Stellenwert einzig im Verhältnis zu ihrem Zweck im Gebilde, schließlich zum Wahrheitsgehalt des Gedichteten, Komponierten, Gemalten. Allerdings ist solche Zweckmäßigkeit der Mittel in der Kunst nicht durchsichtig. In der Technologie versteckt der Zweck sich nicht selten, ohne daß jene unmittelbar an dem Zweck sich mäße. Wurde im früheren neunzehnten Jahrhundert die Technik der Instrumentation entdeckt und rasch weitergetrieben, so hatte das sicher Saint-Simonistisch technokratische Züge. Die Relation auf den Zweck einer Integration der Gebilde in all ihren Dimensionen ist erst auf einer späteren Stufe hervorgetreten, hat dann freilich wiederum die Orchestertechnik ihrerseits qualitativ verändert. Die Verschlungenheit von Zweck und Mittel in der Kunst mahnt zur Vorsicht mit kategorischen Urteilen über ihr quid pro quo. Gleichwohl ist ungewiß, ob die Anpassung an außerästhetische Technik innerästhetisch ohne weiteres Fortschritt sei. Schwerlich war es die Symphonie fantastique, ein Seitenstück früher Weltausstellungen, verglichen mit dem gleichzeitigen Beethovenschen Spätwerk. Von jenen Jahren an hat die Aushöhlung der subjektiven Vermittlung – bei Berlioz: der Mangel an eigentlich kompositorischer Durchbildung –, die regelmäßig fast die Technifizierung begleitet, auch ihre schädliche Wirkung auf die Sache; keineswegs ist das technologische Kunstwerk a priori stimmiger als das, welches als Antwort auf die Industrialisierung in sich zurückgeht, häufig erpicht auf den Effekt als ›Wirkung ohne Ursache‹. Triftig an den Erwägungen über Kunst im journalistisch so genannten technischen Zeitalter, das ja ebensosehr durch die gesellschaftlichen Produktionsverhältnisse wie durch den Stand der Produktivkräfte gekennzeichnet ist, die von jenen umklammert werden, ist nicht sowohl die Adäquanz von Kunst an die technische Entwicklung als die Veränderung konstitutiver Erfahrungsweisen, welche in den Kunstwerken sich niederschlagen. Die Frage ist die nach der ästhetischen Bilderwelt: die vorindustrielle mußte unrettbar hinab. Der Satz, mit dem Benjamins Reflexionen über den Surrealismus anhoben: »Es träumt sich nicht mehr recht von der blauen Blume«85 hat Schlüsselcharakter. Kunst ist Mimesis an die Bilderwelt und in eins damit deren Aufklärung durch Formen der Verfügung. Die Bilderwelt aber, durch und durch geschichtlich, wird verfehlt durch die Fiktion von einer, welche die Verhältnisse auslöschte, unter denen die Menschen leben. Aus dem Dilemma, ob und wie Kunst möglich sei, die, wie unbelehrbare Harmlosigkeit es sich vorstellt, in die Gegenwart passe, führt nicht die Verwendung technischer Mittel an sich heraus, die parat liegen und nach dem kritischen Bewußtsein der Kunst von ihr benutzt werden können, sondern die Authentizität einer Erfahrungsweise, die in keine ihr verlorene Unmittelbarkeit sich festmacht. Unmittelbarkeit des ästhetischen Verhaltens ist einzig noch eine zum universal Vermittelten. Daß der Waldgänger heute, wofern er nicht planvoll die abgelegensten Landschaften sich errechnet, über sich die Düsenflugzeuge tosen hört, macht nicht einfach Natur gegenständlich, etwa als ein von Lyrik zu Feierndes, inaktuell. Der mimetische Impuls wird davon tangiert. Naturlyrik ist anachronistisch nicht bloß vom Stoff her: ihr Wahrheitsgehalt ist geschwunden. Das mag den anorganischen Aspekt der Dichtung Becketts wie der Celans erklären helfen. Weder hängt sie der Natur nach noch der Industrie; gerade deren Integration verleitet zur Poetisierung, die schon eine Seite des Impressionismus war, und trägt ihr Scherflein bei zum Frieden mit der Friedlosigkeit. Kunst, als antezipierende Reaktionsform, kann weder mehr – wenn anders sie es je konnte – unberührte Natur sich einverleiben noch die Industrie, die sie versengte; die Unmöglichkeit von beidem ist wohl das verborgene Gesetz der ästhetischen Gegenstandslosigkeit. Die Bilder des Postindustriellen sind die eines Toten; sie mögen vorwegnehmend ähnlich den Atomkrieg bannen, wie vor vierzig Jahren der Surrealismus Paris in der imago errettete, indem er es darstellte, als weideten die Kühe darin, nach denen dann der Kurfürstendamm des zerbombten Berlin von der Bevölkerung umbenannt wurde. Über aller künstlerischen Technik liegt, im Verhältnis zu ihrem Telos, ein Schatten von Irrationalität, Gegenteil dessen, weswegen der ästhetische Irrationalismus sie schilt; und dieser Schatten ist der Technik anathema. Allerdings ist aus den Techniken ein Moment von Allgemeinheit so wenig fortzudenken wie aus der nominalistischen Entwicklungstendenz insgesamt. Der Kubismus oder die Komposition mit zwölf nur aufeinander bezogenen Tönen sind der Idee nach allgemeine Prozeduren im Zeitalter der Negation ästhetischer Allgemeinheit. Die Spannung zwischen objektivierender Technik und dem mimetischen Wesen der Kunstwerke wird ausgetragen in der Anstrengung, das Flüchtige, Enteilende, Vergängliche, als ein gegen Verdinglichung Gefeites und ihr gesellt, in Dauer zu erretten. Wahrscheinlich hat der Begriff künstlerischer Technik sich spezifiziert nur in jener Sisyphusanstrengung; er ist wahlverwandt dem tour de force. Valérys Theorie, eine rationale der ästhetischen Irrationalität, kreist darum. Übrigens mag der Impuls der Kunst, das Enteilende, nicht das Bleibende zu objektivieren, ihre Geschichte durchziehen. Hegel hat das verkannt und darum inmitten von Dialektik den Zeitkern ihres Wahrheitsgehalts. Die Subjektivierung der Kunst durchs neunzehnte Jahrhundert hindurch, die zugleich deren technische Produktivkräfte entfesselte, hat nicht die objektive Idee der Kunst geopfert, sondern, indem sie sie verzeitlichte, sie reiner herausmodelliert als je klassizistische Reinheit. Das höchste Recht freilich, das dem mimetischen Impuls dadurch widerfährt, wird zum höchsten Unrecht, weil Bleiben, Objektivation den mimetischen Impuls am Ende verneint. Aber die Schuld ist in der Idee von Kunst aufzusuchen, ist nicht die ihres vorgeblichen Niedergangs.

Ästhetischer Nominalismus ist ein Prozeß in der Form und wird Form seinerseits: auch darin vermitteln sich Allgemeines und Besonderes. Die nominalistischen Verbote vorgegebener Formen sind als Anweisungen kanonisch. Kritik an den Formen ist mit der an ihrer formalen Zulänglichkeit verschlungen. Prototypisch ist der für jede Formenlehre relevante Unterschied des Geschlossenen und Offenen. Offene Formen sind diejenigen allgemeinen Gattungskategorien, welche den Ausgleich mit der nominalistischen Kritik am Allgemeinen suchen. Diese stützt sich auf die Erfahrung, daß die von den Kunstwerken prätendierte Einheit von Allgemeinem und Besonderem prinzipiell mißlingt. Kein vorgegeben Allgemeines empfängt das Besondere, das nicht aus der Gattung fließt, konfliktlos in sich. Die perpetuierte Allgemeinheit der Formen wird deren eigenem Sinn inkompatibel, die Verheißung des Runden, Überwölbenden, in sich Ruhenden nicht erfüllt. Denn sie gilt jenem den Formen Heterogenen, das Identität mit ihnen wahrscheinlich nie duldete. Formen, die klappern, nachdem ihr Augenblick vorbei ist, tun der Form selbst Unrecht. Die ihrem Anderen gegenüber vergegenständlichte Form ist bereits keine mehr. Das Formgefühl Bachs, der in manchem dem bürgerlichen Nominalismus opponierte, bestand nicht im Respekt sondern darin, daß er die tradierten Formen in Fluß hielt oder richtiger: sie gar nicht erst sich verfestigen ließ: nominalistisch aus Formgefühl. Was ein von Rancune nicht freies Cliché den Romanen als Formbegabung nachrühmt, hat sein Richtiges am Vermögen, die Formen labil zum Geformten zu halten, diesem aus sinnlicher Sympathie nachzugeben, anstatt es bloß zu bändigen; nicht in der wie immer auch glücklichen Handhabung von Formen als solchen. Gefühl für Formen belehrt über deren Problematik: daß Anfang und Ende eines musikalischen Satzes, ausgewogene Komposition eines Bildes, Rituale der Bühne wie Tod oder Hochzeit der Helden vergeblich sind durch Willkür: das Gestaltete honoriert nicht die Form der Gestaltung. Wird jedoch der Verzicht auf Rituale in der Idee der offenen Gattung – sie ist oft selber, wie das Rondo, konventionell genug – der Lüge des Notwendigen ledig, so wird jene Idee desto ungeschützter der Zufälligkeit konfrontiert. Das nominalistische Kunstwerk soll zu einem dadurch werden, daß es rein von unten her sich organisiert, anstatt daß ihm Organisationsprinzipien aufgestülpt würden. Aber kein blind sich selbst überlassenes Kunstwerk hat in sich jene Kraft der Organisation, die ihm die verbindlichen Grenzen zöge: mit ihr es zu belehnen, wäre tatsächlich fetischistisch. Losgelassener ästhetischer Nominalismus liquidiert, wie die philosophische Kritik am Aristoteles, alle Form als Überrest eines geistigen Ansichseins. Er terminiert in der buchstäblichen Faktizität und sie ist mit Kunst unversöhnbar. An einem Künstler vom beispiellosen Formniveau Mozarts wäre zu zeigen, wie dicht seine kühnsten und darum authentischesten Formgebilde an den nominalistischen Zerfall rücken. Der Charakter des Kunstwerks als eines Artefakts ist mit dem Postulat des rein der Sache sich Überlassens unvereinbar. Indem Kunstwerke gemacht werden, empfangen sie in sich jenes Moment des Veranstalteten, das von ›Regie‹, das der nominalistischen Empfindlichkeit unerträglich ist. In der Insuffizienz der offenen Formen – ein schlagendes Exempel sind die Schwierigkeiten Brechts beim Schreiben überzeugender Schlüsse seiner Theaterstücke – kulminiert die geschichtliche Aporie des Nominalismus der Kunst. Im übrigen ist ein qualitativer Sprung in der Gesamttendenz zur offenen Form nicht zu vernachlässigen. Die älteren offenen Formen bildeten sich an den überlieferten, die sie modifizierten, aber von denen sie mehr als nur den Umriß bewahrten. Der Wiener klassizistische Sonatensatz war eine zwar dynamische, aber geschlossene Form, und prekär seine Geschlossenheit; das Rondo, mit der absichtlichen Unverbindlichkeit des Wechselspiels von Refrain und Gängen, ›Couplets‹, eine dezidiert offene. In der Fiber des Komponierten jedoch war die Differenz nicht gar so erheblich. Von Beethoven bis Mahler war das ›Sonatenrondo‹ gebräuchlich, das die Durchführung der Sonate ins Rondo transplantierte, das Spielerische der offenen Form und die Verbindlichkeit der geschlossenen ausbalancierend. Geschehen konnte das, weil die Rondoform ihrerseits nicht buchstäblich der Kontingenz sich verschrieb, sondern einzig, im Geist des nominalistischen Zeitalters und im Gedächtnis an den weit älteren der Rundgesänge, den Wechsel von Chor und Vorsänger, der Forderung nach Unverbindlichem als etablierte Form sich anpaßte. Das Rondo lieh sich eher der billigen Standardisierung als die dynamisch entwickelnde Sonate, deren Dynamik, trotz ihrer Geschlossenheit, Typisierung nicht zuließ. Das Formgefühl, das im Rondo Kontingenz wenigstens zum Schein herbeizitiert hatte, verlangte nach Garantien, um nicht die Gattung zu sprengen. Vorformen bei Bach wie das Presto des Italienischen Konzerts waren flexibler, weniger starr, mehr ineinander gearbeitet als die einem späteren Stadium des Nominalismus zugehörigen Mozartschen Rondos. Der qualitative Umschlag geschah, als anstelle des Oxymorons der offenen Form eine Verfahrungsweise trat, welche ohne Blick auf die Gattungen nach dem nominalistischen Gebot sich richtete; paradoxer Weise waren die Resultate geschlossener als ihre konzilianten Vorläufer; der nominalistische Drang zum Authentischen widerstrebt den Spielformen als Abkömmlingen des feudalen Divertissements. Der Ernstfall bei Beethoven ist bürgerlich. Zufälligkeit griff auf den Formcharakter über. Am Ende ist Zufälligkeit eine Funktion anwachsender Durchgestaltung. Scheinbar Peripheres wie die temporäre Schrumpfung des Umfangs musikalischer Kompositionen, auch die Kleinformate der besten Bilder von Klee mögen so sich erklären. Resignation vor Zeit und Raum wichen vor der Krisis der nominalistischen Form auf den Punkt als einen von Indifferenz zurück. Action painting, informelle Malerei, Aleatorik mochten das resignative Moment ins Extrem treiben: das ästhetische Subjekt dispensiert sich von der Last der Formung des ihm gegenüber Zufälligen, die es länger zu tragen verzweifelt; es schiebt die Verantwortung der Organisation gleichsam dem Kontingenten selbst zu. Der Gewinn steht abermals falsch zu Buche. Die vermeintlich aus dem Kontingenten und Heterogenen destillierte Formgesetzlichkeit bleibt ihrerseits heterogen, fürs Kunstwerk unverbindlich; kunstfremd als buchstäbliche. Statistik wird zum Trost für die Absenz der traditionellen Formen. Diese Situation schließt in sich die Figur der Kritik an ihr ein. Nominalistische Kunstwerke bedürfen stets wieder des Eingriffs der lenkenden Hand, die sie ihres Prinzips wegen cachieren. In die extrem sachliche Kritik des Scheins gerät ein Scheinhaftes hinein, so unabdingbar vielleicht wie der ästhetische Schein aller Kunstwerke. Vielfach wird die Notwendigkeit verspürt, in künstlerischen Produkten des Zufalls diese gleichsam stilisierenden Prozeduren der Auswahl zu unterwerfen. Corriger la fortune ist das Menetekel des nominalistischen Kunstwerks. Seine fortune ist keine sondern jener schicksalhafte Bann, aus dem die Kunstwerke sich am Zopf herausziehen möchten, seitdem sie in der Antike den Prozeß gegen den Mythos anstrengten. Unvergleichlich an Beethoven, dessen Musik vom nominalistischen Motiv nicht weniger affiziert war als die Hegelsche Philosophie, daß er den von der Formproblematik postulierten Eingriff mit Autonomie, mit der Freiheit des zum Bewußtsein seiner selbst gelangenden Subjekts durchdrang. Was vom Standpunkt des rein sich selbst überlassenen Kunstwerks aus als Gewalt erscheinen mußte, legitimierte er aus dessen Gehalt. Kein Kunstwerk verdient seinen Namen, welches das seinem eigenen Gesetz gegenüber Zufällige von sich weghielte. Denn Form ist dem eigenen Begriff nach nur Form von etwas, und dies Etwas darf nicht zur bloßen Tautologie der Form werden. Aber die Notwendigkeit dieser Beziehung der Form auf ihr Anderes untergräbt jene; sie kann nicht als das dem Heterogenen gegenüber Reine geraten, das sie als Form ebenso sein will, wie sie des Heterogenen bedarf. Die Immanenz der Form im Heterogenen hat ihre Grenze. Trotzdem war die Geschichte der gesamten bürgerlichen Kunst hindurch nichts möglich als die Anstrengung, die Antinomie des Nominalismus wenn nicht aufzulösen, so ihrerseits zu gestalten, Form aus deren Negation zu gewinnen. Darin ist die Geschichte der neueren Kunst zur philosophischen nicht in bloßer Analogie sondern dasselbe. Was Hegel die Entfaltung der Wahrheit nannte, war in solcher Bewegung das gleiche.

Die Nötigung, das nominalistische Moment zur Objektivation zu verhalten, der es zugleich widerstrebt, zeitigt das Konstruktionsprinzip. Konstruktion ist die Form der Werke, die ihnen nicht länger fertig auferlegt ist, die aber auch nicht aus ihnen aufsteigt, sondern die ihrer Reflexion durch subjektive Vernunft entspringt. Historisch stammt der Konstruktionsbegriff aus der Mathematik; in der spekulativen Philosophie Schellings wurde er erstmals auf Sachhaltiges übertragen: das diffus Kontingente und das Formbedürfnis sollte er auf den Generalnenner bringen. Dem kommt der Konstruktionsbegriff in der Kunst recht nahe. Weil sie auf keine Objektivität von Universalien mehr sich verlassen kann und doch dem eigenen Begriff nach Objektivation der Impulse ist, wird Objektivation funktionalisiert. Indem der Nominalismus die Decke der Formen zerschlug, hat er Kunst in ein plein air versetzt, längst ehe das zum unmetaphorischen Programm wurde. Gedanke wie Kunst wurden dynamisiert. Kaum verallgemeinert es unbillig, daß nominalistische Kunst einzig in immanentem Werden, im Prozeßcharakter eines jeglichen Werks die Chance von Objektivation wahrnehme. Die dynamische Objektivation indessen, die Bestimmung des Kunstwerks zum Sein in sich selbst, involviert ein statisches Moment. In der Konstruktion schlägt Dynamik vollends in Statik um: das konstruierte Gebilde steht. Dadurch stößt der Fortschritt des Nominalismus an seine eigene Decke. Literarisch war der Prototyp von Dynamisierung die Intrige, musikalisch die Durchführung. Das emsige und seinem Zweck nach sich selbst undurchsichtige, befangene Tun wurde in Haydns Durchführungen zum objektiven Bestimmungsgrund dessen, was als Ausdruck subjektiven Humors apperzipiert wird. Die partikulare Aktivität der Motive, die ihre Interessen verfolgen und der Versicherung – einem ontologischen Residuum gleichsam – glauben, eben dadurch dienten sie der Harmonie des Ganzen, mahnt unverkennbar an das eifrige, schlaue und bornierte Gehabe von Intriganten, den Nachfahren des dummen Teufels; dessen Dummheit sickert noch in die emphatischen Gebilde des dynamischen Klassizismus ein, so wie sie im Kapitalismus fortwest. Die ästhetische Funktion von dergleichen Mitteln war es, dynamisch, durch ein Werden, den vom Singulären ausgelösten Prozeß, das vom Kunstwerk unmittelbar Gesetzte, seine Prämissen zu bestätigen als Resultat. Es ist eine Art List der Unvernunft, welche den Intriganten seiner Borniertheit entkleidet; das selbstherrliche Individuum wird zu dessen Affirmation. Die ungemein zählebige Reprise in der Musik verkörpert Bestätigung und, als Wiederholung eines eigentlich Unwiederholbaren, Beschränktheit gleichermaßen. Intrige, Durchführung sind nicht nur subjektive Tätigkeit, zeitliches Werden für sich. Nicht weniger repräsentieren sie in den Werken entbundenes, blindes und sich verzehrendes Leben. Gegen es sind die Kunstwerke nicht länger ein Bollwerk. Jede Intrige, im wörtlichen und übertragenen Verstande, sagt: so geht es zu, so ist es draußen. In der Darstellung von solchem »Comment c'est« werden die ahnungslosen Kunstwerke von ihrem Anderen durchdrungen, ihr Eigenes, die Bewegung zur Objektivation, von jenem Heterogenen motiviert. Möglich ist das, weil Intrige und Durchführung, subjektive Kunstmittel, in Werke transplantiert, in diesen jenen Charakter der subjektiven Objektivation annehmen, den sie in der Realität besitzen; der gesellschaftlichen Arbeit samt ihrer eigenen Borniertheit: ihrer potentiellen Überflüssigkeit vorhalten. Solche Überflüssigkeit ist wahrhaft der Koinzidenzpunkt der Kunst und des realen gesellschaftlichen Betriebs. Worin ein Drama, ein sonatenhaftes Produkt der bürgerlichen Ära ›gearbeitet‹: nämlich in kleinste Motive zerlegt und durch deren dynamische Synthesis vergegenständlicht wird, darin hallt, bis zum Sublimsten, die Warenproduktion nach. Der Zusammenhang solcher technischer Verfahren mit materiellen, seit der Manufakturperiode entwickelten, ist noch unerhellt, doch schlagend evident. Mit Intrige und Durchführung aber wandert das Getriebe nicht nur als heterogenes Leben in die Werke ein sondern auch als dessen eigenes Gesetz: die nominalistischen Kunstwerke waren ihrer selbst unkundige tableaux économiques. Das ist der geschichtsphilosophische Ursprung des neueren Humors. Wohl wird durchs Getriebe draußen das Leben reproduziert. Es ist Mittel zum Zweck. Aber es unterjocht alle Zwecke, bis es sich selbst Zweck wird, wahrhaft absurd. In der Kunst wiederholt sich das darin, daß die Intrigen, Durchführungen, Handlungen, in der Depravation die Verbrechen der Kriminalromane, alles Interesse absorbieren. Die Lösungen dagegen, auf die sie zielen, sinken zur Schablone herab. So widerspricht das reale Getriebe, der eigenen Bestimmung nach nur ein Für etwas, jener Bestimmung, wird albern an sich und fürs ästhetische Ingenium lächerlich. Haydn, einer der größten Komponisten, hat durch die Gestaltung seiner Finali die Nichtigkeit der Dynamik, durch welche sie sich objektivieren, paradigmatisch dem Kunstwerk zugeeignet; was irgend an Beethoven mit Fug Humor heißen darf, hat seinen Ort in der gleichen Schicht. Je mehr indessen Intrige und Dynamik Selbstzweck werden – die Intrige zu stofflichem Aberwitz etwa schon in den Liaisons dangereuses –, desto komischer werden sie auch in der Kunst; desto mehr der Affekt, der subjektiv jener Dynamik zugeordnet ist, zur Wut über den verlorenen Groschen, dem Moment von Gleichgültigkeit an der Individuation. Das dynamische Prinzip, von dem Kunst am längsten und nachdrücklichsten die Homöostase zwischen Allgemeinem und Besonderem sich erhoffen durfte, geht zu Protest. Auch es wird vom Formgefühl entzaubert, als ein Läppisches empfunden. Diese Erfahrung reicht zurück bis in die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts. Baudelaire, Apologet der Form nicht weniger denn Lyriker der vie moderne, hat sie in der Widmung des Spleen de Paris ausgedrückt durch den Satz, er könne abbrechen, wo es ihm beliebe, auch wo es dem Leser in seiner Lektüre beliebt, »denn ich knüpfe seinen widerspenstigen Willen nicht an den endlosen Faden einer überflüssigen Verwicklung«86. Was die nominalistische Kunst durchs Werden organisierte, wird nun, da man die Absicht der Funktion merkt, und sie verstimmt, als überflüssig gebrandmarkt. Der Kronzeuge der gesamten Ästhetik des l'art pour l'art streckt in seinem Satz gleichsam die Waffen: sein dégoût greift über auf das dynamische Prinzip, welches das Werk als Ansichseiendes aus sich entläßt. Seitdem wird das Gesetz aller Kunst ihr Antigesetz. Wie dem bürgerlich nominalistischen Kunstwerk die statische Formapriorität veraltete, so veraltet nun die ästhetische Dynamik, gemäß der zuerst von Kürnberger formulierten, aber jede Zeile, jeden Vers von Baudelaire durchzuckenden Erfahrung, daß kein Leben mehr sei. Das hat sich in der Situation der gegenwärtigen Kunst nicht geändert. Der Prozeßcharakter wird von der Kritik am Schein ereilt, nicht bloß am ästhetischen allgemeinen, sondern an dem des Fortschritts inmitten der realen Immergleichheit. Der Prozeß wird als Wiederholung demaskiert; Kunst muß seiner sich schämen. Chiffriert ist in der Moderne das Postulat einer Kunst, welche der Disjunktion von Statik und Dynamik nicht länger sich beugt. Indifferent gegen das herrschende Cliché von Entwicklung, sieht Beckett seine Aufgabe darin, in einem unendlich kleinen Raum, auf dem dimensionslosen Punkt sich zu bewegen. Dies ästhetische Konstruktionsprinzip wäre als das von Il faut continuer jenseits von Statik; jenseits von Dynamik als auf der Stelle Treten, Einbekenntnis ihrer Vergeblichkeit. In Konkordanz damit bewegen alle konstruktivistischen Techniken der Kunst auf Statik sich hin. Das Telos der Dynamik des Immergleichen ist einzig noch Unheil; dem sieht Becketts Dichtung ins Auge. Bewußtsein durchschaut das Beschränkte des schrankenlos sich selbst genügenden Fortgangs als Illusion des absoluten Subjekts, gesellschaftliche Arbeit spottet ästhetisch des bürgerlichen Pathos, nachdem die Überflüssigkeit der Arbeit real in Reichweite kam. Einhalt gebietet der Dynamik der Kunstwerke sowohl die Hoffnung auf die Abschaffung von Arbeit wie die Drohung des Kältetodes; beides meldet objektiv in ihr sich an, von sich aus kann sie nicht wählen. Das Potential von Freiheit, das in ihr absehbar wird, ist zugleich von der gesellschaftlichen Verfassung inhibiert und ist darum auch der Kunst nicht substantiell. Daher die Ambivalenz ästhetischer Konstruktion. Ebensowohl vermag sie die Abdankung des geschwächten Subjekts zu kodifizieren und absolute Entfremdung zur Sache der Kunst zu machen, die das Gegenteil wollte, wie die imago eines versöhnten Zustands zu antezipieren, der selber über Statik und Dynamik wäre. Manche Querverbindung mit der Technokratie läßt argwöhnen, daß das Konstruktionsprinzip ästhetisch der verwalteten Welt hörig bleibt; aber es mag terminieren in einer noch unbekannten ästhetischen Form, deren rationale Organisation auf die Abschaffung aller Verwaltungskategorien samt ihrer Reflexe in der Kunst deutet.

 

Vor der Emanzipation des Subjekts war fraglos Kunst, in gewissem Sinn, unmittelbarer ein Soziales als danach. Ihre Autonomie, Verselbständigung der Gesellschaft gegenüber, war Funktion des seinerseits wieder mit der Sozialstruktur zusammengewachsenen bürgerlichen Freiheitsbewußtseins. Ehe es sich bildete, war Kunst zwar an sich in Widerspruch zu gesellschaftlicher Herrschaft und ihrer Verlängerung in den mores, nicht aber für sich. Konflikte gab es, seit dem Verdikt im Platonischen Staat, desultorisch, die Idee einer von Grund auf oppositionellen Kunst jedoch hätte niemand konzipiert, und soziale Kontrollen wirkten weit direkter als in der bürgerlichen Ära bis zur Schwelle der totalen Staaten. Andererseits integrierte das Bürgertum die Kunst sich vollständiger als je eine frühere Gesellschaft. Der Druck des ansteigenden Nominalismus trieb den latent stets vorhandenen gesellschaftlichen Charakter der Kunst zunehmend nach außen; im Roman ist er unvergleichlich viel evidenter als etwa im hochstilisierten und distanzierten Ritterepos. Das Einströmen von Erfahrungen, die nicht länger von apriorischen Gattungen zurechtgestutzt werden; die Nötigung, die Form aus jenen Erfahrungen, von unten her, zu konstituieren, sind bereits dem puren ästhetischen Stand nach, vor allem Inhalt, ›realistisch‹. Nicht länger vorweg durchs Stilisationsprinzip sublimiert, wird das Verhältnis des Inhalts zu der Gesellschaft, aus der er stammt, zunächst weit ungebrochener, und keineswegs bloß in der Literatur. Selbst die sogenannten niederen Gattungen hatten von der Gesellschaft Abstand gehalten, auch wo sie, wie die attische Komödie, bürgerliche Verhältnisse und Vorgänge des Alltags thematisch machten; die Flucht ins Niemandsland ist kein Bockssprung des Aristophanes sondern wesentliches Moment seiner Form. Ist Kunst, ihrer einen Seite nach, als Produkt gesellschaftlicher Arbeit des Geistes stets fait social, so wird sie es mit ihrer Verbürgerlichung ausdrücklich. Sie traktiert das Verhältnis des Artefakts zur empirischen Gesellschaft als Gegenstand; am Beginn dieser Entwicklung steht der Don Quixote. Gesellschaftlich aber ist Kunst weder nur durch den Modus ihrer Hervorbringung, in dem jeweils die Dialektik von Produktivkräften und Produktionsverhältnissen sich konzentriert, noch durch die gesellschaftliche Herkunft ihres Stoffgehalts. Vielmehr wird sie zum Gesellschaftlichen durch ihre Gegenposition zur Gesellschaft, und jene Position bezieht sie erst als autonome. Indem sie sich als Eigenes in sich kristallisiert, anstatt bestehenden gesellschaftlichen Normen zu willfahren und als ›gesellschaftlich nützlich‹ sich zu qualifizieren, kritisiert sie die Gesellschaft, durch ihr bloßes Dasein, so wie es von Puritanern aller Bekenntnisse mißbilligt wird. Nichts Reines, nach seinem immanenten Gesetz Durchgebildetes, das nicht wortlos Kritik übte, die Erniedrigung durch einen Zustand denunzierte, der auf die totale Tauschgesellschaft sich hinbewegt: in ihr ist alles nur für anderes. Das Asoziale der Kunst ist bestimmte Negation der bestimmten Gesellschaft. Freilich bietet durch ihre Absage an die Gesellschaft, die der Sublimierung durchs Formgesetz gleichkommt, autonome Kunst ebenso als Vehikel der Ideologie sich an: in der Distanz läßt sie die Gesellschaft, vor der ihr schaudert, auch unbehelligt. Auch das ist mehr als nur Ideologie: Gesellschaft nicht bloß die Negativität, welche das ästhetische Formgesetz verurteilt, sondern noch in ihrer fragwürdigsten Gestalt der Inbegriff des sich produzierenden und reproduzierenden Lebens der Menschen. Von diesem Moment so wenig wie von Kritik konnte Kunst sich dispensieren, solange nicht der gesellschaftliche Prozeß als einer zur Selbstvernichtung sich offenbarte; und es ist nicht in die Macht von Kunst als einem Urteilslosen gegeben, durch Intentionen beides zu scheiden. Reine Produktivkraft wie die ästhetische, einmal vom heteronomen Diktat befreit, ist objektiv das Gegenbild der gefesselten, aber auch das Paradigma des verhängnisvollen Tuns um seiner selbst willen. Einzig durch ihre gesellschaftliche Resistenzkraft erhält Kunst sich am Leben; verdinglicht sie sich nicht, so wird sie Ware. Was sie zur Gesellschaft beiträgt, ist nicht Kommunikation mit jener sondern ein sehr Mittelbares, Widerstand, in dem kraft der innerästhetischen Entwicklung die gesellschaftliche sich reproduziert, ohne daß sie nachgeahmt würde. Radikale Moderne wahrt die Immanenz der Kunst, bei Strafe ihrer Selbstaufhebung, derart, daß Gesellschaft einzig verdunkelt wie in den Träumen in sie eingelassen wird, denen man die Kunstwerke von je verglich. Nichts Gesellschaftliches in der Kunst ist es unmittelbar, auch nicht wo sie es ambitioniert. Jüngst mußte der gesellschaftlich engagierte Brecht, um seiner Haltung irgend zum künstlerischen Ausdruck zu verhelfen, von eben der gesellschaftlichen Realität sich entfernen, auf die seine Stücke es abgesehen haben. Er bedurfte jesuitischer Veranstaltungen, um, was er schrieb, so weit als sozialistischen Realismus zu tarnen, daß er der Inquisition entging. Musik plaudert aus der Schule aller Kunst. Wie in ihr die Gesellschaft, ihre Bewegung und ihre Widersprüche, nur schattenhaft vorkommen, aus ihr sprechend zwar, doch der Identifikation bedürftig, so ist es um jene in aller Kunst bestellt. Wo diese Gesellschaft abzubilden scheint, wird sie erst recht zum Als ob. Das Brechtische China ist, aus konträren Motiven, nicht weniger stilisiert als das Schillersche Messina. Alle moralischen Urteile über Roman- oder dramatische Figuren waren nichtig, selbst wenn sie den Urbildern zu Recht widerfuhren; Diskussionen darüber, ob der positive Held negative Züge tragen dürfe, bleiben so schwachsinnig, wie sie dem klingen, der sie jenseits des Bannkreises vernimmt. Form wirkt als Magnet, der die Elemente aus der Empirie in einer Weise ordnet, die sie dem Zusammenhang ihrer außerästhetischen Existenz entfremdet, und nur dadurch mögen sie der außerästhetischen Essenz mächtig werden. Umgekehrt vereint sich in der Praxis der Kulturindustrie sklavischer Respekt vor empirischen Details, der lückenlose Schein photographischer Treue nur desto erfolgreicher mit ideologischer Manipulation durch die Verwertung jener Elemente. Gesellschaftlich an der Kunst ist ihre immanente Bewegung gegen die Gesellschaft, nicht ihre manifeste Stellungnahme. Ihr geschichtlicher Gestus stößt die empirische Realität von sich ab, deren Teil doch die Kunstwerke als Dinge sind. Soweit von Kunstwerken eine gesellschaftliche Funktion sich prädizieren läßt, ist es ihre Funktionslosigkeit. Sie verkörpern durch ihre Differenz von der verhexten Wirklichkeit negativ einen Stand, in dem, was ist, an die rechte Stelle käme, an seine eigene. Ihr Zauber ist Entzauberung. Ihr gesellschaftliches Wesen bedarf der Doppelreflexion auf ihr Fürsichsein und auf ihre Relationen zur Gesellschaft. Ihr Doppelcharakter ist manifest in all ihren Erscheinungen; sie changieren und widersprechen sich selbst. Plausibel wurde von sozial progressiven Kritikern dem vielfach mit politischer Reaktion liierten l'art pour l'art-Programm der Fetischismus im Begriff des reinen, allein sich selbst genügenden Kunstwerks vorgeworfen. Daran trifft zu, daß die Kunstwerke, Produkte gesellschaftlicher Arbeit, ihrem Formgesetz untertan oder eines erzeugend, sich abdichten gegen das, was sie selbst sind. Insofern könnte ein jedes Kunstwerk vom Verdikt falschen Bewußtseins ereilt und der Ideologie zugerechnet werden. Formal sind sie, unabhängig von dem was sie sagen, Ideologie darin, daß sie a priori Geistiges als ein von den Bedingungen seiner materiellen Produktion Unabhängiges und darum höher Geartetes setzen und über die uralte Schuld in der Trennung körperlicher und geistiger Arbeit täuschen. Was durch jene Schuld zum Höheren ward, wird durch sie erniedrigt. Darum erschöpfen Kunstwerke mit Wahrheitsgehalt nicht sich im Begriff der Kunst; l'art pour l'art-Theoretiker wie Valéry haben darauf aufmerksam gemacht. Aber mit ihrem schuldhaften Fetischismus sind die Kunstwerke nicht abgetan, so wenig wie irgendein Schuldhaftes; denn nichts in der universal gesellschaftlich vermittelten Welt steht außerhalb ihres Schuldzusammenhangs. Der Wahrheitsgehalt der Kunstwerke jedoch, der auch ihre gesellschaftliche Wahrheit ist, hat ihren Fetischcharakter zur Bedingung. Das Prinzip des Füranderesseins, scheinbar Widerpart des Fetischismus, ist das des Tausches und in ihm vermummt sich die Herrschaft. Fürs Herrschaftslose steht ein nur, was jenem nicht sich fügt; für den verkümmerten Gebrauchswert das Nutzlose. Kunstwerke sind die Statthalter der nicht länger vom Tausch verunstalteten Dinge, des nicht durch den Profit und das falsche Bedürfnis der entwürdigten Menschheit Zugerichteten. Im totalen Schein ist der ihres Ansichseins Maske der Wahrheit. Der Hohn von Marx über den Schandpreis, den Milton fürs Verlorene Paradies erhielt, das ja nicht auf dem Markt als gesellschaftlich nützliche Arbeit sich ausweist87, ist als deren Denunziation die stärkste Verteidigung der Kunst gegen ihre bürgerliche Funktionalisierung, die in ihrer undialektisch gesellschaftlichen Verdammung sich fortsetzt. Eine befreite Gesellschaft wäre jenseits der Irrationalität ihrer faux frais und jenseits der Zweck-Mittel-Rationalität des Nutzens. Das Chiffriert sich in der Kunst und ist ihr gesellschaftlicher Sprengkopf. Sind die magischen Fetische eine der geschichtlichen Wurzeln der Kunst, so bleibt den Kunstwerken ein Fetischistisches beigemischt, das dem Warenfetischismus entragt. Weder können sie es aus sich ausscheiden noch verleugnen; auch gesellschaftlich ist das emphatische Moment des Scheins an den Kunstwerken als Korrektiv das Organon von Wahrheit. Kunstwerke, welche nicht so fetischistisch auf ihrer Stimmigkeit bestehen, als wären sie das Absolute, das sie nicht sein können, sind vorweg wertlos; wohl aber wird die Fortexistenz von Kunst prekär, sobald sie ihres Fetischismus sich bewußt wird und – wie seit der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts – auf ihn sich versteift. Ihre Verblendung kann sie nicht advozieren, ohne sie wäre sie nicht. Das treibt sie in die Aporie. Ein wenig über diese hinaus blickt nichts als die Einsicht in die Rationalität ihrer Irrationalität. Kunstwerke, die durch real höchst fragwürdige politische Eingriffe des Fetischismus sich entäußern wollen, verstricken sich durch unvermeidliche und vergebens angepriesene Simplifizierung regelmäßig gesellschaftlich in falsches Bewußtsein. In der kurzatmigen Praxis, der sie blind sich verschreiben, wird ihre eigene Blindheit prolongiert.

Die Objektivation der Kunst, von der Gesellschaft draußen her ihr Fetischismus, ist ihrerseits gesellschaftlich als Produkt der Arbeitsteilung. Darum ist das Verhältnis der Kunst zur Gesellschaft nicht vorwiegend in der Sphäre der Rezeption aufzusuchen. Es ist dieser vorgängig: in der Produktion. Das Interesse an der gesellschaftlichen Dechiffrierung der Kunst muß dieser sich zukehren, anstatt mit der Ermittlung und Klassifizierung von Wirkungen sich abspeisen zu lassen, die vielfach aus gesellschaftlichem Grunde von den Kunstwerken und ihrem objektiven gesellschaftlichen Gehalt gänzlich divergieren. Die menschlichen Reaktionen auf Kunstwerke sind seit undenklichen Zeiten aufs äußerste vermittelt, nicht unmittelbar auf die Sache bezogen; heute gesamtgesellschaftlich. Wirkungsforschung reicht weder an Kunst als Gesellschaftliches heran noch darf sie gar, wie sie unter positivistischem Geist es usurpiert, der Kunst Normen diktieren. Die Heteronomie, die durch die normative Wendung von Rezeptionsphänomenen der Kunst zugemutet würde, überträfe als ideologische Fessel alles Ideologische, das ihrer Fetischisierung inhärieren mag. Kunst und Gesellschaft konvergieren im Gehalt, nicht in einem dem Kunstwerk Äußerlichen. Das bezieht sich auch auf die Geschichte der Kunst. Kollektivierung des Individuums geht auf Kosten der gesellschaftlichen Produktivkraft. In der Geschichte von Kunst kehrt die reale wieder vermöge des Eigenlebens der aus dieser stammenden und dann von ihr abgesonderten Produktivkräfte. Darauf basiert die Erinnerung des Vergänglichen durch die Kunst. Sie bewahrt und vergegenwärtigt es, indem sie es verändert: das ist die gesellschaftliche Erklärung ihres Zeitkerns. Der Praxis sich enthaltend, wird Kunst zum Schema gesellschaftlicher Praxis: jedes authentische Kunstwerk wälzt in sich um. Während indessen Gesellschaft vermöge der Identität der Kräfte und auch der Verhältnisse in die Kunst gelangt, um darin zu verschwinden, hat umgekehrt Kunst, und wäre es die jeweils avancierteste, in sich die Tendenz zu ihrer Vergesellschaftung, zu ihrer sozialen Integration. Nur bringt ihr diese nicht, wie ein fortschrittsfreudiges Cliché es rühmt, durch nachträgliche Bestätigung den Segen von Gerechtigkeit. Meist schleift die Rezeption ab, worin sie bestimmte Negation der Gesellschaft war. Kritisch pflegen die Werke in der Ära ihres Erscheinens zu wirken; später werden sie, nicht zuletzt veränderter Verhältnisse wegen, neutralisiert. Neutralisierung ist der gesellschaftliche Preis der ästhetischen Autonomie. Liegen aber die Kunstwerke einmal im Pantheon der Bildungsgüter begraben, so sind auch sie selbst, ihr Wahrheitsgehalt beschädigt. In der verwalteten Welt ist Neutralisierung universal. Einmal begehrte der Surrealismus gegen die Fetischisierung der Kunst als Sondersphäre auf, wurde aber als die Kunst, die er doch auch war, über die reine Gestalt des Protests hinausgetrieben. Maler, bei denen nicht, wie bei André Masson, die Qualität der peinture den Ausschlag gab, bewerkstelligten eine Art Ausgleich zwischen Skandal und gesellschaftlicher Rezeption. Schließlich wurde Salvador Dali ein society-Maler zweiter Potenz, der Laszlo oder Van Dongen einer Generation, die sich im vagen Gefühl eines für Jahrzehnte stabilisierten Krisenzustands schmeichelte, ›sophisticated‹ zu sein. Damit war das falsche Nachleben des Surrealismus gestiftet. Moderne Strömungen, in denen schockhaft einbrechende Inhalte das Formgesetz zerrütteten, sind prädestiniert dazu, mit der Welt zu paktieren, die unsublimierte Stofflichkeit anheimelnd empfindet, sobald der Stachel entfernt ist. Im Zeitalter totaler Neutralisierung freilich bahnt falsche Versöhnung im Bereich radikal abstrakter Malerei ebenfalls sich an: Ungegenständliches eignet sich zum Wandschmuck des neuen Wohlstands. Ob dadurch auch die immanente Qualität sich mindert, ist ungewiß; die Begeisterung, mit der Reaktionäre die Gefahr unterstreichen, spricht gegen diese. Tatsächlich idealistisch wäre es, das Verhältnis von Kunst und Gesellschaft allein in den gesellschaftlichen Strukturproblemen, als sozial vermittelten, zu lokalisieren. Der Doppelcharakter von Kunst: der von Autonomie und fait social äußert stets wieder sich in handfesten Abhängigkeiten und Konflikten der beiden Sphären. Vielfach wird unmittelbar gesellschaftlich-ökonomisch in die künstlerische Produktion eingegriffen; gegenwärtig etwa durch langfristige Verträge von Malern mit Kunsthändlern, die das begünstigen, was kunstgewerblich eigene Note, schnodderig Masche heißt. Daß der deutsche Expressionismus seinerzeit so rasch sich verflüchtigte, mag künstlerische Gründe haben im Konflikt zwischen der Idee des Werkes, auf das er noch ausging, und der spezifischen des absoluten Schreis. Nicht ohne Verrat sind expressionistische Werke ganz gelungen. Mitspielte weiter, daß das Genre politisch veraltete, als sein revolutionärer Impetus sich nicht realisierte und als die Sowjetunion radikale Kunst zu verfolgen begann. Nicht zu unterschlagen jedoch ist, daß die Autoren der damals nicht rezipierten Bewegung – sie wurde es erst vierzig oder fünfzig Jahre später – gezwungen waren zu leben und, wie man in Amerika sagt, to go commercial; an den meisten deutschen expressionistischen Schriftstellern, die den ersten Weltkrieg überlebten, wäre das zu demonstrieren. Soziologisch ist am Schicksal der Expressionisten der Primat des bürgerlichen Berufsbegriffs über das reine Ausdrucksbedürfnis zu lernen, das, wie immer naiv und verwässert, die Expressionisten inspirierte. In der bürgerlichen Gesellschaft sind die Künstler, wie alle geistig Produzierenden, genötigt weiterzumachen, sobald sie einmal als Künstler firmieren. Ausgediente Expressionisten haben nicht ungern verheißungsvoll marktgängige Themen sich ausgewählt. Der Mangel an immanenter Nötigung zur Produktion bei gleichzeitigem wirtschaftlichen Zwang zu ihrer Fortsetzung teilt dem Produkt als dessen objektive Gleichgültigkeit sich mit.

Unter den Vermittlungen von Kunst und Gesellschaft ist die stoffliche, die Behandlung offen oder verhüllt gesellschaftlicher Gegenstände, die oberflächlichste und trügerischste. Daß die Plastik eines Kohlenträgers gesellschaftlich a priori mehr besage als eine ohne proletarische Helden, wird nachgerade nur dort noch nachgebetet, wo die Kunst, nach volksdemokratischem Sprachgebrauch, strikt ›meinungsbildend‹, als wirkender Faktor in die Realität einbezogen und deren Zwecken subsumiert wird, meist um die Produktion zu steigern. Meuniers idealisierter Kohlenträger fügte sich samt seinem Realismus jener bürgerlichen Ideologie ein, die dadurch mit dem damals noch sichtbaren Proletariat fertig wurde, indem sie auch ihm schönes Menschentum und edle Physis bescheinigte. Auch ungeschminkter Naturalismus geht vielfach mit verdrücktem, psychoanalytisch: analem Vergnügen, dem deformierten bürgerlichen Charakter zusammen. Leicht weidet er sich an dem Elend und der Verkommenheit, die er geißelt; Zola hat wie Blut-und Boden-Autoren die Fruchtbarkeit verherrlicht und antisemitische Clichés verwendet. Keine Grenze zwischen Aggressivität und Konformismus der Anklage ist in der Stoffschicht zu ziehen. Die Vortragsbezeichnung über einem Agitprop-Chor, der Arbeitslosen in den Mund gelegt war: er solle häßlich gesungen werden, mochte um 1930 als Gesinnungspaß fungieren, wie er kaum je von fortgeschrittenem Bewußtsein zeugte; stets aber war ungewiß, ob die künstlerische Attitüde des Grölens und der Roheit diese in der Realität denunziert oder mit ihr sich identifiziert. Denunziation wäre wohl nur dem möglich, was stoffgläubige Sozialästhetik vernachlässigt, der Gestaltung. Gesellschaftlich entscheidet an den Kunstwerken, was an Inhalt aus ihren Formstrukturen spricht. Kafka, in dessen Werk der Monopolkapitalismus nur entfernt erscheint, kodifiziert am Abhub der verwalteten Welt getreuer und mächtiger, was den Menschen unterm totalen gesellschaftlichen Bann widerfährt, als Romane über korrupte Industrietrusts. Daß Form der Ort des gesellschaftlichen Gehalts sei, ist bei Kafka zu konkretisieren an der Sprache. Auf deren Sachlichkeit, das Kleistische ist häufig aufmerksam gemacht worden, und seine ebenbürtigen Leser haben den Widerspruch zu den durch ihren imaginären Charakter so nüchterner Darstellung entrückten Vorgängen erkannt. Aber nicht nur wird jener Kontrast dadurch produktiv, daß er das Unmögliche durch quasi realistische Deskription in bedrohliche Nähe holt. Gleichwohl hat die für engagierte Ohren allzu artistische Kritik an den realistischen Zügen der Kafkaschen Form ihren gesellschaftlichen Aspekt. Durch manche dieser Züge wird Kafka einem Ideal von Ordnung, womöglich von einfachem Leben und bescheidener Tätigkeit an der zugewiesenen Stelle erträglich, das seinerseits Deckbild sozialer Repression ward. Der sprachliche Habitus des So-und-nicht-anders-Seins ist das Medium, kraft dessen der gesellschaftliche Bann Erscheinung wird. Ihn zu nennen hütet Kafka sich weislich, als würde sonst der Bann gebrochen, dessen unüberwindliche Allgegenwart den Raum des Kafkaschen Werks definiert und der, als sein Apriori, nicht thematisch werden kann. Seine Sprache ist das Organon jener Konfiguration von Positivismus und Mythos, die gesellschaftlich jetzt erst ganz durchschaubar wird. Verdinglichtes Bewußtsein, das die Unausweichlichkeit und Unabänderlichkeit des Seienden voraussetzt und bestätigt, ist als Erbe des alten Banns die neue Gestalt des Mythos des Immergleichen. Kafkas epischer Stil ist, in seinem Archaismus, Mimesis an die Verdinglichung. Während sein Werk den Mythos zu transzendieren sich versagen muß, macht es in ihm den Verblendungszusammenhang der Gesellschaft kenntlich durch das Wie, die Sprache. Seinem Bericht ist der Aberwitz so selbstverständlich, wie er der Gesellschaft geworden ist. Sozial stumm sind Produkte, die ihr Soll erfüllen, indem sie das Gesellschaftliche, von dem sie handeln, tel quel wieder von sich geben und solchen Stoffwechsel mit der zweiten Natur als Abspiegelung sich zum höheren Ruhm anrechnen. Das künstlerische Subjekt an sich ist gesellschaftlich, nicht privat. Keineswegs wird es gesellschaftlich durch Zwangskollektivierung oder Stoffwahl. Im Zeitalter des repressiven Kollektivismus hat Kunst die Kraft des Widerstands gegen die kompakte Majorität, die zu einem Kriterium der Sache und ihrer gesellschaftlichen Wahrheit geworden ist, im einsam und ungedeckt Produzierenden, ohne daß dadurch im übrigen kollektive Produktionsformen wie die von Schönberg projektierten Komponierateliers ausgeschlossen würden. Indem der Künstler in seiner Produktion zur eigenen Unmittelbarkeit stets auch negativ sich verhält, gehorcht er bewußtlos einem gesellschaftlich Allgemeinen: bei jeder geglückten Korrektur sieht ihm das Gesamtsubjekt über die Schulter, das noch nicht geglückt ist. Die Kategorien künstlerischer Objektivität sind mit der gesellschaftlichen Emanzipation, wo die Sache aus ihrem eigenen Impetus heraus von gesellschaftlicher Konvention und Kontrolle sich befreit. Dabei dürfen die Kunstwerke es nicht bei einer vagen und abstrakten Allgemeinheit belassen wie der Klassizismus. Gespaltenheit und damit der konkrete geschichtliche Stand des ihnen Heterogenen ist ihre Bedingung. Ihre gesellschaftliche Wahrheit hängt daran, daß sie jenem Gehalt sich öffnen. Er wird ebenso zu ihrem Stoff, den sie sich anbilden, wie ihr Formgesetz die Spaltung nicht glättet sondern, indem es sie zu gestalten erheischt, sie zur eigenen Sache macht. – So tief – und weithin noch dunkel – der Anteil der Wissenschaft an der Entfaltung der künstlerischen Produktivkräfte ist; so sehr gerade durch der Wissenschaft abgelernte Methoden Gesellschaft in die Kunst hineinreicht, so wenig wird darum doch die künstlerische Produktion, und wäre es die eines integralen Konstruktivismus, wissenschaftlich. Alle wissenschaftlichen Funde verlieren in ihr den Charakter der Wörtlichkeit: an der Modifikation der optisch-perspektivischen Gesetze in der Malerei, der natürlichen Obertonverhältnisse in der Musik wäre das zu entnehmen. Wenn die von der Technik verängstigte Kunst sich ihr Plätzchen zu konservieren trachtet, indem sie ihren eigenen Übergang in Wissenschaft verkündet, so verkennt sie den Stellenwert der Wissenschaften in der empirischen Realität. Andererseits ist auch nicht, wie es dem Irrationalismus beliebte, das ästhetische Prinzip als sakrosankt wider Wissenschaften auszuspielen. Kunst ist kein unverbindliches kulturelles Komplement der Wissenschaft sondern zu ihr kritisch gespannt. Was etwa den gegenwärtigen Geisteswissenschaften als ihre immanente Unzulänglichkeit: ihr Mangel an Geist vorzuwerfen ist, das ist stets fast zugleich Mangel an ästhetischem Sinn. Nicht umsonst wird die approbierte Wissenschaft zur Wut gereizt, wann immer in ihrem Umkreis sich regt, was sie der Kunst attribuiert, um in ihrem eigenen Betrieb ungeschoren zu bleiben; daß einer schreiben kann, macht ihn wissenschaftlich suspekt. Grobheit des Denkens ist die Unfähigkeit, in der Sache zu differenzieren, und Differenziertheit eine ästhetische Kategorie sowohl wie eine der Erkenntnis. Wissenschaft und Kunst sind nicht zu verschmelzen, aber die in beiden geltenden Kategorien sind nicht absolut verschieden. Das konformierende Bewußtsein will es umgekehrt, einerseits unkräftig zur Unterscheidung von beidem, andererseits nicht willens zur Einsicht, daß in den nichtidentischen Sphären identische Kräfte wirken. Das gilt moralisch nicht minder. Brutalität gegen die Sachen ist potentiell eine gegen die Menschen. Das Rohe, subjektiver Kern des Bösen, wird von Kunst, der das Ideal des Durchgeformten unabdingbar ist, a priori negiert: das, nicht die Verkündigung moralischer Thesen oder die Erzielung moralischer Wirkung ist ihre Teilhabe an der Moral und verbindet sie einer menschenwürdigeren Gesellschaft.

Gesellschaftliche Kämpfe, Klassenverhältnisse drücken in der Struktur von Kunstwerken sich ab; die politischen Positionen, die Kunstwerke von sich aus beziehen, sind demgegenüber Epiphänomene, meist zu Lasten der Durchbildung der Kunstwerke und damit am Ende auch ihres gesellschaftlichen Wahrheitsgehalts. Mit Gesinnung ist wenig getan. Zu streiten wird darüber sein, wie weit die attische Tragödie, auch die Euripideische, in den heftigen sozialen Konflikten der Epoche Partei ergriff; die Richtungstendenz der tragischen Form gegenüber den mythischen Stoffen jedoch, die Lösung des Bannes von Schicksal und die Geburt von Subjektivität, bezeugt ebenso gesellschaftliche Emanzipation von feudal-familialen Zusammenhängen wie, in der Kollision zwischen mythischer Satzung und Subjektivität, den Antagonismus zwischen der dem Schicksal verbündeten Herrschaft und der zur Mündigkeit erwachenden Humanität. Daß die geschichtsphilosophische Tendenz sowohl wie der Antagonismus zum Formapriori geworden sind, anstatt bloß stofflich behandelt zu werden, verleiht der Tragödie ihre gesellschaftliche Substantialität: Gesellschaft erscheint in ihr desto authentischer, je weniger sie intendiert wird. Die Parteiischkeit, welche die Tugend von Kunstwerken nicht weniger als von Menschen ist, lebt in der Tiefe, in der gesellschaftliche Antinomien zur Dialektik der Formen werden: indem Künstler ihnen durch die Synthesis des Gebildes zur Sprache verhelfen, tun sie gesellschaftlich das Ihre; selbst Lukács fühlte sich, in seiner Spätzeit, zu derlei Erwägungen genötigt. Gestaltung, welche die wortlosen und stummen Widersprüche artikuliert, hat dadurch Züge einer Praxis, die nicht nur vor der realen sich flüchtet; genügt dem Begriff von Kunst selbst als einer Verhaltensweise. Sie ist eine Gestalt von Praxis und muß nicht dafür sich entschuldigen, daß sie nicht direkt agiert: selbst dann vermöchte sie es nicht, wenn sie es wollte, die politische Wirkung auch der sogenannten engagierten ist höchst ungewiß. Die gesellschaftlichen Standpunkte der Künstler mögen ihre Funktion beim Einbruch ins konformierende Bewußtsein haben, in der Entfaltung der Werke treten sie zurück. Über den Wahrheitsgehalt Mozarts besagt es nichts, daß er beim Tod Voltaires abscheuliche Ansichten äußerte. Im Zeitalter ihres Erscheinens freilich ist von dem, was Kunstwerke wollen, auch nicht zu abstrahieren; wer Brecht einzig seiner künstlerischen Meriten wegen würdigt, verfehlt ihn nicht weniger, als wer über seine Bedeutung nach seinen Thesen urteilt. Die Immanenz der Gesellschaft im Werk ist das wesentliche gesellschaftliche Verhältnis der Kunst, nicht die Immanenz von Kunst in der Gesellschaft. Weil der gesellschaftliche Gehalt der Kunst nicht außerhalb ihres principium individuationis angesiedelt sondern in der Individuation beheimatet ist, ihrerseits einem Sozialen, ist der Kunst ihr eigenes gesellschaftliches Wesen verhüllt und erst von ihrer Interpretation zu ergreifen.

Noch in Kunstwerken jedoch, die bis ins Innerste mit Ideologie versetzt sind, vermag der Wahrheitsgehalt sich zu behaupten. Ideologie, als gesellschaftlich notwendiger Schein, ist in solcher Notwendigkeit stets auch die verzerrte Gestalt des Wahren. Es ist eine Schwelle des gesellschaftlichen Bewußtseins von Ästhetik gegen die Banausie, daß sie die gesellschaftliche Kritik am Ideologischen von Kunstwerken reflektiert, anstatt sie nachzubeten. Ein Modell des Wahrheitsgehalts eines in seinen Intentionen durchaus ideologischen œuvres ist Stifter. Ideologisch sind nicht nur die konservativ-restaurativ ausgewählten Stoffe und das fabula docet, sondern auch die objektivistische Formgebarung, welche mikrologisch zarte Empirie, ein sinnvoll richtiges Leben, von dem sich erzählen ließe, suggeriert. Darum wurde Stifter zum Abgott eines edel-retrospektiven Bürgertums. Die Schichten, die ihm seine halb esoterische Popularität verschafften, blättern ab. Damit jedoch ist nicht das letzte Wort über ihn gesagt, Versöhntheit und Versöhnlichkeit zumal seiner Spätphase sind outriert. Objektivität erstarrt zur Maske, beschworenes Leben wird zum abweisenden Ritual. Durch die Exzentrizität des Mittleren schimmert das verschwiegene und verleugnete Leid des entfremdeten Subjekts hindurch und die Unversöhntheit des Zustands. Blaß und fahl ist das Licht über seiner reifen Prosa, als wäre sie allergisch gegen das Glück der Farbe; sie wird gleichsam zur Graphik reduziert durch den Ausschluß des Störenden und Ungebärdigen einer sozialen Realität, die mit der Gesinnung des Dichters so unvereinbar ist wie mit dem epischen Apriori, das er krampfhaft von Goethe übernahm. Was gegen den Willen dieser Prosa durch die Diskrepanz ihrer Form und der bereits kapitalistischen Gesellschaft sich zuträgt, wächst ihrem Ausdruck zu. Ideologische Überspannung verleiht dem Werk mittelbar seinen unideologischen Wahrheitsgehalt, seine Überlegenheit über alle Literatur tröstenden Zuspruchs und beflissen landschaftlicher Geborgenheit und erwirbt ihm die authentische Qualität, die Nietzsche bewunderte. Er übrigens ist das Paradigma dafür, wie wenig dichterische Intention, sogar der von einem Kunstwerk unmittelbar verkörperte oder vertretene Sinn seinem objektiven Gehalt gleicht; bei ihm ist der Gehalt wahrhaft die Negation des Sinns, wäre aber nicht, ohne daß dieser vom Kunstwerk vermeint wäre und dann durch dessen eigene Komplexion aufgehoben. Affirmation wird zur Chiffre von Verzweiflung, und die reinste Negativität des Gehalts enthält, wie bei Stifter, ein Gran von Affirmation. Der Glanz, den heute die alle Affirmation tabuierenden Kunstwerke ausstrahlen, ist die Erscheinung des affirmativen ineffabile, des Aufgangs eines Nichtseienden, als ob es doch wäre. Sein Anspruch zu sein erlischt im ästhetischen Schein, was nicht ist, wird jedoch dadurch, daß es erscheint, versprochen. Die Konstellation von Seiendem und Nichtseiendem ist die utopische Figur von Kunst. Während sie zur absoluten Negativität gedrängt wird, ist sie kraft eben jener Negativität kein absolut Negatives. Das antinomische Wesen des affirmativen Rests teilt sich den Kunstwerken keineswegs erst in ihrer Stellung zum Seienden als der Gesellschaft mit, sondern immanent, und verbreitet Zwielicht über sie. Keine Schönheit kann heute der Frage mehr ausweichen, ob sie denn auch schön sei und nicht durch prozeßlose Affirmation erschlichen. Der Widerwille gegen Kunstgewerbe ist, verschoben, das schlechte Gewissen von Kunst überhaupt, das sich beim Aufklingen eines jeglichen Akkords, im Angesicht einer jeglichen Farbe regt. Gesellschaftliche Kritik an Kunst braucht diese nicht erst von außen abzutasten: sie wird von den innerästhetischen Formationen gezeitigt. Die gesteigerte Empfindlichkeit des ästhetischen Sinnes nähert asymptotisch der gesellschaftlich motivierten gegen Kunst sich an. – Ideologie und Wahrheit der Kunst verhalten sich zueinander nicht wie Schafe und Böcke. Sie hat das eine nicht ohne das andere, solche Reziprozität lockt ihrerseits ebenso zum ideologischen Mißbrauch, wie sie zur summarischen Abfertigung im Kahlschlag-Stil ermuntert. Nur ein Schritt ist von der Utopie des sich selbst Gleichseins der Kunstwerke zum Gestank der himmlischen Rosen, welche die Kunst, wie nach Schillers Tirade die Frauen, ins irdische Leben streue. Je schamloser die Gesellschaft zu jener Totalität übergeht, in der sie wie allem auch der Kunst ihren Stellenwert zuweist, desto vollständiger polarisiert sie sich nach Ideologie und Protest; und diese Polarisierung gerät ihr schwerlich zum Guten. Der absolute Protest engt sie ein und springt um auf ihre eigene raison d'être, die Ideologie verdünnt sie zur armseligen und autoritären Kopie der Realität.

In der nach der Katastrophe auferstandenen Kultur vollends nimmt Kunst durch ihr schieres Dasein, vor allem Inhalt und Gehalt, ein Ideologisches an. Ihr Mißverhältnis zu dem geschehenen und drohenden Grauen verdammt sie zum Zynismus; noch dort lenkt sie davon ab, wo sie ihm sich stellt. Ihre Objektivation impliziert Kälte der Realität gegenüber. Das degradiert sie zur Spießgesellin derselben Barbarei, der sie nicht minder verfällt, wo sie die Objektivation drangibt und unvermittelt, wäre es auch durchs polemische Engagement, mitspielt. Jedes Kunstwerk heute, auch das radikale, hat seinen konservativen Aspekt; seine Existenz hilft, die Sphären von Geist und Kultur zu befestigen, deren reale Ohnmacht und deren Komplizität mit dem Prinzip des Unheils nackt zutage treten. Aber dies Konservative, wider den Trend zur sozialen Integration stärker in den avanciertesten Gebilden als in den gemäßigten, ist nicht nur wert, daß es zugrunde geht. Einzig wofern Geist, in seiner fortgeschrittensten Gestalt, überlebt und weitertreibt, ist überhaupt Widerstand gegen die Allherrschaft der gesellschaftlichen Totale möglich. Eine Menschheit, der nicht der fortschreitende Geist übermachte, was sie zu liquidieren sich anschickt, versänke in jener Barbarei, die eine vernünftige Einrichtung der Gesellschaft verhindern soll. Kunst verkörpert noch als tolerierte in der verwalteten Welt, was nicht sich einrichten läßt und was die totale Einrichtung unterdrückt. Die neugriechischen Tyrannen wußten, warum sie Becketts Stücke verboten, in denen kein politisches Wort fällt. Asozialität wird zur sozialen Legitimation von Kunst. Um der Versöhnung willen müssen die authentischen Werke jede Erinnerungsspur von Versöhnung tilgen. Gleichwohl wäre die Einheit, der noch das Dissoziative nicht entrinnt, nicht ohne die alte Versöhnung. Kunstwerke sind a priori gesellschaftlich schuldig, während ein jedes, das den Namen verdient, seine Schuld zu büßen trachtet. Die Möglichkeit zu überleben haben sie daran, daß ihre Anstrengung zur Synthesis auch Unversöhnlichkeit ist. Ohne die Synthesis, welche das Kunstwerk als autonomes der Realität konfrontiert, wäre nichts außerhalb von deren Bann; das Prinzip der Abtrennung des Geistes, das den Bann um sich verbreitet, ist auch das, welches ihn durchbricht, indem es ihn bestimmt.

Daß die nominalistische Tendenz der Kunst im Extrem der Abschaffung vorgegebener Ordnungskategorien soziale Implikate hat, ist an den Feinden neuer Kunst, bis zu Emil Staiger, evident. Ihre Sympathie für das, was in ihrer Sprache Leitbild heißt, ist unmittelbar eine mit gesellschaftlicher, zumal sexueller Repression. Die Verbindung sozialreaktionärer Haltung mit Haß gegen die künstlerische Moderne, der Analyse des autoritätshörigen Charakters einleuchtend, wird von der alten und neuen faschistischen Propaganda dokumentiert und bestätigt sich auch der empirischen Sozialforschung. Die Wut gegen die vorgebliche Zerstörung sakrosankter und eben darum schon gar nicht mehr erfahrener Kulturgüter ist Deckbild der real zerstörenden Wünsche der Entrüsteten. Dem herrschenden Bewußtsein ist eines, das es anders möchte, durch Abweichung vom Verhärteten allemal chaotisch. Regelmäßig wettern solche am heftigsten gegen die Anarchie der neuen Kunst, mit der es meist gar nicht so weit her ist, die durch grobe Fehler auf dem simpelsten Informationsniveau der Unkenntnis des Verhaßten sich überführen; unansprechbar sind sie auch darin, daß sie, was abzulehnen sie vorweg entschlossen sind, gar nicht erst erfahren mögen. Unbestreitbar die Mitschuld der Arbeitsteilung an alldem. So wenig der nicht Spezialisierte ohne weiteres die jüngsten Entwicklungen der Kernphysik versteht, so wenig wird ein Nichtfachmann sehr komplexe neue Musik oder Malerei begreifen. Während man aber, im Vertrauen auf die prinzipiell von jedem nachvollziehbare Rationalität, die auf die jüngsten physikalischen Theoreme führt, mit deren Unverständlichkeit sich abfindet, wird sie in der neuen Kunst als schizoide Willkür gebrandmarkt, obwohl das ästhetisch Unverständliche nicht weniger als wissenschaftliche Esoterik von Erfahrung weggeschafft werden kann. Kunst vermag einzig noch durch konsequente Arbeitsteilung hindurch ihre humane Allgemeinheit irgend zu realisieren: alle andere ist falsches Bewußtsein. Gebilde von Qualität sind, als in sich durchgeformt, objektiv weniger chaotisch als ungezählte mit ordentlicher Fassade, die ihnen notdürftig aufgeklatscht ist, während ihre eigene Gestalt darunter zerbröckelt. Das stört wenige. Tief neigt der bürgerliche Charakter dazu, wider bessere Einsicht am Schlechten festzuhalten; ein Grundbestand von Ideologie ist es, daß sie nie ganz geglaubt wird, von Selbstverachtung schreitet sie zur Selbstzerstörung fort. Das halbgebildete Bewußtsein beharrt auf dem ›Mir gefällt es‹, zynisch-verlegen darüber lächelnd, daß der Kulturschund eigens fabriziert wird, um den Konsumenten hinters Licht zu führen: Kunst soll als Freizeitbeschäftigung bequem und unverbindlich sein; den Betrug nehmen sie in Kauf, weil sie insgeheim ahnen, daß das Prinzip ihres eigenen gesunden Realismus der Betrug des Gleich um Gleich ist. In solchem falschen und zugleich kunstfeindlichen Bewußtsein entfaltet sich das Fiktionsmoment der Kunst, ihr Scheincharakter in der bürgerlichen Gesellschaft: mundus vult decipi lautet ihr kategorischer Imperativ für den künstlerischen Konsum. Davon wird jegliche vorgeblich naive künstlerische Erfahrung mit Fäulnis überzogen; insofern ist sie unnaiv. Objektiv wird das vorherrschende Bewußtsein zu jenem verstockten Verhalten bewogen, weil die Vergesellschafteten vor dem Begriff der Mündigkeit, auch der ästhetischen, versagen müssen, den die Ordnung postuliert, welche sie als die ihre beanspruchen und um jeden Preis festhalten. Der kritische Begriff von Gesellschaft, der den authentischen Kunstwerken ohne ihr Zutun inhäriert, ist unvereinbar mit dem, was die Gesellschaft sich selbst dünken muß, um so fortzufahren, wie sie ist; das herrschende Bewußtsein kann von seiner eigenen Ideologie nicht sich befreien, ohne die gesellschaftliche Selbsterhaltung zu schädigen. Das verleiht scheinbar abseitigen ästhetischen Kontroversen ihre soziale Relevanz.

Daß Gesellschaft in den Kunstwerken, mit polemischer Wahrheit sowohl wie ideologisch, ›erscheint‹, verleitet zur geschichtsphilosophischen Mystifizierung. Allzu leicht könnte Spekulation auf eine vom Weltgeist veranstaltete prästabilierte Harmonie zwischen der Gesellschaft und den Kunstwerken verfallen. Aber Theorie muß vor ihrem Verhältnis nicht kapitulieren. Der Prozeß, der in den Kunstwerken sich vollzieht und in ihnen stillgestellt wird, ist als gleichen Sinnes mit dem gesellschaftlichen Prozeß zu denken, in den die Kunstwerke eingespannt sind; nach Leibnizens Formel repräsentieren sie ihn fensterlos. Die Konfiguration der Elemente des Kunstwerks zu dessen Ganzem gehorcht immanent Gesetzen, die denen der Gesellschaft draußen verwandt sind. Gesellschaftliche Produktivkräfte sowohl wie Produktionsverhältnisse kehren der bloßen Form nach, ihrer Faktizität entäußert, in den Kunstwerken wieder, weil künstlerische Arbeit gesellschaftliche Arbeit ist; stets sind es auch ihre Produkte. Nicht an sich sind die Produktivkräfte in den Kunstwerken verschieden von den gesellschaftlichen sondern nur durch ihre konstitutive Absentierung von der realen Gesellschaft. Kaum etwas dürfte in den Kunstwerken getan oder erzeugt werden, was nicht sein wie immer auch latentes Vorbild in gesellschaftlicher Produktion hätte. Die verbindliche Kraft der Kunstwerke jenseits des Bannkreises ihrer Immanenz gründet in jener Affinität. Sind tatsächlich die Kunstwerke absolute Ware als jenes gesellschaftliche Produkt, das jeden Schein des Seins für die Gesellschaft abgeworfen hat, den sonst Waren krampfhaft aufrecht erhalten, so geht das bestimmende Produktionsverhältnis, die Warenform, ebenso in die Kunstwerke ein wie die gesellschaftliche Produktivkraft und der Antagonismus zwischen beidem. Die absolute Ware wäre der Ideologie ledig, welche der Warenform innewohnt, die prätendiert, ein Für anderes zu sein, während sie ironisch ein bloßes Für sich: das für die Verfügenden ist. Solcher Umschlag von Ideologie in Wahrheit freilich ist einer des ästhetischen Gehalts, keiner der Stellung der Kunst zur Gesellschaft unmittelbar. Auch die absolute Ware ist verkäuflich geblieben und zum ›natürlichen Monopol‹ geworden. Daß Kunstwerke, wie einmal Krüge und Statuetten, auf dem Markt feilgeboten werden, ist nicht ihr Mißbrauch sondern die einfache Konsequenz aus ihrer Teilhabe an den Produktionsverhältnissen. Durchaus unideologisch ist Kunst wohl überhaupt nicht möglich. Durch ihre bloße Antithese zur empirischen Realität wird sie es nicht; Sartre88 hat mit Recht hervorgehoben, daß das l'art pour l'art-Prinzip, das in Frankreich seit Baudelaire ähnlich prävaliert wie in Deutschland das ästhetische Ideal der Kunst als moralischer Zwangsanstalt, vom Bürgertum als Mittel der Neutralisierung von Kunst ebenso willig rezipiert wurde, wie man in Deutschland die Kunst als kostümierten Bundesgenossen sozialer Kontrolle der Ordnung einverleibte. Was Ideologie ist am l'art pour l'art-Prinzip, hat seinen Ort nicht in der energischen Antithese der Kunst zur Empirie sondern in der Abstraktheit und Fazilität jener Antithese. Die Idee der Schönheit, welche das l'art pour l'art-Prinzip aufrichtet, soll zwar, jedenfalls in der nach-Baudelaireschen Entwicklung, nicht formal-klassizistisch sein, schneidet aber doch jeden Inhalt als störend ab, der nicht schon diesseits des Formgesetzes, also gerade anti-artistisch, einem dogmatischen Kanon des Schönen sich beugt: solchen Geistes moniert George in einem Brief an Hofmannsthal, daß dieser in einer Bemerkung zum Tod des Tizian den Maler an der Pest sterben lasse89. Der Schönheitsbegriff des l'art pour l'art wird eigentümlich leer und stoffbefangen zugleich, eine Jugendstilveranstaltung, wie sie in den Ibsenschen Formeln vom Weinlaub im Haar und vom In Schönheit Sterben sich verriet. Schönheit, ohnmächtig zur Bestimmung ihrer selbst, die sie nur an ihrem Anderen gewönne, eine Luftwurzel gleichsam, wird verstrickt ins Schicksal des erfundenen Ornaments. Beschränkt ist diese Idee des Schönen, weil sie in unmittelbare Antithese zur als häßlich verstoßenen Gesellschaft sich begibt, anstatt, wie noch Baudelaire und Rimbaud, ihre Antithese aus dem Inhalt – bei Baudelaire der imagerie von Paris – zu ziehen und zu erproben: so allein würde die Distanz zum Eingriff bestimmter Negation. Gerade die Autarkie der neuromantischen und symbolistischen Schönheit, ihre Zimperlichkeit jenen gesellschaftlichen Momenten gegenüber, an denen allein Form eine würde, hat sie so rasch konsumfähig gemacht. Sie betrügt dadurch über die Warenwelt, daß sie sie ausspart; das qualifiziert sie als Ware. Ihre latente Warenform hat innerkünstlerisch die Gebilde des l'art pour l'art zu dem Kitsch verurteilt, als der sie heute belächelt werden. An Rimbaud wäre zu zeigen, wie in seinem Artismus die schneidende Antithese zur Gesellschaft und Willfähriges: die Rilkesche Verzückung über den Duft der alten Truhe, auch Cabaret-Chansons, unverbunden nebeneinander stehen; schließlich triumphierte die Versöhnlichkeit, und das l'art pour l'art-Prinzip war nicht zu retten. Auch gesellschaftlich ist darum die Situation von Kunst heute aporetisch. Läßt sie von ihrer Autonomie nach, so verschreibt sie sich dem Betrieb der bestehenden Gesellschaft; bleibt sie strikt für sich, so läßt sie als harmlose Sparte unter anderen nicht minder gut sich integrieren. In der Aporie erscheint die Totalität der Gesellschaft, die verschluckt, was immer auch geschieht. Daß Werke der Kommunikation absagen, ist eine notwendige, keineswegs die zureichende Bedingung ihres unideologischen Wesens. Zentrales Kriterium ist die Kraft des Ausdrucks, durch dessen Spannung die Kunstwerke mit wortlosem Gestus beredt werden. Im Ausdruck enthüllen sie sich als gesellschaftliches Wundmal; Ausdruck ist das soziale Ferment ihrer autonomen Gestalt. Kronzeuge dafür wäre Picassos Guernica-Bild, das bei strikter Unvereinbarkeit mit dem verordneten Realismus, gerade durch inhumane Konstruktion, jenen Ausdruck gewinnt, der es zum sozialen Protest schärft jenseits aller kontemplativen Mißverständlichkeit. Die gesellschaftlich kritischen Zonen der Kunstwerke sind die, wo es wehtut; wo an ihrem Ausdruck geschichtlich bestimmt die Unwahrheit des gesellschaftlichen Zustands zutage kommt. Darauf eigentlich reagiert die Wut.

Kunstwerke vermögen es, ihr Heteronomes, ihre Verflochtenheit in die Gesellschaft, sich zuzueignen, weil sie selbst stets zugleich auch ein Gesellschaftliches sind. Gleichwohl hat ihre Autonomie, mühsam der Gesellschaft abgezwungen und gesellschaftlich entsprungen in sich, die Möglichkeit des Rückschlags in Heteronomie; alles Neue ist schwächer als das akkumulierte Immergleiche und bereit, dorthin zu regredieren, woher es kam. Das in der Objektivation der Werke verkapselte Wir ist nicht radikal anders als das auswendige, wenn auch häufig Residuum eines real vergangenen. Darum ist der kollektive Appell nicht bloß der Sündenfall der Werke, sondern etwas in ihrem Formgesetz impliziert ihn. Nicht aus purer Obsession mit Politik mag die große griechische Philosophie der ästhetischen Wirkung so viel mehr Gewicht verleihen, als ihr objektiver Tenor erwarten läßt. Seitdem Kunst in die theoretische Besinnung einbezogen ward, ist diese in Versuchung, indem sie über die Kunst sich erhebt, unter sie herabzusinken und sie Machtverhältnissen auszuliefern. Was man heute Ortsbestimmung nennt, muß aus dem ästhetischen Bannkreis heraustreten; die wohlfeile Souveränität, die der Kunst ihre soziale Stelle zuweist, behandelt sie, nachdem sie ihre Formimmanenz als eitel naive Selbsttäuschung abgetan hat, leicht, wie wenn sie nichts anderes wäre denn das, wozu ihr Stellenwert in der Gesellschaft sie verurteilt. Die Zensuren, die Platon der Kunst erteilt je nach dem, ob sie den militärischen Tugenden der von ihm mit Utopie verwechselten Volksgemeinschaft entspricht oder nicht, seine totalitäre Rancune gegen wirkliche oder gehässig erfundene Dekadenz, auch seine Aversion gegen die Lügen der Dichter, die doch nichts anderes sind als der Scheincharakter von Kunst, den er zur bestehenden Ordnung ruft – all das befleckt den Begriff der Kunst im gleichen Augenblick, da er erstmals reflektiert wird. Die Reinigung der Affekte in der Aristotelischen Poetik bekennt sich zwar nicht mehr so unverhohlen zu Herrschaftsinteressen, wahrt sie aber doch, indem sein Ideal von Sublimierung Kunst damit beauftragt, anstelle der leibhaften Befriedigung von Instinkten und Bedürfnissen des visierten Publikums den ästhetischen Schein als Ersatzbefriedigung zu instaurieren: Katharsis ist eine Reinigungsaktion gegen die Affekte, einverstanden mit Unterdrückung. Überaltert ist die Aristotelische Katharsis als ein Stück Kunstmythologie, den tatsächlichen Wirkungen inadäquat. Dafür haben die Kunstwerke in sich durch Vergeistigung vollbracht, was die Griechen auf ihre auswendige Wirkung projizierten: sie sind, im Prozeß zwischen Formgesetz und Stoffgehalt, ihre eigene Katharsis. Sublimierung, auch die ästhetische, hat fraglos am zivilisatorischen Progress teil und am innerkünstlerischen selbst, aber auch ihre ideologische Seite: das Ersatzmittel Kunst raubt der Sublimierung kraft seiner Unwahrheit die Würde, welche der gesamte Klassizismus für jene reklamiert, der mehr als zweitausend Jahre geschützt von der Autorität des Aristoteles überdauerte. Die Lehre von der Katharsis imputiert eigentlich der Kunst schon das Prinzip, welches am Ende die Kulturindustrie in die Gewalt nimmt und verwaltet. Index solcher Unwahrheit ist der begründete Zweifel daran, ob die segensreiche Aristotelische Wirkung je stattfand; Ersatz dürfte eh und je verdrückte Instinkte ausgebrütet haben. – Noch die Kategorie des Neuen, die im Kunstwerk repräsentiert, was noch nicht gewesen ist und wodurch es transzendiert, trägt das Mal des Immergleichen unter stets neuer Hülle. Das bis heute gefesselte Bewußtsein ist wohl des Neuen nicht einmal im Bilde mächtig: es träumt vom Neuen, aber vermag das Neue selbst nicht zu träumen. War die Emanzipation der Kunst nur durch Rezeption des Warencharakters als des Scheins ihres Ansichseins möglich, so fällt umschlagend mit der späteren Entwicklung der Warencharakter aus den Kunstwerken abermals heraus; dazu hat der Jugendstil nicht wenig beigetragen, mit der Ideologie der Heimzitierung von Kunst ins Leben und ebenso mit den Sensationen von Wilde, d'Annunzio und Maeterlinck, Präludien der Kulturindustrie. Fortschreitende subjektive Differenzierung, die Steigerung und Ausbreitung des Bereichs ästhetischer Reize, machte diese verfügbar; sie konnten für den Kulturmarkt produziert werden. Die Einstimmung der Kunst auf flüchtigste individuelle Reaktionen verbündete sich mit ihrer Verdinglichung, ihre zunehmende Ähnlichkeit mit subjektiv Physischem entfernte sie in der Breite der Produktion von ihrer Objektivität und empfahl sich dem Publikum; insofern war die Parole l'art pour l'art das Deckbild ihres Gegenteils. Soviel ist wahr am Gezeter über Dekadenz, daß subjektive Differenzierung einen Aspekt von Ichschwäche hat, denselben wie die Geistesart der Kunden der Kulturindustrie; das wußte diese zu verwerten. Kitsch ist nicht, wie der Bildungsglaube es möchte, bloßes Abfallsprodukt der Kunst, entstanden durch treulose Akkommodation, sondern lauert in ihr auf die stets wiederkehrenden Gelegenheiten, aus der Kunst hervorzuspringen. Während Kitsch koboldhaft jeder Definition, auch der geschichtlichen, entschlüpft, ist eines seiner hartnäckigen Charakteristika die Fiktion und damit Neutralisierung nicht vorhandener Gefühle. Kitsch parodiert die Katharsis. Dieselbe Fiktion aber macht auch Kunst von Anspruch, und sie war ihr wesentlich: Dokumentation real vorhandener Gefühle, das Wieder-von-sich-Geben psychischen Rohstoffs ist ihr fremd. Vergebens, abstrakt die Grenzen ziehen zu wollen zwischen ästhetischer Fiktion und dem Gefühlsplunder des Kitsches. Als Giftstoff ist er aller Kunst beigemischt; ihn aus sich auszuscheiden, ist eine ihrer verzweifelten Anstrengungen heute. Komplementär zum hergestellten und verschacherten Gefühl verhält sich die Kategorie des Vulgären, die auch alles verkäufliche Gefühl trifft. Was an Kunstwerken vulgär sei, ist so schwer zu bestimmen, wie die von Erwin Ratz aufgeworfene Frage zu beantworten, wodurch Kunst, ihrem apriorischen Gestus nach Protest gegen Vulgarität, dieser doch integriert werden könne. Nur verstümmelt repräsentiert das Vulgäre das von der sogenannten hohen Kunst draußen gehaltene Plebejische. Wo jene von plebejischen Momenten ohne Augenzwinkern sich inspirieren ließ, hat sie eine Schwere gewonnen, die das Gegenteil des Vulgären ist. Vulgär ward Kunst durch Herablassung: wo sie, zumal durch Humor, ans deformierte Bewußtsein appelliert und es bestätigt. Der Herrschaft paßte es ins Konzept, wenn das, was sie aus den Massen gemacht hat und wozu sie die Massen drillt, aufs Schuldkonto der Massen verbucht würde. Kunst achtet die Massen, indem sie ihnen gegenübertritt als dem, was sie sein könnten, anstatt ihnen in ihrer entwürdigten Gestalt sich anzupassen. Gesellschaftlich ist das Vulgäre in der Kunst die subjektive Identifikation mit der objektiv reproduzierten Erniedrigung. Anstelle des den Massen Vorenthaltenen wird von ihnen reaktiv, aus Rancune genossen, was von Versagung bewirkt ist und die Stelle des Versagten usurpiert. Daß niedrige Kunst, Unterhaltung selbstverständlich und gesellschaftlich legitim sei, ist Ideologie; jene Selbstverständlichkeit ist allein Ausdruck der Allgegenwart von Repression. Modell des ästhetisch Vulgären ist das Kind, das auf der Reklame das Auge halb zukneift, wenn es das Stück Schokolade sich schmecken läßt, als wäre das Sünde. Im Vulgären kehrt das Verdrängte mit den Malen der Verdrängung wieder; subjektiv Ausdruck des Mißlingens eben jener Sublimierung, welche die Kunst als Katharsis so übereifrig preist und sich als Verdienst zuschreibt, weil sie spürt, wie wenig sie bis heute – gleich aller Kultur – glückte. Im Zeitalter totaler Verwaltung braucht Kultur gar nicht mehr primär die von ihr geschaffenen Barbaren zu erniedrigen; es genügt, daß sie die Barbarei, die seit Äonen subjektiv sich sedimentierte, durch ihre Rituale bekräftigt. Daß das, woran Kunst wie auch immer mahnt, nicht ist, löst Wut aus; sie wird aufs Bild jenes Anderen übertragen, es wird beschmiert. Archetypen des Vulgären, das die Kunst des emanzipatorischen Bürgertums in ihren Clowns, Dienern und Papagenos zuweilen genial im Zaum hielt, sind die grinsenden Reklameschönheiten geworden, in deren Preis zugunsten von Zahnpastenmarken die Plakate aller Länder sich vereinigen, und denen solche, die um soviel weiblichen Glanz sich betrogen wissen, die allzu blendenden Zähne anschwärzen und in heiliger Unschuld die Wahrheit über den Glanz der Kultur sichtbar machen. Dies Interesse zumindest wird vom Vulgären wahrgenommen. Weil ästhetische Vulgarität undialektisch die Invariante sozialer Erniedrigung nachmacht, hat sie keine Geschichte; die Graffiti feiern ihre ewige Wiederkehr. Kein Stoff dürfte je als vulgär von der Kunst tabuiert werden; Vulgarität ist ein Verhältnis zu den Stoffen und denen, an welche appelliert wird. Ihre Expansion zum Totalen hat mittlerweile verschluckt, was als edel und sublim sich geriert: einer der Gründe für die Liquidation des Tragischen. In den zweiten Aktschlüssen der Budapester Operetten ist es verendet. Heute ist alles, was als leichte Kunst firmiert, zu verwerfen; nicht minder jedoch das Edle, die abstrakte Antithesis zur Verdinglichung und deren Beute zugleich. Gern liiert es sich seit Baudelaireschen Tagen mit politischer Reaktion, als wäre Demokratie als solche, die quantitative Kategorie der Masse, der Grund des Vulgären und nicht die fortdauernde Unterdrückung inmitten von Demokratie. Dem Edlen in der Kunst ist ebenso die Treue zu halten, wie es die eigene Schuldhaftigkeit, seine Komplizität mit dem Privileg, reflektieren muß. Seine Zufluchtsstätte ist einzig noch Unbeirrbarkeit und Resistenzkraft des Formens. Zum Schlechten, seinerseits Vulgären wird das Edle durch seine Selbstsetzung, denn bis heute ist kein Edles. Während, seit Hölderlins Vers, nicht Heiliges mehr zum Gebrauche taugt90, zehrt am Edlen ein Widerspruch, wie der Halbwüchsige ihn spüren mochte, der politisch sympathisierend eine sozialistische Zeitung las und zugleich von Sprache und Gesinnung, dem subalternen Unterstrom der Ideologie einer Kultur für alle, angewidert wurde. Wofür allerdings jene Zeitung tatsächlich Partei ergriff, war nicht das Potential eines befreiten Volkes sondern Volk als Komplement der Klassengesellschaft, das statisch vorgestellte Universum der Wähler, mit dem zu rechnen sei.

Der Gegenbegriff zum ästhetischen Verhalten schlechthin ist der des Banausischen, vielfach ins Vulgäre hinüberspielend, davon unterschieden durch Gleichgültigkeit oder Haß, wo Vulgarität mit Gier schmatzt. Gesellschaftlich Mitschuldiger des ästhetisch Edlen, billigt die Ächtung des Banausen geistiger Arbeit unmittelbar höheren Rang zu als körperlicher. Daß die Kunst es besser hat, wird ihrem Selbstbewußtsein und den ästhetisch Reagierenden zum Besseren an sich. Sie bedarf der permanenten Selbstkorrektur dieses ideologischen Moments. Ihrer ist sie fähig, weil sie, die Negation praktischen Wesens, selber gleichwohl auch Praxis ist, und zwar keineswegs bloß durch ihre Genese, das Tun, dessen ein jegliches Artefakt bedarf. Bewegt ihr Gehalt sich in sich selbst, bleibt er nicht dasselbe, so werden die objektivierten Kunstwerke in ihrer Geschichte abermals zu praktischen Verhaltensweisen und kehren der Realität sich zu. Darin ist Kunst eines Sinnes mit Theorie. Sie wiederholt in sich, modifiziert und, wenn man will, neutralisiert, Praxis und bezieht dadurch Positionen. Die Beethovensche Symphonik, die bis in ihren geheimen Chemismus hinein der bürgerliche Produktionsprozeß wie Ausdruck des perennierenden Unheils ist, das er mit sich führt, wird zugleich durch ihren Gestus tragischer Affirmation zum fait social: so wie es ist, müsse, solle es sein und deshalb sei es gut. Ebenso gehört jene Musik dem revolutionären Emanzipationsprozeß des Bürgertums an, wie sie dessen Apologetik antezipiert. Je tiefer die Kunstwerke dechiffriert werden, desto weniger bleibt ihr Gegensatz zur Praxis absolut; auch sie sind ein Anderes als ihr Erstes, ihr Fundament, nämlich jener Gegensatz, und exponieren dessen Vermittlung. Sie sind weniger als Praxis und mehr. Weniger, weil sie, wie in Tolstois Kreutzersonate ein für allemal kodifiziert ward, vor dem, was getan werden muß, zurückweichen, vielleicht es hintertreiben, obwohl sie das weniger vermögen dürften, als Tolstois asketisches Renegatentum unterstellte. Ihr Wahrheitsgehalt ist vom Begriff der Menschheit nicht loszureißen. Durch alle Vermittlungen, alle Negativität hindurch sind sie Bilder einer veränderten Menschheit, können durch Abstraktion von jener Veränderung nicht in sich zur Ruhe kommen. Mehr aber als Praxis ist Kunst, weil sie durch ihre Abkehr von jener zugleich die bornierte Unwahrheit am praktischen Wesen denunziert. Davon mag unmittelbare Praxis so lange nichts wissen, wie die praktische Einrichtung der Welt nicht gelungen ist. Die Kritik, welche Kunst a priori übt, ist die an Tätigkeit als dem Kryptogramm von Herrschaft. Praxis tendiert ihrer schieren Form nach zu dem hin, was abzuschaffen ihre Konsequenz wäre; Gewalt ist ihr immanent und erhält sich in ihren Sublimierungen, während Kunstwerke, noch die aggressivsten, für Gewaltlosigkeit stehen. Sie setzen ihr Memento wider jenen Inbegriff des praktischen Betriebs und des praktischen Menschen, hinter dem der barbarische Appetit der Gattung sich verbirgt, die so lange noch nicht Menschheit ist, wie sie von ihm sich beherrschen läßt und mit Herrschaft sich fusioniert. Das dialektische Verhältnis der Kunst zur Praxis ist das ihrer gesellschaftlichen Wirkung. Daß Kunstwerke politisch eingreifen, ist zu bezweifeln; geschieht es einmal, so ist es ihnen meist peripher; streben sie danach, so pflegen sie unter ihren Begriff zu gehen. Ihre wahre gesellschaftliche Wirkung ist höchst mittelbar, Teilhabe an dem Geist, der zur Veränderung der Gesellschaft in unterirdischen Prozessen beiträgt und in Kunstwerken sich konzentriert; solche Teilhabe gewinnen diese allein durch ihre Objektivation. Die Wirkung der Kunstwerke ist die der Erinnerung, die sie durch ihre Existenz zitieren, kaum die, daß auf ihre latente Praxis eine manifeste anspricht; von deren Unmittelbarkeit hat ihre Autonomie allzuweit sich wegbewegt. Weist die geschichtliche Genese der Kunstwerke auf Wirkungszusammenhänge zurück, so verschwinden diese nicht spurlos in ihnen; der Prozeß, den ein jedes Kunstwerk in sich vollzieht, wirkt als Modell möglicher Praxis, in der etwas wie ein Gesamtsubjekt sich konstituiert, in die Gesellschaft zurück. So wenig es in der Kunst auf die Wirkung, so sehr es auf ihre eigene Gestalt ankommt: ihre eigene Gestalt wirkt gleichwohl. Deshalb sagt die kritische Analyse der Wirkung manches über das, was die Kunstwerke in ihrer Dinghaftigkeit in sich verschließen; am ideologischen Effekt Wagners wäre das darzutun. Falsch ist nicht die gesellschaftliche Reflexion auf die Kunstwerke und ihren Chemismus, sondern die abstrakte gesellschaftliche Zuordnung von oben her, die gleichgültig ist gegen die Spannung zwischen Wirkungszusammenhang und Gehalt. Wie weit im übrigen Kunstwerke praktisch eingreifen, wird nicht nur von ihnen determiniert sondern mehr noch von der geschichtlichen Stunde. Die Komödien Beaumarchais' waren gewiß nicht engagiert im Stil Brechts oder Sartres, hatten aber tatsächlich wohl einigen politischen Effekt, weil ihr handfester Inhalt mit einem geschichtlichen Zug harmonierte, der geschmeichelt darin sich wiederfand und genoß. Gesellschaftliche Wirkung von Kunst ist offenbar paradox als eine aus zweiter Hand; was an ihr der Spontaneität zugeschrieben wird, hängt seinerseits ab von der gesellschaftlichen Gesamttendenz. Umgekehrt war das Werk Brechts, das spätestens seit der Johanna verändern wollte, wahrscheinlich gesellschaftlich ohnmächtig, und der Kluge hat darüber schwerlich sich getäuscht. Auf seine Wirkung trifft die angelsächsische Formel vom preaching to the saved zu. Sein Programm von Verfremdung war, den Zuschauer zum Denken zu veranlassen. Brechts Postulat denkenden Verhaltens konvergiert merkwürdig mit dem einer objektiv erkennenden Haltung, die bedeutende autonome Kunstwerke als die adäquate vom Betrachter, Hörer, Leser erwarten. Sein didaktischer Gestus jedoch ist intolerant gegen die Mehrdeutigkeit, an der Denken sich entzündet: er ist autoritär. Das mag Brechts Reaktion auf die von ihm gespürte Wirkungslosigkeit seiner Lehrstücke gewesen sein: durch die Herrschaftstechnik, deren Virtuose er war, wollte er die Wirkung erzwingen, so wie er einst seinen Ruhm zu organisieren plante. Gleichwohl ist, nicht zuletzt durch Brecht, das Selbstbewußtsein des Kunstwerks als eines Stücks politischer Praxis dem Kunstwerk als Kraft wider seine ideologische Verblendung zugewachsen. Brechts Praktizismus wurde zur ästhetischen Formante seiner Werke und ist aus ihrem Wahrheitsgehalt, einem unmittelbaren Wirkungszusammenhängen Entrückten, nicht zu eliminieren. Der akute Grund der gesellschaftlichen Unwirksamkeit von Kunstwerken heute, die sich nicht an krude Propaganda zedieren, ist, daß sie, um dem allherrschenden Kommunikationssystem zu widerstehen, der kommunikativen Mittel sich entschlagen müssen, die sie vielleicht an die Bevölkerungen heranbrächten. Praktische Wirkung üben Kunstwerke allenfalls in einer kaum dingfest zu machenden Veränderung des Bewußtseins aus, nicht indem sie haranguieren; ohnehin verpuffen agitatorische Effekte sehr rasch, vermutlich weil sogar Kunstwerke jenes Typus unter der Generalklausel von Irrationalität wahrgenommen werden: ihr Prinzip, das sie nicht loswerden, unterbricht die direkte praktische Zündung. Ästhetische Bildung führt aus der vorästhetischen Kontamination von Kunst und Realität heraus. Distanzierung, ihr Ergebnis, legt nicht nur den objektiven Charakter des Kunstwerks frei. Sie betrifft auch das subjektive Verhalten, durchschneidet primitive Identifikationen, setzt den Rezipierenden als empirisch-psychologische Person zugunsten seines Verhältnisses zur Sache außer Aktion. Kunst bedarf subjektiv der Entäußerung; sie war auch von Brechts Kritik an der Einfühlungsästhetik gemeint. Sie ist aber praktisch insoweit, als sie den, der Kunst erfährt und aus sich heraustritt, eben dadurch als xoon politikon bestimmt, so wie Kunst ihrerseits, objektiv, Praxis ist als Bildung von Bewußtsein; dazu aber wird sie einzig, indem sie nichts aufredet. Wer sachlich dem Kunstwerk sich gegenüberstellt, wird kaum derart von ihm sich begeistern lassen, wie es im Begriff direkten Appells liegt. Es wäre unvereinbar mit der erkennenden Haltung, die dem Erkenntnischarakter der Werke gemäß ist. Dem objektiven Bedürfnis nach einer Veränderung des Bewußtseins, die in Veränderung der Realität übergehen könnte, entsprechen die Kunstwerke durch den Affront der herrschenden Bedürfnisse, die Umbelichtung des Vertrauten, zu der sie von sich aus tendieren. Sobald sie die Wirkung, an deren Absenz sie leiden, durch Anpassung an vorhandene Bedürfnisse zu erlangen hoffen, bringen sie die Menschen um eben das, was sie, um die Phraseologie des Bedürfnisses ernst zu nehmen und gegen sich selbst zu wenden, ihnen geben könnten. Die ästhetischen Bedürfnisse sind einigermaßen vag und unartikuliert; daran dürften auch die Praktiken der Kulturindustrie nicht so viel geändert haben, wie sie es glauben machen wollen und wie man es leicht unterstellt. Daß Kultur mißlang, impliziert, daß es subjektive kulturelle Bedürfnisse, losgelöst von Angebot und Verbreitungsmechanismen, eigentlich nicht gibt. Das Bedürfnis nach Kunst selbst ist weithin Ideologie, es ginge auch ohne Kunst, nicht nur objektiv sondern auch im Seelenhaushalt der Konsumenten, die unter veränderten Bedingungen ihrer Existenz mühelos zum Wechsel ihres Geschmacks zu veranlassen sind, wofern er nur der Linie des geringsten Widerstands folgt. In einer Gesellschaft, die den Menschen abgewöhnt, über sich hinaus zu denken, ist, was die Reproduktion ihres Lebens übersteigt und wovon ihnen eingebläut wird, daß sie ohne es nicht auskämen, überflüssig. Soviel Wahrheit hat die jüngste Rebellion gegen die Kunst, daß angesichts des absurd fortwährenden Mangels, der erweitert sich reproduzierenden Barbarei, der allgegenwärtigen Drohung der totalen Katastrophe die Phänomene, die an der Erhaltung des Lebens sich desinteressieren, einen dümmlichen Aspekt annehmen. Während die Künstler gleichgültig sein können gegen einen Kulturbetrieb, der ohnehin alles verschluckt und nichts, sogar das Bessere nicht ausschließt, teilt er doch allem, was in ihm gedeiht, etwas von seiner objektiven Gleichgültigkeit mit. Was noch Marx einigermaßen harmlos an kulturellen Bedürfnissen im Begriff des gesamtkulturellen Standards unterstellte, hat seine Dialektik daran, daß unterdessen der Kultur mehr Ehre antut, wer auf sie verzichtet und bei ihren Festivals nicht mitspielt, als wer durch ihren Nürnberger Trichter sich abspeisen läßt. Gegen kulturelle Bedürfnisse sprechen ästhetische Motive nicht weniger als reale. Die Idee der Kunstwerke will den ewigen Tausch von Bedürfnis und Befriedigung unterbrechen, nicht durch Ersatzbefriedigungen am ungestillten Bedürfnis sich vergehen. Eine jede ästhetische und soziologische Bedürfnistheorie bedient sich dessen, was mit einem charakteristisch altmodischen Ausdruck ästhetisches Erlebnis heißt. Dessen Insuffizienz ist an der Beschaffenheit der Kunsterlebnisse selbst abzulesen, wenn anders es etwas dergleichen geben soll. Ihre Supposition beruht auf der Annahme einer Äquivalenz zwischen dem Erlebnisgehalt – grob: dem emotionellen Ausdruck – von Werken und dem subjektiven Erlebnis des Rezipierenden. Er soll in Aufregung geraten, wenn Musik sich aufgeregt gebärdet, während er doch, wofern er etwas versteht, emotional eher desto unbeteiligter sich verhalten sollte, je aufdringlicher die Sache gestikuliert. Schwer könnte die Wissenschaft etwas Kunstfremderes sich ausdenken als jene Experimente, in denen man ästhetische Wirkung und ästhetisches Erlebnis am Pulsschlag zu messen sich einbildete. Die Quelle jener Äquivalenz ist trüb. Was da angeblich erlebt oder nacherlebt werden soll, nach populärer Vorstellung die Gefühle der Autoren, sind ihrerseits nur ein Teilmoment in den Werken und gewiß nicht das entscheidende. Diese sind nicht Protokolle von Regungen – solche Protokolle sind bei den Hörern immer noch höchst unbeliebt und dürften am allerletzten ›nacherlebt‹ werden –, sondern durch den autonomen Zusammenhang radikal modifiziert. Das Wechselspiel des konstruktiven und des mimetisch expressiven Elements in der Kunst wird von der Erlebnistheorie einfach unterschlagen oder verfälscht: die supponierte Äquivalenz ist keine, lediglich ein Partikulares wird herausgeklaubt. Abermals aus dem ästhetischen Zusammenhang entfernt, in Empirie zurückübersetzt, wird es zum zweiten Mal zu einem Anderen, als was es allenfalls im Werk ist. Betroffenheit durch bedeutende Werke benutzt diese nicht als Auslöser für eigene, sonst verdrängte Emotionen. Sie gehört dem Augenblick an, in denen der Rezipierende sich vergißt und im Werk verschwindet: dem von Erschütterung. Er verliert den Boden unter den Füßen; die Möglichkeit der Wahrheit, welche im ästhetischen Bild sich verkörpert, wird ihm leibhaft. Solche Unmittelbarkeit im Verhältnis zu den Werken, eine im großen Sinn, ist Funktion von Vermittlung, von eindringender und umfassender Erfahrung; diese verdichtet sich im Augenblick, und dazu bedarf es des ganzen Bewußtseins, nicht punktueller Reize und Reaktionen. Die Erfahrung von Kunst als die ihrer Wahrheit oder Unwahrheit ist mehr als subjektives Erlebnis: sie ist Durchbruch von Objektivität im subjektiven Bewußtsein. Durch jene wird sie eben dort vermittelt, wo die subjektive Reaktion am intensivsten ist. Bei Beethoven sind manche Situationen die scène à faire, vielleicht sogar mit dem Makel des Inszenierten. Der Eintritt der Reprise der Neunten Symphonie feiert als Resultat des symphonischen Prozesses dessen ursprüngliche Setzung. Sie erdröhnt als ein überwältigendes So ist es. Darauf mag Erschütterung antworten, getönt von der Furcht vor der Überwältigung; indem die Musik affirmiert, sagt sie auch die Wahrheit über die Unwahrheit. Urteilslos deuten die Kunstwerke gleichwie mit dem Finger auf ihren Gehalt, ohne daß er diskursiv würde. Die spontane Reaktion des Rezipierenden ist Mimesis an die Unmittelbarkeit dieses Gestus. In ihm jedoch erschöpfen die Werke sich nicht. Die Position, die jene Stelle durch ihren Gestus bezieht, unterliegt, einmal integriert, der Kritik: ob die Macht des So- und nicht Andersseins, auf deren Epiphanie solche Augenblicke der Kunst es abgesehen haben, Index ihrer eigenen Wahrheit sei. Volle Erfahrung, terminierend im Urteil über das urteilslose Werk, verlangt die Entscheidung darüber und deswegen den Begriff. Das Erlebnis ist einzig ein Moment solcher Erfahrung und ein fehlbares, mit der Qualität des Überredetwerdens. Werke des Typus der Neunten Symphonie üben Suggestion aus: die Gewalt, die sie durch ihr eigenes Gefüge erlangen, springt auf die Wirkung über. In der auf Beethoven folgenden Entwicklung ist die Suggestivkraft der Werke, ursprünglich der Gesellschaft entlehnt, auf die Gesellschaft zurückgeschlagen, agitatorisch und ideologisch geworden. Erschütterung, dem üblichen Erlebnisbegriff schroff entgegengesetzt, ist keine partikulare Befriedigung des Ichs, der Lust nicht ähnlich. Eher ist sie ein Memento der Liquidation des Ichs, das als erschüttertes der eigenen Beschränktheit und Endlichkeit innewird. Diese Erfahrung ist konträr zur Schwächung des Ichs, welche die Kulturindustrie betreibt. Ihr wäre die Idee von Erschütterung eitel Torheit; das wohl ist die innerste Motivation der Entkunstung der Kunst. Das Ich bedarf, damit es nur um ein Winziges über das Gefängnis hinausschaue, das es selbst ist, nicht der Zerstreuung sondern der äußersten Anspannung; das bewahrt Erschütterung, übrigens ein unwillkürliches Verhalten, vor der Regression. Kant hat in der Ästhetik des Erhabenen die Kraft des Subjekts als dessen Bedingung getreu dargestellt. Wohl ist die Vernichtung des Ichs im Angesicht der Kunst so wenig wörtlich zu verstehen wie diese. Weil aber auch, was man ästhetische Erlebnisse nennt, als Erlebnis psychologisch real ist, wäre unter ihnen schwerlich etwas vorzustellen, übertrüge man den Scheincharakter der Kunst auf sie. Erlebnisse sind kein Als ob. Zwar verschwindet das Ich im Augenblick von Erschütterung nicht real; der Rausch, der dahin sich bewegt, ist unvereinbar mit künstlerischer Erfahrung. Für Momente indessen wird das Ich real der Möglichkeit inne, seine Selbsterhaltung unter sich zu lassen, ohne daß es doch dazu ausreichte, jene Möglichkeit zu realisieren. Nicht die ästhetische Erschütterung ist Schein, sondern ihre Stellung zur Objektivität: in ihrer Unmittelbarkeit fühlt sie das Potential, als wäre es aktualisiert. Ergriffen wird das Ich von dem unmetaphorischen, den ästhetischen Schein zerbrechenden Bewußtsein: daß es nicht das letzte, selber scheinhaft sei. Das verwandelt die Kunst dem Subjekt in das, was sie an sich ist, den geschichtlichen Sprecher unterdrückter Natur, kritisch am Ende gegen das Ichprinzip, den inwendigen Agenten von Unterdrückung. Die subjektive Erfahrung wider das Ich ist ein Moment der objektiven Wahrheit von Kunst. Wer dagegen Kunstwerke erlebt, indem er sie auf sich bezieht, erlebt sie nicht; was fürs Erlebnis gilt, ist kulturell angedrehtes Surrogat. Selbst von ihm macht man sich noch zu simple Vorstellungen. Die Produkte der Kulturindustrie, flacher und standardisierter als je einer ihrer Liebhaber sein kann, dürften stets zugleich jene Identifikation verhindern, auf welche sie abzielen. Die Frage, was die Kulturindustrie den Menschen antue, ist wahrscheinlich allzu naiv, ihr Effekt weit unspezifischer, als die Form der Frage suggeriert. Die leere Zeit wird mit Leerem ausgefüllt, nicht einmal falsches Bewußtsein produziert, nur bereits vorhandenes mit Anstrengung so gelassen, wie es ist.

Das Moment objektiver Praxis, das der Kunst einwohnt, wird zu subjektiver Intention, wo ihre Antithese zur Gesellschaft, durch deren objektive Tendenz und durch die kritische Reflexion der Kunst, unversöhnbar wird. Der gängige Name dafür lautet Engagement. Engagement ist eine höhere Reflexionsstufe als Tendenz; will nicht einfach mißliebige Zustände verbessern, obwohl Engagierte allzu leicht mit Maßnahmen sympathisieren; es zielt auf Veränderung der Bedingungen von Zuständen, nicht auf den blanken Vorschlag; insofern neigt Engagement der ästhetischen Kategorie des Wesens zu. Das polemische Selbstbewußtsein der Kunst setzt ihre Vergeistigung voraus; je empfindlicher sie gegen die sinnliche Unmittelbarkeit wird, der man ehedem sie gleichsetzte, desto kritischer wird ihre Haltung zur rohen Realität, die, Verlängerung des naturwüchsigen Zustandes, durch die Gesellschaft erweitert sich reproduziert. Nicht nur formal schärft der kritisch reflexive Zug von Vergeistigung das Verhältnis der Kunst zu ihrem Stoffgehalt. Hegels Abwendung von der sensualistischen Geschmacksästhetik ging sowohl mit der Vergeistigung des Kunstwerks wie mit der Akzentuierung seines Stoffgehalts zusammen. Durch Vergeistigung wird das Kunstwerk an sich zu dem, was man ihm einst unbesehen als Wirkung auf anderen Geist zutraute oder attestierte. – Der Begriff des Engagements ist nicht allzu wörtlich zu nehmen. Wird er zur Norm einer Zensur, so wiederholt sich in der Stellung zu den Kunstwerken jenes Moment herrschaftlicher Kontrolle, dem sie vor allem kontrollierbaren Engagement opponieren. Dadurch jedoch werden Kategorien wie die der Tendenz, sogar ihre plumpen Abkömmlinge nicht einfach nach dem Gefallen der Geschmacksästhetik außer Aktion gesetzt. Was sie anmelden, wird zu ihrem legitimen Stoffgehalt in einer Phase, da sie an nichts anderem sich entzünden als an Sehnsucht und Willen, daß es anders werde. Aber das dispensiert sie nicht vom Formgesetz; noch geistiger Inhalt bleibt Stoff und wird von den Kunstwerken aufgezehrt, auch wenn er ihrem Selbstbewußtsein das Wesentliche dünkt. Brecht lehrte wohl nichts, was nicht unabhängig von seinen Stücken, und bündiger in der Theorie, erkannt worden oder den auf ihn geeichten Zuschauern vertraut gewesen wäre: daß die Reichen es besser haben als die Armen, daß es unrecht auf der Welt zugeht, daß bei formaler Gleichheit Unterdrückung fortbesteht, daß private Güte von der objektiven Bosheit zu ihrem Gegenteil gemacht wird; daß – freilich eine dubiose Weisheit – Güte der Maske des Bösen bedarf. Aber die sententiöse Drastik, mit der er dergleichen keineswegs taufrische Einsichten in szenische Gesten übersetzte, verhalf seinen Werken zu ihrem Ton; Didaxe führte ihn zu seinen dramaturgischen Neuerungen, die das zermorschte psychologische und Intrigen-Theater stürzten. In seinen Stücken gewannen die Thesen eine ganz andere Funktion als die, welche sie inhaltlich meinten. Sie wurden konstitutiv, prägten das Drama zu einem Anti-Illusionären, trugen bei zum Zerfall der Einheit des Sinnzusammenhangs. Das macht ihre Qualität aus, nicht das Engagement, aber sie haftet am Engagement, es wird zu ihrem mimetischen Element. Brechts Engagement tut dem Kunstwerk nochmals gleichsam an, wohin es geschichtlich von sich aus gravitiert: zerrüttet es. Im Engagement kommt, wie vielfach, ein in der Kunst Verschlossenes durch steigende Verfügung, Machbarkeit nach außen. Was die Werke an sich gewesen sind, werden sie für sich. Die Immanenz der Werke, ihre quasi apriorische Distanz von Empirie, wäre nicht ohne die Perspektive eines real, durch ihrer selbst bewußte Praxis veränderten Zustands. Shakespeare hat in Romeo und Julia nicht die Liebe ohne familiale Bevormundung propagiert, aber ohne die Sehnsucht nach einem Zustand, wo Liebe nicht länger von der patriarchalen und jeglicher Macht verstümmelt und verurteilt wäre, hätte die Gegenwart der beiden ineinander Versunkenen nicht die Süße, über welche die Jahrhunderte bis heute nichts vermochten – die wortlose, bilderlose Utopie; das Tabu der Erkenntnis über jeglicher positiven waltet auch über den Kunstwerken. Praxis ist nicht die Wirkung der Werke, aber verkapselt in ihrem Wahrheitsgehalt. Darum vermag Engagement zur ästhetischen Produktivkraft zu werden. Generell ist das Geblök gegen Tendenz und gegen Engagement gleich subaltern. Die ideologische Sorge, Kultur rein zu halten, gehorcht dem Wunsch, daß in der fetischisierten Kultur damit real alles beim Alten bleibt. Solche Entrüstung versteht sich nicht schlecht mit der am Gegenpol üblichen, standardisiert zur Phrase vom elfenbeinernen Turm, aus dem die Kunst in einem Zeitalter, das eifrig sich als das der Massenkommunikation deklariert, herauszutreten habe. Der gemeinsame Nenner ist die Aussage; Brechts Geschmack hat das Wort vermieden, die Sache war dem Positivisten in ihm nicht fremd. Beide Haltungen widerlegen sich drastisch. Der Don Quixote mag einer partikularen und irrelevanten Tendenz gedient haben, der, den aus feudalen Zeiten in die bürgerliche fortgeschleppten Ritterroman abzuschaffen. Kraft des Vehikels dieser bescheidenen Tendenz ist er zum exemplarischen Kunstwerk geworden. Der Antagonismus literarischer Gattungen, von dem Cervantes ausging, wurde ihm unter der Hand zu einem der Weltalter, schließlich metaphysisch, authentischer Ausdruck der Krisis immanenten Sinnes in der entzauberten Welt. Tendenzlose Werke wie der Werther dürften zur Emanzipation des bürgerlichen Bewußtseins in Deutschland erheblich beigetragen haben. Indem Goethe den Zusammenstoß der Gesellschaft mit dem Gefühl des als ungeliebt sich Erfahrenden bis zu dessen Vernichtung gestaltete, protestierte er wirksam gegen die verhärtete Kleinbürgerlichkeit, ohne sie zu nennen. Das Gemeinsame der beiden zensorischen Grundpositionen des bürgerlichen Bewußtseins jedoch: daß das Kunstwerk nicht dürfe verändern wollen und daß es für alle da zu sein habe, ist das Plaidoyer für den status quo; jene verteidigt den Frieden der Kunstwerke mit der Welt, diese wacht darüber, daß es nach den sanktionierten Formen des öffentlichen Bewußtseins sich richte. In der Absage an den status quo konvergieren heute Engagement und Hermetik. Eingriff wird vom verdinglichten Bewußtsein verpönt, weil es das selbst schon verdinglichte Kunstwerk ein zweites Mal verdinglicht; seine Objektivation gegen die Gesellschaft wird ihm zu dessen gesellschaftlicher Neutralisierung. Die nach außen gewandte Seite der Kunstwerke aber wird zu ihrem Wesen verfälscht ohne Rücksicht auf ihre Formation in sich, schließlich ihren Wahrheitsgehalt. Kein Kunstwerk indessen kann gesellschaftlich wahr sein, das nicht wahr auch bei sich selbst wäre; so wenig mehr, umgekehrt, gesellschaftlich falsches Bewußtsein zum ästhetisch Authentischen werden kann. Gesellschaftlicher und immanenter Aspekt der Kunstwerke koinzidieren nicht, divergieren aber auch nicht so durchaus, wie Kulturfetischismus und Praktizismus gleichermaßen es möchten. Wodurch der Wahrheitsgehalt der Werke kraft ihrer ästhetischen Komplexion über diese hinausweist, hat er allemal seinen gesellschaftlichen Stellenwert. Solche Doppelschlächtigkeit ist keine abstrakt der Sphäre Kunst als ganzer vorgeordnete Generalklausel. Sie ist jedem einzelnen Werk eingeprägt, das Lebenselement von Kunst. Ein Gesellschaftliches wird sie durch ihr An sich, ein An sich durch die in ihr wirksame gesellschaftliche Produktivkraft. Die Dialektik des Gesellschaftlichen und des An sich der Kunstwerke ist insofern eine von deren eigener Beschaffenheit, als sie kein Inneres tolerieren, das nicht sich entäußerte, kein Äußeres, das nicht Träger des Inwendigen – des Wahrheitsgehalts – wäre.

Die Doppelschlächtigkeit der Kunstwerke als autonomer Gebilde und gesellschaftlicher Phänomene läßt leicht die Kriterien oszillieren: autonome Werke reizen zum Verdikt des gesellschaftlich Gleichgültigen, schließlich des frevlerisch Reaktionären; umgekehrt, solche, die gesellschaftlich eindeutig, diskursiv urteilen, negieren dadurch die Kunst und mit ihr sich selbst. Immanente Kritik dürfte diese Alternative brechen. Wohl gebührte Stefan George der Einwand des sozial Reaktionären längst vor den Kernsprüchen seines geheimen Deutschland; nicht minder der Arme-Leute-Dichtung der späten achtziger und frühen neunziger Jahre, Arno Holz etwa, der des unterästhetisch Plumpen. Beide Typen jedoch wären ihrem eigenen Begriff zu konfrontieren. Georges sich selbst inszenierende aristokratische Allüren widersprechen der selbstverständlichen Superiorität, die sie postulieren, und versagen dadurch artistisch; die Zeile »Und – dass uns nicht ein myrthenbüschel fehlt«91 veranlaßt zum Lächeln ebenso wie die von dem spätrömischen Kaiser, der, nachdem er seinen Bruder umbringen ließ, leise nur die Purpurschleppe rafft92. Das Gewaltsame von Georges sozialer Attitüde, einer mißglückten Identifikation, teilt seiner Lyrik in den Gewaltakten der Sprache sich mit, welche die Reinheit des ganz auf sich gestellten Gebildes beflecken, der George nachhängt. Falsches gesellschaftliches Bewußtsein wird im programmatischen Ästhetizismus zum schrillen Ton, der jenen Lügen straft. Ohne daß der Rangunterschied zwischen dem trotz allem großen Lyriker und den minderen Naturalisten verkannt würde, ist an diesen ein Komplementäres zu konstatieren: der soziale, kritische Gehalt ihrer Stücke und Gedichte ist stets fast oberflächlich, hinter der zu ihrer Zeit bereits voll ausgebildeten und von ihnen kaum ernsthaft rezipierten Theorie der Gesellschaft zurückgeblieben. Ein Titel wie Sozialaristokraten genügt zum Beleg. Weil sie die Gesellschaft künstlerisch beredeten, fühlten sie sich zu vulgärem Idealismus verpflichtet, etwa in der imago des Arbeiters, dem etwas Höheres vorschwebe, was immer das sein mag, und der durchs Schicksal seiner Klassenzugehörigkeit daran verhindert werde, es zu erreichen. Die Frage nach der Legitimation seines gutbürgerlichen Aufstiegsideals bleibt draußen. Der Naturalismus war durch Neuerungen wie den Verzicht auf traditionelle Formkategorien, etwa geschürzte, in sich geschlossene Handlung, bei Zola zuweilen sogar den empirischen Zeitverlauf, avancierter als sein Begriff. Rücksichtslose, gleichsam begriffslose Darstellung empirischer Details wie im Ventre de Paris destruiert die gewohnten Oberflächenzusammenhänge des Romans, gar nicht unähnlich seiner späteren, monadologisch-assoziativen Form. Dafür regrediert der Naturalismus, wo er nicht ins Extrem sich wagt. Intentionen zu verfolgen, widerspricht seinem Prinzip. Naturalistische Stücke abundieren von Stellen, denen die Absicht anzumerken ist: die Menschen sollen reden, wie ihnen der Schnabel gewachsen sei, und reden auf Anweisung des regieführenden Dichters, wie nie einer reden würde. Auf dem realistischen Theater ist es bereits unstimmig, daß die Menschen, ehe sie nur den Mund öffnen, so genau wissen, was sie sagen wollen. Vielleicht ließe sonst ein realistisches Stück gar nicht nach seiner Konzeption sich organisieren und würde contre cœur dadaistisch, aber durchs unvermeidliche Minimum an Stilisation bekennt der Realismus seine Unmöglichkeit ein und schafft virtuell sich ab. Unter der Kulturindustrie ist daraus der Massenbetrug geworden. Die begeistert einstimmige Ablehnung Sudermanns dürfte zum Grunde haben, daß seine Reißer herausließen, was die begabtesten Naturalisten cachierten, das Angedrehte und Fiktive jenes Gestus, der suggeriert, kein Wort sei Fiktion, während diese doch ein jedes auf der Bühne trotz seiner Gegenwehr überzieht. A priori Kulturgüter, lassen derlei Produkte zu einem naiven und affirmativen Bild von der Kultur sich verleiten. Auch ästhetisch gibt es nicht zweierlei Wahrheit. Wie die kontradiktorischen Desiderate ohne die schlechte Mitte zwischen vermeintlich guter Gestaltung und angemessenem sozialen Inhalt sich wechselfältig zu durchdringen vermögen, ist an Becketts Dramatik zu entnehmen. Ihre assoziative Logik, in der ein Satz den folgenden oder die Replik herbeizieht, wie in Musik ein Thema seine Fortsetzung oder seinen Kontrast, verschmäht jegliche Nachahmung der empirischen Erscheinung. Danach wird, gekappt, das empirisch Wesentliche seinem genauen geschichtlichen Stellenwert nach hereingenommen und dem Spielcharakter integriert. Dieser drückt wie den objektiven Stand des Bewußtseins den der Realität aus, welche den Bewußtseinsstand prägt. Die Negativität des Subjekts als wahre Gestalt von Objektivität kann nur in radikal subjektiver Gestaltung, nicht in der Supposition vermeintlich höherer Objektivität sich darstellen. Die kindisch-blutigen Clownsfratzen, zu denen bei Beckett das Subjekt sich desintegriert, sind die historische Wahrheit über es; kindisch ist der sozialistische Realismus. In Godot ist das Verhältnis von Herrschaft und Knechtschaft thematisch samt seiner senil irren Gestalt in einer Phase, da die Verfügung über fremde Arbeit andauert, während die Menschheit, um sich zu erhalten, ihrer nicht mehr bedürfte. Das Motiv, wahrhaft eines der Wesensgesetzlichkeit der gegenwärtigen Gesellschaft, wird im Endspiel weiter durchgeführt. Beide Male schleudert Becketts Technik es an die Peripherie: aus dem Hegelkapitel wird die Anekdote, mit sozialkritischer Funktion nicht weniger als mit dramaturgischer. Im Endspiel ist die tellurische Teilkatastrophe, von Becketts Clownswitzen der blutigste, wie stofflich so formal die Voraussetzung; sie hat der Kunst ihr Konstituens, ihre Genese zerschlagen. Sie emigriert auf einen Standpunkt, der keiner mehr ist, denn keiner mehr existiert, von dem aus die Katastrophe zu benennen wäre oder, mit einem Wort, das in solchem Zusammenhang endgültig seiner Lächerlichkeit sich überführte, zu gestalten. Das Endspiel ist weder ein Atomstück noch inhaltslos: die bestimmte Negation seines Inhalts wird zum Formprinzip und zur Negation von Inhalt überhaupt. Der Kunst, die durch ihren Ansatz, ihre Distanz zu einer Praxis, angesichts der tödlichen Drohung, durch Harmlosigkeit der bloßen Form nach vor allem Inhalt Ideologie wurde, erteilt Becketts œuvre die furchtbare Antwort. Der Influx des Komischen in die emphatischen Gebilde erklärt sich eben damit. Er hat seinen gesellschaftlichen Aspekt. Indem sie gleichwie mit verbundenen Augen sich einzig aus sich selbst heraus bewegen, wird ihnen die Bewegung zu einer auf der Stelle und deklariert sich als solche, der konzessionslose Ernst des Gebildes als unernst, als Spiel. Kunst vermag mit ihrer eigenen Existenz nur dadurch zu versöhnen, daß sie die eigene Scheinhaftigkeit, ihren inwendigen Hohlraum nach außen kehrt. Ihr verbindlichstes Kriterium heute ist, daß sie, allem realistischen Trug unversöhnt, ihrer eigenen Komplexion nach kein Harmloses mehr in sich duldet. In jeder noch möglichen muß soziale Kritik zur Form erhoben werden, zur Abblendung jeglichen manifesten sozialen Inhalts.

Mit der fortschreitenden Organisation aller kulturellen Bereiche wächst der Appetit darauf, der Kunst ihren Platz in der Gesellschaft theoretisch und wohl auch praktisch anzuweisen; ungezählte round table-Konferenzen und Symposien sind darauf aus. Nachdem man einmal die Kunst als soziale Tatsache erkannt hat, fühlt die soziologische Ortsbestimmung ihr sich gleichsam überlegen und disponiert über sie. Supponiert wird vielfach die Objektivität wertfrei positivistischer Erkenntnis oberhalb der vermeintlich bloß subjektiven ästhetischen Einzelstandpunkte. Derlei Bestrebungen erfordern ihrerseits soziale Kritik. Sie wollen den Primat der Administration, der verwalteten Welt stillschweigend auch dem gegenüber, was von totaler Vergesellschaftung nicht erfaßt werden will oder wenigstens dagegen sich aufbäumt. Die Souveränität des topographischen Blicks, der die Phänomene lokalisiert, um ihre Funktion und ihr Existenzrecht zu überprüfen, ist usurpatorisch. Sie ignoriert die Dialektik von ästhetischer Qualität und funktionaler Gesellschaft. A priori wird der Akzent, wenn nicht auf den ideologischen Effekt, so zumindest auf die Konsumierbarkeit von Kunst verschoben und von all dem dispensiert, woran die gesellschaftliche Reflexion von Kunst heute ihren Gegenstand hätte: es wird konformistisch vorentschieden. Da die verwaltungstechnische Expansion mit dem Wissenschaftsapparat von Enquêten und Ähnlichem fusioniert ist, spricht sie jenen Typus von Intellektuellen an, die zwar etwas von den neuen gesellschaftlichen Necessitäten spüren, nichts aber von denen der neuen Kunst. Ihre Mentalität ist die jenes imaginären bildungssoziologischen Vortrags, der den Titel tragen sollte: ›Die Funktion des Fernsehens für die Anpassung Europas an die Entwicklungsländer‹. Gesellschaftliche Reflexion von Kunst hat nicht in solchem Geist einen Beitrag zu leisten, sondern ihn thematisch zu machen und dadurch ihm zu widerstehen. Nach wie vor gilt Steuermanns Wort, je mehr für die Kultur geschehe, desto schlechter sei es für sie.

Die immanenten Schwierigkeiten der Kunst nicht weniger als ihre gesellschaftliche Isolierung sind im gegenwärtigen Bewußtsein zumal der Jugend der Protestaktionen zum Verdikt geworden. Das hat seinen historischen Index, und die die Kunst abschaffen wollen, wären die letzten, es zuzugestehen. Avantgardistische Störungen ästhetisch avantgardistischer Veranstaltungen sind so illusionär wie der Glaube, sie seien revolutionär und gar Revolution eine Gestalt des Schönen: Amusie ist nicht über sondern unter der Kultur, Engagement vielfach nichts als Mangel an Talent oder an Anspannung, Nachlassen der Kraft. Mit ihrem jüngsten, freilich schon im Faschismus praktizierten Trick funktioniert Ichschwäche, die Unfähigkeit zur Sublimierung, sich ins Höhere um, belohnt die Linie des geringsten Widerstands mit einer moralischen Prämie. Die Zeit der Kunst sei vorüber, es käme darauf an, ihren Wahrheitsgehalt, der mit dem gesellschaftlichen umstandslos identifiziert wird, zu verwirklichen: das Verdikt ist totalitär. Was gegenwärtig beansprucht, rein aus dem Material herausgelesen zu sein und durch seine Stumpfheit wohl das stichhaltigste Motiv fürs Verdikt über die Kunst liefert, tut in Wahrheit dem Material Gewalt an. In dem Augenblick, da zum Verbot geschritten wird und dekretiert, es dürfe nicht mehr sein, gewinnt die Kunst inmitten der verwalteten Welt jenes Daseinsrecht zurück, das ihr abzusprechen selber einem Verwaltungsakt ähnelt. Wer Kunst abschaffen will, hegt die Illusion, die entscheidende Veränderung sei nicht versperrt. Der outrierte Realismus ist unrealistisch. Die Entstehung jedes authentischen Werkes widerlegt das Pronunciamento, es könne nicht mehr entstehen. Die Abschaffung der Kunst in einer halbbarbarischen und auf die ganze Barbarei sich hinbewegenden Gesellschaft macht sich zu deren Sozialpartner. Während sie immerzu Konkret sagen, urteilen sie abstrakt und summarisch, blind gegen sehr genaue, uneingelöste, durch den jüngsten ästhetischen Aktionismus verdrängte Aufgaben und Möglichkeiten, wie die einer wahrhaft befreiten, durch die Freiheit des Subjekts hindurchgehenden, nicht dem dinghaft entfremdeten Zufall sich anheimgebenden Musik. Aber nicht mit der Notwendigkeit von Kunst ist zu argumentieren. Die Frage danach ist falsch gestellt, weil die Notwendigkeit von Kunst, wenn es denn durchaus so sein soll, wo es ums Reich der Freiheit geht, ihre Nicht-Notwendigkeit ist. An Notwendigkeit sie zu messen, prolongiert insgeheim das Tauschprinzip, die Spießbürgersorge, was er dafür bekomme. Das Verdikt, es ginge nicht mehr, kontemplativ einen vermeintlichen Zustand achtend, ist selber ein bürgerlicher Ladenhüter, das Stirnrunzeln, wohin all das denn führen solle. Vertritt aber Kunst das An sich, das noch nicht ist, so will sie aus eben dieser Art Teleologie hinaus. Geschichtsphilosophisch wiegen Werke um so schwerer, je weniger sie im Begriff ihrer Entwicklungsstufe aufgehen. Das Wohin ist eine Form verkappter sozialer Kontrolle. Auf nicht wenige gegenwärtige Produkte paßt denn auch die Charakteristik einer Anarchie, die das Schluß damit selbst gleichsam impliziert. Das abfertigende Urteil über die Kunst, das den Produkten auf den Leib geschrieben ist, welche die Kunst substituieren möchten, gleicht dem der Red Queen von Lewis Carroll: Head off. Nach derlei Enthauptungen, einem Pop, in dem die Popular Music sich verlängert, wächst der Kopf wieder nach. Alles hat Kunst zu fürchten, nicht den Nihilismus der Impotenz. Durch ihre gesellschaftliche Ächtung wird sie zu eben dem fait social degradiert, in dessen Rolle wieder zu schlüpfen sie sich weigert. Die Marxische Ideologienlehre, zwieschlächtig in sich, wird zur totalen Ideologienlehre Mannheimschen Stils umgefälscht und auf die Kunst unbesehen übertragen. Ist Ideologie gesellschaftlich falsches Bewußtsein, so ist nach simpler Logik nicht jegliches Bewußtsein ideologisch. Die letzten Quartette Beethovens wird nur der in den Orkus obsoleten Scheins stoßen, der sie nicht kennt und nicht versteht. Ob Kunst heute möglich sei, ist nicht von oben her zu entscheiden, nach dem Maß der gesellschaftlichen Produktionsverhältnisse. Die Entscheidung hängt ab vom Stand der Produktivkräfte. Der schließt aber ein, was möglich, aber nicht verwirklicht ist, eine Kunst, die nicht von der positivistischen Ideologie sich terrorisieren läßt. So legitim Herbert Marcuses Kritik am affirmativen Charakter der Kultur war, so sehr verpflichtet sie dazu, in das einzelne Produkt einzugehen: sonst wird ein Antikulturbund daraus, schlecht wie nur Kulturgüter. Rabiate Kulturkritik ist nicht radikal. Ist Affirmation tatsächlich ein Moment von Kunst, so war selbst sie so wenig je durchaus falsch wie die Kultur, weil sie mißlang, ganz falsch ist. Sie dämmt Barbarei, das Schlimmere, ein; unterdrückt Natur nicht nur, sondern bewahrt sie durch ihre Unterdrückung hindurch; in dem vom Ackerbau entlehnten Begriff der Kultur schwingt das mit. Leben hat sich, auch mit dem Prospekt eines richtigen, durch Kultur perpetuiert; in authentischen Kunstwerken hallt das Echo davon wider. Affirmation hüllt nicht das Bestehende in Gloriolen; sie wehrt sich gegen den Tod, das Telos aller Herrschaft, in Sympathie mit dem, was ist. Nicht um weniger ist daran zu zweifeln als um den Preis, daß Tod selber Hoffnung sei.

Der Doppelcharakter der Kunst als eines von der empirischen Realität und damit dem gesellschaftlichen Wirkungszusammenhang sich Absondernden, das doch zugleich in die empirische Realität und die gesellschaftlichen Wirkungszusammenhänge hineinfällt, kommt unmittelbar an den ästhetischen Phänomenen zutage. Diese sind beides, ästhetisch und faits sociaux. Sie bedürfen einer gedoppelten Betrachtung, die so wenig unvermittelt in eins zu setzen ist, wie ästhetische Autonomie und Kunst als Gesellschaftliches. Der Doppelcharakter wird physiognomisch lesbar, wann immer man Kunst, gleichgültig, ob sie als solche geplant war oder nicht, von außen sich anhört oder ansieht, und allerdings bedarf sie stets wieder jenes Von außen, um vor der Fetischisierung ihrer Autonomie beschützt zu werden. Musik kann, im Caféhaus gespielt oder, wie vielfach in Amerika, durch telefonische Anlagen für die Gäste von Restaurants übertragen, zu einem gänzlich Anderen werden, zu dessen Ausdruck das Gesumm Redender, das Geklapper von Tellern und alles Mögliche hinzugehört. Sie erwartet die Unaufmerksamkeit der Hörer, um ihre Funktion zu erfüllen, kaum weniger als im Stand ihrer Autonomie deren Aufmerksamkeit. Ein Potpourri addiert sich zuweilen aus Bestandteilen von Kunstwerken, aber durch die Montage verwandeln sie sich bis ins Innerste. Zwecke wie der des Anwärmens, der Übertäubung des Schweigens formen sie um, das, was man mit Stimmung bezeichnet, die zur Ware gewordene Negation der vom Grau der Warenwelt bereiteten Langeweile. Die Sphäre der Unterhaltung, längst in die Produktion eingeplant, ist die Herrschaft dieses Moments der Kunst über ihre Phänomene insgesamt. Beide Momente sind antagonistisch. Die Unterordnung autonomer Kunstwerke unter das gesellschaftliche Zweckmoment, das in jedem vergraben ist und aus dem in langwierigem Prozeß die Kunst aufstand, verletzt sie an der empfindlichsten Stelle. Wer jedoch

 
Gesammelte Werke
adorno-theodor-w.xml
adorno-theodor-w-0000001-0000001.xml
adorno-theodor-w-0000002-0000023.xml
adorno-theodor-w-0000024-0000024.xml
adorno-theodor-w-0000025-0000025.xml
adorno-theodor-w-0000026-0000028.xml
adorno-theodor-w-0000029-0000037.xml
adorno-theodor-w-0000038-0000124.xml
adorno-theodor-w-0000125-0000130.xml
adorno-theodor-w-0000131-0000147.xml
adorno-theodor-w-0000148-0000148.xml
adorno-theodor-w-0000149-0000151.xml
adorno-theodor-w-0000152-0000187.xml
adorno-theodor-w-0000188-0000271.xml
adorno-theodor-w-0000272-0000342.xml
adorno-theodor-w-0000343-0000382.xml
adorno-theodor-w-0000383-0000457.xml
adorno-theodor-w-0000458-0000515.xml
adorno-theodor-w-0000516-0000553.xml
adorno-theodor-w-0000554-0000632.xml
adorno-theodor-w-0000633-0000638.xml
adorno-theodor-w-0000639-0000646.xml
adorno-theodor-w-0000647-0000647.xml
adorno-theodor-w-0000648-0000652.xml
adorno-theodor-w-0000653-0000701.xml
adorno-theodor-w-0000702-0000755.xml
adorno-theodor-w-0000756-0000803.xml
adorno-theodor-w-0000804-0000844.xml
adorno-theodor-w-0000845-0000888.xml
adorno-theodor-w-0000889-0000927.xml
adorno-theodor-w-0000928-0000971.xml
adorno-theodor-w-0000972-0001004.xml
adorno-theodor-w-0001005-0001039.xml
adorno-theodor-w-0001040-0001079.xml
adorno-theodor-w-0001080-0001084.xml
adorno-theodor-w-0001085-0001086.xml
adorno-theodor-w-0001087-0001088.xml
adorno-theodor-w-0001089-0001092.xml
adorno-theodor-w-0001093-0001104.xml
adorno-theodor-w-0001105-0001175.xml
adorno-theodor-w-0001176-0001244.xml
adorno-theodor-w-0001245-0001315.xml
adorno-theodor-w-0001316-0001400.xml
adorno-theodor-w-0001401-0001476.xml
adorno-theodor-w-0001477-0001576.xml
adorno-theodor-w-0001577-0001577.xml
adorno-theodor-w-0001578-0001641.xml
adorno-theodor-w-0001642-0001643.xml
adorno-theodor-w-0001644-0001645.xml
adorno-theodor-w-0001646-0001653.xml
adorno-theodor-w-0001654-0001751.xml
adorno-theodor-w-0001752-0001795.xml
adorno-theodor-w-0001796-0001894.xml
adorno-theodor-w-0001895-0001955.xml
adorno-theodor-w-0001956-0002055.xml
adorno-theodor-w-0002056-0002146.xml
adorno-theodor-w-0002147-0002177.xml
adorno-theodor-w-0002178-0002178.xml
adorno-theodor-w-0002179-0002179.xml
adorno-theodor-w-0002180-0002246.xml
adorno-theodor-w-0002247-0002326.xml
adorno-theodor-w-0002327-0002385.xml
adorno-theodor-w-0002386-0002485.xml
adorno-theodor-w-0002486-0002583.xml
adorno-theodor-w-0002584-0002587.xml
adorno-theodor-w-0002588-0002666.xml
adorno-theodor-w-0002667-0002717.xml
adorno-theodor-w-0002718-0002817.xml
adorno-theodor-w-0002818-0002822.xml
adorno-theodor-w-0002823-0002823.xml
adorno-theodor-w-0002824-0002824.xml
adorno-theodor-w-0002825-0002828.xml
adorno-theodor-w-0002829-0002919.xml
adorno-theodor-w-0002920-0002981.xml
adorno-theodor-w-0002982-0003041.xml
adorno-theodor-w-0003042-0003120.xml
adorno-theodor-w-0003121-0003162.xml
adorno-theodor-w-0003163-0003163.xml
adorno-theodor-w-0003164-0003198.xml
adorno-theodor-w-0003199-0003298.xml
adorno-theodor-w-0003299-0003311.xml
adorno-theodor-w-0003312-0003410.xml
adorno-theodor-w-0003411-0003414.xml
adorno-theodor-w-0003415-0003499.xml
adorno-theodor-w-0003500-0003518.xml
adorno-theodor-w-0003519-0003519.xml
adorno-theodor-w-0003520-0003524.xml
adorno-theodor-w-0003525-0003526.xml
adorno-theodor-w-0003527-0003626.xml
adorno-theodor-w-0003627-0003720.xml
adorno-theodor-w-0003721-0003726.xml
adorno-theodor-w-0003727-0003727.xml
adorno-theodor-w-0003728-0003811.xml
adorno-theodor-w-0003812-0003911.xml
adorno-theodor-w-0003912-0004007.xml
adorno-theodor-w-0004008-0004013.xml
adorno-theodor-w-0004014-0004113.xml
adorno-theodor-w-0004114-0004196.xml
adorno-theodor-w-0004197-0004241.xml
adorno-theodor-w-0004242-0004341.xml
adorno-theodor-w-0004342-0004371.xml
adorno-theodor-w-0004372-0004465.xml
adorno-theodor-w-0004466-0004540.xml
adorno-theodor-w-0004541-0004611.xml
adorno-theodor-w-0004612-0004626.xml
adorno-theodor-w-0004627-0004715.xml
adorno-theodor-w-0004716-0004735.xml
adorno-theodor-w-0004736-0004742.xml
adorno-theodor-w-0004743-0004743.xml
adorno-theodor-w-0004744-0004744.xml
adorno-theodor-w-0004745-0004762.xml
adorno-theodor-w-0004763-0004800.xml
adorno-theodor-w-0004801-0004877.xml
adorno-theodor-w-0004878-0004890.xml
adorno-theodor-w-0004891-0004941.xml
adorno-theodor-w-0004942-0004983.xml
adorno-theodor-w-0004984-0005035.xml
adorno-theodor-w-0005036-0005068.xml
adorno-theodor-w-0005069-0005108.xml
adorno-theodor-w-0005109-0005145.xml
adorno-theodor-w-0005146-0005158.xml
adorno-theodor-w-0005159-0005218.xml
adorno-theodor-w-0005219-0005250.xml
adorno-theodor-w-0005251-0005347.xml
adorno-theodor-w-0005348-0005375.xml
adorno-theodor-w-0005376-0005376.xml
adorno-theodor-w-0005377-0005409.xml
adorno-theodor-w-0005410-0005444.xml
adorno-theodor-w-0005445-0005452.xml
adorno-theodor-w-0005453-0005471.xml
adorno-theodor-w-0005472-0005517.xml
adorno-theodor-w-0005518-0005528.xml
adorno-theodor-w-0005529-0005543.xml
adorno-theodor-w-0005544-0005571.xml
adorno-theodor-w-0005572-0005608.xml
adorno-theodor-w-0005609-0005635.xml
adorno-theodor-w-0005636-0005643.xml
adorno-theodor-w-0005644-0005698.xml
adorno-theodor-w-0005699-0005709.xml
adorno-theodor-w-0005710-0005724.xml
adorno-theodor-w-0005725-0005757.xml
adorno-theodor-w-0005758-0005787.xml
adorno-theodor-w-0005788-0005788.xml
adorno-theodor-w-0005789-0005789.xml
adorno-theodor-w-0005790-0005838.xml
adorno-theodor-w-0005839-0005923.xml
adorno-theodor-w-0005924-0005975.xml
adorno-theodor-w-0005976-0006025.xml
adorno-theodor-w-0006026-0006026.xml
adorno-theodor-w-0006027-0006086.xml
adorno-theodor-w-0006087-0006092.xml
adorno-theodor-w-0006093-0006129.xml
adorno-theodor-w-0006130-0006169.xml
adorno-theodor-w-0006170-0006176.xml
adorno-theodor-w-0006177-0006185.xml
adorno-theodor-w-0006186-0006204.xml
adorno-theodor-w-0006205-0006212.xml
adorno-theodor-w-0006213-0006217.xml
adorno-theodor-w-0006218-0006309.xml
adorno-theodor-w-0006310-0006335.xml
adorno-theodor-w-0006336-0006344.xml
adorno-theodor-w-0006345-0006444.xml
adorno-theodor-w-0006445-0006449.xml
adorno-theodor-w-0006450-0006511.xml
adorno-theodor-w-0006512-0006552.xml
adorno-theodor-w-0006553-0006571.xml
adorno-theodor-w-0006572-0006615.xml
adorno-theodor-w-0006616-0006653.xml
adorno-theodor-w-0006654-0006654.xml
adorno-theodor-w-0006655-0006655.xml
adorno-theodor-w-0006656-0006661.xml
adorno-theodor-w-0006662-0006670.xml
adorno-theodor-w-0006671-0006676.xml
adorno-theodor-w-0006677-0006681.xml
adorno-theodor-w-0006682-0006697.xml
adorno-theodor-w-0006698-0006716.xml
adorno-theodor-w-0006717-0006727.xml
adorno-theodor-w-0006728-0006738.xml
adorno-theodor-w-0006739-0006750.xml
adorno-theodor-w-0006751-0006783.xml
adorno-theodor-w-0006784-0006790.xml
adorno-theodor-w-0006791-0006817.xml
adorno-theodor-w-0006818-0006848.xml
adorno-theodor-w-0006849-0006849.xml
adorno-theodor-w-0006850-0006855.xml
adorno-theodor-w-0006856-0006873.xml
adorno-theodor-w-0006874-0006878.xml
adorno-theodor-w-0006879-0006884.xml
adorno-theodor-w-0006885-0006896.xml
adorno-theodor-w-0006897-0006933.xml
adorno-theodor-w-0006934-0006977.xml
adorno-theodor-w-0006978-0007003.xml
adorno-theodor-w-0007004-0007045.xml
adorno-theodor-w-0007046-0007107.xml
adorno-theodor-w-0007108-0007152.xml
adorno-theodor-w-0007153-0007177.xml
adorno-theodor-w-0007178-0007215.xml
adorno-theodor-w-0007216-0007224.xml
adorno-theodor-w-0007225-0007225.xml
adorno-theodor-w-0007226-0007288.xml
adorno-theodor-w-0007289-0007311.xml
adorno-theodor-w-0007312-0007317.xml
adorno-theodor-w-0007318-0007346.xml
adorno-theodor-w-0007347-0007354.xml
adorno-theodor-w-0007355-0007385.xml
adorno-theodor-w-0007386-0007386.xml
adorno-theodor-w-0007387-0007387.xml
adorno-theodor-w-0007388-0007421.xml
adorno-theodor-w-0007422-0007447.xml
adorno-theodor-w-0007448-0007490.xml
adorno-theodor-w-0007491-0007533.xml
adorno-theodor-w-0007534-0007577.xml
adorno-theodor-w-0007578-0007603.xml
adorno-theodor-w-0007604-0007629.xml
adorno-theodor-w-0007630-0007679.xml
adorno-theodor-w-0007680-0007702.xml
adorno-theodor-w-0007703-0007782.xml
adorno-theodor-w-0007783-0007808.xml
adorno-theodor-w-0007809-0007870.xml
adorno-theodor-w-0007871-0007871.xml
adorno-theodor-w-0007872-0007889.xml
adorno-theodor-w-0007890-0007901.xml
adorno-theodor-w-0007902-0007922.xml
adorno-theodor-w-0007923-0007930.xml
adorno-theodor-w-0007931-0007936.xml
adorno-theodor-w-0007937-0007947.xml
adorno-theodor-w-0007948-0007962.xml
adorno-theodor-w-0007963-0007973.xml
adorno-theodor-w-0007974-0007989.xml
adorno-theodor-w-0007990-0007996.xml
adorno-theodor-w-0007997-0008013.xml
adorno-theodor-w-0008014-0008049.xml
adorno-theodor-w-0008050-0008056.xml
adorno-theodor-w-0008057-0008094.xml
adorno-theodor-w-0008095-0008108.xml
adorno-theodor-w-0008109-0008145.xml
adorno-theodor-w-0008146-0008232.xml
adorno-theodor-w-0008233-0008313.xml
adorno-theodor-w-0008314-0008381.xml
adorno-theodor-w-0008382-0008385.xml
adorno-theodor-w-0008386-0008401.xml
adorno-theodor-w-0008402-0008419.xml
adorno-theodor-w-0008420-0008457.xml
adorno-theodor-w-0008458-0008467.xml
adorno-theodor-w-0008468-0008485.xml
adorno-theodor-w-0008486-0008515.xml
adorno-theodor-w-0008516-0008544.xml
adorno-theodor-w-0008545-0008563.xml
adorno-theodor-w-0008564-0008625.xml
adorno-theodor-w-0008626-0008707.xml
adorno-theodor-w-0008708-0008732.xml
adorno-theodor-w-0008733-0008762.xml
adorno-theodor-w-0008763-0008789.xml
adorno-theodor-w-0008790-0008806.xml
adorno-theodor-w-0008807-0008807.xml
adorno-theodor-w-0008808-0008907.xml
adorno-theodor-w-0008908-0009001.xml
adorno-theodor-w-0009002-0009049.xml
adorno-theodor-w-0009050-0009145.xml
adorno-theodor-w-0009146-0009205.xml
adorno-theodor-w-0009206-0009255.xml
adorno-theodor-w-0009256-0009326.xml
adorno-theodor-w-0009327-0009396.xml
adorno-theodor-w-0009397-0009469.xml
adorno-theodor-w-0009470-0009534.xml
adorno-theodor-w-0009535-0009612.xml
adorno-theodor-w-0009613-0009613.xml
adorno-theodor-w-0009614-0009647.xml
adorno-theodor-w-0009648-0009661.xml
adorno-theodor-w-0009662-0009683.xml
adorno-theodor-w-0009684-0009716.xml
adorno-theodor-w-0009717-0009736.xml
adorno-theodor-w-0009737-0009762.xml
adorno-theodor-w-0009763-0009776.xml
adorno-theodor-w-0009777-0009789.xml
adorno-theodor-w-0009790-0009806.xml
adorno-theodor-w-0009807-0009807.xml
adorno-theodor-w-0009808-0009812.xml
adorno-theodor-w-0009813-0009825.xml
adorno-theodor-w-0009826-0009829.xml
adorno-theodor-w-0009830-0009841.xml
adorno-theodor-w-0009842-0009853.xml
adorno-theodor-w-0009854-0009859.xml
adorno-theodor-w-0009860-0009865.xml
adorno-theodor-w-0009866-0009875.xml
adorno-theodor-w-0009876-0009886.xml
adorno-theodor-w-0009887-0009893.xml
adorno-theodor-w-0009894-0009897.xml
adorno-theodor-w-0009898-0009905.xml
adorno-theodor-w-0009906-0009911.xml
adorno-theodor-w-0009912-0009924.xml
adorno-theodor-w-0009925-0009931.xml
adorno-theodor-w-0009932-0009941.xml
adorno-theodor-w-0009942-0009952.xml
adorno-theodor-w-0009953-0009957.xml
adorno-theodor-w-0009958-0009981.xml
adorno-theodor-w-0009982-0009982.xml
adorno-theodor-w-0009983-0009986.xml
adorno-theodor-w-0009987-0009991.xml
adorno-theodor-w-0009992-0010030.xml
adorno-theodor-w-0010031-0010109.xml
adorno-theodor-w-0010110-0010189.xml
adorno-theodor-w-0010190-0010289.xml
adorno-theodor-w-0010290-0010316.xml
adorno-theodor-w-0010317-0010321.xml
adorno-theodor-w-0010322-0010324.xml
adorno-theodor-w-0010325-0010332.xml
adorno-theodor-w-0010333-0010334.xml
adorno-theodor-w-0010335-0010335.xml
adorno-theodor-w-0010336-0010434.xml
adorno-theodor-w-0010435-0010528.xml
adorno-theodor-w-0010529-0010573.xml
adorno-theodor-w-0010574-0010672.xml
adorno-theodor-w-0010673-0010769.xml
adorno-theodor-w-0010770-0010864.xml
adorno-theodor-w-0010865-0010865.xml
adorno-theodor-w-0010866-0010868.xml
adorno-theodor-w-0010869-0010885.xml
adorno-theodor-w-0010886-0010941.xml
adorno-theodor-w-0010942-0010953.xml
adorno-theodor-w-0010954-0010966.xml
adorno-theodor-w-0010967-0010972.xml
adorno-theodor-w-0010973-0010980.xml
adorno-theodor-w-0010981-0010995.xml
adorno-theodor-w-0010996-0011008.xml
adorno-theodor-w-0011009-0011017.xml
adorno-theodor-w-0011018-0011041.xml
adorno-theodor-w-0011042-0011052.xml
adorno-theodor-w-0011053-0011078.xml
adorno-theodor-w-0011079-0011097.xml
adorno-theodor-w-0011098-0011111.xml
adorno-theodor-w-0011112-0011146.xml
adorno-theodor-w-0011147-0011149.xml
adorno-theodor-w-0011150-0011152.xml
adorno-theodor-w-0011153-0011184.xml
adorno-theodor-w-0011185-0011192.xml
adorno-theodor-w-0011193-0011193.xml
adorno-theodor-w-0011194-0011195.xml
adorno-theodor-w-0011196-0011202.xml
adorno-theodor-w-0011203-0011265.xml
adorno-theodor-w-0011266-0011292.xml
adorno-theodor-w-0011293-0011365.xml
adorno-theodor-w-0011366-0011401.xml
adorno-theodor-w-0011402-0011429.xml
adorno-theodor-w-0011430-0011470.xml
adorno-theodor-w-0011471-0011551.xml
adorno-theodor-w-0011552-0011640.xml
adorno-theodor-w-0011641-0011740.xml
adorno-theodor-w-0011741-0011816.xml
adorno-theodor-w-0011817-0011915.xml
adorno-theodor-w-0011916-0011935.xml
adorno-theodor-w-0011936-0011937.xml
adorno-theodor-w-0011938-0011938.xml
adorno-theodor-w-0011939-0011939.xml
adorno-theodor-w-0011940-0011943.xml
adorno-theodor-w-0011944-0011947.xml
adorno-theodor-w-0011948-0011976.xml
adorno-theodor-w-0011977-0011995.xml
adorno-theodor-w-0011996-0012017.xml
adorno-theodor-w-0012018-0012040.xml
adorno-theodor-w-0012041-0012080.xml
adorno-theodor-w-0012081-0012119.xml
adorno-theodor-w-0012120-0012152.xml
adorno-theodor-w-0012153-0012183.xml
adorno-theodor-w-0012184-0012187.xml
adorno-theodor-w-0012188-0012196.xml
adorno-theodor-w-0012197-0012198.xml
adorno-theodor-w-0012199-0012204.xml
adorno-theodor-w-0012205-0012248.xml
adorno-theodor-w-0012249-0012329.xml
adorno-theodor-w-0012330-0012417.xml
adorno-theodor-w-0012418-0012478.xml
adorno-theodor-w-0012479-0012531.xml
adorno-theodor-w-0012532-0012587.xml
adorno-theodor-w-0012588-0012589.xml
adorno-theodor-w-0012590-0012593.xml
adorno-theodor-w-0012594-0012596.xml
adorno-theodor-w-0012597-0012597.xml
adorno-theodor-w-0012598-0012696.xml
adorno-theodor-w-0012697-0012796.xml
adorno-theodor-w-0012797-0012871.xml
adorno-theodor-w-0012872-0012970.xml
adorno-theodor-w-0012971-0013005.xml
adorno-theodor-w-0013006-0013006.xml
adorno-theodor-w-0013007-0013015.xml
adorno-theodor-w-0013016-0013016.xml
adorno-theodor-w-0013017-0013059.xml
adorno-theodor-w-0013060-0013083.xml
adorno-theodor-w-0013084-0013101.xml
adorno-theodor-w-0013102-0013122.xml
adorno-theodor-w-0013123-0013123.xml
adorno-theodor-w-0013124-0013169.xml
adorno-theodor-w-0013170-0013198.xml
adorno-theodor-w-0013199-0013221.xml
adorno-theodor-w-0013222-0013268.xml
adorno-theodor-w-0013269-0013338.xml
adorno-theodor-w-0013339-0013406.xml
adorno-theodor-w-0013407-0013489.xml
adorno-theodor-w-0013490-0013526.xml
adorno-theodor-w-0013527-0013599.xml
adorno-theodor-w-0013600-0013660.xml
adorno-theodor-w-0013661-0013702.xml
adorno-theodor-w-0013703-0013720.xml
adorno-theodor-w-0013721-0013721.xml
adorno-theodor-w-0013722-0013816.xml
adorno-theodor-w-0013817-0013911.xml
adorno-theodor-w-0013912-0013974.xml
adorno-theodor-w-0013975-0013975.xml
adorno-theodor-w-0013976-0013978.xml
adorno-theodor-w-0013979-0014014.xml
adorno-theodor-w-0014015-0014029.xml
adorno-theodor-w-0014030-0014039.xml
adorno-theodor-w-0014040-0014049.xml
adorno-theodor-w-0014050-0014116.xml
adorno-theodor-w-0014117-0014125.xml
adorno-theodor-w-0014126-0014192.xml
adorno-theodor-w-0014193-0014201.xml
adorno-theodor-w-0014202-0014211.xml
adorno-theodor-w-0014212-0014217.xml
adorno-theodor-w-0014218-0014224.xml
adorno-theodor-w-0014225-0014235.xml
adorno-theodor-w-0014236-0014251.xml
adorno-theodor-w-0014252-0014282.xml
adorno-theodor-w-0014283-0014289.xml
adorno-theodor-w-0014290-0014290.xml
adorno-theodor-w-0014291-0014365.xml
adorno-theodor-w-0014366-0014366.xml
adorno-theodor-w-0014367-0014419.xml
adorno-theodor-w-0014420-0014436.xml
adorno-theodor-w-0014437-0014454.xml
adorno-theodor-w-0014455-0014465.xml
adorno-theodor-w-0014466-0014472.xml
adorno-theodor-w-0014473-0014482.xml
adorno-theodor-w-0014483-0014499.xml
adorno-theodor-w-0014500-0014508.xml
adorno-theodor-w-0014509-0014523.xml
adorno-theodor-w-0014524-0014572.xml
adorno-theodor-w-0014573-0014668.xml
adorno-theodor-w-0014669-0014768.xml
adorno-theodor-w-0014769-0014868.xml
adorno-theodor-w-0014869-0014964.xml
adorno-theodor-w-0014965-0015062.xml
adorno-theodor-w-0015063-0015162.xml
adorno-theodor-w-0015163-0015212.xml
adorno-theodor-w-0015213-0015213.xml
adorno-theodor-w-0015214-0015227.xml
adorno-theodor-w-0015228-0015238.xml
adorno-theodor-w-0015239-0015244.xml
adorno-theodor-w-0015245-0015253.xml
adorno-theodor-w-0015254-0015256.xml
adorno-theodor-w-0015257-0015264.xml
adorno-theodor-w-0015265-0015268.xml
adorno-theodor-w-0015269-0015275.xml
adorno-theodor-w-0015276-0015303.xml
adorno-theodor-w-0015304-0015336.xml
adorno-theodor-w-0015337-0015342.xml
adorno-theodor-w-0015343-0015347.xml
adorno-theodor-w-0015348-0015367.xml
adorno-theodor-w-0015368-0015375.xml
adorno-theodor-w-0015376-0015383.xml
adorno-theodor-w-0015384-0015424.xml
adorno-theodor-w-0015425-0015437.xml
adorno-theodor-w-0015438-0015441.xml
adorno-theodor-w-0015442-0015444.xml
adorno-theodor-w-0015445-0015463.xml
adorno-theodor-w-0015464-0015508.xml
adorno-theodor-w-0015509-0015509.xml
adorno-theodor-w-0015510-0015522.xml
adorno-theodor-w-0015523-0015608.xml
adorno-theodor-w-0015609-0015623.xml
adorno-theodor-w-0015624-0015625.xml
adorno-theodor-w-0015626-0015627.xml
adorno-theodor-w-0015628-0015634.xml
adorno-theodor-w-0015635-0015642.xml
adorno-theodor-w-0015643-0015651.xml
adorno-theodor-w-0015652-0015666.xml
adorno-theodor-w-0015667-0015670.xml
adorno-theodor-w-0015671-0015676.xml
adorno-theodor-w-0015677-0015684.xml
adorno-theodor-w-0015685-0015698.xml
adorno-theodor-w-0015699-0015701.xml
adorno-theodor-w-0015702-0015705.xml
adorno-theodor-w-0015706-0015708.xml
adorno-theodor-w-0015709-0015713.xml
adorno-theodor-w-0015714-0015717.xml
adorno-theodor-w-0015718-0015718.xml
adorno-theodor-w-0015719-0015817.xml
adorno-theodor-w-0015818-0015902.xml
adorno-theodor-w-0015903-0015996.xml
adorno-theodor-w-0015997-0016096.xml
adorno-theodor-w-0016097-0016193.xml
adorno-theodor-w-0016194-0016202.xml
adorno-theodor-w-0016203-0016245.xml
adorno-theodor-w-0016246-0016343.xml
adorno-theodor-w-0016344-0016365.xml
adorno-theodor-w-0016366-0016465.xml
adorno-theodor-w-0016466-0016523.xml
adorno-theodor-w-0016524-0016524.xml
adorno-theodor-w-0016525-0016536.xml
adorno-theodor-w-0016537-0016546.xml
adorno-theodor-w-0016547-0016551.xml
adorno-theodor-w-0016552-0016561.xml
adorno-theodor-w-0016562-0016573.xml
adorno-theodor-w-0016574-0016578.xml
adorno-theodor-w-0016579-0016581.xml
adorno-theodor-w-0016582-0016585.xml
adorno-theodor-w-0016586-0016588.xml
adorno-theodor-w-0016589-0016597.xml
adorno-theodor-w-0016598-0016605.xml
adorno-theodor-w-0016606-0016627.xml
adorno-theodor-w-0016628-0016629.xml
adorno-theodor-w-0016630-0016665.xml
adorno-theodor-w-0016666-0016672.xml
adorno-theodor-w-0016673-0016680.xml
adorno-theodor-w-0016681-0016689.xml
adorno-theodor-w-0016690-0016697.xml
adorno-theodor-w-0016698-0016704.xml
adorno-theodor-w-0016705-0016715.xml
adorno-theodor-w-0016716-0016732.xml
adorno-theodor-w-0016733-0016738.xml
adorno-theodor-w-0016739-0016746.xml
adorno-theodor-w-0016747-0016794.xml
adorno-theodor-w-0016795-0016813.xml
adorno-theodor-w-0016814-0016818.xml
adorno-theodor-w-0016819-0016851.xml
adorno-theodor-w-0016852-0016919.xml
adorno-theodor-w-0016920-0016970.xml
adorno-theodor-w-0016971-0017001.xml
adorno-theodor-w-0017002-0017006.xml
adorno-theodor-w-0017007-0017007.xml
adorno-theodor-w-0017008-0017008.xml
adorno-theodor-w-0017009-0017065.xml
adorno-theodor-w-0017066-0017160.xml
adorno-theodor-w-0017161-0017196.xml
adorno-theodor-w-0017197-0017225.xml
adorno-theodor-w-0017226-0017234.xml
adorno-theodor-w-0017235-0017249.xml
adorno-theodor-w-0017250-0017285.xml
adorno-theodor-w-0017286-0017325.xml
adorno-theodor-w-0017326-0017331.xml
adorno-theodor-w-0017332-0017333.xml
adorno-theodor-w-0017334-0017339.xml
adorno-theodor-w-0017340-0017344.xml
adorno-theodor-w-0017345-0017349.xml
adorno-theodor-w-0017350-0017352.xml
adorno-theodor-w-0017353-0017364.xml
adorno-theodor-w-0017365-0017367.xml
adorno-theodor-w-0017368-0017370.xml
adorno-theodor-w-0017371-0017373.xml
adorno-theodor-w-0017374-0017377.xml
adorno-theodor-w-0017378-0017390.xml
adorno-theodor-w-0017391-0017393.xml
adorno-theodor-w-0017394-0017395.xml
adorno-theodor-w-0017396-0017402.xml
adorno-theodor-w-0017403-0017405.xml
adorno-theodor-w-0017406-0017407.xml
adorno-theodor-w-0017408-0017410.xml
adorno-theodor-w-0017411-0017413.xml
adorno-theodor-w-0017414-0017425.xml
adorno-theodor-w-0017426-0017436.xml
adorno-theodor-w-0017437-0017445.xml
adorno-theodor-w-0017446-0017449.xml
adorno-theodor-w-0017450-0017545.xml
adorno-theodor-w-0017546-0017615.xml
adorno-theodor-w-0017616-0017705.xml
adorno-theodor-w-0017706-0017706.xml
adorno-theodor-w-0017707-0017709.xml
adorno-theodor-w-0017710-0017738.xml
adorno-theodor-w-0017739-0017757.xml
adorno-theodor-w-0017758-0017778.xml
adorno-theodor-w-0017779-0017799.xml
adorno-theodor-w-0017800-0017802.xml
adorno-theodor-w-0017803-0017813.xml
adorno-theodor-w-0017814-0017816.xml
adorno-theodor-w-0017817-0017822.xml
adorno-theodor-w-0017823-0017841.xml
adorno-theodor-w-0017842-0017855.xml
adorno-theodor-w-0017856-0017858.xml
adorno-theodor-w-0017859-0017862.xml
adorno-theodor-w-0017863-0017864.xml
adorno-theodor-w-0017865-0017869.xml
adorno-theodor-w-0017870-0017872.xml
adorno-theodor-w-0017873-0017875.xml
adorno-theodor-w-0017876-0017879.xml
adorno-theodor-w-0017880-0017888.xml
adorno-theodor-w-0017889-0017899.xml
adorno-theodor-w-0017900-0017903.xml
adorno-theodor-w-0017904-0017906.xml
adorno-theodor-w-0017907-0017907.xml
adorno-theodor-w-0017908-0017912.xml
adorno-theodor-w-0017913-0017913.xml
adorno-theodor-w-0017914-0017915.xml
adorno-theodor-w-0017916-0017918.xml
adorno-theodor-w-0017919-0017921.xml
adorno-theodor-w-0017922-0017933.xml
adorno-theodor-w-0017934-0017936.xml
adorno-theodor-w-0017937-0017940.xml
adorno-theodor-w-0017941-0017946.xml
adorno-theodor-w-0017947-0017950.xml
adorno-theodor-w-0017951-0017952.xml
adorno-theodor-w-0017953-0017957.xml
adorno-theodor-w-0017958-0017959.xml
adorno-theodor-w-0017960-0017963.xml
adorno-theodor-w-0017964-0017966.xml
adorno-theodor-w-0017967-0017973.xml
adorno-theodor-w-0017974-0017975.xml
adorno-theodor-w-0017976-0017993.xml
adorno-theodor-w-0017994-0017997.xml
adorno-theodor-w-0017998-0018001.xml
adorno-theodor-w-0018002-0018021.xml
adorno-theodor-w-0018022-0018022.xml
adorno-theodor-w-0018023-0018028.xml
adorno-theodor-w-0018029-0018090.xml
adorno-theodor-w-0018091-0018162.xml
adorno-theodor-w-0018163-0018181.xml
adorno-theodor-w-0018182-0018189.xml
adorno-theodor-w-0018190-0018206.xml
adorno-theodor-w-0018207-0018210.xml
adorno-theodor-w-0018211-0018216.xml
adorno-theodor-w-0018217-0018224.xml
adorno-theodor-w-0018225-0018233.xml
adorno-theodor-w-0018234-0018234.xml
adorno-theodor-w-0018235-0018268.xml
adorno-theodor-w-0018269-0018285.xml
adorno-theodor-w-0018286-0018302.xml
adorno-theodor-w-0018303-0018340.xml
adorno-theodor-w-0018341-0018342.xml
adorno-theodor-w-0018343-0018377.xml
adorno-theodor-w-0018378-0018420.xml
adorno-theodor-w-image-appendix.xml
adorno-theodor-w-image-appendix-0000000.xml