XI. Moderne

 

Bei der gesellschaftlichen Analyse der jüngsten Musik von der Produktion, nämlich den avancierten Werken der Zeit nach dem Zweiten Krieg her, begegnet man einer unvermuteten Schwierigkeit. Offenbar entfaltet der gesellschaftliche Gehalt von Musik sich erst allmählich, verkappt sich bei ihrem ersten Auftreten. Er springt nicht unmittelbar aus dem Erscheinenden heraus. Im Anfang absorbieren klangsinnliche und technologische Merkmale und vor allem der Stil oder der sinnfällige Ausdrucksgehalt die Aufmerksamkeit; so erging es Beethoven wie Wagner; auch noch Strawinsky. Als Schrift eines Gesellschaftlichen wird Musik erst lesbar, sobald jene Momente nicht mehr befremdend den Vordergrund des Bewußtseins okkupieren; sobald das musiksprachlich Neue nicht länger Ausgeburt eines individuellen Willens dünkt, sondern die kollektive Energie hinter den individuellen Manifestationen fühlbar ist, wie etwa das Pathos der Einsamkeit aus dem Jugendstil unterdessen seine wunderliche Allgemeinheit offenbart. Der Niederschlag der gegenwärtigen gesellschaftlichen Konflikte in der jüngsten Musik ist spröd gegen seine Erkenntnis. Die gesellschaftlich gesetzte Dichotomie zwischen dem musikalischen Laien und dem Sachverständigen ist auch für diesen kein Segen. Seine Nähe zu den Sachen droht, diesen zu nahe zu rücken, auf Kosten der Perspektive. Was ihm entgeht, das fällt zuweilen dem widerspenstigen Laien zu. Schon die Gegner der Schönbergschen Atonalität haben den Ausdrucksgehalt des Beängstigenden und Verstörten besser wahrgenommen als die Freunde, die, aus eitel Begeisterung für die kompositorische Potenz, diese allzu eifrig in ihrer Beziehung auf die Tradition zu fassen suchten anstatt im qualitativ Neuen. Wohl war der Hans Sachs der Meistersinger, der zur Revision des Urteils über eine neue Musik das Volk gegen die Meister aufruft, ein romantischer Demagog, aber er durchschaute richtig die Unwissenheit des spezialisierten Wissens, ein Negatives am Fortschritt. Kritik des herrschenden musikalischen Bewußtseins, der Typen wie der öffentlichen Meinung, erteilt denn auch keine Gesinnungsprämien. Weder ist Freundlichkeit zur Moderne a priori richtiges musikalisches Bewußtsein, noch kritische Haltung ihr gegenüber falsches. Im Gegenteil, summarische Standpunkte sind Anzeichen verdinglichten Denkens, dem das Organ fürs Spezifische verkümmert ist. Die Gegner können mit Grund Skepsis an der gegenwärtigen Möglichkeit von Kunst überhaupt anmelden; die Schwierigkeiten, etwas zu komponieren, was auch nur anständig wäre, türmen sich auf. Freilich wurde wohl auch früher nicht weniger schlechte Musik geschrieben als heutzutage. Nur war ihre Schäbigkeit übertüncht durch die Vertrautheit allgemeiner Idiome und durch stilistische Normen, die noch dem Gestammelten oder Schablonenhaften den Anschein von Zusammenhang liehen. Das armseligste moderne Stück ist solcher Normalität wenigstens dadurch überlegen, daß es jenen Anschein verschmäht und die Verpflichtung akzeptiert, sich selbst hic et nunc durchzubilden, auch wenn es daran scheitert. Das Verhältnis zur Moderne hat aber Schlüsselcharakter fürs musikalische Bewußtsein nicht, weil das Neue eo ipso gut und das Alte eo ipso schlecht wäre, sondern weil genuine Musikalität, die spontane Beziehung zur Sache, in der Fähigkeit gründet, Erfahrungen zu machen. Sie konkretisiert sich in der Bereitschaft, mit dem noch nicht Eingeordneten, Gebilligten, unter fixe Kategorien Subsumierten sich einzulassen. Die Dichotomie des musikalischen Bewußtseins, die hier sich abzeichnet, ist eng verwandt der zwischen dem Autoritätshörigen, der automatisch auf moderne Kunst schimpft, und dem Autonomen, der auch ästhetisch zur Aufgeschlossenheit tendiert. Nicht um modernistische Gesinnung geht es sondern um die Freiheit zum Objekt: sie verlangt, daß nicht das Neue ab ovo fortgescheucht werde. Die Möglichkeit von Erfahrung selbst und die, auf Neues anzusprechen, sind identisch. Hätte der Begriff der Naivetät noch einen legitimen Sinn, so wäre es diese Fähigkeit. Sie ist aber zugleich auch kritisch; gerade wem nicht alle neue Musik grau ist wie Katzen in der Nacht, wird schließlich, aus Identifikation mit der Sache heraus, ablehnen, was ihrer Idee, und damit der eigenen, nicht adäquat ist. Fast möchte man den Experten-Hörer dadurch definieren.

Adäquat ist aber nur noch, was des letzten Harmlosen sich entschlägt. Die erschreckten Massenreaktionen auf die jüngste Musik sind weltfern dem, was dort rein musikalisch sich zuträgt, aber sie sprechen recht genau an auf die Differenz zwischen jener – heute bereits älteren – neuen Musik, in der das Leiden des Subjekts die affirmativen Konventionen abwirft, und der jüngsten, in der für dies Subjekt und sein Leiden schon kaum mehr Platz ist1. Angst schlägt um in kaltes Grauen, jenseits der Möglichkeit von Gefühl, Identifikation und lebendiger Zueignung. Jenes Grauen reagiert präzis auf den gesellschaftlichen Zustand; die fähigsten unter den jungen Komponisten sind der sinistren Implikation selber sich bewußt. Unabweislich der Gedanke an tellurische Konflikte und die Fortschritte der Zerstörungstechnik nach ihrem Maßstab. Zwar kann, was da sich zusammenbraut, unmittelbar der Musik so wenig thematisch werden wie die Schlachten, die Schostakowitsch freiwillig oder unfreiwillig programmusikalisch abschilderte. Im Verhalten des kompositorischen Subjekts in der jüngsten Musik aber reflektiert sich die Abdankung des Subjekts. Das ist der Schock, den sie bereitet, ihr gesellschaftlicher Stachel: der unaussprechliche Inhalt verbirgt sich im formalen Apriori, der technischen Verfahrungsweise. Das Allgemeine der Struktur produziert das Besondere ohne Rest aus sich heraus und verneint es dadurch. So gewinnt die Rationalität ihr Irrationales, das katastrophisch Blinde. Unter der vorgedachten, zugleich opaken und widerstandslosen Allgemeinheit wird der hörende Mitvollzug, der einmal den sachverständigen und den »guten« Hörtypus definierte, unmöglich. Die Zeitdimension, deren Gestaltung die überkommene musikalische Aufgabe war und in der richtiges Hören sich bewegte, wird aus der Zeitkunst virtuell eliminiert. Der Primat des Allgemeinen übers Besondere meldet sich in allen künstlerischen Medien an und erstreckt sich auch auf ihr Verhältnis zueinander. Die bis heute geachteten Unterschiede von Musik, Dichtung und Malerei werden herabgemindert, als wären sie solche bloßer Stoffe; der Vorrang des Ganzen, der »Struktur«, macht sich gleichgültig gegen die Materialien. Das Drohende und Schreckhafte rührt daher, daß die vollkommene Integration dem Integrierten hart angetan wird, Herrschaft, nicht Versöhnung.

Totalität, Atomisierung und der undurchsichtig subjektive Akt der Vereinigung der Gegensätze, der zwar auf Prinzipien beruht, diese selbst aber beliebig läßt, sind Konstituentien der jüngsten Musik, und schwer ist darüber zu urteilen, ob ihr Negatives das gesellschaftliche ausdrückt und dadurch transzendiert, oder es bloß, bewußtlos in seinem Bann, imitiert; am Ende ist beides gar nicht mit der Sonde zu scheiden. Fraglos aber schreibt die jüngste Musik, Todfeind der realistischen Ideologie, ein Seismogramm der Realität. Sie denkt die neue Sachlichkeit, mit der bereits Schönberg viele Motive teilte, zu Ende: nichts soll in Kunst ein anderes vortäuschen, als was es ist. Sie rüttelt dadurch am Begriff von Kunst selbst als einem Schein. Deshalb bekennt sie den Rest von Zufall in der universalen Notwendigkeit ein, der gleichen Wesens ist wie die Irrationalität der rationalisierten Gesellschaft. Integration wird unmittelbar eins mit Desintegration. Das erklärt die frappante Wirkung der Zufallstheorien und -kompositionen John Cages auf die seriellen Komponisten: das gänzlich Zufällige, das seine Sinnferne hervorkehrt und etwas wie statistische Gesetzlichkeit verheißt, und das ebenso Sinnferne einer Integration, die nichts mehr ist als ihre eigene Buchstäblichkeit, erreichen, wie György Ligeti aussprach, den Punkt ihrer Identität. Nicht aber die Versöhnung, von der die Einheitsgesellschaft weiter entfernt ist als je, und die, würde sie ästhetisch heute urgiert, in Betrug ausartete. Allgemeines und Besonderes melden sich wieder, aber indem sie im Augenblick ihrer Identität jäh auseinanderklaffen. Das Allgemeine wird zur selbstgesetzten Regel, diktiert von einem Besonderen und darum allem Besonderen gegenüber illegitim; das Besondere zum abstrakten, jeder eigenen – nur als subjektiv vermittelt denkbaren – Bestimmung entäußerten Zufall, zum bloßen Exemplar seines Prinzips. Traute die neue Musik mehr sich zu, als was diese Divergenz sagt, so fiele sie zurück in die ideologische Trostfunktion. Ihre Wahrheit hat sie einzig, wo sie die Antagonismen ungemildert, tränenlos austrägt. Kein Künstler kann mehr vorwegnehmend das Antagonistische zum Sinn versammeln, so wie die gleichzeitige, verhärtete Gesellschaft kein Potential einer richtigen absehen läßt. Die Kraft des Einspruchs hat sich zusammengezogen in die sprachlose, bilderlose Gebärde.

Ihr Anspruch ist immens. Nur weniges Geschriebene genügt seiner Idee: die radikalen Theoretiker der neuen Musik konzedieren mittlerweile das Altern des meisten Produzierten. Die Abdankung des Subjekts, die Zertrümmerung subjektiven Sinns, die in den obersten Werken der jüngsten Musik erschüttert, manifestiert sich in den minderen als Spannungsverlust, als nichtige Spielerei, Parodie seligen Spiels wie die Freizeitgesellschaft, nach Horkheimers Wort, die verwirklichter Freiheit. Kompositionen, aus denen das Subjekt sich, als schämte es sich des eigenen Überlebens, herauszieht, und die dem Automatismus der Konstruktion oder des Zufalls überantwortet werden, geraten an die Grenze losgelassener, aber jenseits der Gebrauchswelt überflüssiger Technologie. Bastelei aber ist nicht einfach die Signatur, die schlechte Komponisten von guten unterscheidet. Was immer gelingt, scheint ihr um ein Minimales abgezwungen; der schockhafte Ausdruck der Leere und leeres, neutralisiertes Verfahren changieren fast unentwirrbar. Der Hang zum Basteln, der mit einer für die ältere Generation rätselhaften Unwiderstehlichkeit auch die Begabtesten der Jungen ergriff, ist selbst eine allgemein gesellschaftliche Verhaltensweise, der Versuch des Sensoriums, dem vollständig Entfremdeten und dinghaft Verhärteten paradox sich anzupassen. Er ist verwandt dem Sozialcharakter der Kinder, die, ehe sie schreiben und lesen lernen, mit Autos Bescheid wissen; gewitzigt und regressiv in eins. Ist der heute frisch-fröhlich vordringende Positivismus ihrer selbst unbewußte Verzweiflung, dann tendiert objektive Verzweiflung als Dauerzustand zum positivistischen Betrieb pseudowissenschaftlichen Schlages. Das Ersatzideal von Produktion um der Produktion willen, von Vollbeschäftigung, hat die inwendige Komplexion der Musik angesteckt. In ihr verschwindet, was in den Verfahrungsarten nicht aufgeht, das Stück Utopie, die Ungenügsamkeit beim bloß Seienden. Ihre wie tief auch vergrabene Substanz war die gesellschaftliche Veränderung. Der Kern der soziologischen Differenz zwischen der neuen Musik um 1960 und der um 1920 ist wohl politische Resignation, Reflex auf jene Zusammenballung gesellschaftlicher Macht, welche die Aktion der Ohnmacht sei's verbietet, sei's in eine Maßnahme anderer Macht verwandelt. Das Gefühl, nichts lasse sich ändern, hat die Musik befallen. Immer weniger erfährt sie sich selbst als Prozeß, immer mehr gefriert sie – wie der Neoklassizismus es ersehnte – zur Statik. Die totale Determination, die kein selbständig seiendes Einzelnes ihr gegenüber mehr duldet, ist auch ein Verbot des Werdens. Manche bedeutenden Stücke jüngster Musik hören nicht mehr wie Entwicklungen sich an, sondern als wären sie insgesamt auf der Stelle verharrende Kadenzen. Absehbar wird eine Musik der gesellschaftlichen Entropie.

Das betrifft aber auch die gesellschaftliche Wirkung der neuen Musik, im Vergleich zu der vor vierzig Jahren. Obwohl sie in Konsequenz und Entfernung vom herkömmlichen Idiom alles damals Entstandene weit überbietet, stößt sie weniger vor den Kopf. Daß Skandale selten werden; daß die neue Musik nicht mehr als Zerstörung heiliger Güter gehaßt, sondern lieber in ein Spezialgebiet für Spezialisten abgeschoben wird, hat man oft bemerkt. Mit allzu großer Genugtuung, als daß man dem Befund ohne weiteres glauben dürfte. Er führt mühelos zu der These vom Konformismus der Nicht-Konformierenden. Humorig ergötzt man sich daran, daß Formen dort sich bilden, wo Formen negiert werden, und daß leben auch der will, dem das gegenwärtige Leben zum Ekel ist. Spießbürger triumphieren darüber, daß die, die es nicht sind, es doch auch seien. Fürs erste reicht als Antwort hin, Konformisten seien diejenigen, welche sagen, die Non-Konformisten seien Konformisten, so wenig auch irgendein Wort sicher davor ist, von dem Betrieb verschluckt zu werden, gegen den es revoltiert. Auch daß eine Musik, der ihre Widersacher stets noch die Opposition recht wohl anhören, vom Bestehenden finanziell ausgehalten werde, ist Denunziation, nicht Argument. Nicht daß der Widerspruch zu beschönigen wäre. Aber er ist objektiv notwendig, nicht subjektive Charakterlosigkeit. Musik, deren Struktur etwas Wesentliches von der gesellschaftlichen zutage fördert, hat keinen Markt; die Institutionen der öffentlichen Hand, die sie schützen, haben das Recht einer Negation der Negation. Verdinglichtes Bewußtsein und avancierte Musik sind trotz allem unvereinbar. Dem Zustand, dem sie ästhetisch gleicht, widerspricht sie durch eben diese Gleichheit, und das ist ihr gesellschaftlich Wahres.

Dennoch ist mit der Rezeption der neuen Musik etwas geschehen. Der Hohn über die Apathie, mit der sie wie andere Güter konsumiert werde, übertönt auch den Ärger darüber, daß sie eine breitere Basis findet als in ihren heroischen Jahren. Der objektive Geist des gadgeteering2 ist daran sicherlich nicht unbeteiligt; der Weg vom Radiobastler zum fan der Elektronik nicht weit. Deren Problem ist die Entwicklung kompositorischer Strukturen aus dem spezifisch elektronischen Material. Der bloße Reiz ungewohnt sirrender Klänge wird so rasch sich verbrauchen wie aller bloße Reiz. Von all dem kapiert der fan wenig genug. Aber die Freude an den Apparaturen schafft eine Art von Komplizität. Die neue Musik, die auf die Technologie sich eingeschworen hat, wird unter den Millionen technischer Enthusiasten weniger Feinde finden als der vergleichsweise traditionalistische Expressionismus bei den Kulturbürgern von 1910 oder 1920. Geschwächt ist der Widerstand nicht nur durch die Gleichgültigkeit an der Kultur, die etwas über deren fatales Schicksal sagt. Erst eine Generation, die kaum mehr Tradition substantiell erfuhr, ist so aufgeschlossen fürs nicht Etablierte wie die jüngste. Was daraus wird: purer Stumpfsinn, Reaktion, sobald man erst einmal das Traditionale wiederentdeckt, oder genuiner Kontakt mit dem Werdenden, dürfte weniger ästhetisch als durch den realen Gang der Dinge sich entscheiden. Zwar gibt es kein biologisches Generationsproblem, wohl aber eines der kollektiven Erfahrung; denkbar, daß, was alles vergessen ward, Raum schafft fürs noch nicht Gewesene. Freilich erleichtert gerade, was der neuen Musik mangelt, ihre Rezeption. Die Schönbergs, Bergs, Weberns wurde erschwert vom Übermaß der Spannung in ihren Werken. Sie erwarteten sie auch vom adäquaten Hörer, während das Publikum, der eigenen Seelenlage nach, sie nicht aufbrachte. Dies Mißverhältnis war der Grund des Gelächters, mit dem man etwa zu Weberns Lebzeiten auf dessen musikalische Augenblicke reagierte. Weil die Musik, die jetzt entsteht, jene Spannung kaum mehr kennt, oder zumindest kaum enthüllt, provoziert sie weniger, ist gegenüber dem Bewußtsein der Hörenden nicht länger ein so radikal Anderes; überdeutlich wird das in Programmen, wo sie etwa in die Nachbarschaft von Orchesterstücken Weberns gerät. Authentisch klingen dann Webernsche Sätze, die man ehedem als sektiererhafte Narrheiten oder, nach der Sprache der schlechten Mitte, als »überspitzt« ablehnte.

Der Rezeption helfen zugleich, wenigstens zeitweise, organisatorische Momente. Während die Wiener Schule Schönbergs sozial noch in altertümlich liberalen Formen sich hielt und dadurch in den Mißkredit dessen geriet, was keine institutionelle Macht hinter sich hat, in der Ohnmacht aber geistige Freiheit und Unmittelbarkeit sich retten mochte, wurde unterdessen die Pflege neuer Musik der gesellschaftlichen Tendenz angepaßt; ihre eigene technologische Gesinnung hat ihr dabei geholfen. Noch einmal bewährte sich an ihr, daß die Gesellschaft Aufgaben zu lösen vermag, die durch den Stand der Produktivkräfte ihr sich stellen – zuweilen selbst wenn diesen die Verhältnisse entgegen sind. Auch die organisatorischen Begabungen werden erzeugt, die an der Zeit sind. Das außerordentlichste Beispiel dafür ist der jüngst aus schmählichem Leichtsinn getötete Wolfgang Steinecke, der seine stille und immense Energie an die exponierteste Produktion wandte. Nicht nur hat er bei den Kranichsteiner Ferienkursen fünfzehn Jahre lang grundverschiedene und oft refraktäre Menschen durch die Utopie einer Musik zusammengehalten, die bis ins Innerste anders wäre, sondern überdies Veranstaltungen, deren Sympathie dem Ungebärdigsten galt, öffentliche Autorität verschafft. Weder betrieb er viel Propaganda, noch hatte er eine bereits kristallisierte öffentliche Meinung hinter sich. Exemplarisch tat er dar, daß auch in der verwalteten Welt individuelle Spontaneität etwas erreichen kann, wenn sie nicht vorweg vor der wohlweisen Vernunft sich duckt, die ihr die apriorische Vergeblichkeit ihres Tuns überzeugend vorrechnet. Insgesamt ist die gesellschaftliche Situation der jüngsten Moderne paradox: durch die Entwicklung der musikalischen Kommunikationsmedien ebenso wie durch die Formation relativ unabhängiger zentralistischer Instanzen, die schließlich auf den ökonomischen Konzentrationsprozeß zurückdatiert, ist sie in gewissem Maß eingegliedert. Ungeschieden sind dabei die Tendenzen zur Neutralisierung und die zur Befreiung aus fachmännischer Esoterik.

Sozial ist die gegenwärtige kompositorische Moderne in sich inhomogener als je; unter den Ausgeprägtesten finden sich Söhne von Industriellen und Patriziern neben Künstlern aus kleinsten Verhältnissen. In ihrer Produktion sind die Unterschiede der Herkunft nicht erkennbar, stören auch nicht das dichte Netz ihrer Beziehungen; selbst politische Bekenntnisse trennen sie nicht. Solche Vergesellschaftung kontrastiert scharf zu jener Isolierung im engsten cénacle, welche in der Schönberggeneration als Gewähr von Reinheit galt. Die glauben, oder anderen einreden wollen, es ließe unter den gegenwärtigen Bedingungen noch abgeschieden-individualistisch sich produzieren, haben darauf mit dem Vorwurf der Cliquenbildung geantwortet, der immer demagogisch zieht, solange die Aufgestachelten einflußreichere Cliquen hinter sich wissen. Aber die Vergesellschaftung der Ungeselligen dient nicht nur ihrem bitter notwendigen Schutz, da sie nun einmal so wenig mehr wie sonst jemand in würdiger Armut existieren könnten. Der permanente Austausch von Erfahrungen, Theorien, experimentellen Ideen, auch die hitzigen Richtungskämpfe verhindern Erstarrung in der je proklamierten Unfehlbarkeit. Produktive Selbstkritik der seriellen Schule erzwingt oft Änderungen der Intention in kürzesten Zeiträumen; das Tempo der Entwicklung beschleunigt sich wie das der realen. Der Rückhalt in kleinen, dabei stets von Kontroversen erfüllten Kreisen ist Platzhalter der Nachwelt, auf welche die neue Musik hofft, auf die kein Geistiges jedoch mehr arglos vertrauen kann. Dagegen sind diejenigen, welche, von Schöpfertum schwafelnd, ihre Individualität kultivieren, stets fast solche, deren musikalische Sprache vom Rückstand des kritisch Überholten zehrt, den sie als Stimme der Natur verkennen; in der Sache haben sie am wenigsten Individuelles vorzuweisen. Der zu seinen Lebzeiten als Ultra-Individualist verfolgte Schönberg dagegen hing dem Gedanken von Komponierateliers nach, analog vielleicht zum Bauhaus, zu dem der Freund Kandinskys Querverbindungen unterhielt. Stockhausen, den es lockt, alle Tendenzen der fortschreitenden Entwicklung zuende zu treiben, hat tatsächlich eine Komposition gemeinsam mit einem Freund ausgeführt; innerhalb ihrer Determination war dessen spezifische Leistung, bundesdeutsch gesprochen, bereits eingeplant. Analogien zur Arbeit Brechts aus den frühen dreißiger Jahren und anderen künstlerischen und theoretischen Kollektivproduktionen drängen sich auf. Die gesellschaftliche Krise des Individuums hat ihre Konsequenzen bis in die Genese der Werke hinein.

Trotz des im übrigen bescheidenen kollektiven Rückhalts bleibt der soziale Standort des Komponisten, der virtuell nur von Zuwendungen lebt, die vom gesellschaftlichen Reichtum abgezweigt und ihm gleichsam gnadenweise ausgezahlt werden, gefährdet. Das wie immer auch verdrängte Gefühl der Überflüssigkeit nagt an allem, was hervorgebracht wird. Manche kompensieren es durch forcierte Aktivität. Die Generation Schönbergs und seiner Schüler fühlte sich durch ihr unbändiges Ausdrucksbedürfnis getragen; was in ihnen ans Licht wollte, wußte, ähnlich wie die Kubisten vor dem Ersten Krieg, sich eins mit dem Weltgeist. Diese Konkordanz mit dem historischen Zug, die über subjektive Isolierung, Armut, Verleumdung und Spott hinweghalf, fehlt heute. Das real ohnmächtige Individuum vermag keine Sache mehr, die es von sich aus vollbringt und als seine eigene bestimmt, so substantiell und wichtig zu nehmen. Der Ernst von Kunst bedarf aber der unbefragten Überzeugung von ihrer Relevanz. Zugleich nimmt das Moment subjektiver Nötigung, das Ausdrucksbedürfnis, durch den Konstruktivismus in der Produktion ab. Die Willkür des Ansatzes ebenso wie die Souveränität des Planens wären jenem Bedürfnis inkommensurabel, selbst wenn es in den Komponierenden noch sich regte. Alle Kompositionen nähern sich der Auftragskomposition: der Komponist erteilt allenfalls den Auftrag sich selbst. Die Rücksicht auf akustische Verhältnisse, besondere Ensemblekombinationen, hochspezialisierte Interpreten wie den erstaunlichen David Tudor drängt in dieselbe Richtung. Schönbergs polemisch gemeinte Maxime für den Neoklassizismus, »Hauptsache ist der Entschluß«, hat ihre Ironie verloren; der Entschluß rückt ins Zentrum. Vielleicht waren die automatischen Niederschriften und ihre musikalischen Analoga der Versuch, willentlich der Willentlichkeit von Kunst entgegenzuarbeiten. Denn selbst die Musik der expressionistischen Protokolle war nicht ganz unwillkürlich. Der Zeitaufwand, den eine größere Komposition erfordert und der, zum Ärger der Komponisten, den bei der Herstellung eines Gemäldes, das doch materiell mehr einbringt, meist erheblich übersteigt, bedingt, bei einiger Rationalität, stets Vorsatz und Plan. Der Schatten des Vergeblichen aber, des Mißverhältnisses zwischen dem Entschluß zur Sache und ihrer absehbaren Relevanz, hat seine Ursache in dem permanenten Krisenzustand, in welchem die Gesellschaft sich befindet. Die großen Neuerungen vor dem Ersten Weltkrieg reflektierten zwar bereits die Erschütterung des sozialen Gefüges, trugen sich aber in einem äußerlich noch intakten zu. Kunst schien selbstverständlich, solange das Gefüge existierte; nicht länger im zerrütteten. Sie zweifelt an ihrer Möglichkeit, nicht mehr bloß an ihren Formen. Nach dem Grauen, das verübt ward, nach dem Völkermord ist in ihre Existenz etwas Aberwitziges hineingeraten; ihre Obsession mit dem Absurden ist nicht zuletzt der Versuch, damit fertig zu werden. Die unüberbrückbare Distanz der jüngsten Musik von aller empirischen Realität, nicht nur der Rezeption, sondern selbst der Spur des Realen im Ausdruck, wird, ohne daß man es wüßte, gesetzt, um der Musik einen Ort zu verschaffen, der ihrer Aporie entrückt wäre. Aber der Fluch ereilt noch die großartige Anstrengung: was so weit sich absondert, als hätte es mit menschlichem Gehalt nichts mehr gemein, und dadurch den unmenschlichen Zustand verklagt, ist schon auf dem Sprung, ihn mitleidslos zu vergessen und sich selbst zum Fetisch zu werden. Das ist der ideologische Aspekt des radikal technischen, anti-ideologischen Kunstwerks.

Daß die Produktion durch unbegrenzte Verfügung der Komponisten über sich selbst sich disponibel macht, unterminiert sie allmählich. Ihre voll erreichte Autonomie schult sie zur Heteronomie; die Freiheit des Verfahrens, die an nichts ihr Auswendiges mehr gebunden sich weiß, erlaubt ihr, als einer Methode, Anpassung an ihr auswendige Zwecke. Damit aber den Ausverkauf. Die Zerstörung von Produktivkräften hat die gesamte Geschichte ihrer Emanzipation begleitet. Musik ist darin eines Wesens mit der Gesellschaft, in die sie gebannt ist und deren abgeblendetes Nachbild sie bereitet. Die Kräfte, die sie wachruft und entbindet, fesselt sie immer zugleich auch und vertilgt sie womöglich, und keineswegs bloß in sogenannten Krisenzeiten. Die emanzipierte bürgerliche Gesellschaft ließ große Komponisten von Mozart bis Hugo Wolf zugrunde gehen, um sie dann, als hätten sie durch ihr Opfer den zürnenden Kollektivgeist versöhnt, zu vergotten. Für eine Musiksoziologie, die nicht mit Epiphänomenen sich abspeisen läßt, wäre die Tendenz zur Vernichtung eben der Genien, deren Begriff in der Ideologie obenan rangiert, kein unwürdiger Gegenstand. Auch in der Moderne hat es, bei allem angehäuften gesellschaftlichen Reichtum, an Ähnlichem nicht gefehlt. Aber man muß nicht einmal an die Umstände denken, die Berg und Webern, Bartók und Zenk, Hannenheim und Skalkottas das Leben verkürzten. Die gesellschaftliche Tendenz zur Destruktion der Kunst reicht weit hinaus über die sichtbare Katastrophe und das, was dann die Schuldigen womöglich noch als tragisches Schicksal genießen, die in ihrem ideologischen Hausschatz das verhungernde Genie nicht missen mögen. Das Gift sickert durch die feinsten Adern dessen, was ein Besseres sein könnte. In den Jahren der affluent society mögen hochbegabte Komponisten wirklich nicht mehr verhungern, obwohl es zum Begriff des Unheils gehört, daß die Betroffenen im Dunkeln sind; hätte man in aller Tragweite gewußt, daß Mozart Mozart war, er hätte nicht zu darben brauchen. Heute werden musikalische Produktivkräfte vielfach subtiler, und darum erst recht unwiderstehlich paralysiert. Große Kompositionstalente haben im allgemeinen, während ihrer Vorbildung, auch erhebliche technische Fazilität sich angeeignet. Sie haben gelernt, auch mit Materialien, die nicht ihre eigenen und spezifischen sind, gut umzugehen, so wie fundierte nicht-gegenständliche Maler auch gut Akt zeichnen. Der Glaube, zum Metier eines Künstlers gehöre nur das, was er fürs Eigenste braucht, ist kunstfremd. Die Produktivsten sind meist jene, die einen soliden Fond des Traditionellen empfangen haben, der sie ebenso nährt, wie ihre Kraft wächst, indem sie davon sich abstoßen. Sie haben meist etwas vom hochtrainierten Fachmann; auch dessen Verwendbarkeit. Während, was ihnen vorschwebt, ihnen zunächst fast ausnahmslos Opfer auferlegt, die angesichts des ostentativen Reichtums doppelt empfindlich sind, qualifizieren sie sich zugleich für jenes gesellschaftlich Nützliche, das die Kulturindustrie verwaltet. Allein schon die technische Sicherheit, die Raschheit und Präzision, mit der sie Aufträge erledigen, empfehlen sie; den Routiniers der Unterhaltungssphäre sind sie selbst in dieser überlegen. Talent ist aber keineswegs, wie das konventionelle Cliché der Kunstreligion es will, unmittelbar eins mit der Kraft zum Widerstand. Das im weitesten Verstande sinnliche Moment, Bedingung jeglicher künstlerischen Begabung, zieht die Künstler zum angenehmen, mindestens zum weniger beengten Leben; was Asketen, auch genialen, abgeht, geht meist auch ihrer Produktion ab. Künstler sind verführbar. Produktivität ist nicht reine Sublimierung, sondern verschränkt mit regressiven, wenn nicht infantilen Momenten; die verantwortlichsten Psychoanalytiker, wie Freud und Fenichel, weigerten sich, die Neurosen produktiver Künstler zu behandeln. Deren Naivetät hat etwas Schadhaftes und stiftet doch ihre Unmittelbarkeit zum Material. Diese ersparte ihnen lange die Reflexion auf den gesellschaftlichen Ort, verwehrt ihnen aber oft, die Niveaus zu unterscheiden und integer zu bleiben. Ihr Narzißmus sträubt sich gegen das Eingeständnis, daß sie Konzessionen machen, während sie bereits dem Betrieb sich ausgeliefert haben. Je strenger der Begriff autonomer Kunst sich aufrichtet, desto schwerer wird es den Künstlern, ihn zu fassen und festzuhalten; manche, und keineswegs nur schlechte, wissen überhaupt nicht, was ein Kunstwerk ist. Die Eleganz des Handwerks täuscht sie übers Bedenklichste hinweg; manche rutschen in den kulturindustriellen Betrieb, ohne es nur recht zu merken. Daraus ist ihnen, unter dem gegebenen System, kein moralischer Vorwurf zu machen. Aber die unversöhnlichen Sphären des Musiklebens können unmöglich im selben Individuum koexistieren. Ich kenne kein Beispiel eines Komponisten, der sein Leben mit Arbeiten für den Markt verdient und gleichzeitig der eigenen Norm voll genügt hätte. Die Materialien hier und dort berühren sich zu sehr; Routine, die Bequemlichkeit der geläufigen Hand, überträgt sich auf das, was das Gegenteil erheischt. Spinoza konnte optische Gläser schleifen und die Ethik schreiben; Gebrauchsmusik und legitime Kompositionen wollen auf die Dauer kaum demselben gelingen. Der Akt des Verkaufs rächt sich am Unverkäuflichen; der Prozeß wäre einmal im einzelnen zu analysieren. Der Verfall großer Komponierbegabungen unterm Terror des Ostens besiegelt eine Tendenz, die schon unter formaler Freiheit vernehmbar sich anmeldet. Offenbar ist musikalische Produktivität hohen Anspruchs besonders fragil; der soziale Bruch zwischen der Allerweltsmusik und der intakten wiederholt sich zerstörend in den Produktivkräften selber. Der Prozeß der Schrumpfung musikalischen Sinns, den zu ignorieren sogleich zur apologetischen Lüge würde, unterhöhlt die subjektive Möglichkeit der Produktion. Schon in der heroischen Periode der neuen Musik waren deren Exponenten vielfach nicht ganz mit sich selbst mitgekommen; was sie komponierten, schoß gleichsam über ihren subjektiven Geist hinaus oder über den objektiven der Epoche. Lange vorher schrieb Wagner einmal, sehr bürgerlich, der Tristan hätte sich so weit vorgewagt, daß es seine Aufgabe sei, die Lücke auszufüllen und ihn allmählich einzuholen. Aber rückwärtige Verbindungslinien, immer zugleich solche zum vorwaltenden musikalischen Kollektivbewußtsein hin, werden im Augenblick, da man sie zieht, kraftlos durch das Fortgeschrittenere. Komponisten, die von Rückverbindungen Sicherheit sich erhoffen, setzen dem geschichtlichen Verdikt am empfindlichsten sich aus. Aber auch die tapfersten sind nicht gefeit gegen Wirkungen der contrainte sociale – mitunter recht verborgene. Man könnte Vermutungen darüber anstellen, ob nicht sogar bei Schönberg der Zwang, durch Unterricht sich durchzubringen, sein Teil Schuld hat am Didaktischen, Paradigmatischen mancher seiner späteren Werke; nur seine unerschöpfliche Phantasie rettete ihn davor, Musik zu schreiben, die zeigt, wie man es macht; gleichsam auf die Tafel zu komponieren; das vollkommene Schulstück aber scheitert als Kunstwerk. Daß Druck Gegendruck erzeugt; daß soziale Widerstände zuweilen – wie bei Wagner – die Kräfte steigern, und daß es Künstlern unzuträglich ist, wenn die Arme ihnen weit sich öffnen, braucht nicht einmal ganz bestritten zu werden; weil der Zustand von Grund auf falsch ist, teilt seine Falschheit dem Künstler sich mit, gleichgültig, welches Verhältnis zur Gesellschaft er einnimmt. Den Opponierenden pflegt sie zu brechen, ihr Einverständnis macht ihn selbst zum Einverstandenen, zur Stimme seines Herrn. Die Haltung gesellschaftlicher Konzilianz ist verschwistert tödlicher Selbstzufriedenheit. Aber nicht einmal die abstrakte Feststellung, wie der Künstler es auch mache, sei es falsch, ist ganz wahr. Wenn wirklich die Situation des Millionenerben der Produktivität nicht günstig wäre – sie hat weder Bachofen noch Proust geschadet –, so ist heute jedenfalls die des gesellschaftlichen Outsiders weit beängstigender. Das Mißverhältnis zwischen der zusammengeballten gesellschaftlichen Macht und der individuellen Kraft ist unerträglich angewachsen. Das Schema des per aspera ad astra, stets tauglich zum Betrug, zerging vollends mit dem Liberalismus und der freien Konkurrenz. Übrig ist es nur noch als Vorwand, die Vernichtung der Produktivkräfte damit zu rechtfertigen, diese hätten eben nicht ausgereicht.

Auf den Talentierten, der durch Kapitulation sich vernichten läßt – Schönberg sagte einmal mit Galgenhumor: wenn ich schon Selbstmord begehe, will ich wenigstens davon leben können –, warten charakteristische gesellschaftliche Formen der gegenwärtigen Musik. In ihnen hat der Kitsch, als gehobener, seine Unschuld verloren. Unbeirrt traditionalistische Produktion findet wenig Anklang mehr; nur Provinzialen halten ihr die Treue. Der Kreis derer, die auf neue Musik ansprechen, ist nach wie vor zu schmal, als daß er diese ökonomisch und gesellschaftlich tragen könnte. Eine Zwischenzone hat sich etabliert: Produktion, die einigermaßen modern sich gebärdet, zuweilen sogar mit Zwölftontechnik liebäugelt, aber sorgsam darüber wacht, daß man es ihr nicht verübelt. Gemäßigte Moderne gibt es, seit es Moderne gibt. Während sie sich als besonnen und von Experimentiersucht frei in die Brust wirft, waren ihre Ergebnisse stets matt und schwächlich, nicht nur wegen des angewandten Materials sondern auch durch die unverbindlichere Faktur. Daraus ist der verbreitete und recht homogene Typus geworden, der den Graben ausfüllt; auch berühmte Namen rechnen ihm zu. Eigentlich wollen sie gar keine große Kunst mehr, sondern Resignation und schlechtes Gewissen steht ihren Produkten als weises Maßhalten auf die Stirn geschrieben. Insgeheim erheben sie keinen Anspruch auf Verbindlichkeit und halten sich schadlos am zuweilen ganz dauerhaften Publikumserfolg, ohne sich als altmodisch und hinterwäldlerisch genieren zu müssen. Ein internationaler Einheitsstil solcher Komponisten zeichnet sich ab. Sie arbeiten, Strawinsky ausschlachtend, mit kurzen Motivansätzen, die nicht variierend entwickelt sondern flügellahm wiederholt werden, als wäre der musikalische Impuls schon gebrochen, ehe er sich regt. Die paradoxale Schärfe des Vorbilds wird ersetzt durch kunstgewerblichen Schnitt; an literarischer Versiertheit mangelt es nicht. Die Affinität zum Ballett ist diesen Partituren nicht zufällig. Sie verlängern die Linie dessen, wofür in den frühen zwanziger Jahren der Ausdruck Gebrauchsmusik aufkam. Damals zeigte sich erstmals, daß Musik nicht einfach in die beiden verdächtig altbewährten Sparten der hohen Kunst und der Unterhaltung sich teilt. Hinzu kam eine Gattung, die von den Bühnenmusiken und Schauspieleinlagen abstammt, Musik, die in anderen als musikalischen Zusammenhängen ihre Funktion zu erfüllen hat. Das Modell der alten Bühnenmusiken – schon die Dreigroschenoper war, neben anderem, auch ein parodistischer Nachzügler der Posse mit Gesang und Tanz – wirkt nach in parasitärer Anlehnung ans literarisch Erfolgreiche oder Bewährte, von Kafka bis Shaw. Beflissen interessiert daran, von dem Kitsch sich abzuheben, den sie gleichsam enteignen, zeigen sie sich in der Wahl der Libretti ebenso weltklug wie in den kompositorischen Allüren. Die Reduktion der Musik zur Hörkulisse, die sich selbst schon nicht mehr ernst nimmt, legt sich als ästhetisches Programm zurecht bis hin zu jenen Gebilden, in denen simpelste Stampfwirkungen – man nennt das Rhythmik – die Komposition liquidieren. Mit dem Aufschwung der hochkonzentrierten und die Produktion planenden Kulturindustrie wuchs zusehends die soziale Bedeutung dieses Sektors. Gebrauchsmusik ist der verwalteten Welt auf den Leib geschrieben; ihre Charaktere triumphieren auch dort, wo gar kein Gebrauch es erheischt. Gelegentlich haben große Komponisten, wie Schönberg in der Begleitmusik zu einer Lichtspielszene, Beispiele dafür geliefert, was sogar in diesem Bereich möglich wäre, wenn er der durch Banausie vermittelten gesellschaftlichen Kontrolle entrückt würde. Mittlerweile indessen hat der neue Typ alles an sich gerissen, was zwischen der fortgeschrittensten Produktion und der U-Musik lokalisiert ist, in die selbstverständlich die Gebrauchsmusiken – zumal die des Films – fließend übergehen. Ihre Charakteristika: dramaturgisch geschickter Einsatz, leichte Faßlichkeit, bunte Farben, Sinn für Pointen und kluge Enthaltung von geistig-musikalischen Zumutungen sind auch die mancher scheinbar autonomer Werke, von Opern, Balletten, sogar absoluter Musik. Ihre Gebrauchsfähigkeit ist Dienst am Kunden. Sie verwalten den Hörer. Auch nach oben dehnt die Sphäre sich aus; an den elektronischen Verfahren wird geschnuppert. Dieser neue Typus von Musik, musiksoziologisch für die Gegenwart höchst bezeichnend, bringt zugleich einen neuen Typus des Komponisten hervor. Funktionell planend, faßt er die Arbeitsgänge der Komposition, der Aufführung und der Verwertung zusammen. Man kann von Manager-Komponisten reden. Prototypisch war, in den späten zwanziger Jahren, der hochbegabte Kurt Weill in der Zeit seiner Zusammenarbeit mit dem Theater am Schiffbauerdamm. Er stimmte direktorial Komposition und Aufführung aufeinander ab, richtete vielfach seine Produktion nach Desideraten der Reproduktion und des Konsums ein. Später wurde das im Musical allgemein üblich; bei Weill geschah es noch unterm Aspekt von Brechts Versuchen zur Montage der künstlerischen Medien und zu ihrer didaktischen Mobilisierung. Aus dem konferierenden und telefonierenden Kollektiv kurz vor 1933 ist jene Figur des Komponiermanagers aufgestiegen, der nun auch im anspruchsvollen Bereich, wie sonst nur in der Sphäre U, alles der Verwertung3 unterordnet. Bei Bühnenwerken stützt sich solche Vorherrschaft des Gebrauchs über ein dem eigenen Sinn nach anscheinend noch Autonomes: darauf, daß das Endprodukt tatsächlich nicht die Partitur, sondern die erscheinende Aufführung ist, ähnlich wie das Drehbuch zum gedrehten Film sich verhält. Showmanship, stets dem Theater wesentlich, bemächtigt sich auch der Musik. Die fraglose Notwendigkeit, Theaterstücke an ihrer Aufführung, Partituren am lebendigen Klang zu überprüfen, wird verabsolutiert. Im Abwägen der Medien mit Rücksicht auf ihre Wirkung im szenischen Ergebnis verwandelt der Komponist, auf Kosten jenes Ideals von »Auskomponieren«, dem etwa die Opern Bergs verpflichtet sind, sich in den Musikregisseur; die brüchig harte Kontrapunktierung heterogener Medien nach dem Montageprinzip mäßigt sich, wie man das so nennt, realistisch. Kein Material wird mehr ganz durchgebildet, alle werden der effektsicheren Kombination zuliebe koupiert. Aus der verfremdenden Inhomogenität wird die kalkulierende Steigerung des einen Mediums durch das ihm gleichsam von außen beispringende andere. Der Komponist erobert Stellungen, von denen aus er disponiert und koordiniert. Schon Richard Strauss als Komponist und viele Dirigenten hatten, im Zuge der wirtschaftlichen Konzentration künstlerischer Verfügung, Machtpositionen außerhalb ihres eigenen Arbeitsbereichs inne; unter den Organisationsformen der Kulturindustrie, die sich ja weit über die eigentlichen Massenmedien ausdehnen, verallgemeinert sich dies Bestreben. Exzentrizitäten der Schule Cages wie die Expansion von Zufallshandlungen über das rein Musikalische hinaus scheinen wie polemische Repliken auf die Expansion von Verwaltung bis in die Produktionsvorgänge hinein. Wäre es der Traum eines richtigen musikalischen Zustands, daß die getrennten Sphären von Produktion, Aufführung und Rezeption sich versöhnten, so ist das manageriale System der Musik das Widerspiel solchen Traums; das Getrennte wird aufeinander abgestimmt, aber in Maßnahmen, welche die Willkür der Trennung ebenso perpetuieren wie die Ohnmacht derer, auf die solche falsche Rationalisierung abzielt.

 
Fußnoten

 

1 Vgl. Theodor W. Adorno, Quasi una Fantasia, a.a.O., S. 339ff. u.S. 365ff. [GS 16, s. S. 476ff. u. S. 493ff.]

 

2 Zu diesem Begriff vgl. o.S. 288, Fußn. 1.

 

3 Vgl. Bertolt Brecht und Peter Suhrkamp, Anmerkungen zur Oper »Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny«, in: Bertolt Brecht, Stücke, Bd. 3, S. 261; zitiert bei Hans Magnus Enzensberger, Einzelheiten. Frankfurt a.M. 1962, S. 118.

 

 

XII. Vermittlung

Bis heute ist musiksoziologische Erkenntnis unbefriedigend. Sie spaltet sich in vielfach unproduktiven Wissenschaftsbetrieb hier und, zu nicht geringem Maß, in Unbewiesenes dort. Wo ihr etwas aufgeht, streift sie die bloße Analogie. Ein Rest des Dogmatischen bleibt ihr auch, wo sie ihre Motive aus konsequenter Theorie der Gesellschaft zieht. Wenig ergiebig aber sind meist musiksoziologische Sätze, die, um nur ja festen Boden unter den Füßen zu behalten, auf Konsumentengewohnheiten sich beschränken, oder wenigstens Musik nur dort als soziologischen Gegenstand zulassen, wo sie etwas wie eine Massenbasis der Verbreitung findet. Wohl mögen raffiniertere Erhebungsmethoden zuweilen von Resultaten belohnt werden, die nicht von vornherein sich absehen lassen, nicht die Forschung erübrigen gleich Research-Binsenweisheiten: daß Jazz lieber in großstädtischen Zentren als auf dem Lande gehört wird oder daß das Interesse Jugendlicher an Tanzmusik größer ist als das Älterer. Was aber Musiksoziologie dem Unbefangenen verspricht, was keine einzelne Erhebung erfüllt und schwerlich die stets wieder vertagte Synthesis, das wäre die gesellschaftliche Dechiffrierung musikalischer Phänomene selbst, die Einsicht in ihr wesentliches Verhältnis zur realen Gesellschaft, in ihren inneren sozialen Gehalt und ihre Funktion. Die wissenschaftlich etablierte Musiksoziologie sammelt statt dessen bloß Daten im bereits Konstituierten und ordnet sie. Ihr Habitus ist administrativ: die Auskünfte über Hörgewohnheiten, die sie bereitstellt, sind vom Typus dessen, was die Büros der Massenmedien benötigen. Indem sie aber auf die Rolle als solcher hingenommenen Musik in einer als solcher hingenommenen Gesellschaft sich einengen, versperren sie die Perspektive sozialer Strukturprobleme, der impliziten der Musik ebenso wie der funktionalen der Gesellschaft gegenüber. Nicht umsonst rühmen sie sich, unter Anrufung Max Webers, ihrer Wertfreiheit. Unkritische Registrierung dessen, was sie als Tatsachen vermelden, empfiehlt sie dem Getriebe, dem sie naiv sich einordnen; sie machen eine wissenschaftliche Tugend aus der Unfähigkeit zu erkennen, was es mit dem Getriebe, und mit der Musik darin, auf sich hat.

Musiksoziologische Intentionen jedoch, die damit nicht sich abspeisen lassen; die deutend bloße Faktizität überschreiten, werden, weil sie nicht rein von Fakten einzulösen sind, ohne viel geistige Unkosten als willkürliche Spekulation gebrandmarkt. Man sollte denken, daß gesellschaftliche Aspekte von Musik wie der Zusammenhang großer, ihrem Sinn nach der Erfahrung noch heute offener Musik mit dem Geist geschichtlicher Epochen, und damit ihrer Sozialstruktur, Perspektiven, welche selbst die vom Verdacht des »Soziologismus« entfernte Geistesgeschichte Diltheys öffnet, ohne weiteres einleuchten. Selbst sie geraten indessen ins Zwielicht, sobald ihnen nach empirischen Spielregeln die Rechnung präsentiert und verlangt wird, man solle hieb- und stichfest beweisen, daß Beethovens Musik nun tatsächlich etwas mit Humanität und bürgerlicher Emanzipationsbewegung, oder Debussy mit dem Lebensgefühl des Impressionismus und der Bergsonschen Philosophie zu tun habe. Das Allerplausibelste verkehrt sich jener verhärteten wissenschaftlichen Gesinnung, die ihr Ethos daran hat, gegen die Erfahrung der Gegenstände sich blind zu machen und nur Reflexe darauf zu studieren, zum spekulativen Dogma. Diese Gesinnung beruht, wie Max Weber schon ahnte, auf dem Verlust kontinuierlicher Bildung. Deren Abwesenheit wirft sich als Kriterium des Wahren auf. Die Frage nach dem Gehalt wird als eitel abgeschnitten, weil sie der etablierten Unbildung entglitt. Der Geist, der in den Gegenständen der Geisteswissenschaften beheimatet ist, wird vor den Verfahren, zu denen er degenerierte und denen es wichtiger ist, ihre Resultate allen demonstrieren zu können als mit ihnen die Sache zu erreichen, zum Angeklagten. Die Ungegenständlichkeit der Musik benachteiligt diese dabei besonders: sie verweigert unmittelbar gesellschaftliche Daten.

Schuld aber hat nicht nur die fortschreitende Sturheit und Verblendung des Wissenschaftsbetriebs. Auch wer von jener nicht sich terrorisieren läßt, bemerkt, daß Musiksoziologie zur Atrophie des einen oder des anderen der beiden Momente tendiert, aus denen ihr Name zusammengestückt ist. Je gesicherter soziologische Befunde über Musik, desto ferner und äußerlicher sind sie ihr selbst. Je tiefer aber sie in spezifisch musikalische Zusammenhänge sich versenken, desto ärmer und abstrakter drohen sie als soziologische zu werden. Gesetzt, man werde einer Beziehung zwischen Berlioz und dem beginnenden industriellen Hochkapitalismus inne. Die Relation, insbesondere die Verwandtschaft des technologischen Aspekts der Berliozschen Orchesterbehandlung zu industriellen Verfahren, ist schwer zu leugnen. Die gesellschaftlichen Momente aber, die dabei herausschauen, sind selbst bei weitgehenden Extrapolationen ganz außer Verhältnis zu dem, was wir über die französische Gesellschaft jener Epoche konkret wissen. Wesentliche Züge von Berlioz wie das Schockhafte und Abrupte seines Idioms bezeugen zwar deutlich gesellschaftliche Veränderungen der Reaktionsformen, die, musikalisch, auch die seinen waren. Aber selbst das wäre immer noch auf einer höheren Allgemeinheitsstufe lokalisiert als die sozialen Vorgänge, die Umwälzung der Produktionsmethoden zu Berlioz' Zeit. Umgekehrt wird man aus der Fülle dessen, was man über die Gesellschaft des Imperialismus und Spätkapitalismus weiß, kaum die spezifische Beschaffenheit voneinander so divergierender Musiken ableiten können wie den gleichzeitigen von Debussy, Mahler, Strauss und Puccini. Differentielle Musiksoziologie scheint bloß ex post facto möglich, und das macht sie fragwürdig im Sinn des Diktums, was ein starker Denker nicht alles fertigbringe. Des Unbehagens an den Identifikationen beider Bereiche über Stock und über Stein kann auch der nicht sich entschlagen, der sie für notwendig hält, weil der volle musikalische Gehalt in sich gesellschaftliche Sinnesimplikate birgt, und der frei ist von jener reaktionären Kulturideologie, die sich, wie bereits Nietzsche rügte, nicht damit abfinden will, daß die Wahrheit – und die Kunst ist ihre Erscheinung – ein Gewordenes sei. Nicht ist zu fürchten, die Reinheit des Kunstwerks werde befleckt von den Spuren des Seienden in ihm selber, über das es nur soweit sich erhebt, wie es am Seienden sich mißt. Wohl aber ist zu fürchten, daß jene Spuren in der Sache verfließen und den Erkennenden verleiten, sie durch Konstruktion zu erschleichen. Index dessen ist das Widerstreben des Gedankens gegen den Gebrauch von Worten wie »Zuordnung«. Sie übertünchen die Schwäche der Erkenntnis; ihre Unverbindlichkeit täuscht vor, sie entspränge dem schwebend Differenzierten. Solche Schwäche von Musiksoziologie nach der einen oder der anderen Richtung enthüllt sich so regelmäßig, daß sie kaum auf die Unzulänglichkeit individuellen Verfahrens oder gar auf die mittlerweile gealterte Jugend der Disziplin abzuschieben ist.

Der soziologische Wissenschaftsbetrieb hilft sich über die Schwierigkeit, wie über viele, durch geschäftsordnungsmäßige Klassifikation: Soziologie habe es mit der sozialen Wirkung von Musik zu tun, nicht mit dieser selbst; mit ihr hätten sich Musiktheorie, Geistesgeschichte, Ästhetik zu beschäftigen. Derlei Ansichten haben ihre Tradition in der Geschichte der Soziologie. Um als neue Disziplin in der alten universitas litterarum untergebracht zu werden, war sie interessiert daran, von Nachbardisziplinen – Ökonomie, Psychologie, Historie – durch sogenannte saubere Definition ihres Gegenstandsbereichs sich abzugrenzen. Bis zur Periode von Max Weber und Durkheim wollte Soziologie immer wieder apologetisch ihre Eigenständigkeit beweisen. Unterdessen hat sich herumgesprochen, wohin die wissenschaftliche Arbeitsteilung in getrennten Schächtelchen führt: zur Verwechslung des methodisch Veranstalteten mit der Sache selbst, zur Verdinglichung. Seitdem sind jene limitierenden Bestrebungen auf die Bindestrichsoziologien herabgesunken; so, wenn man, durchsichtig genug, die Betriebssoziologie von den tragenden wirtschaftlichen Vorgängen als Erforschung angeblicher zwischenmenschlicher Beziehungen abspaltet. Nicht weit davon ist das Postulat, Musiksoziologie mehr oder minder auf Erhebungen über den gesellschaftlichen Konsum von Musik einzuschränken. Vielleicht ist es ein wissenschaftstheoretisches Ergebnis der musiksoziologischen Reflexionen, die ich angestellt habe, daß dies Verfahren, das sich für wissenschaftlich gesichert hält, den eigenen Gegenstand versäumt. Ästhetische und soziologische Fragen der Musik sind unauflöslich, konstitutiv miteinander verflochten. Nicht zwar, wie es der vulgärsoziologischen Ansicht passen könnte, derart, daß nur das gesellschaftlich auf breiter Basis sich Durchsetzende ästhetisch qualifiziert sei. Sondern ästhetischer Rang und gesellschaftlicher Wahrheitsgehalt der Gebilde selbst haben wesentlich miteinander zu tun, wie wenig auch beides unmittelbar identisch ist. Nichts an Musik taugt ästhetisch, was nicht, sei's auch als Negation des Unwahren, gesellschaftlich wahr wäre; kein gesellschaftlicher Gehalt von Musik gilt, wofern er nicht ästhetisch sich objektiviert. Was an Strauss, auch an Wagner Ausdruck von Ideologie ist, reicht bis in Unstimmigkeiten ihrer Technik wie die alogische Beliebigkeit des Effekts oder die überredende Wiederholung hinein – der musikalische Kitsch des Ostblocks ist zumindest Symptom dessen, wie es um den Sozialismus dort bestellt ist, der von den Komponisten propagandistisch bebildert werden muß. Erst solche Zusammenhänge wären musiksoziologisch relevant. Die gesellschaftliche Distribution und Rezeption der Musik ist bloßes Epiphänomen; das Wesen ist die objektive gesellschaftliche Konstitution der Musik in sich. Dies Wesentliche ist nicht mit gespielter Demut ad Kalendas Graecas zu vertagen, bis die Musiksoziologie erst über all die Fakten verfügte, die sie dann deutete und die sie zur Deutung befähigten. Denn die Fragen, die sie an Distribution und Rezeption der Musik heranbringt, wären selber zu determinieren von denen nach dem gesellschaftlichen Gehalt der Musik und von der theoretischen Interpretation ihrer Funktion.

Die Interessen jeglicher gesellschaftlichen Erkenntnis richten sich danach, ob sie ausgeht von den Verhaltensweisen und Reaktionen von Menschen in einer gegebenen Gesellschaft oder von den objektivierten, institutionellen Mächten, von denen die Sozialprozesse, und damit die Individuen bis in ihre vermeintlich irreduzible Psychologie hinein, abhängen. Weil jene Objektivitäten nicht oder nur inadäquat im Bewußtsein der einzelnen Menschen gegeben, vielmehr im Entscheidenden von der Fassade verdeckt sind, während ihre Verhaltensweisen sich beobachten, erfragen, gar messen lassen, konzentriert eine auf Objektivität versessene Wissenschaft sich auf die Subjekte; auch eine Musiksoziologie, die als Vorbild Max Weber oder womöglich Theodor Geiger sich erkoren hat. Aber die Objektivität solcher Blickrichtung ist Schein. Denn ihr Gegenstand ist selbst abgeleitet, sekundär, vordergründig. Weil die Subjekte heute Objekte der Gesellschaft sind, nicht ihre Substanz, sind auch ihre Reaktionsformen nicht objektive Daten sondern Bestandteile des Schleiers. Die Objektivität ist, in einer durchgebildeten und hochrationalisierten Warengesellschaft, die zusammengeballte gesellschaftliche Macht, der Produktionsapparat, und der von diesem kontrollierte der Verteilung. Was, dem eigenen Begriff nach, das erste zu sein hätte, ist zum Appendix geworden, die lebendigen Menschen. Wissenschaft, die das verleugnet, verteidigt den Zustand, der es dahin brachte. Wissenschaftliche Aufklärung hätte das zu entwirren. Ob man mit dem Studium der gesellschaftlichen Subjekte oder der verhärteten gesellschaftlichen Objektivität anfängt, ist keine Sache des Beliebens von Standpunkt oder Themenwahl; keineswegs konvergierten Verfahren, die hier und dort ansetzen. Die gesellschaftlichen Verhältnisse sind solche der gesellschaftlichen Macht; daher rührt der Vorrang der Produktion über die anderen Bereiche. In ihm verschränken sich die für die gesellschaftliche Dialektik insgesamt maßgebenden Momente: die menschliche Arbeit, durch die das Leben bis in die äußersten Sublimierungen hinein sich erhält, und die Verfügung über fremde Arbeit als das Schema von Herrschaft. Ohne gesellschaftliche Arbeit ist kein Leben, Genuß wird von ihr erst hervorgebracht; die gesellschaftliche Verfügung aber reduziert den Gebrauch der hergestellten Güter, den die Vulgärsoziologie als Gegebenheit verkennt, zum Mittel, um des Profits willen den Produktionsapparat in Gang zu halten. Abstraktionsschnitte, die das eskamotieren, sind darum ihrem Gegenstand gegenüber nicht so neutral, wie ihre bona fides sich schmeichelt. Ihnen verschwindet vorweg das Entscheidende, die Bedingungen, welche die Menschen an ihren Platz bannen und sie zu dem verhexen, als was sie agieren und was sie auch für sich selber werden. Die gesicherten Beobachtungen fügen sich zur Mauer vor dem Wesen, das im Beobachteten bloß erscheint; der Empirismus erfährt nicht, was er erfahren zu wollen behauptet.

In den Sphären von Distribution und Konsum freilich, in denen Musik selbst gesellschaftliches Objekt, Ware wird, bereitet die Frage nach der Vermittlung von Musik und Gesellschaft so wenig Schwierigkeiten wie Freude. Sie wäre teils mit Methoden der beschreibenden Analyse von Institutionen, teils, bei der Hörersoziologie, mit solchen statistischer Erhebung zu behandeln. Allerdings müßte die spezifische Beschaffenheit des Verteilten und Rezipierten die Problemstellungen determinieren, an denen der gesellschaftliche Sinn des Ermittelten sich ablesen läßt, während der administrative research von jener Relation gern absieht und dadurch um die Fruchtbarkeit seiner Resultate sich bringt. – Die Distribution unterliegt, bis sie die Massen erreicht, zahllosen gesellschaftlichen Selektions- und Steuerungsprozessen durch Mächte wie Industrien, Konzertagenturen, Festspielleitungen und vielerlei Gremien. All das geht ein in die Präferenzen der Hörer; ihre Bedürfnisse werden nur mitgeschleift. Allem vorgeordnet ist die Kontrolle durch die großen Konzerne, in denen in den ökonomisch fortgeschrittensten Ländern die Elektroindustrie, die Schallplattenindustrie und das Radio offen oder verdeckt fusioniert sind. Mit zunehmender Konzentration der Verteilungsinstanzen und ihrer Macht nimmt die Freiheit in der Wahl des zu Hörenden tendenziell ab; darin unterscheidet sich die eingegliederte Musik nicht länger von irgendwelchen anderen Konsumgütern. Die Steuerung wird von Irrationalität begleitet. Ganz wenige Musiker werden als Prominente auserwählt; schwerlich die objektiv Qualifiziertesten. Zu Zwecken des build-up zu einer Warenmarke werden in sie so große Beträge investiert, daß sie selber monopolähnliche Positionen erlangen, denen sie zugleich willentlich zustreben. Im musikalischen Distributionsapparat verwandeln sich die Produktivkräfte der ausübenden Künstler, nach dem Vorbild der Filmstars, in Produktionsmittel. Das verändert sie qualitativ in sich. Die Prominenten haben ihre Monopolstellung, selbst ein Stück ökonomischen Scheins, teuer zu bezahlen. Ohnmächtig sind sie in die Programmpolitik eingespannt. Ihren Darstellungsstil müssen sie auf Hochglanz polieren, wenn sie ihre Position behaupten wollen, noch als Weltberühmte verängstigt von der Möglichkeit, von einem Tag zum anderen ausgeschaltet zu werden. Versuche, durch Spontaneität und konzessionslose künstlerische Leistung die Monopole zu brechen, haben immer nur die ausübenden Künstler gebrochen; das System mag Ausnahmen machen und zur Abwechslung auch einmal tolerieren, was ihm nicht gleicht, im Ernst läßt es nicht mit sich scherzen. Seine Macht wächst dem, was lanciert wird, als Prestige und Autorität zu. Zumal die Schallplatte, die wie ein Schriftwerk geronnene Aufführung erlangt das durch ihre pure Form. Sie gestattet es, noch erweislichen Unsinn in der Wiedergabe zeitgenössischer wie älterer Werke den Käufern als vorbildlich aufzureden; davon werden dann die Kriterien musikalischer Aufführung herabgedrückt und der Markt mit peinlichen Doubletten der arrivierten Stars überschwemmt.

Bei der Auswahl des Verteilten und der Hochdruckreklame dafür beruft man sich auf den Geschmack der Abnehmer, um das Niveau zu senken und das nicht Konformierende zu eliminieren. Das objektive Interesse der Verfügenden bedient sich des Willens der Hörer. Diesen passen, dem subjektiven Bewußtsein nach, die Verfügenden sich an. Man darf nicht sich einbilden, die Hörer würden vergewaltigt und wären an sich, gleichwie in einem glücklichen musikalischen Naturstand, auch fürs andere ohne weiteres aufgeschlossen, wenn es das System nur an sie heranließe. Vielmehr schließt sich der gesellschaftliche Verblendungszusammenhang zum circulus vitiosus. Die oktroyierten Standards sind die, welche im Bewußtsein der Hörer selbst sich ausgeformt haben oder wenigstens ihnen zur zweiten Natur wurden: der Hinweis der Manipulatoren auf die Manipulierten ist empirisch unwiderleglich. Das Unheil liegt nicht in einer ursprünglichen Erzeugung falschen Bewußtseins sondern in seiner Fixierung. Statisch wird reproduziert, was ohnehin ist, auch das vorhandene Bewußtsein; der status quo wird zum Fetisch. Symptome einer ökonomischen Rückbildung auf die Phase der einfachen Reproduktion sind auch in der Gestalt des objektiven Geistes unverkennbar. Die Anpassung an einen Markt, der unterdessen zum Pseudomarkt herunterkam, hat dessen Ideologie verselbständigt: das falsche Bewußtsein der Hörer ist zur Ideologie geworden für die Ideologie, mit der man sie füttert. Die Kontrolleure brauchen diese Ideologie. Schon die leiseste Lockerung der geistigen Kontrolle enthält heute ein wie immer auch entferntes sprengendes Potential, das mit dem Schreckensruf der Unverkäuflichkeit abgewürgt wird.

Der Fortschritt der Kontrolle durch die distribuierenden Agenturen blitzt auf an geringfügigen Einzelheiten. Vor vierzig Jahren wurden Schallplatten zur Ansicht ins Haus geliefert, nach den Usancen eines Liberalismus, der wenigstens formell den Geschmack des Kunden respektierte. Heute finden sich auf kostspieligeren Plattenwerken, unter Hinweis auf den rechtlichen Autorenschutz und Ähnliches, Vermerke, welche den Plattengeschäften Auswahlsendungen verbieten: »Abgabe-Bedingungen für Deutschland: Die Überspielung unserer Schallplatten sowie die Übertragung von Rundfunksendungen unserer Schallplatten auf Band oder Draht, auch zu privatem Gebrauch, sind verboten. Zur Vermeidung unerlaubter Überspielungen sind den Händlern Verleih, Vermietung und Auswahlsendungen nicht erlaubt.« Die Möglichkeit des Mißbrauchs ist nicht einmal zu bestreiten: noch das Abscheulichste heute kann stets fast unwiderlegliche Gründe anführen, sie sind das Medium, in dem das Böse sich realisiert. Jedenfalls muß man die Katze im Sack kaufen; das Abhören von Platten in den mangelhaft isolierten Zellen der Ladengeschäfte ist eine Farce. Das Komplement dazu ist der Grundsatz, der Kunde sei König, der die ganze Siebente Symphonie von Bruckner in seiner Privatwohnung genießen kann. Ob derlei Tendenzen mit der Konjunktur sich ändern, bleibt abzuwarten.

Was in der Musik, in der Kunst überhaupt Produktion heißt, bestimmt sich vorab durch den Gegensatz zum kulturellen Konsumgut. Desto weniger ist es unmittelbar der materiellen Produktion gleichzusetzen. Von ihr unterscheidet das ästhetische Gebilde sich konstitutiv: was an ihm Kunst ist, ist nicht dinghaft. Die kritische Theorie der Gesellschaft rechnet die Kunstwerke dem Überbau zu und hebt sie dadurch von der materiellen Produktion ab. Allein schon das antithetische, kritische Element, das dem Gehalt bedeutender Kunstwerke essentiell ist und sie in Gegensatz wie zu den Verhältnissen materieller Produktion so zur herrschenden Praxis insgesamt rückt, verbietet es, unreflektiert von Produktion hier wie dort zu reden, wofern man Konfusion vermeiden will. Aber wie meist bei Äquivokationen sind den differentiellen Momenten identische gesellt. Die Produktivkräfte, schließlich die der Menschen, sind doch auch in allen Bereichen identisch. Die historisch konkreten, vom Inbegriff der Gesellschaft ihrer Zeit wiederum geformten Subjekte, von deren Fähigkeiten die materielle Gestalt der Produktion jeweils abhängt, sind nicht absolut andere als die, welche Kunstwerke verfertigen; nicht umsonst spielte beides über lange Epochen hin, bei handwerklichen Verfahren, ineinander. So sehr die Arbeitsteilung die Gruppen einander entfremdet, so sehr sind doch alle in jeder Phase woran auch immer arbeitenden Individuen gesellschaftlich zusammengeschlossen. Ihre Arbeit, selbst die dem eigenen Bewußtsein nach individuellste des Künstlers, ist stets »gesellschaftliche Arbeit«; das Subjekt, das sie bestimmt, ist weit mehr gesellschaftliches Gesamtsubjekt, als dem individualistischen Wahn und Hochmut der durch geistige Arbeit Privilegierten lieb ist. In diesem kollektiven Moment, dem jeweils objektiv vorgezeichneten Verhältnis von Verfahrungsweisen und Materialien kommunizieren trotz allem der künstlerische und materielle Stand der Epoche. Darum tritt, nachdem einmal die aktuellen Spannungen zwischen einer Gesellschaft und der Kunst ihrer Tage vergessen sind, die Einheit zwischen beiden so zwingend hervor; für die gegenwärtige Erfahrung hat Berlioz mehr mit den früheren Weltausstellungen gemein als mit dem Byronschen Weltschmerz. Wie aber auch in der realen Gesellschaft die Produktivkräfte den Vorrang haben vor den Produktionsverhältnissen, die sie fesseln und an denen sie sich steigern, so entscheidet sich das musikalische Bewußtsein der Gesellschaft schließlich doch von der musikalischen Produktion her, die in den Kompositionen geronnene Arbeit, ohne daß die Unendlichkeit der Vermittlungen ganz durchsichtig wäre. In der Neigung der empirischen Kultursoziologie, von Reaktionen und nicht von dem, worauf reagiert wird, auszugehen, ist der ordo rerum ideologisch in den ordo idearum umgebogen: in der Kunst geht Sein dem Bewußtsein darin voraus, daß die Gebilde, in denen die gesellschaftliche Kraft sich vergegenständlicht hat, näher dem Wesen sind als die Reflexe darauf, die unmittelbaren sozialen Verhaltensweisen der Rezipierenden. Der vielfach verdeckte, historisch verzögerte und gebrochene Primat der Produktion ist zu verdeutlichen durch die Besinnung auf die Konsumenten- und Unterhaltungsmusik, die ja der vulgärsoziologischen Betrachtung als vordringlicher Gegenstand sich darbietet. So sehr sie auch in negativer Ewigkeit gegen die Dynamik des Komponierens sich abzuschirmen trachtet, so sehr ist sie immer noch die Resultante aus dem verdinglichten Bewußtsein der Konsumenten, der versteinerten Invarianz der Tonalität, und fortschreitenden Momenten. Widmete man ihr einmal die mikrologische Aufmerksamkeit, deren sie mehr bedarf als die autonome Kunst, die es dadurch wird, daß sie das Wesen in die Erscheinung setzt, so entdeckte man in ihrem Idiom Niederschläge der geschichtlichen Evolution der Produktivkräfte. In den sogenannten Moden wird diese Evolution herabgesetzt zum Schein des Immerneuen im Immergleichen. Das Paradoxe an der Mode ist nicht, wie das Vorurteil meint, der abrupte Wechsel, sondern die zum Kleinsten gemilderten Vibrationen des geschichtlich sich Entfaltenden inmitten des Verhärteten; Mode ist das unendlich Langsame, vorgestellt als jäher Wechsel. Über lange Zeitstrecken offenbart sich die sprunghafte Laune getarnter Unveränderlichkeit doch als retardiertes Nachbild der Dynamik. Die chromatischen Nebennoten der Unterhaltungsmusik des späteren neunzehnten Jahrhunderts etwa eignen die kompositorische Chromatisierungstendenz einem dahinter zurückgebliebenen Bewußtsein zu, indem das Essentielle buchstäblich zum Akzidens wird. Solche Tiefenprozesse sind mehr als bloß Anleihen bei der hohen Musik: minimale Siege der Produktion über Distribution und Konsum. Gerade in der leichten Musik dürfte im übrigen der Primat der Produktivkräfte bis auf die materielle Basis hinab zu verfolgen sein. Wie immer auch der Jazz gesteuert wird, er spräche kaum so sehr an, wenn er nicht einem gesellschaftlichen Bedürfnis antwortete. Das aber wird seinerseits gezeitigt vom Stand des technischen Fortschritts. Der Zwang, der Mechanisierung der Produktion sich anzupassen, verlangt offenbar, den Konflikt zwischen dieser und dem lebendigen Körper in der Freizeit, nachbildend neutralisiert, zu wiederholen. Symbolisch wird etwas wie eine Versöhnung zwischen dem hilflosen Körper und der Maschinerie, dem menschlichen Atom und der kollektiven Gewalt gefeiert. Formen und Tendenzen der materiellen Produktion strahlen weit über diese und ihre buchstäblichen Notwendigkeiten hinaus. Freilich ist diese Abhängigkeit vom Stand der Technik unablöslich von den gesellschaftlichen Produktionsverhältnissen. Die soziale Übermacht der materiellen Bedingungen der Arbeit über die Individuen ist so groß, die Chance ihrer Selbstbehauptung dagegen so hoffnungslos, daß sie regredieren und in einer Art von Mimikry dem Unentrinnbaren sich gleichmachen. Der Kitt von einst, die Ideologien, welche die Massen bei der Stange hielten, sind zusammengeschrumpft zur Imitation dessen, was ohnehin ist, unter Verzicht darauf, es zu überhöhen, zu rechtfertigen, selbst es zu verleugnen. Das Echo der Kulturindustrie in subjektiver Massenkultur ist eine Art Monopoly-Spiel.

Die Abstraktheit und Inadäquanz im Verhältnis des soziologischen und musikalischen Aspekts ist selber zu erklären. Die Gesellschaft setzt nicht, wie die verhärtete Doktrin des Diamat ihren Untertanen einbläut, direkt, handfest, nach dem Jargon jener Doktrin: realistisch in den Kunstwerken sich fort, wird nicht geradenwegs sichtbar in ihnen. Sonst wäre kein Unterschied zwischen Kunst und empirischem Dasein; ihn müssen schließlich auch die Ideologen des Diamat machen, indem sie Kunst und Kultur Sonderressorts ihrer Verwaltung überantworten. Zwar haben noch die sublimsten ästhetischen Qualitäten ihren gesellschaftlichen Stellenwert; ihr Geschichtliches ist zugleich ein Soziales. Aber die Gesellschaft geht in sie doch nur vermittelt ein, oft nur in recht verborgenen Formkonstituentien. Diese haben ihre eigene Dialektik, in der dann freilich die reale widerscheint. Umgekehrt ist aber auch die Theorie daran zu erinnern, daß gesellschaftliche Rezeption nicht eins ist mit dem musikalischen Gehalt, nicht einmal mit dem gesellschaftlichen, der in diesem sich verschlüsselt. Wer das unterschlägt, bleibt musiksoziologisch so nüchtern, daß er eben dadurch in dekretorische Phantasterei gerät. Eine zulängliche gesellschaftliche Lehre vom Überbau dürfte nicht mit dem thema probandum von dessen Abhängigkeit sich begnügen, sondern müßte die Komplexität des Verhältnisses, ja die Verselbständigung des Geistes selbst noch begreifen aus der Gesellschaft, schließlich der Scheidung zwischen niedriger und sogenannter geistiger Arbeit. Während auch autonome Musik, kraft jener Scheidung, ihren Ort in der gesellschaftlichen Totalität hat und deren Kainszeichen trägt, wohnt ihr zugleich die Idee von Freiheit inne. Und zwar nicht bloß als Ausdruck, sondern im Habitus des Widerstandes gegen das bloß äußerlich von Gesellschaft Auferlegte. Wohl hat die Freiheitsidee, Medium der bürgerlichen Emanzipationsbewegung, über die sie geschichtlich hinausweist, ihre Basis im Unterbau. Aber die Strukturen dessen, worin sie der Gesellschaft gleicht und worin sie, gesellschaftlich, ihr sich entgegensetzt, sind so komplex, daß bündige Zuordnungen unrettbar der Willkür politischer Parolen verfallen. An der autonomen Musik ist, wie an aller neueren Kunst, gesellschaftlich vorab ihre Distanz von der Gesellschaft; sie gilt es zu erkennen und womöglich zu deduzieren, nicht soziologistisch falsche Nähe des Entfernten, falsche Unmittelbarkeit des Vermittelten vorzutäuschen. Das ist die Grenze, welche die gesellschaftliche Theorie der Musiksoziologie an ihren eigentlichen Gegenständen, den großen Kompositionen, vorschreibt. In der voll autonomen Musik wird der Gesellschaft in ihrer bestehenden Gestalt opponiert durch die Wendung gegen die Zumutung der Herrschaft, die in Produktionsverhältnissen sich vermummt. Was die Gesellschaft bedeutender Musik als ihr Negatives ankreiden könnte, ihre Unverwertbarkeit, ist zugleich Negation der Gesellschaft und als solche konkret nach dem Stand des Negierten. Darum ist es der Musiksoziologie verwehrt, Musik so zu interpretieren, als wäre sie nichts als eine Fortsetzung der Gesellschaft mit anderen Mitteln. Am ehesten wird man den gesellschaftlichen Charakter jener Negation daran sich verdeutlichen, daß der Inbegriff dessen, was an gesellschaftlich Nützlichem und Angenehmem von der Autonomie der Musik verworfen wird, einen normativen Kanon hervorbringt und dadurch, auf jeder Stufe, auch etwas wie Positivität. Derlei Normen aber sind, in ihrer überindividuellen Dignität, auch, sei's noch so verkappt, soziale. Die Analyse der Verschränkung von Überbau und Unterbau erweiterte nicht nur die Einsicht in den Überbau, sondern tangierte die Lehre vom Überbau selbst. Wäre etwa der Nachweis eines falschen Konsums gelungen – falsch, insofern er in sich der objektiven Bestimmung dessen widerspricht, was konsumiert wird –, so hätte das theoretische Konsequenzen für den Begriff der Ideologie. Konsum, sozusagen die Gebrauchswertseite von Musik, könnte in der gesellschaftlichen Totalität zur Ideologie degenerieren, und das ließe wohl auch auf den materiellen Konsum sich ausdehnen. Die ins Ungemessene gestiegene Quantität der Güter ist unterm Zwang, die Überproduktion an den Mann zu bringen, in eine neue Qualität umgeschlagen. Was scheinbar den Menschen zugute kommt und ihnen früher bloß vorenthalten war, ist zu einer Gestalt des Betrugs an ihnen geworden. Ideologie und Überbau wären demnach weit energischer zu unterscheiden als bisher. Wohl zehrt aller Geist vom Unterbau und ist als dessen Derivat verunstaltet vom gesellschaftlichen Schuldzusammenhang. Aber er erschöpft sich nicht in seinen im prägnanten Sinn ideologischen Momenten, sondern ragt auch über den Schuldzusammenhang hinaus; ja er allein erlaubt es, diesen beim Namen zu nennen. Danach obliegt der Musiksoziologie ebenso die soziale Verteidigung antisozialen Geistes wie umgekehrt die Entwicklung von Kriterien ideologischer Musik, anstatt daß Etiketten von außen aufgeheftet würden.

Auswendig-gesellschaftliche und innere, rein kompositorische Entwicklungszüge divergieren in der Geschichte der Musik. Was unmittelbar nach Bach geschah, ist weder als produktive Kritik seines Werks zu begreifen noch als Ausdruck dessen, daß die Bachschen Impulse, die von den Musikern seiner Zeit kaum nur rezipiert waren, sich erschöpft hätten. Vielmehr war der Umschlag bewirkt von der – gewiß längst vorher sich anmeldenden, aber um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts überaus gesteigerten – Verbürgerlichung der Musik, analog etwa zu Tendenzen der gleichzeitigen englischen Literatur. Trotzdem finden die äußeren und inwendigen Determinanten sich verhältnismäßig rasch zusammen, fünfundzwanzig oder dreißig Jahre nach Bachs Tod. Die Dynamisierung der von Bach zur Universalität erhobenen motivisch-thematischen Arbeit, die als »Arbeit« bereits das statische Wesen des sogenannten musikalischen Barocks übersteigt, ist die kompositorische Konsequenz aus Bach ebenso wie die aus dem galanten, auf Abwechslung bedachten Stil nach ihm; so als hätten die äußeren Determinanten, tatsächlich vielleicht ein Publikumsbedürfnis, bloß verstärkt und beschleunigt, was im Inneren der Komposition an Produktivkräften heranreifte. Erklärt werden könnte die Parallelität durch die Einheit des Geistes der Epoche. Ihre Produktivkräfte entfalten sich gleichermaßen, und als dieselben, in Bereichen, die nicht unmittelbar voneinander abhängen. Die Vermittlung von Musik und Gesellschaft dürfte in der Substruktur der Arbeitsprozesse unterhalb beider Bereiche sich zutragen. Dem nachzugehen, wäre die Aufgabe einer Musikgeschichte, die ernsthaft den technologischen und den soziologischen Gesichtspunkt vereinigte. Musiksoziologisch gilt der Hegelsche Satz, daß das Wesen erscheinen muß: in den manifesten gesellschaftlichen Phänomenen ebenso wie in den künstlerischen Formen.

Soziologen und Ästhetiker so konträrer Richtung wie Karl Mannheim und Walter Benjamin haben jeglichen autonomen, quasi-logischen Problemzusammenhang in der sogenannten Geistesgeschichte bestritten. Ihre Kritik war heilsam angesichts der Hypostasis der Sphäre Geist, die in der Annahme einer in sich geschlossenen, mit Notwendigkeit verlaufenden Sinnesgeschichte von einem Gebilde zum anderen steckt. Sie läuft auf die Behauptung einer von der Gesellschaft unabhängigen Sondersphäre des Geistes hinaus. So legitim jedoch jene Polemik die Wechselwirkung von Geist und Gesellschaft hervorhebt, ihr bleibt ein Rest problematischer Vereinfachung. Nicht ist zu übersehen, daß die Kunst trotz allem, ähnlich wie die Philosophie, eine sei's auch prekäre Logik des Fortgangs kennt; Hegel hat sie fälschlich verabsolutiert. Aber es gibt, von den Forderungen der Sache her, etwas wie »Einheit des Problems«. Sie ist nicht undurchbrochen, wirkt bloß intermittierend; die Gesellschaft, der die Kunst nicht weniger zugehört, als sie ihr entragt, bricht stets wieder mehr oder minder brutal in den Vollzug des Problemzusammenhangs ein mit ihm heterogenen Desideraten. Zuweilen erzwingt Gesellschaft, durch Anpassung an ihre eigene Zurückgebliebenheit, eine Regression von Musik hinter das ihrem Problemstand nach Fällige; das Umgekehrte, die Versteinerung selbstgenügsamer musikalischer Praktiken und deren gesellschaftliche Korrektur, ist bekannt. Unerklärt bleibt, warum, zumindest aus der Distanz, doch die immanente Logik des Problemzusammenhangs und die auswendigen Determinanten schließlich wieder zusammenzufließen scheinen. Aristoteles bot eine immanente und weithin stringente Kritik des Platon, war aber gleichzeitig, und in dieser Kritik, philosophischer Exponent des gesellschaftlichen Übergangs von der kurzen attischen Restaurationsepoche und dem Zerfall der Polis zum universalen, quasibürgerlichen Hellenismus. Die Frage nach der Vermittlung von Geist und Gesellschaft reicht weit über die Musik hinaus, wo man sie allzu leicht auf die nach dem Verhältnis von Produktion und Rezeption einengt. Gelten dürfte, daß jene Vermittlung nicht äußerlich, in einem dritten Medium zwischen Sache und Gesellschaft stattfinde, sondern innerhalb der Sache. Und zwar nach ihrer objektiven und subjektiven Seite. Die gesellschaftliche Totalität hat in der Gestalt des Problems und der Einheit der künstlerischen Lösungen sich sedimentiert, ist darin verschwunden. Weil in ihr Gesellschaft sich verkapselt hat, folgt sie, indem sie autonom sich entfaltet, auch der gesellschaftlichen Dynamik, ohne auf sie hinzublicken, ohne direkt mit ihr zu kommunizieren.

Was den Geist in der Musik weitertreibt, das von Max Weber mit Recht als zentral erkannte Rationalitätsprinzip, ist kein anderes als die Entfaltung der außerkünstlerischen, gesellschaftlichen Rationalität. Diese »erscheint« in jener. Das allerdings ist einzusehen nur durch Reflexion auf die gesellschaftliche Totalität, die in den Sondersparten des Geistes sich ausdrückt wie in allen arbeitsteilig voneinander getrennten Bereichen. Keineswegs ist je die Gestalt des Problems eindeutig; die philosophische nach Platon etwa fragt nach einer möglichen Rettung von Ontologie und verlangt umgekehrt den Fortgang von deren Kritik. Man wird aus der Musik nicht bloß Analoges sondern wahrhaft denselben Doppelcharakter heraushören dürfen: so aus Beethoven eine Rekonstruktion des Daseins als sinnvoll nicht minder als den Protest des mündig gewordnen Subjekts gegen jeden diesem heteronom vorgeordneten Sinn. – Die Hohlräume der Sache, welche die Gestalt des Problems enthalten, erleichtern es der Gesellschaft, in die Autonomie der Verfahrungsweise einzudringen. Spezifische gesellschaftliche Bedürfnisse vermögen in rein musikalische Problemstellungen sich umzusetzen. Nochmals sei von der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts die Rede. »Verwiesen werden mag auf einen Zusammenhang, der, soviel mir bekannt, der Aufmerksamkeit der Musikhistorie wie der Musiksoziologie bislang entging. Die Wendung zum galanten Stil hing, wie öfters hervorgehoben wurde, mit den Ansprüchen einer sich formierenden, bürgerlichen Publikumsschicht zusammen, die in Oper und Konzert unterhalten sein wollte. Die Komponisten wurden erstmals dem anonymen Markt konfrontiert. Ungedeckt durch Zunft oder fürstliche Protektion, mußten sie wittern, was gefragt war, anstatt nach ihnen durchsichtigen orders sich zu richten. Sie mußten sich bis ins Innerste zu Organen des Marktes machen; dadurch drangen dessen Desiderate ins Zentrum ihrer Produktion. Was dadurch, etwa Bach gegenüber, an Verflachung sich zutrug, ist unverkennbar. Nicht ebenso jedoch, wenngleich nicht minder wahr: daß kraft solcher Verinnerlichung das Bedürfnis nach Unterhaltung sich umsetzte in eines nach Mannigfaltigkeit des Komponierten, zum Unterschied von der relativ ungebrochenen Einheit des fälschlich so genannten musikalischen Barocks. Eben diese auf Divertissement zielende Abwechslung innerhalb der einzelnen Sätze wurde zur Voraussetzung jener dynamischen Relation von Einheit und Mannigfaltigkeit, die das Gesetz des Wiener Klassizismus darstellt. Sie markiert einen immanenten Fortschritt des Komponierens, der nach zwei Generationen für die Verluste kompensierte, welche die Stilwendung anfangs bedeutete. Die bis heute lebendigen Problemstellungen der Musik haben darin ihren Ursprung. Die üblichen Invektiven gegen das kommerzielle Unwesen in der Musik sind oberflächlich. Sie täuschen darüber, wie sehr Phänomene, die den Kommerz, den Appell an ein bereits als Kundschaft eingeschätztes Publikum voraussetzen, in kompositorische Qualitäten umzuschlagen vermögen, durch welche die kompositorische Produktivkraft entfesselt und gesteigert wird. Man mag das in Gestalt einer umfassenderen Gesetzmäßigkeit formulieren: gesellschaftliche Zwänge, die anscheinend der Musik äußerlich widerfahren, werden von deren autonomer Logik und dem kompositorischen Ausdrucksbedürfnis absorbiert und verwandelt in künstlerische Notwendigkeit: in Stufen richtigen Bewußtseins.«1 Geistesgeschichte, und damit auch die der Musik, ist soweit ein autarkischer Motivationszusammenhang, als das gesellschaftliche Gesetz die Bildung gegeneinander abgeblendeter Sphären produziert und andererseits, als das der Totalität, in jeglicher doch als das gleiche wiederum zutage kommt; seine konkrete Dechiffrierung in der Musik ist eine wesentliche Aufgabe von deren Soziologie. Während, kraft solcher Verselbständigung der musikalischen Sphäre, die Probleme ihres objektiven Gehalts sich nicht unmittelbar in solche ihrer gesellschaftlichen Genese verwandeln lassen, wandert die Gesellschaft als Problem – als Inbegriff ihrer Antagonismen – in die Probleme, die Logik des Geistes ein.

Reflektiert sei weiter auf Beethoven. Ist er schon der musikalische Prototyp des revolutionären Bürgertums, so ist er zugleich der einer ihrer gesellschaftlichen Bevormundung entronnenen, ästhetisch voll autonomen, nicht länger bediensteten Musik. Sein Werk sprengt das Schema willfähriger Adäquanz von Musik und Gesellschaft. In ihm wird, bei allem Idealismus von Ton und Haltung, das Wesen der Gesellschaft, die aus ihm als dem Statthalter des Gesamtsubjekts spricht, zum Wesen von Musik selbst. Beides ist bloß im Innern der Werke zu begreifen, nicht in bloßer Abbildlichkeit. Die zentralen Kategorien der künstlerischen Konstruktion sind übersetzbar in gesellschaftliche. Seine Verwandtschaft mit jener bürgerlichen Freiheitsbewegung, die seine Musik durchrauscht, ist die der dynamisch sich entfaltenden Totalität. Indem seine Sätze nach ihrem eigenen Gesetz als werdende, negierende, sich und das Ganze bestätigende sich fügen, ohne nach außen zu blicken, werden sie der Welt ähnlich, deren Kräfte sie bewegen; nicht dadurch, daß sie jene Welt nachahmen. Insofern ist Beethovens Stellung zur gesellschaftlichen Objektivität eher die der Philosophie – der Kantischen in manchem und im Entscheidenden der Hegelschen – als die ominöse der Spiegelung: Gesellschaft wird in Beethoven begriffslos erkannt, nicht abgepinselt. Was bei ihm thematische Arbeit heißt, ist das sich Abarbeiten der Gegensätze aneinander, der Einzelinteressen; die Totalität, das Ganze, das den Chemismus seines Werks beherrscht, ist kein Oberbegriff, der die Momente schematisch subsumiert, sondern der Inbegriff jener thematischen Arbeit und deren Resultat, das Komponierte, in eins. Tendenziell wird dabei das Naturmaterial, an dem die Arbeit sich betätigt, so weit wie nur möglich entqualifiziert; die Motivkerne, das Besondere, an das jeder Satz sich bindet, sind selbst identisch mit dem Allgemeinen, sind Formeln der Tonalität, als Eigenes bis zum Nichts herabgesetzt und so sehr präformiert von der Totale wie das Individuum in der individualistischen Gesellschaft. Die entwickelnde Variation, Nachbild gesellschaftlicher Arbeit, ist bestimmte Negation: unablässig bringt sie das Neue und Gesteigerte aus dem einmal Gesetzten hervor, indem sie es, in seiner quasinaturalen Gestalt, seiner Unmittelbarkeit, vernichtet. Insgesamt aber sollen diese Negationen – wie in der liberalistischen Theorie, der freilich die gesellschaftliche Praxis nie entsprach – Affirmation bewirken. Das Beschneiden, sich aneinander Abschleifen der Einzelmomente, Leiden und Untergang, wird gleichgesetzt einer Integration, die jedem Einzelmoment Sinn verleihe durch seine Aufhebung hindurch. Deshalb ist das prima vista auffälligste formalistische Residuum in Beethoven, die trotz aller strukturellen Dynamik unerschütterte Reprise, die Wiederkehr des Aufgehobenen, nicht bloß äußerlich und konventionell. Sie will den Prozeß als sein eigenes Resultat bestätigen, wie es bewußtlos in der gesellschaftlichen Praxis geschieht. Nicht umsonst sind einige der belastetesten Konzeptionen Beethovens auf den Augenblick der Reprise angelegt als den der Wiederkehr des Gleichen. Sie rechtfertigen, was einmal war, als Resultat des Prozesses. Überaus erhellend, daß die Hegelsche Philosophie, deren Kategorien ohne Gewalt bis ins einzelne auf eine Musik sich anwenden lassen, bei der jeder geistesgeschichtliche »Einfluß« Hegels unbedingt ausscheidet, die Reprise kennt wie Beethoven: das letzte Kapitel der Phänomenologie, das absolute Wissen, hat keinen anderen Inhalt als die Zusammenfassung des Gesamtwerks, nach dem die Identität von Subjekt und Objekt bereits in der Religion gewonnen sein soll. Daß aber der affirmative Gestus der Reprise in einigen der größten symphonischen Sätze Beethovens die Gewalt des repressiv Niederschmetternden, des autoritären »So ist es« annimmt und gestisch dekorativ über das musikalisch Geschehende hinausschießt, ist Beethovens erzwungener Tribut ans ideologische Wesen, dessen Bann noch die oberste Musik verfällt, die je Freiheit unter der fortdauernden Unfreiheit meinte. Die sich selbst übertreibende Versicherung, die Wiederkehr des Ersten sei der Sinn, die Selbstenthüllung von Immanenz als das Transzendente, ist das Kryptogramm dafür, daß die bloß sich reproduzierende, zum System zusammengeschweißte Realität des Sinns enträt: an seiner Statt unterschiebt sie ihr lückenloses Funktionieren. All diese Implikate Beethovens ergeben sich der musikalischen Analyse ohne waghalsige Analogieschlüsse, bewahrheiten sich aber dem gesellschaftlichen Wissen als die gleichen wie die der Gesellschaft selbst. In großer Musik kehrt diese wieder: verklärt, kritisiert und versöhnt, ohne daß diese Aspekte mit der Sonde sich trennen ließen; sie entragt ebenso dem Betrieb selbsterhaltender Rationalität, wie sie zur Vernebelung dieses Betriebs sich schickt. Als dynamische Totalität, nicht als Reihung von Bildern wird große Musik zum inwendigen Welttheater. Das zeigt die Richtung an, in der eine volle Theorie des Verhältnisses von Musik und Gesellschaft aufzusuchen wäre.

Geist ist gesellschaftlichen Wesens, eine menschliche Verhaltensweise, die aus gesellschaftlichem Grund von der gesellschaftlichen Unmittelbarkeit sich gesondert und verselbständigt hat. Durch ihn setzt das gesellschaftlich Essentielle in der ästhetischen Produktion sich durch, ebenso als das der je produzierenden Individuen wie als das der Materialien und Formen, die dem Subjekt gegenüberstehen, an denen es sich abmüht, die es bestimmt und die es wiederum bestimmen. Das Verhältnis der Kunstwerke zur Gesellschaft ist der Leibnizschen Monade zu vergleichen. Fensterlos, also ohne der Gesellschaft sich bewußt zu sein, jedenfalls ohne daß dies Bewußtsein stets und notwendig sie begleitet, stellen die Werke, und die begriffsferne Musik zumal, die Gesellschaft vor; man möchte glauben: desto tiefer, je weniger sie auf die Gesellschaft blinzelt. Subjektivität ist auch ästhetisch nicht zu verabsolutieren. Die Komponisten sind immer auch zoon politikon, und zwar desto mehr, je emphatischer ihr rein musikalischer Anspruch ist. Keiner ist tabula rasa. In der frühen Kindheit haben sie sich angepaßt an das, was rings vorgeht, später sind sie bewegt von Ideen, die ihre eigene, selber bereits sozialisierte Reaktionsform aussprechen. Selbst individualistische Komponisten aus der Blütezeit des Privaten wie Schumann und Chopin sind darin keine Ausnahmen; bei Beethoven rumort, in Schumanns Marseillaisezitaten hallt abgeschwächt der Lärm der bürgerlichen Revolution wider wie in Träumen. Die subjektive Vermittlung, das Gesellschaftliche an den komponierenden Individuen und den Verhaltensschemata, die ihre Arbeit so und nicht anders dirigieren, besteht darin, daß das kompositorische Subjekt, wie notwendig es sich auch als bloßes Fürsichsein verkennt, selber ein Moment der gesellschaftlichen Produktivkräfte bildet. Eine durchs Innen hindurchgegangene, sublimierte Kunst wie die Musik bedarf der Kristallisation des Subjekts, eines kräftigen, widerstehenden Ichs, um sich zu objektivieren zum gesellschaftlichen Losungswort, um die Zufälligkeit seiner Herkunft im Subjekt unter sich zu lassen. Was Seele heißt und was der je Einzelne gegen den Druck der bürgerlichen Gesellschaft verteidigt, als wäre es sein Eigentum, ist selbst die gegen jenen Druck gewandte Essenz sozialer Reaktionsformen; noch die antisozialen rechnen zu diesen. Die Opposition gegen die Gesellschaft, die individuelle Substanz, die insgeheim schon darin waltet, daß ein Kunstwerk überhaupt aus dem Zirkel der sozialen Nezessitäten sich löst, ist als Gesellschaftskritik immer auch Stimme der Gesellschaft. Darum sind die Versuche, das sozial nicht Rezipierte abzuwerten, gleich töricht und ideologisch, ob sie nun in der Musik diffamieren wollen, was keiner Gemeinschaft dient, oder bloß aus der soziologischen Betrachtung ausschließen, was keine Massenbasis hat. Daß die Musik Beethovens strukturiert ist wie jene Gesellschaft, die man – mit fragwürdigem Recht – aufsteigendes Bürgertum nennt, oder wenigstens wie ihr Selbstbewußtsein und ihre Konflikte, hat zur Bedingung, daß seine primär-musikalische Anschauungsform in sich vermittelt war durch den Geist seiner Klasse in der Periode um 1800. Er war nicht der Sprecher oder Advokat dieser Klasse, obwohl es an rhetorischen Zügen solcher Art bei ihm nicht mangelt, sondern ihr eingeborener Sohn. Wie es im einzelnen zur Harmonie zwischen menschlichen Produktivkräften und historischer Tendenz kommt, wird schwer auszumachen sein; das ist der blinde Fleck der Erkenntnis. Stets hat sie ihre Not, wieder zusammenzubringen, was an sich eines ist und was sie selbst erst mit Hilfe so dubioser Kategorien wie der des Einflusses auseinanderlegte. Vermutlich aktualisiert sich jene Einheit in mimetischen Vorgängen, frühkindlichen Angleichungen an soziale Muster, eben den »objektiven Geist« der Epoche. Außer überaus tiefliegenden, unbewußten Identifikationen – die Differenz Beethovens und Mozarts wird erläutert von der ihrer Väter – sind von sozialer Relevanz Mechanismen der Selektion. Selbst wenn man, gegenüber den gesellschaftlichen Determinanten, eine gewisse geschichtslose Konstanz der menschlichen Anlagen annehmen wollte – eine Annahme, die auf ein bloßes X hinausliefe –, werden von jenem objektiven Geist je nach dem Stand der Gesellschaft die einen oder anderen Momente in den Subjekten herausgeholt, honoriert. In Beethovens Jugend galt es etwas, Genie zu sein. So heftig der Gestus seiner Musik gegen die gesellschaftliche Politur des Rokoko aufbegehrt, so sehr hat er doch auch ein sozial Approbiertes hinter sich. In der Ära der Französischen Revolution hatte das Bürgertum entscheidende Positionen in Wirtschaft und Verwaltung bereits bezogen, ehe es die politische Macht ergriff; das verleiht dem Pathos seiner Freiheitsbewegung2 das Drapierte, Fiktive, von dem auch Beethoven nicht frei war, der sich zum »Hirnbesitzer« gegen den Gutsbesitzer ernannte. Daß er, der Urbürgerliche, von Aristokraten protegiert wurde, stimmt ebensogut zum Sozialcharakter seines œuvres wie die aus Goethes Biographie bekannte Szene, da er die Hofgesellschaft brüskierte. Berichte über Beethovens Person lassen an seinem sansculottenhaften, antikonventionellen, zugleich fichtisch auftrumpfenden Wesen wenig Zweifel; es kehrt wieder im plebejischen Habitus seiner Humanität. Diese leidet und protestiert. Sie fühlt den Riß ihrer Einsamkeit. Zu dieser ist das emanzipierte Individuum in einer Gesellschaft verurteilt, deren Sitten noch die des absolutistischen Zeitalters sind, und mit ihnen der Stil, an dem die sich selbst setzende Subjektivität sich mißt. Wie sozial ist ästhetisch das Individuum nur ein Teilmoment; fraglos unterm Bann des geistesgeschichtlichen Persönlichkeitsbegriffs weit überschätzt. Während es, zur Veränderung der dem Künstler gegenüberstehenden Objektivitäten, eines Überschusses an Subjektivität bedarf, die in jene Objektivitäten nicht rein sich auflösen läßt, ist der Künstler unvergleichlich viel mehr, als der bürgerliche Aberglaube konzediert, Funktionär der je ihm sich stellenden Aufgaben. In diesen aber steckt die ganze Gesellschaft; durch sie wird Gesellschaft zum Agens auch der autonomen ästhetischen Prozesse. Was die geistesgeschichtliche Phrase als Schöpfertum verherrlicht – der theologische Name gebührt strikt überhaupt keinem Kunstwerk –, konkretisiert sich in der künstlerischen Erfahrung als Gegenteil der Freiheit, die am Begriff des schöpferischen Akts haftet. Versucht wird die Lösung von Problemen. Widersprüche, die als Resistenz des selber in sich geschichtlichen Materials erscheinen, wollen bis zur Versöhnung ausgetragen werden. Vermöge der Objektivität der Aufgaben, auch derer, die sie vermeintlich sich selbst stellen, hören die Künstler auf, private Individuen zu sein, und werden gesellschaftliches Subjekt oder dessen Statthalter. Hegel schon wußte, daß sie desto mehr taugen, je mehr ihnen diese Selbstentäußerung glückt. Das, was man den obligaten Stil genannt hat, der rudimentär bereits im siebzehnten Jahrhundert sich abzeichnet, enthält teleologisch in sich die Forderung gänzlich durchgebildeter, nach Analogie zur Philosophie: systematischer Komposition. Ihr Ideal ist Musik als deduktive Einheit; was aus dieser beziehungslos und gleichgültig herausfällt, bestimmt sich zunächst als Bruch und Fehler. Das ist der ästhetische Aspekt der Grundthese von Webers Musiksoziologie, der von der fortschreitenden Rationalität. Dieser Idee hing Beethoven objektiv nach, ob er es wußte oder nicht. Er erzeugt die totale Einheit des obligaten Stils durch Dynamisierung. Die einzelnen Elemente reihen sich nicht länger in diskreter Folge aneinander, sondern gehen über in rationale Einheit durch einen lückenlosen, von ihnen selbst bewirkten Prozeß. Die Konzeption liegt gleichsam bereit, vorgezeichnet im Stand des Problems, das ihm die Sonatenform Haydns und Mozarts darbot, in der die Mannigfaltigkeit zur Einheit sich ausglich, aber stets noch von ihr divergiert, während die Form dem Mannigfaltigen abstrakt übergestülpt blieb. Das Genialische, Irreduzible von Beethovens Leistung birgt sich vielleicht in dem Blick der Versenkung, der es ihm gestattete, aus der fortgeschrittensten Produktion seiner Zeit, aus den meisterlichen Stücken der beiden anderen Wiener Klassizisten, die Frage herauszulesen, in der ihre Vollkommenheit sich selbst transzendierte und ein anderes wollte. So verhielt er sich zur crux der dynamischen Form, der Reprise, der Beschwörung eines statisch Gleichen inmitten eines ganz und gar Werdenden. Indem er sie konservierte, hat er sie als Problem gefaßt. Er trachtet, den entmächtigten objektiven Formkanon zu erretten, wie Kant die Kategorien, indem er ihn aus der befreiten Subjektivität nochmals deduziert. Die Reprise wird ebensowohl durch den dynamischen Verlauf herbeigeführt, wie sie ihn als sein Resultat nachträglich gleichsam rechtfertigt. In dieser Rechtfertigung hat er tradiert, was dann unaufhaltsam über ihn selbst hinaustrieb. Der Einstand des dynamischen und statischen Moments aber koinzidiert mit dem geschichtlichen Augenblick einer Klasse, welche die statische Ordnung aufhebt, ohne doch selbst der eigenen Dynamik fessellos sich überlassen zu können, wenn sie nicht sich selbst aufheben will; die großen gesellschaftlichen Konzeptionen seiner eigenen Zeit, die Hegelsche Rechtsphilosophie und der Comtesche Positivismus, haben das ausgesprochen. Daß aber die immanente Dynamik der bürgerlichen Gesellschaft diese sprengt, ist in Beethovens Musik, der höchsten, als Zug ästhetischer Unwahrheit eingeprägt: was ihm als Kunstwerk gelang, setzt durch seine Gewalt auch als real gelungen, was real mißlang, und das affiziert wiederum das Kunstwerk in seinen deklamatorischen Momenten. Im Wahrheitsgehalt, oder in dessen Abwesenheit, fallen ästhetische und soziale Kritik zusammen. So wenig ist die Beziehung von Musik und Gesellschaft auf einen vagen und trivialen Zeitgeist abzuziehen, an dem beide irgend teilhätten. Musik wird auch gesellschaftlich um so wahrer und substantieller, je weiter sie vom offiziellen Zeitgeist sich entfernt; der von Beethovens Epoche repräsentierte sich eher in Rossini als in ihm. Gesellschaftlich ist die Objektivität der Sache selbst, nicht ihre Affinität zu den Wünschen der jeweils etablierten Gesellschaft; darin sind Kunst und Erkenntnis einig.

Man wird daraus einiges über das Verhältnis von Soziologie und Ästhetik folgern dürfen. Beide sind nicht unmittelbar eins: kein Kunstwerk vermag den Graben zum Dasein, auch zu dem der Gesellschaft, zu überspringen, der es als Kunstwerk definiert. Ebensowenig aber ist beides durch wissenschaftliche Demarkationslinien zu trennen. Was zur Komplexion des Kunstwerks zusammentritt, sind die wie sehr auch unerkennbaren membra disiecta der Gesellschaft. In ihrem Wahrheitsgehalt versammelt sich all ihre Gewalt, all ihr Widerspruch und all ihre Not. Das Gesellschaftliche in Kunstwerken, dem die Anstrengung von Erkenntnis gilt, ist nicht nur ihre Anpassung an auswendige Desiderate von Auftraggebern oder vom Markt sondern gerade ihre Autonomie und immanente Logik. Wohl erwachsen ihre Probleme und Lösungen nicht jenseits der gesellschaftlichen Normsysteme. Aber sie erringen gesellschaftliche Dignität erst, indem sie von diesen sich entfernen; die höchsten Produktionen negieren sie. Die ästhetische Qualität der Werke, ihr Wahrheitsgehalt, der mit irgendeiner empirisch abbildlichen Wahrheit, selbst dem Seelenleben, nur wenig zu tun hat, konvergiert mit dem gesellschaftlich Wahren. Er ist mehr als nur die begriffslose Erscheinung des Sozialprozesses in den Werken, die er immer auch ist. Als Totalität bezieht jedes Werk Stellung zur Gesellschaft und antezipiert, durch seine Synthesis, die Versöhnung. Das Organisierte der Werke ist gesellschaftlicher Organisation entliehen; worin sie diese transzendieren, ist ihr Einspruch gegen das Organisationsprinzip selbst, gegen Herrschaft über innere und auswendige Natur. – Soziale Kritik an Musik, auch an ihrer Wirkung, setzt Einsicht in den spezifisch ästhetischen Gehalt voraus. Sonst schaltet sie banausisch, differenzlos die Gebilde dem bloß Seienden als soziale Agenten gleich. Führen große Kunstwerke von bedeutendem Wahrheitsgehalt den Mißbrauch des Ideologiebegriffs ad absurdum, so sympathisiert dafür stets das ästhetisch Schlechte mit der Ideologie. Immanente Mängel von Kunst sind Male gesellschaftlich falschen Bewußtseins. Der gemeinsame Äther aber von Ästhetik und Soziologie ist Kritik.

Evident wird die Vermittlung von Musik und Gesellschaft in der Technik. Ihre Entfaltung ist das tertium comparationis zwischen Überbau und Unterbau. In ihr verkörpert sich in der Kunst, als ein den menschlichen Subjekten Kommensurables und zugleich ihnen gegenüber Selbständiges, der gesellschaftliche Stand der Produktivkräfte einer Epoche, wie das griechische Wort es anzeigt. Solange die öffentliche Meinung einigermaßen in Gleichgewicht war mit dem kompositorischen Stand, mußten die Komponisten auf dem fortgeschrittenen Niveau der Technik ihrer Zeit sich bewegen. Sibelius wurde wohl, zum Zeugnis des Bruchs zwischen Produktion und Rezeption, in neueren Zeiten als erster anspruchsvollerer Komponist tief unterhalb jenes Niveaus weltberühmt. In der neudeutschen Periode hätte kaum einer Chancen gehabt, der nicht über die Errungenschaften des Wagnerschen Orchesters verfügte. Das System der musikalischen Kommunikation ist zu umfassend, als daß die Komponisten den technischen Standards leicht sich entziehen könnten; nur bei heftigem Ressentiment schlägt die gêne zurückzubleiben in ihr Gegenteil um; freilich mag jene gêne geringer werden, je mehr der Ruhm von Komponisten monopolistisch angekurbelt werden kann. Auffällig war der technische Rückschritt in Frankreich bei der Generation nach Debussy; erst die nächstfolgende hat sich wieder auf das Ideal des Metiers besonnen; kaum kann man des Gedankens an Parallelen der industriellen Entwicklung dort sich entschlagen. Technik verkörpert aber stets einen gesamtgesellschaftlichen Standard. Sie vergesellschaftet auch den vermeintlich einsamen Komponisten; er muß den objektiven Stand der Produktivkräfte achten. Indem er zu den technischen Standards sich erhebt, verschmelzen diese mit seiner eigenen Produktivkraft; meist durchdringt beides schon in der Lehrzeit sich so sehr, daß es nicht auseinanderzuklauben ist. Diese Standards konfrontieren aber den Komponisten immer auch mit dem objektiven Problem; die Technik, auf die er als eine gleichwie fertige stößt, ist dadurch immer auch verdinglicht, ihm wie sich selbst entfremdet. Kompositorische Selbstkritik reibt sich daran, scheidet eben dies Verdinglichte aus der Technik wieder aus und treibt diese dadurch weiter. Wie in der individuellen Psychologie zeitigt ein Mechanismus der Identifikation, der mit Technik als gesellschaftlichem Ichideal, den Widerstand; dieser erst schafft Originalität, sie ist durch und durch vermittelt. Beethoven hat das mit einer Wahrheit, die seiner würdig ist, in dem unerschöpflichen Satz ausgesprochen, vieles, was dem Originalgenie des Komponisten zugeschrieben werde, sei dem geschickten Gebrauch des verminderten Septimakkords zu verdanken. Die Aneignung etablierter Techniken durchs spontane Subjekt fördert meist Unzulängliches an ihnen zutage. Der Komponist, der es vermöge technologisch genau definierter Problemstellungen zu korrigieren versucht, wird vermöge des Neuen, Originalen seiner Lösung zugleich Exekutor der gesellschaftlichen Tendenz. Sie wartet in jenen Problemen darauf, die Hülle des schon Seienden zu durchschlagen. Individuell musikalische Produktivität verwirklicht ein objektives Potential. Der heute arg unterschätzte August Halm hat, in seiner Lehre von den musikalischen Formen als solchen des objektiven Geistes, fast als einziger dafür Sinn gehabt, wie fragwürdig auch seine statische Hypostasis von Fugen-und Sonatenform sonst war. Die dynamische Sonatenform an sich zitierte ihre subjektive Erfüllung herbei, der sie doch auch als tektonisches Schema im Wege war. Beethovens technisches flair hat die widersprechenden Postulate vereint, eines durchs andere hindurch befolgt. Geburtshelfer solcher Objektivität der Form, sprach er für die gesellschaftliche Emanzipation des Subjekts, schließlich für die Idee einer einigen Gesellschaft autonom Tätiger. Im ästhetischen Bild eines Vereins freier Menschen ging er über die bürgerliche Gesellschaft hinaus. Wodurch Kunst, als Schein, von der gesellschaftlichen Realität Lügen gestraft werden kann, die in ihr erscheint, das gestattet ihr umgekehrt, die Grenzen einer Realität zu überschreiten, von deren leidender Unvollkommenheit die Kunst beschworen wird.

Das Verhältnis zwischen Gesellschaft und Technik ist auch musikalisch nicht als konstant vorzustellen. Lange hat die Gesellschaft in der Technik nicht anders sich ausgedrückt als durch deren Adaptation an soziale Desiderate. Schwerlich haben die Forderungen und Kriterien der musikalischen Technik vor den durchgebildeten Kompositionen Bachs prinzipiell sich verselbständigt; wie es darin um die niederländische Polyphonie bestellt war, bliebe zu erforschen. Erst nachdem die Technik nicht mehr unmittelbar am gesellschaftlichen Gebrauch sich maß, wurde sie recht zur Produktivkraft: ihre arbeitsteilige, methodische Trennung von der Gesamtgesellschaft war die Bedingung ihrer gesellschaftlichen Entwicklung nicht anders als in der materiellen Produktion. Der Doppelcharakter der Technik dort, als eines autonom, nach dem Kanon rationaler Wissenschaft sich Bewegenden, und einer sozialen Kraft, ist auch der der musikalischen. Manche technischen Errungenschaften wie die Erfindung der begleiteten Monodie im ausgehenden sechzehnten Jahrhundert verdanken sich, wie man beschönigend genug sagt, einem »neuen Lebensgefühl«, nämlich Strukturveränderungen der Gesellschaft unmittelbar, ohne daß sie auf technische Probleme der spätmittelalterlichen Polyphonie sichtbar zurückdatierten; eher ist im stile rappresentativo ein kollektiver Unterstrom hinaufgelangt, den die polyphone Kunstmusik unterdrückte. Dagegen hat Bach seine technischen Neuerungen, die nicht breit rezipiert wurden und selbst vom Wiener Klassizismus nicht in all ihrem Verpflichtenden, rein durch den Zwang des Ohrs zur reinen Durchbildung dessen errungen, was einerseits ein Fugenthema, andererseits die harmonisch sinnvolle Führung des Generalbasses von sich aus wollen. Die Kongruenz jener technischen Entwicklung mit der fortschreitenden rationalen Vergesellschaftung der Gesellschaft ist sichtbar geworden erst am Ende einer Phase, die in ihren Anfängen nichts davon sich träumen ließ. Technik differenziert sich nach dem Stand des Materials und dem der Verfahrungsweisen. Jener wäre grob vergleichbar den Produktionsverhältnissen, in die ein Komponist hineingerät; diese dem Inbegriff ausgebildeter Produktivkräfte, an dem er die eigene kontrolliert. Beides jedoch gehorcht der Wechselwirkung; das Material ist selber stets schon ein von den Verfahrungsweisen Gezeitigtes, durchwachsen von subjektiven Momenten; die Verfahrungsweisen befinden sich notwendig in bestimmter Proportion zu ihrem Material, wenn sie diesem gerecht werden wollen. All diese Sachverhalte haben ihre innermusikalische wie ihre gesellschaftliche Seite und sind nicht in billiger Kausalität nach dieser oder jener aufzulösen. Die genetischen Zusammenhänge sind zuweilen so komplex, daß der Versuch ihrer Entwirrung müßig bleibt und für unzählige andere Deutungen daneben Raum läßt. Wesentlicher aber, als was woher kommt, ist der Gehalt: wie Gesellschaft in Musik erscheint, wie sie aus deren Textur herauszulesen ist.

 
Fußnoten

 

1 Theodor W. Adorno, Soziologische Anmerkungen zum deutschen Musikleben, in: Deutscher Musikrat, Referate Informationen 5, Februar 1967, S. 2ff. [GS 17, s. S. 9ff.]

 

2 Vgl. Max Horkheimer, Egoismus und Freiheitsbewegung, in: Zeitschrift für Sozialforschung 5 (1936), S. 161ff.

 

 

Nachwort

Musiksoziologie

Aufzuwerfen wäre die Frage, wie, im Unterschied zu einer bloßen Einleitung, eine voll ausgeführte Musiksoziologie auszusehen hätte. Deren Konzeption müßte sich unterscheiden von einer Systematik, die in strikter Kontinuität entwickeln oder darstellen wollte, was selber diskontinuierlich ist, nicht einheitlich. Ebensowenig wäre eine auf dubiose Vollständigkeit erpichte Methode den Phänomenen als äußerliches Ordnungsschema zuzumuten. Eher sollte ausgeführte Musiksoziologie sich orientieren an den Strukturen der Gesellschaft, die in der Musik und dem, was in allgemeinstem Verstande Musikleben heißt, sich abdrücken.

Ohne Gewaltsamkeit ist auf die Musiksoziologie die gesellschaftliche Frage nach dem Verhältnis von Produktivkräften und Produktionsverhältnissen anzuwenden. Zur Produktivkraft rechnet dabei nicht nur Produktion im engeren musikalischen Sinn, also das Komponieren, sondern auch die lebendige künstlerische Arbeit der Reproduzierenden und die gesamte, in sich inhomogen zusammengesetzte Technik: die innermusikalisch-kompositorische, das Spielvermögen der Reproduzierenden und die Verfahrungsweisen der mechanischen Reproduktion, denen heute eminente Bedeutung zukommt. Demgegenüber sind Produktionsverhältnisse die wirtschaftlichen und ideologischen Bedingungen, in die jeder Ton, und die Reaktion auf einen jeden, eingespannt ist. Im Zeitalter der Bewußtseins- und Unbewußtseinsindustrie ist, in einem Maß, das zu erforschen eine der zentralen Aufgaben von Musiksoziologie sein müßte, ein Aspekt der Produktionsverhältnisse auch die musikalische Mentalität und der Geschmack der Hörer.

Musikalische Produktivkräfte und Produktionsverhältnisse stehen nicht einfach antagonistisch einander gegenüber, sondern sind vielfältig reziprok vermittelt. Produktivkräfte können selbst in der gesellschaftlich partikularen Sphäre der Musik Produktionsverhältnisse verändern, in gewissem Grad sogar schaffen. Wandlungen des Publikumsgeschmacks durch große Produktionen, abrupt etwa durch Wagner, unmerklich langsam in der Unterhaltungsmusik, in der trotz allem, verwässert und neutralisiert, die kompositorischen Neuerungen ihre Spuren hinterlassen, sind dafür das Modell. Dabei wurde einstweilen kaum nur als Problem aufgeworfen, ob und wie weit die Wandlungen des Publikumsgeschmacks tatsächlich durch die der Produktion determiniert sind, oder ob beides gleichermaßen von einem Dritten – mit einem Cliché Wandlung des Geistes geheißen – abhängt. Plausibel, daß die volle bürgerliche Emanzipation der Zeit um 1800 ebenso den Genius Beethovens hervorbrachte wie eine Hörerschaft, die auf ihn ansprach. Wahrscheinlich gibt es bei der Frage keine blanke Alternative; nur die differenziertesten Analysen etwa zeitgenössischer Kritiken könnten dem Phänomen gerecht werden. – Zuweilen sprengen musikalische Produktivkräfte die im Geschmack sedimentierten Produktionsverhältnisse: so im Jazz, der die gesamte nichtsynkopierte Tanzmusik aus der Mode verjagt und zum Erinnerungsstück degradiert hat.

Umgekehrt vermögen Produktionsverhältnisse Produktivkräfte zu fesseln; in der neueren Zeit ist das die Regel. Der musikalische Markt hat das Fortgeschrittene refusiert und dadurch den musikalischen Fortschritt aufgehalten; kein Zweifel, daß zahlreiche Komponisten, keineswegs erst seit der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts, durch den Zwang zur Anpassung das, wonach es sie eigentlich gelüstet, in sich selbst unterdrücken mußten. Was, mit einem nachgerade schwer erträglichen Ausdruck, Entfremdung von avancierter Produktion und Hörerschaft genannt wird, wäre auf seine gesellschaftlichen Proportionen zu bringen: als Entfaltung der Produktivkräfte, die sich der Gängelung durch die Produktionsverhältnisse weigert und schließlich diesen schroff sich entgegensetzt. Daß das wieder für die Produktion selbst folgenreich ist; daß das ihr aufgenötigte Spezialistentum auch die autonome Substanz zu mindern vermag, sei unbestritten. Musiksoziologie, welche den Konflikt von Produktivkräften und Produktionsverhältnissen in den Mittelpunkt rückt, hätte nicht nur mit dem zu tun, was zustande kommt und konsumiert wird, sondern auch mit dem nicht zustande Kommenden und dem Vernichteten. Gesellschaftlicher Druck ließ, und läßt vielleicht selbst heute noch bedeutende Talente nicht sich entfalten. Beeinträchtigt wurden selbst die größten. Mozart schrieb in fast jeder Gattung einige Werke derart, wie er es eigentlich sich gewünscht hätte. Sie heben, bei aller Einheit des Stils, schroff von der Fron sich ab. Gefesselt werden nicht nur die Produktivkräfte individueller Künstler sondern auch die in den Materialien potentiell enthaltenen. Seit dem sechzehnten Jahrhundert regt sich, als Ausdruck des leidenden, zugleich autonomen und unfreien Subjekts, eine Begierde nach Dissonanz, die bis zu den Tagen der Salome, der Elektra und des atonalen Schönberg immer wieder eingedämmt wurde und meist, wie in Mozarts sogenanntem ›Musikalischen Spaß‹, nur als Parodie und Humor maskiert sich befriedigen durfte.

Zuzeiten jedoch haben Produktionsverhältnisse auch die Produktivkräfte gesteigert. Ohne den Aufstieg des deutschen Großbürgertums und seinen Einfluß auf Institutionen und Geschmack wäre Richard Strauss nicht vorstellbar. Antitraditionalistische Qualitäten, zumal subjektive Differenziertheit sind ebenso durch den bürgerlichen musikalischen Markt hervorgelockt worden, wie sie dann, im Verlauf der historischen Dialektik, der das Bürgertum selbst unterlag, gesellschaftlich eingeschränkt, unter totalitären Regimes zurückgenommen wurden. Selbst die Autonomie der großen Musik, durch welche sie dem Diktat des Marktes am nachdrücklichsten opponiert, hätte anders als über den Markt schwerlich sich ausgebildet. Musikalische Formen, ja konstitutive musikalische Reaktionsweisen sind Verinnerlichungen von Gesellschaftlichem. Wie alle Kunst ist Musik ebenso soziale Tatsache wie ein in sich selbst Ausgeformtes, von unmittelbar gesellschaftlichen Desideraten sich Befreiendes. Sogar das an Musik gesellschaftlich nicht Integrierte ist gesellschaftlichen Wesens, bekräftigt jene Mündigkeit des Subjekts, deren Idee der bürgerlichen Emanzipationsbewegung einmal vor Augen stand. Die Freiheit der Kunst, ihre Unabhängigkeit von dem, was man ihr abverlangt, gründet in der Idee einer freien Gesellschaft und antezipiert in gewissem Sinn deren Verwirklichung.

Darum ist die Sphäre der Produktion1 nicht ohne weiteres Basis von Musiksoziologie gleich der Produktionssphäre im materiellen Lebensprozeß. Als ein Geistiges ist musikalische Produktion selbst gesellschaftlich vermittelt, kein Unmittelbares. Strengen Sinnes ist Produktivkraft an ihr allein die von den Vermittlungen nicht abzulösende Spontaneität. Unter gesellschaftlichem Blickpunkt wäre es die Kraft, die über die bloße Wiederholung der von den Typen und Gattungen vertretenen Produktionsverhältnisse hinausgeht. Solche Spontaneität kann sowohl in Einklang sein mit dem gesellschaftlichen Zug – beim jungen Beethoven oder im Schubertschen Lied – wie Widerstand dagegen leisten: Bach, und wiederum die neue Musik, gegen die Unterwerfung unter den Markt. Zu fragen wäre: wie ist musikalische Spontaneität gesellschaftlich überhaupt möglich? In ihr stecken stets gesellschaftliche Produktivkräfte, die von der Gesellschaft in ihren realen Formen noch nicht absorbiert worden sind. Gesellschaftlich allerdings ist vielfach, was musikalisch heute Reproduktion heißt, Spielen und Singen von Musik, der Produktion, der vergegenständlichenden Hervorbringung musikalischer Texte, vorausgegangen.

Überaus wesentlich für Musiksoziologie ist die heute an verschiedenen Orten in Angriff genommene Aufgabe, die ökonomische Basis von Musik zu erforschen und zu analysieren; das Moment, worin die Relation von Gesellschaft und Musik sich aktualisiert. Das betrifft vorab die Fragen des Musiklebens: nicht nur wie weit und mit welchem Effekt es durch ökonomische Motive, sondern, tiefer und wichtiger, durch ökonomische Gesetzmäßigkeiten und Strukturveränderungen bestimmt wird.

Fruchtbar beispielsweise die Frage, ob der Übergang zum Monopolkapitalismus musikalische Organisationsformen, Geschmack und Komponieren tangiert habe. Was immer man in der Musik unter dem Begriff ›Fetischismus der Mittel‹ zusammenfassen mag, dürfte auf die Funktion des ›technologischen Schleiers‹ im Monopolismus zurückgehen.

Musikalische Interpretation und Reproduktion bringt Musik an die Gesellschaft heran und ist daher musiksoziologisch besonders relevant. Die ökonomische Analyse wird mit dieser Sphäre in erster Linie sich zu beschäftigen haben; hier dürften die Komponenten eines stets noch vorhandenen Marktes und die der monopolistischen Manipulation am besten sich greifen lassen. Sachliche Forderungen, die der Adäquanz der Wiedergabe an die Komposition, kollidieren mit der des Publikums nach glamor, Perfektion, schönen Stimmen. Die letzteren sind in einem Maß affektiv besetzt, das jede Erwartung übersteigt. Äußert man etwa, vom Standpunkt der Sache her, auch in der Oper seien schöne Stimmen Mittel zur Darstellung der Komposition, nicht Selbstzweck, so antwortet Entrüstung, außer allem Verhältnis zu dem rationalen Gehalt der Kontroverse. Das Studium von solchen Ausbrüchen und ihrer Psychogenese verspricht mehr Einsicht in die Funktion des Musikbetriebs im Seelenhaushalt der Gesellschaft, als die Ermittlung unmittelbarer Präferenzen oder Abneigungen.

Die Werke wechseln durch ihre Reproduktion, die sie dem Markt zueignet, ihre Funktion; prinzipiell kann die ganze obere Musiksphäre, mit Ausnahme der widerspenstigsten avantgardistischen Werke, zur U-Musik werden. Das musikalisch falsche Bewußtsein der Reproduzierenden, ihre objektiv nachweisliche Unfähigkeit, die Sache adäquat darzustellen – eine Unfähigkeit, an der auch sehr berühmte Namen teilhaben –, ist ebensowohl auch gesellschaftlich falsch, wie zugleich durch die gesellschaftlichen Verhältnisse erzwungen. Richtige Reproduktion wäre soviel wie gesellschaftliche Verfremdung. Grundsätzlich gewinnt Musik ihren gesellschaftlichen Wahrheitsgehalt allein noch durch Opposition, durch Kündigung ihres Gesellschaftsvertrags.

Energisch wäre zu untersuchen, wie ökonomische Basis, gesellschaftliches set-up und musikalisches Produzieren und Reproduzieren spezifisch miteinander zusammenhängen. Musiksoziologie dürfte sich nicht mit der Konstatierung struktureller Übereinstimmung begnügen, sondern hätte zu zeigen, wie in Musiken konkret gesellschaftliche Verhältnisse sich ausdrücken, wie sie davon bestimmt werden. Das erheischt nicht weniger, als daß der gesellschaftliche Gehalt der wort- und begriffslosen Kunst Musik entziffert werde. Der Bereich, in dem das am ehesten gelingen kann, ist die Technologie. Im Stand der jeweiligen Technik reicht die Gesellschaft in die Werke hinein. Zwischen den Techniken der materiellen und der künstlerischen Produktion herrschen weit engere Affinitäten, als die wissenschaftliche Arbeitsteilung zur Kenntnis nimmt. Die Zerlegung der Arbeitsprozesse seit der Manufakturperiode und die motivisch-thematische Arbeit seit Bach, ein zugleich aufspaltendes und synthesierendes Verfahren, stimmen zuinnerst überein; erst recht bei Beethoven ist die Rede von gesellschaftlicher Arbeit legitim. Die Dynamisierung der Gesellschaft durchs bürgerliche Prinzip und die Dynamisierung der Musik sind einen Sinnes; wie aber diese Einheit sich realisiert, ist vorerst ganz dunkel. Die Berufung auf denselben Geist, der hier wie dort zuständig sei, mag zutreffen, umschreibt aber eher das Problem, als daß sie es löste. Nicht selten sind erklärende Formeln bloß Masken vor dem zu Erklärenden.

Ideologisch ist Musik, wo die Produktionsverhältnisse in ihr über die Produktivkräfte den Primat erlangen. Zu entfalten wäre, wodurch Musik Ideologie sein kann: durch Erzeugung falschen Bewußtseins, durch verklärende Ablenkung vom banalen Dasein, durch dessen Verdopplung, die es erst recht befestigt, und vorweg durch abstrakte Affirmation. Postuliert mag werden, innermusikalische Ideologien seien zu erkennen an immanenten Unstimmigkeiten der Werke; der ›Versuch über Wagner‹ wollte die Kritik der Wagnerschen Ideologie und die innerästhetische so weit wie nur möglich in eins setzen. Das musiksoziologische Interesse an den Ideologien erschöpft sich aber nicht in deren Konstatierung und Analyse. Ebensoviel Aufmerksamkeit wäre dem zu widmen, wie Ideologien in der Praxis des Musiklebens sich durchsetzen; also auch den Ideologien über Musik. Heute dürfte Ideologie mit krampfhafter Naivetät verfilzt sein. Unreflektiert wird Musik als angebotenes Konsumgut hingenommen gleich der Kultursphäre insgesamt; bejaht, weil sie da ist, ohne viel Bezug auf ihre konkrete Beschaffenheit. Die Kontrolle von derlei Thesen stünde bei der empirischen Forschung. Sie wäre ein Teilaspekt ihrer umfassenderen Aufgabe, zu ermitteln, wieweit der sogenannte Massengeschmack manipuliert, wieweit er der der Massen selbst ist, und wieweit er wiederum dort, wo er den Massen zugeschrieben werden muß, widerspiegelt, was jahrhundertelang ihnen eingebläut ward, und mehr noch, wozu, sozialpsychologisch, der Gesamtzustand sie verhält.

Soweit Musiksoziologie sich mit dem ideologischen Gehalt und der ideologischen Wirkung von Musik befaßt, fällt sie in eine kritische Lehre von der Gesellschaft. Das bürdet ihr die Verpflichtung auf, der Wahrheit von Musik nachzugehen. Soziologisch läuft sie heraus auf die Frage nach Musik als gesellschaftlich richtigem oder falschem Bewußtsein. Musiksoziologie hätte zu erhellen, was das sei, den Manifestationen und Kriterien solchen Bewußtseins in der Musik nachzugehen. Noch stehen zureichende Analysen dessen aus, was mit Grund Kitsch genannt wird, der musikalischen Äquivalente von Verlogenheit; nicht minder solche des Wahrheitscharakters authentischer Werke. Nachzufragen ist auch den historischen, gesellschaftlichen, innermusikalischen Bedingungen musikalischen Bewußtseins. Unumgänglich das Problem, ob gesellschaftlich richtiges Bewußtsein von Ideologie in der Musik wie mit einem Schnitt zu trennen sei, oder ob beides – wie mehr einleuchtet – sich durchdringt, und warum. Das affirmative Moment aller Kunst, und das von Musik zumal, ist Erbe des alten Zaubers; der Ton, mit dem jegliche Musik anhebt, hat bereits etwas davon, Utopie ebenso wie die Lüge, jene sei schon gegenwärtig. Erst durch die Explikation der Wahrheitsidee empfinge Musiksoziologie ihre theoretische Dignität.

Die Frage nach Wahrheit und Unwahrheit von Musik ist eng verbunden mit der nach dem Verhältnis ihrer beiden Sphären, der ernsten und der zu Unrecht leichte Muse genannten unteren. Die Teilung entsprang wohl in der gesellschaftlichen Arbeitsteilung und in ältesten Klassenverhältnissen, welche das Gewählte den Herrschenden und das Derbe der populace vorbehielten; kultische Differenzen mochten in die ästhetische eingehen. Allmählich hat die Teilung sich verhärtet, wurde verdinglicht, schließlich verwaltet und findet ihr Echo bei den Hörern, die, so scheint es, auf dem einen oder auf dem anderen insistieren. Seit dem Absterben der letzten Rudimente vorbürgerlicher Musikkultur berühren die Sphären sich nicht mehr. Verwaltung und Planung des Unteren ist die neue Qualität, in welche die überwältigende Quantität der Unterhaltungsmusik umschlug. In der Dichotomie wird der Widerspruch von Produktivkräften und Produktionsverhältnissen flagrant: die Produktivkräfte sind in die obere, quasi privilegierte Sphäre gedrängt, isoliert und dadurch, selbst wo sie richtiges Bewußtsein verkörpern, auch ein Stück falsches. Die untere Sphäre gehorcht der Vormacht der Produktionsverhältnisse. Kritische Musiksoziologie wird detailliert herauszufinden haben, warum die leichte Musik, anders als noch vor hundert Jahren, heute ausnahmslos schlecht ist, schlecht sein muß. In diesem Kontext steht die von Erwin Ratz aufgeworfene Frage zur Erörterung, wie Musik gemein sein kann. Auch Gemeinheit ist ein fait social, unvereinbar mit dem immanenten Anspruch eines jeden musikalisch beseelten Lautes. Nichts anderes mehr leistet die U-Musik, als die psychologische Erniedrigung zu bestätigen, zu wiederholen, zu befestigen, welche letztlich die Einrichtung der Gesellschaft in den Menschen bewirkt. In ihr genießen, ohne es zu wissen, die Massen, die damit überschwemmt werden, wie sehr sie erniedrigt sind. Die Nähe, in der die leichte Musik ihnen auf den Leib rückt, verletzt mit der ästhetischen Distanz die Menschenwürde. Bei der empirischen Forschung stünde es, Methoden zu entwickeln, die subtil genug sind, solchem Genuß nachzugehen, seine Bahnen zu beschreiben.

Derlei Probleme gehören zur musiksoziologischen Rezeptionsforschung. Als ganze hat sie sich an objektiv an der Sache orientierten Kategorien und Theoremen auszurichten, um dann ihrerseits wieder die Theoreme zu korrigieren und zu erweitern. Zunächst wären wohl Fragen wie die nach dem Unterschied von Rezeption und Konsum zu klären: worin also die Angleichung des Musikhörens an das Verhältnis zu den materiellen Konsumgütern besteht, welche ästhetisch adäquaten Kategorien dabei entfallen, welche anderen – gedacht sei an sportähnliche – etwa neu sich bilden. En passant erwähnt werden mag die Schwierigkeit, die neuen Qualitäten von älteren abzuheben, weil über diese verbindliche Untersuchungen nicht vorliegen, und weil nicht einmal sicher ist, ob außerhalb der Künstlerschaft überhaupt je adäquat rezipiert wurde, oder ob solche Rezeption ein Wunschbild ist, konzipiert erst als Negation des gegenwärtigen Zustands.

Vorschläge für empirische Untersuchungen, deren Fragestellung aus den Theoremen der ›Einleitung‹ und dem hier skizzierten Umriß folgen, seien lose aneinander gereiht. Historisch könnte man technologische Veränderungen ausgewählter typischer Werke mit solchen der materiellen Technik und auch mit solchen gesellschaftlicher Organisationsformen vergleichen. Fraglich sind in diesem Komplex die Kausalzusammenhänge; eher ist Interdependenz zu erwarten als strikte Abhängigkeit des einen vom anderen. – Gelänge etwas wie musikalische Inhaltsanalyse – die allerdings bei Musik, die keinen unmittelbar gegenständlichen Inhalt hat, in der materiellen Dechiffrierung von Sachverhalten der ›Form‹ zu bestehen hätte –, so könnte man daran Ermittlungen dessen anschließen, was von dem eruierten Gehalt wahrgenommen, und wie es wahrgenommen wird. So wäre die subjektive Rezeptionsforschung mit objektiv gerichteter Analyse sinnvoll zu verbinden.

Die vom Radio Research vertrauten Untersuchungen über likes und dislikes, Vorlieben und Abneigungen, wären in Relation zu bringen zu den bevorzugten oder abgelehnten Qualitäten der Musik an sich. Das vermöchte zu helfen, ihre ideologischen Effekte empirisch in den Griff zu bekommen. Daß all das, obwohl die Problemstellungen seit bald dreißig Jahren bekannt sind, unterblieb, ist kaum Zufall. Widerstand leisten die Unbewußtheit der zu erforschenden Einzelreaktionen und habituellen Verhaltensweisen und die wiederum kulturell bedingte Unfähigkeit der meisten Menschen, ihre musikalischen Erfahrungen angemessen in Worte zu fassen. Hinzu treten Idiosynkrasien auf seiten der Forschenden. Oft ist die angebliche empirische Unzugänglichkeit der in Rede stehenden Dimension, des ›deep stuff‹, nur ein Vorwand dafür, nicht den Naturschutzcharakter der Musik und das Bündnis mit recht handfesten Interessen zu gefährden. Zunächst wird man den eigentlich belangvollen Fragen musikalischer Rezeption nur indirekt sich nähern können, etwa indem man Korrelationen zwischen musikalischen Vorlieben und Abneigungen, außermusikalischen Ideologien der Befragten und ihrer gesamtpsychologischen Beschaffenheit etabliert2. Einfacher wäre es, Musik von Versuchspersonen beschreiben zu lassen, dann die Beschreibung mit den Resultaten der objektiv gerichteten Analyse zu vergleichen und dabei ideologischer Momente in der Rezeption innezuwerden. Fraglos verlohnte es sich, die Sprache zu erforschen, deren die Menschen im Hinblick auf Musik sich bedienen. Die Hypothese ist zu verantworten, daß sie weithin aus gesellschaftlich präfabrizierten Clichés besteht, die sich vor eine lebendige Beziehung zur Sache schieben. Zugleich enthält sie ideologische Inhalte und psychologische Rationalisierungen, die wiederum auf die Rezeption selbst einwirken mögen. Lehrreich wäre bereits das primitive Experiment, unabhängig von der Musik als solcher, ideologische Anschauungen von Hörern ernster, von Unterhaltungsmusik und von Indifferenten zu untersuchen.

Für einzelnes existieren Modelle, die repräsentativ wiederholt und prinzipiell angelegt werden müßten. Zu denken ist etwa an die Versuche von Allport und Cantril, manipulativ-autoritäre und unmittelbare Faktoren in der Wirkung ernster sowohl wie leichter Musik zu testen. Ebenso wären, wie seinerzeit von Malcolm McDougald, doch weniger personalisiert, beschreibende Analysen der Technik zu liefern, mit Hilfe der Massenmedien Schlager zu machen, und zu ermitteln, innerhalb welcher Grenzen die Manipulation sich hält, welche Minimalforderungen erfüllt sein müssen, damit Erfolg manipuliert werden kann. Build up-Forschung wäre um so instruktiver, als vermutlich die Techniken, die einem Schlagersänger, und die, welche einem Politiker Prominenz verschaffen, gar nicht so sehr verschieden sind.

Empirische Musiksoziologen wie Alphons Silbermann betrachten als Ausgang aller Musiksoziologie das Musikerlebnis. Dessen Begriff dürfte nicht dogmatisch akzeptiert werden, sondern wäre, am besten wohl in intensiven Einzelfallstudien, an verschieden gearteten Typen zu überprüfen: wie weit ein Musikerlebnis tatsächlich statthat, wie weit es Ritual, wodurch es, das vermeintlich Erste, gesellschaftlich vermittelt ist. Wohl dürfte dabei jenes Primäre als höchst Abgeleitetes sich erweisen. Dann sollte man das angebliche Musikerlebnis nicht länger als musiksoziologische Grundkategorie benutzen. Maßgebend sind statt dessen einerseits gegenwärtig vorherrschende kulturell-anthropologische Beschaffenheiten, andererseits Organisationsformen und Wirkungsmechanismen des Musiklebens, in denen gesamtgesellschaftliche sich verkappen.

Sozialpsychologisch böten wohl geeignete Ansätze die Theoreme, die der Autor in einer Reihe von Arbeiten über den Jazz entwickelte. Empirisch wäre zu verfolgen, wie weit der Jazz im Haushalt der Massen tatsächlich die Rolle spielt, die er durch seine eigene Struktur impliziert – eine Adäquanz, die genausowenig selbstverständlich ist wie die zwischen Werk und Rezeption überhaupt. Die Deutungen jener Musik selbst wären viel weiter zu verifizieren oder zu falsifizieren, als in ihrer Exposition möglich war: etwa durch Einbeziehung anderer Sparten der Kulturindustrie, die, unabhängig vom Jazz, analoge Strukturen aufweisen, wie beispielsweise Herta Herzogs Formel »Getting into trouble and out again« für sie sogenannte Seifenoper es anzeigt: durch Vergleiche mit Groteskfilmen, durch Bezugnahme auf das umfassende Gesamtschema der dirigistischen Massenkultur.

Schließlich wären wohl die sehr verbreiteten Widerstände gegen ernste Musik, und die sozialpsychologische Bedeutung von Musikfeindschaft insgesamt, durch klinische Studien mit charakterologischen und ideologiekritischen Problemstellungen zu kombinieren; so wie aus Krankheiten vielfach Neues über den gesunden Organismus zu lernen war, dürfte das Phänomen der Musikfeindschaft und Musikfremdheit, als gesellschaftliches, Licht verbreiten über die gesellschaftliche Funktion von Musik heute, auch über ihre ›Dysfunktionalität‹.

Derartige Anregungen verschaffen ebenso einen Vorbegriff vom Zusammenhang der musiksoziologischen Bereiche wie von den Möglichkeiten, manches aus Gedanke und Erfahrung Entwickelte szientifisch zu behandeln. Freilich ist es nicht durchaus nach den approbierten wissenschaftlichen Spielregeln auszudrücken: so wenig wie die kritische Theorie der Gesellschaft in Kategorien der traditionellen.

 

Frankfurt, Oktober 1967

 
Fußnoten

 

1 Der Fehler der 1932 in der Zeitschrift für Sozialforschung vom Autor veröffentlichten Abhandlung ›Zur gesellschaftlichen Lage der Musik‹ war, daß sie den Begriff der musikalischen Produktion mit dem Vorrang der ökonomischen Produktionssphäre blank identifizierte, ohne Rücksicht darauf, wie sehr, was musikalische Produktion heißt, die gesellschaftliche bereits voraussetzt und ebenso von ihr abhängig ist, wie von ihr sich sondert. Das allein hat den Autor dazu bewogen, jene Abhandlung, den Entwurf einer ausgeführten Musiksoziologie, nicht wieder zu veröffentlichen.

 

2 Mittlerweile gibt es Ansätze dazu. Im Marburger Psychologischen Seminar hat Christian Rittelmeyer empirisch festgestellt, daß schroffe Ablehnung avancierter Kunst, insbesondere auch musikalischer, zusammengeht mit Komplexen autoritätsgebundener Charakterstruktur wie rigidem Dogmatismus und »Intoleranz für Mehrdeutigkeiten«, womit soviel gemeint ist, wie daß bei den geschworenen Feinden der Moderne stereotypes Schwarz-Weiß-Denken vorherrscht. Christian Rittelmeyer hat weiter »die Auswirkungen von Lehrgängen der ›musischen Bildung‹ (Werken und ähnliches) und einer spezifischen kulturellen Bildung (spezifische Fotomontagen) in vergleichbaren Gruppen auf die Intoleranz und die Aversion gegen moderne Kunst untersucht« und ist »zu dem vorläufigen Ergebnis gekommen, daß die erstgenannte Methode« – also die musische Bildung – »diese Werte steigert oder nicht verändert, während die letztgenannte sie senkt«. Unterdessen liegen auch nähere konkrete Analysen über Schlager und Identifikationsmechanismen von Gunnar Sønstevold und Kurt Blaukopf vor (›Musik der »einsamen Masse«. Ein Beitrag zur Analyse von Schlagerschallplatten‹, in: »Musik und Gesellschaft«, hg. v. Kurt Blaukopf, Karlsruhe 1968, Heft 4).

 

 
Gesammelte Werke
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