VI

 

Den späten Philosophien, in denen das bei sich selbst gefangene Bewußtsein des Idealismus die eigene Gefangenschaft erkennt und aus seiner Immanenz auszuweichen trachtet, ist eigentümlich, daß sie jeweils eine singuläre Kategorie, eine permanente Intention, einen markierenden Zug ausbilden, welcher unter der Herrschaft der Totalitätsidee, die sie allesamt noch anerkennen, deren Starrheit erweichen soll, schließlich aber die idealistische Konstruktion selber erweicht, die in ihren Antinomien sich auflöst. So hat Hegel, äußerster Exponent der Totalitätsidee und dem Anschein nach alles eher als Kritiker des Idealismus, das dialektische Verfahren durchgesetzt, das den Totalitätsanspruch so durchaus dynamisch wendet, daß niemals aus dem abstrakten systematischen Oberbegriff Einzelphänomene resultieren, sondern das System, aus dem wahrhaft die Realität ihm folgte, gleichbedeutend wäre mit dem Inbegriff der ausgeführten Wirklichkeit selber. Kierkegaard hat Hegel unermüdlich verspottet, weil dieser ihm jede fürs gegenwärtige Dasein verbindliche Aussage auf ein imaginäres Ende des Systems zu vertagen schien. Darin jedoch gerade ist er Hegel ähnlicher, als er denken mochte. Denn durch solche Vertagung des Ganzen gewinnt das einzelne Gegenwärtige – und freilich mehr noch das Vergangene – eine konkrete Fülle, die Kierkegaards Wiederholungen selber vergebens aufzufangen trachten. – So hat weiter Feuerbach seinen aufklärerischen Begriff vom Menschen korrektiv ins philosophische Zentrum gerückt, der durch den autonomen Geist nicht mehr zu umschreiben ist. So hat endlich Marx die Kategorie des Tauschwerts, der Ware zur Präponderanz entwickelt. Wohl bewahrt auch diese, als Inbegriff des vollständigen Zusammenhangs aller Phänomene der kapitalistischen Gesellschaft, das Gedächtnis an Totalität. Jedoch sie verlagert die Akzente der Erklärung derart auf die »materielle«, nicht bewußtseinseigene Seite, daß die Einheit einer »Idee« der kapitalistischen Gesellschaft von Inhalten zerstört wird, die aus keiner Idee kontinuierlich hervorgehen, weil sie die Realität der Idee selber in Frage stellen. Mögen alle diese Kategorien in der begrenzten Unendlichkeit der Systeme entspringen, sie ziehen doch die systematischen Ganzheiten wie Strudel in sich hinein, um sie verschwinden zu lassen. Nicht anders Kierkegaard. Indem das Bewußtsein von bedingtem, nicht zureichend aus sich selber deduziblem Dasein als oberster Widerspruch seines Idealismus sich statuiert, wird er zum Kritiker des Systems. Aus dessen extensiver, jedoch in einem Punkt erzeugter Totalität zieht sein Denken sich in diesen Punkt zurück, dort die einzige Kategorie zu gewinnen, um die Macht des Systems zu brechen und Ontologie zu restaurieren. Der Punkt, den er angreift und der sein Ort ist zugleich, darf schlechtweg als der archimedische des systematischen Idealismus gelten: das Recht von Denken, als Gesetz seiner selbst Wirklichkeit zu begründen. Die Kategorie aber, die dialektisch hier aufgeht, ist die des paradoxen Opfers. Nirgends wird der Rechtsanspruch von Bewußtsein weiter getrieben, nirgends vollständiger verneint denn im Opfer von Bewußtsein als dem Vollzug ontologischer Versöhnung. In wahrhaft Pascalscher Weite schwingt Kierkegaards Dialektik zwischen der Negation des Bewußtseins und dessen höchstem. Recht aus. Sein Spiritualismus, historische Figur der objektlosen Innerlichkeit, ist aus der Krise des Idealismus in immanenter Logik zu verstehen. Für ihn muß Bewußtsein in der Bewegung »unendlicher Resignation« von allem auswendigen Sein sich losgerissen, in der Freiheit von Wahl und Entscheidung alle Gehalte aus sich selbst heraus gesetzt haben, um endlich, vorm Schein der eigenen Allmacht, diese preiszugeben und untergehend von der Schuld sich zu reinigen, die es auf sich lud, indem es autonom zu bestehen meinte. Das Opfer von Bewußtsein aber ist das innerste Modell jeglichen Opfers in seiner Philosophie. Das macht den zentralen Zusammenhang des Mythischen und Innergeschichtlichen in seinem kategorialen Gefüge aus. Denn Opfer will allemal Natur entsühnen und Natur hat zur geschichtlichen Stunde Kierkegaards und gar für seine Erkenntnis ihre bestimmende Macht im Geist des isolierten Menschen. Wie der Geist des Einzelnen bei ihm Urbild allen Geistes nicht nur, sondern Natur selber bleibt, die anders als im »Geist« nicht vorkommt: so ist auch Opfer, die letzte Naturkategorie, zu der er sich erhebt und zugleich die der Vernichtung des Natürlichen, bei ihm Opfer des Geistes. Mit der äußersten Spannung, deren der systembildende Idealismus noch fähig war, hat er dies Opfer wie für die systematische Ganzheit so an allen Phänomenen vollzogen, die ins System fallen. Die Kategorie des Opfers, kraft welcher das System sich selber aufhebt, hält zugleich in vollendetem Widersinn als übergreifende Einheit, durch opfernde Abstraktion an allen begegnenden Phänomenen, Kierkegaards Philosophie systematisch zusammen. Im intellektuellen Opfer erscheint am reinsten sein mythischer Grund, am spontansten seine geschichtliche Funktion; beide treten auf dem Schauplatz Geist zusammen und dialogisieren den Idealismus als historisches Trauerspiel mythischen Denkens. Er wird aber endlich als mythisch offenbar, indem er zwar sich selber aufhebt, den Anspruch auf Versöhnung jedoch, den er anmeldet, immanent nicht erfüllen kann. In ihm hat Natur, auf den menschlichen Geist zurückgeworfen, sich verhärtet und die Gewalt des Ursprungs usurpiert. Der Untergang, den der Idealismus sich selber bereitet, vermag darum zwar vom Schein der Autonomie ihn zu befreien – Versöhnung als Katharsis ist dem vollkommen untergehenden nicht gewährt.

In den Zusammenhang von Kierkegaards Opfer mit Mythischem verrät von allen Autoren wiederum bloß Monrad einige Einsicht. Er zitiert zu dessen Charakteristik eine Stelle der nordischen Mythologie, aus dem ›Havamal‹: »Odin spricht: Ich weiß, daß ich hing am windbewegten Baum neun Nächte hindurch, verwundet vom Speer, geweiht dem Odin, ich selber mir selbst!«1 Monrad hebt die Worte »geweiht dem Odin, ich selber mir selbst« hervor, die in der Tat das Motto einer Opfertheologie abgeben könnten, in welcher der Mensch »absterben« muß, um das »Selbst« zu werden. Es verschlägt dabei wenig, ob man mit neueren dänischen Autoren Kierkegaards »genuin nordischen Zug«2 markiert. Die Beziehung ist sachlich evident. Der Gott opfert sich selber: also autonom; für sich selbst: also verbleibend in seinem naturhaften Herrschaftsbereich; endlich geschieht das Opfer, wie sich aus einer bei Monrad angeführten Fortsetzung der Stelle ergibt, weil der Gott »sich durch Aufheben von Runen ein höheres Wissen zu verschaffen«3 wünscht: auch Kierkegaards philosophische Intention der »Durchsichtigkeit«, sogar das Modell der Chiffre ist demnach in der Eddastelle beschlossen. Tatsächlich hat Kierkegaard selber den Begriff der Philosophie mit Mythologie zusammengestellt: »Keine Philosophie ..., keine Mythologie ... hat diesen Einfall gehabt.«4 Der Einfall aber, der Philosophie und den Raum des bloß Natürlichen übersteigen soll, ist der des Paradoxons. – Daß Opfer mythisch sei, hat er selber gewahrt im ästhetischen Bereich: an der Euripideischen Iphigenie in Aulis: »Agamemnon soll Iphigenia opfern. Die Ästhetik fordert nun insofern Schweigen von Agamemnon, als es eines Helden unwürdig sein würde, Trost bei irgendeinem andern Menschen zu suchen, wie er es auch aus Mitleid mit den Frauen so lange als möglich vor ihnen verbergen muß. Auf der andern Seite muß der Held, eben um ein Held zu sein, auch in die furchtbare Anfechtung geraten, welche die Tränen einer Klytämnestra und Iphigenia ihm bereiten werden. Was tut die Ästhetik? Sie hat einen Ausweg, sie hat einen alten Diener in Bereitschaft, welcher Klytämnestra alles offenbart. Jetzt ist alles in Ordnung.«5 Was hier als ästhetische Bestimmung des Opfers angegeben wird, ist in Wahrheit die mythische: das Schweigen wortloser Unterwerfung unters Schicksal, der stumme Kampf, den der Held dem Schicksal liefert, indem er unterliegt und unterliegend die Zäsur in den schicksalhaften Umkreis legt; das Wort des Dieners aber ist kein ästhetischer »Ausweg«, sondern seine wesenlose Stimme das Echo des Schicksals selber, das dem schweigenden Helden im Vollzug sich kundtut. Solch ein Opfer wie der stumme Held bringt aber auch das Paradoxon und wird darum Beute jener Mythologie, von der Kierkegaard vermeint, sie habe niemals »diesen Einfall gehabt«. Denn wie aller Hoffnung bar zur Entsühnung der Held der blinden Naturforderung überantwortet wird, so opfert Paradoxie Hoffnung als das liebste Kind des Geistes diesem zur Sühne. Dergestalt hat Kierkegaard selber »ästhetisch« Paradoxie gebannt, welcher er »religiös« erliegt: im mythischen Wesen von Erinnerung. Diese vernichtet als bloßer, bilderloser Geist die Bild-Gestalt der Hoffnung: »Ich entwerfe ein Bild der Hoffnung, so lebendig, daß jeder Hoffende sich darin wiederfindet; und doch, es ist ein Trug: während ich die Hoffnung zeichne, steht mir die Erinnerung vor Augen.«6 Das deutet bereits, vermöge einer »Sphärentranszendierung«, auf Kierkegaards Christologie: wie Hoffnung hier der Erinnerung verfällt, die mythisch ist als Gedächtnis des von je Gewesenen, so wird dort alle innerweltliche Existenz schließlich dem schlechthin Verschiedenen geweiht, das den »Trug« von ihr nimmt, ohne dafür zu versöhnen. Das mythische Wesen von bloßem Geist steigt aus der Höhle der Erinnerung auf: »Keine Macht, keine Macht der Welt kann Don Juan bezwingen; nur ein Geist kann es, eine Erscheinung aus der anderen Welt. Wenn man das richtig versteht, so bestätigt es wieder unsere Auffassung Don Juans. Ein Geist, ein Revenant ist Reproduktion, darin liegt das Geheimnisvolle seiner Erscheinung; Don Juan kann alles, widersteht allem, nur nicht der Reproduktion des Lebens, eben weil er unmittelbar sinnliches Leben ist, weil dieses vom Geist negiert wird«7: so bleibt Macht übers natürliche Leben allein dessen Vernichtung im Geiste und nicht der Versöhnung gegeben. Die Vernichtung natürlichen Lebens, die vom Steinbild des Komturs ausgeht, ist aber richtig als gespenstisch verstanden. Denn hier wird nicht bloß natürliches Leben von Geist vernichtet: Geist selber ist vernichtetes natürliches Leben und der Mythologie verhaftet. Darum kennt er keine Hoffnung und Paradoxie verzerrt selbst in Kierkegaards Glaubenslehre Hoffnung zur bloßen Vernichtung von Natur durch Geist: »Und dann bringt der Geist die Hoffnung, die Hoffnung im strengsten, christlichen Sinn, die Hoffnung, die wider Hoffen ist. Denn eine unmittelbare Hoffnung ist in jedem Menschen: sie kann in dem einen lebenskräftiger sein als im andern; im Tode aber (d.h. wenn du abstirbst) erstirbt jede derartige Hoffnung und verkehrt sich in Hoffnungslosigkeit. In dieser Nacht der Hoffnungslosigkeit (es ist ja der Tod, den wir beschreiben) kommt dann der lebendigmachende Geist und bringt die Hoffnung, die Hoffnung der Ewigkeit. Sie ist wider Hoffen; denn für jenes bloß natürliche Hoffen gab es keine Hoffnung mehr; diese Hoffnung ist also eine hoffnungswidrige Hoffnung.«8 Dies Bild der Hoffnung ist in all seiner Kraft kein echtes. Es geht darin nicht Hoffnung auf im Widersinn des natürlichen, naturverfallenen, gleichwohl doch geschaffenen Lebens. Sondern der Widersinn kehrt sich gegen Hoffnung selbst; indem sie Natur vernichtet, geht sie ein in deren Kreislauf; selbst in Natur entspringend, vermöchte sie sie wahrhaft nur zu übersteigen, indem sie ihre Spur bewahrt. Das Zwielicht der Kierkegaardschen Hoffnung jedoch ist das fahle der Götterdämmerung, die das nichtige Ende eines alten oder den ziellosen Beginn eines neuen Äons, nicht aber Erlösung verkündigt. So erweist sich, an der Dialektik der Hoffnung, Kierkegaards Paradoxie als naturverstrickt durch ihre naturfeindliche Spiritualität. Seine Polemik wider mythische Hoffnung schlägt um in mythische Hoffnungslosigkeit: gleichwie die Bewegung des »Existierens« in jene Verzweiflung umschlägt, vor welcher sie ins Labyrinth floh. Der Oberflächenintention nach ist seine Auffassung vom Christentum einer mythologischen genau entgegen. Er wünscht allen mythischen Inhalt, wie er in Bildern sich festsetzt, unerbittlich ausgeschlossen; er kritisiert, als »unmittelbar«, am Ende der ›Nachschrift‹ aufs schärfste die »kindliche Religiosität«9; verwirft gleichermaßen Kindertaufe und Anabaptismus als »äußerlich«, also wegen der theologischen Symbolgestalt selber, die er dem Mythos zurechnet. Aber in Verblendung ist ihm entgangen, daß das Bild des Opfers selbst mythisch ist, welches die innerste Zelle seines Denkens einnimmt, erreichbar durch die Zugänge seiner Philosophie wie seiner Theologie. Dort sind das Opfer Christi und das »nachfolgende« der Vernunft nicht sicher zu unterscheiden. Der Satz, »daß Christus zur Welt gekommen ist, um zu leiden«10, paradox und dennoch allzu bündig, wandelt die christliche Versöhnungslehre selber ins Mythische ab. Wie hartnäckig er auch den mythischen Ursprung des Opfers durch Dialektik zu exstirpieren unternahm und wie wirksam ihn dabei dessen Zweideutigkeit unterstützte: in unscheinbaren Sätzen verrät er wider Willen das mythische Wesen seiner Theologie: »Hat das Christentum einmal die Gestalt der Welt verändert, indem es die rohen Leidenschaften der Unmittelbarkeit besiegte und Staaten veredelte: so wird es in der Bildung seinen ebenso gefährlichen Widerstand finden.«11 Danach soll also die dialektische Brechung von Naturdämonie, der »rohen Leidenschaften der Unmittelbarkeit«, zur Gefahr fürs Christentum selber werden, das sie bricht – womit aber Christentum selber in Naturdämonie zurückschlägt. Daß dabei Kierkegaard für eine versöhnende Dialektik, die aus Natur hervorgeht, diese zu sänftigen, polemisch den verdinglichten und fragwürdigen Begriff der Bildung unterschiebt, ändert nichts am Sachverhalt.

Der ist also eine Mythologisierung des Christentums in der letzten Instanz, während in allen voraufgehenden Natur dem Christentum ausgetrieben ward. Christi Tod selber ist für Kierkegaard nicht sowohl versöhnende Handlung als Sühneopfer. Mag immer die ›Einübung‹ das Wort »Versöhnungstod«12 gebrauchen: die »Versöhnungslehre« ist doch ausdrücklich durch Sühne definiert: »Hier wird gesagt, daß Christus für die Erbsünde Genugtuung geleistet habe.«13 Vergebens leugnet Kierkegaard ab, was wie den Christus so den Menschen als »Ausnahme« ihm bezeichnet: »Nicht um erzürnte Götter zu versöhnen, übertritt Abraham das Allgemeine«14 – warum sonst aber? Denn Sühne ist für Kierkegaard alles wahre Existieren; im ›Augenblick‹ wird verlangt, daß Christen »in dieser falschen und argen Welt als Geopferte leben«15. Damit übertreten sie allesamt »das Allgemeine«. Moralische Forderungen ergehen zurecht allein an Leben, das unter der Möglichkeit von Versöhnung fortbesteht; wird Leben geopfert, verschwindet mit ihm Sittlichkeit im Abgrund des Natürlichen. Die Unterscheidung von gut und böse gilt nicht unter der Herrschaft des Todes. Darum bildet bei Kierkegaard Ethik ein »Durchgangsstadium«; kein Leben ist ihr vergönnt, sich zu erproben. Im systematischen Plan ist Opfer der Punkt, wo die Tangente eines abstrakten und unerreichbaren »Sinnes« den geschlossenen Umkreis von Leben berührt, und seine Lehre insistiert auf dem »Punkt«, ohne auf der Kreislinie sich fortzubewegen; vermag er nur hier, unterm Paradox, Anteil am »Sinn« zu gewinnen, so hat er dafür mit dem Verlust des Lebendigen zu zahlen nach gnadelos mythischem Kalkül. In seiner Ethik setzt ohnmächtig humanes Leben sich zur Wehr wider opfernde Vernichtung. – Durchs Opfer geht die Differenz von Christus und Mensch unter. Verfällt Christus als Opfer dem Natürlichen, so erhöht opfernd sich der Mensch zum Nachfolger. Von Christus heißt es: »Diese Geschichte, das ist, die Geschichte von dieser beständigen Mißhandlung, die zuletzt mit dem Tode endet, diese Geschichte oder dieses Leiden: das ist seine Lebensgeschichte. Sie kann auf mehrere Arten erzählt werden; sie kann kurz erzählt werden, mit zwei, ja mit einem Wort: es war Leidensgeschichte.«16 So schrumpft sie mythisch zum Opfer, systematisch zum Punkt zusammen wie vollends in der finsteren These: »... da ja jeder Tag seines Lebens in gewissem Sinne sein Begräbnistag ist, denn er war dazu bestimmt, das Opfer zu sein«17. Nicht anders wird aber auch das Leben des Menschen durch Opfer »herabgesetzt«: »Ist ihm nun eine ewige Seligkeit sein höchstes Gut, so bedeutet dies, daß die Momente der Endlichkeit ein für alle Mal durch Handlung zu etwas herabgesetzt sind, was der ewigen Seligkeit gegenüber aufgegeben werden muß.«18 Aufgegeben kraft der »Nachfolge«: der Christ soll sich »›das Vorbild‹ so vergegenwärtigen, daß« er »in ähnlicher Weise zu leiden« bekommt »wie einst durch die Anerkennung des lebendig Gegenwärtigen. Alles nachträgliche Staatmachen mit ihm, alles Prunken mit Denkmalen auf seinem Grabe usf. usf. usf. ist nach Jesu Christi Urteil Heuchelei und dieselbe Blutschuld wie die seiner Mörder. – Das ist die christliche Forderung. Die mildeste, mildeste Form derselben ist wohl die in der ›Einübung im Christentum‹ von mir gebrauchte, d.h. die einfache Anerkennung, daß dies die Forderung ist, und daß du dann hinfliehest zur Gnade«19 – einer Gnade, für die Kierkegaard kein Kriterium weiß als das des Leidens. Der mythische Gehalt des Leidens wird kaum von Christologie und Nachfolgerschaft gemeistert; zuweilen bricht er autonom durch, und Opfer präsentiert sich in seiner wahren Naturgestalt: als Sühne, geleistet dem schuldhaften Verband der »Generation«. »Sehr weit reicht in meiner Erinnerung der Gedanke zurück, daß in jeder Generation zwei oder drei sind, die an die andern geopfert werden, um in schrecklichen Leiden zu entdecken, was den andern zugut kommt. So verstand ich schwermütig mich selbst: daß ich dazu ausersehen sei.«20 Die Emanzipation vom christlichen Urbild; die Ablösung des Opfers von Namen und Vollzug Jesu; die fetischhafte Verselbständigung des Opfers schlechthin ist hier nicht Zufall einer metaphorischen Redeweise. Tatsächlich bildet seine Philosophie den Opferkult so beharrlich aus, bis er in eine Gnosis übergeht, der der Protestant Kierkegaard leidenschaftlich sonst opponiert. Im späten Idealismus bricht Gnosis dort hervor, wo durch Spiritualismus mythisches Denken übers christliche Macht gewinnt und trotz aller Rede von Gnade das Christentum in die gnadenlose Geschlossenheit des Naturverlaufs hineinzieht. Kierkegaards gnostische Lehren werden als »Dichtungen« und Phantasiefiktionen vorgebracht; vielleicht nicht bloß aus den Sachgründen, wie sie im Sinne der ›Nachschrift‹ gelegen sind, sondern auch, um ihren heterodoxen Charakter zu verbergen, der Kierkegaard bewußt sein mußte. Aber sie kehren mit solcher Konsequenz wieder, stellen einen so geschlossenen Motivationszusammenhang dar, setzen so scharf die Linien des Sphärensystems in Transzendenz fort, daß die Kritik von Kierkegaards mythischem Gehalt in ihnen ihr eigentliches Fundament gewinnt. Der mythische Charakter des Opfers wird offenbar an der schicksalhaften Notwendigkeit des »Ärgernisses«, darüber Gott nichts soll vermögen: »Gerade dies ist das Traurige für Christum, ›er kann es nicht anders‹; er kann sich selbst erniedrigen, Knechtsgestalt annehmen, für die Menschen leiden und sterben, er kann alle zu sich einladen, jeden Tag seines Lebens opfern, und jede Stunde des Tages und das Leben opfern / aber die Möglichkeit des Ärgernisses kann er nicht wegnehmen. O, einzige Tat der Liebe, o unergründliche Trauer der Liebe, daß es Gott selbst nicht unmöglich machen kann / was er freilich auch nicht will, nicht wollen kann / aber selbst wenn er es wollte, es doch nicht unmöglich machen kann, daß diese Liebestat einem Menschen gerade zum Gegenteil, zum äußersten Elend werde! Denn das größte menschliche Elend, größer noch als die Sünde, ist sich an Christo zu ärgern und in dem Ärgernis zu bleiben. Und dies kann Christus, dies kann ›die Liebe‹ nicht unmöglich machen. Sieh, darum sagt er: ›selig, wer sich nicht an mir ärgert‹. Mehr kann er nicht tun.«21 Zwar nicht das Opfer selbst, wohl aber dessen Annahme durch die Kreatur wird dem Walten der Gottheit entzogen; Notwendigkeit herrscht wie in der Astrologie der Sphären so im dämonischen »Ärgernis«. Darauf antwortet gnostisch die Trauer Gottes über dem unerreichbaren, dem »verlorenen« Menschen als letztes Wort von Kierkegaards Theologie; in zweideutiger Versöhnung trauert die göttliche Liebe selber: »Sieh, darum tat er dieses sein Liebeswerk, brachte er das Opfer (bei dem er, was ihn betraf, jubelte) nicht ohne Tränen: es schwebt über diesem, wie soll ich es nennen? diesem geschichtlichen Bilde der Innerlichkeit jene düstere Möglichkeit. Und doch, wenn diese nicht darüber geschwebt hätte, wäre seine Tat kein Werk wahrer Liebe gewesen.«22 So ist das »geschichtliche Bild der Innerlichkeit« als theologisches Urbild aller Schwermut: Trauer Gottes über den Menschen, mythisch selber. Im Bilde der Trauer Gottes aber geht der Schöpfer unter und wird ohnmächtig, von Natur im Opfer verschlungen. Das ist als offene und gnostische Heterodoxie gesetzt in Kierkegaards Lehre von der Gefangenschaft Gottes im eigenen »Inkognito«, wie sie ihm aus dem Paradox als unvermittelter Einheit göttlicher und menschlicher Natur rational hervorgeht: »Und nun der Gottmensch! Er ist Gott, aber wählt dieser einzelne Mensch zu werden. Dies ist wie gesagt das tiefste Inkognito oder die undurchdringlichste Unkenntlichkeit, die möglich ist; denn der Widerspruch zwischen Gottsein und ein einzelner Mensch sein, ist der größtmögliche, der unendlich qualitative. Es ist aber sein Wille, sein freier Beschluß, und darum ein allmächtig festgehaltenes Inkognito. Ja, er hat sich in gewissem Sinne dadurch, daß er sich gebären ließ, ein für alle Mal selbst gebunden; seine Unkenntlichkeit wurde so allmächtig festgehalten, daß er selbst gewissermaßen in der Macht seines Inkognitos ist, worin die buchstäbliche Wirklichkeit seines rein menschlichen Leidens liegt, daß dieses nicht bloß ein Schein, sondern in gewissem Sinne die Übermacht der angenommenen Unkenntlichkeit über ihn selbst ist.«23 Wäre einer Theologie des »schlechthin Verschiedenen« bereits jegliche Aussage über die »Trauer Gottes« verwehrt, so verstrickt sie sich vollends, indem sie die Freiheit Gottes leugnet und den Mensch gewordenen Gott einer Notwendigkeit unterstellt, aus der er »sich nicht zurücknehmen« kann. Dieser Verstrickung aber kann Kierkegaards Theologie nicht entgehen, weil die Konzeption der Paradoxie und absoluten Verschiedenheit Gottes selber an den autonomen Geist, als dessen systematische Negation, gebunden ist, der schließlich die göttliche Transzendenz aufhebt, indem er Gott dialektisch aus sich und seiner Notwendigkeit konstruiert. Wie in der Tiefe der Verdammnis die Dialektik bloßen Geistes zur Rettung sich wendet, so stürzt sie auf der Höhe des Opfers ab in Mythologie, die ihren Gott unters abstrakte Schicksal zwingt: »Aber die Unkenntlichkeit des Gottmenschen ist ein allmächtig festgehaltenes Inkognito und der göttliche Ernst gerade der, daß es in dem Grade festgehalten wird, daß er selbst rein menschlich unter der Unkenntlichkeit litt.«24 Wenn Haecker gegen den Kierkegaardschen Spiritualismus sagt: »Der Mensch soll Geist werden, als der er angelegt ist, wenn möglich reiner Geist, ein fast gnostischer Irrtum Kierkegaards«25: dann setzt Gnosis von der Bestimmung des Menschen als eines bloß Geistigen sich fort in einer Theologie, die Gott in die Kategorien des reinen Geistes einordnet, als der ihm der Mensch erscheint; damit aber Gott in jene Natur auflöst, welche in Wahrheit gerade die absolute Spiritualität des Menschen ist. Mythische Dialektik verschlingt den Gott Kierkegaards wie Kronos seine Kinder.

Das mythische Opfer selbst wird bei ihm vollzogen vom Spiritualismus als der geschichtlichen Figur, welche Natur in seinem Denken annimmt. Es ist das Opfer bloßen Geistes, in den alle Wirklichkeit sich gewandelt hat. Das Modell dieses Opfers ist Paradoxie: eine Denkbewegung, vollzogen aus reinem Denken, das in ihr als Ganzheit negiert wird, um, geopfert, seinen vollkommenen Widerspruch, das »schlechthin Verschiedene« herbeizuziehen. Was bei Kierkegaard Dämonie und Verzweiflung der ›Krankheit zum Tode‹ charakterisiert: der Drang zur Tilgung des Selbst und zur Vernichtung, kehrt wieder beim »Bewußtsein auf seiner Spitze«: der absoluten Spiritualität. »Doch darf man von dem Paradox nicht gering denken; denn das Paradox ist des Denkens Leidenschaft, und der Denker ohne Paradox ist wie der Liebende ohne Leidenschaft: ein mittelmäßiger Patron. Jeder Leidenschaft höchste Potenz ist aber, daß sie ihren eigenen Untergang will; und so ist es auch des Verstandes höchste Leidenschaft, daß er den Anstoß will, obgleich der Anstoß auf die eine oder andre Weise sein Untergang werden muß. Dies ist also das höchste Paradox des Denkens, etwas zu entdecken, das es selbst nicht denken kann.«26 Der paradoxe Charakter des Opfers wird vorgezeichnet von der Bestimmung der Erbsünde, die, selber ausschließend geistigen Wesens, durchs Opfer entsühnt werden soll: »Sünde ist: daß man vor Gott verzweifelt nicht man selbst sein will, oder daß man vor Gott verzweifelt man selbst sein will. Aber ist diese Definition nicht zu geistig? mag sie auch sonst ihre Vorzüge haben, und darunter den allerwichtigsten, daß sie die einzige schriftgemäße ist; denn die Schrift bestimmt die Sünde immer als Ungehorsam. Aber ist sie nicht zu geistig? Darauf ist zunächst zu antworten: eine Definition der Sünde kann nie zu geistig sein (wenn sie nicht so geistig wird, daß sie die Sünde abschafft); denn Sünde ist eben eine Bestimmung des Geistes.«27 Wird aber die Sünde der Kreatur durch Geist definiert, dann erscheint deren Sühne ebensowohl geistgesetzt als Widerspruch zum Geiste und daher paradox: »Aber das Religiöse besteht eben darin, daß man sich unendlich um sich selbst bekümmert, und nicht um Gesichte; daß man sich unendlich um sich selbst bekümmert, und nicht um ein positives Ziel, das eigentlich negativ und endlich ist, da die einzige adäquate Form für das Unendliche das unendlich Negative ist.«28 Das Opfer des Bewußtseins wird mit dessen eigenen Kategorien vollzogen: rational. Kein Zufall, daß Kierkegaard in der Lehre vom christlichen Paradoxon gern mathematischer Gleichnisse sich bedient: »Gleich der geraden Linie, die den Kreis nur in Einem Punkt berührt, so war er in der Welt und doch außerhalb der Welt, nur einem Herrn dienend.«29 Damit ist Kierkegaards Paradoxie in Beziehung gesetzt zur mathematisch-rationalen des Punktes, der »keine Ausdehnung hat«; wie denn tatsächlich der Punkt das Modell aller Kierkegaardschen Paradoxa vom ›Tagebuch des Verführers‹ an abgibt. Die Idee des Punktes aber, anschaulich nicht rein darstellbar, weist auf die autonome ratio als ihren Ursprung. Das »spontane Zentrum« des Idealismus, die abstrakte transzendentale Einheit der Apperzeption, das Kantische »Prinzip« ist ein Punkt. Daß Kierkegaards Paradox als solcher Punkt spontaner Erzeugung zu verstehen sei, läßt sich dem Wortlaut der ›Brocken‹ entnehmen: »Der Schluß des Glaubens ist kein Schluß, sondern ein Beschluß, und deshalb ist der Zweifel ausgeschlossen.«30 Die Kategorie des Entschlusses, von Kierkegaard ausdrücklich »ethisch« genannt und damit der »Freiheit« und Autonomie zugeordnet, soll aber, paradox, der »religiöse Ausgangspunkt« sein: »Der Entschluß ist nicht des Mannes Kraft und nicht des Mannes Mut und nicht des Mannes Klugheit (das sind alles nur unmittelbare Bestimmungen, die derselben Sphäre angehören wie die unmittelbare Liebe, ihr also nicht als eine neue Unmittelbarkeit entsprechen können): er ist ein religiöser Ausgangspunkt.«31 So wird die »religiöse« Paradoxie bei Kierkegaard durch einen spontanen Akt des Bewußtseins legitimiert. Das hat zur Konsequenz, daß alle Opfer in seinem Umkreis die Form der Paradoxie annehmen. Nicht der symbolisch-gegenständliche Vollzug des Opfers entscheidet für ihn, sondern: daß bei jedem Opfer die Autonomie von Denken gebrochen wird durch Denkbestimmungen. Es liegt dawider der geläufige Einwand einer »Intellektualisierung« Kierkegaards zur Hand, der irgendwelche religiösen Urerfahrungen gemacht, diese aber in rationaler Paradoxie dargestellt habe, welche den Tribut seines Denkens an »seine Zeit« ausmache. Der Einwand reißt willkürlich Denken und Zeit auseinander, die bei ihm derart sich verschränken, daß der Ort des Archaischen die Moderne ist, während Archaik sich wesenlos verflüchtigt, sobald ihr unvermittelt nachgefragt wird. Nicht hat Kierkegaard religiöse Urerfahrungen in rationaler Paradoxie dargestellt; Ort des mythischen Opfers ist bei ihm die geschichtliche Figur von Bewußtsein: objektlose Innerlichkeit. Nicht führt das objektlose Innen seinen zeitlosen Dialog mit Gott; indem es von der Außenwelt sich lossagt kraft seines geschichtlichen Standes und in unauflöslicher Dialektik sich als Inbegriff der Schöpfung wie als Garanten von deren Sinn einsetzt, ist der vermeintliche Dialog unter Furcht und Zittern nichts anderes als das trügende Echo, das der eingeschlossenen Spiritualität aus dem Nichts antwortet. Nicht bildet das rationale Opfer ein ontisches bloß ab: der absolute Geist ist zu keinem Opfer fähig als dem seiner selbst. Die »Tiefe« Kierkegaards, will man den mißbrauchten Begriff festhalten, liegt keinesfalls darin, daß er unter der Hülle idealistischer Denkformen einen absoluten religiösen Ursinn wiederherstellte. Er hat als »Ursinn« des Idealismus selber in dessen historischem Untergang mythischen Gehalt aufgehen lassen als einen zugleich historischen. – Der Primat rationaler Paradoxie im Kierkegaardschen Opferbereich läßt sich immanent verifizieren daran, daß der Paradoxiecharakter sich nicht auf die spirituelle Christologie beschränkt, nicht zusammenfällt mit der überlieferten Paradoxie des theologischen Symbols. Wenn die dialektische Struktur seines gesamten Werkes die von Opfer ist; wenn Sprung und Negation bei ihm allemal die Preisgabe der »Sphäre« vollziehen, aus welcher sie erfolgen, dann ist den Opfern überall, gleichsam als ihr systematisches Echtheitssiegel, Paradoxie beigegeben. Nicht anders kann der erstaunliche Katalog der Paradoxa erklärt werden, der an einer Stelle der ›Unwissenschaftlichen Nachschrift‹ steht: »Der Leser wolle sich daran erinnern: Die Offenbarung ist am Geheimnis erkennbar, die Seligkeit am Leiden, die Gewißheit des Glaubens an der Ungewißheit, die Leichtigkeit an der Schwierigkeit, die Wahrheit an der Absurdität.«32 Was blasphemisch wäre vorm einmalig zündenden Symbol, das ordnet sich widerstandslos als Folge von »Anwendungen« der Form einer allgemeinen rationalen Gesetzlichkeit ein, wäre es auch eine, die den »Fällen« als Inhalt jeweils Paradoxie aufprägt und inhaltlich sie gegen die ratio wendet. Das Paradox ist Kierkegaards kategoriale Grundform; paradox nimmt er die Synthesis des Mannigfaltigen vor, und in der kategorialen Einheit und Ganzheit erhält sich eben der rationale Ursprung, den die bestimmten Paradoxien jeweils verleugnen. Solche gibt es darum gleichermaßen in allen »Sphären«. Das In eins von Zeit und Ewigkeit ist bereits »ästhetisch« konzipiert; nicht bloß in der Parodie der Verführung sondern positiv in der Kunstlehre: »Mit Don Juan tritt« Mozart »in jene Ewigkeit ein, die nicht außerhalb der Zeit liegt, sondern mitten in der Zeit, durch keinen Vorhang vor den Blicken der Menschen verborgen; jene Ewigkeit, in welche die Unsterblichen nicht ein für allemal aufgenommen sind, sondern beständig aufgenommen werden: die Mitwelt zieht an ihnen vorbei, den Blick auf sie gerichtet, und steigt ins Grab, glücklich im Anschauen ihrer Herrlichkeit; und die Nachwelt zieht an ihnen vorbei und ihr Antlitz verklärt sich im Blick auf sie.«33 Ebenso ist das »ethische« Stadium durch Paradoxie konstruiert: »Der höchste Ausdruck der unmittelbaren Liebe ist, daß der Liebende gegen die Geliebte, daß diese sich gegen jenen als ein Nichts fühlt: es widerstreitet der Liebe, sich gegeneinander als etwas zu fühlen.«34 Damit definiert sich Liebe durch bloße Negation eben jenes Selbst, an welchem nach Kierkegaards Doktrin all ihr Gehalt doch haftet. Der Paradoxie des Affekts entspricht die des sittlichen Gebotes selber: »Darin erweist sich eben, daß das Individuum zugleich das Allgemeine und das Einzelne ist. Die Pflicht ist das Allgemeine, das von mir gefordert wird; bin ich also nicht das Allgemeine, so kann ich die Pflicht auch nicht tun. Andererseits ist meine Pflicht das Einzelne, das von mir allein gefordert wird; und doch ist sie eben die Pflicht für mich und also das Allgemeine.«35 Paradox ist endlich auch die nichtchristliche »Religiosität A«; in so genauem Sinne, daß ihre Abgrenzung vom Christlichen unmöglich wird, Paradoxie also den zusammenfassenden Oberbegriff für Kierkegaards positive Theologie abgibt: »Bekam Hiob also unrecht? Ja! Für ewig; denn höher hinauf kann er nicht gehen, als vor den Richterstuhl, der ihn verurteilte. Bekam Hiob recht? Ja! Für ewig, damit, daß er vor Gott unrecht bekam.«36 Die totale Funktion von Paradoxie wird möglich durch ihre Abstraktheit: dadurch, daß sie als kategoriale Form alle spezifischen Inhalte einschließt. Diese Abstraktheit aber gründet wieder im Opfer als dem Gehalt der Paradoxie selbst und ist darum nicht durch die Mannigfaltigkeit der Inhalte zu erfüllen und zu korrigieren. Der Zusammenhang des Lebendigen, für Kierkegaard die »Wirklichkeit« des Selbst, ist im Paradox geopfert: »Wird die Religiosität direkt aus der Wirklichkeit gewonnen, so ist sie von zweifelhafter Art; da braucht man vielleicht bloß ästhetische Kategorien oder behilft sich mit etwas Lebensweisheit; bricht aber das Individuum, das durch die Wirklichkeit nicht gebrochen werden konnte, unter sich selbst zusammen, so wird das Religiöse sich rein und deutlich ausprägen.«37 Der Zusammenbruch des Individuums ist aber konkret die Vernichtung von Zeit und damit die Preisgabe des immanenten Lebenszusammenhanges selber. Durch Zeit grenzt sich bei Kierkegaard der Bereich humaner Existenz von dem der verfallenen bloßen Natur ab: »Das Historische ist aber das Vergangene (denn das Gegenwärtige im Konfinium mit dem Zukünftigen ist noch nicht historisch geworden); wie kann man nun sagen, daß die Natur, obschon unmittelbar gegenwärtig, historisch sei ...? Die Schwierigkeit kommt daher, daß die Natur zu abstrakt ist, um im strengeren Sinne in Beziehung auf die Zeit dialektisch zu sein. Dies ist die Unvollkommenheit der Natur, daß sie nicht in einem andern Sinne Geschichte hat.«38 Aber die Geschichtlichkeit Christi im Paradox bleibt bei Kierkegaard ebenso abstrakt wie er am Werden bloßer Natur es wahrnimmt, weil das Kierkegaardsche Opfer nichts ist als eines der bloßen Natur: »Hätte die gleichzeitige Generation nichts hinterlassen als die Worte: ›wir haben geglaubt, daß anno soundsoviel Gott sich in geringer Knechtsgestalt gezeigt, unter uns gelebt und gelehrt hat und darauf gestorben ist‹ / das wäre mehr als genug. Das gleichzeitige Geschlecht hat das Nötige getan; denn dieses kleine Avertissement, dies welthistorische NB reicht hin, für den Späteren Veranlassung zu werden; und der weitläufigste Bericht kann ja in alle Ewigkeit für den Späteren nicht mehr werden.«39 Es genügt die Erwägung, daß bei solcher Konstruktion der Paradoxie das Erscheinen Jesu in der Zeit beliebig vertauschbar wäre, da ja die Zeit im Paradox einzig als abstraktes, inhaltsleeres NB vorkommt, um zu zeigen, wie gründlich Kierkegaards Doktrin vom Paradox als der Einheit von Zeit und Ewigkeit sich gegen ihre eigene Grundthesis kehrt, welche besagt, »das Historische, daß Gott in menschlicher Gestalt Dasein gehabt hat, ist die Hauptsache«40. Tatsächlich fällt aus Kierkegaards Paradox jede konkrete Zeit aus, die doch gerade darin bewahrt sein sollte, und erscheint als bloße Anfechtung: »In der unmittelbaren Gleichzeitigkeit«, als der Erfahrung des zeitlich konkreten Lebens Christi, »ist eine Unruhe, die erst endet, wenn es heißt ›es ist vollbracht‹, ohne daß doch die Ruhe das Historische wieder fortscheuchen sollte; denn sonst ist alles sokratisch«41; oder die »Gleichzeitigkeit« heißt »ein intermediärer Zustand ..., der wohl seine Bedeutung hat, der nicht ausgelassen werden kann, ohne daß man ... zu dem Sokratischen zurückkehrte, der aber doch für den Gleichzeitigen keine absolute Bedeutung hat«42. Wie aber im »Punkt« durchs Opfer der Paradoxie die konkrete Zeit untergeht, so verblaßt auch das Bild von Ewigkeit selber zu äußerster Abstraktheit; natürliches Leben wird geopfert, und das Opfer, das geschieht, bleibt doch an natürliches Leben, sei's auch das spirituelle, gekettet, unfähig, bestimmte Transzendenz zu setzen: »Es ist auch nicht wahr, daß das absolute telos in den relativen konkret werde, denn die absolute Unterscheidung, welche die Resignation macht, wird das absolute telos jeden Augenblick vor allem Fraternisieren sicherstellen.«43 Indem es unvergleichlich wird, wird es aber unbestimmt; indem es alle bildliche Mythologie abbricht, sinkt es in die bilderlose purer Negation. Was als Christ Kierkegaard auszusprechen sich scheute, wird manifest an der Lehre vom Paradox in der »Religiosität A«, bei Hiob: »Es ist ein Mangel in der Anlage des Buches Hiob, daß Gott Hiob in den Wolken gegenübertritt und ihn in einer dialektischen Auseinandersetzung überwindet. Denn Gott wird eben dadurch zu dem fürchterlichen Dialektiker, der er ist, daß man ihn sozusagen ganz anders auf den Leib bekommt: da ist das leiseste Flüstern seliger und das leiseste Flüstern schrecklicher, als wenn man ihn von seinem Wolkenthron her über die Erde hindonnern hört. Deshalb kann man nicht mit ihm dialektisieren: Gott braucht ja die dialektische Kraft im Menschen gegen den Menschen selbst.«44 Wenn Kierkegaards Dialektik in solchen Sätzen über alle Mythologie sich zu erheben meint, verfällt sie ihr hier am vollkommensten. Denn wohl sind die mythischen Bilder von Transzendenz zerstört im Augenblick des »Glaubens« – in ihm aber usurpiert menschliches Bewußtsein selber die Gewalt des Unbedingten durch die Paradoxie, die es setzt. »Die Subjektivität ist die Wahrheit«: das offenbart im Paradox die grauenvollen Züge der Opfermaske. Im dämonischen Opfer des Bewußtseins bleibt der Mensch Herrscher der sündhaften Schöpfung, durchs Opfer behauptet er seine Herrschaft und seiner Dämonie erliegt der Name der Gottheit. Hier konvergiert die philosophische Kritik an Kierkegaard mit der psychologischen Frage, die die gegenwärtige Forschung vorweg zu stellen beliebt und die doch verbindlich erst in der Erkenntnis des philosophischen Gehalts selber zu beantworten ist: ob Kierkegaard gläubiger Christ gewesen sei. Für die Person die Frage aufzuwerfen ist weder legitim noch möglich; ihre bündige Bejahung sollte allein schon der Wortlaut der letzten Gespräche mit Boesen verwehren. Philosophisch ist sie angesichts des mythischen Wesens von Kierkegaards Paradoxie negativ entscheidbar. Und zwar mit Evidenz am Begriff der »Nachfolge«, der schließlich zum Garanten des theologischen Gehaltes selber wird, damit aber diesen im Paradoxen säkularisiert: »Wie die Himmelfahrt die Naturgesetze sprengt – das ist ja der Einwand des Zweifels – oder wider sie streitet, so sprengt das dringende Bedürfnis der Nachfolger die bloß menschlichen Trostgründe (wie könnten sie auch den trösten, der für Wohltun leiden muß?), drängt sie hin auf einen andern Trost, dringt auf die Himmelfahrt ihres Herrn und Meisters, und dringt so gläubig zur Himmelfahrt hindurch. So ist es immer mit einem Drang im Menschen; Speise geht aus von dem Fresser; wo der Drang ist, da schafft er sich gleichsam selbst, was er braucht. Und die Nachfolger, wahrlich, sie bedurften seiner Himmelfahrt, um ihr Leben, wie sie es führten, auszuhalten, – nun darum ist sie auch gewiß.«45 So behutsam, vielleicht selbst zweideutig das formuliert wird: indem das Opfer der nachfolgenden Person in der »Ungewißheit« des Glaubens das einzige Kriterium von Wahrheit ausmacht, wird diese einem Pragmatismus überlassen, der wohl im Punkt noch sich versteckt, aber an seinen Konsequenzen zu greifen wäre, hätte Kierkegaard jemals den »Punkt« verlassen. Kierkegaards Theologie müßte sich auflösen, wofern es zu einer käme. Immanenz greift im Opfer über sich hinaus, um in den blinden, gnadenlosen Naturzusammenhang abzustürzen, dem die Gewähr für die transzendente Himmelfahrt die immanente Nachfolge ausmacht anstatt umgekehrt. Die Theologie, die das Opfer zitiert, untersteht innerweltlichen Kategorien, wofern nicht stets und stets, okkasionalistisch, das Opfer als deus ex machina wieder eingreift und die subjektive Immanenz in die Leere abstrakter Negation untertaucht. Lukács' These, Kierkegaards »Sprung« sei allein ohnmächtige Flucht aus dem Stande purer Sinnfremdheit, ist gerechtfertigt samt seiner Deutung, die ihn zum »Nihilisten« macht; und Kritik kann dem kulturphilosophischen Raisonnement Ludwig Marcuses methodisch zwar, doch nicht im Befund widersprechen, wenn er Kierkegaard der »Romantik« zuordnet und zum Ergebnis kommt: »Das Glaubensideal, das er zeichnet, ist doch schließlich Romantiker-Phantasie, nicht Existenzbild«46 oder übers Paradox urteilt: »Dieses Romantiker-Credo quia absurdum ist nicht innere Gewißheit, trotz aller Verstandesaporien, sondern die Verstandesaporien sollen die Gewißheit geben«47 – im mythischen Opfer der Vernunft. Die als unendliche bei Hegel alle Wirklichkeit aus sich produzierte: als unendliche ist sie bei Kierkegaard die Negation jeder endlichen Erkenntnis; war mythisch dort ihre Allherrschaft, ist es hier ihre Allvernichtung. Kierkegaards stets wiederholte Versicherungen, er sei kein Glaubender, sind darum nicht als Ausdruck christlicher Demut sondern des wahren Sachverhaltes zu nehmen. Zu stereotypisch kehren gerade sie – Beschwörungsformeln wie die Worte Schrift und Paradoxon – wieder, um jemals die erneuerte Regung von Demut zu bezeugen; starr halten sie nicht von Religion den Trug, sondern vom mythischen Kreis das versöhnende Wort fern, das ihn sprengen müßte. Im Ohne Autorität verstockt sich das tiefe Wissen von der Unchristlichkeit eben der Paradoxie, die als Maß des Christlichen von Kierkegaard statuiert wird. Daher die zelotische Sorge um die »Grenze«, die zumal das Buch gegen Adler erfüllt: sie will eher priesterlich den ritualen Gebrauch des Opferkults sicherstellen, denn ein Christentum, das, wäre es gegenwärtig, noch in Depravation und Entstellung sich ungefährdet wüßte als geoffenbarte Wahrheit, während jenem Dämonen drohen, weil es selber von Dämonen ist. Das leiht einer Stelle aus ›Zur Selbstprüfung der Gegenwart anbefohlen‹ ihren mythischen Klang: »Getraut sich nun einer unter uns als der rechte Mann ethisch das hier Angedeutete zu übernehmen und zu vertreten, indem er sich dabei als Einzelner auf ein unmittelbares Gottesverhältnis beruft« – wie Adler, an den wohl gedacht ist –, »so werde ich augenblicklich – so verstehe ich mich selbst in diesem Augenblick; ich kann ja aber nicht wissen, ob mir nicht die Möglichkeit dazu im nächsten Augenblick versagt ist, im nächsten Augenblick, vielleicht ehe ich noch diese Schrift erscheinen lassen kann – so werde ich augenblicklich zu Dienst sein, um das, was ich vor Gott als meine Aufgabe verstehe, zu übernehmen. Diese meine Aufgabe wird darin bestehen, daß ich ihn, den Reformator, unverwandt Schritt für Schritt begleite, um zu sehen, ob er Schritt für Schritt in seinem angenommenen Charakter bleibt, das Außerordentliche ist.«48 Grenzwächtertum, unangreifbare Strenge, Macht der Faszination: sie verdankt Kierkegaard nicht, wie er verblendet es beansprucht, der Reinheit seines christlichen Lehrbegriffs, sondern erst dessen mythischer Umdeutung im Paradox. Gnadenlos wird hier jede Unangemessenheit des geschaffenen Wirklichen an das produzierte System geahndet. Fürs Opfer der Vernunft wird ihr als Beute zuteil, was immer in ihre Region gerät. Die geopferte waltet als Halbgott.

Ihr Walten zeichnet, in Kierkegaards Philosophie, Leidenschaft nach. Mit Schwermut, Angst, Verzweiflung rechnet Passion bei ihm zu den Affekten, die als Chiffren einstehen für die verstellte Wahrheit, selbst aber zugleich der bloßen bewegten Subjektivität angehören. Sie zielt aufs Opfer des Selbst; dessen Leidenschaft ist die der Selbstvernichtung: »Ist das Individuum in Selbstvernichtung vor Gott nach innen dialektisch bestimmt: so haben wir die Religiosität A.«49 Und sie ist subjektive Kategorie: der Naturdrang des Geistes, stets wieder von Kierkegaard geformt nach dem Modell der erotischen Neigung. Des transzendenten Gehalts von Glauben sogar meint Kierkegaard im psychologischen der Leidenschaft sich zu versichern: »Aber die höchste Leidenschaft in einem Menschen ist der Glaube«50: so befördert der Doppelsinn seines Passionsbegriffs selber Mißdeutungen, wie sie am drastischesten im Titel des Vetterschen Buches – ›Frömmigkeit als Leidenschaft‹ – sich niederschlugen. Dieser Doppelsinn ist aber ein dialektischer. Es ist der alte von Passion, wie sie, nach Benjamins Formulierung, die »Paßhöhe der Mythologie« ausmacht: Leidenschaft und opferndes Leiden. Nicht umsonst bedarf die »ethische« Leidenschaft Kierkegaards, aus der er doch »alles Inkommensurable weggeschnitten«, Natur verscheucht meint, einer so undurchsichtigen und vieldeutigen Bestimmung wie der der Sympathie: »Es ist für den Menschen wesentlich, daß er Sympathie habe; ein Entschluß, in dem die Sympathie nicht zu ihrem Recht kommt, nicht ihren adäquaten Ausdruck findet, gibt keine Idealität größten Stils.«51 Die Vieldeutigkeit von Sympathie ist die mythische. Sie wird, in Kierkegaards »ethischer« Sphäre, durch Passion ausgedrückt, die noch als Leidenschaft des Intellekts ihren naturhaften Triebcharakter bewahrt. Dieser vermag sich bewegt zu artikulieren. Seine Dialektik nun erscheint bei Kierkegaard gebunden an die Totalität von »Existenz«, die sie als ganze entsühnt durch Vernichtung. Ihr Anspruch auf Ganzheit haftet aber am Herrschaftsanspruch des absoluten Geistes. Verschwindet dieser, dann ist der Leidenschaft andere dialektische Gestalt gegeben als die von Sühne und Vernichtung im Ganzen. Dann darf sie in ihren Regungen, nach dem Rhythmus, in welchem sie als einzelne begegnen, und ohne dem starren Oberbegriff zu gehorchen, sich erfüllen, und die Schritte der Erfüllung verwandeln ihr sich in solche der Versöhnung. Es ist Kierkegaards zweiter Entwurf von Dialektik, der des Mythischen selber, der im Innersten seiner Philosophie wieder erwacht und gegen eine Opfermythologie sich wendet, die ihn »abschneiden«, doch nicht in ihre Paradoxien aufnehmen konnte. Kennt Leidenschaft als allvermögende, unendliche, unersättliche Naturmacht bloß ihren eigenen Untergang – wo immer sie im Endlichen sich stillt, verliert Verzweiflung, zuvor deren dämonische Totalität, ihre Macht über Leidenschaft und die dialektische Krankheit zum Tode wird versetzt in die Kraft zu versöhnt-geschichtlichem Leben. Es ist nicht, wie Kierkegaards Doktrin von totaler Sünde und totalem Sühnopfer annimmt, eine »oberflächliche Betrachtung«, die »die Lehre von der Versöhnung den qualitativen Unterschied zwischen Heidentum und Christentum«52 bilden läßt. Versöhnung ist die unmerkliche Geste, in der die schuldhafte Natur als geschaffene geschichtlich sich erneut; unversöhnt bleibt sie verfallen noch in ihrer größten, der des Opfers. Von bloßer Naturreligion unterscheidet sich Christentum im Namen der Versöhnung und nicht im namenlosen Vollzug des Paradoxons. Was Kierkegaard, mythisch, am Christentum versäumt, dessen wird er, christlicher in Wahrheit, am Mythos selber gewahr, der nordischen ›Sage von Agnete und dem Wassernixen‹, die er in ›Furcht und Zittern‹ erzählt, abwandelt und kommentiert. Denn hier ist der dialektische Übergang von Leidenschaft in Versöhnung wenn schon nicht als erfüllt so doch als opferlos verstanden: »Der Nix ist ein Verführer, der plötzlich emportaucht aus der verborgenen Tiefe des Abgrundes, in wilder Lust die unschuldige Blume ergreift und bricht, welche in all ihrer Lieblichkeit am Ufer stand und gedankenvoll ihr Haupt wiegte nach dem Brausen der Wogen. – Das ist bisher die Meinung der Dichter gewesen. Wir wollen eine Veränderung vornehmen. Der Nix war ein Verführer. Er hat Agnete gerufen, er hat durch seine glatte Rede das in ihr Schlummernde geweckt; sie hat in dem Nixen gefunden, was sie suchte, wonach sie unverwandt hinunterschaute auf den Meeresgrund. Agnete will ihm folgen. Der Nix hat sie auf seinen Arm genommen, Agnete schmiegt sich an ihn und schlingt ihre Arme um seinen Hals; sie gibt sich zuversichtlich von ganzer Seele dem Stärkeren hin; er steht schon am Ufer, er beugt sich hinaus über das Meer, um sich mit seiner Beute hinabzustürzen / da sieht Agnete ihn noch einmal an, nicht furchtsam, nicht zweifelnd, nicht stolz auf ihr Glück, nicht in Lust berauscht, sondern absolut glaubend, absolut demütig, wie die geringe Blume, welche sie selbst zu sein glaubt, absolut zuversichtlich vertraut sie ihm mit diesem Blick ihr ganzes Schicksal an. / Und sieh! Das Meer braust nicht mehr, sein wildes Tosen verstummt, die Leidenschaft der Natur, in der die Stärke des Nixen liegt, läßt ihn im Stiche, es wird eine tiefe Stille / und noch blickt ihn Agnete an.«53 Die »Veränderung«, die Kierkegaard vornimmt, ist so klein und so vollkommen wie jemals nur eine den Sagenstoffen von den attischen Tragikern widerfuhr: der rätselvolle Schritt, der aus bloßer Natur führt, indem er doch in ihrem Leben verbleibt; die versöhnende Ablösung des Opfers. Dieses verschwindet, und an seiner Statt hält für ein Geringes Dialektik den Atem an; in ihren Fortgang legt sich die Zäsur, wie der Gedankenstrich vor »Und sieh!« im graphischen Bilde sie wiedergibt. Freilich vorm Blick des existentiellen Kierkegaard gleitet Versöhnung hier bloß vorüber wie ein leuchtender Meteor, der die Erde nicht erreicht: als Entsagung dann bricht Opfer abermals in die flüchtig versöhnte Landschaft ein: »Da sinkt der Nix zusammen, er kann der Macht der Unschuld nicht widerstehen, sein Element wird ihm untreu, er kann Agnete nicht verführen. Er führt sie wieder heim / er erklärt ihr, daß er ihr nur habe zeigen wollen, wie schön das Meer sei, wenn seine Fläche still und ruhig daliege, und Agnete glaubt ihm. / Dann kehrt er einsam zurück, und das Meer tobt wild, aber in der Brust des Nixen tobt noch wilder der Sturm der Verzweiflung. Er kann Agnete verführen, er kann hundert Agneten verführen, er kann ein jedes Mädchen betören / aber Agnete hat gesiegt, und der Nix hat sie verloren. Nur als Beute kann sie die Seine werden; in Treue kann er keinem Mädchen angehören, denn er ist ja nur ein Nix.«54 Er bleibt es, indem er entsagt: das Opfer wirft ihn ins mythische Element zurück, in die »Leidenschaft der Natur«, die ihm, für den Augenblick der Versöhnung, »im Stich ließ«, von ihm genommen ward mit der erfüllenden Geste des Mädchens, die der Natur Treue hielt bis zum Ende. Im Opfer der Entsagung aber wird der Nix »dämonisch«: er schweigt. An bloße Natur heftet ihn sein Schweigen. So hat Kierkegaard selbst es erkannt: »Wir wollen nun dem Nixen ein menschliches Bewußtsein geben und die Tatsache, daß er ein Nix ist, eine menschliche Präexistenz bezeichnen lassen, in deren Konsequenzen sein Leben verwickelt war. Nichts hindert, daß er zu einem Helden wird; denn der Schritt, den er jetzt tut, ist versöhnend. Er ist befreit durch Agnete, der Verführer ist vernichtet, er hat sich gebeugt unter der Macht der Unschuld, er kann nie mehr verführen. Aber in demselben Augenblick streiten zwei Mächte um ihn: die Reue, und Agnete und die Reue. Bekommt ihn die Reue allein in ihre Gewalt, so ist er verborgen, gewinnt ihn dagegen Agnete und die Reue, so ist er offenbar.«55 Kaum anderswo wird Kierkegaards Idealismus der objektlosen Innerlichkeit als mythisch deutlicher denn hier, wo er selber ihm das Bild von Versöhnung vorhält. Objektlose Innerlichkeit muß schweigend beharren gleich dem trotzigen Naturdämon. Organon aber der Versöhnung ist einzig das Wort. »Indessen ist unzweifelhaft, daß« der Nix »reden kann«56; dies Reden, als das »Offenbare«, zöge ihn aus Mythologie, in welche sein Schweigen ihn bannt: das archaische seiner unmittelbaren Naturexistenz sowohl wie das dialektische einer »Reue«, die in sich verbleibt und opfernd sich vernichtet, ohne das versöhnende Wort zu finden. Der »Nix« ist wahrhaft die »Präexistenz« der Kierkegaardschen Innerlichkeit: im Schweigen enthüllt deren dialektisches Opfer sich als archaisch. Das bestätigt seinen Idealismus als geschichtliche Figur des Mythischen. Wo aber Natur, entsagungslos, als begehrende Triebmacht und als redendes Bewußtsein aushält, vermag sie zu bestehen, während sie opfernd sich selber erliegt – Natur, die wahrhaft nicht mit der Forke ausgetrieben werden kann und wiederkehrt so lange, bis der Genius mit ihr sich versöhnt.

 
Gesammelte Werke
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