Zu den Georgeliedern

 

Die Veröffentlichung von Schönbergs Georgeliedern unter einem literarischen Impressum* rechtfertigt sich darum, weil die Lieder zu den in Deutschland seltenen Ausnahmen zählen, wo große Musik an Dichtungen von Rang sich inspirierte. Analog dem Verhältnis der Übersetzung zum Original hängt die Bedeutung von Liedern ab auch von der der Texte. Denn es ist ihre Paradoxie, daß sie ihr eigenes Formgesetz nicht finden durch Beziehung auf musikalische Formkategorien, die ihnen vorgegeben wären, sondern durch Entäußerung, Versenkung in ein ganz Anderes; sie geraten kompositorisch um so reicher und verbindlicher, je weniger sie auf dem beharren, was sie bereits besitzen. Darum wohl hat die neue Musik in ihren formativen Jahren, als sie vom herkömmlichen Idiom sich befreite, vokale Gebilde so sehr bevorzugt; nicht, wie die wohlfeile Ansicht es möchte, weil sie am Zusammenhang der Worte einen Ersatz gefunden hätte für mangelnden eigenen, sondern weil ihr eigener ihr dort zuwuchs, wo sie ins andere Medium einging. Dieser Akt von Auflösung war eins mit der Kritik der kompositorischen Mittel, die sie bewußtlos vollzog, der durch den Ausdruck. Unter seinem Gebot entfaltet die Musik sich autonom, blindlings gleichsam und um so treuer dem Wort, je weiter sie von seinem Sinn sich entfernt, so wie Schönberg in seinem Aufsatz über das Verhältnis zum Text es beschrieb.

Der nachhaltige Anspruch, mit dem sein opus 15 dem Buch der Hängenden Gärten sich zukehrt, bedingt die zyklische Gestalt: das Ganze einer Dichtung ist als Vorwurf gewählt, nicht Versprengtes zum Anlaß von Musizieren genommen. Das Werk gehört in eine Tradition, die mit Beethovens An die ferne Geliebte anhebt und über die Schöne Müllerin und Die Winterreise Schuberts, die Dichterliebe und den Eichendorff-Liederkreis von Schumann, über das reife oeuvre von Hugo Wolf und die drei Verlainehefte von Debussy bis zu Mahler reicht. Die relevanten Komponisten haben, seitdem sie das neue Kunstlied konzipierten, gegen dessen Gefahr: das Abgleiten ins Bequeme, gutbürgerlich Genrehafte, durch übergreifende Konstruktion sich geschützt. Darin aber erschöpft sich nicht die Beziehung der Georgelieder zur Tradition. Tief ist die Ähnlichkeit des Gegenstandes mit dem der beiden großen Schubertschen Zyklen. Wie wenig George mit der mittleren, wiewohl im Bilde oftmals erstaunlich sicheren Poesie Wilhelm Müllers verglichen werden darf; wie peripher Dichtwerken ihre Stoffschichten sein mögen: für Liedkompositionen, welche die Gestalt ihrer Gedichte produktiv vernichten, werden Stoffbeziehungen überaus wesentlich. In den Texten ist das Schicksal einer Liebe eher dargestellt als ihre Geschichte: einspruchslos verbleibt sie unter einem Bann. Nicht zufällig steht am Ende des Buches das – von Schönberg nicht komponierte – Gedicht »Stimmen im Strom«, das den ohne Hoffnung Liebenden sterbend in Natur zurückruft. Die Gewalt des Wortes bringt die Idee von Des Baches Wiegenlied heim; die Identität des Stoffes verweist aufs Geheimnis von liedhafter Musik selber: Trost über das Unausweichliche des Naturzusammenhangs. Dort muß Musik rettend am nächsten sein, wo das Lebendige zum Kreise unerbittlich sich zu schließen scheint. Das stiftet die Ähnlichkeit zwischen den großen Liedwerken der Musik. Freilich ist, was bei Müller noch an Handlung übrig war, das romantische Convenu einer unglücklichen Liebe, bei George ganz ins Inwendige hineingerissen. Empirische Begründungszusammenhänge sind verschwiegen. Der Verlauf wird unbefragt unterstellt, das Schicksalhafte damit um so drastischer hervorgehoben; und so grundlos zerfällt Liebe. An der Konzeption Georges, welche Schicksal und, nach seinem Wort über Verlaine, peinigende Innerlichkeit als Eines ergreift, entzündet sich die Komposition: die erstickende Luft von Georges babylonischem paradis artificiel ist der Brennstoff ihrer Moderne. So fremd wie seine literarische Interieurlandschaft sind die musikalischen Mittel gewählt; das Gepreßte, rauschhaft Schmerzliche des Innenraums, der seine Welt verloren hat, kehrt wieder in dem berückenden und angespannten Ton der Lieder.

Denn so tief die Voraussetzungen des Werkes in die Tradition eingesenkt sind, so sehr ist es eines der Avantgarde; an solcher Verschränkung hat es seinen unvergänglichen Augenblick. Zur Wiener Uraufführung im »Verein für Kunst und Kultur«, im Januar 1910, schrieb Schönberg: »Mit den Liedern nach George ist es mir zum ersten Mal gelungen, einem Ausdrucks- und Form-Ideal nahezukommen, das mir seit Jahren vorschwebt. Es zu verwirklichen, gebrach es mir bis dahin an Kraft und Sicherheit. Nun ich aber diese Bahn endgültig betreten habe, bin ich mir bewußt, alle Schranken einer vergangenen Ästhetik durchbrochen zu haben; und wenn ich auch einem mir als sicher erscheinenden Ziele zustrebe, so fühle ich dennoch schon jetzt den Widerstand, den ich zu überwinden haben werde; fühle den Hitzegrad der Auflehnung, den selbst die geringsten Temperamente aufbringen werden, und ahne, daß selbst solche, die mir bisher geglaubt haben, die Notwendigkeit dieser Entwicklung nicht werden einsehen wollen.« In der Tat handelt es sich um das erste Werk in freier Atonalität unterm Primat dessen, was zuvor Dissonanz hieß. Die der Opuszahl nach früheren Klavierstücke op. 11 entstanden später; manche der Georgelieder liegen noch vor dem Zweiten, in seinen drei ersten Sätzen tonalen Quartett, mit dem sie vieles teilen.

Heute artikuliert sich die eigentlich revolutionäre Produktion Schönbergs, bis zum op. 22, viel genauer als noch vor zwanzig Jahren. Sprengen die Georgelieder die Tonalität, so sind sie doch allerorten von deren Bruchstücken durchsetzt. Dies Verhältnis aber ist keines von unreinem Stil sondern das Spannungsfeld, in dem die Komposition selbst lebt. Ihre neuen Klänge leisten die bestimmte Negation der alten; diese aber, etwa die kahlen, unvermittelten Dreiklänge und Quartsextakkorde im Schlußstück, sprechen in ihrem letzten Augenblick noch einmal selber. Die Spannung teilt auch dem Klaviersatz sich mit. Er ist, gegenüber den ersten Klavierstücken, noch einigermaßen geschlossen; so selbständig sich das Melos der Singstimme macht, die ›Begleitung‹ des deutschen Liedes überdauert unverkennbar. Innerhalb dieses noch vielfach ungebrochenen Klangspiegels jedoch wird völlig umgedacht; es werden, wie Webern schon 1912 bemerkte, dem Klavier »nie zuvor gehörte Klangwirkungen abgewonnen«. So in der einstimmigen Einleitung zum ersten Lied. Sie hat nichts zu tun mit der späteren klassizistischen Rückbildung des Klaviers aus einem Griff – zu einem altertümlichen Stimmeninstrument, sondern der Monolog ist selbst spezifisch aus der Klavierfarbe heraus empfunden. Er ist, durch die Wahl der Lagen und Intervalle, durchs Schwanken zwischen Melodie und latenter Harmonik, pianistisch und das wird mit dem Hinzutreten der tiefen Oktaven sogleich bestätigt. Oder das Gewebe über dem tiefen Triller des Mittelteils im zweiten Lied; das gedämpfte Forte des achten, ein abgeblendeter und doch wilder, vom Orchester ins Klavier zurückgebrachter Klang; oder die Polarisierung des Klaviersatzes in disparate, extreme Lagen im elften, seine Reduktion auf die Andeutung des Wesentlichsten. Dabei sind überall die Innovationen des Satzes aus dem musikalischen Vorgang selber geschöpft, nirgends koloristischer Selbstzweck.

Die Form des Ganzen ist – ähnlich wie die des Schumannschen Liederkreises – zweiteilig, nach dem Maß von Georges Zyklus. Die Zäsur wäre nach dem achten Lied zu denken und durch die Aufführung zu markieren. Zwischen ihm und dem folgenden läge die Erfüllung; im zweiten Teil fällt die Kurve bis zur Trennung. Das achte Lied ist das einzige wirklich rasche des Zyklus und endet mit einem Ausbruch, den erst der Schluß überbietet. Zeichnet der erste Teil drastisch die Steigerung der Leidenschaft bis zum nackten Begehren nach, so intensiviert sich der zweite nach innen, weg von der Erscheinung. Das elfte Lied, stellvertretend für ein großes Adagio, erreicht den tiefsten Punkt des Gefühls. Schönbergs Forminstinkt antezipiert darin, nach den Worten »Und daß unsere augen rannen« das Hauptmotiv des letzten Stücks – der einzige offen thematische Zusammenhang zwischen den Liedern. Sonst fügen sie sich zusammen nach dem Prinzip des Kontrasts, jedes ein eigener, von jedem andern aufs bestimmteste mit allen kompositorischen Mitteln abgehobener Charakter. Solcher Prägnanz der Charakterisierung bedurfte es, als zum ersten Mal die herkömmlichen architektonischen Mittel außer Kurs gesetzt waren; sie kehrt im Pierrot lunaire wieder. Der Vergleich mit Hugo Wolf drängt sich auf. Aber Schönbergs Verfahren ist umfassender und subtiler zugleich. Die Technik eines durchlaufenden, bindenden Hauptmotivs in der Begleitung wird verschmäht, wie die der Sequenzen: die Charakteristik wird aus dem Essentiellen, der Gesangsmelodie, herausgeholt. Durchweg setzen die Lieder mit einem plastischen, unverwechselbaren Gesangsmotiv ein; nur im letzten ist die thematische Arbeit, über zwei Hauptmotive, ins Begleitsystem verlegt. Bei aller Einheit der meist kurzen Lieder jedoch, deren Zusammenhang erst die Form konstituiert, sind sie jeweils in sich dynamisch entwickelt. Entweder werden, wie im ersten, kleinste Motivansätze der Begleitung – der Rhythmus von punktiertem Achtel und Sechzehntel nach »blättergründen« – zu durchführungsähnlichen Partien ausgebreitet, oder es werden selbständige Mittelteile gebildet; zuweilen beherrscht eine durchlaufende Entwicklung ein Lied als ganzes. Die meisten sind dreiteilig; doch gibt es nie primitive Wiederholungen des Teils a, sondern stets wird eingreifend variiert, manchmal der Beginn nur angedeutet; stets zieht die Wiederholung die Konsequenz aus dem vorher Geschehenen. Demgegenüber tritt die Oberflächenarchitektur zurück. Ausführlicher ist allein das letzte Lied, mit einer langen Instrumentaleinleitung und deren höchst expansiver Variation am Schluß, komplex entwickelt wie ein großer Instrumentalsatz, vom Gewicht eines Finales. Im Nachspiel zerstört es die Intimität und weitet symphonisch sich aus wie einst die jubelnde Coda der Fernen Gebliebten, nur jetzt mit dem Ausdruck ungemilderter Trauer.

Zu den Einzelcharakteren soviel: das zweite Lied ist, gegenüber dem offenen und vielfach rezitativisch aufgelösten ersten, dicht geschlossen; das dritte, von allen das polyphonste, aus einem Grundmotiv, mit Imitationen und Engführungen herausgesponnen; besonders schön geschwungen die melodische Kurve zu den Worten: »Der jungen hände faltung sieh mit huld.« Im vierten ist keine Taktart vorgezeichnet, es ist metrisch unregelmäßig, ausnahmsweise stützt das Klavier die Singstimme. Das fünfte ist akkordisch homophon, einfach gerundet inmitten seiner dissonierenden Klänge; wie weniges verführt es zur neuen Musik. Das sechste, wechselnd zwischen schweren Griffen und hauchdünnem Stimmengeflecht, zeigt zum ersten Mal, am Ende der Begleitung, einen Zug, der später bei Schönberg ins Zentrum rückte: die Auseinanderlegung von Harmonien in melodische Figuren. Das siebente, ein auskomponiertes Ritardando, gönnt sich, beklemmt, keine volle Begleitung, sondern kommt mit der rechten Hand allein aus, überträgt die Idee einer Komposition für Solovioline aufs Klavier. Dann die Peripetie im achten Lied. Unvergleichlich trifft das neunte das Atem Schöpfen nach der Zäsur. Das zehnte Lied, zu der berühmten Beschreibung des schönen Beetes, verbindet den Zyklus mit dem früheren Schönberg, etwa dem Ghasel aus op. 6, beginnend und endend in der erweiterten Tonalität jener Periode, in der Mitte aber doch fast aphoristisch; zwingend vereint es Schichten Schönbergs, die unvereinbar dünken. Das Adagio des elften Liedes mahnt, rezitativisch offen, ans erste, überbietet es jedoch durch die extreme Intensität des Pianissimos; sein Anfang weist schon auf den der Orchesterstücke op. 16, das Hauptmotiv der Singstimme dafür greift zurück auf das Kopfthema des fis-moll-Quartetts. Im zwölften Lied konzentriert die glutheiße Melodie zu den Worten »So denke nicht der ungestalten schatten« den ganzen Schönberg in sich. Wiederum extrem leise, ahmt das dreizehnte die Idee von »des fächers starren spitzen« im Spiel der Terzen und Triolen nach. Das vierzehnte wurde seinerzeit von Karl Kraus in der Fackel abgedruckt. Es ist von allen das kühnste und avancierteste, vollends ohne herkömmliche Architektur, ganz verkürzt, im Satz immaterialisiert. Seine Tragweite für die Folge läßt sich nicht überschätzen: von ihm stammt der gesamte Webern her. Von besonderer Genialität der flüchtige Klavierschock auf das Wort »gewittern«. Zu dem unendlich zarten, jeglicher auswendigen Bindung entrückten Gebilde, einem des ungeschmälerten Expressionismus, gibt das ausladende und drastische Finale den äußersten Gegensatz ab.

Die Interpretation der Lieder hat vor allem die Kontraste herauszuarbeiten: die Vermittlungen gelingen von selbst. In jedem einzelnen der insgesamt durch deutliche Pausen voneinander abzusetzenden Lieder sind die wechselnden Charaktere prägnant zu unterscheiden. Die bloße Dynamik genügt nicht, sondern die Singstimme muß die Gestalten auch in der Klangfarbe differenzieren, eine Aufgabe, die von der vokalen Darstellungskunst bis heute kaum recht angefaßt wurde. Besonderer Aufmerksamkeit bedarf die sorgfältige, unmißverständliche Intonation. Oft umkreisen die Melodien chromatisch einen zentralen Ton; überall dort sind gerade die kleinen Intervalle so distinkt wie möglich zu geben. Nicht nur müssen einfach die richtigen Noten gesungen, es muß jeder Ton in seiner Relation zum andern zweifelsfrei und eindeutig werden. Mittel dazu sind, möglicherweise, zunächst selbst Übertreibungen der Intervalle – also kleine Sekunden besonders klein, große besonders groß – vor allem aber auch, daß der genaue Ton, einmal getroffen, ohne jede Unsicherheit und Schwankung festgehalten wird. Das Klavier, das kompakte Griffe außer an zwei oder drei Wendestellen vermeidet, muß eben darum sich hüten, im Hintergrund sich zu bescheiden, sondern seinen Part noch im äußersten Pianissimo wie eine instrumentale Hauptstimme ausspielen; größte farbliche Phantasie inmitten des knappen Klangraums ist verlangt.

Mit der Gewalt des Zum ersten Mal formulieren die Georgelieder Möglichkeiten und Tendenzen aller authentischen Musik, die danach komponiert wurde; keine aber geriet authentischer.

 

1959

 

 
Fußnoten

* Vgl. Arnold Schönberg, Fünfzehn Gedichte aus »Das Buch der Hängenden Gärten« von Stefan George für Gesang und Klavier. Mit einem Nachwort von Theodor W. Adorno, Wiesbaden 1959 (Insel-Verlag).

 

Arnold Schönberg: Fünfzehn Gedichte aus

»Das Buch der Hängenden Gärten« von Stefan George, op. 15

Anton Webern:

Fünf Lieder nach Gedichten von Stefan George, op. 4

 

Die Platte* enthält die Wiedergabe zweier Liedhefte, des op. 15 von Arnold Schönberg und des op. 4 von Anton Webern. Sie verbindet ebenso die Einheit der Schule wie der gemeinsame Autor der vertonten Dichtungen, Stefan George. Auch der Zeit nach fallen sie etwa in dieselbe Periode, um 1908. Die genaue Chronologie war nicht festzustellen. Außer den auf der Platte festgehaltenen Werken sind die beiden Schlußsätze von Schönbergs fis-moll-Quartett nach Gedichten aus dem Siebenten Ring geschrieben, ein Orchesterlied aus op. 22 nach einer Georgeschen Übertragung eines Gedichts von Ernest Dowson. Webern hat als op. 3 den berühmten Zyklus von Liedern aus dem Siebenten Ring, freilich unter Verzicht auf das letzte, vertont; Alban Berg legte der deutschen Version der Weinarie Georges Baudelaireübersetzung zugrunde.

Die Beziehung der zweiten Wiener Schule zu George ist keineswegs selbstverständlich. George war insgesamt der Musik nicht hold und nährte, soweit er sie passieren ließ, archaistische Vorstellungen, welche ihm exponiert moderne Kompositionen seiner Verse suspekt machen mußten. Darüber hinaus sind dem Stil nach seine literarische Schule und die musikalische Schönbergs kaum vereinbar. Jene stellt heute als Exponent des Jugendstils sich dar. Von dessen musikalischen Äquivalenten stieß Schönberg, obwohl seine frühen Kompositionen viel Jugendstilhaftes haben, schroff ab. Daß Musik »nicht schmücken, sondern wahr sein« solle; die Absage ans harmonistische Schönheitsideal, kurz, was immer Schönberg mit Karl Kraus und Adolf Loos verband, ist zugespitzt wider die Sphäre des Jugendstilornaments, der George, allein schon durch den Buchschmuck von Melchior Lechter, bis zuletzt die Treue hielt. Freilich spielt die Wiener Nuance des Jugendstils, die als Sezessionismus bekannt wurde, in den frühen Expressionismus hinüber; auch Schönbergs eigene Bilder.

Er hat, mit Grund, Zeit seines Lebens gegen die Vormacht des Stilbegriffs revoltiert. In der Textwahl fühlte er an Stile nicht sich gebunden; noch in der Zeit seiner höchsten Reife wählte er Vorwürfe, die historisch hinter seinem eigenen Stand zurücklagen. In der Haltung von Musik selber zu ihren Texten mag ein Moment der Gleichzeitigkeit widersprechen; das der Rettung eines Gehalts, der erst hervortritt, wenn die vertonten Verse zu veralten beginnen. In solchen Divergenzen ist etwas von der Ungleichzeitigkeit der künstlerischen Entwicklung in ihren verschiedenen Medien zu vermuten; Schönberg war in seinem literarischen und malerischen Geschmack nicht so avanciert wie in seinem eigensten Bereich. Etwas in diesem jedoch ist George verwandt. Schönbergs Lyrik, expressionistischen Wesens, geht nach innen, kraft eines Ausdrucksbedürfnisses, das um so dringlicher wird, je weiter das leidende Subjekt vom verhärteten Einverständnis und von der überlieferten Formensprache der Musik sich entfernt. Aber der ausgedrückte Inhalt stammt doch nicht aus dem bloßen Subjekt. In seiner Selbstversenkung kehrt, versetzt, umbelichtet, die auswendige Welt wieder, als wäre sie nun dem Subjekt kein Fremdes mehr. Das teilt der musikalische Expressionismus mit der symbolistischen Richtung der literarischen Neuromantik. Auch ihr wollten die Realien, die sie einläßt, nicht Symbole für ein damit Gemeintes sein sondern mit der Ausdrucksregung verschmelzen. Damit berührt sich die Schönbergschule als Bilderwelt des Inwendigen. Durch ihre Entfaltung und Objektivation bei sich selber nimmt ihre Musik eine Art zweiter Gegenständlichkeit an, die sie zu solcher unsichtbaren Bildlichkeit umschafft. Darauf wohl bezog sich ihr Glaube, Musik sage ein nicht anders als durch Musik Sagbares. Programmatisch das von Schönberg komponierte Gedicht »Herzgewächse« von Maeterlinck: der Drang selber, die Sehnsucht findet nach außen, indem sie als ein vegetabilisch treibendes Geflecht erscheint. Daß aber Schönbergs Wahl gerade auf George fiel – immerhin vertonte er auch Rilkegedichte, freilich keines von Hofmannsthal –, dürfte sich durch die formale Beziehung zu einem gewissen Radikalismus Georges erklären, zur Rücksichtslosigkeit des Mallarméschülers, der der Kommunikation, dem mittleren Einverständnis sich verweigerte. Die Georgesche Sprödigkeit, wie traditionell auch immer dem Gehalt nach, hat etwas von der avantgardistischen Schönbergs.

Mit der Komposition der fünfzehn Gedichte aus dem Buch der Hängenden Gärten und den Drei Klavierstücken op. 11 brach Schönberg durch zur neuen Musik, realisierte mit jener Rücksichtslosigkeit das ihm Vorschwebende. Als Produkt des Umschlags sind sie zugleich noch von traditionellen Momenten durchwachsen. Nicht nur treten Akkorde aus dem tonalen Idiom versprengt auf; Form und Diktion selber sind zuweilen retrospektiv: die Vertonung des Gedichts vom schönen Beet etwa ist Reminiszenz an ein frühes, tonales Schönberglied, das Ghasel nach einem Kellergedicht. Weit jedoch überwiegt das Neue: in Melodiebildung, Harmonik, dem ganz fremden Klaviersatz, dem Klang. Ähnlich doppeldeutig auch der literarische Vorwurf. Er deutet noch eine Geschichte an, die einer Liebe. Unter einem Bann, den die Sprachgestalt selbst vollzieht, wird sie zum Augenblick der Erfüllung geleitet und zum grundlosen Ende. Insofern gehört der Zyklus in die größte Überlieferung ausgreifender Liederformen, die der Müllerin und der Winterreise. Das blind Schicksalhafte eines Vollzugs, der mit der Freiheit der Liebenden eigentlich ihr Zueinander auslöscht, ähnelt das Ganze buchstäblich einer Pflanzenwelt an, wie sie als weltferner Schauplatz der Gedichte entworfen wird. Für den Zyklus gilt, was George später in der Vorrede zum Jahr der Seele formulierte: Ich und Du seien eines, und damit allerdings bereits unwirklich, Reflexe des Inwendigen. – Der Zyklus hat seine Klimax im achten Lied. Die Kurve sinkt aber dann nicht einfach bis zum Ende. Während die Musik immer tiefer nach innen sich neigt, steigert sich ihre Intensität: in dem über alle Worte eindringlichen Adagio »Als wir hinter dem beblümten tore«, dem völlig reduzierten »Sprich nicht immer / Von dem laub« – dem Modell fürs gesamte oeuvre Weberns – und dem quasi-symphonischen Finale »Wir bevölkerten die abenddüstern / Lauben«, von dem wohl zu sagen wäre, daß es den nicht minder symphonischen Schlußgesang aus Beethovens Ferner Geliebten so zurücknimmt wie Adrian Leverkühn die Neunte Symphonie. An Kraft des Ausdrucks, an Verbindlichkeit der musikalischen Formulierung, auch an Plastik des melodisch Einzelnen ist der Zyklus Schönbergs in der gesamten Geschichte der neuen Musik nie übertroffen worden.

Weberns Lieder op. 4 sind kein Zyklus. Gedichte aus verschiedenen Georgebänden werden gereiht. Die Meisterschaft des Webernschen Werkes setzt die Schönbergische voraus und treibt sie weiter durch ein Äußerstes an Sublimierung, auch durch konsequentere Abwehr tonaler Anklänge. Das motivische Geäder ist von mikrologischer Feinheit. Dabei sind die Lieder eigentümlich statisch, gleichwie auf der Stelle komponiert, als versagte solche Musik abgründiger Versenkung sich den eigenen Fortgang. Die Technik macht vielfach sich im Einzelnen fest, in chromatisch um sich selbst kreisenden motivischen und harmonischen Gestalten. Das Eingangslied mahnt am ehesten an den Schönbergischen Zyklus; seine Anfangstakte allein genügten, das Gerede von der Einfallslosigkeit der neuen Musik zu entkräften. Der vierte Gesang ist das erste Beispiel der Rückkunft des fremd gewordenen Volksliedes bei Webern, der zweiten Einfachheit. Der letzte hat es mit dem größten und rätselhaftesten Gedicht aufgenommen, das von George existiert: »Ihr tratet zu dem herde«.

Die Möglichkeit, die beiden Opera unmittelbar hintereinander auf einer Platte zu hören, mag einer fruchtbaren Erfahrung zugute kommen. In der traditionellen Musik vermochten, innerhalb der vorgeordneten Tonsprache, bestimmte Differenzen des Komponierten sich in den feinsten Nuancen zu offenbaren; so im Verhältnis von Haydn und Mozart. Mit der fortschreitenden Individuation der Tonsprache haben sich die Unterschiede zwischen den einzelnen Komponisten vergröbert. Erst die Schönbergschule, die jene Individuation ins Extrem trieb, hat, umschlagend, dadurch wieder etwas wie ein Gemeinsames in Material und Verfahrungsweise, rein aus der Sache heraus, hervorgebracht, das solche Differenzierung anstatt kruder Stilgegensätze erlaubt. Gerade weil die zwei Liederhefte mit den Mitteln der ›freien Atonalität‹ arbeiten, so nahe beieinander sind, gestatten sie im unmerklichen Kontrast den ums Ganze. Auf ihn sollten die Hörenden inmitten der Einheit des sogenannten Stils vor allem anderen merken.

 

1963

 

 
Fußnoten

* Vgl. BM 30 SL 1523; der Text ist die Einleitung zu der Schallplatte mit Carla Henius und Aribert Reimann.

 

Schönbergs Klavierwerk

 

Paul Bekker hat bemerkt, das Klavier sei Beethovens Pionierinstrument gewesen. Auf ihm erprobte er erstmals kompositorische Verfahrungsweisen und Charaktere, die er dann auf Kammermusik und Orchester übertrug. Die Beobachtung dürfte einen umfassenden Sachverhalt treffen. Die gesamte Geschichte der neueren Musik hindurch war das Klavier, wohl wegen des physischen Kontakts, der unmittelbaren Kontrollierbarkeit des für Klavier Gedachten den Komponisten am nächsten. Dort folgten sie ungehemmt von umständlichen, nicht sogleich erreichbaren Apparaturen ihrer Phantasie und sagten das noch nicht Gesagte gleichsam sich selbst vor. So mag, nach Forkels Zeugnis, schon Bach zum Klavichord sich verhalten haben. So verhielt fraglos sich Chopin, der junge Schumann, der Brahms der Klaviersonaten; und in diese Tradition fällt auch Schönberg. Jede der fünf Folgen von Stücken für Klavier also, die er schrieb, definiert nicht bloß ein Stadium seiner Entwicklung sondern einen Kompositionstypus der neuen Musik, der jeweils daran sich anschloß. Sie erlauben es besser als alles andere dem Hörer, in ihrem Zum ersten Mal die Notwendigkeit jener Typen mitzuvollziehen. Darum ebenso, wie weil jeder Musikalische ohne gar zu viel Mühe sie auf dem Klavier wenigstens sich zurechtlegen kann, taugen sie besonders gut zur Einleitung in die neue Musik.

Wohl sind die Drei Klavierstücke op. 11 (1908) nicht, wie die Opuszahl vermuten ließe, die erste atonale Komposition. Zumindest einige der George-Lieder op. 15, die ebenfalls ohne Tonart-Vorzeichen geschrieben sind und den üblichen Unterschied von Konsonanz und Dissonanz nicht mehr machen, entstanden früher (1907). Trotzdem betrachtet man die Drei Klavierstücke mit Recht als den Beginn der neuen Musik. In ihnen ereignet sich etwas viel Entscheidenderes als die damit freilich verbundene Emanzipation der Harmonik: die der Struktur. Das Gefüge der Komposition, der Satz, ist mit ihnen verglichen in den George-Liedern noch herkömmlich; sie erst lösen die runde, geschlossene Klangfassade auf. Kontraste wie die im Hauptthema des ersten Stücks, wo ohne Übergang an eine langsame, begleitete Melodie eine zuckende Passage in Zweiunddreißigsteln sich anschließt, gab es vorher nicht. Überreste der dreiteiligen Liedform fallen solchen Neuerungen gegenüber kaum ins Gewicht. Ebenbürtig ist die Einfachheit des zweiten Stücks, eines langen Adagios mit zwei Hauptthemen: eine zweite Einfachheit. Sie besteht im Weglassen, unendlich differenziert im Ausdruck durchs Verschweigen. Das dritte Stück aber ist Urbild einer vollkommen ungebundenen, von aller Reminiszenz an vorgebene Architektur gereinigten musique informelle, von einer Freiheit der bloß vom mithörenden Ohr kontrollierten Phantasie, der selbst Schönberg nur noch einmal, in dem Monodram »Erwartung«, sich anvertraute. Bis heute ist das Potential des mehr als fünfzig Jahre alten Stücks nicht eingelöst.

Berühmt sind die Sechs kleinen Klavierstücke op. 19: ihre Kürze, die einmal chokierte, hat andererseits auch ihre Auffassung erleichtert. Expressionistische Miniaturen, sind sie nächstverwandt jenen Visionen, jenen »klagenden Gesichtern«, wie Schönberg um die gleiche Zeit sie malte und wie einige in Josef Rufers Bibliographie von Schönbergs Werk1 abgebildet sind. Außerordentlich darin die Kraft der Abweichung: eine Farbe, ein Klang setzt sich fest, läßt sich nicht wegwischen und drängt das Stück in seine Richtung: Tränen, über die das Antlitz keine Macht hat. Von allen Werken Schönbergs ist das Opus 19 dem Ansatz Weberns am nächsten, der freilich bereits viel früher, im vorletzten von Schönbergs George-Liedern, formuliert war. Selbst die expressionistischen Moments musicaux jedoch entraten nicht konstruktiver Züge: die rasche Schlußpartie des vierten ist eine rhythmische Verkleinerung und Variation des Anfangs, ganz schon nach Reihenart; sogleich im ersten Stück ist die Fortsetzung nach der Generalpause im zweiten Takt ein – nicht tongetreuer – Krebs des ersten Motivs, und das hauchzarte letzte ist über einen Leitakkord komponiert. Durch solche Mittel wird entfesselte Musik zugleich zusammengehalten. Zwingend schließt das erste Stück dadurch, daß die Coda erstmals mit einem unverkennbaren guten Taktteil mezzoforte eintritt.

Die Fünf Klavierstücke op. 23, nach der siebenjährigen Schaffenspause entstanden, halten einen glücklichen Augenblick fest: den, da Schönberg schon mit Reihen, ›Grundgestalten‹, arbeitet, aber auf die Zwölfzahl der Töne noch nicht sich festlegt. Selten sind Freiheit und Konstruktion bei ihm vollkommener integriert. Das erste Stück ist eine dreistimmige Invention, deren zweites, von leisem Akkordspiel begleitetes Thema die lange Anfangsmelodie umformt; Mittelsatz dann und Schluß sind miteinander verschmolzen. Das zweite, kurze Stück datiert auf den Scherzotyp zurück, verjüngt ihn jedoch durch die Idee, daß die heftigen Ausbrüche allmählich abklingen, bis am Schluß, tröstlich gleichsam, eine ruhige Linie in tiefster Lage übrigbleibt. Das dritte Stück, vom Gewicht eines Adagios, entspricht einer Passacaglia über ein fünftöniges Thema, das wie in einer Fuge solo eintritt; seine Kürze bedingt die jeder einzelnen der dicht ineinander gearbeiteten, gleichwohl scharf charakterisierten Variationen. Die Wiederholung einer Wendung aus dem Anfang des Stücks ersetzt eine Reprisenwirkung. Das vierte Stück ist wiederum ganz frei, prosaartig wie das dritte aus op. 11, jedoch nicht zerklüftet, sondern lyrisch-expansiv, schwungvoll wie in einem Atem. Der Walzer schließlich ist die erste Zwölftonkomposition, die Schönberg veröffentlichte, über die Reihe: cis-a-h-g-as-fis-ais-d-e-es-c-f. Unbeholfen fast die Offenheit, mit der die neue Verfahrungsweise sich enthüllt, indem alles, was geschieht, der untransponierten, geraden Gestalt jener Reihe angehört. Schönberg war fähig, stets wieder zu vergessen, was er konnte. Trotz seiner reihentechnischen Primitivität ist der Walzer überaus reich an musikalischen Profilen. Er benutzt übrigens erstmals wieder Symmetrien, rhythmische Sequenzen.

Die Suite op. 25 ist das erste umfänglichere Werk, das von der ersten bis zur letzten Note aus einer einzigen Zwölftonreihe gebildet ist: e-f-g-des-ges-es-as-d-h-c-a-b. Sie wird nun auch in Umkehrung, Krebs und Umkehrung des Krebses verwandt. Das expressive Moment tritt in den meisten Sätzen zurück. Vier, Gavotte, Musette, Menuett und Gigue, kommen wirklich und unverkennbar aus dem alten Typenschatz; die Gavotte wird nach der Musette, das Menuett nach dem Trio, einem kunstvollen zweistimmigen Kanon, tongetreu wiederholt. Das ganze Werk, blitzend wie Stahlmöbel aus dem Bauhaus, nähert sich vom Gegenpol her dem gleichzeitigen Neoklassizismus. Schlagend am Beginn des Präludiums Schönbergs Direktheit, jenes mit der ersten Note mitten in der Sache Sein, das Wesen seiner Sachlichkeit. Expressiv ist nochmals das Intermezzo, wo zu einem obstinat tickenden Begleitsystem stets wechselnde Melodiestimmen gesetzt sind; unterbrochen wird es von heftigen Ausbrüchen und verhalten lyrischen Augenblicken. Die Gigue, ein überaus brillantes Virtuosenstück, überbietet spielerisch Strawinskys rhythmische Künste, bleibt aber dynamisch komponiert: deutliche, selbständige Kontrastgestalten werden eingeführt. In der ganzen Suite wird das Starre der frühen Zwölftontechnik zum Stilisationsprozeß gesteigert.

Die beiden Klavierstücke op. 33 schließlich, publiziert an entlegenen Orten, zeigen Schönberg im souveränen Besitz jener Technik. Die Starrheit ist gewichen, er bewegt sich in dem neuen Medium mit jener Selbstverständlichkeit und Freiheit, die am Ende seines Lebens etwas wie eine zweite expressionistische Phase zeitigte. Doch behauptet in den beiden Klavierstücken der Zusammenhang der autonomen Form den Vorrang. Das erste ist sonatenhaften Geistes, mit zwei deutlich einander entgegengesetzten Hauptgestalten und einem durchführungsähnlichen Mittelteil. Nach einer Generalpause wird die Reprise, melodische Auflösung der Anfangsakkorde, so weitgehend variiert, daß sie weniger als Reprise denn als Konsequenz aus der Bewegung der Durchführung wirkt. Das zweite Stück ist liedhaft, kantablen Wesens, deutlich dreiteilig, ebenfalls jedoch mit Ansätzen des sonatenhaften Themendualismus; eine Gestalt im Sechsachteltakt, die auch in der Reprise wiederkehrt, entspräche dem zweiten Thema. Die ungemein fließende Kompositionsweise des Stückes deutet bereits auf die von Schönbergs viel späterem Klavierkonzert.

Else C. Kraus, der die Wiedergabe zu danken ist*, gehört zu den Pianisten, die unbestechlich Schönbergs Qualität erkannt haben und ihn interpretierten, längst ehe man ihn unter die Klassiker der Moderne verbannte. Sie hat das gesamte Klavierwerk Schönbergs schon vor 1933 im Frankfurter Musikstudio vorgetragen. – Zu raten wäre es den Hörern, nicht sämtliche Zyklen hintereinander zu spielen. Das könnte nur verwirren und jenen Anspruch des Inkommensurablen verwischen, den jeder einzelne der Zyklen anmeldet. Besser ist es, jeweils diese, und womöglich besonders die schwierigeren Stücke daraus, so oft zu wiederholen, bis die musikalische Erfahrung sie ganz zugeeignet hat. Dabei handelt es sich vor allem um op. 11, 3, um op. 23, 4 – vielleicht auch schon op. 23, 3 – und um das Intermezzo aus der Suite op. 25.

 

1961

 

 
Fußnoten

1 Josef Rufer: Das Werk Arnold Schönbergs, Bärenreiter-Verlag, Kassel 1959.

 

* Vgl. BM 30 L 1503; der Text wurde als Einführung zu dieser Schallplatte geschrieben.

 

Haringer und Schönberg

 

Die Lyrik Jakob Haringers, diese Mixtur aus Verlaine und Infantilismus, der Peter Härtling seinen sensiblen und schönen Aufsatz widmete*, ist mir seit den frühen zwanziger Jahren vertraut. Daß aber Haringer nicht vergessen werde, wird dadurch gesichert, daß Arnold Schönberg drei Gedichte von ihm, darunter auch das im Monat abgedruckte »Ist alles eins«, komponiert hat. Es handelt sich um die einzigen Klavierlieder, die Schönberg in der Zwölftonepoche schrieb. Wenn ich mich recht erinnere, hatte Haringer auch an ihn mit der Bitte um Hilfe sich gewandt; sicherlich nicht vergebens. Freilich hat das Fatum Haringers auch die Lieder nicht verschont. Sie entstanden 1933, in den ersten Monaten des Naziregimes, kurz vor Schönbergs Emigration. Er hatte sie, unter dem Choc der Ereignisse, völlig vergessen, ist erst in Los Angeles wieder darauf gestoßen und hat sie dann mit einer Opuszahl, die gegenüber der Chronologie viel zu hoch ist, publiziert. Bis heute sind die Lieder nicht sehr bekanntgeworden und werden selten gesungen. Dabei ist zumal das letzte etwas wie ein Solitär im Schönbergschen Werk; ein Mädchenlied, bei kunstvollster Rhythmik und reich gewobenem Klaviersatz chansonähnlich, vielleicht in Erinnerung an die noch nicht gedruckten Stücke, die Schönberg in seiner Jugend für Wolzogens Buntes Theater schrieb. Etwas an Haringer muß dem wahlverwandt gewesen sein, der in das zentrale Werk seines Durchbruchs, das Zweite Streichquartett, die Melodie von »O, du lieber Augustin« hineinarbeitete. Auf jene Lieder sei, des Dichters wie des Komponisten wegen, die allgemeine Aufmerksamkeit gelenkt.

 

1962

 

 
Fußnoten

* Vgl. Peter Härtling, Jakob Haringer. Hinweis auf einen Vergessenen, in: Der Monat, Jg. 14 (1961/62), Heft 162 (März '62), S. 52ff.

 

Zum Verständnis Schönbergs

 

Arnold Schönberg hat fest damit gerechnet, 80 Jahre alt zu werden und geplant, die längst vollzogene Versöhnung mit Thomas Mann an jenem Tag der Öffentlichkeit bekanntzugeben. Eine schwere Krankheit samt einer Krise, von der er glaubte, es habe bereits das Herz ausgesetzt, er sei gleichsam schon gestorben, machte ihn in seinem Vertrauen nicht irre. Er lebte, als wäre ihm eine unendliche Fülle von Zeit offen. Den Abschluß seiner beiden monumental gedachten Werke, des Oratoriums »Die Jakobsleiter« und der biblischen Oper »Moses und Aron«, die ihn über Dezennien begleiteten, hat er immer wieder hinausgeschoben, allenfalls gelegentlich Späße über einen Fünf- und Zehnjahresplan gemacht, den er sich zur Vollendung gesetzt habe, um dann andrängenden anderen Konzeptionen sich zu überlassen. Man mag darüber reflektieren, warum die beiden großen Chorwerke Fragment blieben – Stückwerk wie alles, nach seinem Wort –, und ob nicht die Aufgabe selbst, noch einmal musikalisch eine umfassende Totalität des Sinnes zu gestalten, vor Schwierigkeiten stellt, die selbst der unerschöpflichen Kraft des Meisters spotteten. Diese Unerschöpflichkeit manifestiert sich in seiner großherzigen Zeitverschwendung, seiner Bereitschaft, jeglichem produktiven Impuls, und wäre er scheinbar von seinem musikalischen Zentrum noch so weit entfernt, sich zu überlassen. Am Ende des bürgerlichen Zeitalters hat noch einmal in ein paar Individuen das Vermögen sich verkörpert, ästhetisch die ganze Welt aus sich selbst, aus dem Subjekt hervorzubringen, so wie es den größten Künstlern zu Beginn der Epoche, Michelangelo oder Shakespeare vielleicht, vergönnt war. Wie Schönberg produziert auch Picasso in unversieglicher Jugend, als wollte der Genius der Geschichte an der Substanz des einzelnen noch einmal im ästhetischen Bereich gut machen, was er der Gesellschaft in ihrer Realität vorenthält. Daß trotzdem Schönberg dahin mußte, wenige Tage, nachdem zum erstenmal eines seiner Zwölftonwerke, der »Tanz um das goldene Kalb«, bei der Darmstädter Uraufführung die fable convenu Lügen strafte, diese Musik sei asozial und spreche nicht zu den Menschen – das scheint symbolisch dafür, daß es doch nicht sein sollte, daß die aus den Fugen geratene Welt es dem nicht gestattete, der dem subjektiven Vermögen nach dazu fähig gewesen wäre; kurz, daß das Vollbringen des Künstlers nicht, wie der Genieglaube es lehrt, bei dessen Macht steht, sondern weithin abhängt von den objektiven Bedingungen der Form und des Gehalts des Werkes.

Um so größer aber ist die Verpflichtung, etwas von dem wiedergutzumachen, worin nicht der Künstler versagte, sondern worin die Verfassung des Daseins ihn mit Versagung schlug. Diese Verpflichtung gilt kaum so sehr für einen wie für Schönberg. Über fünfzig Jahre lang ist das Verhältnis der Öffentlichkeit zu seinem oeuvre unsicher, verbogen und von Rancune erfüllt gewesen. Daß seine Musik vom Hörer soviel Kraft der Konzentration, soviel kombinatorische Fähigkeit, soviel Geist verlangt, wie in sie einging, hat sich im Widerstand all derer niedergeschlagen, die dazu nicht fähig sind und ihre Unfähigkeit dem Werk vorrechnen, das nun abstrakt, intellektuell, konstruiert oder abseitig sein soll. Immer neue Rationalisierungen hat man gefunden, um ihm sich zu entziehen. Erst gab es die Ära des Skandals, in der alle honetten Leute wütend sich in der Feststellung ›Das ist keine Musik‹ vereinigten, die immerhin noch mehr Beziehung bezeugt als das heute übliche ›Das verstehe ich nicht‹. Dann, etwa seit den zwanziger Jahren, kam eine Zeit, in der man Schönberg, ehe man ihn nur richtig aufführen, geschweige denn hören lernte, als erledigt und überholt in die Vergangenheit zurückschob, und in der jeder kernige Banause meinte, ihn überwunden zu haben, weil er nicht mehr so kompliziert, sondern mit anderen verbunden sei, nach jener unterdessen auch politisch so bewährten Formel, die es dem Schwachsinn, für den Differenziertheit, Vergeistigung, Wahrheit nicht mehr existieren und der sich's bei der Beteuerung seiner Macht in der Welt wohl sein läßt, erlaubt, nicht nur das ihm Verhaßte auszumerzen, sondern sich obendrein überlegen zu dünken und einzubilden, die Regression auf einen primitiven Zustand sei besser als die Anstrengung zum höheren. Nach der Niederlage des Nationalsozialismus hat man dann Schönbergs Zwölftontechnik entdeckt und sie, mit viel Abstrichen und ohne der Funktion gerecht zu werden, um deretwillen sie konzipiert war, sich zu eigen gemacht. Er wurde zum Erfinder eines mehr oder minder bequem zu handhabenden Systems degradiert, zu einem anregenden Gesinnungsgenossen von Bastlern. Abermals dispensierte man sich von dem, worauf es allein ankäme, seiner lebendigen Musik. Am Ende durchkreuzen sich alle Motive der Abwehr und erben sich unausrottbar fort. Darum sollte man einfach zu sagen versuchen, was es mit dem Komponisten Schönberg selbst auf sich hat und warum die Menschen, die überhaupt an Musik Anteil nehmen, an ihm Anteil nehmen müßten.

Vielleicht ist in einer musikalischen Situation, die zur Besinnung auf ein Verdrängtes nötigt, von dem im Grunde auch die Gegner wissen, was es gegenüber dem Rest der Produktion bedeutet, der Augenblick günstig, nicht von den historischen Verdiensten Schönbergs zu reden, seine Musik nicht geschichtsphilosophisch zu deuten, sondern unmittelbar auf ihre Qualität zu weisen. Man muß nur fähig und willens sein, Musik überhaupt als einen lebendigen und in sich sinnvollen Ablauf aufzufassen und einigermaßen über die Kategorien der traditionellen, vorschönbergschen Musik verfügen. Wie verschieden auch seine Melodien mit den weiten Intervallen von den gewohnten sein mögen, wie anders die vieltönigen Akkorde klingen, wie gebrochen die Farben und wie unregelmäßig die Formen, Schönbergs Musik gleicht darin jeder großen der Vergangenheit, daß sie als organischer Strukturzusammenhang von Tönen spontan wahrgenommen werden will. Ihm selber wäre niemals beigekommen, sie als etwas anderes zu betrachten. Wenn das nicht gerade avantgardistische Musikpublikum von Neapel dem Pierrot lunaire gegenüber sich nicht begeistert zeigte, oder wenn eine höchst komplex komponierte komische Oper in Frankfurt kein Publikumsliebling wurde, so hat Schönberg das kaum begreifen können; er betrachtete seine Musik als Musik, wie die der Meister, nichts anderes. Etwas von dieser Naivetät, die ihn nicht nur der privaten Haltung nach sondern als künstlerischen Typus charakterisiert, muß auch sein Hörer aufbringen, während man ihn das Gegenteil glauben machen will.

Schönbergs Musik wird sich um so besser erschließen, je mehr man von den Formeln vergißt, mit denen sein Werk bedacht worden ist. Wegräumen muß man vor allem falsche Erwartungen, mit denen man aufs Phänomen losgeht, anstatt sich ihm mit einer Art angespannter Passivität zu überlassen. Der Unterschied zwischen Schönberg und der traditionellen Musik wäre etwa an dem Satz von Schumann zu demonstrieren, ob ein Mensch musikalisch sei, zeige sich an seiner Fähigkeit, beim Abspielen auch dann ungefähr richtig fortzufahren, wenn versäumt ward, die Seite rechtzeitig umzublättern. Das, genau das, ist bei Schönberg nicht möglich. Keineswegs darum, weil seine Musik ›keine Musik‹, weil sie chaotisch und zufällig wäre. Sondern die traditionelle Musik war durch und durch von dem Schema der Tonalität geprägt und hat sich in harmonischen, melodischen, formalen Bahnen bewegt, die von diesem Schema vorgezeichnet waren. Alles musikalisch Einzelne unterstand gewissermaßen einer etablierten Allgemeinheit. Hörte man ihr gemäß, so konnte man von daher auf den Verlauf im einzelnen schließen und sich einigermaßen leicht zurecht finden. Die traditionelle Musik hörte für den Hörer. Genau damit ist es bei Schönberg vorbei. Der musikalische Zusammenhang will rein aus sich selbst verstanden werden, ohne daß einem von außen her bereits ein Koordinatensystem beigestellt würde, das einen entlastet und in dem das Spezifische nichts ist als minimale Abweichung. Auf das Spezifische allein kommt es dieser Musik noch an, auf das Jetzt und Hier der musikalischen Ereignisse, auf ihre je eigene Konsequenz. Vielleicht erforderte es in Wahrheit größere Anstrengung, sie innerlich an einem Allgemeinen zu messen, das für sie nicht verbindlich ist, als man brauchte, um bloß ihr selbst nachzugehen. Nur steht man eben unter dem Bann jenes Allgemeinen.

Dazu kommt freilich ein Reichtum der Phantasie, dem gegenüber das meiste Technische der traditionellen Musik, auch der gefeiertesten, kindlich und simpel dünkt. Schönberg hat den Wagnerschen Wunsch erfüllt, daß die Musik endlich die Kinderschuhe ausziehe. Er erlaubt es nicht länger, sich dem bloßen Wohlklang zu überlassen, auch nicht, in Stimmung zu dösen. Das Ohr muß seine Musik erkennen, um sie zu fühlen. Insbesondere setzt sie eine Fähigkeit voraus, die man in der traditionellen Musik sich kaum woanders als an Bach erwerben kann: die verschiedenen melodischen Linien gleichzeitig und in ihrem Verhältnis zueinander zu verfolgen. Selbst die einzelnen Akkorde sind noch in sich polyphon und bis zum letzten Ton organisiert: man darf sie nicht als bloßen Klangreiz hinnehmen, sondern muß gewissermaßen in sie hineinhören, alle die Spannungen und Schattierungen herausspüren, die ein jeglicher dieser Akkorde enthält. Gegenüber solcher geistigen Anstrengung, einer unmittelbaren, wohlverstanden, keiner des reflektierenden Intellekts, fallen die äußerlich befremdenden Züge von Schönbergs Musik kaum ins Gewicht. Die Melodien mit den ungewohnten Intervallen, die sogenannten Dissonanzen, die in Wahrheit nur vieltönige Akkorde sind, die angebliche Zerrissenheit, die nur darin besteht, daß die Krücken der gewohnten Symmetrie fehlen, all das sind einzig Nebenprodukte der Schönbergschen Musik. Wer sie einmal von ihrem inneren Prinzip her verstanden hat, dem fallen ihre klangsinnlichen Abweichungen vom Vertrauten von selbst zu. Entscheidend ist die nie zuvor geahnte Dichte des Komponierens – seine Konkretheit und nicht seine Abstraktheit. Nichts läßt er ungeformt, jeder Ton wird aus dem Bewegungsgesetz der Sache selbst entwickelt. Das war schon so beim jüngeren Schönberg, zumindest den Werken zwischen op. 6 und op. 10, in denen äußerlich die Tonalität noch respektiert ist und deren Klänge heute nichts Beunruhigendes mehr haben. Trotzdem ist etwa die Erste Kammersymphonie op. 9, in E-Dur, wahrscheinlich immer noch so schwierig wie vor sechzig Jahren. Wer Schönberg nahekommen, sich nicht bloß musikhistorisch über ihn informieren will, der sollte sich vor allem in jene früheren Werke versenken, wo unter der Hülle des traditionellen musikalischen Idioms alle die Kräfte sich ausbilden, die jene Hülle dann sprengen und ein neues Material der Musik stiften. Er sollte die zwölf Töne gerade oder krumm sein lassen und sich zunächst auf die Gebilde konzentrieren, deren Unmittelbarkeit und Spontaneität keinen Gedanken an ein System wird aufkommen lassen. Hat man sie sich wahrhaft zugeeignet – und dem steht nichts im Wege, wenn man nur die Liebe dazu aufbringt und ein gutes Gehör –, dann werden die gefürchteten späteren Werke nicht mehr Rätselhaftes bieten als jedes Kunstwerk, wenn es überhaupt eines ist.

Schönberg, von dessen Intellektualismus man Ammenmärchen erzählt, ist als Typus ein naiver Künstler gewesen. Wäre das Wort Musikant nicht so schmählich mißbraucht worden, um ein unerhelltes und unkritisches Drauflosmusizieren zu verherrlichen, man könnte es auf seine Ursprünge anwenden. Er sprudelte über von Musik wie nur je einer aus dem wienerisch-slawisch-ungarischen Kulturkreis. Nur die unwiderstehliche Kraft seiner Begabung, an die, seinem Wort zufolge, sein Mut nicht heranreichte, keineswegs spekulative Gesinnung hat ihn Zug um Zug über den Umkreis hinausgetrieben, in dem er beheimatet war. Oft hat er erzählt, und Anton von Webern hat es bestätigt, daß er die großen Neuerungen nur zögernd, fast widerwillig einführte. Von Schönbergs Fond an Idiomatisch-Musikalischem gibt am ehesten die Vorstellung eines der Werke, die vor der Evolution dessen liegen, was man gemeinhin seinen eigentlichen Stil nennt, etwa die Gurrelieder. Sie lehnen an Wagner nicht mehr sich an, als irgendein Jugendwerk eines großen Komponisten an seine Vorgänger: Beethoven an Haydn. Tatsächlich wird nur eine recht stumpfe, am Äußerlichsten orientierte Musikalität des Unterschieds dieser Musiksprache von der Wagnerschen nicht gewahr. Es fehlt ihr durchaus das auf sich selbst rückbezogene, sich gewissermaßen bewundernde Element; alles ist viel mehr der Sache als dem Ich zugekehrt, von einer gleichsam altruistischen Wärme, die dem süchtigen Ton Wagners ganz abgeht. Bereits das Chorwerk des Sechsundzwanzigjährigen hebt sich von gleichzeitigen Komponisten wie Richard Strauss ab durch eine bescheidene, redliche, auf jede Geste verzichtende Art des Auskomponierens, vor allem des Ausharmonierens, welche die Wirkung rein aus der musikalischen Gestalt zieht und den Effekt der kompositorischen Integrität zuliebe verschmäht.

In der melodischen Wärme des jungen Schönberg sammelt sich außerordentliche expansive Kraft. Bald duldet es die melodischen Bögen nicht mehr in den abgezirkelten Grenzen geradzahliger Perioden und gewohnter Intervalle. Schon zu einer Zeit, da Schönberg noch tonal schrieb, wie in dem Ersten Streichquartett op. 7, in d-moll, drängt die pure Intensität des Ausdrucks darüber hinaus. Ebenso wie die gleichzeitigen Lieder op. 6 zeigt es schon explizit den eigentlich Schönbergschen Ton. Gerade an dem Ersten Quartett hat Alban Berg, Schönbergs Schüler, der selbst ein Meister wurde, in einem außerordentlich instruktiven Aufsatz, »Warum ist Schönbergs Musik so schwer verständlich?«, die Gründe der Schwerverständlichkeit Schönbergs samt deren Rechtfertigung entfaltet. Der wichtigste dieser Gründe ist die kontrapunktische Phantasie. »Jeder thematische Einfall«, so zitiert Berg den Musikhistoriker Egon Wellesz, »ist eben gleich mit all seinen Gegenstimmen erfunden«, und die Zumutung an das Publikum besteht nur darin, daß all dies »auch gehört sein will«.

Das Exzeptionelle der Kompositionsweise schon im Ersten Quartett ist das vollkommen Durchgebildete. Nichts bleibt dem Zufall überlassen, nichts plätschert in dem Musikstrom mit, sondern jede Stimme, auch jede Begleitfigur ist aufs äußerste profiliert. Was überhaupt erklingt, hat seine Konsequenz; Themen, wenn sie nicht mehr im Vordergrund stehen, werden zu Modellen für Begleitungen; Begleitungen, die erst ganz unscheinbar auftreten, sind Keimzellen späterer Themen. Dabei ist trotzdem die Plastik stets gewahrt, will sagen, die Hauptereignisse heben sich von dem Akzidentellen aufs schärfste ab. Das Akzidentelle jedoch läuft nicht unbeteiligt neben dem eigentlichen Kompositionsgang her, sondern wird durch dessen Struktur bis ins einzelne bestimmt. Daher verlangt Schönbergs Musik das Gegenteil von dem, was der Titel eines bekannten amerikanischen Radioprogramms »easy listening«, bequemes Hören, nannte: das Ohr, das nicht hilflos zurückbleiben will, muß die ganze Arbeit des Komponierens von sich aus noch einmal leisten. Die vorherrschende und von der Kulturindustrie, dem Betrieb der ganzen und halben Unterhaltungsmusik womöglich noch verstärkte Hörgewohnheit ist aber darauf geeicht, Musik mehr oder minder dekonzentriert, als Folge isolierter sinnlicher Reize wahrzunehmen. Grund ist zur Annahme, daß selbst die sogenannte klassische Musik in weitem Maß auf diese Weise konsumiert wird. Dazu trägt ebenso die Qualität des Allbekannten der immer wiederholten Werke bei wie die eingespielte und vertraute Sprache, deren sie sich bediente. Schönberg hat mit alldem gebrochen. Er verweigert die gewohnte Speise. Seine Musik gibt sich nicht mit der vorgegebenen Sprache zufrieden, sondern schöpft die eigene aus sich selbst.

Darauf wird oft rhetorisch gefragt: ist das wirklich notwendig, nicht bloß ungebändigter und unverbindlicher Individualismus? Spielt man einem Zuhörerkreis, den man in die Neue Musik einzuleiten hat, aus irgendeinem Grunde dazwischen ein paar Takte aus Beethovens Sonate op. 111 vor, so geht eine angenehme Bewegung durch die Reihen, die zu sagen scheint: wie schön; warum können wir nicht dabei bleiben, muß uns das andere denn wirklich zugemutet werden? Das ist in der Tat die zentrale Frage. Historismus, der Hinweis auf die Entwicklung, die es dahin brachte, reicht nicht aus. Denn nirgends steht geschrieben, daß ihr Gang ohne weiteres auch ein Maß höherer Wahrheit enthalte. Man muß schon versuchen, von der Sache her zu antworten. Die Musik, in der wir noch unmittelbar leben – und die beginnt eben doch mit Bach – laboriert von Anbeginn an einer inneren Schwierigkeit, einem Widerspruch. Auf der einen Seite ist sie in ein System, das der Dreiklänge, der Tonarten und ihrer Verhältnisse, eingespannt. Auf der anderen sucht das Subjekt in ihr sich auszudrücken, will anstelle jeder ihm bloß äußerlich gesetzten Norm die Gesetzlichkeit aus sich selbst heraus zeitigen. Gewiß darf man sich das Verhältnis zwischen Tonalität und Komposition, zwischen dem 350 Jahre lang mehr oder minder geltenden System und der Subjektivität nicht nur als einen Widerspruch vorstellen. Die Tonalität hat sich im Laufe der Jahrhunderte durch das Ausdrucksbedürfnis des Subjekts immer mehr gewandelt, so sehr, daß etwa von den harmonischen Einzelereignissen her gesehen der Schritt von den kühnsten Partien der Straussischen Elektra zu Schönberg nur recht gering erscheint. Umgekehrt sind die Impulse der Komponisten selbst durch die Tonalität bestimmt worden. Die mächtigsten Formtypen, welche die Musik auskristallisiert hat und in denen sie sich erfüllte, Fuge und Sonate, sind bis ins Innerste von der Tonalität erzeugt. Trotzdem haben gerade die großen Komponisten immer ein Ungenügen gefühlt an dem ihnen äußerlichen, zwangshaften Moment der Musik, das hemmte, was sie eigentlich von sich aus wollten. Die höchsten voll polyphonen Werke Bachs, wie das Wohltemperierte Klavier, die Kunst der Fuge und einzelne Stücke aus dem Musikalischen Opfer, bezeugen dies Ungenügen. Bach hat deshalb auf die zu seiner Zeit schon archaischen polyphonen Künste der mittelalterlichen Niederländer zurückgegriffen, um kraft der vollkommenen Durchbildung aller Stimmen, die bei ihm noch in den Tanztypen sich wahrnehmen läßt, die Schwerkraft des Schemas aufzuheben, so daß die Musik gleichsam nichts einem verdankt, das sie nicht jetzt und hier selber wäre.

Diese Tradition, die unmittelbar nach Bachs Tod wieder verschüttet wurde, und der durch die Jahrhunderte ein Hang zur Dissonanz entsprach, hat der späte Beethoven nochmals aufgenommen und dann wiederum Schönberg. Dieser aber mit einem entscheidenden Unterschied. In der traditionellen Musik, und gerade bei den großen konstruktiven Komponisten wie Bach, Mozart, Beethoven, Brahms, war immer noch etwas wie ein Ausgleich zwischen dem Schema und dem je Einmaligen der durchkomponierten Musik angestrebt. Dadurch ergab sich eine merkwürdige Doppelheit der Struktur. Eine liegt an der Oberfläche. Es ist die, welche von den üblichen Analysen nach dem Generalbaßschema, der Modulationslehre und der Formenlehre erreicht wird und in den allgemeinen Verhältnissen der Tonalität sich erschöpft. Darunter aber findet sich die zweite, von Schönberg subkutan genannt, eine Struktur unter der Haut, welche das Ganze aus seinen spezifischen Keimzellen ableitet und die tiefere, wahre Einheit überhaupt erst hervorbringt. Diese innere Struktur allein macht etwas über die eigentliche Qualität aus, aber gerade sie wird von den meisten Hörern bei der traditionellen Musik kaum wahrgenommen. Sie wird wesentlich definiert von dem, was man thematische Arbeit nennt, was sich ursprünglich aus der Ökonomie der Motivtechnik in der Fuge entwickelte und dann vor allem in den Sonatendurchführungen sich entfaltete. Meister wie Brahms schrieben schon kaum mehr eine Note, die nicht thematisch, nicht auf ein latentes Grundmaterial bezogen wäre. Heinrich Schenker, im übrigen ein abgesagter Feind der modernen Musik, hat diese subkutane Struktur vor allem bei Beethoven erstmals herausgeschält.

Das Ereignis bei Schönberg nun ist nichts anderes, als daß das Subkutane durchbricht, daß das Innere nach außen gestülpt wird. Das erklärt, warum es der Schönbergschen Anstrengung und der seiner Hörer bedarf. Dem künstlerischen Ingenium ist es auf die Dauer nicht erträglich, sich nach zwei nebeneinander herlaufenden, mehr stets voneinander sich entfernenden Gesetzen, dem von außen kommenden traditionellen und dem je eigenen, zu richten. Es trachtet, das ihm von außen Auferlegte, das keineswegs sinnlos und zufällig war, aber allmählich verblaßte, ganz in das Inwendige umzuschmelzen. Schon bei Bach, sicherlich bei Beethoven war die Balance prekär, und die Abgründe des letzten Beethoven sind die der Unversöhnlichkeit der beiden Prinzipien. Sie bewog Beethoven dazu, schließlich auf den Schein der Versöhnung zu verzichten und lieber das Urgestein der Tonalität und die beseelenden subjektiven Elemente schroff, unvermittelt einander entgegenzustellen. Bei Schönberg aber, der das ganze Erbe der Romantik in sich trug, ist die subjektive Differenzierung und vor allem der Drang, nur das durchzulassen, was er von sich aus ganz zu füllen vermag, ins Extrem angewachsen. Er ist nicht nur als konstruktiver Musiker der Vollstrecker der Beethoven-Brahmsischen Tradition, sondern ebenso auch der von Wagner, von dem er ja, nach den üblichen Stilbegriffen, ausgeht. Der ihn selbst überwältigende Ausdruckszwang verwehrte ihm gleich den Expressionisten seiner Generation jeden Kompromiß mit dem traditionellen Schema. Daß Schönbergs Musik das Innere nach außen stülpte, heißt vor allem, daß ihm alles Schmückende, Ornamentale, nicht rein zur Sache Gehörende unerträglich war, etwa wie in der Architektur seinem Freund Adolf Loos, der die ersten Parolen ausgab für das, was man heute Sachlichkeit nennt. Schönberg empfindet buchstäblich die musikalische Außenstruktur schon als falsche Fassade, und sie muß fallen, damit das funktionell Notwendige hörbar wird.

Zudem war das Ausdrucksmoment als solches, das ihn ursprünglich beherrscht, seit den Ursprüngen der neueren Musik mit der sogenannten Dissonanz verbunden. Je mehr die Konsonanzen zu bloßen Bausteinen des tonalen Schemas herabsanken, desto vollständiger ging die Kraft des subjektiven Ausdrucks an die Dissonanz über. Wer begreifen will, was Schönberg nötigt, die musikalische Fassade zu beseitigen, der muß sich einmal eines jener frühen Lieder von ihm anhören, in denen der Ausdruck mit vorher nicht gekannter Direktheit sich kundgibt, anstatt zu ornamentieren, und wo dann Dissonanz und dichte Konstruktion sich zusammenfinden, etwa die »Lockung« aus op. 6. Dies Lied ist nicht einmal polyphon, sondern ähnelt eher dem Brahmsischen Typus mit motivisch durchgeformter Klavierbegleitung. Aber obwohl nicht vielerlei komplexe Stimmen gleichzeitig zu verfolgen sind, läßt sich dem Lied nicht leicht folgen, wofern nicht die Intensität des Ausdrucks darüber hinwegträgt. Das hat seinen Grund darin, daß bei Schönberg nicht nur das Gleichzeitige, sondern auch das Aufeinanderfolgende viel dichter gearbeitet, viel mannigfaltiger ist als in der traditionellen Musik. Seine Allergie gegen das Mechanische betraf vorab äußerliche Symmetrie und Wiederholung. Das Prinzip der thematischen Arbeit, dem alles bei ihm gehorcht, erheischt unablässige Variation. Selten formt er einfache durchlaufende, undurchbrochene Themen, und er verschmäht bei ihrer Konstruktion das bequeme Mittel der handgreiflichen Sequenz. Meist fügen sich die Themen in sich selbst bereits aus kontrastierenden Einheiten, die durch motivische Beziehungen miteinander verbunden sind. So besteht die Einleitung des Liedes aus drei kurzen Phrasen, die zwar miteinander aufs engste verwandt sind, aber doch aufs schärfste kontrastieren: erst das aufsteigende Hauptmotiv, dann eine Art von Nachdrängen, Nachstoßen, schließlich ein gleichsam kadenzierendes Schlußsätzchen, das in einen Halbschluß mündet und zu dem Beginn des Gesanges leitet. Nicht anders gebaut, ebenso unregelmäßig sind dann die Themen beim reifen, radikalen Schönberg, nur daß jetzt die letzten tonalen Pfeiler fehlen. Eigentlich war der Schritt, dessen es bedurfte, um zur Atonalität zu gelangen, gering; das Wesentliche ist schon in den tonalen Stücken enthalten. Schönbergs der Brahmsischen und Mahlerschen Liedtradition verbundene Musik brauchte sich nur zu schütteln, um als das sich zu enthüllen, wofür sie heute gilt.

Schönberg bewies in seinem Verhältnis zur Tonalität besondere Empfindlichkeit. Stets scheute er sich, den tonalen Schwerpunkt durch die üblichen und nun wirklich abgenutzten Mittel der Kadenz, also die Folge der vierten oder einer ihr entsprechenden Stufe, der Dominante und der Tonika, herzustellen. Diese Empfindlichkeit war in mehr oder minder hohem Grad vielen Komponisten seiner Generation gemeinsam. Nur hat er die vollen Konsequenzen daraus gezogen. Er begnügte sich nicht, wie etwa Richard Strauss, mit überraschenden Effekten der Akkordfolge, mit Pointen anstatt von Kadenzen, sondern umschrieb die Tonalität, erzielte die Wirkung der Tonart mit konstruktiven harmonischen Mitteln, mit immer frischen kräftigen Stufen, wie sie bereits beim Diatoniker Brahms ihre Rolle spielen. Die tonalen Relationen spannen sich aufs äußerste, indem sie das Tonalitätsprinzip selbst aus den kompositorischen Ereignissen rein noch einmal hervorbringen. Damit aber werden diese so gekräftigt, daß sie der tonalen Haftpunkte bald überhaupt nicht mehr bedürfen. Wagnerische und Brahmsische Tendenzen vereinend, hat Schönberg die sogenannten Nebenstufen immer mehr hervortreten lassen, schließlich auch den chromatischen Akzidentien der Tonart den Charakter kräftiger Fundamentschritte verliehen. Am Ende wurde jeder Klang autonom, alle Klänge gleichberechtigt und die Vorherrschaft des tonischen Dreiklangs gestürzt. Die Innenspannungen der Musik zerreißen die Hülle der Tonalität und vieles, was mit ihr verwachsen war. Ohne den Widerstand dieser Hülle hätten sie kaum die Kraft und Konzentration erreicht, mit der sie nun sich manifestieren.

Nachdem die Musik der Hülle aber einmal ledig ist, öffnet sich wirklich etwas wie das musikalische Reich der Freiheit. Es ist eines der Rätsel des musikalischen Bewußtseins der Menschen, daß nur die wenigsten dieser Freiheit sich zu freuen wagten. Kaum, daß sie gelungen war, erhob sich ein fataler Ruf nach neuen Bindungen, als hätte nicht der offene Horizont des Möglichen, den Schönberg erschloß, der Musik das Glück einer vorher nie geahnten Fülle der Phantasie beschert; als hätte nicht erst eigentlich in dieser befreiten Musiksprache die Musik jene Jugend erlangt, die Busoni ihr nachrühmte, und die man dann gerade im Namen der Jugend so gerne verleugnet. Wenn der Name Neue Musik mehr als eine chronologische Bezeichnung ist; wenn in ihm wirklich etwas von Utopie mitschwingt, dann gebührt er jener Periode des emanzipierten Komponierens, die Schönberg ums Jahr 1907 inaugurierte. Sobald einmal der Konflikt zwischen dem subjektiven Impuls und der musikalischen Sprache beseitigt ist, erlangt die Musik eine zweite Unmittelbarkeit, die zuweilen an den radikalen Primitivismus der Fauves und anderer avancierter Malerei aus dem ersten Jahrzehnt des zwanzigsten Jahrhunderts mahnt. Die Ausdrucksskala erweitert sich: Schönberg findet Klänge und Schattierungen für Erfahrungen des Fremden, nie Betretenen, die den geronnenen Gefühlsstereotypen der bisherigen Musik, auch den Ausdrucksklecksen bei Richard Strauss noch gänzlich versagt waren. Der letzte Satz des Zweiten Streichquartetts, das erste vorwiegend atonale Stück, in dem Schönberg symbolisch auf die Vorzeichnung einer Tonart ganz verzichtete, blieb der unübertroffene Prototyp solcher Freiheit. Das Gedicht, das er für den Satz wählte, die »Entrückung« aus Georges »Siebentem Ring«, ist die Darstellung einer Ekstase, die den Dichter über die Schranke der Individuation herausführt. Die letzten Zeilen lauten: »Ich steige über schluchten ungeheuer, / Ich fühle wie ich über letzter wolke / In einem meer kristallnen glanzes schwimme – / Ich bin ein funke nur vom heiligen feuer / Ich bin ein dröhnen nur der heiligen stimme.« In solcher geistigen Landschaft trägt diese Musik sich zu; und sie trägt sie in sich selbst.

Die Künste der thematischen Arbeit, welche die subkutane Struktur ausmachten, treten zunächst nun ganz zurück. Schönberg überläßt sich rein dem Augenblick, reiht in buntestem Wechsel Gestalten aneinander, die zu formulieren er in der strengen Schule der variativen Arbeit gelernt hatte. Die Kontraste, die auf knappstem Raum sich zusammendrängen, werden größer, als man sie je kannte, so als machte die gewohnte musikalische Logik einem Verfahren freier Assoziation Raum, wie es Schönbergs Landsmann Freud um dieselbe Zeit als Weg ins seelisch Subkutane, ins Unbewußte, erschloß. Das ist das Auffälligste etwa am Anfang des berühmt gewordenen ersten Klavierstücks aus op. 11. Es fällt in die gleiche Periode wie der Quartettsatz »Entrückung« und die Georgelieder op. 15. Aber Schönberg hat auch in dem Sinn gegen Wiederholung sich gesträubt, daß er niemals den Typus und die geistige Gestalt eines Werkes dupliziert. Das vielleicht mehr als alles definiert seine Unerschöpflichkeit: eine nicht von Anwendungen sondern von Urbildern, wie sie die Musik vor ihm wohl nur in Beethoven erlebt hat. Im Drang, nackt und unverstellt die Sache selbst zu geben, hat Schönberg in den Klavierstücken das poetische Element des Komponierens, den Zauber, nach Benjamins Ausdruck die Aura, geopfert, die im Zweiten Quartett wie zum Abschied leuchtete. Die Suche nach dem Subkutanen führt ihn zu einer Art von Ausdrucksprotokoll, die fast nüchtern, perspektivelos, ohne alles Verklärende dem Hörer gegenübertritt und ihn erschreckt. Dieser Übergang, der Umschlag des expressionistischen in ein sachliches Komponierideal, macht es wohl, neben den technischen Aspekten, den traditionell Befangenen am schwersten, den reifen Werken Schönbergs gerecht zu werden. Hier wird verweigert, was man von Musik als der zauberischen Kunst seit Shakespeares Tagen zu erwarten sich gewöhnt hat: Trost. Im Zeitalter ihrer Mündigkeit beansprucht sie nichts mehr zu sein als Stimme von Wahrheit, ohne Stütze beim Gewohnten, aber auch ohne den Trug von Lobpreisung und falscher Positivität. Die Kraft dazu, nicht die Illusion ist ihr Tröstliches. Man könnte sagen, Schönberg habe das alttestamentarische Bilderverbot auf die Musik übertragen; das befremdet an seinem Ton.

Dies Verbot hat aber auch seinen technischen Aspekt. Das tröstende Element der Musik, das Gefühl der Geborgenheit ging aus von ihrem umfangenden Gefüge, einer allumfassenden, integralen Architektur, bewirkt durch Formkonstruktion und thematische Arbeit, durch die Tuchfühlung aller Teile mit allen, die Verwandtschaft sämtlicher Elemente. In den Klavierstücken op. 11 und in einer Reihe anderer Werke, deren folgerichtigstes wohl das Monodrama »Erwartung« ist, hat Schönberg, der zuvor die Kunst der thematischen Arbeit aufs höchste steigerte, auf sie ganz verzichtet. Überhaupt bewegt seine Entwicklung sich in Gegensätzen; niemals verließ er sich auf das, was er erworben hatte. Nicht länger ist seine Musik wie mit eisernen Klammern zusammengehalten. Sie atmet aus. Ihre Form komponiert sich aus dem unwillkürlichen Zusammenhang der Augenblicke. Das aber wiederum zeitigt Schwierigkeiten ungewohntester Art. Nicht nur fällt, geistig, das affirmative, bestätigende Element weg, sondern das sinnliche Ohr muß lernen, völlig Kontrastierendes, scheinbar aphoristisch Unverbundenes zusammenzuraffen, gleichsam mit der Musik mitzuspringen. Die einzelnen musikalischen Gestalten liegen viel weiter auseinander als je zuvor. Die Einheit wird eine von Extremen. Man muß das Formgefühl dafür schärfen, wie etwa eine geschlossene Melodieführung plötzlich von einer völlig aufgelösten Figur abgelöst wird, welche Notwendigkeit dabei waltet, wie aus schroffen Kontrasten eine musikalische Phrase sich formt. Mit dieser Verfahrungsweise greift Schönberg, überraschend genug, auf Mozart zurück, der im Gegensatz zu Beethoven die einzelnen Themen oft aus derart kontrastierenden Motiven addiert. Bei Mozart werden die Kontraste durch Tonalität zusammengehalten, bei Schönberg fehlen die Brücken. Nichts hilft, als ohne Vorbehalt die innere Synthesis des einander Widersprechenden zu vollziehen. Diese Anforderung ist untrennbar verbunden mit der Idee des Expressionismus, welche die Werke dieser Periode inspiriert. Schönberg setzt den Ausdruck eines Seelischen jenseits der mittleren Alltäglichkeit frei. Zwanzig Jahre, ehe man das Wort Grenzsituation erfand, dringt seine Musik dorthin, in einen Bezirk, den der Betrieb der verhärteten Kultur noch nicht beschlagnahmt hat. Schönbergs Musik ist kein Normalzustand. Sie trägt sich zu in einer Sphäre, über der sonst Tabus liegen und an welche die konventionelle Kunstsprache nicht heranreicht: jäh wechseln unbändiger Ausbruch und Zartheit aus jener Legende, welche die entschwebende Seele dem aufflatternden Falter vergleicht. Nach Schönbergs eigener Formulierung sagt solche Musik etwas nur durch Musik Sagbares. Solchen Geistes ist etwa das letzte Klavierstück aus op. 19, das Schönberg 1911 am Tag des Begräbnisses von Gustav Mahler niederschrieb: zugleich Vorbild aller Musik seines Schülers Anton von Webern.

Auf jeder Stufe sind in Schönberg Kräfte polaren Wesens am Werk: die des fessellosen, befreiten, authentischen Ausdrucks und die einer Durchkonstruktion, die noch das letzte Detail, die flüchtige Regung in sich hineinzieht. Diese beiden Stämme seiner Musik haben, wie Anschauung und Denken bei Kant, eine geheime gemeinsame Wurzel, die der musikalischen Spontaneität, die sich nichts vorgeben, die alles bloß sich selber verdanken möchte, die Totalität ebenso wie das Einzelne, den Einfall ebenso wie die große Form. Wie aber diese divergierenden Momente im Tiefsten demselben Impuls entwachsen, so hat Schönbergs Musik an ihrer Wiedervereinigung gearbeitet. Man könnte die Geschichte seines Werkes geradezu als den Versuch beschreiben, jene Wiedervereinigung durch die äußerste Pointierung der Gegensätze hindurch zu erreichen. Dieses Versuchs bedurfte es. Denn wie für jeglichen Fortschritt ist auch für den musikalischen ein Preis zu zahlen. Musik hat als eine ihrer unabdingbaren Aufgaben die Bewältigung der Zeitdimension durch Artikulierung. Sie tritt zurück, solange Musik sich ohne Vor- und Rückblick der reinen Gegenwart, bar aller Wiederholungsarchitektur, anvertraut. Daher denn die befremdende Kürze der Klavierstücke. In der Periode der freien Atonalität, in die sie fallen und die wohl die höchste Steigerung von Schönbergs Produktivkraft brachte, hat er daher vielfach, um die Artikulation längerer Zeitstrecken zu leisten, das gesungene und gesprochene Wort zu Hilfe geholt: in den Liedern op. 15, 20 und 22, in den beiden Bühnenwerken »Erwartung« und »Glückliche Hand«, schließlich in den Melodramen »Pierrot lunaire« und in dem unvollendeten Oratorium »Die Jakobsleiter«. Eine Ausnahme sind lediglich die Orchesterstücke op. 16, wo er auf das nun völlig emanzipierte musikalische Material zum ersten Mal die subtilen Künste der thematischen Arbeit übertrug, die er in den beiden ersten Quartetten und der Ersten Kammersymphonie so hoch gesteigert hatte.

Von hier aus läßt sich begreifen, was die Zwölftontechnik, in der Schönberg während der letzten dreißig Jahre seines Lebens komponierte, bedeutet. Sie ist nichts anderes als die Synthese eines völlig freigesetzten, von tonalen Rudimenten gereinigten Materials mit dem ebenso konsequent gehandhabten Prinzip der thematischen Arbeit oder, wenn man will, dem Primat der Variation: eben jener Versuch also, die beiden Grundintentionen Schönbergs, die sprengend-antikonventionelle und die bindend-konstruktive zu ein und derselben Verfahrungsweise zu synthesieren. Darauf allein, nicht auf angeblich mathematische Operationen kommt es an. Jetzt wahrhaft wird gleichsam jede Note thematisch. Wo aber alles thematisch ist, verliert der Begriff des Thematischen, gegenüber dem bloßen Übergang oder der unverbindlichen Episode, seinen Sinn; nichts mehr ist thematisch, nämlich mehr thematisch als anderes. Diesem Sachverhalt wird die Zwölftontechnik gerecht. Sie kennt keine freie Note, keine, die nicht ihren Platz im Zusammenhang der jeweils aus zwölf verschiedenen Tönen gebildeten Reihe hätte, die jedes Zwölftonstück individuell trägt. Aber diese allherrschende thematische Arbeit ist nicht länger, wie in den früheren Werken und wie in der Tradition des Wiener Klassizismus, der Inhalt der Komposition selbst, sondern einzig deren Voraussetzung. Sie ist ein Organisationsprinzip, dem die Musik unterworfen wird, ehe sie nur anhebt. Daher ersetzt die Zwölftontechnik nicht, wie man immer wieder fälschlich behauptet, die Tonalität. Sie ist nichts, was zu bemerken wäre und was bemerkt werden sollte; im Gegenteil, würde die Reihe als solche hervorstechen, so gestattete sie einen kunstfremden Blick in die Werkstatt dort, wo lediglich das Gebilde für sich selbst einstehen soll. Die Vorformung vollzieht sich derart, daß nicht etwa einfach die Reihe immer wieder abgehaspelt wird – auch das wäre ein bloß Äußerliches und Mechanisches –, sondern daß sie all den Abwandlungen unterliegt, die eine höchst entwickelte Variationstechnik ermöglicht. Manche dieser Abwandlungen datieren auf Verfahrungsweisen der alten niederländischen Polyphonie wie den Krebskanon zurück. Der Zweck des Ganzen, seine einzige raison d'être aber ist, daß man mit einem für jeden Fall aufs strengste präformierten Material nun ganz frei und ungebunden komponieren kann, ohne daß die Gefahr der Dissoziation bestünde; in weit gespannten, großen formalen Bögen, die tragfähig sind, bar aller Anleihen bei traditionellen Formtypen. Schönberg, der Konstrukteur, ordnet das Material; Schönberg, der Komponist, stellt es ganz in den Dienst der jeweiligen Komponierintention. Wird, wie in den Bestrebungen mancher junger Komponisten, die aus der Zwölftontechnik nichts herauslesen als ein Rationalisierungsschema, dieser Zweck, also die Herstellung eines Mediums für völlig freien Ausdruck, vernachlässigt, so versäumt das Ganze seinen Zweck und entartet in Fetischismus. Die Genialität Schönbergs aber ist der Versuchung, die Technik zum Selbstzweck zu erheben, trotz seiner beispiellosen Verfügung über das Material niemals erlegen. Von späteren, jene Technik weitertreibenden und sie wiederum aufhebenden Tendenzen ist hier nicht zu reden.

Die Schwierigkeiten, die Schönberg zu bestehen hatte, lassen sich kaum übertreiben. Noch einmal hat er, wie stets wieder in seinem Leben, vergessen müssen, was er konnte, um es wahrhaft zu können. Das erste in reiner Zwölftontechnik geschriebene Stück, das er publizierte, ist ein Walzer, der heute fast kantig unbeholfen klingt und darum doppelt rührend. Aber dabei ist es nicht lange geblieben. Nachdem Schönberg in einem seiner sprödesten Werke, dem Bläserquintett, sein polyphones Vermögen dank der Zwölftontechnik bis zu einer Art erneuertem reinem Satz gesteigert hatte, erwarb er sich die freieste Verfügung auch über jene. Die wichtigsten Zeugnisse der Bemühung darum sind die Kammersuite op. 29, das Dritte Streichquartett und die Orchestervariationen op. 31. Dies eine Mal, als er begann, das ganze musikalische Material umzupflügen, suchte er Schutz bei älteren, traditionellen Formen und berührte sich von fernher mit dem Neoklassizismus der zwanziger Jahre: es gibt Giguen, Rondos – im Dritten Quartett ein fast paradigmatisch überdeutliches –, Variationensätze. Daraus resultieren gewisse Widersprüche, da ja die traditionellen Formen dem Sinn nach auf eben die Tonalität bezogen waren, deren Spur durch die Zwölftonordnung des Materials ausgelöscht wird. Überdies scheint es mit der ästhetischen Ökonomie nicht ganz vereinbar, daß Leistungen, die in die Ordnung des Materials vorverlegt und dort erledigt sind, im Vordergrund eines offen thematischen Komponierens verdoppelt werden. Schönbergs unversiegliche Kraft hat auch dem sich gestellt. Schon der mächtige erste Satz des Dritten Quartetts hat trotz seines Sonatenumrisses mit traditionellen Formen kaum etwas zu tun, wird aber, seltene Ausnahme bei Schönberg, durch eine unablässig variierte Ostinatofigur zusammengehalten. Wiederum hat Schönberg in Vokalkompositionen das drohende Übergewicht der eigenen Technik gebannt; in der metallisch blitzenden komischen Oper »Von heute auf morgen«, und dann in »Moses und Aron«, dem biblischen Werk, von dem er zwei Akte Anfang der dreißiger Jahre vollendete. Danach kehrte er zu dem zurück, was sich heute doch wohl als sein Eigenstes erweist, der am Typus des Streichquartetts genährten Instrumentalmusik. Die souverän behandelte und dadurch schon wieder unauffällige Zwölftontechnik faßt mächtige Formen zusammen, die mit den bekannten zwar die Fermente des Sinn schaffenden musikalischen Zusammenhangs gemein haben, jedoch nichts Schematisches mehr. Am exemplarischsten ist vielleicht das Vierte Quartett, von dessen vier Sätzen ein jeglicher den Geist der traditionellen Quartettsätze rein ausprägt. Der erste Satz ist entfesselter Sonatengeist, der zweite entspricht einem Intermezzo, der dritte, Adagio, bringt eine Doppelfolge von offenem Rezitativ und geschlossenem Lied, der letzte beschwört spielend und unpedantisch das Rondo. Der leidenschaftliche Ton des Adagios ist der des Widerstandes gegen das Grauen, das in Europa herrschte, als jene Musik in Amerika geschrieben wurde.

In den allerletzten Stücken dann knüpfte Schönbergs Zwölftonmusik unmittelbar an seine kühnste, die expressionistische Phase wieder an. Vom Streichtrio sagte er halb im Scherz, er habe seine ganze Krankheit nebst Krankenpfleger hineinkomponiert. Der »Überlebende von Warschau« ist neben Picassos Guernica wohl das einzige Kunstwerk der Epoche, das ihrem äußersten Entsetzen ins Auge zu sehen vermochte und doch ästhetisch verbindlich geriet. Daß Schönberg noch in einer Situation, in der die Möglichkeit von Kunst selbst bis ins Innerste fragwürdig wurde, Musik schuf, die nicht angesichts der Realität ohnmächtig und eitel dünkt, bestätigt am Ende, was er einst begann.

 

1955/1967

 

 

Berg und Webern

Die Dimension, nach der die Entwicklung des Stiles von Arnold Schönberg verläuft, ist die der Tiefe mehr als die der Breite. Nicht, daß es ihm jemals, wie die Phrase vom abstrakten Programmatiker glauben machen will, an Fülle der ursprünglichen Natursubstanz gemangelt hätte. Im Gegenteil: kein anderer Lebender verfügt über solche Fülle; bei keinem anderen hat die musikalische Evolution so vollständig alle Elemente des kompositorischen Materials, Melos und Harmonik, Kontrapunkt und Formkonstruktion, Setzweise und Instrumentalklang ergriffen wie bei Schönberg. Aber indem alle diese Elemente vom Zentrum aus ergriffen und umgeformt werden, rücken sie zusammen und durchdringen sich wechselfältig in einem Verdichtungsprozeß, der rücksichtslos ausscheidet, was immer an kompositorischen Möglichkeiten am Rande von Schönbergs eigentlicher Stilgeschichte liegt, ohne vollends in ihrem drängenden Fluß sich zu lösen. Unerbittlich schmal ist das Bett dieses Flusses, einer Schlucht gleich, durch die Fläche der musikalischen Produktion gegraben. Jeder dialektischen Stufe seiner Entwicklung entsprechen nur ganz wenige Werke, oft nur ein Werk; wo die Möglichkeit einer ganzen Musik angelegt ist, begnügt er sich, deren Umriß exemplarisch festzulegen und einmal auszuführen, um sogleich die neue technische Frage in Angriff zu nehmen, die daraus erwächst. Pläne ganzer Werke, die weit ausgeführt sind, verschwinden, wenn das Urbild des betreffenden Stückes bereits realisiert ward; darum blieb ein Klavierquintett, vor allem eine zweite große Kammersymphonie unvollendet. Das erteilt den Werken der Schüler von vornherein unvergleichlich viel wichtigere Funktionen zu, als sie etwa denen der Wagner-Epigonen jemals zukam, die dem extensiven und wiederholungsreichen Werke ihres Meisters nichts Neues hinzuzufügen hatten. Bei Schönberg aber werden die Werke der Schüler notwendig zum Schauplatz, auf welchem die Kommunikation seines Werkes mit der Breite der musikalischen Geschichte sich vollzieht. Das besagt einmal ihre strenge Zuordnung zum Werke des Meisters, dem sie nicht eine vage Mannigfaltigkeit des Stiles und der technischen Mittel, sondern den strikten Stand der musikalischen Erkenntnis verdanken; zum anderen die Forderung höchster Selbständigkeit, in der sie allein konkret zu erfüllen vermögen, was Schönberg als Möglichkeit hinstellt und einmal realisiert und was nur dann im Umriß seiner Zeichnung überhaupt sich zu behaupten vermag, wenn eigene Substanz in den Plan der Zeichnung eingeht.

Es ist daher nicht erstaunlich, daß vor solchem doppelten Maßstab: dem der treuesten Schülerschaft und der entschlossenen Selbständigkeit, nur ganz wenige sich zu behaupten vermochten. Während der Pädagoge Schönberg die musikalische Reproduktion in heute kaum erst abzuschätzendem Umfang beeinflußte und eine ganze Dirigentengeneration heranbildete, haben von seinen Schülern ganz wenige nur als Komponisten durchgehalten; den anderen nahm das Vorbild des Meisters, von dem ein Wort kursiert, »er wolle keine Schillings erziehen«, den Mut. Es bleiben vorab Berg und Webern, beide nur etwa ein Jahrzehnt jünger als Schönberg, beide ihm durchs ganze Leben verbunden, beide im strengsten Sinne seine Schüler und autonome Komponisten zugleich. Zählt man aus ihrer Generation allenfalls Horwitz, dann, aus weiterem Umkreis, Jemnitz; von der jüngeren Generation Eisler, neuerlich Zillig und Skalkottas zu, so ist die Zahl der Schönbergschüler, die als Komponisten ernstlich in Betracht kommen, etwa erschöpft. Und sie alle beginnen in engster Kommunikation mit Schönberg; erringen ihre Selbständigkeit nicht, indem sie sich stilistisch von ihm ablösen, sondern indem sie, ohne erst an ihre ›Persönlichkeit‹ zu denken, den Forderungen nachgehen, die ihnen aus der technischen Kommunikation mit dem Meister erwachsen.

Berg und Webern bezeichnen die extremen Pole des Schönbergschen Bereiches. Beide setzen an Einzelwerken des Meisters an, deren Problem-Umkreis sie zu ihrer spezifischen kompositorischen Landschaft erweitern: Berg an der Kammersymphonie, Webern an dem ›aufgelösten‹ Stil von op. 11 bis op. 20; wobei freilich gesagt sein muß, daß die Form der ›kurzen‹ Stücke, wie man ihn im Schönberg des Klavierwerkes op. 19 und den »Herzgewächsen« findet, in reiner Konsequenz wohl von Webern früher ausgebildet ward als von Schönberg selbst; womit übrigens nichts Wesentliches bewiesen wird, da die technische Aufgabe dieses Stiles bereits im letzten Klavierstück aus op. 11 formuliert ist, während umgekehrt auch in Frühwerken von Webern wie dem Doppelkanon »Entflieht auf leichten Kähnen«, der sich noch in der ›umschriebenen‹ Tonalität hält, das Webernsche Pianissimo, das Zarte, Schwebende, monologisch Leise sich findet. Man tut überhaupt gut, um wesentliche Einsicht in Weberns und Bergs Stil zu gewinnen, nicht mit der Frage nach der Selbständigkeit zu beginnen. Denn die Selbständigkeit ist hier nicht an der Oberfläche des Stiles, sondern im verborgensten kompositorischen Gehalt gelegen; die Homogenität des Stiles, die zwischen Schönberg, Berg, Webern waltet, ist nicht sowohl schulmäßige Abhängigkeit als gefordert durch einen Erkenntnisstand, der die radikale Durchformung aller Kompositionselemente vorschreibt und in deren Durchformung die Merkmale des ›Stiles‹ einander annähert. – – Berg und Webern bieten beide Kommentare der Schönbergschen Entwicklung, durch die sie in der geschichtlichen Totalität sichergestellt wird: Berg verbindet ihn, nachträglich gleichsam, mit Mahler einerseits und andererseits mit der großen Musikdramatik und legitimiert ihn von dort her; Webern verfolgt den Schönbergschen Subjektivismus, den der Meister vom »Pierrot« an in ironischem Spiel zu lösen beginnt, bis zur letzten Konsequenz, konstituiert, als einziger, im strengsten Sinne einen musikalischen Expressionismus und treibt ihn bis zu dem Punkt, wo er aus sich selbst heraus in neue Objektivität umschlägt. Beider Exkurse aber bleiben nicht an das Werk des Meisters gebunden; in ihrem reinen Vollzug tritt die ursprüngliche Substanz der Ausleger zutage, wie in den großen Kommentaren des philosophischen Schrifttums, etwa des Platon und Aristoteles, in jedem neuen Kommentar das neue und andere Bewußtsein des Kommentators im Material des Textes durchbricht.

Bergs op. 1, die Klaviersonate – die schlicht aus einem Sonatensatz besteht, ohne etwa das mehrsätzige Schema zusammenzufassen – wirkt auf den ersten Blick wie ein Parergon zur Schönbergschen Kammersymphonie. Quartenmelodik und -harmonik; die konstruktive Funktion der Ganztonskala; selbst ein Thema (das ›Überleitungsthema‹) weisen deutlich dorthin; tiefer noch ist der Zusammenhang der inneren Konstruktion des Stückes mit der der Kammersymphonie; es stellt jeweils kurze ›Modelle‹ auf und gewinnt seine Ausdehnung, indem es kleinste Variationen der Modelle aneinanderschichtet; auf diese Weise wird die Sonatenform mit der Variationsform durchdrungen und das Prinzip der Durchführung gewinnt den vollkommenen Primat in der Sonate. Trotzdem sind hier bereits die Unterschiede deutlich. Nicht bloß in einer gewissen Weichheit der Harmonik, die die Ganztonakkorde oft genug auf große Nonenakkorde bezieht und überhaupt dem Nonenakkord größere Bedeutung zumißt als jemals Schönberg; an Debussy, Skrjabin, selbst Reger mahnend. Diese harmonische Weichheit, die zuweilen offen den erotischen Tristan-Ton annimmt, ist nicht zufällig. Sie wird bedingt durch eine wesentlich chromatische, dominantmäßige Harmonik, die die Selbständigkeit der Nebenstufen nicht so entschlossen durchsetzt wie Schönberg, sondern die neuen Akkorde auf ein leittöniges, Wagnersches Kontinuum bezieht. In den ersten drei Liedern aus op. 2, die minder straff gebaut sind als die Sonate, wird das noch deutlicher. Gewiß hat Bergs Harmonik später vom geheimen Zwang der Tonika und Dominante sich vollends emanzipiert. Aber in ihm kündet ein Wesenhaftes sich an: es könnte Bergs Infinitesimalprinzip heißen; das Prinzip des kleinsten Überganges. Während bei Schönberg, im Prinzip unaufhörlich wechselnder und kontrastierender ›Gestalten‹, von Anbeginn ein Prinzip der Konstruktion ausgebildet ist, das selbst in den Motivverwandlungen und Übergängen der Kammersymphonie herrscht, hat bei Berg das Prinzip des Überganges, des unmerklichen Überganges, von Anbeginn den Primat, und die Residuen tonalkadenzierender Harmonik, die seine Musik bis heute enthält, sind bloß Anzeichen dieses Prinzips. Die Einheiten, aus denen seine Musik sich zusammensetzt, sind, ließe sich sagen, unendlich klein und lassen als unendlich kleine sich beliebig ineinander verwandeln; ihre Differenzen sind zu vernachlässigen: so gleicht Bergs Musik einem pflanzenhaft sich entfaltenden Wesen. Ihr Schema ist das des Organismus; während bei Schönberg das organische Wesen von Anbeginn von dem Motiv der Konstruktion dialektisch paralysiert wird. Dies ›organische‹ Wesen in Bergs Musik ist es, das ihn mit dem neunzehnten Jahrhundert und der Romantik verbindet; seine Aufgabe stellt sich so, daß es allmählich aufgehellt, tektonisch erfaßt wurde, ohne daß die Natur vertrieben würde, die bei ihm ursprünglich als dunkel, amorph, unbewußt wachsend und traumhaft sich darstellt. All dies ist auch Schönberg nicht fremd; die »Erwartung« hat genug davon, und beide konvergieren hier mit Elementen der Psychoanalyse, die nicht zufällig in Schönbergs und Bergs Stadt gedacht wurde. Aber bei Berg ist all dies weit undialektischer, passiver, fast möchte man sagen: Schubertischer als bei Schönberg und wird darum weniger in heftiger Dynamik überwunden als in fortschreitender Erkenntnis sublimiert. Deren erste Stufe ist das Quartett op. 3. Harmonisch vom Leitton unabhängiger als die Sonate, thematisch aufgelöster und durch unaufhörliches Variieren auch sequenzfrei, entwickelt es das Prinzip des kleinsten Überganges durch kunstvollste Motivteilung ungeahnt: oft werden die Themen bis zu einem einzelnen Ton reduziert, der sie mit der folgenden Motiveinheit verbindet; der thematische ›Rest‹ als Resultat solcher Reduktionen, in jeden Übergang sich einfügend, ist das vornehmste Formmittel; auch der Formbau des Ganzen hält stets wieder in reduzierendem Verfahren wiederholend an gewissen harmonischen Komplexen fest, anstatt wie Schönberg unaufhörlich frische Stufen zu bringen. Wie in den ersten Arbeiten das Halbtonintervall, der Leitton als kleinste Einheit bindet, so bindet hier die Motivpartikel. Die Intention der kleinsten Motiveinheit führt dann in den Stücken für Klarinette und Klavier zu einer Verkleinerung des Formraumes selber: Berg nähert sich scheinbar der Webernschen expressiven Miniatur. Aber nur scheinbar: denn Weberns Miniaturen nehmen ihr Formrecht aus der Einmaligkeit alles Motivischen, während Berg auch in den Klarinettenstücken am Prinzip motivischen Überganges festhält und damit eine Dynamik statuiert, die größere Formen verlangt, weil in ihr das motivische Einzelne niemals den Charakter des Definitiven hat, den Webern ihm zumißt. So kann es nicht überraschen, daß bereits das folgende Werk, die Altenberg-Lieder, mit vorgegebenen Formtypen sich auseinandersetzt: daß Bergs Weg, der einmal mit dem Weberns sich schnitt, nun ganz anderen Verlauf nimmt. In den Altenberg-Liedern steht bereits eine Passacaglia, die Formprinzipien des »Wozzeck« vorwegnimmt. Zugleich erobert sich Berg hier das große Orchester. Die danach entstandenen, Schönberg gewidmeten Drei Orchesterstücke, eines von Bergs Hauptwerken und längst noch nicht nach Gebühr bekannt, zeigen bereits seine volle orchestrale Meisterschaft. In ihnen vollzieht sich Bergs produktiver Zusammenstoß mit Mahler. Mahlers symphonische Ausbreitung, die Konzentration der Blechgruppen, der chorische Reichtum des Holzbläsersatzes sind apperzipiert, auch die rhythmische Prägung der Motive nimmt auf ihn Bezug; all dies aber wird auf eine völlig freizügige, vieltönige Harmonik übertragen und einen polyphonen Stil, dessen Fülle auch bei Schönberg kaum ihresgleichen hat. Dabei bleibt Bergs spezifische Verfahrungsweise, die Konstruktion aus kleinsten Partikeln und in kleinsten Übergängen, streng gewahrt; das Präludium ist bereits als Ganzes krebsgängig angelegt wie später das Adagio des Kammerkonzertes. Das Marschfinale, dessen akkordische Polyphonie ihresgleichen sucht, ist überwältigend schlechthin. Das – zuletzt komponierte – Mittelstück, ein ›Reigen‹ im Sinne Mahlerscher Scherzi, zeigt bereits eine gewisse Auflockerung des Klangbildes, die dann im »Wozzeck« bis zur vollkommenen Transparenz durchgeführt wird. Im »Wozzeck« werden, durch die Macht einer ursprünglichen und zentralen Konzeption, Bergs Formelemente vollends gegeneinander ausgewogen. Die dumpfe, unbewußte und vegetabilische Fülle wird in den Dienst der Darstellung des dumpfen und unbewußten Menschenwesens gezwungen; die Mahlersche Folklore, die mit der freizügigen Atonalität im Kampfe lag, wird, ebenfalls unter dem Diktat der dramatischen Idee, zu einer unterirdischen Traumfolklore, der erst der dissonante Charakter der Harmonik, das abgeblendete Forte des Orchesters ihr wahres Licht verleiht; der psychologische Drang von Bergs Musik und die Strenge ihrer Konstruktion vereinigen sich in der dramatischen Form, darin jeder Moment psychologisch getroffen, einmalig und unwiederholbar sein will, während die Totalität zugleich durchkonstruiert ist: eine Suite, eine strenge Symphonie mit dem gewaltigen Scherzo der Wirtshausszene, eine Folge von fünf ›Inventionen‹, die jeweils ein bestimmtes kompositionstechnisches Moment in den Vordergrund rücken – das macht die musikalische Form des »Wozzeck« aus, der zugleich leitmotivische Zusammenhänge festhält und durch rücksichtslose Kunst des Variierens die Freiheit hat, dem dramatischen Augenblick beliebig zu folgen. Völlig organisch fügen sich Musikformen wie Fuge, Passacaglia, Lied, Marsch ein. Dem Gang des Ganzen nachzugehen ist nicht der Ort. Über das Recht des »Wozzeck« entscheidet dessen Ton: der Laut des unterdrückten, in sein dunkles Traumreich gebannten Menschen, der, ohne Hoffnung untergehend, zur Veränderung der humanen Existenz aufruft. – Nach der Oper, bis heute schlechtweg dem Meisterstück der dramatischen Produktion der Neuen Musik, kehrt Berg in den Umkreis des Instrumentalen zurück. Im Kammerkonzert werden die konstruktiven Resultate des »Wozzeck« auf eine Spiel-Idee übertragen: Variationen für Klavier und Bläser beginnen, ihnen antwortet das krebsgängig-symmetrische Adagio mit der Geige: beide Sätze kontrapunktiert machen das Rondo-Finale aus. Die gewaltigen Dimensionen sind souverän gemeistert; noch die kühnste Kombinatorik bewahrt sich ihre Durchsichtigkeit, und die expressive Tiefe des »Wozzeck« wird instrumental fruchtbar. Sie wird es mehr noch in der Lyrischen Suite für Streichquartett, dem Intimsten und Dichtesten, was Berg bislang schrieb. Auch sie hat ihre eigene Formidee: die Entfaltung von Extremen. Sie bringt drei Satzpaare: die beiden ersten, Allegretto und Andantino, in lyrischer Zartheit einander noch nahe genug; die folgenden, das flüchtend geflüsterte Allegro und das leidenschaftliche Adagio, kontrastierend gesteigert; die letzten zur Katastrophe getrieben im dämonischen Presto und einem trostlosen Largo, das nach dem letzten Ausbruch ohne Ende verläuft. Der expressiven Konstruktion entspricht die materiale, die ihre Kontraste aus der Zwölftontechnik und freiem Komponieren zieht. Tief bezeichnend für Berg, daß die Zwölftontechnik des letzten Stückes in aller Strenge einem »Tristan«-Zitat Raum läßt, mit dem Berg nochmals den eigenen Ursprung beschwört. An Konzentration und thematischer Substanz übertrifft die Suite selbst den »Wozzeck« und ist der unmittelbarsten Wirkung sicher. – Danach folgt als reines Zwölftonwerk die Baudelaire-Arie »Der Wein«. Eine zweite große Oper ist in Arbeit, abermals nach einem großen literarischen Vorwurf: Wedekinds »Lulu«. Sie ist aus einer einzigen Zwölftonreihe und deren Derivaten entwickelt.

Wie Berg knüpft auch Webern an den früheren Schönberg an. Aber nicht an den Variationskünstler der Kammersymphonie, sondern an den Harmoniker der älteren Vokalmusik mit ihrem Stufenreichtum. Überträgt Berg die Schönbergsche Motivtechnik auf kadenzierende Harmonik, so übernimmt Webern von Schönberg gerade die Umschreibung oder Vermeidung der Kadenz. Bei ihm gibt es darum auch nicht die Bergsche Dynamik, sondern seine Werke gleichen fensterlosen Monaden; nicht zufällig halten sie, zumal die reifen, meist als Grundstärke das Pianissimo fest. Bereits das op. 1, die Passacaglia, ist denn auch ein Meisterstück; der Chor op. 2 sublimiert die Technik von Schönbergs »Friede auf Erden« zum ätherisch schwebenden Klang. Die George-Lieder op. 3, mit einer ganz verborgenen Tonalität im Hintergrund, verhalten sich ähnlich zu Schönbergs George-Liedern; lösen deren Konturen in Arabesken und zeigen im körperlosen Klaviersatz Webern völlig explizit. Der folgende Zyklus, op. 4, ebenfalls nach George, mit dem herrlichen »Welt der gestalten lang lebewohl«, ist etwas materieller: dafür vollzieht sich hier der harmonische Durchbruch und die charakteristische Profilierung der Gesangslinie. Von den Fünf Stücken für Streichquartett, op. 5, reizt das erste zum Vergleich mit Bergs Klaviersonate. Es ist ein Sonatensatz: wie das opus insgesamt streng thematisch konstruiert. Aber während bei Berg die Konstruktion sich darstellt und die Teile bindet, wird sie hier verdeckt; die Variationstechnik von Anbeginn so gehandhabt, daß das Ohr unmittelbar motivische Beziehungen kaum wahrzunehmen vermag, sondern einer ununterbrochen frischen thematischen Produktion gegenübersteht, deren thematische Organisation sich dem Hörer unmerklich abspielt. Darum sind die Dimensionen unvergleichlich kürzer; der ganze Satz zählt nur wenig über 50 Takte, der ›normale‹ Quartettklang ist vollends in seine Extreme: Pizzicati, Flageoletts, col legno-Wirkungen, aufgeteilt und damit vernichtet; die Themen zu Partikeln zerspalten, die aber nun nicht, wie die Bergschen, zur großen Fläche aneinandergeschichtet sind, sondern die jedes für sich einmalig, verbindlich und definitiv bleiben. In den vier folgenden Stücken wird die Form gänzlich zur Miniatur zusammengezogen. Auch sie kennen – wie etwa Schönbergs Orchesterstücke op. 16 – motivische Arbeit, lassen aber keine Außenstruktur der Form im herkömmlichen Sinn mehr zu. Selbst die Liedform findet sich nur in knappster Andeutung. Sie bilden bereits die expressionistische Miniatur aus, der Webern für lange Zeit nun treu blieb. Schon in den Sechs Orchesterstücken op. 6 – mit dem erschütternden Trauermarsch, in dem Webern, auf seine Weise, einmalig mit Mahler zusammentrifft – ist dies deutlich. Die folgende Gruppe von Werken ist ganz athematisch wie Schönbergs »Erwartung«; bleibt in kürzesten Dimensionen; entsubstantialisiert das Material, bis allein der Hauch, der Seufzer übrig ist; Stücke für Violine und Klavier op. 7 noch mit gewissen melodischen Zusammenhängen; in voller Konsequenz, mit der überwältigenden Größe des Kleinsten in den Bagatellen für Streichquartett op. 9 und den Orchesterstücken op. 10, die nur noch in dämmernder Zartheit die disparaten Töne gegeneinander tupfen und Musik gänzlich der einsamen Innerlichkeit monologisch unterstellen; in deren Prägung aber solche Reinheit der Anschauung gewinnen, daß die isolierteste Musik, paradox, übergreifende Gewalt hat. In den Cellostücken op. 11, dem Umschlagspunkt von Weberns Entwicklung, schrumpft die Musik zum Punkt zusammen, verliert ihre zeitliche Ausdehnung. Aus diesem Punkt erhebt sie sich frisch: gestützt aufs dichterische Wort, das einzig von hier sie weiterzuführen vermag. Die Klavierlieder op. 12 zeigen große, manchmal übrigens seltsam einfache Bögen; ihre Einfachheit und Ausdruckskraft schmeckt wie die Süße, die den geschrumpften Früchten der vorangehenden Instrumentalwerke entweicht. In den Kammerliedern op. 14 vollzieht sich die Begegnung Weberns mit dem Dichter Trakl, dem er verwandt ist wie keinem anderen, wenn er auch den Dichter des verlassenen echolosen Selbst übertrifft durch die Stärke der formenden Objektivation, mit der er die Einsamkeit überwindet, indem er sie bis zu Ende gestaltet. Das letzte Lied schließt mit den Worten »Strahlender Arme Erbarmen / umfängt ein brechendes Herz« – nichts könnte den Ton von Weberns Musik wahrer bezeichnen, die in den Abgrund von Trauer sich neigt, im bodenlosen Sturz der Hoffnung gewärtig zu werden. Dies Kierkegaardische Wesen Weberns – Kierkegaardisch trotz seiner Katholizität, wie er denn auch Karl Kraus, dem exemplarisch Einzelnen, Entscheidendes verdankt – bringt nach der Lyrik der Trakl-Lieder, bis heute wohl seiner vollkommensten, eine Gruppe geistlicher Kompositionen hervor, deren Innerlichkeit sie von aller offiziellen sakralen Musik ebensowohl unterscheidet wie der treue Radikalismus des Stiles, der trotz lateinischer Texte ohne jede archaische Neigung, ohne die Fiktion einer singenden Gemeinde, auskommt. Fünf geistliche Lieder für Gesang und fünf Soloinstrumente op. 15 sind das Hauptwerk der Gruppe. – In zwei außerordentlich schwierigen Vokalzyklen: Drei Liedern für Gesang, Es-Klarinette und Gitarre op. 18, Zwei Chorliedern mit Kammerbegleitung nach Goethe-Texten op. 19, findet der konstruktive Wille Weberns zur Zwölftontechnik. Sie sind schwierig in doppeltem Sinne: für die Ausführung, wegen der großen Intervalle, die die Zwölftontechnik Weberns mit sich bringt; für den Komponisten: weil er die Aufgabe vorfindet, seinen aufgelösten, jeden Haltes an der kompositorischen Oberfläche entratenden Stil, der keine Sequenz, überhaupt keine rhythmische Wiederholung kennt, gegenüber den Ansprüchen der Zwölftontechnik zu behaupten. Es ist ihm gelungen: nur die wissende Analyse, nicht der akustische Eindruck läßt Weberns Zwölftonwerke von den früheren unterscheiden: er hat gleichsam den Sprung zwischen der freizügigen und der zwölftönigen Verfahrungsweise, den Schönbergs Dialektik aufwirft, nachträglich ausgefüllt. Im Augenblick, da er über die Zwölftontechnik frei – frei im Sinne seines persönlichen Ausdrucks – verfügt, kehrt er zur Instrumentalmusik zurück und nun endlich, zum ersten Mal seit dem op. 1, begibt er sich wieder in größere Dimensionen, die ihm die Zwölftontechnik erlaubt, ohne daß der definitive Charakter des motivischen Einzelereignisses darüber geschmälert würde. Das zweisätzige Streichtrio op. 20, eines der Meisterstücke der neuen Musik, gibt in manchem Betracht ein Seitenstück zu Bergs Lyrischer Suite ab. Wie Berg dort Webernsche Zartheit des Klanges, Webernsches Espressivo des Einzelnen errang, so hat Webern eine Fähigkeit zur ausgebreiteten Form gewonnen, die der Bergschen äquivalent ist. So nähern die Meister wie im Ursprung so auf der Höhe ihres kompositorischen Weges sich einander an und erweisen den objektiven Wahrheitsgehalt eines Stiles, der in den Bestimmungen individueller Unterschiede nicht aufgeht. Ein langsamer, in sich beweglicher, zart fließender Satz macht den Beginn; das Finale hat Sonatencharakter und schmilzt endlich das Sonatenschema völlig im Ausdruck der subjektiven Freiheit ein, ohne von seinen Zügen nur den leisesten preiszugeben: Urbild einer aktuellen und bestätigten Sonate schlechthin. Die souveräne Verfügung über das Material führt dann in der »Symphonie« op. 21 zu einer erstaunlichen Vereinfachung des gesamten Stils. Sie ist Symphonie nur in uneigentlichem Sinn: durch den – kleinen – orchestralen Apparat und eine gewisse objektive Haltung des Ganzen, die von Weberns expressionistischer Technik sich abhebt, ohne doch ihrem Ursprung in jener sich zu entfremden. Der erste Satz ist ein überaus kunstvoller Doppelkanon; der zweite bringt Variationen über ein ganz zartes, lockeres Thema, die sich durch verblüffende Kombinationen verdichten und vereinfachen und sogar indirekt Gruppenwiederholungen zustande bringen. Das ganze Werk erreicht mit den kompliziertesten Mitteln den Eindruck zwingender, natürlich fließender Selbstverständlichkeit. Die Dimensionen bleiben sehr knapp. Ein neues, umfangreiches Werk, ein Quartett in gewählter Kammerbesetzung, kam soeben zum Abschluß.

Dies der Entwicklungsgang der ebenbürtigen Meister. Im strengen Vollzuge ihrer kompositorischen Aufgabe sind Schönbergs Schüler Erben geworden, die erwarben, was sie besitzen, und damit das Erbe weitertreiben zum dunklen, kaum geahnten und dennoch sicheren Ziel aller Musik hin. Bei keinen ist der Vollzug der musikalischen Geschichte in besseren Händen als bei ihnen.

 

1930

 

 

Alban Berg

Zur Uraufführung des »Wozzeck«

Von der Schule Arnold Schönbergs reden, heißt die Wahrheit verkennen, die vom Unterricht des Komponisten nicht anders wohl als von den Werken ausging. Wenn die radikale Problematik der Beziehung von Kunst und Gesellschaft in der ganzen Breite des musikalischen Lebens jeden anderen Zusammenschluß als den der freien Wahl verwehrt, da die vorgesetzte Einheit der Schule über einer Tradition des Ästhetischen sich errichtet, deren sozialer Grund verfiel; wenn selbst Debussys Nachfolge es nicht vermochte, das glückliche Erbe jener in schmalem Raum konsistenten und geschichtlich gebundenen Kultur zu wahren: wieviel weniger doch dürfte der Lehrer Schönberg sich bescheiden in einer Sphäre der Tradition, die der Meister rechtmäßig sprengte; zu schweigen von der Unmöglichkeit, daß Tradition, den objektiven Verfall einmal zugestanden, jemals vom Einzelnen gestiftet werde, dessen tragischem Typus Schönbergs Werke exemplarisch zugehören. So entspringt denn zwar die Absicht der »Harmonielehre«, einen gediegenen Kanon des Handwerks in die Rechte der unglaubwürdig gewordenen ästhetischen Norm eintreten zu lassen, der Erkenntnis von der historischen Bedingtheit der ästhetischen Norm und der Auflösung, die heute an ihr sich vollzog, enthüllt aber zugleich die Unmöglichkeit der Konstitution einer musikalischen Schule. Handwerk nämlich, das als Handwerk vom inhaltlichen Sinn einer Kunst polemisch sich losgesagt hat, will und darf Tradition nicht bilden. Daß es sich lossagte, bedeutet den Bruch der Tradition; daß es sich einschränkte auf sich, bestätigt ihn als überpersonal notwendig, insofern dort nur, wo Gesetz und Konkretes durchaus einander fremd wurden, das Gesetz, des Sinnes bar, als Regel des Handwerks, gemindert, doch real fortbesteht. Demnach scheidet sich die Nachfolge Schönbergs, die anders als Debussys kaum je Erbe wird sein dürfen, in zwei Schichten, welche dem personalen Sinn und der guten Rechtes von Schönberg ins Handwerk gesenkten Gesetzlichkeit entsprechen, ohne sie als Schule versöhnen zu können. Alban Berg hat in Wahl zu Schönberg sich gestellt und bei ihm die Technik des Komponierens erlernt. Jedoch weder aus der Nachbarschaft der bestimmenden Intentionen, noch aus dem pädagogischen Verhältnis lassen sich die Gehalte seiner Musik ableiten. Schüler Schönbergs sein aus Wahl und entschiedener noch als in handwerklicher Treue besagt: sein Schüler nicht sein, sondern, gleich ihm, im Bruch mit aller vorgegebenen Objektivität und unter dem Zeichen der Einsamkeit zu beginnen und die Macht der Bestätigung allein in jener Wahrheit zu belassen, die Einsamkeit befahl. Je weniger indessen aus Schönberg Bergs Art deduzierbar ist, um so klarer wird sie an der Beziehung zu jenem – der musikalischen – offenbar. Hier, wo sein Selbst die schroffste Begrenzung erfährt, muß es zugleich als Selbst sich entscheiden. Im Anteil des suchenden Auges am Vorbild und in der Entfernung von ihm verbirgt sich, wie sonst etwa vielleicht im Doppelsinn der Tradition, die Anschauung des Urbildes durch den nachbildenden Künstler. Hier auch ist der Ort, von dem aus Bergs geistige Landschaft in ihren beiden Richtungen: ihrem Zusammenhang mit der Gesamtsituation und ihrer Selbstheit, nach Kontur und Weite sich überblicken und flüchtig ausmessen läßt.

Dem Handwerk, das zu sich zurückkehrt, um frei zu werden von der Belastung durch den trügenden Inhalt der Expression, bietet adäquat sich dar die Variationsform. Sie vollendet die Ökonomie des Technischen, indem sie den musikalischen Zusammenhang kontrollierbar einsichtig erweist als Abwandlung eines gleichen; ihre Gesetzlichkeit erschöpft sich im musikalischen Material oder genauer: ihr Material bedarf keiner anderen Gesetzlichkeit als der musikalischen, und ihre musikalische Totalität ist die Totalität der Beziehungen zum Thema. Gleichwohl hat auch die Variationenform kein Schicksal fern der Geschichte. Das Thema selbst ist der Geschichte untertan. Während es im Rahmen einer wie immer vorgezeichneten Formobjektivität seiend beginnt und in Variationen spielend sich verhüllt, nicht aber verschwindet, läßt es die freie Setzung nicht sein mehr, sondern werden zugleich und untergehen; werden aus der Dialektik, die es verschließt und die die Variationen entfalten, untergehen in ihnen durch den Druck jener Dialektik, die seinen Platz einnimmt, ohne dort beharren zu können. Damit wird der Bezug der Variationen, der einzig im Thema gründen sollte, dem Zufall überantwortet, mag er technisch auch völlig sichergestellt sein. Die Variationenform genügt sich selbst nicht mehr oder, wo sie höhergetrieben wird, sie widerspricht sich. Die Sonate nun empfängt sie als Durchführung. Bei Schönberg, zumal in der Kammersymphonie und im Zweiten Quartett, ergreift die Variationsdurchführung Besitz von der ganzen Sonate, die an ihr ökonomisch wird und die Variation variierend erhält. Der nur werdenden Form dient untergehend die seiende – Variation – als regulatives Prinzip. Bergs opus 1, die Klaviersonate, die ein Sonatensatz ist, zeitlich der Kammersymphonie benachbart, bildete sich im Umkreis solcher Probleme. Sie bildete sich weit eher, als daß sie gebildet wurde. Die Ökonomie der Technik in sich, die sie mit Schönberg gemein hat, kommt zu Tage an dem Gewicht, das für die Konstruktion dem Detail zugewogen ist. Kein abstraktes Schema liegt der Sonate zugrunde, sie mündet in eine Form, die, am Ende gleichsam und ironisch, als sonatenhaft sich kundgibt. Ihr Ursprung findet sich rein im konkreten Detail. Das Motiv der Variation bedarf, sich zu realisieren, kaum mehr der Variation der Motive. An Stelle des aufgelösten Kontrastes von Thema und Variation tritt die variierende Genesis der Themen selbst. Jedes Thema der Sonate ist doppel- oder mehrdeutig, entläßt das folgende aus sich oder erscheint als dessen Vorwegnahme. Alle verhalten sich wie Variationen zueinander, nur daß ihr thematisches Bezugssystem nicht aufgedeckt wird, sondern in der Zuordnung der Themen versteckt bleibt, so daß man, in Paradoxie den Sinn dieser Technik fassend, sagen darf, das Thema der Variationen sei die Form der Sonate als der Inbegriff aller zwischenthematischen Verwandtschaften, dem sonst in Variationen deren Thema eben genügt. Das frühe und reife Werk – vieles, was darin an Harmonik und Klang tektonisch hervorgebracht wurde, mochte man später bei Skrjabin in seiner Isolierung als Reizmittel bestaunen – enthält in der variierenden Sonatentechnik bereits die wichtigste Spannung von Bergs Kompositionsweise in sich. Es ist die von partikularer Motivik und symphonischer Extensität. Bergs Streichquartett opus 3 (1910) trägt sie erstmals aus. Themen, die stets ineinander sich verwandeln wollen, müssen motivisch vielfältig gegliedert sein. Eine geschlossene und geräumige Melodie bleibt, was sie ist, und ruht in sich; eine Gruppe, aus Verschiedenartigem gebildet und aphoristisch offen, gestattet wechselnde Beleuchtung und setzt ohne Bruch sich fort. Je kleiner die Einheiten sind, in die ein Thema sich zerlegt, um so größer ist die Möglichkeit, Beziehungen aus ihm herauszuspinnen. Im Gebiete vollkommener technischer Ökonomie aber ist die Konstitution der gesamten Form durch Beziehungen oberste Aufgabe. Oft genug im Quartett neigt Bergs Verfahrungsart sich zur niedrigsten motivischen Einheit, zum einzelnen Ton, und nützt ihn, den minimalen thematischen Rest, als Mittel der Verknüpfung. Je unvollständiger indessen, unter dem auflösenden Zwange der Verwandlung, die Themen bleiben, um so dringender fordern sie als Gegenbild eine große Form, die sie, wo nicht konstituiert, wenigstens doch bekräftigend faßt. Eine Analogie gilt zwischen dieser Spannung und der Beethovenschen zwischen rhythmischem Motiv und symphonischem Satz. Aber es trifft jene Analogie äußerst formal nur das Wesen des symphonischen Musikers. Der Sinn der Spannung von Kleinstem und Ganzem ist kontradiktorisch verschieden in Situationen, die durchaus einander widerstreiten. Beethovens Symphoniesatz hat sein Fundament in der Wiederholbarkeit des rhythmischen Motivs, und umgekehrt gestattet bloß die Existenz des Symphoniesatzes, daß das rhythmische Motiv wiederholt werde. Die Spannung wird vom bestehenden Gesetz umschlossen und bringt es nochmals hervor. Mit dem Gesetz, das erlischt, geht die Wiederholbarkeit des Motivs verloren. Ja seine Unwiederholbarkeit gerade verlangt die stetige Verwandlung und mit ihr die totale Form, die nicht aus in sich fertigen Teilabschnitten abstrakt summiert wird, sondern unmittelbar in der motivischen Monade angelegt ist – jene Form, deren Garantie vordem eben die Wiederholbarkeit des Motivs war. Das unwiederholbare Motiv tritt nicht wesentlich mehr als rhythmisches auf. Der Rücksicht auf Symmetrie enthoben, der auf Verwandlung unterworfen, enthält es als Kern die melodische Gestalt. Rhythmisch markiert seinen Charakter die Einmaligkeit. Berg bedurfte, im Quartett, nur der Konsequenz, der aphoristischen Motivik die thematische Suprematie schlechthin zu gewähren, um in der vollständigen Verwandlung die symphonische Totalität zu finden, die ihm gemeint sein mag. Sie erscheint als genaues Widerspiel der Beethovenschen. Trotzdem ist die Analogie zu dieser nicht ganz müßig. An ihr läßt sich Einsicht gewinnen in Bergs Verschiedenheit von Schönberg. Bei diesem hat im Bestand des Themas die motivische Verwandlung ihre Grenze. Nachdem die Variation das geschlossene Thema zerstörte, wird für Schönberg – der sie auskristallisierte – Verwandlung nicht zur tragenden musikalischen Entität. Wohl gelangt er zur partikularen Motivik. Anstatt jedoch aus ihrer Abwandlung formbildende Kräfte zu ziehen, schließt er, anfangs gar unter Verzicht auf jegliche motivische Arbeit, die melodischen Partikeln zu Themen höherer Ordnung zusammen, die zu den aufgelösten sich verhalten wie, in der infinitesimalen Mathematik, die Ableitung zur gegebenen Funktion. Daß Schönberg das Thema nach seinem Untergang noch bewahrt, deutet auf den lyrischen Ursprung seiner Musik. Alle lyrische Musik wurzelt im Thema und wächst ohne Hülle aus ihm. Der symphonischen dagegen ist das Thema lediglich der Vorhang, hinter dem die Identifizierung von Motiv und Satz sich vorbereitet. Er fällt, sobald sie gelungen ist. In der Relativierung des Themas mag Berg mit Beethoven typisch sich begegnen. Wenn er in der Rezeption Schönbergs auf sich selbst stößt, bezeugt er die Not einer Situation, deren ontologische Haftpunkte derart verrückt sind, daß ein künstlerischer Typus, wofern ihm überhaupt die Möglichkeit gelassen, einzig durch die Erfahrung seines typischen Gegenteils manifest werden kann. Auch Schönberg benötigte die konträre Erfahrung und schrieb die Kammersymphonie symphonischeren Geistes als irgend ein anderer. Die Typik also scheint in eine bestimmende Dialektik aufgenommen, nicht mehr in reiner Sonderung erstarrt. Nicht zufällig indessen prägt sich in den Klarinettenstücken opus 4, deren Kürze es Anton von Weberns fragmentarischer Lyrik gleichtut, Bergs Wesen minder scharf aus als in den breiten Komplexen des Quartetts. Größer wirkt hier die motivisch expansive Gewalt, die über sich hinausweist, als die thematische Gegenwart, zu der sie gerann. Mit der Problematik ihres Miniaturformats, das doch erfüllt ist, bekräftigen die Stücke eindringlich genug Bergs symphonische Anlage. Nicht zufällig auch ist Bergs entschiedene Neigung zu Mahler. Sie beginnt zu fruchten in den Orchesterstücken opus 6, die seine symphonische Anlage positiv bekräftigen. Stets noch blieb man dem Werk, das nicht schwieriger ist als zu hören wichtig, die würdige Aufführung schuldig. Das dritte, eigentlich symphonische Stück, der Marsch, erklang bis heute nicht anders als zur Hälfte in einer Orchesterprobe. Der allgemeine Musikverein hat, wofern er sich nicht selber aufgibt, die Verpflichtung, die Stücke repräsentativ spielen zu lassen. Denn es geschieht darin, was gleich verbindlich nur in den Werken aus Schönbergs mittlerer Zeit geschah: die Auseinandersetzung der zur einsamen Freiheit durchgebrochenen Person mit der großen Überlieferung, der sie sich entrang und an der sie polemisch sich festigen muß. Die Auseinandersetzung geschieht im Bannkreis Mahlers. Bergs Technik der Verwandlung trifft mit der Mahlerschen genau zusammen, die im Vordergrund nur, oftmals mit dem Hohn wahrhaft symbolischer Banalität das thematische Sonderrecht verwerfend, fixierte Themen aufstellt, eigentlich aber zwischen der motivischen Zelle und dem thematisch inkommensurablen Bau waltet. Was bei Mahler, in psychologischer Wendung noch, die Banalität leistet, vollbringt konstruktiv bei Berg die partikulare Motivik, die auf thematische Fassaden gänzlich verzichtet und in die Form hinein stets von neuem sich entlädt. Daß die Beziehung zu Mahler offen ersichtlich wurde, mußte Berg nur die Technik der Verwandlung auf den Apparat eines vielfältig geschichteten und farbig ausgebreiteten Orchesters, auf die kennbaren Charaktere des rückläufigen Präludiums, des als Reigen symphonisch stilisierten Walzers und des Marsches, der Symphonie bereits ist, übertragen. Den Anfangssätzen der Neunten und Zehnten Symphonie stehen die Stücke am nächsten. Die Beziehung zu jenen stammt aus dem Ursprung der symphonischen Form und der Situation, die heute deren Problematik diktiert. Als Abhängigkeit ist die Beziehung nicht zu begreifen: sie ist Verwandtschaft, nicht Ähnlichkeit. Sie bindet Berg an die symphonische Überlieferung des neunzehnten Jahrhunderts. Sie hat ihr Ende zugleich, wo seine Intention mit der Macht des Anfangs sich ausspricht.

Denn in freier Wahl hat Berg zu Schönberg sich gestellt. Einmal noch wird die Tradition des neunzehnten Jahrhunderts aufgehoben in einer Personalität, die von ihr sich trennte: in Personalität einzugehen, trachtet jene Tradition von sich aus schon. Indem aber Personalität dies Trachten besiegelt, besiegelt sie den Untergang der Tradition. Wie beide sich verschlingen, läßt mit der Interpretierung der technischen Fakten nicht zureichend evident sich machen. Der Gegensatz von Tradition und Personalität, zu allgemein bereits als solcher angeredet, spitzt innermusikalisch sich zu als Gegensatz expressiver Bestimmtheit und technischer Autarkie und kann also in dieser allein nicht erkannt werden. Bergs Harmonik ist, wie die Schönbergs, ursprünglich Harmonik des Ausdrucks. Die Einsamkeit des Individuums, seine Leiden, seine Sehnsucht, seine lethargische Schwermut bildet sie psychologisch nach. Ihr Individualismus gerade ordnet sie der Tradition ein, der expressiven Chromatik. Er regelt die harmonische Auswahl und schafft wesentlich damit die Form. Er aber auch zersetzt sie, da er sie bloß setzt: da er die Willkür des psychologischen Bezuges als ihren Grund statuiert. Sie zerfällt in die Unendlichkeit psychologischer Momente. Mit dem Augenblick, in dem die punktuelle Harmonik und ihr konstruktives Formkorrelat von der Herrschaft der psychologischen Expression sich unter dem konstruktiven Willen emanzipieren, ereignet sich ein Umschlag. Die formkonstitutiven Bestände, deren Objektivität der psychologische Individualismus verzerrt bewahrte, versinken. Das sprengende Individuum aber hört auf, bloß Individuum zu sein. Der Beschränkung auf die Sphäre schlechter Individualität entwächst es, weil es des Zwanges sich entledigt, diese darzustellen. Hier trennt Berg geschichtlich sich von Mahler, dem er wesenhaft verwandt ist, und als freie Wahl wird seine Entscheidung zu Schönberg sichtbar. Diese Wahl erst, die Lossage vom Psychologismus durch seine Vollendung, begründet die vollendete technische Ökonomie. In jener Ökonomie erheischt sie die Verantwortung der Person angesichts der chaotisch zerspellten Formen. Deren Trümmer sind ihr Stoff; ihr Gegenstand ist verborgen. Gleich verborgen ist der Gegenstand von Büchners Wozzeck-Drama, das über den Trümmern des idealistisch unterhöhlten deutschen Trauerspiels sich errichtet. Daß man Bergs Komposition abstrakten Konstruktivismus vorwerfe, ist um der dichten Sinnlichkeit der Oper willen nicht zu fürchten. Eher fördert der Hinweis auf die technische Ökonomie die Antithesis gegen den Psychologismus, den sie zerstört. Die technische Ökonomie auch des »Wozzeck« ist Ökonomie der Verwandlung. Nicht anders ist das Verhältnis von Motivkern und Form wie etwa im Quartett oder in den Orchesterstücken. Die gleiche große Passivität, die bei dem Österreicher Berg leise und bedeutend an Schubert mahnt, läßt im »Wozzeck« wieder, von keinem Anspruch scheinhafter Autonomie durchbrochen, die Konkretion des Kleinsten und Ganzen unvermittelt geraten, das bessere Teil und geheime einer Objektivität hütend, deren lautes und falsches an ihr eben zunichte wurde; nur daß, befreit vom Zwange zu punktuellem Seelenausdruck, jene Konkretion im »Wozzeck« maßvolle Klarheit gewonnen hat. – Gefährlicher richtet sich gegen das Werk der Einwand, der es als Musikdrama in die Sphäre zurückschieben möchte, die die Oper definitiv unter sich ließ. Er stützt sich darauf, daß es der Wozzeck-Musik am psychologischen Detail so wenig fehlt wie an Seelenstimmung insgesamt. Tatsächlich steht der »Wozzeck« nicht am Ende der Dialektik, die der musikalische Psychologismus aus sich entließ – welches Werk von personalem Gewicht vermöchte das heute! – sondern spitzt sie erbittert zu, ihren Umschlag erst legitimierend. Leicht mag die Gewalt des Überganges darin als dauernd sich behaupten. Sie brachte dem Komponisten, vor dem Kriege, das Buch, längst ehe das Programm des literarischen Expressionismus im Verein mit Reinhardts theatralischer Lust am Bilderwechsel die Büchner-Mode kreierte. Nichts gestattet, es psychologisch zu nehmen, und die Betonung dessen, daß es Fragment blieb, benützt einzig die Genesis als Ausrede für die Unfähigkeit, der Art nach das Drama zu verstehen. Wohl bleibt – wie in Bergs Musik – ein psychologischer Motivationszusammenhang zwischen den Vorgängen gewahrt. Aber er macht lediglich ihre Außenfläche aus und verstellt sie eher, als daß er sie trüge. In Wozzecks krauser, dem Gegenständlichen höchst unangemessener Vorbestimmtheit zur Tat, die eher der Armut aufrührerisch verschwistert, denn vom Schicksal blind gefügt erscheint; in der fixen Ruhmesidee des Arztes, der nicht umsonst, hegelianisch, im Menschen die Individualität zur Freiheit sich verklären heißt; in der Märchenwildnis von Mariens sprachlicher Heimat; in allen Motiven, in denen der Wahnsinn die Seele niederwirft, die für sich und aus sich heraus gelten will, zerreißt die Hülle psychologischer Determinationen und es entblößt sich ein menschliches Selbst, das mit dem Worte Innerlichkeit unzulänglich und fälschend nur benannt wird. Wozzecks Satz »Der Mensch ist ein Abgrund« gebührt dem Drama als Formel, die den eigentlichen Inhalt beschwört. In den Abgrund taucht Bergs Musik. Ihn zu gewinnen, muß sie freilich erst die psychologische Außenschicht durchstoßen. Welche Wucht dabei ihr eignet, wird klar an dem Werk, das dem »Wozzeck« folgte, dem Kammerkonzert, klar an dem, was vom »Wozzeck« in jenes hinüberschlug. Die kunstvollsten Variationen, die Berg schrieb – solche nun, in denen spielend sogar ein Thema bestehen darf – das symphonischeste Adagio, rückläufig abermals gebaut, das Rondo, das beide, der Idee nach, kontrapunktiert, leiten den vollen Strom einer Musik weiter, die zu sich gekommen ist. Entstand die Sterbeszene Wozzecks aus den Verwandlungen eines sechsstimmigen Akkordes, dessen Töne alle kombinatorischen Möglichkeiten definieren, so begegnet Berg sprunglos aufs neue dem neuen Schönberg der Zwölfton-Technik im Kammerkonzert, das Partien in jener Technik enthält. Wenn es zugleich tonale Episoden hat wie der »Wozzeck«, so impliziert das, für Berg, keinen Widerspruch. Die gleiche Funktion übt bei ihm der tonale Einschlag der Akkordik, die der jüngste Schönberg der thematischen Symmetrie zuwägt. Aus der endlich selbstgewordenen Person treten die Formen hervor, an deren Untergang sie zur Selbstheit gedieh. Symbolisch erhellt Bergs Weg den der Musik, durch die er einsam sich schlug. Daß anders nicht als durch den Weg die Musik erhellt werde, symbolisiert seine Einsamkeit.

 

1925

 

 
Gesammelte Werke
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