Parataxis

 

Zur späten Lyrik Hölderlins

Peter Szondi gewidmet

 

Seitdem die Georgeschule die Ansicht von Hölderlin als einem stillen und feinen Nebenpoeten mit rührender vita zerstört hat, wuchs fraglos wie der Ruhm auch das Verständnis sehr an. Grenzen, welche die Erkrankung des Dichters dem hymnischen Spätwerk gegenüber zu setzen schien, wurden weit hinausgerückt. Die Rezeption Hölderlins in der neueren Lyrik seit Trakl trug von sich aus dazu bei, das Fremde, bestimmend in ihr selbst, im Urbild vertraut zu machen. Der Prozeß war keiner bloßer Bildung. Aber der Anteil der philologischen Wissenschaft daran läßt nicht sich verkennen. Muschg hat in seinem Angriff auf die tagesüblichen metaphysischen Interpretationen dies Verdienst, unter Nennung von Friedrich Beissner, Kurt May, Emil Staiger, mit Recht hervorgehoben und der Beliebigkeit des marktgängigen Tiefsinns entgegengehalten. Rügt er freilich an den philosophischen Interpreten, sie wollten es besser wissen als der Gedeutete: – »sie sprechen aus, was er nach ihrer Meinung nicht zu sagen wagte oder zu sagen vermochte« 1 –, so bringt er damit ein Axiom ins Spiel, das die philologische Methode gegenüber dem Wahrheitsgehalt beschränkt und das nur allzu gut harmoniert mit der Warnung, über die »schwierigsten Texte«, den »geisteskranke[n] Hölderlin, Rilke, Kafka, Trakl«2 sich herzumachen. Die Schwierigkeit dieser ungleichnamigen Autoren verbietet nicht sowohl die Interpretation, als daß sie sie erheischt. Jenem Axiom zufolge bestünde die Erkenntnis von Dichtungen in der Rekonstruktion des jeweils vom Autor Intendierten. Der feste Boden, den die philologische Wissenschaft daran zu besitzen meint, schwankt indessen. Die subjektive Intention ist, soweit sie nicht sich objektivierte, kaum wiederherstellbar; allenfalls soweit, wie Entwürfe und angrenzende Texte sie beleuchten. Gerade dort jedoch, wo es gilt: wo die Intention verdunkelt ist und der philologischen Konjektur bedarf, werden im allgemeinen die fraglichen Stellen von den durch Parallelen zu belegenden mit Grund abweichen, und Konjekturen versprechen wenig, wofern sie nicht selber schon an einem ihnen Vorgängigen, Philosophischen, Halt haben; zwischen beidem herrscht Wechselwirkung. Vor allem aber erschöpft der künstlerische Prozeß, der von jenem Axiom, wie wenn insgeheim stets noch der Bann der Diltheyschen Methode waltete, als Königsweg in die Sache betrachtet wird, keineswegs derart sich in der subjektiven Intention, wie das Axiom stillschweigend supponiert. Die Intention ist darin ein Moment: sie verwandelt sich zum Gebilde nur, indem sie an anderen Momenten sich abarbeitet, dem Sachgehalt, dem immanenten Gesetz des Gebildes und – zumal bei Hölderlin – der objektiven Sprachgestalt. Zur Kunstfremdheit des Feinsinns rechnet es, dem Künstler alles zuzutrauen; die Künstler selbst indessen werden durch ihre Erfahrung darüber belehrt, wie wenig ihr Eigenes ihnen gehört, in welchem Maß sie dem Zwang des Gebildes gehorchen. Es wird desto vollkommener gelingen, je spurloser die Intention in dem Gestalteten aufgehoben ist. »Dem Begriff des Ideals gemäß«, lehrt Hegel, könne man »von Seiten der subjektiven Äußerung die wahre Objektivität dahin feststellen, daß von dem ächten Gehalt des Gegenstandes, der den Künstler begeistert, nichts in dem subjektiven Inneren zurückbehalten, sondern Alles vollständig und zwar in einer Weise entfaltet werden muß, in welcher die allgemeine Seele und Substanz des erwählten Gehalts ebenso sehr hervorgehoben als die individuelle Gestaltung desselben in sich vollendet abgerundet, und der ganzen Darstellung nach von jener Seele und Substanz durchdrungen erscheint. Denn das Höchste und Vortrefflichste ist nicht etwa das Unaussprechbare, so daß der Dichter in sich noch von größerer Tiefe wäre, als das Werk darthut, sondern seine Werke sind das Beste des Künstlers, und das Wahre, was er ist, das ist er, was aber nur im Innern bleibt, das ist er nicht.«3 Fordert Beissner, unter legitimer Anspielung auf theoretische Sätze Hölderlins, man solle das Gedicht beurteilen »nach seinem gesetzlichen Kalkul und sonstiger Verfahrungsart, wodurch das Schöne hervorgebracht wird«4, so ruft er damit, wie Hegel und dessen Freund, eine Instanz an, welche über des Dichters Sinn, die Intention, notwendig hinausweist. Die Kraft dieser Instanz steigt in der Geschichte an. Was in den Werken sich entfaltet und sichtbar wird; wodurch sie an Autorität gewinnen, ist nichts anderes als die objektiv in ihnen erscheinende Wahrheit, welche die subjektive Intention als gleichgültig unter sich läßt und sie verzehrt. Hölderlin, dessen eigener subjektiver Ansatz bereits gegen den herkömmlichen Begriff subjektiver Ausdruckslyrik sich auflehnt, hat solche Entfaltung beinahe vorgedacht. Die Verfahrungsweise seiner Interpretation dürfte selbst nach philologischem Maß so wenig in der approbiert philologischen aufgehen wie die späten Hymnen in der Erlebnislyrik.

Beissner hat etwa dem ›Winkel von Hardt‹, keinem der schwierigsten Gedichte, eine kurze Erläuterung beigefügt. Am Stoff klärt sie das Dunkle auf. Der jäh genannte Name Ulrich ist der des verfolgten Herzogs von Württemberg. Zwei Felsplatten bilden den »Winkel«, den Spalt, in dem jener sich versteckte. Das Ereignis, das der Sage nach dort sich zutrug, soll aus der Natur sprechen, die darum »nicht gar unmündig« genannt wird. Nachlebende Natur wird zur Allegorie des Schicksals, das an der Stelle einmal stattfand: einleuchtend Beissners Erklärung der Rede vom »übrigen« als dem übrig gebliebenen Ort. Die Idee einer allegorischen Naturgeschichte jedoch, die hier aufblitzt und das gesamte Spätwerk Hölderlins durchherrscht, bedürfte selbst, als philosophische, ihrer philosophischen Herstellung. Vor ihr verstummt die philologische Wissenschaft. Das ist aber nicht gleichgültig fürs künstlerische Phänomen. Während die Kenntnis der von Beissner angezogenen stofflichen Elemente den Schein des Wirren auflöst, der einst jene Verse umgab, behält gleichwohl das Gebilde selbst, als Ausdruck, den Charakter von Verstörtheit. Verstehen wird es, wer nicht nur des pragmatischen Gehalts rational sich versichert, der außerhalb des im Gedicht und seiner Sprache Manifesten seinen Ort hat, sondern wer stets noch den Schock des unvermuteten Namens Ulrich fühlt; wer sich ärgert an dem »nicht gar unmündig«, das überhaupt erst aus der naturgeschichtlichen Konstruktion Sinn empfängt, und ähnlich an dem Gefüge »Ein groß Schicksal / Bereit, an übrigem Orte«5. Was die philologische Erklärung wegzuräumen gehalten ist, verschwindet dennoch nicht aus dem, was Benjamin zuerst und später Heidegger das Gedichtete nannte. Dies der Philologie sich entziehende Moment verlangt von sich aus Interpretation. Das Dunkle an den Dichtungen, nicht, was in ihnen gedacht wird, nötigt zur Philosophie. Es ist aber der Intention, »des Dichters Sinn« inkommensurabel, auf den noch Beissner sich beruft, freilich um mit ihm die »Frage nach dem Kunstcharakter des Gedichtes«6 zu sanktionieren. Pure Willkür wäre es, Hölderlin, wie immer auch verklausuliert, die Fremdheit jener Verse als Absicht zuzuschreiben. Sie rührt von einem Objektiven her, dem Untergang der tragenden Sachgehalte im Ausdruck, der Beredtheit eines Sprachlosen. Ohne das Verschweigen des Sachgehalts wäre das Gedichtete so wenig wie ohne den verschwiegenen. So komplex ist, wofür heute der Begriff immanente Analyse sich eingebürgert hat, der in der gleichen dialektischen Philosophie entsprang, an deren formativen Jahren Hölderlin Anteil hatte. In der Literaturwissenschaft bereitete die Wiederentdeckung jenes Prinzips ein genuines Verhältnis zum ästhetischen Gegenstand überhaupt erst vor, wider eine genetische Methode, welche die Angabe der Bedingungen, unter denen Dichtungen entstanden, der biographischen, der Vorbilder und sogenannten Einflüsse, mit der Erkenntnis der Sache selbst verwechselte. Wie jedoch das Hegelsche Modell der immanenten Analyse nicht bei sich selbst verbleibt, sondern mit der eigenen Kraft des Gegenstandes diesen durchbricht; über die monadologische Geschlossenheit des Einzelbegriffs hinaustreibt, indem es diesen achtet, so dürfte es auch um die immanente Analyse von Dichtungen stehen. Worauf diese zielen und worauf Philosophie zielt, ist das Gleiche, der Wahrheitsgehalt. Zu ihm geleitet der Widerspruch, daß jegliches Werk rein aus sich verstanden werden will, aber keines rein aus sich verstanden werden kann. So wenig wie der ›Winkel von Hardt‹ wird irgendein anderes ganz von der Stoffschicht expliziert, deren die Stufe des Sinnverständnisses bedarf, während die höheren den Sinn erschüttern. Die Bahn von dessen bestimmter Negation dann ist die zum Wahrheitsgehalt. Soll er emphatisch wahr, mehr als das bloß Gemeinte sein, so läßt er den Immanenzzusammenhang unter sich, indem er sich konstituiert. Die Wahrheit eines Gedichts ist nicht ohne dessen Gefüge, die Totalität seiner Momente; ist aber zugleich, was dies Gefüge, als eines von ästhetischem Schein, übersteigt: nicht von außen her, durch gesagten philosophischen Inhalt, sondern vermöge der Konfiguration der Momente, die, zusammengenommen, mehr bedeuten, als das Gefüge meint. Wie mächtig die Sprache, dichterisch gebraucht, über die bloß subjektive Intention des Dichters hinausschießt, läßt in der ›Friedensfeier‹ an einem zentralen Wort sich erkennen: Schicksal. Hölderlins Intention ist einverstanden mit diesem Wort, soweit er Partei ergreift für den Mythos; soweit sein Werk Mythisches bedeutet. Unleugbar affirmativ die Stelle: »Schicksalgesetz ist dies, daß Alle sich erfahren, / Daß, wenn die Stille kehrt, auch eine Sprache sei.«7 Verhandelt aber ward übers Schicksal zwei Strophen früher: »Denn schonend rührt des Maßes allzeit kundig / Nur einen Augenblick die Wohnungen der Menschen / Ein Gott an, unversehn, und keiner weiß es, wenn? / Auch darf alsdann das Freche drüber gehn, / Und kommen muß zum heilgen Ort das Wilde / Von Enden fern, übt rauhbetastend den Wahn, / Und trifft daran ein Schicksal, aber Dank, / Nie folgt der gleich hernach dem gottgegebnen Geschenke.«8 Dadurch, daß am Ende dieser Zeilen, vermittelt durch ein Aber, auf Schicksal das Stichwort Dank folgt, wird eine Zäsur gesetzt, die sprachliche Konfiguration bestimmt den Dank als Antithesis zum Schicksal oder, in Hegelscher Sprache, als den qualitativen Sprung, der aus Schicksal, auf es antwortend, herausführt. Dem Gehalt nach ist Dank antimythologisch schlechthin, das, was laut wird im Augenblick der Suspension des Immergleichen. Lobt der Dichter das Schicksal, so setzt diesem die Dichtung den Dank entgegen, aus dem eigenen Momentum, ohne daß er es gemeint haben muß.

Während indessen die Hölderlinsche Dichtung, gleich jeder nachdrücklichen, der Philosophie als des Mediums bedarf, das ihren Wahrheitsgehalt zutage fördert, taugt dazu ebensowenig der Rekurs auf eine wie immer auch ihn beschlagnahmende. Die Arbeitsteilung, welche nach dem Verfall des deutschen Idealismus Philosophie und Geisteswissenschaften verhängnisvoll trennte, hat die letzteren, des eigenen Mangels bewußten ebenso dazu veranlaßt, sich nach Hilfe dort umzusehen, wo sie innehalten wollen oder müssen, wie sie umgekehrt die Geisteswissenschaften um das kritische Vermögen brachte, das allein ihr den Übergang in Philosophie gestattet hätte. Heteronom hängte darum die Hölderlin-Interpretation in weitem Maß an die unbefragte Autorität eines Denkens sich an, das von sich aus mit Hölderlin fraternisierte. Die Maxime, die Heidegger seinen Erläuterungen voranstellt, lautet: »Um des Gedichteten willen muß die Erläuterung des Gedichtes danach trachten, sich selbst überflüssig zu machen«9, also ebenso im Wahrheitsgehalt zu verschwinden wie die Realien. Während er aber den Begriff des Gedichteten dergestalt akzentuiert, ja dem Dichter selbst die äußerste metaphysische Dignität zumißt, zeigen seine Erläuterungen im einzelnen sich höchst gleichgültig gegen das spezifisch Dichterische. Er verherrlicht den Dichter, überästhetisch, als Stifter, ohne das Agens der Form konkret zu reflektieren. Erstaunlich, daß keiner am Zug des Amusischen in jenen Erläuterungen sich geärgert hat, an mangelnder Affinität. Phrasen aus dem Jargon der Eigentlichkeit wie die, daß Hölderlin »in die Entscheidung«10 stelle – man fragt vergebens, in welche, und es ist vermutlich keine andere als die klappernd obligate zwischen Sein und Seiendem –; unmittelbar danach die ominösen »Leitworte«; »das echte Sagen«11; Clichés aus der minderen Heimatkunst wie »versonnen«12; hochtrabende Kalauer wie: »Die Sprache ist ein Gut in einem ursprünglicheren Sinne. Sie steht dafür gut, das heißt: sie leistet Gewähr, daß der Mensch als geschichtlicher sein kann«13; professorale Wendungen wie »aber sogleich erhebt sich die Frage«14; die Benennung des Dichters als des »Hinausgeworfenen«15, die ein humorlos unfreiwilliger Witz bleibt, auch wenn sie eine Belegstelle aus Hölderlin für sich anführen kann: all das treibt in den Erläuterungen ungestört sein Unwesen. Nicht, daß er kein Dichter sei, ist gegen den Philosophen einzuwenden, aber die Afterpoesie zeugt gegen seine Philosophie der Dichtung. Das ästhetisch Schlechte entspringt im schlecht Ästhetischen, der Verwechslung des Dichters, bei dem der Wahrheitsgehalt vermittelt ist durch den Schein, mit dem Stifter, der ins Sein selbst eingriffe, gar nicht so verschieden von der einst in der Georgeschule geübten Heroisierung der Dichter: »Die Ursprache aber ist die Dichtung als Stiftung des Seins.«16 Der Scheincharakter der Kunst affiziert unmittelbar deren Verhältnis zum Gedanken. Was wahr und möglich ist als Dichtung, kann es nicht buchstäblich und ungebrochen als Philosophie sein; daher die ganze Schmach des altmodisch-modischen Wortes »Aussage«. Jede Interpretation von Dichtungen, welche sie auf die Aussage bringt, vergeht sich an ihrer Weise von Wahrheit, indem sie an ihrem Scheincharakter sich vergeht. Was als Sage vom Ursprung den eigenen Gedanken und Dichtung, die nicht Gedanke ist, unterschiedslos auslegt, fälscht beides im gespensterhaft wiederkehrenden Geist des Jugendstils, am Ende im ideologischen Glauben, es lasse von der Kunst her die als schlecht und erniedrigend erfahrene Realität sich wenden, nachdem die reale Änderung verbaut ist. Die ins Maßlose gesteigerte Ehrfurcht vor Hölderlin betrügt über ihn im Einfachsten. Sie suggeriert, was der Dichter sagt, wäre so, unmittelbar, buchstäblich; das dürfte die Vernachlässigung des gleichzeitig verherrlichten Gedichteten erklären. Die schlagartige Entästhetisierung des Gehalts unterschiebt das unabdingbar Ästhetische als Reales, ohne Rücksicht auf die dialektische Brechung zwischen Form und Wahrheitsgehalt. Dadurch wird die genuine Beziehung Hölderlins zur Realität, die kritische und utopische, weggeschnitten. Er soll als Sein zelebriert haben, was in seinem Werk keinen anderen Ort hat als die bestimmte Negation des Seienden. Die allzu früh behauptete Wirklichkeit des Dichterischen unterschlägt die Spannung von Hölderlins Dichtung zur Wirklichkeit und neutralisiert sein Werk zum Einverständnis mit dem Schicksal.

Heidegger hebt an mit dem manifest von Hölderlin Gedachten, anstatt dessen Stellenwert im Gedichteten auszumachen. Er siedelt ihn, ohne davon Rechenschaft zu geben, zurück in die Gattung Gedankendichtung Schillerscher Provenienz, von der man ihn dank der neueren Arbeit an den Texten befreit glaubte. Die Beteuerungen des Dichterischen fallen gegenüber dem von Heidegger tatsächlich Geübten wenig ins Gewicht. Es hat seine Stütze an den gnomischen Elementen in Hölderlin selbst. Sententiöse Prägungen sind auch in die späten Hymnen eingelassen. Stets ragen Sentenzen aus den Dichtungen heraus, als wären sie Urteile über Reales. Was aus Mangel an ästhetischem Organ unterhalb des Kunstwerks verharrt, benutzt die Sentenzen, um sich in eine Position über dem Kunstwerk zu manövrieren. Mit Kurzschluß, in recht gewalttätiger Paraphrase einer Empedokles-Stelle, verkündet Heidegger die Wirklichkeit des Gedichteten: »Dichtung erweckt den Schein des Unwirklichen und des Traumes gegenüber der greifbaren und lauten Wirklichkeit, in der wir uns heimisch glauben. Und doch ist umgekehrt das, was der Dichter sagt und zu sein übernimmt, das Wirkliche.«17 Das Wirkliche der Dichtungen, ihr Wahrheitsgehalt, vermischt sich solcher Erläuterung trüb mit dem unmittelbar Gesagten. Das verhilft zur billigen Heroisierung des Dichters als des politischen Stifters, der die Winke, die er empfängt, »weiter [winkt] in sein Volk«18: »indem Hölderlin das Wesen der Dichtung neu stiftet, bestimmt er erst eine neue Zeit«19. Das ästhetische Medium des Wahrheitsgehalts wird eskamotiert; Hölderlin auf den von Heidegger zu autoritärem Behuf ausgewählten angeblichen Leitworten aufgespießt. Dem Gedichteten jedoch gehören die Gnomen bloß vermittelt an, in ihrem Verhältnis zur Textur, aus der sie, selber Kunstmittel, herausstechen. Daß, was der Dichter sagt, das Wirkliche sei, mag zutreffen auf den Gehalt des Gedichteten; nie auf Thesen. Treue, die Tugend des Dichters, ist die zum Verlorenen. Sie setzt Distanz zur Möglichkeit, es sei jetzt und hier zu ergreifen. Soviel steht bei Hölderlin selbst. Die »Starken« von »Asia«, urteilt der Hymnus ›Am Quell der Donau‹, »Die furchtlos vor den Zeichen der Welt, /Und den Himmel auf Schultern und alles Schicksal, /Taglang auf Bergen gewurzelt, / Zuerst es verstanden, / Allein zu reden / Zu Gott. Die ruhn nun.«20 An sie heftet sich Treue: »Nicht uns, auch Eures bewahrt sie, / Und bei den Heiligtümern, den Waffen des Worts, /Die scheidend ihr den Ungeschickteren uns, / Ihr Schicksalssöhne, zurückgelassen / ... Da staunen wir.«21 Die »Waffen des Worts«, die dem Dichter bleiben, sind überschattete Erinnerungsspuren, keine Heideggersche »Stiftung«. Von den archaischen Worten, in welchen dessen Deutung terminiert, heißt es bei Hölderlin ausdrücklich: »wir ... wissens nicht zu deuten«22. – Wohl schicken manche Verse Hölderlins sich zu Heideggers Erläuterungen, Produkte schließlich der gleichen philhellenisch-philosophischen Tradition. Wie jeglicher genuinen Entmythologisierung wohnt dem Gehalt Hölderlins eine mythische Schicht inne. Der Vorwurf der Willkür reicht gegen Heidegger nicht aus. Da die Deutung von Dichtung dem gilt, was nicht gesagt ward, so kann nicht gegen sie gehalten werden, daß es in jener nicht gesagt sei. Erweislich aber ist, daß, was Hölderlin verschweigt, nicht ist, was Heidegger extrapoliert. Liest dieser die Worte: »Schwer verläßt, / Was nahe dem Ursprung wohnet, den Ort«23, so mag er ebenso über das Pathos des Ursprungs frohlocken wie über das Lob von Immobilität. Jedoch die ungeheure Zeile »Ich aber will dem Kaukasos zu!«24, die bei Hölderlin im Geist von Dialektik – und dem der Beethovenschen Eroica – fortissimo dazwischenfährt, ist mit solcher Gestimmtheit nicht mehr zu vereinen. Als hätte Hölderlins Dichtung vorausgesehen, wofür sie einmal die deutsche Ideologie einspannt, richtet die späteste Fassung von ›Brot und Wein‹ eine Tafel auf wider den irrationalistischen Dogmatismus und den Ursprungskult in einem: »Glaube, wer es geprüft! nämlich zu Haus ist der Geist / Nicht im Anfang, nicht an der Quell.«25 Die Paränese hat ihren Ort unmittelbar vor der von Heidegger reklamierten Zeile: »Kolonie liebt, und tapfer Vergessen der Geist.«26 Kaum anderswo dürfte Hölderlin seinen nachgeborenen Protektor schroffer Lügen strafen als im Verhältnis zum Fremden. Das Hölderlins ist für Heidegger eine einzige Irritation. Die Liebe zur Fremde bedarf bei diesem der Apologie. Sie sei »jene, die zugleich an die Heimat denken läßt«27. In diesem Kontext gibt er dem Hölderlinschen Ausdruck Kolonie eine erstaunliche Wendung; kleinkrämerische Wörtlichkeit wird zum Mittel nationalistischer Rabulistik. »Die Kolonie ist das auf das Mutterland zurückweisende Tochterland. Indem der Geist Land solchen Wesens liebt, liebt er mittelbar und verborgen doch nur die Mutter.«28 Das endogamische Ideal Heideggers überwiegt selbst sein Bedürfnis nach einer Ahnentafel der Seinslehre. Hölderlin wird über Stock und über Stein für eine Vorstellung von Liebe eingespannt, die in dem kreist, was man ohnehin ist, narzißtisch fixiert ans eigene Volk; Heidegger verrät die Utopie an Gefangenschaft in der Selbstheit. Das Hölderlinsche »und tapfer Vergessen [liebt] der Geist« muß Heidegger umfrisieren in die »verborgene Liebe, die den Ursprung liebt«29. Am Ende des Exkurses ereignet sich bei Heidegger der Satz: »Das tapfer Vergessen ist der wissende Mut zum Erfahren des Fremden um der künftigen Aneignung des Eigenen willen.«30 Aus dem exilierten Hölderlin, der im selben Brief an Böhlendorf sich fortwünscht nach Otaheiti31, wird ein zuverlässiger Auslandsdeutscher. Ungewiß, ob die Heidegger-Apologetik noch dessen Verkoppelung von Kolonie und Aneignung dem Soziologismus solcher zur Last legt, die sie bemerken.

Vom selben Schlag sind Betrachtungen, die Heidegger, mit sichtbarem Unbehagen, an die Verse über die braunen Frauen von Bourdeaux im ›Andenken‹ anschließt. »Die Frauen – Dieser Name hat hier noch den frühen Klang, der die Herrin und Hüterin meint. Jetzt aber wird er in dem einzigen Bezug auf die Wesensgeburt des Dichters genannt. In einem Gedicht, das kurz vor der Hymnenzeit und im Übergang zu ihr entstanden ist, hat Hölderlin alles gesagt, was zu wissen ist (›Gesang des Deutschen‹, Elfte Strophe. IV 130):

Den deutschen Frauen danket! sie haben uns

Der Götterbilder freundlichen Geist bewahrt,

Die dem Dichter selbst noch verhüllte dichterische Wahrheit dieser Verse bringt dann die Hymne ›Germanien‹ zum Leuchten. Die deutschen Frauen retten das Erscheinen der Götter, damit es das Ereignis der Geschichte bleibt, dessen Weile sich den Fängen der Zeitrechnung entzieht, die, wenn es hochkommt, ›historische Situationen‹ feststellen kann. Die deutschen Frauen retten die Ankunft der Götter in die Milde eines freundlichen Lichtes. Sie nehmen diesem Ereignis die Furchtbarkeit, deren Schrecken zum Maßlosen verführt, sei es in der Versinnlichung des Götterwesens und seiner Stätten, sei es im Begreifen ihres Wesens. Die Bewahrung dieser Ankunft ist das stete Mitbereiten des Festes. Im Gruß des ›Andenkens‹ sind jedoch nicht die deutschen Frauen genannt, sondern ›die braunen Frauen daselbst‹.«32 Die keineswegs erhärtete Behauptung, das Wort Frauen habe hier noch den frühen – man möchte ergänzen: Schillerschen – Klang, »der die Herrin und Hüterin meint«, während Hölderlins Verse eher von der erotischen imago der Südländerin entzückt sind, gestattet Heidegger unvermerkt den Übergang zu den deutschen Frauen und ihrem Lob, von denen im ausgelegten Gedicht schlechterdings nicht die Rede ist. Sie werden an den Haaren herbeigeschleift. Offenbar mußte der philosophische Kommentator, als er 1943 mit dem ›Andenken‹ sich beschäftigte, bereits die Erscheinung französischer Frauen als subversiv fürchten; er hat aber auch später an dem putzigen Exkurs nichts geändert. Zum pragmatischen Gehalt des Gedichts lenkt er vorsichtig und verschämt zurück durchs Zugeständnis, es seien nicht die deutschen, sondern die »braunen Frauen daselbst« genannt. – Beissner hat, gestützt auf Äußerungen Hölderlins und auch auf Gedichttitel, die späten Hymnen ›Die vaterländischen Gesänge‹ genannt. Vorbehalte gegen sein Verfahren sind nicht Zweifel an dessen philologischer Rechtfertigung. Das Wort Vaterland selbst jedoch hat in den hundertfünfzig Jahren seit der Niederschrift jener Gedichte zum Schlimmen sich verändert, die Unschuld verloren, die es noch in den Kellerschen Versen »Ich weiß in meinem Vaterland / Noch manchen Berg, o Liebe« mit sich führte. Liebe zum Nahen, Sehnsucht nach der Wärme der Kindheit hat zum Ausschließenden, zum Haß gegen das Andere sich entfaltet, und das ist an dem Wort nicht auszulöschen. Es durchtränkte sich mit einem Nationalismus, von dem bei Hölderlin jede Spur fehlt. Der Hölderlin-Kultus der deutschen Rechten hat entstellend den Hölderlinschen Begriff des Vaterländischen so verwandt, als ob er ihren Idolen gälte und nicht dem glücklichen Einstand von Totalem und Partikularem. Hölderlin selbst bereits registrierte, was später an dem Wort offenbar wurde: »Verbotene Frucht, wie der Lorbeer, aber ist / Am meisten das Vaterland.«33 Die Fortsetzung »Die aber kost / Ein jeder zuletzt«34 dürfte weniger dem Dichter einen Zeitplan vorschreiben als die Utopie visieren, in der die Liebe zum Nahen befreit wäre von aller Feindschaft.

Gleich dem Vaterland steht bei Hölderlin, dem Meister intermittierender Sprachgesten, zentral auch nicht die Kategorie der Einheit: gleich dem Vaterland will sie totale Identität. Sie aber imputiert ihm Heidegger. »Wo ein Gespräch sein soll, muß das wesentliche Wort auf das Eine und Selbe bezogen bleiben. Ohne diesen Bezug ist auch und gerade ein Streitgespräch unmöglich. Das Eine und Selbe aber kann nur offenbar sein im Lichte eines Bleibenden und Ständigen. Beständigkeit und Bleiben kommen jedoch dann zum Vorschein, wenn Beharren und Gegenwart aufleuchten.«35 So wenig für die in sich selber prozessuale, geschichtshafte Hymnik Hölderlins das »Bleibende und Ständige« entscheidet, so wenig auch Einheit und Selbigkeit. Aus der Homburger Zeit stammt das Epigramm ›Wurzel alles Übels‹: »Einig zu sein, ist göttlich und gut; woher ist die Sucht denn / Unter den Menschen, daß nur Einer und Eines nur sei?«36 Heidegger zitiert es nicht. Seit Parmenides sind das Eine und das Sein verkoppelt. Heidegger nötigt es Hölderlin auf, der die Substantivierung jenes Begriffs meidet. Er reduziert sich dem Heidegger der Erläuterungen zur handfesten Antithese: »Das Sein ist niemals ein Seiendes.«37 Dadurch wird es, wie im von Heidegger sonst verpönten Idealismus, dem er insgeheim zurechnet, zu einem frei Gesetzten. Das erlaubt die ontologische Hypostase der dichterischen Stiftung. Deren berühmte Invokation bei Hölderlin ist von Hybris rein; das »Was bleibet« aus dem ›Andenken‹ deutet, der puren grammatischen Form nach, auf Seiendes und das Gedächtnis daran, wie das der Propheten; keineswegs auf ein Sein, das nicht sowohl in der Zeit bliebe, als Zeitlichem transzendent wäre. Was jedoch in einem Vers Hölderlins als Gefahr der Sprache angezeigt ist: an ihr kommunikatives Element sich zu verlieren und ihren Wahrheitsgehalt zu verhökern, wird ihr von Heidegger als »eigenste Seinsmöglichkeit« zugeschrieben und von Geschichte abgespalten: »Gefahr ist Bedrohung des Seins durch Seiendes.«38 Hölderlin stehen die reale Geschichte und ihr Rhythmus vor Augen. Bedroht ist ihm viel mehr das ungeschieden Einige, im Hegelschen Sinn Substantielle, denn ein behütetes Arcanum von Sein. Heidegger jedoch folgt der obsoleten Abneigung des Idealismus gegen das Seiende als solches; im gleichen Stil, in dem Fichte mit dem Realen, der Empirie verfährt, die zwar vom absoluten Subjekt gesetzt, zugleich aber als bloßer Anstoß zur Tathandlung, wie schon bei Kant das Heteronome, verachtet wird. Jesuitisch findet Heidegger mit Hölderlins Stellung zu den Realien sich ab, indem er die Frage nach der Relevanz der geschichtsphilosophischen Tradition, aus der Hölderlin hervorging, scheinbar unbeantwortet läßt, jedoch suggeriert, der Zusammenhang mit ihr sei fürs Gedichtete unerheblich: »Inwieweit das in diesen Versen gedichtete Gesetz der Geschichtlichkeit sich aus dem Prinzip der unbedingten Subjektivität der deutschen absoluten Metaphysik Schellings und Hegels herleiten läßt, nach deren Lehre das Bei-sich-selbst-sein des Geistes erst die Rückkehr zu sich selbst und diese wiederum das Außer-sich-sein vorausfordert, inwieweit ein solcher Hinweis auf die Metaphysik, selbst wenn er ›historisch richtige‹ Beziehungen ausfindig macht, das dichterische Gesetz aufhellt oder nicht eher verdunkelt, sei dem Nachdenken nur vorgelegt.«39 Sowenig Hölderlin in sogenannte geistesgeschichtliche Zusammenhänge aufzulösen, sowenig gar der Gehalt seiner Dichtung auf Philosopheme arglos abzuziehen ist, sowenig läßt er doch andererseits aus den kollektiven Zusammenhängen sich entfernen, in denen sein Werk sich bildete und mit denen es bis in die sprachlichen Zellen hinein kommuniziert. Weder die Gesamtbewegung des deutschen Idealismus noch irgendeine nachdrücklich philosophische ist ein Phänomen abgezirkelter Begrifflichkeit, sondern repräsentiert eine »Stellung des Bewußtseins zur Objektivität«: tragende Erfahrungen wollen im Medium des Denkens sich ausdrücken. Jene, nicht bloß Begriffsapparaturen und Termini, hat Hölderlin mit seinen Freunden gemeinsam. Das reicht bis in die Form. Auch die Hegelsche befolgt keineswegs stets die Norm des Diskursiven, welche in Philosophie für so fraglos angesehen wird wie in Dichtung die Art Anschaulichkeit, der die Verfahrungsweise des späteren Hölderlin opponierte. Texte Hegels, die etwa um die gleiche Zeit geschrieben wurden, scheuen nicht Passagen, welche die ältere Literaturhistorie leicht Hölderlins Wahnsinn hätte zurechnen können; so eine aus der 1801 erschienenen Schrift über die Differenz des Fichteschen und Schellingschen Systems: »Je weiter die Bildung gedeiht, je mannigfaltiger die Entwicklung der Äußerungen des Lebens wird, in welche die Entzweiung sich verschlingen kann, desto größer wird die Macht der Entzweiung, desto fester ihre klimatische Heiligkeit, desto fremder dem Ganzen der Bildung und bedeutungsloser die Bestrebungen des Lebens, sich zur Harmonie wieder zu gebären.«40 Kaum weniger klingt das an Hölderlin an als einige Zeilen später die diskursive Formulierung von der »tieferen ernsten Beziehung lebendiger Kunst«41. Heideggers Anstrengung, Hölderlin durch Erhöhung von den Genossen metaphysisch abzusplittern, ist Echo eines heroisierenden Individualismus, ohne Organ für die kollektive Kraft, welche geistige Individuation überhaupt erst hervorbringt. Hinter Heideggers Sätzen birgt sich der Wille, den Wahrheitsgehalt von Dichtungen und Philosophie, allen Perorationen über die Geschichtlichkeit zum Trotz, zu entzeitlichen, Geschichtliches in Invarianz zu versetzen, ohne Rücksicht auf den geschichtlichen Kern des Wahrheitsgehaltes selbst. Aus Komplizität mit dem Mythos preßt Heidegger Hölderlin zum Zeugen für jenen und präjudiziert durch die Methode das Ergebnis. Beissner unterstreicht in seinem Kommentar zum ›Quell der Donau‹ den Ausdruck »wohlgeschieden«42 in Versen, welche gerade die Erinnerung, das aneinander Denken anstelle mythologischer Epiphanie hervorheben: »Trotz der möglichen geistigen Versenkung sind die Wirklichkeiten des Griechentums und der götterlosen Zeit doch wohlgeschieden. Diesen Gedanken betonen deutlicher die beiden Anfangsstrophen des Gesangs Germanien.«43 Der einfache Wortlaut enthüllt Heideggers ontologische Transposition der Geschichte in ein im reinen Sein sich Ereignendes als Erschleichung. Nicht Einflüsse oder Geistesverwandtschaften stehen in Rede sondern die Komplexion des dichterischen Gehalts. Wie in der Hegelschen Spekulation wird unterm Blick des Hölderlinschen Gedichts das geschichtlich Endliche zur Erscheinung des Absoluten als dessen eigenes notwendiges Moment, derart, daß Zeitliches dem Absoluten selbst innewohnt. Nicht aus der Welt zu schaffen sind identische Konzeptionen Hegels und Hölderlins wie die von der Wanderung des Weltgeistes von einem Volk zum anderen44, vom Christentum als einer vergänglichen Epoche45, vom »Abend der Zeit«46, der Innerlichkeit des unglücklichen Bewußtseins als einer Durchgangsphase. Bis in explizite Theoreme waren sie einig, etwa in der Kritik des Fichteschen absoluten Ichs als eines Objektlosen und darum Nichtigen, die für den Übergang des späten Hölderlin zu den Realien kanonisch muß gewesen sein. Heidegger, für dessen Philosophie ja das Verhältnis von Zeitlichem und Wesenhaftem, unter anderem Titel, thematisch ist, spürte fraglos die Tiefe der Kommunikation Hölderlins mit Hegel. Darum entwertet er sie so eifrig. Durch den allzu prompten Gebrauch des Wortes Sein verdunkelt er, was er selber sah. In Hölderlin deutet sich an, das Geschichtliche sei urgeschichtlich und zwar desto eindringlicher, je geschichtlicher es ist. Kraft dieser Erfahrung erlangt in dem von ihm Gedichteten das bestimmte Seiende ein Gewicht, das der Heideggerschen Interpretation a fortiori durchs Netz schlüpft. Wie Hölderlins Wahlverwandtem Shelley die Hölle eine Stadt ist, much like London; wie nachmals für Baudelaire die Moderne von Paris ein Archetyp, so erblickt Hölderlin allerorten Korrespondenzen zwischen dem namentlichen Seienden und den Ideen. Das nach der Sprache jener Jahre Endliche soll, was die Seinsmetaphysik vergebens sich erhofft: die Namen, die dem Absoluten fehlen und in denen allein das Absolute wäre, über den Begriff führen. Etwas davon schwingt auch in Hegel mit, dem das Absolute nicht der Oberbegriff seiner Momente, sondern deren Konstellation ist, Prozeß so gut wie Resultat. Daher andererseits die Gleichgültigkeit der Hölderlinschen Hymnen gegen die dergestalt zur flüchtigen Erscheinung des Weltgeists herabgesetzten Lebendigen, die mehr als alles andere der Verbreitung seines Werkes im Wege war. Wann immer das Hölderlinsche Pathos der Namen von Seiendem, von Orten zumal, sich bemächtigt, wird den Lebenden durch den dichterischen Gestus, wie von Hegels Philosophie, bedeutet, sie seien bloße Zeichen. Das möchten sie nicht, es ist ihnen Todesurteil. Nicht um ein Geringeres jedoch konnte Hölderlin über die Ausdruckslyrik sich erheben, zu einem Opfer bereit, auf das dann die Ideologie des zwanzigsten Jahrhunderts begierig ansprach. Entscheidend allerdings divergiert seine Dichtung von der Philosophie, weil diese zur Negation des Seienden affirmativ Stellung bezieht, während Hölderlins Dichtung, kraft der Distanz ihres Formgesetzes von der empirischen Wirklichkeit, übers Opfer klagt, das sie erheischt. Die Differenz zwischen den Namen und dem Absoluten, die er nicht verdeckt und die als allegorische Brechung sein Werk durchfurcht, ist das Medium der Kritik an dem falschen Leben, wo der Seele ihr göttlich Recht nicht ward. Durch solche Distanz der Dichtung, ihr gesteigert idealisches Pathos, entragt Hölderlin dem idealistischen Bannkreis. Sie drückt mehr aus als je Gnomen, und als Hegel je gebilligt hätte; daß das Leben nicht die Idee, daß des Inbegriff des Seienden nicht das Wesen sei.

Die Attraktion, die Hölderlins Hymnik auf die Seinsphilosophie ausübt, hat viel zu tun mit der Stellung der Abstrakta darin. Vorweg ähneln sie einladend dem Medium der Philosophie, die freilich, wenn sie ihre Idee des Gedichteten verbindlich faßte, gerade vor der Kontamination mit gedanklichem Material in der Dichtung zurückschrecken müßte. Andererseits heben die Hölderlinschen Abstrakta von den Begriffen kurrenten Wesens sich ab auf eine Weise, die leicht zu verwechseln ist mit jener, welche Sein unermüdlich über die Begriffe zu erhöhen trachtet. Aber die Hölderlinschen Abstrakta sind so wenig wie Leitworte Evokationen von Sein unmittelbar. Ihr Gebrauch wird determiniert von der Brechung der Namen. In diesen bleibt stets ein Überschuß dessen, was sie wollen und nicht erreichen. Kahl, in tödlicher Blässe verselbständigt er sich gegen sie. Die Dichtung des späten Hölderlin polarisiert sich in die Namen und Korrespondenzen hier, dort die Begriffe. Ihre allgemeinen Substantive sind Resultanten: sie bezeugen die Differenz des Namens und des beschworenen Sinnes. Ihre Fremdheit, die wiederum erst der Dichtung sie einverleibt, empfangen sie dadurch, daß sie von ihrem Widerpart, den Namen, gleichsam ausgehöhlt wurden. Sie sind Relikte, capita mortua dessen an der Idee, was nicht sich vergegenwärtigen läßt: noch in ihrer anscheinend zeitfernen Allgemeinheit Male eines Prozesses. Als solche aber so wenig ontologisch wie das Allgemeine in der Hegelschen Philosophie. Eher haben sie, nach deren Tenor, ihr eigenes Leben, und zwar kraft ihrer Entäußerung von der Unmittelbarkeit. Hölderlins Dichtung will die Abstrakta zu einer Konkretion zweiter Potenz zitieren. »Nun ist erstaunlich, wie an dieser Stelle, da doch das Volk auf das höchste abstrakt bezeichnet ist, aus dem Innern dieser Zeile eine fast Neugestalt des konkretesten Lebens sich erhebt.«47 Das provoziert, vor allem anderen, den Mißbrauch Hölderlins für die von Günther Anders so genannte Pseudokonkretion der neu-ontologischen Worte. Modelle solcher Bewegung der Abstrakta, oder genauer: allgemeinster Worte für Seiendes, schwebend zwischen diesem und der Abstraktion wie Hölderlins Lieblingswort Äther, sind häufig in den späten Hymnen. Im ›Quell der Donau‹: »Wenn aber / Herabgeführt, in spielenden Lüften, / Das heilige Licht, und mit dem kühleren Strahl / Der freudige Geist kommt zu / Der seligen Erde, dann erliegt es, ungewohnt / Des Schönsten, und schlummert wachenden Schlaf, / Noch ehe Gestirn naht. So auch wir«48; in ›Germanien‹: »Vom Aether aber fällt / Das treue Bild und Göttersprüche regnen / Unzählbare von ihm, und es tönt im innersten Haine«49; auch die See am Ende des ›Andenkens‹ ist solchen Wesens. Es ist der Gedankenlyrik so inkommensurabel wie der Erlebnisdichtung, und Hölderlins Eigentümlichstes; erzeugt, im Gegensatz zum begriffsfeindlichen Begriff der neuen Ontologie, aus der Sehnsucht nach dem fehlenden Namen wie aus der nach einer guten Allgemeinheit des Lebendigen, die Hölderlin als verhindert durch den Weltlauf, den arbeitsteiligen Betrieb erfährt. Noch seine Reminiszenzen an die halballegorischen Götternamen haben diesen Ton, nicht den des achtzehnten Jahrhunderts. In seinem dichterischen Gebrauch bekennen sie sich als geschichtlich, anstatt ein Jenseits der Geschichte zu verbildlichen. So Verse aus der achten Elegie von ›Brot und Wein‹:

 

Brot ist der Erde Frucht, doch ists vom Lichte gesegnet,

Und vom donnernden Gott kommet die Freude des Weins.

Darum denken wir auch dabei der Himmlischen, die sonst

Da gewesen und die kehren in richtiger Zeit,

Darum singen sie auch mit Ernst, die Sänger, den Weingott

Und nicht eitel erdacht tönet dem Alten das Lob.50

 

Brot und Wein sind von den Himmlischen zurückgelassen als Zeichen eines samt ihnen Verlorenen und Erhofften. Der Verlust ist in den Begriff eingewandert und entreißt ihn dem schalen Ideal des allgemein Menschlichen. Die Himmlischen selbst sind kein unsterbliches An sich wie die Platonische Idee, sondern nur darum singen die Sänger von ihnen »mit Ernst«, ohne die eingespielte Glätte der Symbolik, weil sie »sonst« – also vor Zeiten – dagewesen sein sollen. Geschichte durchschneidet das Band, welches nach klassizistischer Ästhetik Idee und Anschauung im sogenannten Symbol verknüpft. Nur daß die Abstrakta die Illusion ihrer Versöhnlichkeit mit dem puren Diesda aufkündigen, schenkt ihnen jenes zweite Leben.

Es hat, unter den Kategorien des Gestaltlosen und vag sich Entziehenden, die Weimarer Klassizisten zu einer Wut gereizt, deren Folgen für Hölderlins Schicksal unabsehbar waren. Sie haben in Hölderlin nicht bloß die Antipathie gegen die ästhetische Harmonie des Endlichen und Unendlichen gewittert, die sie sich selbst nie ganz glauben konnten, weil sie mit Entsagung zu bezahlen war, sondern auch die Absage an die mittlere Ordnung des realen Lebens in den falschen Formen des Bestehenden. Indem Hölderlins Stilisationsprinzip gegen Erlebnis und Gelegenheit, gegen die vorkünstlerischen und vom Gebrauch der Welt verschandelten Elemente der Kunst sich zuspitzte, verging er sich gegen das mächtigste Tabu der idealistischen Kunstlehre. Er hat die Abstraktheit, die von deren Anschaulichkeit übertüncht ist, sichtbar werden lassen. Weil er den Schein entfernt, der sie schon bei ihnen war, macht er sich den Idealisten zum Narren, der im Wesenlosen sich umtreibt. War den klassizistischen Dichtern, auch Jean Paul, das einzelne Anschauliche Balsam für die Wunden, welche nach herrschender Ansicht die Reflexion schlägt, so ist dem Autor des Empedokles, gar nicht soviel anders als für Schopenhauer, umgekehrt das principium individuationis wesentlich negativ, Leiden. Auch Hegel hat es, darin einiger mit Schopenhauer, als beide ahnten, relegiert zum Knoten im Leben des Begriffs, der sich verwirklicht nur vermöge des Untergangs des Individuierten. Die Sphäre des unbildlich Allgemeinen war für Hölderlin wesentlich das Leidenlose; damit hat er es seiner Erfahrung eingebracht: »Ich verstand die Stille des Aethers, / Der Menschen Worte verstand ich nie.«51 Der Ekel vor der Kommunikation, den diese Zeilen aus der Kindheit überliefern, zeitigt in den späten Hymnen, als Konstituens der Form, den Vorrang der Abstrakta. Sie sind beseelt, weil sie eingetaucht waren ins Medium des Lebendigen, aus dem sie entführen sollen; ihr Tödliches, worüber der bürgerliche Geist sentimental sonst klagt, wird ins Rettende transfiguriert. Daraus ziehen sie den Ausdruck, der vom Einzelnen, nach Hölderlins Innervation, nur noch vorgetäuscht wird. Das schützt Hölderlin zugleich vorm Fluch der Idealisierung. Diese vergoldet stets das Einzelne. Sein Ideal jedoch wagt in der Gestalt der Sprache sich vor bis zur Absage ans schuldhafte, gespaltene, in sich antagonistische Leben, unversöhnlich allem Seienden. Bei Hölderlin ist das Ideal unvergleichlich viel weniger kontaminiert als bei den Idealisten. Kraft seiner individuellen Erfahrung von der Hinfälligkeit des Individuellen und der Vormacht des Allgemeinen emanzipieren sich die Begriffe von jener Erfahrung, anstatt sie bloß zu subsumieren. So werden sie beredt; daher der Hölderlinsche Primat von Sprache. Wie der Hegelsche Antinominalismus, das »Leben des Begriffs« ist auch der Hölderlins ein entsprungener, zum Nominalismus selber vermittelt und dadurch der Seinslehre entgegen. Die karg reduzierten Realien seiner späten Dichtung, die frugalen Sitten auf der armen Insel Patmos werden nicht verherrlicht wie in Heideggers Satz: »Nahe ist der sachte Bann der allbekannten Dinge und ihrer einfachen Verhältnisse.«52 Diese sind dem Seinsphilosophen das alte Wahre, als wäre der historisch unter maßloser Not und Mühe gewonnene Ackerbau ein Aspekt des Seins an diesem selbst; für Hölderlin sind sie, wie einst für Vergil und die Bukoliker, Abglanz eines Unwiederbringlichen. Hölderlins Askese, sein Verzicht auf den falschen romantischen Reichtum disponibler Bildung, weigert in der Farbe des Farblosen sich der Propaganda für die restaurative »Pracht des Schlichten«53. Seine fernen Phantasmata des Nahen lassen nicht in der Schatzkammer von Heimatkunst sich horten. Ihm bleibt das Einfache und Allgemeine übrig nach dem Hinscheiden des Nahen, wörtlich von Vater und Mutter, durchtränkt von Trauer: »So bindet und scheidet / Manches die Zeit. Ich dünk ihnen gestorben, sie mir. / Und so bin ich allein. Du aber, über den Wolken, / Vater des Vaterlands! mächtiger Aether! und du / Erd und Licht! ihr einigen drei, die walten und lieben, / Ewige Götter! mit euch brechen die Bande mir nie.«54 Dem Realen jedoch widerfährt Ehre, indem Hölderlin es verschweigt, nicht bloß als Antipoetisches, sondern weil das dichterische Wort Scham ergreift vor der unversöhnten Gestalt dessen, was ist. Wie dem Idealismus weigert er sich dem dichterischen Realismus. Dieser ist, was dessen östliche Ideologen heute krampfhaft vertuschen, bürgerlich schlechthin, befleckt von jenem »Gebrauch«, jener Zurichtung von allem für alles, gegen die Hölderlin angeht. Das realistische Prinzip der Dichtung verdoppelt die Unfreiheit der Menschen, ihre Unterwerfung unter die Maschinerie und deren latentes Gesetz, die Warenform. Wer daran klebt, bezeugt nur, wie sehr mißlang, was er der Menschheit als bereits Gelungenes einreden will. Hölderlin hat nicht mitgespielt. Daß er die symbolische Einheit des Kunstwerks zerschmetterte, mahnt an das Unwahre der Versöhnung von Allgemeinem und Besonderem inmitten des Unversöhnten: die klassizistische Gegenständlichkeit, welche auch die des objektiven Hegelschen Idealismus war, klammert sich vergebens an die leibhafte Nähe des Entfremdeten. Im Hang zum Gestaltlosen wird das formgebende, losgelöste, im doppelten Sinn absolute Subjekt seiner selber als Negativität inne, einer Vereinzelung, die doch keine Fiktion positiver Gemeinschaft tilgt. Kraft solcher dem puren Gedichteten innewohnenden Negativität wird diese im Geist ihres Bannes ledig, befestigt sich nicht länger in sich; das ist an der bei Hölderlin zentralen Idee des Opfers unvereinbar mit jenem Repressiven, das sonst an Opfern nicht sich genug tun kann:

 

Denn selbstvergessen, allzubereit, den Wunsch

Der Götter zu erfüllen, ergreift zu gern,

Was sterblich ist und einmal offnen

Auges auf eigenem Pfade wandelt,

 

Ins All zurück die kürzeste Bahn, so stürzt

Der Strom hinab, er suchet die Ruh, es reißt,

Es ziehet wider Willen ihn von

Klippe zu Klippe, den Steuerlosen,

Das wunderbare Sehnen dem Abgrund zu.55

 

Derlei Perspektiven verwehren es, Koinzidenz und Spannung zwischen Hölderlin und der spekulativen Philosophie gegenüber einem mythisierten Dichterischen als Epiphänomen, als »Außenwerk der ›historischen‹ Erscheinungen«56 abzutun. Sie reichen hinab bis dorthin, wo Heidegger Mythisches gewahrt und, indem er es herausklaubt und fixiert, dessen Konstellation mit dem Wahrheitsgehalt entstellt.

 

Der Heideggerschen Methode wäre keine andere abstrakt zu kontrastieren. Falsch ist jene, insofern sie als Methode von der Sache sich losreißt; dem, was an Hölderlins Dichtung philosophisch bedürftig ist, von außen Philosophie infiltriert. Das Korrektiv wäre dort zu suchen, wo Heidegger, dem thema probandum zuliebe, abbricht, beim Verhältnis des Inhalts, auch des gedanklichen, zur Form. Nur in diesem Verhältnis konstituiert sich, was Philosophie an Dichtung hoffen darf, ohne Gewalt zu ergreifen. Gegenüber der schulmäßig rohen Trennung von Inhalt und Form hat die neuere Poetologie auf ihrer Einheit insistiert. Daß aber auch die Beteuerung unartikulierter Einheit von Form und Inhalt nicht länger zureicht, zeigt kaum an einem ästhetischen Gegenstand sich eindringlicher als an Hölderlin. Nur als gespannte zwischen ihren Momenten ist solche Einheit zu denken; sie sind zu unterscheiden, wenn sie im Gehalt zusammenstimmen sollen, schlechthin Getrenntes weder noch indifferent Identisches. Bei Hölderlin sind die gesetzten Inhalte überaus schwer zu nehmen und die Form nicht zu mißbrauchen als Ausrede für ihre Unverbindlichkeit. Anstatt auf Form vag sich zu berufen, ist zu fragen, was sie selber, als sedimentierter Inhalt, leistet. Dabei wird man zuerst darauf stoßen, daß die Sprache fernrückt. Bereits am Anfang von ›Brot und Wein‹ wird die stillschweigend vorausgesetzte epische Gegenständlichkeit von den sprachlichen Konfigurationen so tingiert, als wäre sie weit weg, bloßes Gedächtnis wie das Saitenspiel des Einsamen, der ferner Freunde gedenkt und der Jugendzeit. Die Sprache bekundet Abgeschiedenheit, die Trennung von Subjekt und Objekt für den Staunenden. Solcher Ausdruck ist unvereinbar mit der Reintegration des Getrennten im Ursprung. Vor dem Allbekannten reiben Hölderlins Verse sich gleichsam die Augen, als wäre es ein erstes Mal; Bekanntes wird durch den Vortrag unbekannt, sein Bekanntsein zum Schein wie in einem Distichon aus der ›Heimkunft‹: »Alles scheinet vertraut, der vorübereilende Gruß auch / Scheint von Freunden, es scheint jegliche Miene verwandt.«57 So weit weg dann fragt das ›Andenken‹: »Wo aber sind die Freunde? Bellarmin / Mit dem Gefährten? Mancher / Trägt Scheue, an die Quelle zu gehn; / Es beginnet nämlich der Reichtum / Im Meere.«58 Während der Sinn dieser Verse getragen wird von der geschichtsphilosophischen Konstruktion, daß nur durch Ferne, Entäußerung hindurch der Geist zu sich selber gelange, wird die Fremdheit, als Gehalt, von der Sprachform ausgedrückt durch den Aufprall der Frage des gleichsam blind Einsamen nach den Freunden, in Versen, welche unmittelbar mit jener Frage in keinem Sinnzusammenhang stehen, sondern einzig in dem des Ausgesparten. Durch den Hiatus erst, die Form, wird der Inhalt zum Gehalt. In der ›Mnemosyne‹ ist einmal selbst auf jene Stütze des Sinnes noch verzichtet und der ausdrückende Hiatus rein in die Sprache verlegt, indem die ausmalende Antwort auf die Frage »Wie aber Liebes?« – wie nämlich Liebes gleich dem Wahren sich ereignen solle – ausgetilgt wird mit der zweiten und zerrütteten Frage »aber was ist dies?«59 Man wird aus dem Prinzip solcher Wirkungen den anhaltenden Gebrauch teils streng befolgter, teils abgewandelter antiker Strophen besser ableiten können als literarhistorisch aus dem Klopstockschen Modell. Diesem hat Hölderlin gewiß, wider die Gelegenheitsdichtung und den dinghaften Reim, das Ideal des hohen Stils abgelernt. Er war allergisch gegen das je zu Erwartende, vorweg schon Eingefangene und Tauschbare des sprachlichen Convenus. Erniedrigung war ihm gerade das billige Air von Poesie, und ihm weigern sich die Odenstrophen. Sie nähern aber als reimlose in ihrer Strenge paradox sich der Prosa und werden dadurch der Erfahrung des Subjekts kommensurabler als die offiziell-subjektiven Reimstrophen. Ihre Rigidität wird beredter denn das scheinbar Flexiblere. Mit dem Übergang zu den freien Bildungen der späten Hymnen hat Hölderlin diese Tendenz explizit gemacht. Die reine Sprache, deren Idee sie konfigurieren, wäre Prosa wie die heiligen Texte. Schon die Strophen der noch unverstörten langen Elegien sind ihrer Fiber nach weniger solche und weniger willkürlich, als daß sie, ohne wie Liedertexte im mindesten nach musikhaften Wirkungen zu schielen, den Gliederungen der musikalischen Sonatenformen aus der gleichen Periode sich annähern, der nach Sätzen, diskret abgesetzten Einheiten im Einen. Unter der tektonischen Form, der er absichtsvoll sich beugte, bildet bei Hölderlin sich eine subkutane, unmetaphorisch komponierte. Eines von Hölderlins größten Gedichten, ›Patmos‹, kennt etwas wie eine Reprise, in welche die Strophe »Doch furchtbar ist, wie da und dort / Unendlich hin zerstreut das Lebende Gott«60 unmerklich übergeht: der Anklang der Zeile: »Und fernhin über die Berge zu gehn«61 an die erste Strophe läßt sich nicht überhören.

Große Musik ist begriffslose Synthesis; diese das Urbild von Hölderlins später Dichtung, wie denn Hölderlins Idee des Gesangs streng für die Musik gilt, freigelassene, verströmende Natur, die, nicht länger im Bann von Naturbeherrschung, eben dadurch sich transzendiert. Aber die Sprache ist, vermöge ihres signifikativen Elements, des Gegenpols zum mimetisch-ausdruckhaften, an die Form von Urteil und Satz und damit an die synthetische Funktion des Begriffs gekettet. Anders als in Musik, kehrt in der Dichtung die begriffslose Synthesis sich wider das Medium: sie wird zur konstitutiven Dissoziation. Die traditionelle Logik der Synthesis wird darum von Hölderlin zart nur suspendiert. Benjamin hat deskriptiv mit dem Begriff der Reihe diesen Sachverhalt erreicht: »So daß hier, um die Mitte des Gedichts, Menschen, Himmlische und Fürsten, gleichsam abstürzend aus ihren alten Ordnungen, zueinander gereiht sind.«62 Was von Benjamin auf die Hölderlinsche Metaphysik als Ausgleich der Sphären der Lebendigen und der Himmlischen bezogen wird, nennt zugleich die sprachliche Verfahrungsweise. Während, wie Staiger mit Recht hervorhob, die Hölderlinsche, an der griechischen gestählte kühn durchgebildeter hypotaktischer Konstruktionen nicht enträt, fallen als kunstvolle Störungen Parataxen auf, welche der logischen Hierarchie subordinierender Syntax ausweichen. Unwiderstehlich zieht es Hölderlin zu solchen Bildungen. Musikhaft ist die Verwandlung der Sprache in eine Reihung, deren Elemente anders sich verknüpfen als im Urteil. Exemplarisch eine Strophe aus der zweiten Fassung des ›Einzigen‹. Von Christus wird gesagt:

 

Es entbrennet aber sein Zorn; daß nämlich

Das Zeichen die Erde berührt, allmählich

Aus Augen gekommen, als an einer Leiter.

Diesmal. Eigenwillig sonst, unmäßig

Grenzlos, daß der Menschen Hand

 

Anficht das Lebende, mehr auch, als sich schicket

Für einen Halbgott, Heiliggesetztes übergeht

Der Entwurf. Seit nämlich böser Geist sich

Bemächtiget des glücklichen Altertums, unendlich,

Langher währt Eines, gesangsfeind, klanglos, das

In Maßen vergeht, des Sinnes Gewaltsames.63

 

Die Anklage gegen die Gewalttat des sich zum Unendlichen gewordenen und sich vergottenden Geistes sucht nach einer Sprachform, welche dem Diktat von dessen eigenem synthesierenden Prinzip entronnen wäre. Daher das abgesprengte »Diesmal«; die rondohaft assoziative Verbindung der Sätze; die zweimal verwendete, vom späten Hölderlin überhaupt begünstigte Partikel »nämlich«. Sie rückt folgerungslose Explikation anstelle eines sogenannten gedanklichen Fortgangs. Das verschafft der Form ihren Vorrang über den Inhalt, auch den gedanklichen. Er wird ins Gedichtete transportiert, indem die Form ihm sich anbildet und das Gewicht des spezifischen Moments von Denken, der synthetischen Einheit, herabmindert. Derlei von der Fessel wegstrebende Gefüge finden sich an Hölderlins erhobensten Stellen, und zwar bereits in Gedichten aus der Zeit vor der Krise. So bei der Zäsur von ›Brot und Wein‹: »Warum schweigen auch sie, die alten heilgen Theater? / Warum freuet sich denn nicht der geweihete Tanz? / Warum zeichnet, wie sonst, die Stirne des Mannes ein Gott nicht, /Drückt den Stempel, wie sonst, nicht dem Getroffenen auf? / Oder er kam auch selbst und nahm des Menschen Gestalt an / Und vollendet' und schloß tröstend das himmlische Fest.«64 Der geschichtsphilosophische Rhythmus, der den Sturz der Antike und das Erscheinen Christi zusammenfügt, wird unterbrechend markiert durch das Wort »Oder«; dort, wo das Bestimmteste genannt ist, die Katastrophe, wird diese Bestimmung als vorkünstlerisch, als bloß gedanklicher Inhalt, nicht in fester Urteilsform behauptet, sondern gleich einer Möglichkeit vorgeschlagen. Der Verzicht auf prädikative Behauptung nähert ebenso den Rhythmus einem musikalischen Verlauf an, wie er den Identitätsanspruch der Spekulation mildert, die sich anheischig macht, Geschichte in ihre Identität mit dem Geist aufzulösen. Die Form reflektiert nochmals den Gedanken, als wäre es bereits Hybris, das Verhältnis von Christentum und Antike thetisch zu fixieren. Unter Parataxe sind aber nicht nur, eng, die mikrologischen Gestalten reihenden Übergangs zu denken. Wie in Musik ergreift die Tendenz größere Strukturen. Hölderlin kennt Formen, die, in erweitertem Sinn, insgesamt parataktisch heißen dürften65. Die bekannteste unter ihnen ist ›Hälfte des Lebens‹. Auf eine an Hegel mahnende Weise sind Vermittlungen des vulgären Typus, ein Mittleres außerhalb der Momente, die es verbinden soll, als äußerlich und unwesentlich eliminiert, wie vielfach in Beethovens Spätstil; nicht zuletzt das verleiht Hölderlins später Dichtung ihr Antiklassizistisches, gegen Harmonie sich Sträubendes. Das Gereihte ist als Unverbundenes schroff nicht weniger denn gleitend. Vermittlung wird ins Vermittelte selbst gelegt anstatt zu überbrücken. Jede der beiden Strophen der ›Hälfte des Lebens‹ bedarf, wie Beissner und neuerdings Szondi betont haben, in sich ihres Gegenteils. Auch darin erweist Inhalt und Form bestimmbar sich als eines; die inhaltliche Antithese von sinnhafter Liebe und Geschlagensein bricht, um Ausdruck zu werden, ebenso die Strophen auseinander, wie umgekehrt die parataktische Form den Schnitt zwischen den Hälften des Lebens selbst erst vollzieht.

Die parataktische Tendenz Hölderlins hat ihre Vorgeschichte. Vermutlich spielt die Beschäftigung mit Pindar ihre Rolle66. Gern knüpft dieser an die Namen der verherrlichten Sieger, ihrer Fürsten oder der Orte, von denen sie stammen, Berichte über mythische Ahnen oder Ereignisse an. Jüngst ist diese Eigentümlichkeit als zugleich formales Moment betont worden von Gerhard Wirths Pindar-Einleitung in der Rowohlt-Anthologie griechischer Lyrik: »Dabei stehen die einzelnen Teile dieser oft weit ausholenden Ausdeutungen in losem Zusammenhang, werden kaum verknüpft oder auseinander entwickelt.«67 Analoges wurde auch an anderen Chorlyrikern wie Bakchylides und Alkman beobachtet68. Das erzählende Moment der Sprache entzieht von sich aus sich der Subsumtion unter den Gedanken; je treuer episch die Darstellung, desto mehr lockert sich die Synthesis angesichts der Pragmata, die sie nicht ungeschmälert beherrscht. Das Eigenleben der Pindarischen Metaphern gegenüber dem mit ihnen Bedeuteten, das gegenwärtig in der klassischen Philologie diskutiert wird; die Formation eines strömenden Kontinuums von Bildern, dürfte dem nächstverwandt sein. Was am Gedicht zur Erzählung tendiert, möchte hinab ins prälogische Medium, sich treiben lassen mit der Zeit. Der Logos hatte diesem Entgleitenden des Berichts um dessen Objektivation willen entgegengewirkt; die späte dichterische Selbstreflexion Hölderlins ruft es herauf. Auch darin konvergiert sie aufs erstaunlichste mit der Textur von Hegels Prosa, die, im paradoxen Widerspruch zur systematischen Absicht, ihrer Gestalt nach den Klammern der Konstruktion desto mehr sich entwindet, je vorbehaltloser sie sich, dem Programm der Einleitung der Phänomenologie gemäß, dem »reinen Zusehen« überläßt, und Logik ihr zur Geschichte wird69. Nicht zu überhören ist das Pindarische Modell in der Patmos-Hymne, der großartigsten parataktischen Struktur aus Hölderlins Hand; etwa dort, wo die Beschreibung der armen und gastfreundlich tröstenden Insel, auf welcher der Dichter Zuflucht sucht, assoziativ die Erzählung von Johannes auslöst, der dort weilte: »... und liebend tönt / Es wider von den Klagen des Manns. So pflegte / Sie einst des gottgeliebten, / Des Sehers, der in seliger Jugend war / Gegangen mit / Dem Sohne des Höchsten, unzertrennlich, denn / Es liebte der Gewittertragende die Einfalt / Des Jüngers.«70

Aber Hölderlins reihende Technik ist schwerlich aus Pindar abzuleiten, sondern hat ihre Bedingung in einer eingewurzelten Verhaltensweise seines Geistes. Es ist die Fügsamkeit. Ältere Kommentatoren71, philosophisch arglos und noch ungewarnt vor Psychologie, haben auf den Unterschied des Hölderlinschen Entwicklungsgangs vom typischen der Dichter aufmerksam gemacht. Die Härte seines Schicksals sei nicht von Rebellion gezeitigt worden, sondern von allzu großer Abhängigkeit von den Mächten seiner Herkunft, zumal der Familie. Tatsächlich führt das recht weit. Hölderlin hat die Ideale, die man ihn lehrte, geglaubt, als autoritätsfrommer Protestant zur Maxime verinnerlicht. Danach mußte er erfahren, daß die Welt anders ist als die Normen, die sie ihm einpflanzte. Der Gehorsam gegen diese trieb ihn in den Konflikt, machte ihn zum Anhänger Rousseaus und der Französischen Revolution, am Ende zum nichtkonformierenden Opfer, stellvertretend für die Dialektik der Verinnerlichung im bürgerlichen Zeitalter. Die Sublimierung primärer Fügsamkeit aber zur Autonomie ist jene oberste Passivität, die ihr formales Korrelat in der Technik des Reihens fand. Die Instanz, der Hölderlin nun sich fügt, ist die Sprache. Losgelassen, freigesetzt, erscheint sie nach dem Maß subjektiver Intention parataktisch zerrüttet. Der Schlüsselcharakter des Parataktischen liegt in Benjamins Bestimmung der »Blödigkeit« als der Haltung des Dichters: »In die Mitte des Lebens versetzt, bleibt ihm nichts als das reglose Dasein, die völlige Passivität, die das Wesen des Mutigen«72 sei. Bei Hölderlin selbst findet sich eine Reflexion, welche über die poetische Funktion des parataktischen Verfahrens das vollste Licht verbreitet: »Man hat Inversionen der Worte in der Periode. Größer und wirksamer muß aber dann auch die Inversion der Perioden selbst sein. Die logische Stellung der Perioden, wo dem Grunde (der Grundperiode) das Werden, dem Werden das Ziel, dem Ziele der Zweck folgt, und die Nebensätze immer nur hinten angehängt sind an die Hauptsätze, worauf sie sich zunächst beziehen, – ist dem Dichter gewiß nur höchst selten brauchbar.«73 Hölderlin verwirft damit die syntaktische Periodizität Ciceronischen Wesens als unbrauchbar für die Dichtung. Primär mochte ihn die Pedanterie abstoßen. Sie ist unvereinbar mit der Begeisterung, von welcher die folgenden Aphorismen handeln, dem heiligen Wahn des Phaidros. Motiviert aber wird Hölderlins Überlegung von mehr als der poetischen Aversion gegen das Prosaische. Das Stichwort lautet »Zweck«. Es nennt die Komplizität der Logik ordnenden und verfügenden Bewußtseins mit jenem Praktischen, das, als »Brauchbares«, nach Hölderlins Vers, mit dem Heiligen, dessen Rang er der Dichtung unmetaphorisch zumißt, von nun an nicht mehr versöhnbar sei. Der Logik dicht geschlossener und notwendig ins Nächste mündender Perioden eignet eben jenes Zwangshafte, Gewalttätige, von dem die Dichtung heilen soll und das von der Hölderlinschen unmißverständlich negiert wird. Sprachliche Synthesis widerspricht dem, was er zum Sprechen bringen will. Der Rousseau verehrte, befolgt darum als Dichter nicht länger den contrat social. Er hat, nach dem Wortlaut jener Reflexion, zunächst im Geist von Dialektik gegen die Syntax syntaktisch sich gewandt, mit einem ehrwürdig traditionellen Kunstmittel, der Inversion der Periode. So hat Hegel kraft der Logik, und ihr immanent, gegen sie protestiert. Die parataktische Auflehnung wider die Synthesis hat ihre Grenze an der synthetischen Funktion von Sprache überhaupt. Visiert ist Synthesis von anderem Typus, deren sprachkritische Selbstreflexion, während die Sprache Synthesis doch festhält. Deren Einheit zu brechen, wäre dieselbe Gewalttat, welche die Einheit verübt; aber die Gestalt der Einheit wird von Hölderlin so abgewandelt, daß nicht bloß das Mannigfaltige in ihr widerscheint – das ist in der herkömmlichen synthetischen Sprache ebenfalls möglich –, sondern daß die Einheit selber anzeigt, sie wisse sich als nicht abschlußhaft. Ohne Einheit wäre in der Sprache nichts als diffuse Natur; absolute Einheit war der Reflex darauf. Demgegenüber zeichnet bei Hölderlin sich ab, was erst Kultur wäre: empfangene Natur. Nur ein anderer Aspekt desselben Sachverhalts ist es, daß Hölderlins parataktische Sprache unters Formapriori fällt: Stilmittel. An der rhetorischen Technik mußte der Künstler, ohne daß wohl seine Reflexionen dazu überliefert wären, beobachten, wie sehr sie verkleidet, wie wenig sie ändert an dem logischen Zwang, welcher dem Ausdruck der Sache widerfährt; ja daß die Inversion, Favorit gelehrter Dichtung, die Gewalt wider die Sprache verstärkt. Das veranlaßte, sei's in Hölderlins Absicht, sei's lediglich aus der Sache heraus, das Opfer der Periode bis zu einem Äußersten. Es vertritt dichterisch das des gesetzgebenden Subjekts selbst. Mit ihm erschüttert in Hölderlin die dichterische Bewegung erstmals die Kategorie des Sinnes. Denn dieser konstituiert sich durch den sprachlichen Ausdruck synthetischer Einheit. Mit dem gesetzgebenden Subjekt wird dessen Intention, der Primat des Sinnes, an die Sprache zediert. Ihr Doppelcharakter enthüllt sich in Hölderlins Dichtung. Als begriffliche und prädikative steht Sprache dem subjektiven Ausdruck entgegen, nivelliert das Auszudrückende auf ein je schon Vorgegebenes und Bekanntes vermöge ihrer Allgemeinheit. Dagegen begehren die Dichter auf. Ohne Unterlaß möchten sie der Sprache, bis zu deren Untergang hin, das Subjekt und seinen Ausdruck einverleiben. Etwas davon hat fraglos auch Hölderlin inspiriert, insofern er dem sprachlichen Convenu widerstand. Aber das verschmilzt in ihm mit der Antithesis zum expressiven Ideal. Seine dialektische Erfahrung weiß von der Sprache nicht bloß als von einem Äußerlichen und Repressiven, sondern kennt ebensowohl ihre Wahrheit. Ohne zur Sprache sich zu entäußern, wäre die subjektive Intention überhaupt nicht. Das Subjekt wird es erst durch Sprache. Hölderlins Sprachkritik bewegt sich darum in der Gegenrichtung zum Subjektivierungsprozeß, ähnlich wie man sagen könnte, daß Beethovens Musik, in welcher das kompositorische Subjekt sich emanzipiert, zugleich ihr geschichtlich prästabiliertes Medium, die Tonalität, selber zum Sprechen bringt, anstatt sie vom Ausdruck her einzig zu negieren. Vorm Konformismus, dem »Gebrauch«, hat Hölderlin die Sprache zu erretten getrachtet, indem er aus subjektiver Freiheit sie selbst über das Subjekt erhob. Damit zergeht der Schein, die Sprache wäre schon dem Subjekt angemessen, oder es wäre die sprachlich erscheinende Wahrheit identisch mit der erscheinenden Subjektivität. Die sprachliche Verfahrungsweise findet sich mit dem Antisubjektivismus des Gehalts zusammen. Sie revidiert die trügende mittlere Synthesis vom Extrem, von der Sprache selbst her; korrigiert den Vorrang des Subjekts als des Organons solcher Synthesis. Hölderlins Vorgehen legt Rechenschaft davon ab, daß das Subjekt, das sich als Unmittelbares und Letztes verkennt, durchaus ein Vermitteltes sei. Diese unabsehbar folgenreiche Änderung des sprachlichen Gestus ist jedoch polemisch zu verstehen, nicht ontologisch; nicht so, als ob die im Opfer der subjektiven Intention bekräftigte Sprache an sich, schlechterdings jenseits des Subjekts wäre. Indem die Sprache die Fäden zum Subjekt durchschneidet, redet sie für das Subjekt, das von sich aus – Hölderlin war wohl der erste, dessen Kunst das ahnte – nicht mehr reden kann. Freilich ist in der dichterischen Sprache, die ja ihrer Beziehung auf die empirische nicht vollends sich entledigen kann, ein solches An sich aus reiner subjektiver Velleität nicht herzustellen. Daher einerseits die Abhängigkeit des Hölderlinschen Unterfangens von griechischer Bildung überall, wo bei ihm Sprache Natur werden will; andererseits das Moment des Zerfallenden, worin die Unerreichbarkeit des sprachlichen Ideals sich offenbart. Romantisch ist Hölderlins Aktion, Sprache selbst zum Sprechen zu bringen, sein Objektivismus. Dieser prägt das Gedichtete zum Ästhetischen und schließt dessen Interpretation als die eines Unmittelbaren, als der vorgeblichen Sage, kategorisch aus. Hölderlins intentionslose Sprache, deren »nackter Fels ... schon überall an Tag tritt«74, ist ein Ideal, das der geoffenbarten. Nur als zum Ideal verhält seine Dichtung sich zur Theologie, surrogiert sie nicht. Die Distanz von ihr ist das eminent Moderne an ihm. Der idealische Hölderlin inauguriert jenen Prozeß, der in die sinnleeren Protokollsätze Becketts mündet. Das wohl gestattet, Hölderlin heute so unvergleichlich viel weiter zu begreifen als ehedem.

Im tiefsten Verhältnis zum parataktischen Verfahren stehen die Hölderlinschen Korrespondenzen, jene plötzlichen Beziehungen antiker und moderner Schauplätze und Figuren. Auch Beissner ist auf Hölderlins Neigung aufmerksam geworden, Zeiten durcheinander zu schütteln, Entlegenes und Unverbundenes zu verbinden; das dem Diskursiven entgegengesetzte Prinzip solcher Assoziation mahnt an die Reihung grammatischer Glieder. Beides hat Dichtung der Zone des Wahnsinns abgezwungen, in der die Gedankenflucht ebenso gedeiht wie die Bereitschaft mancher Schizophrener, ein jegliches Reales als Zeichen eines Verborgenen zu sehen, mit Bedeutung zu laden. Dazu treibt der objektive Gehalt ohne Rücksicht auf Klinisches: unterm Hölderlinschen Blick werden geschichtliche Namen zu Allegorien des Absoluten, das doch in keinem sich erschöpft; wohl dort schon, wo ihm der Friede von Lunéville Manifestation eines dessen geschichtliche Bedingtheiten Überschreitenden ward. Ebenso nähert dem Wahn sich Hölderlins reife Sprache als eine Folge von Störungsaktionen, die sie an der gesprochenen ebenso wie am hohen Stil des deutschen Klassizismus verübt, der, bis auf die mächtigsten Gebilde des alten Goethe, mit dem kommunikativen Wort Kameradschaft hielt. Auch in der Form hat die Hölderlinsche Utopie ihren Zoll zu entrichten. Trifft die These Beissners von der durchweg triadischen Struktur der späten Hymnen zu – die sogenannte strophische Gliederung der vorhergehenden großen Elegien spricht für Formprinzipien eines solchen Typus –, dann hatte Hölderlin es bereits mit der höchst modernen Schwierigkeit artikulierter Konstruktion unter Verzicht auf vorgegebene Schemata zu tun. Das triadische Konstruktionsprinzip jedoch wäre dem Verlauf der Dichtung, unvereinbar mit ihrem Gehalt, von obenher aufgepfropft. Es hätte auch dem Versgefüge widersprochen. Bereits den Artisten Hölderlin träfe Rudolf Borchardts Kritik an den aus Blankversen gebildeten, aber regelmäßig gebauten Strophen in Georges Siebentem Ring: »Der reimlose Vers ist behandelt, als stäufte und dämmte ihn der heilige Reimzwang nach rückwärts auf. Die Strophe schließt so unweigerlich nach acht Zeilen, als hätte ein Umlauf der Form sich erfüllt, der nicht da ist; was da ist, mindestens mehr oder weniger, ist ein Umlauf des Gedankens, aber es ist Sache des künstlerischen Gefühls, zu entscheiden, ob er imstande ist, für sich Strophe zu konstituieren oder ob nicht gerade hier das feine Ungefähr eintreten müßte, das auf Ähnlichkeit, nicht Gleichheit dringt.«75 Die Reflexion auf diesen Mangel könnte recht wohl den fragmentarischen Charakter der großen Hymnen erklären helfen: sie wären konstitutiv unvollendbar. Hölderlins Verfahren kann Antinomien nicht entrinnen, so wie es, als Attentat aufs harmonische Werk, von dessen antinomischem Wesen selber ausgeht76. Kritik an Hölderlin, als eine am Wahrheitsgehalt der Hymnen, müßte deren geschichtsphilosophische Möglichkeit untersuchen und damit die der von Hölderlin visierten Theologie. Solche Kritik wäre der Dichtung nicht transzendent. Die ästhetischen Handstreiche, von der quasi-quantitativen Strophenteilung der großen Elegien bis hinauf zu den triadischen Konstruktionen, sind Zeugnisse einer Unmöglichkeit im Innersten. Weil die Hölderlinsche Utopie nicht im Hegelschen Sinn substantiell, nicht im objektiven Geist der Epoche konkretes Potential der Wirklichkeit ist, muß Hölderlin durchs Stilisationsprinzip sie oktroyieren. Dessen Widerspruch zur dichterischen Gestalt selber wird zu deren Mangel. Prototypisch widerfuhr der Hymnik, was hundert Jahre später dem Jugendstil als Kunstreligion zum offenbaren Verhängnis wurde. Je nachhaltiger aber der lyrische Objektivitätsanspruch Hölderlins; je weiter er sich von der subjektiven Ausdruckslyrik um ihrer Hinfälligkeit willen entfernt, desto schmerzlicher wird sein Werk vom Widerspruch zu seiner Möglichkeit geschlagen, dem zwischen der Objektivität, welche es von der Sprache erhofft, und der Weigerung der dichterischen Fiber, sie voll zu gewähren. – Was jedoch in der Abkehr vom Subjekt Hölderlins Sprache an Intentionen einbüßt, kehrt wieder im Sinn der Korrespondenzen. Ihr Pathos, das der Objektivation des Namens, ist maßlos: »Wie Morgenluft sind nämlich die Namen / Seit Christus. Werden Träume.«77 Das griechisch-deutsche quid pro quo, das übrigens im Helena-Akt ein gewisses Analogon hat, entreißt das kanonische Griechenland der Ideenwelt, wider die idealistische Ästhetik. Danach muß das gesamte Zeitalter begehrt haben, das am griechischen Freiheitskampf sich begeisterte; er schien zum letzten Mal den hindämmernden Hölderlin aus der Lethargie zu holen. Ein Atlas von Hölderlins allegorischer Geographie Griechenlands, samt den süddeutschen Gegenpunkten, wäre anzulegen. In den rationaler Kontrolle entrückten Korrespondenzen hat Hölderlin das Rettende sich erhofft. Der Name allein hat bei ihm Macht übers Amorphe, das er fürchtet; insofern sind seine Parataxen und Korrespondenzen Widerpart der Regressionen, mit denen sie so sehr übereinkommen. Der Begriff selber wird ihm zum Namen; in ›Patmos‹ wird beides nicht unterschieden, sondern synonym verwendet: »Denn begrifflos ist das Zürnen der Welt, namlos.«78 Die Verselbständigung der Abstrakta, nicht unähnlich der Hegelschen Lehre von der Wiederherstellung der Unmittelbarkeit auf jeder Stufe dialektischer Vermittlung, läßt die nach Benjamins Wort wie trigonometrische Signale79 aufgerichteten Begriffe mit den Namen konvergieren; die Dissoziation in diese ist die innerste Tendenz der Hölderlinschen Parataxis.

Wie mit den Korrespondenzen, ist das parataktische Formprinzip, ein Antiprinzip, insgesamt kommensurabel mit dem faßlichen Inhalt von Hölderlins später Lyrik. Es umschreibt die Sphäre der Koinzidenz von Inhalt und Form, deren bestimmte Einheit im Gehalt. Dem Inhalt nach ist Synthesis oder Identität soviel wie Naturbeherrschung. Erhebt alle Dichtung, mit ihren eigenen Mitteln, Einspruch wider jene, so erwacht der Einspruch bei Hölderlin zum Selbstbewußtsein. Schon in der Ode ›Natur und Kunst‹ wird Partei ergriffen für die gestürzte Natur gegen den herrschaftlichen Logos. Zeus ist angeredet:

 

Doch in den Abgrund, sagen die Sänger sich,

Habst du den heilgen Vater, den eignen, einst

Verwiesen und es jammre drunten,

Da, wo die Wilden vor dir mit Recht sind,

 

Schuldlos der Gott der goldenen Zeit schon längst:

Einst mühelos, und größer, wie du, wenn schon

Er kein Gebot aussprach und ihn der

Sterblichen keiner mit Namen nannte.

 

Herab denn! oder schäme des Danks dich nicht!

Und willst du bleiben, diene dem Älteren,

Und gönn es ihm, daß ihn vor allen,

Göttern und Menschen, der Sänger nenne!80

 

In diesen Strophen, die ihrer Abkunft von der Schillerschen Gedankenlyrik keineswegs sich schämen, bleibt bei aller Sympathie fürs Mühelose der goldenen Zeit die Grenze gegen matriarchale Romantik aufklärerisch geachtet. Nicht wird die Herrschaft des Logos abstrakt negiert, sondern in ihrer Beziehung auf das von ihr Gestürzte erkannt; Naturbeherrschung selber als ein Stück Natur, mit dem Blick auf Humanität, die anders nicht als durch Gewalt dem Amorphen, »Wilden« sich entrang, während in der Gewalt das Amorphe sich forterbt:

 

Denn, wie aus dem Gewölke dein Blitz, so kömmt

Von ihm, was dein ist, siehe! so zeugt von ihm,

Was du gebeutst, und aus Saturnus

Frieden ist jegliche Macht erwachsen.81

 

Philosophisch ist die Anamnesis der unterdrückten Natur, in der Hölderlin bereits das Wilde vom Friedlichen sondern möchte, das Bewußtsein von Nichtidentität, das den Identitätszwang des Logos überflügelt. Die dritte Fassung von ›Versöhnender, der du nimmer geglaubt ...‹ bringt die Verse: »Denn nur auf menschliche Weise, nimmermehr / Sind jene mit uns, die fremden Kräfte, vertraut / Und es lehret das Gestirn dich, das / Vor Augen dir ist, denn nimmer kannst du ihm gleichen.«82 Unterm »ungebundnen Boden« der ›Patmos‹-Entwürfe83 ist schwerlich etwas anderes vorzustellen als die nicht unterdrückte Natur, in welche die Johanneische Milde auswandert. Naturbeherrschung selbst nähert in der Hölderlinschen Bilderwelt sich der Erbsünde; das ist das Maß seines Einverständnisses mit dem Christentum. Der Anfang der dritten Fassung der ›Mnemosyne‹, vielleicht des wichtigsten Textes zu Hölderlins philosophischer Dechiffrierung, reiht die Sätze: »Aber bös sind / Die Pfade. Nämlich unrecht, / Wie Rosse, gehn die gefangenen /Element und alten / Gesetze der Erd. Und immer / Ins Ungebundene gehet eine Sehnsucht.«84 Das anschließende »Vieles aber ist / Zu behalten«, die Legitimation des Dichters als des Eingedenkenden, gilt danach wohl ebenso dem Unterdrückten, dem die Treue zu bewahren sei. Die Strophe endet mit den Zeilen: »Vorwärts aber und rückwärts wollen wir / Nicht sehn. Uns wiegen lassen, wie / Auf schwankem Kahne der See.«85 Vorwärts nicht: unter dem Gesetz des Gegenwärtigen, bei Hölderlin dem der Dichtung, mit einem Tabu gegen die abstrakte Utopie, in dem das theologische Bilderverbot nachlebt und das Hölderlin teilt mit Hegel und Marx. Rückwärts nicht: um der Unwiederbringlichkeit des einmal Gestürzten willen, des Angelpunktes zwischen Dichtung, Geschichte und Ideal. Der als Anakoluth und in wunderlicher Verkehrung ausgedrückte Entschluß endlich »Uns wiegen lassen, wie / Auf schwankem Kahne der See« ist wie ein Vorsatz, der Synthesis sich zu entschlagen, der reinen Passivität sich anzuvertrauen, um Gegenwart ganz zu erfüllen. Denn alle Synthesis – keiner wußte das besser als Kant – geschieht wider die reine Gegenwart, als Beziehung aufs Vergangene und Künftige, jenes Rückwärts und Vorwärts, das von Hölderlins Tabu ereilt wird.

Die Parole, nicht nach rückwärts zu sehen, richtet sich gegen die Schimäre des Ursprungs, den Rekurs auf Elemente. Benjamin hat in seiner Jugend, obgleich ihm damals noch Philosophie als System möglich dünkte86, das gestreift. Das Programm einer Methode der »Darstellung des Gedichteten«, doch wohl von der Einsicht in Hölderlin inspiriert, sagt von jener: »Ihr kann es nicht um den Nachweis sogenannter letzter Elemente zu tun sein.«87 Er ist damit unwillkürlich auf die dialektische Komplexion des Gehalts von Hölderlins Dichtung gestoßen. Die Hölderlinsche Kritik am Ersten, den Nachdruck auf Vermittlung, den dessen Abkehr vom naturbeherrschenden Prinzip einschließt, übersetzt er in die Methode ästhetischer Interpretation. Daß, wie in Hegels Logik, Identität nur als eine des Nichtidentischen, als »Durchdringung« vorzustellen sei, kommt mit Hölderlins später Dichtung insofern überein, als diese nicht dem herrschaftlichen Prinzip, in abstrakter Negation, das Beherrschte, an sich Chaotische als Heiles entgegensetzt. Einen Stand von Freiheit erwartet Hölderlin nur durchs synthetische Prinzip hindurch, von dessen Selbstreflexion. Im selben Geist hatte bereits das Kantische Antinomienkapitel, wo erstmals Freiheit in ihrer Opposition zur universalen Regelhaftigkeit erörtert wird, gelehrt, sie, die Unabhängigkeit von den Gesetzen der Natur sei »zwar eine Befreiung vom Zwange, aber auch vom Leitfaden aller Regeln« 88, also ein fragwürdiger Segen. Er erklärt das in der Antithesis der dritten Antinomie als »Blendwerk« designierte Prinzip solcher Freiheit für ebenso blind wie die bloß von außen aufgelegten Ordnungen. Von der Doppelstellung zur Natur ist die Ära unmittelbar nach Kant nicht abgegangen. Zur Eindeutigkeit ließ die Spekulation sich nicht verleiten, weder zur absoluten Rechtfertigung der Natur noch der des Geistes; beides ist ihr gleich verdächtig als abschlußhaftes Prinzip. Die Spannung beider Momente, keine These, ist das Lebenselement auch des Hölderlinschen Werks. Selbst wo er zur Lehre tendiert, hütet er sich vor dem, was Hegel noch Fichte vorwarf, dem bloßen »Spruch«. Die von philologischen Kommentatoren wie Beissner89 bemerkte, mit Heideggers Erläuterungen unvereinbare dialektische Struktur der Hymnen ist weder bloß poetisches Formprinzip noch Anpassung an die philosophische Doktrin. Sie ist eine von Form wie von Inhalt. Die immanente Dialektik des späten Hölderlin ist, gleich der des zur Phänomenologie reifenden Hegel, Kritik am Subjekt nicht weniger als an der verhärteten Welt, nicht umsonst pointiert gegen jenen Typus subjektiver Lyrik, der seit dem jungen Goethe zur Norm geworden und mittlerweile selber verdinglicht war. Subjektive Reflexion negiert auch die Fehlbarkeit und Endlichkeit des Einzelwesens, die das poetische Ich mitschleppt. Den späten Hymnen ist Subjektivität das Absolute nicht und nicht das Letzte. Jene frevle, wo sie als solches sich aufwirft, während sie doch immanent zur Selbstsetzung genötigt ist. Das ist die Konstruktion der Hybris bei Hölderlin. Sie entstammt dem mythischen Vorstellungskreis, dem der Gleichheit von Verbrechen und Buße, will aber auf Entmythologisierung hinaus, indem sie den Mythos in der Selbstvergottung des Menschen wiederfindet. Verse aus dem ›Quell der Donau‹, welche vielleicht die berühmten des Sophokles variieren, beziehen sich darauf: »Denn vieles vermag / Und die Flut und den Fels und Feuersgewalt auch / Bezwingt mit Kunst der Mensch / Und achtet, der Hochgesinnte, das Schwert / Nicht, aber es steht /Vor Göttlichem der Starke niedergeschlagen, / Und gleichet dem Wild fast.«90 Gewiß drückt »Wild« zunächst die Ohnmacht des Einzelwesens gegenüber dem durch seinen Untergang hindurch sich realisierenden Absoluten aus; die Assoziation mit Wildheit aber, die es dichterisch mit sich führt, ist ebenso Prädikat der Gewalt jenes »Hochgesinnten«, welcher Natur mit Kunst bezwingt und das »Schwert nicht achtet«: doch wohl als selbst kriegerischer Held. Der fragmentarische Schluß von ›Wie wenn am Feiertage‹ mag fürs Gleiche konzipiert gewesen sein. Der Dichter, genaht, die Himmlischen zu schauen, wird darum zum »falschen Priester«, seine absolute Wahrheit zum Unwahren schlechthin, und er wird ins Dunkel geworfen, sein Lied in die Warnung der »Gelehrigen«, deren Kunst Natur beherrscht, umgewendet91, Anamnesis des Einspruchs von Kunst wider die Rationalität. Die Strafe für die Hybris ist der Widerruf der Synthesis aus der Bewegung des Geistes selber. Hölderlin verurteilt das Opfer als geschichtlich überholt und verurteilt dennoch zum Opfer den Geist, der immerzu opfert, was ihm nicht gleicht.

Synthesis war die Losung des Idealismus. Zu diesem rückt die herrschende Ansicht Hölderlin in einfachen Gegensatz unter Berufung auf die mythische Schicht seines Werkes. Wodurch jedoch Hölderlin dem Idealismus absagt, die Kritik an der Synthesis, das entfernt ihn auch vom mythischen Bereich. Wohl versteigt die Strophe vom Abendmahl in ›Patmos‹ sich zur verzweifelten Affirmation des Todes Christi als des Halbgotts: »Denn alles ist gut. Drauf starb er. Vieles wäre / Zu sagen davon.«92 Die kahl zusammenfassende Beteuerung »Denn alles ist gut« ist die durch solche Reduktion trostlose Quintessenz des Idealismus. Er hofft, die inkommensurabel fremde Gestalt verstrickten bloßen Daseins, das »Zürnen der Welt«, zu bannen, indem er deren Totalität – »alles« – dem Geiste gleichsetzt, dem sie inkommensurabel bleibt. Die Lehre, es sei der Inbegriff der Verstrickung deren eigener Sinn, kulminiert im Opfer. Die Symbiose des Christlichen und Griechischen in Hölderlins später Lyrik steht unter dessen Zeichen; säkularisierte Hegel das Christentum zur Idee, so siedelte Hölderlin es zurück in die mythische Opferreligion. Die letzte ›Patmos‹-Strophe macht sich zu deren Orakel: »Denn Opfer will der Himmlischen jedes, /Wenn aber eines versäumt ward, / Nie hat es Gutes gebracht.«93 Daran jedoch heften sich Verse, die, kaum zufällig, Schellings Lehre von den Weltaltern nicht nur, sondern Bachofen zu antezipieren scheinen: »Wir haben gedienet der Mutter Erd / Und haben jüngst dem Sonnenlichte gedient, / Unwissend.«94 Diese Verse sind der Schauplatz dialektischen Umschlags. Denn Entmythologisierung ist selber nichts anderes als die Selbstreflexion des solaren Logos, die der unterdrückten Natur zur Rückkunft verhilft, während sie in den Mythen eins war mit der unterdrückenden. Vom Mythos befreit einzig, was ihm das Seine gibt. Die Genesung dessen, woran nach romantisch-mythologisierender These Reflexion die Schuld trug, soll nach deren Hölderlinscher Antithesis gelingen durch Reflexion im strengsten Sinn, dadurch, daß das Unterdrückte ins Bewußtsein aufgenommen, erinnert werde. Die folgenden ›Patmos‹-Zeilen dürften die philosophische Interpretation Hölderlins bündig legitimieren: »... der Vater aber liebt, / Der über allen waltet, / Am meisten, daß gepfleget werde / Der feste Buchstab, und Bestehendes gut / Gedeutet«95. Nach Sätzen aus ›Wie wenn am Feiertage‹ ist das Opfer abgelöst: »Und daher trinken himmlisches Feuer jetzt /Die Erdensöhne ohne Gefahr.«96 Der Abschied des metaphysischen Gehalts Hölderlins vom Mythos vollzieht sich in objektivem Einverständnis mit Aufklärung: »Die Dichter müssen auch / Die geistigen weltlich sein.«97 Das ist die volle endliche Konsequenz aus dem jäh intermittierenden »Das geht aber /Nicht«98. Die Erfahrung von der Unrestituierbarkeit jenes Verlorenen, das erst als Verlorenes mit der Aura absoluten Sinnes sich bekleidet, wird zur alleinigen Anweisung auf das Wahre, Versöhnte, den Frieden als den Zustand, über den der Mythos, das alte Unwahre, seine Gewalt verloren hat. Dafür steht bei Hölderlin Christus: »Darum, o Göttlicher! sei gegenwärtig, / Und schöner, wie sonst, o sei, / Versöhnender, nun versöhnt, daß wir des Abends / Mit den Freunden dich nennen, und singen / Von den Hohen, und neben dir noch andere sei'n.«99 Das ruft nicht nur mit dem »schöner, wie sonst« das allzeit trügende Gesicht der Vorwelt an. Indem der eingeborene Sohn des Gottes der Theologen kein absolutes Prinzip sein soll, sondern »neben dir noch andere sei'n«, wird mythische Herrschaft über die Mythen, die idealistische des Einen über das Viele, verlassen. Versöhnung ist die des Einen mit dem Vielen. Das ist der Friede: »Und so auch du / Und gönnest uns, den Söhnen der liebenden Erde, / Daß wir, so viel herangewachsen / Der Feste sind, sie alle feiern und nicht / Die Götter zählen, Einer ist immer für alle.«100 Versöhnt werden nicht Christentum und Antike; das Christentum ist geschichtlich verurteilt wie diese, als bloß Inwendiges und Ohnmächtiges. Vielmehr soll Versöhnung die reale von Innen und Außen sein oder, ein letztes Mal in idealistischer Sprache ausgedrückt, die von Genius und Natur.

Genius aber ist Geist, sofern er durch Selbstreflexion sich selbst als Natur bestimmt; das versöhnende Moment am Geist, das nicht in Naturbeherrschung sich erschöpft, sondern ausatmet, nachdem der Bann der Naturbeherrschung abgeschüttelt ward, der auch den Herrschenden versteinen macht. Er wäre das Bewußtsein des nichtidentischen Objekts. Die Welt des Genius ist, mit Hölderlins Lieblingswort, das Offene und als solches das Vertraute, nicht länger Zugerüstete und dadurch Entfremdete: »So komm! daß wir das Offene schauen, / Daß ein Eigenes wir suchen, so weit es auch ist.«101 In jenem »Eigenen« birgt sich das Hegelsche Dabeisein des Subjekts, des Erhellenden; es ist keine urtümliche Heimat. Angerufen wird der Genius in der dritten Fassung des ›Dichtermuts‹, ›Blödigkeit‹: »Drum, mein Genius! tritt nur / Bar ins Leben, und sorge nicht.«102 Daß aber der Genius die Reflexion sei, macht die vorhergehende zweite Fassung unmißverständlich. Er ist der Geist des Gesangs, zum Unterschied von dem der Herrschaft; Geist selber sich öffnend als Natur, anstatt diese zu fesseln, darum »friedenatmend«. Offen, gleich dem Erfahrenen, ist auch der Genius: »Denn, seitdem der Gesang sterblichen Lippen sich / Friedenatmend entwand, frommend in Leid und Glück / Unsre Weise der Menschen / Herz erfreute, so waren auch / Wir, die Sänger des Volks, gerne bei Lebenden, / Wo sich vieles gesellt, freudig und jedem hold, / Jedem offen.«103 Die Schwelle Hölderlins gegen Mythik und Romantik gleichermaßen ist Reflexion. Der, noch im Einklang mit dem Geist seiner Zeit, ihr die Schuld der Trennung aufbürdete, hat ihrem Organon, dem Wort, sich anvertraut. In Hölderlin kehrt die Geschichtsphilosophie sich um, welche Ursprung und Versöhnung in einfachem Gegensatz dachte zur Reflexion als dem Stand der vollendeten Sündhaftigkeit: »So ist der Mensch; wenn da ist das Gut, und es sorget mit Gaben / Selber ein Gott für ihn, kennet und siehet er es nicht. / Tragen muß er, zuvor; nun aber nennt er sein Liebstes, / Nun, nun müssen dafür Worte, wie Blumen, entstehn.«104 Nie ist erhabener dem Obskurantismus sein Bescheid geworden. Heißt aber der Genius in ›Blödigkeit‹ »bar«, so ist das jenes Nackte und Ungerüstete, das ihn vom herrschenden Geist unterscheidet. Es ist die Hölderlinsche Signatur des Dichters: »Drum, so wandle nur wehrlos / Fort durchs Leben, und fürchte nichts!«105 Hat Benjamin an Hölderlin Passivität als das »orientalische, mystische, die Grenzen überwindende Prinzip«106 im Gegensatz zum »griechischen gestaltenden Prinzip«107 erkannt – und Hölderlins imago vom Griechentum ist schon im Archipelagus östlicher Farbe, antiklassizistisch bunt, berauscht von Worten wie Asia, Jonien, Inselwelt –, so tendiert dies mystische Prinzip zur Gewaltlosigkeit. Sie erst führt, wie es am Schluß der Benjaminschen Abhandlung heißt, »nicht auf den Mythos, sondern – in den größten Schöpfungen – nur auf die mythischen Verbundenheiten, die im Kunstwerk zu einziger unmythologischer und unmythischer ... Gestalt geformt sind«108. Daß die mystisch-utopische Tendenz dem späten Hölderlin nicht imputiert ist, bestätigt die erst 1954 wiedergefundene Endfassung der ›Friedensfeier‹, an deren Vorformen bereits die antimythologische Deutung, und auch die correspondance mit Hegel, ihre Stütze hat. Die Hymne versammelt zu den mystischen Motiven das zentrale; das messianische, die Parusie dessen, der »nicht unverkündet« ist. Er wird erwartet, gehört der Zukunft an, denn der Mythos ist was war als das Immergleiche, und dem entringen sich die »Tage der Unschuld«. Die mythische Schicht erscheint in einer Symbolik des Donners. »Das ist, sie hören das Werk, / Längst vorbereitend, von Morgen nach Abend, jetzt erst, / Denn unermeßlich braust, in der Tiefe verhallend, / Des Donnerers Echo, das tausendjährige Wetter, / Zu schlafen, übertönt von Friedenslauten, hinunter. / Ihr aber, teuergewordne, o ihr Tage der Unschuld, / Ihr bringt auch heute das Fest, ihr Lieben!«109 In ungeheurem Bogen wird das solare Zeitalter des Zeus, als naturbefangene Herrschaft über Natur, dem Mythos gleichgesetzt und sein Verhallen in der Tiefe prophezeit, »übertönt von Friedenslauten«. Was anders wäre, heißt Friede, die Versöhnung, welche den Äon der Gewalt nicht wiederum ausrottet, sondern als vergehenden, in der Anamnesis des Widerhalls, errettet. Denn Versöhnung, an der Naturverfallenheit ihr Ende erreicht, ist nicht über Natur als ein schlechthin Anderes, das vermöge seiner Andersheit abermals nur Herrschaft über Natur sein könnte und durch Unterdrückung an ihrem Fluch teilhätte. Was dem Naturstand Einhalt gebietet, ist zu diesem vermittelt, nicht durch ein Drittes zwischen beidem sondern in der Natur selbst. Der Genius, welcher den Kreislauf von Herrschaft und Natur ablöst, ist dieser nicht ganz unähnlich, sondern hat zu ihr jene Affinität, ohne welche, wie Platon wußte, Erfahrung des Anderen nicht möglich ist. Diese Dialektik hat sich sedimentiert in der ›Friedensfeier‹, wo sie genannt und zugleich von der Hybris der naturbeherrschenden Vernunft abgehoben wird, die mit ihrem Gegenstand sich identifiziert und dadurch diesen sich unterwirft. »Des Göttlichen aber empfingen wir / Doch viel. Es ward die Flamme uns / In die Hände gegeben, und Ufer und Meersflut. /Viel mehr, denn menschlicher Weise / Sind jene mit uns, die fremden Kräfte, vertrauet. / Und es lehret Gestirn dich, das / Vor Augen dir ist, doch nimmer kannst du ihm gleichen.«110 Zum Zeichen der Versöhnung des Genius jedoch steht ein, daß ihm, dem nicht länger in sich verhärteten, gegen die mythische schlechte Unendlichkeit Sterblichkeit zugesprochen wird: »So vergehe denn auch, wenn es die Zeit einst ist / Und dem Geiste sein Recht nirgend gebricht, so sterb / Einst im Ernste des Lebens / Unsre Freude, doch schönen Tod!«111 Genius ist selber auch Natur. Sein Tod »im Ernste des Lebens« – das wäre das Erlöschen der Reflexion, und der Kunst mit ihr, im Augenblick, da die Versöhnung aus dem Medium des bloß Geistigen übergeht in die Wirklichkeit. Die metaphysische Passivität als Gehalt der Hölderlinschen Dichtung verschränkt sich wider den Mythos mit der Hoffnung auf eine Realität, in welcher die Menschheit jenes Bannes der eigenen Naturbefangenheit ledig wäre, der in ihrer Vorstellung vom absoluten Geiste sich spiegelte: »Denn nicht vermögen / Die Himmlischen alles. Nämlich es reichen / Die Sterblichen eh an den Abgrund. Also wendet es sich, das Echo, / Mit diesen.«112

 
Fußnoten

 

1 Walter Muschg, Die Zerstörung der deutschen Literatur, München o.J., S. 182.

 

2 a.a.O.

 

3 Hegel, Sämtliche Werke, hrsg. von Hermann Glockner, Bd. 12: Vorlesungen über die Ästhetik, 1. Bd., Stuttgart 1937, S. 390.

 

4 Hölderlin, Sämtliche Werke, hrsg. von Friedrich Beissner, Bd. 2, Stuttgart 1953, S. 507. – Zitiert wird nach der sogenannten Kleinen Stuttgarter Ausgabe.

 

5 a.a.O., S. 120.

 

6 a.a.O., S. 507.

 

7 Hölderlin, WW 3, Stuttgart 1958, S. 430.

 

8 a.a.O., S. 428f.

 

9 Martin Heidegger, Erläuterungen zu Hölderlins Dichtung, Frankfurt a.M. 1951, S. 7f.

 

10 a.a.O., S. 32

 

11 a.a.O., S. 35.

 

12 a.a.O., S. 32.

 

13 a.a.O., S. 35.

 

14 a.a.O., S. 38.

 

15 a.a.O., S. 43.

 

16 a.a.O., S. 40.

 

17 a.a.O., S. 42.

 

18 a.a.O.

 

19 a.a.O., S. 44.

 

20 Hölderlin, WW 2, a.a.O., S. 132.

 

21 a.a.O., S. 133.

 

22 a.a.O.

 

23 a.a.O., S. 144.

 

24 a.a.O., S. 145.

 

25 a.a.O., S. 413.

 

26 a.a.O.

 

27 Heidegger, a.a.O., S. 88.

 

28 a.a.O.

 

29 a.a.O., S. 89.

 

30 a.a.O. Im ersten Brief an Böhlendorf rühmt Hölderlin die Fähigkeit Homers, »das Fremde sich anzueignen«, keineswegs die, das Eigene und bloß um dessentwillen das Fremde zu erfahren. Der Tenor jenes Briefs, an den Heidegger gedacht haben mag, ist das Gegenteil dessen, wofür jener ihn reklamiert: »Aber ich behaupt' es noch einmal und stelle es Deiner Prüfung und Deinem Gebrauche frei: das eigentlich Nationelle wird im Fortschritt der Bildung immer der geringere Vorzug werden.« (Friedrich Hölderlins Gesammelte Briefe, Inselausgabe, o.J., S. 389.)

 

31 Vgl. Hölderlins Gesammelte Briefe, a.a.O., S. 391.

 

32 Heidegger, a.a.O., S. 101f.

 

33 Hölderlin, WW 2, a.a.O., S. 196.

 

34 a.a.O.

 

35 Heidegger, a.a.O., S. 37.

 

36 Hölderlin, WW 1, Stuttgart 1944, S. 302.

 

37 Heidegger, a.a.O., S. 38.

 

38 a.a.O., S. 34.

 

39 a.a.O., S. 85f., Fußnote.

 

40 Hegel, WW 1, Aufsätze aus dem kritischen Journal der Philosophie, Stuttgart 1958, S. 47.

 

41 a.a.O.

 

42 Hölderlin, WW 2, a.a.O., S. 132.

 

43 a.a.O., S. 429.

 

44 Vgl. a.a.O., S. 4.

 

45 Vgl. a.a.O., S. 134ff.

 

46 a.a.O., S. 142.

 

47 Walter Benjamin, Schriften, hrsg. von Theodor W. Adorno und Gretel Adorno unter Mitwirkung von Friedrich Podszus, Frankfurt a.M. 1955, Bd. 2, S. 388.

 

48 Hölderlin, WW 2, a.a.O., S. 131.

 

49 a.a.O., S. 158.

 

50 a.a.O., S. 99.

 

51 Hölderlin, WW 1, a.a.O., S. 262.

 

52 Heidegger, a.a.O., S. 16.

 

53 Vgl. Theodor W. Adorno, Jargon der Eigentlichkeit. Zur deutschen Ideologie, Frankfurt a.M. 1964, S. 45 [GS 6, s. S. 446].

 

54 Hölderlin, WW 2, a.a.O., S. 87.

 

55 a.a.O., S. 50.

 

56 Heidegger, a.a.O., S. 86, Fußnote.

 

57 Hölderlin, WW 2, a.a.O., S. 102.

 

58 a.a.O., S. 197.

 

59 a.a.O., S. 204f.

 

60 a.a.O., S. 177.

 

61 a.a.O.

 

62 Benjamin, a.a.O., S. 385.

 

63 Hölderlin, WW 2, a.a.O., S. 167.

 

64 a.a.O., S. 97.

 

65 Die Konkretion des Gedichteten, deren Desiderat auch für Hölderlin verbindlich war – sein gesamtes reifes Werk fragt stumm, wie es der Dichtung, die des Trugs von Nähe sich entschlagen hat, gleichwohl möglich sei, konkret zu werden –, geschieht einzig durch die Sprache. Ihre Funktion bei Hölderlin überwiegt qualitativ die übliche der poetischen. Kann seine Dichtung weder dem dichterisch gewählten Wort noch der lebendigen Erfahrung naiv mehr vertrauen, so erhofft sie sich leibhafte Gegenwart von der Konstellation der Worte und zwar eben einer, die nicht ihr Genügen hat an der Urteilsform. Diese nivelliert, als Einheit, die in den Worten liegende Vielfalt; Hölderlin ist auf Verbindung aus, welche die zur Abstraktion verurteilten Worte gleichwie ein zweites Mal zum Klingen bringt. Paradigmatisch dafür, und von außerordentlicher Wirkung, jene erste Elegie aus ›Brot und Wein‹. Nicht restituiert sie die einfachen und allgemeinen Worte, mit denen sie haushält, sondern fügt sie aneinander auf eine Weise, welche ihre eigene Fremdheit, ihr Einfaches als bereits Abstraktes, umschafft zum Ausdruck von Entfremdung. Solche Konstellationen spielen ins Parataktische hinüber, auch wo es, der grammatischen Form oder der Konstruktion der Gedichte nach, noch nicht ungeschmälert sich hervorwagt.

 

66 Nach Peter Szondis Mitteilung hat Hellingrath in der Dissertation ›Pindarübertragungen Hölderlins‹ (1910) als erster dessen späte Sprache mit dem Terminus der antiken Rhetorik »harte Fügung« beschrieben. Eines ihrer Mittel wäre wohl auch der Hiatus.

 

67 Griechische Lyrik. Von den Anfängen bis zu Pindar, Rowohlt 1963, S. 163.

 

68 Vgl. a.a.O., S. 243.

 

69 Vgl. Theodor W. Adorno, Drei Studien zu Hegel, Frankfurt a.M. 1963, S. 159f. [GS 5, s. S. 370f.].

 

70 Hölderlin, WW 2, a.a.O., S. 175.

 

71 Vgl. Marie Joachimi-Dege, Lebensbild, in: Hölderlins Werke, Berlin, Leipzig, usw., o.J. (Bong), insbes. S. XLII f.

 

72 Benjamin, a.a.O., S. 399.

 

73 Hölderlin, Sämtliche Werke, Leipzig o.J. (Insel), S. 761.

 

74 Walter Benjamin, Deutsche Menschen. Eine Folge von Briefen, Frankfurt a.M. 1962, S. 41.

 

75 Rudolf Borchardts Schriften, Prosa I, Berlin 1920, S. 143.

 

76 Wie sehr Hölderlins Verfahrungsweise aus einem objektiven Konflikt resultiert, dafür ist symptomatisch etwa, daß er immer wieder, verlockt von der gestischen Fülle der griechischen Partikeln, mit pseudologischen Formen arbeitet. Als wäre einer erlernten Pflicht zu genügen, bereiten sie den Schein von Synthesis dort, wo die Reihung Logik verneint: so der Gebrauch des Wortes »denn« in der Elegie ›Täglich geh ich heraus‹. Der Formenreichtum, den Hölderlin der Antike ablernte und der in den parataktischen Gefügen überlebt, ist zur Parataxis die Gegeninstanz; den Psychiatern ein Restitutionsphänomen. Aus den Gedichten der eigentlichen Wahnsinnszeit ist sie verschwunden. Wer Hölderlins Wahnsinn aus seiner Kunst ableiten wollte, wie Groddeck Beethovens Taubheit aus dessen Musik, mag ätiologisch irren, jedoch mehr vom Gehalt öffnen als die subalterne klinische Richtigkeit.

 

77 Hölderlin, WW 2, a.a.O., S. 190.

 

78 a.a.O., S. 195.

 

79 Vgl. Benjamin, Deutsche Menschen, a.a.O., S. 41.

 

80 Hölderlin, WW 2, a.a.O., S. 38.

 

81 a.a.O.

 

82 a.a.O., S. 142.

 

83 a.a.O., S. 189.

 

84 a.a.O., S. 206.

 

85 a.a.O.

 

86 Vgl. Walter Benjamin, Über das Programm der kommenden Philosophie, in: Zeugnisse, hrsg. von Max Horkheimer, Frankfurt a.M. 1963, S. 33ff.

 

87 Benjamin, Schriften, a.a.O., Bd. 2, S. 378.

 

88 Kant, Kritik der reinen Vernunft, ed. Valentiner, Leipzig 1913, S. 405.

 

89 Vgl. Hölderlin, WW 2, S. 439.

 

90 a.a.O., S. 131.

 

91 Vgl. a.a.O., S. 124.

 

92 a.a.O., S. 176.

 

93 a.a.O., S. 180.

 

94 a.a.O.

 

95 a.a.O.

 

96 a.a.O., S. 124.

 

97 a.a.O., S. 164.

 

98 a.a.O., S. 190.

 

99 a.a.O., S. 136.

 

100 a.a.O., S. 136f.

 

101 a.a.O., S. 95.

 

102 a.a.O., S. 70.

 

103 a.a.O., S. 68.

 

104 a.a.O., S. 97.

 

105 a.a.O., S. 68.

 

106 Benjamin, Schriften, a.a.O., Bd. 2, S. 398.

 

107 a.a.O.

 

108 a.a.O., S. 400.

 

109 Hölderlin, WW 3, a.a.O., S. 428.

 

110 a.a.O., S. 429.

 

111 Hölderlin, WW 2, a.a.O., S. 69.

 

112 a.a.O., S. 204.

 

 
Gesammelte Werke
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