III

 

Meditationen zur Metaphysik

1

Daß das Unveränderliche Wahrheit sei und das Bewegte, Vergängliche Schein, die Gleichgültigkeit von Zeitlichem und ewigen Ideen gegen einander, ist nicht länger zu behaupten, auch nicht mit der verwegenen Hegelschen Auskunft, zeitliches Dasein diene vermöge der seinem Begriff innewohnenden Vernichtung dem Ewigen, das in der Ewigkeit von Vernichtung sich darstelle. Einer der mystischen Impulse, die in Dialektik sich säkularisierten, war die Lehre von der Relevanz des Innerweltlichen, Geschichtlichen für das, was die traditionelle Metaphysik als Transzendenz abhob, oder wenigstens, minder gnostisch und radikal, für die Stellung des Bewußtseins zu den Fragen, welche der Kanon der Philosophie der Metaphysik zuwies. Das Gefühl, das nach Auschwitz gegen jegliche Behauptung von Positivität des Daseins als Salbadern, Unrecht an den Opfern sich sträubt, dagegen, daß aus ihrem Schicksal ein sei's noch so ausgelaugter Sinn gepreßt wird, hat sein objektives Moment nach Ereignissen, welche die Konstruktion eines Sinnes der Immanenz, der von affirmativ gesetzter Transzendenz ausstrahlt, zum Hohn verurteilen. Solche Konstruktion bejahte die absolute Negativität und verhülfe ihr ideologisch zu einem Fortleben, das real ohnehin im Prinzip der bestehenden Gesellschaft bis zu ihrer Selbstzerstörung liegt. Das Erdbeben von Lissabon reichte hin, Voltaire von der Leibniz'schen Theodizee zu kurieren, und die überschaubare Katastrophe der ersten Natur war unbeträchtlich, verglichen mit der zweiten, gesellschaftlichen, die der menschlichen Imagination sich entzieht, indem sie die reale Hölle aus dem menschlich Bösen bereitete. Gelähmt ist die Fähigkeit zur Metaphysik, weil, was geschah, dem spekulativen metaphysischen Gedanken die Basis seiner Vereinbarkeit mit der Erfahrung zerschlug. Noch einmal triumphiert, unsäglich, das dialektische Motiv des Umschlags von Quantität in Qualität. Mit dem Mord an Millionen durch Verwaltung ist der Tod zu etwas geworden, was so noch nie zu fürchten war. Keine Möglichkeit mehr, daß er in das erfahrene Leben der Einzelnen als ein irgend mit dessen Verlauf Übereinstimmendes eintrete. Enteignet wird das Individuum des Letzten und Ärmsten, was ihm geblieben war. Daß in den Lagern nicht mehr das Individuum starb, sondern das Exemplar, muß das Sterben auch derer affizieren, die der Maßnahme entgingen. Der Völkermord ist die absolute Integration, die überall sich vorbereitet, wo Menschen gleichgemacht werden, geschliffen, wie man beim Militär es nannte, bis man sie, Abweichungen vom Begriff ihrer vollkommenen Nichtigkeit, buchstäblich austilgt. Auschwitz bestätigt das Philosophem von der reinen Identität als dem Tod. Das exponierteste Diktum aus Becketts Endspiel: es gäbe gar nicht mehr soviel zu fürchten, reagiert auf eine Praxis, die in den Lagern ihr erstes Probestück lieferte, und in deren einst ehrwürdigem Begriff schon die Vernichtung des Nichtidentischen teleologisch lauert. Absolute Negativität ist absehbar, überrascht keinen mehr. Furcht war ans principium individuationis der Selbsterhaltung gebunden, das, aus seiner Konsequenz heraus, sich abschafft. Was die Sadisten im Lager ihren Opfern ansagten: morgen wirst du als Rauch aus diesem Schornstein in den Himmel dich schlängeln, nennt die Gleichgültigkeit des Lebens jedes Einzelnen, auf welche Geschichte sich hinbewegt: schon in seiner formalen Freiheit ist er so fungibel und ersetzbar wie dann unter den Tritten der Liquidatoren. Weil aber der Einzelne, in der Welt, deren Gesetz der universale individuelle Vorteil ist, gar nichts anderes hat als dies gleichgültig gewordene Selbst, ist der Vollzug der altvertrauten Tendenz zugleich das Entsetzlichste; daraus führt so wenig etwas hinaus wie aus der elektrisch geladenen Stacheldrahtumfriedung der Lager. Das perennierende Leiden hat soviel Recht auf Ausdruck wie der Gemarterte zu brüllen; darum mag falsch gewesen sein, nach Auschwitz ließe kein Gedicht mehr sich schreiben. Nicht falsch aber ist die minder kulturelle Frage, ob nach Auschwitz noch sich leben lasse, ob vollends es dürfe, wer zufällig entrann und rechtens hätte umgebracht werden müssen. Sein Weiterleben bedarf schon der Kälte, des Grundprinzips der bürgerlichen Subjektivität, ohne das Auschwitz nicht möglich gewesen wäre: drastische Schuld des Verschonten. Zur Vergeltung suchen ihn Träume heim wie der, daß er gar nicht mehr lebte, sondern 1944 vergast worden wäre, und seine ganze Existenz danach lediglich in der Einbildung führte, Emanation des irren Wunsches eines vor zwanzig Jahren Umgebrachten.

Reflektierte Menschen, und Künstler, haben nicht selten ein Gefühl des nicht ganz Dabeiseins, nicht Mitspielens aufgezeichnet; als ob sie gar nicht sie selber wären, sondern eine Art Zuschauer. Die anderen stößt das vielfach ab; Kierkegaard hat darauf seine Polemik gegen die von ihm so genannte ästhetische Sphäre gegründet. Kritik des philosophischen Personalismus indessen spricht dafür, daß jener alle existentielle Haltung desavouierenden Stellung zum Unmittelbaren ihre objektive Wahrheit zukommt in einem Moment, das über die Verblendung des selbsterhaltenden Motivs hinausführt. In dem ›Es ist gar nicht so wichtig‹, das seinerseits freilich gern mit bürgerlicher Kälte sich verbündet, kann das Individuum am ehesten noch ohne Angst der Nichtigkeit der Existenz innewerden. Das Unmenschliche daran, die Fähigkeit, im Zuschauen sich zu distanzieren und zu erheben, ist am Ende eben das Humane, dessen Ideologen dagegen sich sträuben. Nicht enträt es aller Plausibilität, daß jenes Teil, das so sich verhält, das unsterbliche sei. Die Szene, in der Shaw auf dem Weg zum Theater einem Bettler seinen Ausweis hinhielt und pressiert »Presse« dazu sagte, versteckt unterm Zynismus ein Bewußtsein davon. Es trüge bei zur Erklärung des Sachverhalts, über den Schopenhauer staunte: daß die Affekte im Angesicht des Todes anderer nicht nur sondern auch des eigenen vielfach so schwach sind. Wohl sind die Menschen ausnahmslos unterm Bann, keiner zur Liebe schon fähig, und darum meint ein jeder sich zu wenig geliebt. Aber die zuschauerhafte Haltung drückt zugleich den Zweifel aus, ob dies denn alles sein könne, während doch das Subjekt, in seiner Verblendung sich so relevant, nichts anderes hat als jenes Arme und in seinen Regungen tierhaft Ephemere. Unterm Bann haben die Lebendigen die Alternative zwischen unfreiwilliger Ataraxie – einem Ästhetischen aus Schwäche – und der Vertiertheit des Involvierten. Beides ist falsches Leben. Etwas von beidem aber gehörte auch zu einer richtigen désinvolture und Sympathie. Überstanden hat der schuldhafte Drang der Selbsterhaltung, vielleicht gerade an der unablässig gegenwärtigen Drohung sich bestärkt. Nur muß die Selbsterhaltung argwöhnen, das Leben, in dem sie sich festmacht, werde zu dem, wovor ihr schaudert, zum Gespenst, einem Stück der Geisterwelt, die das wache Bewußtsein als nicht existent durchschaut. Die Schuld des Lebens, das als pures Faktum bereits anderem Leben den Atem raubt, einer Statistik gemäß, die eine überwältigende Zahl Ermordeter durch eine minimale Geretteter ergänzt, wie wenn das von der Wahrscheinlichkeitsrechnung vorgesehen wäre, ist mit dem Leben nicht mehr zu versöhnen. Jene Schuld reproduziert sich unablässig, weil sie dem Bewußtsein in keinem Augenblick ganz gegenwärtig sein kann. Das, nichts anderes zwingt zur Philosophie. Diese erfährt dabei den Schock, daß, je tiefer, kräftiger sie eindringt, desto mehr der Argwohn sich anmeldet, sie entferne sich von dem, wie es ist; die oberflächlichsten und trivialsten Anschauungen vermöchten, wäre das Wesen einmal entschleiert, recht zu behalten gegen jene, welche auf das Wesen zielen. Damit fällt ein greller Strahl auf Wahrheit selbst. Spekulation spürt eine gewisse Pflicht, ihrem Gegner, dem common sense, die Position des Korrektivs einzuräumen. Das Leben nährt den Horror der Ahnung, was erkannt werden muß, gliche eher dem, was down to earth sich findet, als dem, was sich erhebt; es könnte sein, daß jene Ahnung noch jenseits des Pedestren sich bestätigt, während doch der Gedanke allein in der Elevation sein Glück, die Verheißung seiner Wahrheit hat. Behielte das Pedestre das letzte Wort, wäre es die Wahrheit, so wäre Wahrheit entwürdigt. Das triviale Bewußtsein, wie es theoretisch im Positivismus und unreflektierten Nominalismus sich ausspricht, mag der adaequatio rei atque cogitationis näher sein als das sublime, in fratzenhaftem Hohn auf die Wahrheit wahrer als das überlegene, außer wenn ein anderer Begriff von Wahrheit gelingen sollte als der von adaequatio. Solcher anderen Wahrheit gilt die Innervation, Metaphysik möchte gewinnen allein, wenn sie sich wegwirft. Sie nicht zuletzt motiviert den Übergang in Materialismus. Der Hang dazu läßt vom Hegelianer Marx bis zur Benjaminschen Rettung der Induktion sich verfolgen; seine Apotheose dürfte Kafkas Werk bilden. Erheischt negative Dialektik die Selbstreflexion des Denkens, so impliziert das handgreiflich, Denken müsse, um wahr zu sein, heute jedenfalls, auch gegen sich selbst denken. Mißt es sich nicht an dem Äußersten, das dem Begriff entflieht, so ist es vorweg vom Schlag der Begleitmusik, mit welcher die SS die Schreie ihrer Opfer zu übertönen liebte.

 

2

 

Hitler hat den Menschen im Stande ihrer Unfreiheit einen neuen kategorischen Imperativ aufgezwungen: ihr Denken und Handeln so einzurichten, daß Auschwitz nicht sich wiederhole, nichts Ähnliches geschehe. Dieser Imperativ ist so widerspenstig gegen seine Begründung wie einst die Gegebenheit des Kantischen. Ihn diskursiv zu behandeln, wäre Frevel: an ihm läßt leibhaft das Moment des Hinzutretenden am Sittlichen sich fühlen. Leibhaft, weil es der praktisch gewordene Abscheu vor dem unerträglichen physischen Schmerz ist, dem die Individuen ausgesetzt sind, auch nachdem Individualität, als geistige Reflexionsform, zu verschwinden sich anschickt. Nur im ungeschminkt materialistischen Motiv überlebt Moral. Der Gang der Geschichte nötigt das zum Materialismus, was traditionell sein unvermittelter Gegensatz war, die Metaphysik. Was einmal der Geist als seinesgleichen zu bestimmen oder zu konstruieren sich rühmte, bewegt auf das sich hin, was dem Geist nicht gleicht; was seiner Herrschaft sich entzieht und woran sie doch als absolut Böses offenbar wird. Die somatische, sinnferne Schicht des Lebendigen ist Schauplatz des Leidens, das in den Lagern alles Beschwichtigende des Geistes und seiner Objektivation, der Kultur, ohne Trost verbrannte. Der Prozeß, durch den Metaphysik unaufhaltsam dorthin sich verzog, wogegen sie einmal konzipiert war, hat seinen Fluchtpunkt erreicht. Wie sehr sie in die Fragen des materiellen Daseins schlüpfte, hat Philosophie seit dem jungen Hegel nicht verdrängen können, wofern sie sich nicht an die approbierte Denkerei verkaufte. Kindheit ahnt etwas davon in der Faszination, die von der Zone des Abdeckers, dem Aas, dem widerlich süßen Geruch der Verwesung, den anrüchigen Ausdrücken für jene Zone ausgeht. Die Macht jenes Bereichs im Unbewußten mag nicht geringer sein als die des infantil sexuellen; beide überblenden sich in der analen Fixierung, sind aber kaum dasselbe. Unbewußtes Wissen flüstert den Kindern zu, was da von der zivilisatorischen Erziehung verdrängt wird, darum ginge es: die armselige physische Existenz zündet ins oberste Interesse, das kaum weniger verdrängt wird, ins Was ist das und Wohin geht es. Wem gelänge, auf das sich zu besinnen, was ihn einmal aus den Worten Luderbach und Schweinstiege ansprang, wäre wohl näher am absoluten Wissen als das Hegelsche Kapitel, das es dem Leser verspricht, um es ihm überlegen zu versagen. Theoretisch zu widerrufen wäre die Integration des physischen Todes in die Kultur, doch nicht dem ontologisch reinen Wesen Tod zuliebe, sondern um dessentwillen, was der Gestank der Kadaver ausdrückt und worüber deren Transfiguration zum Leichnam betrügt. Ein Hotelbesitzer, der Adam hieß, schlug vor den Augen des Kindes, das ihn gern hatte, mit einem Knüppel Ratten tot, die auf dem Hof aus Löchern herausquollen; nach seinem Bilde hat das Kind sich das des ersten Menschen geschaffen. Daß das vergessen wird; daß man nicht mehr versteht, was man einmal vorm Wagen des Hundefängers empfand, ist der Triumph der Kultur und deren Mißlingen. Sie kann das Gedächtnis jener Zone nicht dulden, weil sie immer wieder dem alten Adam es gleichtut, und das eben ist unvereinbar mit ihrem Begriff von sich selbst. Sie perhorresziert den Gestank, weil sie stinkt; weil ihr Palast, wie es an einer großartigen Stelle von Brecht heißt, gebaut ist aus Hundsscheiße. Jahre später als jene Stelle geschrieben ward, hat Auschwitz das Mißlingen der Kultur unwiderleglich bewiesen. Daß es geschehen konnte inmitten aller Tradition der Philosophie, der Kunst und der aufklärenden Wissenschaften, sagt mehr als nur, daß diese, der Geist, es nicht vermochte, die Menschen zu ergreifen und zu verändern. In jenen Sparten selber, im emphatischen Anspruch ihrer Autarkie, haust die Unwahrheit. Alle Kultur nach Auschwitz, samt der dringlichen Kritik daran, ist Müll. Indem sie sich restaurierte nach dem, was in ihrer Landschaft ohne Widerstand sich zutrug, ist sie gänzlich zu der Ideologie geworden, die sie potentiell war, seitdem sie, in Opposition zur materiellen Existenz, dieser das Licht einzuhauchen sich anmaßte, das die Trennung des Geistes von körperlicher Arbeit ihr vorenthielt. Wer für Erhaltung der radikal schuldigen und schäbigen Kultur plädiert, macht sich zum Helfershelfer, während, wer der Kultur sich verweigert, unmittelbar die Barbarei befördert, als welche die Kultur sich enthüllte. Nicht einmal Schweigen kommt aus dem Zirkel heraus; es rationalisiert einzig die eigene subjektive Unfähigkeit mit dem Stand der objektiven Wahrheit und entwürdigt dadurch diese abermals zur Lüge. Haben die östlichen Staaten, trotz des Gewäschs vom Gegenteil, Kultur abgeschafft und als pures Herrschaftsmittel in Schund verwandelt, so widerfährt der Kultur, die darüber stöhnt, was sie verdient und wohin sie ihrerseits, im Namen des demokratischen Rechts der Menschen auf das, was ihnen gleicht, eifrig tendiert. Nur wird die administrative Barbarei der Funktionäre drüben dadurch, daß sie als Kultur sich anpreist und deren Unwesen als unverlierbares Erbe behütet, dessen überführt, daß ihre Realität, der Unterbau, ihrerseits so barbarisch ist wie der Überbau, den sie abbaut, indem sie ihn in Regie nimmt. Im Westen ist wenigstens gestattet, es zu sagen. – Die Theologie der Krise registrierte, wogegen sie abstrakt und darum vergebens aufbegehrte: daß Metaphysik fusioniert ist mit Kultur. Die Absolutheit des Geistes, Aureole der Kultur, war dasselbe Prinzip, das unermüdlich dem Gewalt antat, was es auszudrücken vortäuschte. Kein vom Hohen getöntes Wort, auch kein theologisches, hat unverwandelt nach Auschwitz ein Recht. Die Herausforderung der überkommenen Worte; die Probe, ob Gott das zulasse und nicht zürnend eingriffe, vollstreckte an den Opfern noch einmal das Urteil, das Nietzsche längst zuvor über die Ideen gefällt hatte. Einer, der mit einer Kraft, die zu bewundern ist, Auschwitz und andere Lager überstand, meinte mit heftigem Affekt gegen Beckett: wäre dieser in Auschwitz gewesen, er würde anders schreiben, nämlich, mit der Schützengrabenreligion des Entronnenen, positiver. Der Entronnene hat anders recht, als er es meint; Beckett, und wer sonst noch seiner mächtig blieb, wäre dort gebrochen worden und vermutlich gezwungen, jene Schützengrabenreligion zu bekennen, die der Entronnene in die Worte kleidete, er wolle den Menschen Mut geben: als ob das bei irgendeinem geistigen Gebilde läge; als ob der Vorsatz, der an die Menschen sich wendet und nach ihnen sich einrichtet, nicht um das sie brächte, worauf sie Anspruch haben, auch wenn sie das Gegenteil glauben. Dahin ist es mit der Metaphysik gekommen.

 

3

 

Das verleiht dem Verlangen seine Suggestivkraft, mit ihr von vorn zu beginnen oder, wie sie es nennen, radikal zu fragen, den Schein abzukratzen, mit welchem die mißlungene Kultur ihre Schuld und die Wahrheit übermale. Aber sobald jener vermeintliche Abbau dem Drang nach einer unverschandelten Grundschicht willfahrt, verschwört er sich erst recht mit der Kultur, die er abzubauen sich brüstet. Während die Faschisten gegen den destruktiven Kulturbolschewismus donnerten, machte Heidegger die Destruktion respektabel als Veranstaltung, ins Sein zu dringen. Kulturkritik und Barbarei sind nicht ohne Einverständnis. Rasch wurde es praktisch erprobt. Metaphysische Erwägungen, die der Elemente sich zu entledigen suchen, die an ihnen Kultur, vermittelt sind, verleugnen das Verhältnis ihrer vorgeblich reinen Kategorien zum gesellschaftlichen Inhalt. Absehend von der Gesellschaft, ermutigen sie deren Fortexistenz in den bestehenden Formen, die ihrerseits die Erkenntnis der Wahrheit samt ihrer Realisierung verriegeln. Das Idol reiner Urerfahrung äfft so sehr wie das kulturell Aufbereitete, der vergriffene Kategorienschatz dessen, was tesei ist. Herausführen könnte einzig, was beides in seiner Vermitteltheit bestimmt, Kultur als den Deckel überm Unrat, Natur, auch wo sie sich zum Urgestein des Seins wird, als Projektion des schlechten kulturellen Verlangens, es müsse in allem Wandel doch beim Selben bleiben. Sogar die Erfahrung des Todes reicht nicht hin als Letztes und Unbezweifeltes, als Metaphysik gleich der, welche einst Descartes aus dem hinfälligen ego cogitans deduzierte.

Daß die Todesmetaphysiken entweder in Reklame für den heroischen Tod ausarteten oder in die Trivialität purer Wiederholung des Unverkennbaren, man müsse eben sterben, ihr gesamtes ideologisches Unwesen, gründet wohl in der bis heute fortdauernden Schwäche menschlichen Bewußtseins, der Erfahrung des Todes standzuhalten, vielleicht überhaupt sie in sich hineinzunehmen. Kein Menschenleben, das offen und frei zu den Objekten sich verhält, reicht aus, zu vollbringen, was im Geist eines jeden Menschen als Potential vorhanden ist; es und der Tod klaffen auseinander. Die sinngebenden Reflexionen über den Tod sind so hilflos wie die tautologischen. Je mehr das Bewußtsein der Tierheit sich entwindet und sich zum Festen und in seinen Formen Dauernden wird, desto mehr verstockt es sich gegen alles, was ihm die eigene Ewigkeit suspekt macht. Mit der geschichtlichen Inthronisation des Subjekts als Geist war die Täuschung verkoppelt, es sei sich unverlierbar. Gingen frühe Formen des Eigentums zusammen mit magischen Praktiken, den Tod zu bannen, so verscheucht ihn, je vollständiger alle menschlichen Beziehungen von Eigentum determiniert werden, die ratio so hartnäckig wie nur einst die Riten. Auf einer letzten Stufe wird er, in Verzweiflung, selbst zum Eigentum. Seine metaphysische Erhöhung entbindet von seiner Erfahrung. Die gängige Todesmetaphysik ist nichts als der ohnmächtige Trost der Gesellschaft darüber, daß durch gesellschaftliche Veränderungen den Menschen abhanden kam, was ihnen einmal den Tod erträglich gemacht haben soll, das Gefühl seiner epischen Einheit mit dem gerundeten Leben. Auch es mochte nur die Herrschaft des Todes verklären mit der Müdigkeit des Alten und Lebenssatten, der darum recht zu sterben wähnt, weil sein mühsames Leben vorher schon gar kein Leben war und ihm selbst die Kraft des Widerstandes gegens Sterben stahl. In der vergesellschafteten Gesellschaft jedoch, dem ausweglos dichten Gewebe der Immanenz, empfinden die Menschen den Tod einzig noch als ein ihnen Äußerliches und Fremdes, ohne Illusion seiner Kommensurabilität mit ihrem Leben. Sie können sich nicht einverleiben, daß sie sterben müssen. Daran heftet sich ein queres, versprengtes Stück Hoffnung: gerade weil der Tod nicht, wie bei Heidegger, die Ganzheit des Daseins konstituiert, erfährt man, solange man nicht debil ist, den Tod und seine Boten, die Krankheiten, als heterogen, ichfremd. Behend mag man das damit begründen, daß das Ich nichts anderes als das dem Tod entgegengesetzte Prinzip der Selbsterhaltung sei und unfähig, ihn mit dem Bewußtsein zu absorbieren, das selber Ich ist. Aber die Erfahrung des Bewußtseins gibt dem wenig Nahrung; sie hat, angesichts des Todes, nicht notwendig die Gestalt von Trotz, die zu erwarten wäre. Die Hegelsche Lehre, daß, was ist, an sich selbst zugrunde geht, wird vom Subjekt kaum bestätigt. Daß man zu sterben hat, erscheint auch dem Alternden, der die Zeichen der Hinfälligkeit gewahrt, eher wie ein von der eigenen Physis verursachter Unglücksfall, mit Zügen der gleichen Kontingenz wie die der heute typischen auswendigen Unglücksfälle. Das kräftigt die Spekulation, welche die Einsicht vom Vorrang des Objekts kontrapunktiert: ob nicht der Geist ein Moment des Selbständigen, des Unvermischten habe, das frei wird gerade dann, wenn er nicht seinerseits alles frißt und von sich aus die Todverfallenheit reproduziert. Trotz des täuschenden Interesses der Selbsterhaltung wäre die Resistenzkraft der Idee von Unsterblichkeit, wie noch Kant sie hegte, kaum zu erklären ohne dies Moment. Freilich scheint jene Resistenzkraft, wie in verfallenden Individuen, auch in der Geschichte der Gattung zu sinken. Nach dem insgeheim längst ratifizierten Niedergang der objektiven Religionen, die verheißen hatten, dem Tod den Stachel zu nehmen, wird er heute vollends zu dem ganz Fremden durch den gesellschaftlich determinierten Niedergang kontinuierlicher Erfahrung überhaupt.

Je weniger die Subjekte mehr leben, desto jäher, schreckhafter der Tod. Daran, daß er sie buchstäblich in Dinge verwandelt, werden sie ihres permanenten Todes, der Verdinglichung inne, der von ihnen mitverschuldeten Form ihrer Beziehungen. Die zivilisatorische Integration des Todes, ohne Gewalt über ihn und lächerlich vor ihm, den sie zuschminkt, ist die Reaktionsbildung auf dies Gesellschaftliche, täppischer Versuch der Tauschgesellschaft, die letzten Löcher zu verstopfen, welche die Warenwelt noch offen ließ. Tod und Geschichte, zumal die kollektive der Kategorie Individuum, bilden eine Konstellation. Folgerte einmal das Individuum, Hamlet, seine absolute Wesenhaftigkeit aus dem heraufdämmernden Bewußtsein von der Unwiderruflichkeit des Todes, so reißt der Sturz des Individuums die gesamte Konstruktion des bürgerlichen Daseins in sich hinein. Vernichtet wird ein an sich und vielleicht auch schon für sich Nichtiges. Daher die Dauerpanik angesichts des Todes. Sie ist anders nicht mehr zu beschwichtigen als durch dessen Verdrängung. Aus den geschichtlichen Verschlingungen ist der Tod als solcher, oder als biologisches Urphänomen, nicht herauszuschälen1; dazu ist das Individuum, das die Erfahrung des Todes trägt, viel zu sehr historische Kategorie. Der Satz, der Tod sei immer dasselbe, ist so abstrakt wie unwahr; die Gestalt, in der das Bewußtsein mit dem Tod sich abfindet, variiert samt den konkreten Bedingungen, wie einer stirbt, bis in die Physis hinein. Neues Grauen hat der Tod in den Lagern: seit Auschwitz heißt den Tod fürchten, Schlimmeres fürchten als den Tod. Was der Tod gesellschaftlich Gerichteten antut, ist biologisch zu antezipieren an geliebten Menschen hohen Alters; ihr Körper nicht nur sondern ihr Ich, alles, wodurch sie als Menschen sich bestimmten, zerbröckelt ohne Krankheit und gewalttätigen Eingriff. Der Rest von Vertrauen auf ihre transzendente Dauer schwindet gleichsam im irdischen Leben: was an ihnen soll es sein, das nicht stürbe. Der gläubige Zuspruch, noch in solcher Desintegration oder im Irrsinn bestünde der Kern der Menschen fort, hat, indifferent gegen jene Erfahrung, etwas Törichtes und Zynisches. Er verlängert die patzige Spießbürgerweisheit: Man bleibt doch immer noch, was man ist, ins Unendliche. Dem metaphysischen Bedürfnis schneidet eine Grimasse, wer sich abwendet von dem, was seine mögliche Erfüllung negiert.

Gleichwohl ist der Gedanke, der Tod sei das schlechthin Letzte, unausdenkbar. Versuche der Sprache, den Tod auszudrücken, sind vergebens bis in die Logik hinein; wer wäre das Subjekt, von dem da prädiziert wird, es sei jetzt, hier, tot. Nicht nur die Lust, die, nach Nietzsches erleuchtetem Wort, Ewigkeit will, sträubt sich gegen Vergängnis. Wäre der Tod jenes Absolute, das die Philosophie positiv vergebens beschwor, so ist alles überhaupt nichts, auch jeder Gedanke ins Leere gedacht, keiner läßt mit Wahrheit irgend sich denken. Denn es ist ein Moment von Wahrheit, daß sie samt ihrem Zeitkern dauere; ohne alle Dauer wäre keine, noch deren letzte Spur verschlänge der absolute Tod. Seine Idee spottet des Denkens kaum weniger als die von Unsterblichkeit. Aber das Unausdenkbare des Todes feit den Gedanken nicht gegen die Unverläßlichkeit jeglicher metaphysischen Erfahrung. Der Verblendungszusammenhang, der alle Menschen umfängt, hat teil auch an dem, womit sie den Schleier zu zerreißen wähnen. Anstelle der Kantischen erkenntnistheoretischen Frage, wie Metaphysik möglich sei, tritt die geschichtsphilosophische, ob metaphysische Erfahrung überhaupt noch möglich ist. Diese war nie so jenseits des Zeitlichen wie im Schulgebrauch des Wortes Metaphysik. Man hat beobachtet, daß die Mystik, deren Name die Unmittelbarkeit metaphysischer Erfahrung gegen ihren Verlust durch institutionellen Einbau zu retten hofft, ihrerseits gesellschaftliche Tradition bildet und aus Tradition stammt, über die Demarkationslinie von Religionen hinweg, die einander Häresien sind. Der Name des Corpus der jüdischen Mystik, Kabbala, bedeutet Tradition. Metaphysische Unmittelbarkeit hat, wo sie am weitesten sich vorwagte, nicht verleugnet, wie sehr sie vermittelt ist. Beruft sie sich aber auf Tradition, so muß sie auch ihre Abhängigkeit vom geschichtlichen Stand des Geistes zugestehen. Bei Kant waren die metaphysischen Ideen zwar den Existentialurteilen einer von Material zu erfüllenden Erfahrung entrückt, sollten aber trotz der Antinomien in der Konsequenz der reinen Vernunft gelegen sein; heute wären sie so absurd, wie man mit beflissen klassifizierender Abwehr die nennt, welche ihre Absenz aussprechen. Das Bewußtsein jedoch, das sich weigert, den geschichtsphilosophischen Sturz der metaphysischen Ideen zu verleugnen, und ihn doch nicht ertragen kann, wenn es nicht sich als Bewußtsein mitverleugnen soll, tendiert dazu, in mehr als nur semantischer Verwechslung das Schicksal der metaphysischen Ideen geradeswegs selber zu einem Metaphysischen zu erheben. Verzweiflung an der Welt, die doch ihr Fundament in der Sache und ihre Wahrheit hat und weder ästhetischer Weltschmerz ist noch ein falsches und verdammenswertes Bewußtsein, garantiere bereits, so wird insgeheim fehlgeschlossen, das Dasein des hoffnungslos Entbehrten, während doch Dasein zum universalen Schuldzusammenhang wurde. Von aller Schmach, die mit Grund der Theologie widerfuhr, ist die ärgste das Freudengeheul, in welches die positiven Religionen über die Verzweiflung der Ungläubigen ausbrechen. Nachgerade stimmen sie bei jeder Gottesleugnung ihr Tedeum an, weil sie wenigstens Gottes Namen gebraucht. Wie in der von sämtlichen Bevölkerungen der Erde geschluckten Ideologie die Mittel die Zwecke usurpieren, so usurpiert in der auferstandenen Metaphysik von heutzutage das Bedürfnis das, was ihm mangelt. Der Wahrheitsgehalt des Absenten wird gleichgültig; sie behaupten es, weil es gut für die Menschen sei. Die Anwälte von Metaphysik argumentieren einig mit dem von ihnen verachteten Pragmatismus, der a priori Metaphysik auflöst. Ebenso ist Verzweiflung die letzte Ideologie, geschichtlich und gesellschaftlich bedingt, wie der Gang der Erkenntnis, der die metaphysischen Ideen angefressen hat, durch kein cui bono aufgehalten werden kann.

 

4

 

Was metaphysische Erfahrung sei, wird, wer es verschmäht, diese auf angebliche religiöse Urerlebnisse abzuziehen, am ehesten wie Proust sich vergegenwärtigen, an dem Glück etwa, das Namen von Dörfern verheißen wie Otterbach, Watterbach, Reuenthal, Monbrunn. Man glaubt, wenn man hingeht, so wäre man in dem Erfüllten, als ob es wäre. Ist man wirklich dort, so weicht das Versprochene zurück wie der Regenbogen. Dennoch ist man nicht enttäuscht; eher fühlt man, nun wäre man zu nah, und darum sähe man es nicht. Dabei ist der Unterschied zwischen Landschaften und Gegenden, welche über die Bilderwelt einer Kindheit entscheiden, vermutlich gar nicht so groß. Was Proust an Illiers aufging, ward ähnlich vielen Kindern der gleichen gesellschaftlichen Schicht an anderen Orten zuteil. Aber damit dies Allgemeine, das Authentische an Prousts Darstellung, sich bildet, muß man hingerissen sein an dem einen Ort, ohne aufs Allgemeine zu schielen. Dem Kind ist selbstverständlich, daß, was es an seinem Lieblingsstädtchen entzückt, nur dort, ganz allein und nirgends sonst zu finden sei; es irrt, aber sein Irrtum stiftet das Modell der Erfahrung, eines Begriffs, welcher endlich der der Sache selbst wäre, nicht das Armselige von den Sachen Abgezogene. Die Hochzeit, bei der der Proustsche Erzähler als Kind zum ersten Mal die Duchesse de Guermantes erblickt, mag ganz so, und mit derselben Gewalt fürs spätere Leben, an anderer Stelle und zu anderer Zeit stattgefunden haben. Einzig angesichts des absolut, unauflöslich Individuierten ist darauf zu hoffen, daß es genau dies schon gegeben habe und geben werde; dem nachzukommen erst erfüllte den Begriff des Begriffs. Er haftet aber am Versprechen des Glücks, während die Welt, die es verweigert, die der herrschenden Allgemeinheit ist, gegen die Prousts Rekonstruktion der Erfahrung entêtiert anging. Glück, das einzige an metaphysischer Erfahrung, was mehr ist denn ohnmächtiges Verlangen, gewährt das Innere der Gegenstände als diesen zugleich Entrücktes. Wer indessen an derlei Erfahrung naiv sich erlabt, als hielte er in Händen, was sie suggeriert, erliegt Bedingungen der empirischen Welt, über die er hinaus will, und die ihm doch die Möglichkeit dazu allein beistellen. Der Begriff metaphysischer Erfahrung ist anders noch antinomisch, als die transzendentale Dialektik Kants es lehrt. Was an Metaphysischem ohne Rekurs auf die Erfahrung des Subjekts, ohne sein unmittelbares Dabeisein verkündet wird, ist hilflos vor dem Begehren des autonomen Subjekts, nichts sich aufzwingen zu lassen, was nicht ihm selber einsichtig wäre. Das ihm unmittelbar Evidente jedoch krankt an Fehlbarkeit und Relativität.

Daß der Kategorie der Verdinglichung, die inspiriert war vom Wunschbild ungebrochener subjektiver Unmittelbarkeit, nicht länger jener Schlüsselcharakter gebührt, den apologetisches Denken, froh materialistisches zu absorbieren, übereifrig ihr zuerkennt, wirkt zurück auf alles, was unter dem Begriff metaphysischer Erfahrung geht. Die objektiven theologischen Kategorien, die seit dem jungen Hegel von der Philosophie als Verdinglichungen angegriffen wurden, sind keineswegs nur Rückstände, welche Dialektik aus sich ausscheidet. Sie stehen komplementär zur Schwachheit der idealistischen Dialektik, die als Identitätsdenken das nicht ins Denken Fallende reklamiert, das doch, sobald es jenem als sein bloß Anderes kontrastiert wird, jede mögliche Bestimmung einbüßt. In der Objektivität der metaphysischen Kategorien schlug nicht allein, wie der Existentialismus es möchte, die verhärtete Gesellschaft sich nieder, sondern ebenso der Vorrang des Objekts als Moments der Dialektik. Die Verflüssigung alles Dinghaften ohne Rest regredierte auf den Subjektivismus des reinen Aktes, hypostasierte die Vermittlung als Unmittelbarkeit. Reine Unmittelbarkeit und Fetischismus sind gleich unwahr. Die Insistenz auf jener gegen die Verdinglichung entäußert sich, wie Hegels Institutionalismus durchschaute, ebenso willkürlich des Moments der Andersheit in der Dialektik, wie diese wiederum nicht, nach der Übung des späteren Hegel, in einem ihr jenseitigen Festen zu sistieren ist. Der Überschuß übers Subjekt aber, den subjektive metaphysische Erfahrung nicht sich möchte ausreden lassen, und das Wahrheitsmoment am Dinghaften sind Extreme, die sich berühren in der Idee der Wahrheit. Denn diese wäre so wenig ohne das Subjekt, das dem Schein sich entringt, wie ohne das, was nicht Subjekt ist und woran Wahrheit ihr Urbild hat. – Unverkennbar wird reine metaphysische Erfahrung blasser und desultorischer im Verlauf des Säkularisierungsprozesses, und das weicht die Substantialität der älteren auf. Sie hält sich negativ in jenem Ist das denn alles?, das am ehesten im vergeblichen Warten sich aktualisiert. Kunst hat das aufgezeichnet; Alban Berg stellte im Wozzeck am höchsten jene Takte, welche, wie nur Musik es kann, vergebliches Warten ausdrücken, und hat ihre Harmonie an den entscheidenden Zäsuren und am Schluß der Lulu zitiert. Keine solche Innervation jedoch, nichts von dem, was Bloch Symbolintention nannte, ist gefeit vor der Vermischung mit bloßem Leben. Vergebliches Warten verbürgt nicht, worauf die Erwartung geht, sondern reflektiert den Zustand, der sein Maß hat an der Versagung. Je weniger an Leben mehr bleibt, desto verlockender fürs Bewußtsein, die kargen und jähen Reste des Lebendigen fürs erscheinende Absolute zu nehmen. Gleichwohl könnte nichts als wahrhaft Lebendiges erfahren werden, was nicht auch ein dem Leben Transzendentes verhieße; darüber führt keine Anstrengung des Begriffs hinaus. Es ist und ist nicht. Die Verzweiflung an dem, was ist, greift auf die transzendentalen Ideen über, die ihr einmal Einhalt geboten. Daß die endliche Welt der unendlichen Qual umfangen sei von einem göttlichen Weltplan, wird für jeden, der nicht die Geschäfte der Welt besorgt, zu jenem Irrsinn, der mit dem positiven Normalbewußtsein so gut sich verträgt. Die Unrettbarkeit der theologischen Konzeption des Paradoxen, einer letzten, ausgehungerten Bastion, wird ratifiziert von dem Weltlauf, der das Skandalon, auf das Kierkegaard hinstarrt, in die offene Lästerung übersetzt.

 

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Die metaphysischen Kategorien leben, säkularisiert, fort in dem, was dem vulgären höheren Drang die Frage nach dem Sinn des Lebens heißt. Der weltanschauliche Klang des Wortes verurteilt die Frage. Unweigerlich fast gesellt ihr sich die Antwort, der Sinn des Lebens sei der, den der Fragende ihm gibt. Auch der zum offiziellen Credo entwürdigte Marxismus wird, wie der späte Lukács, wenig anders reden. Die Antwort ist falsch. Der Begriff des Sinns involviert Objektivität jenseits allen Machens; als gemachter ist er bereits Fiktion, verdoppelt das sei's auch kollektive Subjekt und betrügt es um das, was er zu gewähren scheint. Metaphysik handelt von einem Objektiven, ohne doch von der subjektiven Reflexion sich dispensieren zu dürfen. Die Subjekte sind in sich, ihre ›Konstitution‹ eingelassen: an Metaphysik ist es, darüber nachzudenken, wie weit sie gleichwohl über sich hinauszusehen vermögen. Philosopheme, die davon sich entlasten, disqualifizieren sich als Zuspruch. Die Tätigkeit eines mit jener Sphäre Verbundenen wurde vor Jahrzehnten charakterisiert: er reist herum und hält Angestellten Vorträge über den Sinn. Wer aufatmet, wenn Leben einmal Ähnlichkeit mit Leben zeigt und nicht, nach der Erkenntnis von Karl Kraus, einzig um der Produktion und Konsumtion willen in Gang gehalten wird, liest daraus begierig und unmittelbar die Gegenwart eines Transzendenten heraus. Die Depravation des spekulativen Idealismus zur Sinnfrage verdammt rückwirkend jenen, der noch auf seiner Scheitelhöhe, wenn auch mit ein bißchen anderen Worten, solchen Sinn proklamierte, den Geist als das Absolute, der seinen Ursprung im unzulänglichen Subjekt nicht loswird und sein Bedürfnis an seinem Ebenbild stillt. Das ist ein Urphänomen von Ideologie. Das Totale der Frage selbst übt einen Bann aus, der bei allem affirmativen Gehabe nichtig wird vorm realen Unheil. Fragt ein Verzweifelter, der sich umbringen will, einen, der ihm gut zuredet, davon abzulassen, nach dem Sinn des Lebens, so wird der hilflose Helfer ihm keinen nennen können; sobald er es versucht, ist er zu widerlegen, Echo eines consensus omnium, den der Spruch auf seinen Kern brachte, der Kaiser brauche Soldaten. Leben, das Sinn hätte, fragte nicht danach; vor der Frage flüchtet er. Das Gegenteil jedoch, der abstrakte Nihilismus, müßte vor der Gegenfrage: warum lebst denn du selber, verstummen. Das aufs Ganze gehen, den Nettoprofit des Lebens kalkulieren, ist eben der Tod, dem die sogenannte Sinnfrage entgehen will, auch wofern sie, ohne anderen Ausweg, vom Sinn des Todes sich begeistern läßt. Was ohne Schmach Anspruch hätte auf den Namen Sinn, ist beim Offenen, nicht in sich Verschlossenen; die These, das Leben habe keinen, wäre als positive genauso töricht, wie ihr Gegenteil falsch ist; wahr ist jene nur als Schlag auf die beteuernde Phrase. Auch Schopenhauers Neigung, das Wesen der Welt, den blinden Willen, unterm humanen Blick als absolut Negatives zu identifizieren, ist dem Stand des Bewußtseins nicht mehr angemessen; der Anspruch totaler Subsumtion allzu analog dem positiven seiner ihm verhaßten Zeitgenossen, der Idealisten. Naturreligion flackert wieder auf, die Dämonenfurcht, gegen welche die Epikurische Aufklärung einst die elende Idee desinteressiert zuschauender Götter als das Bessere ausmalte. Dem Schopenhauerschen Irrationalismus gegenüber hat der Monotheismus, den er im Geist von Aufklärung attackierte, auch sein Wahres. Schopenhauers Metaphysik regrediert auf eine Phase, in der der Genius noch nicht inmitten des Stummen aufwachte. Er verleugnet das Motiv der Freiheit, an das die Menschen einstweilen, und vielleicht noch in der Phase der vollendeten Unfreiheit, sich erinnern. Schopenhauer blickt dem Scheinhaften der Individuation auf den Grund, aber seine Anweisung zur Freiheit im Vierten Buch, die Verneinung des Willens zum Leben, ist ebenso scheinhaft: als ob das ephemer Individuierte über sein negativ Absolutes, den Willen als Ding an sich, die mindeste Macht haben, anders als in Selbsttäuschung aus seinem Bann treten könnte, ohne daß durch die Lücke die gesamte Willensmetaphysik entwiche. Totaler Determinismus ist nicht weniger mythisch als die Totale der Hegelschen Logik. Schopenhauer war Idealist malgré lui-même, Sprecher des Bannes. Das totum ist das Totem. Bewußtsein könnte gar nicht über das Grau verzweifeln, hegte es nicht den Begriff von einer verschiedenen Farbe, deren versprengte Spur im negativen Ganzen nicht fehlt. Stets stammt sie aus dem Vergangenen, Hoffnung aus ihrem Widerspiel, dem, was hinab mußte oder verurteilt ist; solche Deutung wäre dem letzten Satz von Benjamins Text über die Wahlverwandtschaften, »Nur um der Hoffnungslosen willen ist uns die Hoffnung gegeben«, wohl angemessen. Verführerisch gleichwohl, den Sinn nicht im Leben überhaupt sondern in den erfüllten Augenblicken zu suchen. Diese entschädigten im diesseitigen Dasein dafür, daß es außer sich nichts mehr duldet. Unvergleichliche Gewalt geht vom Metaphysiker Proust aus, weil er dieser Verführung mit unbändigem Glücksverlangen wie kein zweiter, ohne sein Ich zurückbehalten zu wollen, sich anvertraute. Aber der Unbestechliche hat durch den Fortgang des Romans bekräftigt, daß auch jene Fülle, der durchs Eingedenken gerettete Augenblick es nicht sei. So nah Proust dem Erfahrungskreis Bergsons war, der die Vorstellung von der Sinnhaftigkeit des Lebens in dessen Konkretion zur Theorie erhob, so sehr war Proust, Erbe des französischen Desillusionsromans, zugleich der Kritiker des Bergsonianismus. Die Rede von der Fülle des Lebens, einem lucus a non lucendo noch wo es leuchtet, wird eitel durch ihr unmäßiges Mißverhältnis zum Tod. Ist dieser unwiderruflich, so ist noch die Behauptung eines im Glanz fragmentarischer, wenngleich genuiner Erfahrung aufgehenden Sinnes ideologisch. Proust hat daher an einer der zentralen Stellen seines Werkes, beim Tod Bergottes, wider alle Lebensphilosophie, doch ungedeckt von den positiven Religionen, der Hoffnung auf die Auferstehung zum tastenden Ausdruck verholfen. Die Idee einer Fülle des Lebens, auch die, welche die sozialistischen Konzeptionen den Menschen verheißen, ist darum nicht die Utopie, als welche sie sich verkennt, weil jene Fülle nicht getrennt werden kann von der Gier, von dem, was der Jugendstil sich Ausleben nannte, einem Verlangen, das Gewalttat und Unterjochung in sich hat. Ist keine Hoffnung ohne Stillung der Begierde, dann ist diese wiederum eingespannt in den verruchten Zusammenhang des Gleich um Gleich, eben des Hoffnungslosen. Keine Fülle ohne Kraftmeierei. Negativ, kraft des Bewußtseins der Nichtigkeit, behält die Theologie gegen die Diesseitsgläubigen recht. Soviel ist wahr an den Jeremiaden über die Leere des Daseins. Nur wäre sie nicht zu kurieren von innen her, dadurch, daß die Menschen anderen Sinnes werden, sondern einzig durch die Abschaffung des versagenden Prinzips. Mit ihm verschwände am Ende auch der Zyklus von Erfüllung und Aneignung: so sehr sind Metaphysik und Einrichtung des Lebens ineinander.

An die Stichworte Leere und Sinnlosigkeit assoziiert sich das vom Nihilismus. Nietzsche adoptierte den Ausdruck, den zuerst Jacobi philosophisch verwendete, vermutlich aus Zeitungen, die über russische Attentate berichteten. Mit einer Ironie, für welche die Ohren mittlerweile zu stumpf geworden sind, benutzte er ihn zur Denunziation des Gegenteils dessen, was das Wort in der Verschwörerpraxis meinte, des Christentums als der institutionalisierten Verneinung des Willens zum Leben. Die Philosophie hat auf das Wort nicht mehr verzichten mögen. Konformistisch hat sie es, in der Gegenrichtung zu Nietzsche, umfunktioniert zum Inbegriff eines als nichtig verklagten oder sich selbst verklagenden Zustands. Für die Denkgewohnheit, der Nihilismus auf jeden Fall ein Schlechtes ist, wartet jener Zustand auf die Injektion von Sinn, gleichgültig, ob die Kritik an diesem, die man dem Nihilismus zuschreibt, gegründet ist oder nicht. Solche Reden von Nihilismus sind trotz ihrer Unverbindlichkeit geeignet zur Hetze. Sie demolieren aber eine Vogelscheuche, die sie selbst aufgepflanzt haben. Der Satz, alles sei nichts, ist so leer wie das Wort Sein, mit dem die Hegelsche Bewegung des Begriffs ihn identifizierte, nicht um die Identität von beidem festzuhalten sondern um, fortschreitend und wiederum hinter die abstrakte Nihilität zurückgreifend, ein Bestimmtes an beider Stelle zu setzen, das allein schon kraft seiner Bestimmtheit mehr wäre als nichts. Daß Menschen das Nichts wollten, wie gelegentlich Nietzsche suggeriert, wäre für jeden bestimmten Einzelwillen lächerliche Hybris, sogar wenn es der organisierten Gesellschaft gelänge, die Erde unbewohnbar zu machen oder in die Luft zu sprengen. Ans Nichts glauben – darunter läßt schwerlich mehr sich denken als unter dem Nichts selber; das Etwas, das, legitim oder nicht, vom Wort Glaube gemeint wird, ist der eigenen Bedeutung nach kein Nichts. Nichtsgläubigkeit wäre so abgeschmackt wie Seinsgläubigkeit, Quietiv des Geistes, der stolz sein Genügen dabei findet, den Schwindel zu durchschauen. Da die heute schon wieder angedrehte Entrüstung über Nihilismus kaum jener Mystik gilt, die noch im Nichts, als dem nihil privativum, jenes Etwas entdeckt, das da negiert wird, und in die vom Wort Nichts selbst entbundene Dialektik sich begibt, so soll wohl eher, durch Mobilisierung des allverhaßten und mit der universalen Munterkeit unvereinbaren Wortes, einfach der moralisch diffamiert werden, der die abendländische Erbschaft von Positivität anzutreten sich weigert und keinen Sinn des Bestehenden unterschreibt. Schwatzen sie aber von Wertnihilismus, davon, daß nichts sei, woran man sich halten kann, so schreit das nach der in der gleichen subalternen Sprachsphäre zuständigen Überwindung. Verkleistert wird die Perspektive, ob nicht der Zustand, in dem man an nichts mehr sich halten könnte, erst der menschenwürdige wäre; einer, der dem Gedanken erlaubte, endlich so autonom sich zu verhalten, wie die Philosophie es immer bloß ihm abgefordert hatte, um ihn im selben Atemzug daran zu verhindern. Überwindungen, auch die des Nihilismus samt der Nietzscheschen, die es anders meinte und doch dem Faschismus Parolen lieferte, sind allemal schlimmer als das Überwundene. Das mittelalterliche nihil privativum, das den Begriff des Nichts als Negation von Etwas anstatt eines autosemantischen erkannte, hat vor den beflissenen Überwindungen ebensoviel voraus wie die imago des Nirwana, des Nichts als eines Etwas. Fragen ließe sich, von solchen, denen Verzweiflung kein Terminus ist, ob es besser wäre, daß gar nichts sei als etwas. Noch das weigert sich der generellen Antwort. Für einen Menschen im Konzentrationslager wäre, wenn ein rechtzeitig Entkommener irgend darüber urteilen darf, besser, er wäre nicht geboren. Trotzdem verflüchtigte sich vorm Aufleuchten eines Auges, ja vorm schwachen Schwanzklopfen eines Hundes, dem man einen guten Bissen gegeben hat, den er sogleich vergißt, das Ideal des Nichts. Auf die Frage, ob er ein Nihilist sei, hätte ein Denkender mit Wahrheit wohl zu antworten: zu wenig, vielleicht aus Kälte, weil seine Sympathie mit dem, was leidet, zu gering ist. Im Nichts kulminiert die Abstraktion, und das Abstrakte ist das Verworfene. Beckett hat auf die Situation des Konzentrationslagers, die er nicht nennt, als läge über ihr Bilderverbot, so reagiert, wie es allein ansteht. Was ist, sei wie das Konzentrationslager. Einmal spricht er von lebenslanger Todesstrafe. Als einzige Hoffnung dämmert, daß nichts mehr sei. Auch die verwirft er. Aus dem Spalt der Inkonsequenz, der damit sich bildet, tritt die Bilderwelt des Nichts als Etwas hervor, die seine Dichtung festhält. Im Erbe von Handlung darin, dem scheinbar stoischen Weitermachen, wird aber lautlos geschrien, daß es anders sein soll. Solcher Nihilismus impliziert das Gegenteil der Identifikation mit dem Nichts. Gnostisch ist ihm die geschaffene Welt die radikal böse und ihre Verneinung die Möglichkeit einer anderen, noch nicht seienden. Solange die Welt ist, wie sie ist, ähneln alle Bilder von Versöhnung, Frieden und Ruhe dem des Todes. Die kleinste Differenz zwischen dem Nichts und dem zur Ruhe Gelangten wäre die Zuflucht der Hoffnung, Niemandsland zwischen den Grenzpfählen von Sein und Nichts. Jener Zone müßte, anstelle von Überwindung, Bewußtsein das entwinden, worüber die Alternative keine Macht hat. Nihilisten sind die, welche dem Nihilismus ihre immer ausgelaugteren Positivitäten entgegenhalten, durch diese mit aller bestehenden Gemeinheit und schließlich dem zerstörenden Prinzip selber sich verschwören. Der Gedanke hat seine Ehre daran, zu verteidigen, was Nihilismus gescholten wird.

 

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Die antinomische Struktur des Kantischen Systems hat mehr ausgedrückt denn Widersprüche, in welche die Spekulation über metaphysische Gegenstände notwendig sich verwickle: ein Geschichtsphilosophisches. Die mächtige Wirkung der Vernunftkritik, weit über ihren erkenntnistheoretischen Gehalt hinaus, ist der Treue zuzuschreiben, mit der das Werk den Stand der Erfahrung des Bewußtseins verzeichnete. Die Geschichtsschreibung der Philosophie erblickt die Leistung der Schrift vorab in der bündigen Scheidung zwischen gültiger Erkenntnis und Metaphysik. Tatsächlich tritt sie zunächst als Theorie wissenschaftlicher Urteile auf, nicht als mehr. Erkenntnistheorie, Logik im weiteren Verstande sind der Erforschung der empirischen Welt nach Gesetzen zugewandt. Kant jedoch intendiert mehr. Er erteilt durchs Medium der erkenntnistheoretischen Besinnung den sogenannten metaphysischen Fragen die metaphysisch keineswegs neutrale Antwort, jene dürften eigentlich nicht gefragt werden. Insofern präformiert die Kritik der reinen Vernunft ebenso die Hegelsche Lehre, Logik und Metaphysik seien dasselbe, wie die positivistische, welche die Fragen, an denen alles hinge, umgeht durch ihre Abschaffung, und sie mittelbar negativ entscheidet. Aus dem Fundamentalanspruch der Erkenntnistheorie, die das Ganze zu tragen sich anheischig macht, hat der deutsche Idealismus seine Metaphysik extrapoliert. Zuende gedacht, urteilt die Vernunftkritik, welche objektiv gültige Erkenntnis des Absoluten bestreitet, eben damit selber Absolutes. Das hat der Idealismus hervorgekehrt. Gleichwohl biegt seine Konsequenz das Motiv um in sein Gegenteil und ins Unwahre. Den objektiv viel bescheideneren: wissenschaftstheoretischen Lehren Kants wird eine These unterlegt, gegen die sie, trotz ihrer Unausweichlichkeit, mit Grund sich wehrten. Kant wird durch die aus ihm stringent gezogenen Folgerungen gegen ihn über die Wissenschaftstheorie hinaus expandiert. Durch seine Konsequenz vergeht sich der Idealismus gegen den metaphysischen Vorbehalt Kants; reines Konsequenzdenken wird unaufhaltsam sich zum Absoluten. Antipositivistisch war Kants Geständnis, daß die Vernunft notwendig in jene Antinomien sich verwickle, die er dann mit Vernunft auflöst[1]. Dennoch verschmäht er nicht den positivistischen Trost, daß man in dem schmalen Bereich, den die Kritik des Vermögens der Vernunft dieser übriglasse, sich einrichten könne, zufrieden mit dem festen Boden unter den Füßen. Er stimmt ein in die eminent bürgerliche Bejahung der eigenen Enge. Nach Hegels Kantkritik setzt die Rechtsprechung der Vernunft darüber, ob sie die Grenzen der Möglichkeit von Erfahrung überschritten habe und ob sie das dürfe, bereits eine Position jenseits der auf der Kantischen Landkarte getrennten Bereiche voraus, gleichsam eine dritte Instanz[2]. Kants topologischer Eifer unterstelle, ohne Rechenschaft davon zu geben, als Möglichkeit der Entscheidung, eben jene Transzendenz dem Verstandesbereich gegenüber, über die positiv zu urteilen er verpönt. Zu dieser Instanz wurde dem deutschen Idealismus das absolute Subjekt, ›Geist‹, das die Dichotomie Subjekt-Objekt und damit die Grenze endlicher Erkenntnis erst produziere. Ist jedoch solche metaphysische Ansicht von Geist einmal depotenziert, so schränkt die grenzsetzende Intention einzig noch den Erkennenden, das Subjekt ein. Das kritische wird zum entsagenden. Nicht länger der Unendlichkeit des Wesens vertrauend, das es selber beseele, befestigt es sich widers eigene Wesen in der eigenen Endlichkeit und in dem Endlichen. Es will ungestört sein noch bis in die metaphysische Sublimierung hinein, das Absolute wird ihm zur müßigen Sorge. Das ist die repressive Seite des Kritizismus; die nachfolgenden Idealisten waren ihrer Klasse so weit voraus, wie sie dagegen aufbegehrten. Im Ursprung dessen, was noch Nietzsche als intellektuelle Redlichkeit pries, lauert der Selbsthaß des Geistes, die verinnerlichte Protestantenwut auf die Hure Vernunft. Rationalität, welche die noch bei den Aufklärern und St. Simon hoch rangierende Phantasie ausscheidet, die, komplementär dazu, von sich aus eintrocknet, ist irrationalistisch korrumpiert. Auch der Kritizismus wechselt seine Funktion: an ihm wiederholt sich die Wandlung des Bürgertums von der revolutionären in die konservative Klasse. Nachhall dieses philosophischen Sachverhalts ist die Bosheit des auf die eigene Borniertheit stolzen gesunden Menschenverstandes, die heute die Welt erfüllt. Sie spricht, e contrario, dafür, daß die Grenze, in deren Kultus nachgerade alle einig sind, nicht zu achten sei. Sie ist ›positiv‹, gezeichnet von jener Willkür des subjektiv Veranstalteten, dessen der in Babbitt verkörperte common sense den spekulativen Gedanken bezichtigt. Kants Gleichnis fürs Land der Wahrheit, die Insel im Ozean, charakterisiert objektiv das intellektuelle Glück im Winkel als Robinsonade: so wie die Dynamik der Produktivkräfte rasch genug das Idyll zerstörte, in dem die Kleinbürger, mit Recht mißtrauisch gegen die Dynamik, gern verweilt hätten. Kraß widerstreitet dem Kantischen Pathos des Unendlichen das Hausbackene seiner Lehre. Hat die praktische Vernunft den Primat über die theoretische inne, so müßte auch diese, selber eine Verhaltensweise, an das heranreichen, wozu die ihr übergeordnete angeblich fähig ist, wenn nicht durch den Schnitt zwischen Verstand und Vernunft deren eigener Begriff hinfällig werden soll. Eben dahin jedoch wird Kant von seiner Vorstellung von Wissenschaftlichkeit gedrängt. Er darf es nicht sagen und muß es doch sagen; die Unstimmigkeit, welche so leicht geistesgeschichtlich als Rückstand älterer Metaphysik verbucht wird, ist von der Sache gezeitigt. Die Insel der Erkenntnis, die Kant vermessen zu haben sich rühmt, gerät ihrerseits durch selbstgerechte Beschränktheit in jenes Unwahre, das er auf die Erkenntnis des Unbegrenzten projiziert. Unmöglich, der Erkenntnis des Endlichen eine Wahrheit zuzubilligen, die ihrerseits vom Absoluten – kantisch: der Vernunft – abgeleitet ist, an das Erkenntnis nicht heranreiche. Der Ozean der Kantischen Metapher droht die Insel in jedem Augenblick zu verschlingen.

 

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Daß der metaphysischen Philosophie, wie sie historisch wesentlich zusammenfällt mit den großen Systemen, mehr Glanz eignet als den empiristischen und positivistischen, ist nicht, wie das alberne Wort Begriffsdichtung glauben machen möchte, ein bloß Ästhetisches, auch keine psychologische Wunscherfüllung. Die immanente Qualität eines Denkens: was darin an Kraft, Widerstand, Phantasie, als Einheit des Kritischen mit dessen Gegenteil sich manifestiert, ist, wenn kein index veri, so wenigstens ein Hinweis. Daß Carnap und Mieses wahrer seien als Kant und Hegel, könnte selbst dann nicht die Wahrheit sein, wenn es zuträfe. Der Kant der Vernunftkritik hat in der Ideenlehre ausgesprochen, ohne Metaphysik sei Theorie nicht möglich. Daß sie aber möglich ist, impliziert jenes Recht der Metaphysik, an dem der gleiche Kant festhielt, der sie, durch die Wirkung seines Werkes, zerschmetterte. Die Kantische Rettung der intelligiblen Sphäre ist nicht nur, wie alle wissen, protestantische Apologetik, sondern möchte auch in die Dialektik der Aufklärung dort eingreifen, wo sie in der Abschaffung von Vernunft selbst terminiert. Wieviel tiefer die Kantische Begierde des Rettens gründet denn einzig im frommen Wunsch, etwas von den traditionellen Ideen inmitten des Nominalismus und wider ihn in Händen zu halten, bezeugt die Konstruktion der Unsterblichkeit als eines Postulats der praktischen Vernunft. Es verurteilt die Unerträglichkeit des Bestehenden und bekräftigt den Geist, der sie erkennt. Daß keine innerweltliche Besserung ausreichte, den Toten Gerechtigkeit widerfahren zu lassen; daß keine ans Unrecht des Todes rührte, bewegt die Kantische Vernunft dazu, gegen Vernunft zu hoffen. Das Geheimnis seiner Philosophie ist die Unausdenkbarkeit der Verzweiflung. Genötigt von der Konvergenz aller Gedanken in einem Absoluten, beließ er es nicht bei der absoluten Grenze zwischen dem Absoluten und dem Seienden, die zu ziehen er nicht minder genötigt war. Er hielt an den metaphysischen Ideen fest und verbot dennoch, vom Gedanken des Absoluten, das einmal so sich verwirklichen könne wie der ewige Friede, überzuspringen in den Satz, das Absolute sei darum. Seine Philosophie kreist, wie übrigens wohl eine jede, um den ontologischen Gottesbeweis. In großartiger Zweideutigkeit hat er die eigene Position offen gelassen; dem Motiv des »Muß ein ewiger Vater wohnen«, das Beethovens Komposition der kantianischen Hymne an die Freude in Kantischem Geist auf dem Muß akzentuierte, stehen die Passagen gegenüber, in denen Kant, darin Schopenhauer so nahe, wie dieser später es reklamierte, die metaphysischen Ideen, insbesondere die der Unsterblichkeit, als gefangen in den Vorstellungen von Raum und Zeit, und darum ihrerseits beschränkt, verwarf. Verschmäht hat er den Übergang zur Affirmation.

Der Kantische Block, die Theorie von den Grenzen möglicher positiver Erkenntnis, leitet, auch nach Hegels Kritik, vom Form-Inhalt-Dualismus sich her. Das menschliche Bewußtsein sei, wird anthropologisch argumentiert, gleichsam zu ewiger Haft in den ihm nun einmal gegebenen Formen der Erkenntnis verurteilt. Das diese Affizierende entrate jeglicher Bestimmung, empfange sie erst von den Formen des Bewußtseins. Aber die Formen sind nicht jenes Letzte, als das Kant sie beschrieb. Vermöge der Reziprozität zwischen ihnen und dem seienden Inhalt entwickeln sie sich auch ihrerseits. Das jedoch ist unvereinbar mit der Konzeption des unzerstörbaren Blocks. Sind die Formen einmal, wie es in Wahrheit bereits der Auffassung vom Subjekt als ursprünglicher Apperzeption gemäß wäre, Momente einer Dynamik, so kann ihre positive Gestalt so wenig für alle künftige Erkenntnis stipuliert werden wie irgendeiner der Inhalte, ohne die sie nicht sind und mit denen sie sich verändern. Nur wenn die Dichotomie von Form und Inhalt absolut wäre, dürfte Kant behaupten, die Dichotomie verwehre jeglichen nur aus den Formen kommenden, nicht materialen Inhalt. Eignet den Formen selbst dies materiale Moment, so zeigt sich der Block als geschaffen von eben dem Subjekt, das er hemmt. Das Subjekt wird sowohl erhöht wie erniedrigt, wenn die Grenze in es, seine transzendentallogische Organisation verlagert wird. Das naive Bewußtsein, dem wohl auch Goethe zuneigte: man wisse es noch nicht, aber vielleicht enträtsele es sich doch noch, ist an der metaphysischen Wahrheit näher als Kants Ignoramus. Seine anti-idealistische Lehre von der absoluten Schranke und die idealistische vom absoluten Wissen sind einander gar nicht so feind, wie sie voneinander meinten; auch diese läuft, nach dem Gedankengang der Hegelschen Phänomenologie, darauf hinaus, das absolute Wissen sei nichts als der Gedankengang der Phänomenologie selber, also transzendiere keineswegs.

Kant, der die Ausschweifung in intelligible Welten verpönt, setzt Newtonsche Wissenschaft ihrer subjektiven Seite nach gleich mit Erkenntnis, nach der objektiven mit Wahrheit. Die Frage, wie Metaphysik als Wissenschaft möglich sei, ist daher prägnant zu nehmen: ob sie den Kriterien einer am Ideal der Mathematik und der sogenannten klassischen Physik orientierten Erkenntnis genüge. Die Kantische Problemstellung bezieht sich, im Gedanken an die von ihm angenommene Metaphysik als Naturanlage, auf das Wie als allgemeingültig und notwendig supponierter Erkenntnis, meint jedoch ihr Was, ihre Möglichkeit selbst. Er verneint sie nach dem Maß jenes Ideals. Die von ihm ihrer imponierenden Resultate wegen von weiteren Bedenken entbundene Wissenschaft ist aber das Produkt der bürgerlichen Gesellschaft. Die starr dualistische Grundstruktur von Kants vernunftkritischem Modell verdoppelt die eines Produktionsverhältnisses, in dem die Waren aus den Maschinen herausfallen wie seine Phänomene aus dem cognitiven Mechanismus; wo das Material und seine eigene Bestimmtheit, gegenüber dem Profit, so gleichgültig ist wie bei Kant, der es stanzen läßt. Das tauschwertige Endprodukt gleicht den subjektiv gemachten und als Objektivität akzeptierten Kantischen Gegenständen. Die permanente reductio ad hominem alles Erscheinenden rüstet Erkenntnis zu nach Zwecken innerer und äußerer Herrschaft; ihr oberster Ausdruck ist das Prinzip der Einheit, entlehnt von der in Teilakte zerlegten Produktion. Herrschaftlich ist die Kantische Vernunfttheorie darin, daß sie eigentlich nur am Machtbereich wissenschaftlicher Sätze sich interessiert. Die Einschränkung der Kantischen Fragestellung auf die organisierte naturwissenschaftliche Erfahrung, die Orientierung an der Gültigkeit und der erkenntniskritische Subjektivismus sind derart ineinander, daß das eine nicht ohne das andere sein könnte. Solange die subjektive Rückfrage die Probe auf Gültigkeit sein soll, solange sind nicht wissenschaftlich sanktionierte, nämlich nicht-notwendige und nicht-allgemeine Erkenntnisse minderwertig; darum mußten alle Bemühungen scheitern, die Kantische Erkenntnistheorie vom naturwissenschaftlichen Bereich zu emanzipieren. Innerhalb des identifizierenden Ansatzes läßt sich nicht ergänzend nachholen, was jener dem eigenen Wesen nach eliminiert; allenfalls der Ansatz ist aus der Erkenntnis seiner Unzulänglichkeit heraus zu verändern. Daß er aber der lebendigen Erfahrung, die Erkenntnis ist, so wenig gerecht wird, indiziert seine Falschheit, das Unvermögen, zu leisten, was er sich vorsetzt, nämlich Erfahrung zu begründen. Denn eine solche Begründung in einem Starren und Invarianten widerstreitet dem, was Erfahrung von sich selbst weiß, die ja, je offener sie ist und je mehr sie sich aktualisiert, immer auch ihre eigenen Formen verändert. Die Unfähigkeit dazu ist Unfähigkeit zur Erfahrung selber. Man kann Kant keine Erkenntnistheoreme hinzufügen, die bei ihm nicht ausgeführt sind, weil seiner Erkenntnistheorie deren Ausschluß zentral ist; ihn meldet der systematische Anspruch der Lehre von der reinen Vernunft unmißverständlich genug an. Kants System ist eines von Haltesignalen. Die subjektiv gerichtete Konstitutionsanalyse verändert nicht die Welt, so wie sie dem naiven bürgerlichen Bewußtsein gegeben ist, sondern ist stolz auf ihren ›empirischen Realismus‹. Die Höhe ihres Geltungsanspruchs aber ist ihr eins mit dem Niveau der Abstraktion. Tendenziell merzt sie, versessen auf die Apriorität ihrer synthetischen Urteile, alles an Erkenntnis aus, was nicht deren Spielregeln sich fügt. Ohne Reflexion wird die gesellschaftliche Arbeitsteilung respektiert samt dem Mangel, der in den zweihundert Jahren seitdem eklatant wurde: daß die arbeitsteilig organisierten Wissenschaften illegitim ein Monopol der Wahrheit an sich rissen. Paralogismen der Kantischen Erkenntnistheorie sind, bürgerlich und sehr kantisch gesprochen, die ungedeckten Wechsel, welche mit der Entfaltung der Wissenschaft zu einem mechanischen Betrieb zu Protest gingen. Die Autorität des Kantischen Wahrheitsbegriffs wurde terroristisch mit dem Verbot, das Absolute zu denken. Unaufhaltsam treibt es zum Denkverbot schlechthin. Der Kantische Block projiziert auf Wahrheit die Selbstverstümmelung der Vernunft, die sie sich als Initiationsritus ihrer Wissenschaftlichkeit zufügte. Deswegen ist so karg, was bei Kant als Erkenntnis passiert, verglichen mit der Erfahrung Lebendiger, der die idealistischen Systeme, sei's auch verkehrt, ihr Recht verschaffen wollten.

Daß die Idee der Wahrheit dem szientifischen Ideal Hohn spricht, hätte Kant schwerlich bestritten. Aber das Mißverhältnis offenbart sich keineswegs erst im Hinblick auf den mundus intelligibilis sondern in jeder vom ungegängelten Bewußtsein vollzogenen Erkenntnis. Insofern ist der Kantische Block ein Schein, der am Geist lästert, was in den Hymnen des späten Hölderlin philosophisch der Philosophie voraus ist. Den Idealisten war das nicht fremd, aber das Offene geriet ihnen unter den gleichen Bann, der Kant zur Kontamination von Erfahrung und Wissenschaft zwang. Während manche Regung des Idealismus ins Offene wollte, verfolgte er es in Ausdehnung des Kantischen Prinzips, und die Inhalte wurden ihm unfreier noch als bei Kant. Das verleiht dessen Block wiederum sein Wahrheitsmoment: er hat der Begriffsmythologie vorgebeugt. Gegründet ist der gesellschaftliche Verdacht, jener Block, die Schranke vorm Absoluten, sei eins mit der Not von Arbeit, welche die Menschen real im gleichen Bann hält, den Kant zur Philosophie verklärte. Die Gefangenschaft in der Immanenz, zu der er, so redlich wie grausam, den Geist verdammt, ist die in der Selbsterhaltung, wie sie den Menschen eine Gesellschaft; auferlegt, die nichts konserviert als die Versagung, deren es schon nicht mehr bedürfte. Wäre die käferhaft naturgeschichtliche Sorge einmal durchstoßen, so wäre die Stellung des Bewußtseins zur Wahrheit verändert. Seine gegenwärtige ist diktiert von der Objektivität, welche sie in ihrem Zustand verhält. War die Kantische Lehre vom Block ein Stück gesellschaftlichen Scheins, so ist sie doch so gegründet, wie tatsächlich der Schein herrscht über die Menschen. Die Trennung von Sinnlichkeit und Verstand, der Nerv der Argumentation für den Block, ist ihrerseits gesellschaftliches Produkt; Sinnlichkeit wird durch den Chorismos als Opfer des Verstandes designiert, weil die Einrichtung der Welt, trotz aller entgegengesetzten Veranstaltungen, sie nicht befriedigt. Mit ihrer gesellschaftlichen Bedingung vermöchte wohl die Trennung einmal zu verschwinden, während die Idealisten Ideologen sind, weil sie die Versöhnung inmitten des Unversöhnten als geleistet glorifizieren oder der Totalität des Unversöhnten zuschreiben. So folgerecht wie vergebens haben sie den Geist als Einheit seiner selbst mit seinem Nichtidentischen zu explizieren sich bemüht. Solche Selbstreflexion ereilt sogar die These vom Primat der praktischen Vernunft, die von Kant über die Idealisten geradeswegs zu Marx reicht. Die Dialektik von Praxis verlangte auch: Praxis, Produktion um der Produktion willen, universales Deckbild einer falschen, abzuschaffen. Das ist der materialistische Grund der Züge, die in negativer Dialektik gegen den offiziellen Lehrbegriff von Materialismus rebellieren. Das Moment von Selbständigkeit, Irreduktibilität am Geist dürfte wohl zum Vorrang des Objekts stimmen. Wo Geist heut und hier selbständig wird, sobald er die Fesseln nennt, in welche er gerät, indem er anderes in Fesseln schlägt, antezipiert er, und nicht die verstrickte Praxis, Freiheit. Die Idealisten haben den Geist verhimmelt, aber wehe, wenn einer ihn hatte.

 

8

 

Der Konstruktion des Blocks steht bei Kant die positive der Metaphysik in der Praktischen Vernunft gegenüber. Ihr Verzweifeltes hat er keineswegs verschwiegen: »Wenn auch indessen allenfalls ein transcendentales Vermögen der Freiheit nachgegeben wird, um die Weltveränderungen anzufangen, so würde dieses Vermögen doch wenigstens nur außerhalb der Welt sein müssen (wiewohl es immer eine kühne Anmaßung bleibt, außerhalb dem Inbegriffe aller möglichen Anschauungen noch einen Gegenstand anzunehmen, der in keiner möglichen Wahrnehmung gegeben werden kann).«2 Die Parenthese von der »kühnen Anmaßung« meldet Kants Skepsis wider seinen eigenen mundus intelligibilis an. Dem Atheismus kommt jene Formulierung aus der Anmerkung zur Antithesis der dritten Antinomie recht nahe. Was später eifernd gefordert wird, heißt hier theoretische Anmaßung; der desperaten Scheu Kants vor der Einbildung, das Postulat sei ein Existentialurteil, ist dann mühsam ausgewichen. Dem Passus zufolge müßte als Gegenstand wenigstens möglicher Anschauung gedacht werden können, was zugleich als ein jeglicher Anschauung Entrücktes gedacht werden muß. Vor dem Widerspruch hätte Vernunft zu kapitulieren, es sei denn, sie hätte durch die Hybris, sich selbst die Grenze vorzuschreiben, ihren eigenen Geltungsbereich erst irrationalistisch eingeschränkt, ohne objektiv, als Vernunft, an jene Grenze gebunden zu sein. Würde aber, wie bei den Idealisten und auch den Neukantianern, noch Anschauung der unendlichen Vernunft einverleibt, so wäre Transzendenz virtuell von der Immanenz des Geistes kassiert. – Was Kant mit Rücksicht auf die Freiheit durchblicken läßt, gälte erst recht von Gott und Unsterblichkeit. Denn diese Worte beziehen sich auf keine reine Möglichkeit von Verhalten, sondern sind, dem eigenen Begriff nach, Postulate eines wie immer auch gearteten Seienden. Es bedarf einer ›Materie‹ und hinge bei Kant vollends von jener Anschauung ab, deren Möglichkeit er von den transzendenten Ideen ausschließt. Das Pathos des kantisch Intelligiblen ist Komplement der Schwierigkeit, seiner irgend sich zu versichern, auch nur im Medium des sich selbst genügenden Gedankens, welches das Wort intelligibel designiert. Es dürfte nichts Wirkliches nennen. Die Bewegung der Kritik der praktischen Vernunft indessen schreitet zu einer Positivität des mundus intelligibilis fort, die in Kants Intention nicht abzusehen war. Sobald das vom Seienden emphatisch geschiedene Seinsollende als Reich eigenen Wesens statuiert und mit absoluter Autorität ausgestattet wird, nimmt es, wäre es auch ungewollt, durchs Verfahren den Charakter eines zweiten Daseins an. Der Gedanke, der kein Etwas denkt, ist keiner. So wenig wie anschaulich dürften die Ideen, der Gehalt von Metaphysik, Luftspiegelungen des Denkens sein; sonst würde ihnen jede Objektivität geraubt. Das Intelligible würde verschlungen von eben jenem Subjekt, das von der intelligiblen Sphäre transzendiert werden sollte. Ein Jahrhundert nach Kant wurde die Einebnung des Intelligibeln aufs Imaginäre zur Kardinalsünde von Neuromantik und Jugendstil und der ihnen auf den Leib gedachten Philosophie, der phänomenologischen. Der Begriff des Intelligibeln ist weder einer von Realem noch einer von Imaginärem. Vielmehr aporetisch. Nichts auf der Erde und nichts im leeren Himmel ist dadurch zu retten, daß man es verteidigt. Das ›Ja aber‹ gegen das kritische Argument, das etwas nicht sich entreißen lassen möchte, hat bereits die Gestalt des stur auf Bestehendem Bestehens, sich Anklammerns, unversöhnlich mit der Idee des Rettens, in der der Krampf solcher prolongierten Selbsterhaltung sich löste. Nichts kann unverwandelt gerettet werden, nichts, das nicht das Tor seines Todes durchschritten hätte. Ist Rettung der innerste Impuls jeglichen Geistes, so ist keine Hoffnung als die der vorbehaltlosen Preisgabe: des zu Rettenden wie des Geistes, der hofft. Der Gestus der Hoffnung ist der, nichts zu halten von dem, woran das Subjekt sich halten will, wovon es sich verspricht, daß es dauere. Das Intelligible wäre, im Geist der Kantischen Grenzsetzung nicht weniger als der Hegelschen Methode, diese zu überschreiten, einzig negativ zu denken. Paradox wäre die von Kant visierte intelligible Sphäre abermals ›Erscheinung‹: was das dem endlichen Geist Verborgene diesem zukehrt, was er zu denken gezwungen ist und vermöge der eigenen Endlichkeit deformiert. Der Begriff des Intelligibeln ist die Selbstnegation des endlichen Geistes. Im Geist wird, was bloß ist, seines Mangels inne; Abschied vom in sich verstockten Dasein ist der Ursprung dessen am Geist, worin er sich sondert von dem naturbeherrschenden Prinzip in ihm. Diese Wendung will, daß er auch nicht sich selber zum Daseienden werde: sonst wiederholt endlos sich das Immergleiche. Das Lebensfeindliche am Geist wäre nichts als verrucht, gipfelte es nicht in seiner Selbstbesinnung. Falsch ist die Askese, die er anderem abverlangt, gut seine eigene: in seiner Selbstnegation überschreitet er sich; der späteren Kantischen Metaphysik der Sitten war das nicht so fremd, wie man erwarten würde. Um Geist zu sein, muß er wissen, daß er in dem, woran er reicht, nicht sich erschöpft; nicht in der Endlichkeit, der er gleicht. Darum denkt er, was ihm entrückt wäre. Solche metaphysische Erfahrung inspiriert Kants Philosophie, bricht man sie einmal aus dem Panzer der Methode heraus. Die Erwägung, ob Metaphysik überhaupt noch möglich sei, muß die von der Endlichkeit erheischte Negation des Endlichen reflektieren. Ihr Rätselbild beseelt das Wort intelligibel. Seine Konzeption ist nicht durchaus unmotiviert dank jenes Moments von Selbständigkeit, das der Geist durch seine Verabsolutierung einbüßte und das er als auch seinerseits mit dem Seienden nicht Identisches erlangt, sobald auf dem Nichtidentischen bestanden, nicht alles Seiende in Geist verflüchtigt wird. Geist hat, bei all seinen Vermittlungen, an dem Dasein teil, das seine vorgebliche transzendentale Reinheit substituierte. Im Moment transzendenter Objektivität an ihm, so wenig es abzuspalten und zu ontologisieren ist, hat die Möglichkeit von Metaphysik ihre unauffällige Stätte. Der Begriff des intelligiblen Bereichs wäre der von etwas, was nicht ist und doch nicht nur nicht ist. Nach den Regeln der Sphäre, die in der intelligibeln sich negiert, wäre diese widerstandslos als imaginär zu verwerfen. Nirgends sonst ist Wahrheit so fragil wie hier. Sie kann zur Hypostase eines grundlos Erdachten ausarten, in welchem der Gedanke das Verlorene zu besitzen wähnt; leicht verwirrt die Anstrengung, es zu begreifen, wiederum sich mit Seiendem. Nichtig ist Denken, welches das Gedachte mit Wirklichem verwechselt, in dem von Kant zertrümmerten Fehlschluß des ontologischen Gottesbeweises. Fehlgeschlossen aber wird durch die unmittelbare Erhebung der Negativität, der Kritik am bloß Seienden, zum Positiven, so als ob die Insuffizienz dessen, was ist, garantierte, daß, was nicht ist, jener Insuffizienz ledig wäre. Auch im Äußersten ist Negation der Negation keine Positivität. Kant hat die transzendentale Dialektik eine Logik des Scheins genannt: die Lehre von den Widersprüchen, in die jegliche Behandlung von Transzendentem als einem positiv Erkennbaren zwangsläufig sich verwickle. Sein Verdikt ist nicht überholt von Hegels Anstrengung, die Logik des Scheins als die der Wahrheit zu vindizieren. Aber mit dem Verdikt über den Schein bricht die Reflexion nicht ab. Seiner selbst bewußt, ist er nicht mehr der alte. Was von endlichen Wesen über Transzendenz gesagt wird, ist deren Schein, jedoch, wie Kant wohl gewahrte, ein notwendiger. Daher hat die Rettung des Scheins, Gegenstand der Ästhetik, ihre unvergleichliche metaphysische Relevanz.

 

9

 

In angelsächsischen Ländern wird Kant vielfach, euphemistisch, Agnostiker genannt. So wenig vom Reichtum seiner Philosophie dabei übrigbleibt, die gräßliche Vereinfachung ist kein barer Unsinn. Die antinomische Struktur der Kantischen Lehre, welche die Auflösung der Antinomien überlebt, kann grob in eine Anweisung ans Denken übersetzt werden, müßiger Fragen sich zu enthalten. Sie überhöht die vulgäre Gestalt bürgerlicher Skepsis, deren Solidität es ernst ist nur mit dem, was man sicher in Händen hält. Von solcher Gesinnung war Kant nicht durchaus frei. Daß er im kategorischen Imperativ und schon in den Ideen der Kritik der reinen Vernunft jenes verschmähte Höhere mit erhobenem Zeigefinger dreingibt, einen Zuschuß, auf den das Bürgertum so ungern verzichtet wie auf seinen Sonntag, die Parodie der Freiheit von Arbeit – das hat sicherlich Kants Autorität in Deutschland, weit über die Wirkung der Gedanken hinaus, verstärkt. Das Moment unverbindlicher Konzilianz im Rigorismus fügte der Tendenz zur Neutralisierung alles Geistigen in Dekor gut sich ein, die nach dem Sieg der Revolution, oder, wo diese unterblieb, durch die unmerklich sich durchsetzende Verbürgerlichung, die gesamte Szenerie des Geistes eroberte und auch die Theoreme, die zuvor die bürgerliche Emanzipation als Waffen benutzte. Nachdem die Interessen der siegreichen Klasse sie nicht länger brauchten, wurden sie, wie Spengler scharfsinnig genug an Rousseau bemerkte, uninteressant im doppelten Sinn. Untergeordnet ist die Funktion des Geistes in der Gesellschaft, obwohl sie ihn ideologisch preist. Das Kantische non liquet trug bei zur Verwandlung der Kritik an der mit dem Feudalismus verbündeten Religion in jene Gleichgültigkeit, die mit dem Namen Toleranz sich ein Mäntelchen von Humanität umhängte. Geist, als Metaphysik nicht minder denn als Kunst, neutralisiert sich, je mehr, worauf die Gesellschaft als auf ihre Kultur stolz war, die Beziehung auf mögliche Praxis einbüßt. In den Kantischen metaphysischen Ideen war sie noch unverkennbar. Mit ihnen wollte die bürgerliche Gesellschaft über ihr eigenes eingeschränktes Prinzip hinaus, gleichsam sich selbst aufheben. Solcher Geist wird inakzeptabel und Kultur zum Kompromiß zwischen seiner bürgerlich verwertbaren Gestalt und seinem nach neudeutscher Nomenklatur Untragbaren, das sie in unerreichbare Ferne projiziert. Die materiellen Umstände tun dazu ein Übriges. Unterm Zwang zur erweiterten Investition bemächtigt das Kapital sich des Geistes, dessen Objektivationen vermöge ihrer eigenen und unvermeidlichen Vergegenständlichung dazu aufreizen, sie in Besitz, Waren zu verwandeln. Das interesselose Wohlgefallen der Ästhetik verklärt den Geist und erniedrigt ihn, indem es sich daran genug sein läßt, zu betrachten, zu bewundern, am Ende blind und beziehungslos zu verehren, was da alles einmal geschaffen und gedacht wurde, ohne Rücksicht auf dessen Wahrheitsgehalt. Mit objektivem Hohn ästhetisiert der ansteigende Warencharakter die Kultur um des Nutzens willen. Philosophie wird zur Manifestation des Geistes als Schaustück. Was Bernard Groethuysen an der Religion bis ins achtzehnte und siebzehnte Jahrhundert zurückverfolgte: daß der Teufel nicht mehr zu fürchten und auf Gott nicht mehr zu hoffen sei, expandiert sich über die Metaphysik, in der die Erinnerung an Gott und Teufel nachlebt, auch wo sie jene Angst und Hoffnung kritisch reflektiert. Es verschwindet, was den Menschen in höchst unideologischem Verstande das Dringlichste sein müßte; objektiv ist es problematisch geworden; subjektiv vergönnt das soziale Gespinst und die permanente Überforderung durch den Druck zur Anpassung ihnen weder Zeit noch Kraft mehr, darüber nachzudenken. Nicht sind die Fragen gelöst, nicht einmal ihre Unlösbarkeit bewiesen. Sie sind vergessen, und wo man sie beredet, werden sie nur desto tiefer in ihren schlimmen Schlaf gesungen: Goethes fatales Diktum, Eckermann brauche Kant nicht zu lesen, weil seine Philosophie ihre Wirkung getan hätte, ins Allgemeinbewußtsein übergegangen wäre, hat triumphiert in der Sozialisierung metaphysischer Indifferenz.

Die Gleichgültigkeit des Bewußtseins gegen die metaphysischen Fragen, die keineswegs durch Befriedigung im Diesseits abgegolten sind, ist aber schwerlich für die Metaphysik selbst gleichgültig. Es versteckt darin sich ein Horror, der, verdrängten die Menschen ihn nicht, ihnen den Atem verschlüge. Man könnte zu anthropologischen Spekulationen darüber sich verleiten lassen, ob nicht der entwicklungsgeschichtliche Umschlag, welcher der Gattung Mensch das offene Bewußtsein und damit das des Todes verschaffte, einer gleichwohl fortwährenden animalischen Verfassung widerspricht, die es nicht erlaubt, jenes Bewußtsein zu ertragen. Dann wäre für die Möglichkeit des Weiterlebens der Preis einer Beschränkung des Bewußtseins zu entrichten, die es vor dem schützt, was es doch selber ist, Bewußtsein des Todes. Trostlos die Perspektive, die Borniertheit aller Ideologie ginge, gleichsam biologisch, auf eine Nezessität der Selbsterhaltung zurück und müßte keineswegs mit einer richtigen Einrichtung der Gesellschaft verschwinden, während freilich erst in der richtigen Gesellschaft die Möglichkeit richtigen Lebens aufginge. Von der gegenwärtigen wird noch vorgelogen, der Tod sei nicht zu fürchten, und die Besinnung darüber sabotiert. Schopenhauers Pessimismus wurde aufmerksam darauf, wie wenig die Menschen media in vita um den Tod sich zu kümmern pflegen[3].

Er hat, wie hundert Jahre später Heidegger, diese Gleichgültigkeit aus dem Menschenwesen herausgelesen, anstatt aus den Menschen als Produkten der Geschichte. Der Mangel an metaphysischem Sinn wird beiden zum Metaphysikum. Damit ist jedenfalls die Tiefe zu ermessen, in welche Neutralisierung, ein Existential bürgerlichen Bewußtseins, hinabreicht. Jene Tiefe weckt den Zweifel, ob es, wie eine alle Romantik überdauernde romantische Tradition dem Geist einbleut, in den angeblich metaphysisch überwölbten Zeiten, die der junge Lukács die sinnerfüllten nannte, darum soviel anders bestellt war. Die Tradition schleppt einen Paralogismus mit. Die Geschlossenheit von Kulturen, die kollektive Verbindlichkeit metaphysischer Anschauungen, ihre Macht übers Leben, garantiert nicht ihre Wahrheit. Eher ist die Möglichkeit metaphysischer Erfahrung verschwistert der von der Freiheit, und ihrer ist erst das entfaltete Subjekt fähig, das die als heilsam angepriesenen Bindungen zerrissen hat. Der dumpf in gesellschaftlich sanktionierter Anschauung vorgeblich seliger Zeiten Befangene dagegen ist dem positivistischen Tatsachengläubigen verwandt. Das Ich muß geschichtlich erstarkt sein, um über die Unmittelbarkeit des Realitätsprinzips hinaus die Idee dessen zu konzipieren, was mehr ist als das Seiende. Ordnung, die sinnhaft sich in sich zusammenschließt, verschließt sich auch gegen die Möglichkeit über der Ordnung. Metaphysik ist gegenüber der Theologie nicht bloß, wie nach positivistischer Doktrin, ein historisch späteres Stadium, nicht nur die Säkularisation der Theologie in den Begriff. Sie bewahrt Theologie auf in der Kritik an ihr, indem sie den Menschen als Möglichkeit freilegt, was die Theologie ihnen aufzwingt und damit schändet. Den Kosmos des Geistes sprengten die Kräfte, die er band; ihm widerfuhr sein Recht. Der autonome Beethoven ist metaphysischer als Bachs ordo; deshalb wahrer. Subjektiv befreite und metaphysische Erfahrung konvergieren in Humanität. Jeglicher Ausdruck von Hoffnung, wie er von den großen Kunstwerken noch im Zeitalter ihres Verstummens mächtiger ausgeht als von den überlieferten theologischen Texten, ist konfiguriert mit dem des Menschlichen; nirgends unzweideutiger als in den Augenblicken Beethovens. Was bedeutet, nicht alles sei vergebens, ist durch Sympathie mit dem Menschlichen, Selbstbesinnung der Natur in den Subjekten; allein in der Erfahrung der eigenen Naturhaftigkeit entragt der Genius der Natur. Ehrwürdig bleibt an Kant, daß er wie sonst kein Philosoph die Konstellation des Humanen und Transzendenten, in der Lehre vom Intelligibeln, verzeichnete. Ehe Humanität die Augen aufschlug, gingen unterm objektiven Druck der Lebensnot die Menschen auf in der Schmach des Nächsten, und die Lebensimmanenz des Sinnes ist das Deckbild ihrer Befangenheit. Seitdem es so etwas wie organisierte Gesellschaft, einen in sich festgefügten, autarkischen Zusammenhang überhaupt gibt, war der Drang nur schwach, ihn zu verlassen. Dem Kind, das nicht schon präpariert ward, müßte in seinem protestantischen Gesangbuch auffallen, wie arm und dünn der Teil darin ist, der die Überschrift ›Die letzten Dinge‹ trägt, verglichen mit all den Einübungen dessen, was die Gläubigen zu glauben und wie sie sich zu benehmen hätten. Der alte Verdacht, in den Religionen wucherten Magie und Aberglaube fort, hat zur Kehrseite, daß den positiven Religionen der Kern, die Hoffnung aufs Jenseits, kaum je so wichtig war, wie ihr Begriff es forderte. Metaphysische Spekulation vereint sich der geschichtsphilosophischen: sie traut die Möglichkeit eines richtigen Bewußtseins auch von jenen letzten Dingen erst einer Zukunft ohne Lebensnot zu. Deren Fluch ist es, daß sie nicht sowohl übers bloße Dasein hinaustreibt, als es verbrämt, selber als metaphysische Instanz befestigt. Das Alles ist eitel, mit dem seit Salomo die großen Theologen die Immanenz bedachten, ist zu abstrakt, um über die Immanenz hinauszugeleiten. Wo die Menschen der Gleichgültigkeit ihres Daseins versichert sind, erheben sie keinen Einspruch; solange sie nicht ihre Stellung zum Dasein verändern, ist ihnen eitel auch das Andere. Wer das Seiende unterschiedslos und ohne Perspektive aufs Mögliche der Nichtigkeit zeiht, leistet dem stumpfen Betrieb Beihilfe. Die Vertiertheit, auf die solche totale Praxis hinausläuft, ist schlimmer als die erste: sie wird sich selbst zum Prinzip. Die Kapuzinerpredigt von der Eitelkeit der Immanenz liquidiert insgeheim auch die Transzendenz, die einzig von Erfahrungen in der Immanenz gespeist wird. Neutralisierung jedoch, jener Indifferenz tief verschworen, hat noch die Katastrophen überlebt, die nach den Fanfaren der Apologeten die Menschen auf das zurückgeworfen haben sollen, was sie radikal betrifft. Denn die Grundverfassung der Gesellschaft hat sich nicht geändert. Sie verdammt die aus Not auferstandene Theologie und Metaphysik, trotz mancher tapferen protestantischen Gegenwehr, zum Gesinnungspaß fürs Einverständnis. Darüber führt keine Rebellion bloßen Bewußtseins hinaus. Auch im Bewußtsein der Subjekte wählt die bürgerliche Gesellschaft lieber den totalen Untergang, ihr objektives Potential, als daß sie zu Reflexionen sich aufschwänge, die ihre Grundschicht bedrohten. Die metaphysischen Interessen der Menschen bedürften der ungeschmälerten Wahrnehmung ihrer materiellen. Solange diese ihnen verschleiert sind, leben sie unterm Schleier der Maja. Nur wenn, was ist, sich ändern läßt, ist das, was ist, nicht alles.

 

10

 

In einer nach Jahrzehnten verfaßten Erläuterung zu seiner Komposition der Georgeschen ›Entrückung‹ hat Arnold Schönberg das Gedicht als prophetische Vorwegnahme der Gefühle von Raumschiffahrern gepriesen. Indem er damit, naiv, eines seiner bedeutendsten Stücke aufs Niveau von science fiction herunterdrückte, handelte er unwillentlich aus der Not der Metaphysik heraus. Fraglos ist in dem neuromantischen Gedicht der Stoffgehalt, das Gesicht dessen, der »anderen planeten« betritt, Gleichnis eines Inwendigen, der Verzückung und Elevation im Eingedenken Maximins. Die Ekstase ist keine im Raum, wäre es auch der kosmischer Erfahrung, obwohl sie ihre Bilder dieser entlehnen muß. Aber das eben verrät den objektiven Grund der gar zu irdischen Auslegung. So barbarisch wie sie wäre es, die Verheißung; der Theologie wörtlich zu nehmen. Einzig geschichtlich angehäufter Respekt hemmt das Bewußtsein davon. Und aus dem theologischen Bereich ist die dichterische Elevation entwendet wie die Symbolsprache jenes Zyklus insgesamt. Religion à la lettre gliche selbst schon der science fiction; Weltraumfahrt führte in den wirklichen verheißenen Himmel. Kindischen Überlegungen zu den Konsequenzen von Raketenreisen für ihre Christologie konnten die Theologen nicht sich entziehen, während umgekehrt der Infantilismus des Interesses an der Raumschiffahrt den latenten in den Heilsbotschaften an den Tag bringt. Würden diese jedoch von allem Stoffgehalt gereinigt, vollends sublimiert, so gerieten sie in die ärgste Verlegenheit, zu sagen, wofür sie stehen. Symbolisiert jedes Symbol nur ein anderes, abermals Begriffliches, so bleibt sein Kern leer und damit die Religion. Das ist die Antinomie theologischen Bewußtseins heute. Mit ihr fände noch am ehesten das Tolstoische – anachronistische – Urchristentum sich ab, Nachfolge Christi jetzt und hier ohne jede Besinnung, mit geschlossenen Augen. Etwas von der Antinomie verbirgt sich bereits in der Konstruktion des Faust. Mit dem Vers »Die Botschaft hör' ich wohl, allein mir fehlt der Glaube« deutet er seine eigene Ergriffenheit, die ihn vorm Selbstmord bewahrt, als Wiederkehr trügerisch tröstender Überlieferungen aus der Kindheit. Dennoch wird er erlöst in den Marianischen Himmel. Die Dichtung entscheidet nicht, ob ihr Stufengang die Skepsis des mündig Denkenden widerlege oder ob ihr letztes Wort wiederum Symbol – »nur ein Gleichnis« – sei und die Transzendenz, näherungsweise hegelisch, säkularisiert zum Bild des Ganzen erfüllter Immanenz. Wer Transzendenz dingfest macht, dem kann mit Recht, so wie von Karl Kraus, Phantasielosigkeit, Geistfeindschaft und in dieser Verrat an der Transzendenz vorgeworfen werden. Ist dagegen die sei's noch so ferne und schwache Möglichkeit von Einlösung im Seienden ganz abgeschnitten, so würde der Geist zur Illusion, schließlich das endliche, bedingte, bloß seiende Subjekt als Träger von Geist vergottet. Auf diese Paradoxie des Transzendenten antwortete Rimbauds Vision einer von Unterdrückung befreiten Menschheit als der wahren Gottheit. Später hat der Altkantianer Mynona das Subjekt unverhohlen mythologisiert und den Idealismus als Hybris manifest werden lassen. Mit derlei spekulativen Konsequenzen verständigten science fiction und Raketenwesen sich leicht. Wäre tatsächlich unter allen Gestirnen allein die Erde von vernünftigen Wesen bewohnt, so wäre das ein Metaphysikum, dessen Idiotie die Metaphysik denunzierte; am Ende wären die Menschen wirklich die Götter, nur unter dem Bann, der ihnen verwehrt, es zu wissen; und was für Götter! – freilich ohne Herrschaft über den Kosmos, womit derlei Spekulationen zum Glück wiederum entfielen.

Alle metaphysischen jedoch werden fatal ins Apokryphe gestoßen. Die ideologische Unwahrheit in der Konzeption von Transzendenz ist die Trennung von Leib und Seele, Reflex von Arbeitsteilung. Sie führt zur Vergötzung der res cogitans als des naturbeherrschenden Prinzips, und zur materiellen Versagung, die am Begriff einer Transzendenz jenseits des Schuldzusammenhangs zerginge. Hoffnung aber heftet sich, wie in Mignons Lied, an den verklärten Leib. Metaphysik will davon nichts hören, nicht mit Materiellem sich gemein machen. Deswegen überschreitet sie die Grenze zum inferioren Geisterglauben. Zwischen der Hypostasis eines unkörperlichen und gleichwohl individuierten Geistes – und was behielte ohne sie Theologie in Händen – und der schwindelhaften Behauptung existierender rein geistiger Wesen durch den Spiritismus ist kein Unterschied als die historische Würde, die den Begriff Geist bekleidet. Gesellschaftlicher Erfolg, Macht wird durch solche Würde zum Kriterium metaphysischer Wahrheit. Spiritualismus, deutsch die Lehre vom Geist als dem individuellsubstantiellen Prinzip, ist, ohne die Endbuchstaben, das englische Wort für Spiritismus. Die Äquivokation rührt her von der erkenntnistheoretischen Not, die einst die Idealisten über die Analyse des individuellen Bewußtseins hinaus zur Konstruktion eines transzendentalen oder absoluten bewog. Individuelles Bewußtsein ist ein Stück raumzeitlicher Welt, ohne Prärogative vor dieser und losgelöst von der Körperwelt nach menschlichem Vermögen nicht vorzustellen. Die idealistische Konstruktion jedoch, die den Erdenrest auszuscheiden vorhat, wird wesenlos, sobald sie jene Egoität gänzlich ausmerzt, die Modell des Begriffs Geist war. Darum die Annahme unsinnlicher Egoität, die doch als Dasein, wider ihre eigene Bestimmung, in Raum und Zeit sich manifestieren soll. Nach dem Stand der Kosmologie sind Himmel und Hölle als im Raum Seiendes simple Archaismen. Das relegierte Unsterblichkeit zu der von Geistern, verliehe ihr ein Gespenstisches und Unwirkliches, das ihren eigenen Begriff verhöhnt. Die christliche Dogmatik, welche die Erweckung der Seelen mit der Auferstehung des Fleisches zusammendachte, war metaphysisch folgerechter, wenn man will: aufgeklärter als die spekulative Metaphysik; so wie Hoffnung leibhafte Auferstehung meint und durch deren Vergeistigung ums Beste sich gebracht weiß. Damit indessen wachsen die Zumutungen metaphysischer Spekulation unerträglich an. Erkenntnis neigt sich tief auf die Seite der absoluten Sterblichkeit, dem ihr Unerträglichen, vor dem sie sich zum absolut Gleichgültigen wird. Dazu treibt die Idee von Wahrheit, unter den metaphysischen die oberste. Wer an Gott glaubt, kann deshalb an ihn nicht glauben. Die Möglichkeit, für welche der göttliche Name steht, wird festgehalten von dem, der nicht glaubt. Erstreckte einst das Bilderverbot sich auf die Nennung des Namens, so ist es in dieser Gestalt selbst der Superstition verdächtig geworden. Es hat sich verschärft: Hoffnung auch nur zu denken, frevelt an ihr und arbeitet ihr entgegen. So tief ist die Geschichte der metaphysischen Wahrheit eingesenkt, die umsonst Geschichte verleugnet, die fortschreitende Entmythologisierung. Diese jedoch frißt sich auf wie die mythischen Götter mit Vorliebe ihre Kinder. Indem sie nichts übrigläßt als das bloß Seiende, schlägt sie in den Mythos zurück. Denn er ist nichts anderes als der geschlossene Immanenzzusammenhang dessen, was ist. In diesen Widerspruch hat heute Metaphysik sich zusammengezogen. Dem Denken, das versucht, ihn zu beseitigen, droht Unwahrheit hier und dort.

 

11

 

Der ontologische Gottesbeweis ist, trotz der Kantischen Kritik gleichsam diese noch in sich hineinsaugend, in der Hegelschen Dialektik auferstanden. Jedoch vergeblich. Indem Hegel, folgerecht, das Nichtidentische in die reine Identität auflöst, wird der Begriff Garant des nicht Begrifflichen, Transzendenz von der Immanenz des Geistes eingefangen und zu seiner Totalität sowohl wie abgeschafft. Je mehr an Transzendenz danach durch Aufklärung in der Welt und im Geist zerfällt, desto mehr wird sie zum Verborgenen, wie wenn sie in einer äußersten Spitze über allen Vermittlungen sich konzentrierte. Insofern hat die antihistorische Theologie des schlechthin Verschiedenen ihren historischen Index. Die Frage nach der Metaphysik schärft sich zu der, ob dies ganz Dünne, Abstrakte, Unbestimmte deren letzte und bereits verlorene Verteidigungsposition sei, oder ob Metaphysik allein im Geringsten und Schäbigsten überlebt, im Stand vollendeter Unscheinbarkeit die selbstherrliche und widerstandslos, reflexionslos ihr Geschäft besorgende Vernunft zur Vernunft bringt. Die These des Positivismus ist die von der Nichtigkeit auch der in Profanität geflüchteten Metaphysik. Noch die Idee der Wahrheit wird geopfert, um deretwillen der Positivismus initiiert ward. Das herausgestellt zu haben, ist Wittgensteins Verdienst, wie gut im übrigen sein Schweigegebot zur falsch auferstandenen, dogmatischen Metaphysik paßt, nicht mehr zu unterscheiden von der wortlos verzückten Seinsgläubigkeit. Was von Entmythologisierung nicht getroffen würde, ohne apologetisch sich zur Verfügung zu stellen, wäre kein Argument – dessen Sphäre ist die antinomische schlechthin – sondern die Erfahrung, daß der Gedanke, der sich nicht enthauptet, in Transzendenz mündet, bis zur Idee einer Verfassung der Welt, in der nicht nur bestehendes Leid abgeschafft, sondern noch das unwiderruflich vergangene widerrufen wäre. Die Konvergenz aller Gedanken im Begriff von etwas, das anders wäre als das unsägliche Seiende, die Welt, ist nicht dasselbe wie das Infinitesimalprinzip, mit dem Leibniz und Kant die Idee der Transzendenz einer Wissenschaft kommensurabel zu machen gedachten, deren eigene Fehlbarkeit, die Verwechslung von Naturbeherrschung und Ansichsein, erst die berichtigende Erfahrung von Konvergenz motiviert. Die Welt ist schlimmer als die Hölle und besser. Schlimmer, weil nicht einmal die Nihilität jenes Absolute wäre, als welches sie schließlich noch im Schopenhauerschen Nirwana versöhnlich erscheint. Der ausweglos geschlossene Immanenzzusammenhang verweigert selbst jenen Sinn, den das indische Philosophem von der Welt als dem Traum eines bösen Dämons in jener erblickt; Schopenhauer denkt fehl, weil er das Gesetz, welches die Immanenz in ihrem eigenen Bann erhält, unvermittelt zu jenem Wesenhaften erklärt, das von der Immanenz versperrt ist und anders als transzendent gar nicht vorgestellt werden könnte. Besser aber ist die Welt, weil die absolute Geschlossenheit, die Schopenhauer dem Weltlauf zuerkennt, ihrerseits erborgt ist vom idealistischen System, reines Identitätsprinzip und so trügend wie jegliches. Der verstörte und beschädigte Weltlauf ist, wie bei Kafka, inkommensurabel auch dem Sinn seiner reinen Sinnlosigkeit und Blindheit, nicht stringent zu konstruieren nach deren Prinzip. Er widerstreitet dem Versuch verzweifelten Bewußtseins, Verzweiflung als Absolutes zu setzen. Nicht absolut geschlossen ist der Weltlauf, auch nicht die absolute Verzweiflung; diese ist vielmehr seine Geschlossenheit. So hinfällig in ihm alle Spuren des Anderen sind; so sehr alles Glück durch seine Widerruflichkeit entstellt ist, das Seiende wird doch in den Brüchen, welche die Identität Lügen strafen, durchsetzt von den stets wieder gebrochenen Versprechungen jenes Anderen. Jegliches Glück ist Fragment des ganzen Glücks, das den Menschen sich versagt und das sie sich versagen. Konvergenz, das menschlich verheißene Andere der Geschichte, deutet unbeirrt auf das, was illegitim Ontologie vor der Geschichte ansiedelt oder aus ihr eximiert. Der Begriff ist nicht wirklich, wie es dem ontologischen Beweis beliebte, aber er könnte nicht gedacht werden, wenn nicht in der Sache etwas zu ihm drängte. Kraus, der, gepanzert gegen jede handfeste, phantasierend-phantasielose Behauptung von Transzendenz, sehnsüchtig diese lieber aus der Sehnsucht herauslas als sie zu durchstreichen, war kein romantisch liberaler Metaphoriker. Nicht zwar vermag Metaphysik aufzuerstehen – der Begriff der Auferstehung gehört Geschöpfen, keinem Geschaffenen, und ist bei geistigen Gebilden Index ihrer Unwahrheit –, vielleicht aber entsteht sie erst mit der Realisierung des in ihrem Zeichen Gedachten. Kunst antezipiert davon etwas. Nietzsches Werk fließt über von Invektiven gegen die Metaphysik. Aber keine Formel beschreibt sie treuer als die des Zarathustra: Nur Narr, Nur Dichter. Der denkende Künstler verstand die ungedachte Kunst. Der Gedanke, der vor dem elend Ontischen nicht kapituliert, wird vor dessen Kriterien zunichte, Wahrheit zur Unwahrheit, Philosophie zur Narretei. Dennoch kann sie nicht abdanken, wenn nicht Stumpfsinn in verwirklichter Widervernunft triumphieren soll. Aux sots je préfère les fous. Narretei ist Wahrheit in der Gestalt, mit der die Menschen geschlagen werden, sobald sie inmitten des Unwahren nicht von ihr ablassen. Noch auf ihren höchsten Erhebungen ist Kunst Schein; den Schein aber, ihr Unwiderstehliches, empfängt sie vom Scheinlosen. Indem sie des Urteils sich entschlägt, sagt sie, zumal die nihilistisch gescholtene, es sei nicht alles nur nichts. Sonst wäre, was immer ist, bleich, farblos, gleichgültig. Kein Licht ist auf den Menschen und Dingen, in dem nicht Transzendenz widerschiene. Untilgbar am Widerstand gegen die fungible Welt des Tauschs ist der des Auges, das nicht will, daß die Farben der Welt zunichte werden. Im Schein verspricht sich das Scheinlose.

 

12

 

Zu fragen ist, ob Metaphysik, als Wissen vom Absoluten, überhaupt möglich sei ohne die Konstruktion absoluten Wissens, jenen Idealismus, der dem letzten Kapitel der Hegelschen Phänomenologie den Titel leiht. Sagt nicht, wer vom Absoluten handelt, notwendig, es sei das denkende Organ, das dessen mächtig sei, eben dadurch selbst das Absolute; verginge andererseits Dialektik, im Übergang zu einer Metaphysik, die nicht einfach der Dialektik gliche, sich nicht gegen ihren strengen Begriff von Negativität? Dialektik, Inbegriff negativen Wissens, möchte kein anderes neben sich haben; noch als negative schleppt sie das Gebot der Ausschließlichkeit aus der positiven, dem System, mit sich fort. Sie hätte nach solchem Raisonnement nichtdialektisches Bewußtsein zu negieren als endlich und fehlbar. In ihren sämtlichen historischen Gestalten hat sie verwehrt, aus ihr herauszutreten. Sie vermittelte, mag sie es wollen oder nicht, begrifflich zwischen dem unbedingten und dem endlichen Geist; das machte die Theologie intermittierend stets wieder zu ihrem Feind. Obwohl sie das Absolute denkt, bleibt es, als von ihr Vermitteltes, dem bedingten Denken hörig. War das Hegelsche Absolute Säkularisation der Gottheit, so eben doch deren Säkularisation; als Totalität des Geistes blieb jenes Absolute gekettet an ihr endlich menschliches Modell. Tastet aber der Gedanke, im ungeschmälerten Bewußtsein dessen, derart über sich hinaus, daß er das Andere ein ihm schlechthin Inkommensurables nennt, das er doch denkt, so findet er nirgends Schutz als in der dogmatischen Tradition. Denken ist in solchem Gedanken zu seinem Gehalt fremd, unversöhnt, und findet sich aufs neue zu zweierlei Wahrheit verurteilt, die mit der Idee des Wahren unvereinbar wäre. Metaphysik hängt daran, ob ohne Erschleichung aus dieser Aporie hinauszugelangen ist. Dazu muß Dialektik, in eins Abdruck des universalen Verblendungszusammenhangs und dessen Kritik, in einer letzten Bewegung sich noch gegen sich selbst kehren. Die Kritik an allem Partikularen, das sich absolut setzt, ist die am Schatten von Absolutheit über ihr selbst, daran, daß auch sie, entgegen ihrem Zug, im Medium des Begriffs verbleiben muß. Sie zerstört den Identitätsanspruch, indem sie ihn prüfend honoriert. Darum reicht sie nur so weit wie dieser. Er prägt ihr als Zauberkreis den Schein absoluten Wissens auf. An ihrer Selbstreflexion ist es, ihn zu tilgen, eben darin Negation der Negation, welche nicht in Position übergeht. Dialektik ist das Selbstbewußtsein des objektiven Verblendungszusammenhangs, nicht bereits diesem entronnen. Aus ihm von innen her auszubrechen, ist objektiv ihr Ziel. Die Kraft zum Ausbruch wächst ihr aus dem Immanenzzusammenhang zu; auf sie wäre, noch einmal, Hegels Diktum anzuwenden, Dialektik absorbiere die Kraft des Gegners, wende sie gegen ihn; nicht nur im dialektisch Einzelnen sondern am Ende im Ganzen. Sie faßt mit den Mitteln von Logik deren Zwangscharakter, hoffend, daß er weiche. Denn jener Zwang ist selber der mythische Schein, die erzwungene Identität. Das Absolute jedoch, wie es der Metaphysik vorschwebt, wäre das Nichtidentische, das erst hervorträte, nachdem der Identitätszwang zerging. Ohne Identitätsthese ist Dialektik nicht das Ganze; dann aber auch keine Kardinalsünde, sie in einem dialektischen Schritt zu verlassen. Es liegt in der Bestimmung negativer Dialektik, daß sie sich nicht bei sich beruhigt, als wäre sie total; das ist ihre Gestalt von Hoffnung. Kant hat in der Lehre vom transzendenten Ding an sich jenseits der Identifikationsmechanismen davon etwas aufgezeichnet. So stringent die Kritik an jener Lehre durch seine Nachfolger, so sehr verstärkten sie den Bann, regressiv gleich dem nachrevolutionären Bürgertum insgesamt: sie hypostasierten den Zwang selbst als Absolutes. Freilich hat Kant seinerseits, in der Bestimmung des Dinges an sich als des intelligibeln Wesens, Transzendenz zwar als Nichtidentisches konzipiert, aber mit dem absoluten Subjekt gleichgesetzt, vorm Identitätsprinzip doch noch sich gebeugt. Der Erkenntnisprozeß, der dem transzendenten Ding asymptotisch sich annähern soll, schiebt es gleichsam vor sich her und entfernt es von dem Bewußtsein. Die Identifizierungen des Absoluten transponieren es auf den Menschen, von dem das Identitätsprinzip herstammt; sie sind, wie sie zuweilen eingestehen und wie Aufklärung jedesmal schlagend ihnen vorhalten kann, Anthropomorphismen. Deshalb verflüchtigt sich das Absolute, dem der Geist sich nähert, vor ihm: seine Näherung ist Spiegelung. Die gelungene Eliminierung eines jeglichen Anthropomorphismus jedoch, mit welchem der Verblendungszusammenhang beseitigt sei, koinzidiert am Ende wahrscheinlich mit diesem, der absoluten Identität. Das Geheimnis durch Identifikation verleugnen, dadurch, daß man stets mehr Brocken ihm entreißt, löst es nicht. Eher straft es, als wenn es spielte, die Naturbeherrschung Lügen durchs Memento der Ohnmacht ihrer Macht. Aufklärung läßt vom metaphysischen Wahrheitsgehalt so gut wie nichts übrig, nach einer neueren musikalischen Vortragsbezeichnung presque rien. Das Zurückweichende wird immer kleiner, so wie Goethe in der ein Äußerstes nennenden Parabel des Kästchens der Neuen Melusine es darstellte; immer unscheinbarer; das ist der erkenntniskritische wie der geschichtsphilosophische Grund dafür, daß Metaphysik in die Mikrologie einwandert. Diese ist Ort der Metaphysik als Zuflucht vor der Totale. Kein Absolutes ist anders auszudrücken als in Stoffen und Kategorien der Immanenz, während doch weder diese in ihrer Bedingtheit noch ihr totaler Inbegriff zu vergotten ist. Metaphysik ist, dem eigenen Begriff nach, möglich nicht als ein deduktiver Zusammenhang von Urteilen über Seiendes. Genausowenig kann sie nach dem Muster eines absolut Verschiedenen gedacht werden, das furchtbar des Denkens spottete. Danach wäre sie möglich allein als lesbare Konstellation von Seiendem. Von diesem empfinge sie den Stoff, ohne den sie nicht wäre, verklärte aber nicht das Dasein ihrer Elemente, sondern brächte sie zu einer Konfiguration, in der die Elemente zur Schrift zusammentreten. Dazu muß sie sich auf das Wünschen verstehen. Daß der Wunsch ein schlechter Vater des Gedankens sei, ist seit Xenophanes eine der Generalthesen der europäischen Aufklärung, und sie gilt ungemildert noch gegenüber den ontologischen Restaurationsversuchen. Aber Denken, selber ein Verhalten, enthält das Bedürfnis – zunächst die Lebensnot – in sich. Aus dem Bedürfnis wird gedacht, auch, wo das wishful thinking verworfen ist. Der Motor des Bedürfnisses ist der der Anstrengung, die Denken als Tun involviert. Gegenstand von Kritik ist darum nicht das Bedürfnis im Denken sondern das Verhältnis zwischen beiden. Das Bedürfnis im Denken will aber, daß gedacht werde. Es verlangt seine Negation durchs Denken, muß im Denken verschwinden, wenn es real sich befriedigen soll, und in dieser Negation überdauert es, vertritt in der innersten Zelle des Gedankens, was nicht seinesgleichen ist. Die kleinsten innerweltlichen Züge hätten Relevanz fürs Absolute, denn der mikrologische Blick zertrümmert die Schalen des nach dem Maß des subsumierenden Oberbegriffs hilflos Vereinzelten und sprengt seine Identität, den Trug, es wäre bloß Exemplar. Solches Denken ist solidarisch mit Metaphysik im Augenblick ihres Sturzes.

 
Fußnoten

 

1 [*] »Ein dialektischer Lehrsatz der reinen Vernunft muß demnach dieses ihn von allen sophistischen Sätzen Unterscheidende an sich haben, daß er nicht eine willkürliche Frage betrifft, die man nur in gewisser beliebiger Absicht aufwirft, sondern eine solche, auf die jede menschliche Vernunft in ihrem Fortgange nothwendig stoßen muß; und zweitens, daß er mit seinem Gegensatze nicht bloß einen gekünstelten Schein, der, wenn man ihn einsieht, sogleich verschwindet, sondern einen natürlichen und unvermeidlichen Schein bei sich führe, der selbst, wenn man nicht mehr durch ihn hintergangen wird, noch immer täuscht, obschon nicht betrügt, und also zwar unschädlich gemacht, aber niemals vertilgt werden kann.« (Kant, Kritik der reinen Vernunft, WW III, Akademie-Ausgabe, S. 290f.)

 

2 [**] »Es pflegt ... viel auf die Schranken des Denkens, der Vernunft u.s.f. gehalten zu werden, und es wird behauptet, es könne über die Schranke nicht hinausgegangen werden. In dieser Behauptung liegt die Bewußtlosigkeit, daß darin selbst, daß etwas als Schranke bestimmt ist, darüber bereits hinausgegangen ist. Denn eine Bestimmtheit, Grenze, ist als Schranke nur bestimmt, im Gegensatz gegen sein Anderes überhaupt, als gegen sein Unbeschränktes; das Andere einer Schranke ist eben das Hinaus über dieselbe.« (Hegel, WW 4, S. 153.)

 

3 [*] »Der Mensch allein trägt in abstrakten Begriffen die Gewißheit seines Todes mit sich herum: diese kann ihn dennoch, was sehr seltsam ist, nur auf einzelne Augenblicke, wo ein Anlaß sie der Phantasie vergegenwärtigt, ängstigen. Gegen die mächtige Stimme der Natur vermag die Reflexion wenig. Auch in ihm, wie im Thiere, das nicht denkt, waltet als dauernder Zustand jene, aus dem innersten Bewußtseyn, daß er die Natur, die Welt selbst ist, entspringende Sicherheit vor, vermöge welcher keinen Menschen der Gedanke des gewissen und nie fernen Todes merklich beunruhigt, sondern jeder dahinlebt, als müsse er ewig leben; was so weit geht, daß sich sagen ließe, keiner habe eine eigentlich lebendige Überzeugung von der Gewißheit seines Todes, da sonst zwischen seiner Stimmung und der des verurtheilten Verbrechers kein so großer Unterschied seyn könnte; sondern jeder erkenne zwar jene Gewißheit in abstracto und theoretisch an, lege sie jedoch, wie andere theoretische Wahrheiten, die aber auf die Praxis nicht anwendbar sind, bei Seite, ohne sie irgend in sein lebendiges Bewußtseyn aufzunehmen.« (Schopenhauer, Die Welt als Wille und Vorstellung I, SWW, ed. Frauenstädt, II. Band, Leipzig 1888, S. 332.)

 
Gesammelte Werke
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