Eingriffe

Neun kritische Modelle

 

Der Sprache widerfährt ihr Unheil nicht bloß in ihren einzelnen Worten und ihrem syntaktischen Gefüge. Viele Wörter backen im Sog der Kommunikation, vor allem Sinn und wider ihn, in Klumpen sich zusammen. Karl Kraus hat das erkannt und an Wendungen wie »ausgebaut und vertieft« zärtlich fast verfolgt.

Solch ein Klumpen ist auch der verbotene Eingriff, der sich anzuschließen pflegt an das Verhältnis, das nicht ohne Folgen blieb. Vermutlich ist der sprachliche Mißbrauch zu eingefleischt, als daß der objektive Geist ihn sich abgewöhnen ließe. Wohl aber ist beim Wort zu nehmen, was den Worten geschah. Wird zu den Eingriffen schon einmal das Verbot assoziiert, so sollen Erwägungen, die eingreifen wollen, metaphorisch wenigstens daran sich erinnern, Tabu und Einverständnis verletzen.

Thematisch reichen die Aufsätze von sogenannten großen philosophischen Gegenständen über politische bis zu einigermaßen ephemeren Anlässen; von beruflich-akademischen Erfahrungen zu sehr unakademischen Komplexen. Danach richtet sich auch die Darstellung; je nach dem Dargestellten variiert ihre Verbindlichkeit und Dichte. Sprache, die sich verselbständigt gegenüber dem, was die wechselnden Sachen verlangen, ist kein Stil. Überall jedoch, wo Aktuelles behandelt wird, geht es gegen das gleiche Unwesen, von dem alles Einzelne abhängt und das doch nur im Einzelnen erscheint.

Dafür drängte ein Stichwort sich auf, das ohne Absicht in vielen der Aufsätze wiederkehrt: das verdinglichte Bewußtsein, in das die Aufsätze eingreifen möchten, ob sie nun dem geisteswissenschaftlichen Betrieb gelten oder der Stellung der Lehrer zur Philosophie, dem Cliché von den zwanziger Jahren oder dem bösen Nachleben der Sexualtabus, der präparierten Welt des Fernsehens oder der losgelassenen Meinung. Diese Einheit schreibt zugleich die Grenze vor: daß Bewußtsein kritisiert wird, wo es nur Reflex der Realität ist, die es trägt.

Die praktischen Aussichten sind darum beschränkt. Wer überhaupt Vorschläge anmeldet, macht leicht sich zum Mitschuldigen. Die Rede von einem Wir, mit dem man sich identifiziert, schließt bereits Komplizität mit dem Schlechten ein und den Trug, guter Wille und Bereitschaft zu gemeinsamem Handeln vermöchten etwas zu erreichen, wo jener Wille ohnmächtig ist und die Identifikation mit hommes de bonne volonté eine verkappte Gestalt des Übels. Reine Gesinnung jedoch, die sich Eingriffe versagt, verstärkt ebenfalls, wovor sie zurückschreckt. Den Widerspruch zu schlichten steht nicht bei der Reflexion; ihn diktiert die Verfassung des Wirklichen. In einem geschichtlichen Augenblick aber, da allerorten Praxis abgeschnitten dünkt, die aufs Ganze sich bezöge, mögen selbst armselige Reformen mehr Recht annehmen, als ihnen an sich gebührt.

 

Dezember 1962

 

Wozu noch Philosophie

 

Bei einer Frage wie »Wozu noch Philosophie«, für deren Formulierung ich selbst verantwortlich bin, obwohl ich den amateurhaften Klang nicht überhöre, wird man im allgemeinen die Antwort erraten, einen Gedankengang erwarten, der alle möglichen Schwierigkeiten und Bedenken anhäuft, um schließlich, mehr oder minder vorsichtig, in ein Jedennoch zu münden und das rhetorisch Bezweifelte zu bejahen. Dieser allvertraute Ablauf entspricht konformistischer und apologetischer Haltung; sie trägt sich als positiv vor und rechnet vorweg mit Einverständnis. Vollends traut man einem nichts Besseres zu, der von Amts wegen Philosophie lehrt, dessen bürgerliche Existenz davon abhängt, daß sie weiter betrieben wird, und der die eigenen handgreiflichen Interessen verletzt, sobald er sich dagegen äußert. Einiges Recht, trotzdem die Frage aufzuwerfen, habe ich bloß deshalb, weil ich der Antwort keineswegs gewiß bin.

Wer eine Sache verteidigt, die der Geist des Zeitalters als veraltet und überflüssig abtut, begibt sich in die ungünstigste Position. Seine Argumente klingen schwächlich beflissen. Ja aber, bedenken Sie doch, sagt er, als trachte er, solchen etwas aufzuschwatzen, die es nicht wollen. Diese Fatalität muß einbeziehen, wer von der Philosophie nicht sich abbringen läßt. Er muß wissen, daß sie nicht mehr für die Techniken der Bemeisterung des Lebens – Techniken im wörtlichen und übertragenen Sinn – verwendbar ist, mit denen sie so vielfach sich verschränkte. Philosophie bietet auch kein Medium der Bildung jenseits dieser Techniken mehr, wie während der Epoche Hegels, als ein paar kurze Jahrzehnte lang die damals schmale Schicht der deutschen Intellektuellen in ihrer kollektiven Sprache sich verständigte. Der Krisis des humanistischen Bildungsbegriffs, über die ich nicht viel Worte zu machen brauche, ist Philosophie als erste Disziplin im öffentlichen Bewußtsein erlegen, nachdem sie ungefähr seit Kants Tod durch ihr Mißverhältnis zu den positiven Wissenschaften, zumal denen von der Natur, sich verdächtig gemacht hatte. Die Kant- und Hegelrenaissancen, in deren Namen schon das Unkräftige sich anzeigt, haben daran nicht viel geändert. Schließlich hat Philosophie in der allgemeinen Situation von Verfachlichung selbst ebenfalls als Spezialfach sich etabliert, dem des von allen Sachgehalten Gereinigten. Sie hat dadurch verleugnet, woran sie ihren eigenen Begriff besaß: Freiheit des Geistes, der dem Diktat des Fachwissens nicht pariert. Sie hat zugleich durch Abstinenz von bestimmtem Inhalt, sei's als formale Logik und Wissenschaftslehre, sei's als Sage von einem allem Seienden entrückten Sein, ihren Bankrott den realen gesellschaftlichen Zwecken gegenüber erklärt. Freilich setzte sie nur das Siegel unter einen Prozeß, der weithin ihrer eigenen Geschichte gleichkam. Immer mehr Bezirke wurden ihr entrissen und verwissenschaftlicht; ihr blieb kaum eine Wahl, als entweder selber auch eine Wissenschaft zu werden oder eine winzige und tolerierte Enklave, die als solche bereits dem widerstreitet, was sie sein möchte: ein nicht Partikulares. Noch die Newtonsche Physik hieß Philosophie. Das moderne wissenschaftliche Bewußtsein sähe darin einen archaischen Rest, Rudiment jener Epoche früher griechischer Spekulation, in der handfeste Naturerklärung und sublime Metaphysik im Namen des Wesens der Dinge ungeschieden noch ineinander waren. Entschlossene haben darum solche Archaik als das allein Philosophische proklamiert und wiederherzustellen gesucht. Aber das am zerspaltenen Zustand leidende Bewußtsein, das aus Not vergangene Einheit beschwört, widerspricht dem Inhalt, den es sich zu geben trachtet. Daher muß es willkürlich seine Ursprache veranstalten. Restauration ist in der Philosophie so vergeblich wie sonstwo. Diese müßte vorm Bildungsgeklapper sich hüten und vorm weltanschaulichen Abrakadabra. Sie darf sich auch nicht einbilden, wissenschaftstheoretische Facharbeit, oder was sonst als Forschung einherstolziert, sei Philosophie. Eine schließlich jedoch, die all das sich verbietet, tritt in unversöhnlichen Gegensatz zum herrschenden Bewußtsein. Nichts sonst enthebt sie dem Verdacht der Apologetik. Philosophie, die dem genügt, was sie sein will, und nicht kindlich hinter ihrer Geschichte und der realen hertrottet, hat ihren Lebensnerv am Widerstand gegen die heute gängige Übung und das, dem sie dient, gegen die Rechtfertigung dessen, was nun einmal ist.

Auch die höchste Erhebung philosophischer Spekulation bis heute, die Hegelsche, ist nicht mehr verpflichtend. Gerade wer, nach den Klassifikationen der öffentlichen Meinung, denen keiner entgeht, der öffentlich etwas tut, unter die Dialektiker eingereiht wird, muß die Differenz von Hegel aussprechen. Es ist keine der individuellen Überzeugung. Sondern sie wird gefordert von der Bewegung der Sache selbst, der rein sich zu überlassen kein anderer als Hegel vom Gedanken verlangt. Der Totalitätsanspruch der traditionellen Philosophie, kulminierend in der These von der Vernünftigkeit des Wirklichen, ist nicht zu trennen von Apologetik. Die aber ist absurd geworden. Philosophie, die sich noch als total, als System aufwürfe, würde zum Wahnsystem. Gibt sie jedoch den Anspruch der Totalität auf; beansprucht sie nicht länger mehr, aus sich heraus das Ganze zu entfalten, das die Wahrheit sein soll, so gerät sie in Konflikt mit ihrer gesamten Überlieferung. Das ist der Preis, den sie dafür zu zahlen hat, daß sie, vom eigenen Wahnsystem geheilt, das der Realität nennt. Nicht länger ist sie dann ein sich selbst genügender, stringenter Begründungszusammenhang. Ihrem Zustand in der Gesellschaft, den sie selber noch durchdringen sollte und nicht verleugnen, entspricht ihr eigener verzweifelter: die Notwendigkeit zu formulieren, was heute unter dem Titel des Absurden selbst schon wieder von der Maschinerie erfaßt ist. Philosophie, wie sie nach allem allein zu verantworten wäre, dürfte nicht länger des Absoluten sich mächtig dünken, ja müßte den Gedanken daran sich verbieten, um ihn nicht zu verraten, und doch vom emphatischen Begriff der Wahrheit nichts sich abmarkten lassen. Dieser Widerspruch ist ihr Element. Es bestimmt sie als negative. Kants berühmtes Diktum, der kritische Weg sei allein noch offen, gehört zu jenen Sätzen, in denen die Philosophie, aus der sie stammen, die Probe besteht, indem sie, als Bruchstücke, das System überdauern. Freilich rechnet die Idee der Kritik selbst zu der heute zerrütteten Tradition von Philosophie. Während mittlerweile der Schauplatz jeder Erkenntnis so sehr von den Spezialwissenschaften beschlagnahmt ist, daß der philosophische Gedanke sich terrorisiert fühlt und fürchtet, als dilettantisch sich widerlegen lassen zu müssen, wo immer er inhaltlich wird, ist reaktiv der Begriff der Ursprünglichkeit zu unverdienten Ehren gelangt. Je verdinglichter die Welt, je dichter das Netz, das der Natur übergeworfen wurde, desto mehr beansprucht ideologisch das Denken, das jenes Netz spinnt, seinerseits Natur, Urerfahrung zu sein. Die überlieferten Philosophen dagegen waren seit den gepriesenen Vorsokratikern Kritiker. Xenophanes, auf dessen Schule der heute gegen den Begriff gewendete Begriff des Seins zurückdatiert, wollte die Naturkräfte entmythologisieren. Die Platonische Hypostasis des Begriffs zur Idee wiederum wurde von Aristoteles durchschaut. In der Moderne hat Descartes die Scholastik der Dogmatisierung bloßen Meinens überführt. Leibniz war der Kritiker des Empirismus; Kant der Leibnizens und Humes in eins; Hegel der Kants, Marx der Hegels. Bei ihnen allen war Kritik nicht die bloße Zutat zu dem, was man im Jargon der Ontologie vor dreißig Jahren ihren Entwurf genannt hätte. Sie dokumentierte keinen nach Geschmack einzunehmenden Standpunkt. Sondern sie lebte im triftigen Argument. Jene Denker hatten in Kritik die eigene Wahrheit. Sie allein, als Einheit des Problems und der Argumente, nicht die Übernahme von Thesen, hat gestiftet, was als produktive Einheit der Geschichte der Philosophie gelten mag. Im Fortgang solcher Kritik haben auch diejenigen Philosophien ihren Zeitkern, ihren geschichtlichen Stellenwert gewonnen, deren Lehrgehalt auf dem Ewigen und Zeitlosen beharrte.

Philosophische Kritik heute nun ist mit zwei Schulen konfrontiert, die als Geist der Zeit, gewollt oder ungewollt, übers akademische Gehege hinaus wirken. Sie divergieren und sind gleichwohl komplementär. Zumal in den angelsächsischen Ländern hat der ursprünglich von dem Wiener Kreis inaugurierte logische Positivismus an Boden gewonnen bis zum Monopol. Vielen dünkt er als modern im Sinn konsequentester Aufklärung, als dem, wie man so sagt, technisch-wissenschaftlichen Zeitalter adäquat. Was ihm nicht sich einfügt, sei Restbestand von Metaphysik, ihrer selbst unbewußte Mythologie oder, nach der Sprache der Kunstfremden, Kunst. Dagegen stehen, vorab im deutschen Sprachbereich, die ontologischen Richtungen. Unter ihnen treibt die Heideggersche, übrigens in den Veröffentlichungen seit der sogenannten Kehre dem Wort Ontologie eher abhold, Archaik am weitesten, während ihre französische Spielart, der Existentialismus, den ontologischen Ansatz aufklärerisch und mit politischem Engagement umbildete. Positivismus und Ontologie sind einander anathema; jener hat durch einen seiner Hauptexponenten, Rudolf Carnap, die Theorie Heideggers, und zwar zu Unrecht, als sinnleer attackiert. Umgekehrt heißt das positivistische Denken den Ontologen Heideggerscher Provenienz seinsvergessen; es profaniere die eigentliche Frage. Man fürchtet mit dem bloß Daseienden, das die Positivisten allein in Händen behalten, die Hände sich zu beschmutzen. Um so schlagender die Koinzidenz der beiden Richtungen in einem Entscheidenden. Sie haben Metaphysik als gemeinsamen Feind erkoren. Daß diese, weil sie wesentlich hinausgeht über das, was der Fall ist, vom Positivismus nicht geduldet wird, dessen eigener Name ja besagt, daß er sich ans Positive, Daseiende, Gegebene halten wolle, bedarf keiner Erläuterung. Aber auch Heidegger, geschult in der metaphysischen Tradition, hat von ihr nachdrücklich sich abzugrenzen gesucht. Metaphysik tauft er das Denken zumindest seit Aristoteles, wenn nicht schon das Platonische, insofern es Sein und Seiendes, Begriff und Begriffenes – man könnte, in einer freilich von Heidegger mißbilligten Sprache, auch sagen: Subjekt und Objekt trennt. Das scheidende, zerteilende Denken, das durch Reflexion zerstöre, was die Worte selber sagen, also all das, was Hegel die Arbeit und Anstrengung des Begriffs nannte und der Philosophie gleichsetzte, sei bereits Abfall von dieser und nicht einmal reparabel, sondern im Sein selbst, »seinsgeschichtlich« vorgezeichnet. Beide Male, bei den Positivisten und bei Heidegger, zumindest in dessen späterer Phase, geht es gegen Spekulation. Dort wird der Gedanke, der selbständig, deutend über die Fakten sich erhebt und von diesen nicht ohne Rest eingeholt werden kann, als leere und eitle Begriffsspinnerei verfemt; Heidegger zufolge aber verfehlt das Denken in dem von der abendländischen Geschichte geprägten Sinn zutiefst die Wahrheit. Diese sei ein an sich Erscheinendes, sich Entbergendes; legitimes Denken nichts als die Fähigkeit, es zu vernehmen. Hintersinnig wird Philologie zur philosophischen Instanz. Unter dem Aspekt dieser gemeinsamen Aversion gegen Metaphysik ist es weniger paradox als auf den ersten Blick, wenn jüngst ein Schüler Heideggers, der in Kiel wirkende Walter Bröcker, Positivismus und Seinsphilosophie kombinieren wollte, indem er dem Positivismus den gesamten Bereich des Daseienden einräumte und wie eine höhere Schicht die Seinslehre, ausdrücklich als Mythologie, darüber legte. Das Sein, in dessen Namen Heideggers Philosophie mehr und mehr sich zusammenzieht, ist ihm als ein dem passiven Bewußtsein rein sich Darstellendes ähnlich unmittelbar, von den Vermittlungen des Subjekts unabhängig wie den Positivisten die Gegebenheiten, die sinnlichen Daten. Denken wird beiden Richtungen zum notwendigen Übel, tendenziell diskreditiert. Es verliert das Moment von Selbständigkeit. Die Autonomie der Vernunft entschwindet; das an ihr, was sich nicht erschöpft im Nachdenken eines Vorgegebenen, dem sie sich anmißt. Damit aber auch die Konzeption der Freiheit und virtuell die der Selbstbestimmung der menschlichen Gesellschaft. Verböte nicht den meisten Positivisten ihre humane Gesinnung, so weit zu gehen, so müßten sie auch für die Praxis die Anpassung an die Tatsachen fordern, denen gegenüber Denken ohnmächtig sei, bloße Antizipation oder Klassifikation, hinfällig gegenüber dem Einzigen, was zählt, dem, was nun einmal ist. Bei Heidegger jedoch wäre Denken, als ehrfürchtig begriffsloses, passives Lauschen auf ein Sein, das immer nur Sein sagt, ohne kritisches Recht und genötigt, unterschiedslos vor allem zu kapitulieren, was auf die schillernde Seinsmächtigkeit sich berufen kann. Heideggers Einordnung in den Hitlerschen Führerstaat war kein Akt des Opportunismus, sondern folgte aus einer Philosophie, die Sein und Führer identifizierte.

Ist Philosophie noch nötig, dann wie von je als Kritik, als Widerstand gegen die sich ausbreitende Heteronomie, als sei's auch machtloser Versuch des Gedankens, seiner selbst mächtig zu bleiben und angedrehte Mythologie wie blinzelnd resignierte Anpassung nach ihrem eigenen Maß des Unwahren zu überführen. An ihr wäre es, solange man sie nicht wie im christianisierten Athen der Spätantike verbietet, der Freiheit Zuflucht zu verschaffen. Nicht daß sich hoffen ließe, sie könne die politischen Tendenzen brechen, die in der gesamten Welt von innen und außen Freiheit abdrosseln, und deren Gewalt sich fortsetzt bis tief in die philosophischen Argumentationszusammenhänge hinein. Was im Innern des Begriffs sich vollzieht, darin erscheint stets auch etwas von der realen Bewegung. Sind aber die beiden Heteronomien die Unwahrheit und läßt diese zwingend sich demonstrieren, dann fügt das nicht nur der trostlosen Kette der Philosophien ein neues Glied hinzu, sondern meldet auch eine Spur von Hoffnung an, Unfreiheit und Unterdrückung, das Übel, das so wenig eines philosophischen Beweises bedarf, daß es das Übel sei, wie daß es existiert, möchte doch nicht das letzte Wort behalten. Solche Kritik hätte die beiden vorherrschenden Richtungen als abgespaltene Momente einer Wahrheit zu bestimmen, die geschichtlich zwangshaft sich entzweite. So wenig sie zu einer sogenannten Synthese zusammenzuleimen sind, sie wären doch in sich selbst zu reflektieren. Falsch, am Positivismus ist, daß er die nun einmal gegebene Arbeitsteilung, die der Wissenschaften von der gesellschaftlichen Praxis und die innerhalb der Wissenschaft, als Maß des Wahren supponiert und keine Theorie erlaubt, welche die Arbeitsteilung selbst als abgeleitet, vermittelt durchsichtig machen, ihrer falschen Autorität entkleiden könnte. Wollte Philosophie im Zeitalter der Emanzipation Wissenschaft begründen und hat sie sich in Fichte und Hegel als die alleinige Wissenschaft interpretiert, so wird dem Positivismus das von den Wissenschaften abgezogene allgemeinste Gefüge, ihre schon eingeschliffene und gesellschaftlich verhärtete Verfahrensweise, zur Philosophie, der Betrieb zur Rechtfertigung seiner selbst, ein Zirkel, an dem die Fanatiker logischer Sauberkeit erstaunlich wenig sich stören. Philosophie demissioniert, indem sie dem sich gleichsetzt, was von ihr erst sein Licht empfangen sollte. Die Existenz der Wissenschaft telle quelle, wie sie im gesellschaftlichen Geflecht und mit all seinen Unzulänglichkeiten und Irrationalitäten vorkommt, wird zum Kriterium ihrer eigenen Wahrheit. In solchem Respekt vorm Verdinglichten ist der Positivismus verdinglichtes Bewußtsein. Bei aller Feindschaft gegen die Mythologie verrät er den antimythologischen Impuls der Philosophie, das bloß von Menschen Gemachte zu durchschlagen und auf sein menschliches Maß zurückzuführen.

Die Fundamentalontologie jedoch verblendet sich gegen die Vermittlung nicht des Tatsächlichen sondern des Begriffs. Sie unterdrückt die Erkenntnis, daß jene Wesenheiten oder wie immer sie es bei fortschreitender Sublimierung nennen mag, die sie gegen die Tatsachen des Positivismus ausspielt, immer auch Denken, Subjekt, Geist sind. Gerade das Subjekt- und Bedingtsein weist zurück auf ein nicht aus dem Sein bruchlos entspringendes Seiendes: auf die vergesellschafteten Menschen. Im Sanktuarium des Gehäuses, in dem die Philosophie der Repristination ebenso vor der Profanität des bloßen Faktums sich verschanzt wie vor den Begriffen, die als von den Fakten getrennte und sie unter sich befassende Einheiten den Fakten zugeordnet sind, begegnet das Gespaltene wieder, vor dem die Künder des Ungeteilten sich gefeit wähnen. Ihre Worte sind unweigerlich Begriffe, wofern sie überhaupt gedacht werden sollen; Denken aber möchte die Seinslehre noch im entschlossenen Archaismus sein. Wie jedoch die Begriffe ihrem eigenen Sinn nach ein sie Erfüllendes fordern; wie nach Hegels unüberholter Einsicht der bloße Gedanke von Identität ein Nichtidentisches erheischt, von dem allein Identität kann ausgesagt werden: so sind noch die reinsten Begriffe immanent, und gar nicht erst polar, auf ihr Anderes angewiesen. Denken selbst, dessen Funktion alle Begriffe sind, kann nicht vorgestellt werden ohne die Tätigkeit irgend Denkender, die das Wort Denken benennt. In dieser Rückbeziehung ist als Moment bereits enthalten, was nach idealistischem Brauch vom Begriff erst konstituiert werden, und was nach seinsmythologischem, samt dem Begriff, Epiphänomen eines Dritten sein soll. Ohne die Bestimmung durch jene beiden Momente wäre dies Dritte ein ganz Unbestimmtes; es überhaupt nur zu nennen, läuft auf die Bestimmung durch die emsig verleugneten Momente hinaus. Noch das Kantische transzendentale Subjekt, dessen Erbschaft das transzendental-subjektlose Sein gern anträte, bedarf als Einheit des Mannigfaltigen ebenso wie umgekehrt das Mannigfaltige der vernünftigen Einheit. Unabhängig von den Inhalten, welche die der Einheit sind, ist deren eigener Begriff nicht zu fassen, und aus den Inhalten ist die Spur eines Faktischen so wenig wegzuzaubern, wie dessen Differenz vom Begriff, der ihrer bedarf. Keine Einheit, wie formal auch immer, und wäre es die reinlogische, ist auch nur als Möglichkeit bar dessen zu konzipieren, worauf sie geht; noch das formallogische Etwas ist der Bodensatz des Materials, das ausgeschieden zu haben der Stolz der reinen Logik war. Der Grund der von Günther Anders so genannten Pseudokonkretion des Seinsdenkens aber, und damit allen Truges, den es um sich verbreitet, ist, daß es seine Reinheit sieht in der Unberührtheit von dem, was es doch selbst ist und was es als konkret wiederum sich zuschlägt. Seinen Triumph feiert es im strategischen Rückzug. Durch mythische Vieldeutigkeit verdeckt es bloß die bestimmte Verschränkung der Momente, aus der es so wenig sich lösen kann wie nur je das bedingte Bewußtsein. Weil in der Seinsmythologie das Seiende und der Begriff kunstvoll ungeschieden verbleiben, stellt sie das Sein vor, als wäre es über dem Seienden wie über dem Begriff und erschleicht, mit Kant zu reden, seine Absolutheit. Verdinglichtes Bewußtsein ist auch sie, indem sie den menschlichen Anteil an den obersten Begriffen unterschlägt und sie vergötzt. Nichts anderes aber heißt Dialektik, als auf der Vermittlung des scheinbar Unmittelbaren, und der auf allen Stufen sich entfaltenden Wechselseitigkeit von Unmittelbarkeit und Vermittlung zu insistieren. Dialektik ist kein dritter Standpunkt sondern der Versuch, durch immanente Kritik philosophische Standpunkte über sich und über die Willkür des Standpunktdenkens hinauszubringen. Gegenüber der Naivetät des willkürlichen Bewußtseins, das sein Beschränktes, ihm Gegebenes für unbeschränkt hält, wäre Philosophie die bindende Verpflichtung zur Unnaivetät. In einer Welt, die, als durch und durch vergesellschaftete, so übermächtig gegenüber allen Einzelnen ist, daß ihnen kaum etwas anderes übrigbleibt, als sie hinzunehmen, wie sie sich gibt, reproduziert solche Naivetät sich unablässig und verhängnisvoll. Was eine unmäßige Apparatur ihnen aufdrängt, die sie selber bilden und in die sie eingespannt sind, und was naturhafte Momente virtuell eliminiert, wird ihnen zur Natur. Verdinglichtes Bewußtsein ist vollkommen naiv und, als Verdinglichung, auch vollkommen unnaiv. Philosophie hätte den Schein des Selbstverständlichen wie den des Unverständlichen aufzulösen.

Die Integration von Philosophie und Wissenschaft, die virtuell schon in den frühesten Dokumenten der abendländischen Metaphysik sich abzeichnet, wollte einmal den Gedanken schützen vor der dogmatischen Bevormundung, zu der er Affinität hat durch Willkür, das Negative aller Freiheit. Auf diese aber zielte das Postulat des unmittelbaren »Dabeiseins« lebendig vollziehenden Geistes bei aller Erkenntnis, die seit Spinoza unverlierbare Norm der Evidenz. Sie war, in bloßer Logik, das antezipierende Bild eines realen Zustandes, in dem die Menschen es endlich wären, ledig jeglicher blinden Autorität. Das hat sich umgedreht. Die Berufung auf Wissenschaft, auf ihre Spielregeln, auf die Alleingültigkeit der Methoden, zu denen sie sich entwickelte, ist zur Kontrollinstanz geworden, die den freien, ungegängelten, nicht schon dressierten Gedanken ahndet und vom Geist nichts duldet als das methodologisch Approbierte. Wissenschaft, das Medium von Autonomie, ist in einen Apparat der Heteronomie ausgeartet. Das, worum es ginge, ist abgeschnitten, der Zufälligkeit des geschmähten Aperçus überantwortet, als Isoliertes tatsächlich zum Weltanschauungsgeschwätz herabgewürdigt. Die philosophische Kritik des Szientivismus, die jenes Denksystem bündig widerlegt, ist darum nicht, was ihre wohlgesinnten Gegner ihr vorwerfen, sondern eher die Destruktion der Destruktion. Kritik der bestehenden Philosophien plädiert nicht für das Verschwinden von Philosophie oder gar ihren Ersatz durch Einzeldisziplinen wie die Sozialwissenschaft. Sie möchte formal und material eben jener Gestalt geistiger Freiheit helfen, die in den herrschenden philosophischen Richtungen keine Stelle hat. Denken, das offen, konsequent und auf dem Stand vorwärtsgetriebener Erkenntnis den Objekten sich zuwendet, ist diesen gegenüber frei auch derart, daß es sich nicht vom organisierten Wissen Regeln vorschreiben läßt. Es kehrt den Inbegriff der in ihm akkumulierten Erfahrung den Gegenständen zu, zerreißt das gesellschaftliche Gespinst, das sie verbirgt, und gewahrt sie neu. Entschlüge Philosophie sich der Angst, die der Terror der herrschenden Richtungen verbreitet – der ontologischen, nichts zu denken, was nicht rein; der szientifischen, nichts zu denken, was nicht »verbunden« mit dem Corpus der als gültig anerkannten wissenschaftlichen Befunde sei –, so vermöchte sie gar zu erkennen, was jene Angst ihr verbot, das, worauf unverschandeltes Bewußtsein eigentlich es abgesehen hätte. Wovon die philosophische Phänomenologie träumte, wie einer, der zu erwachen träumt, das »Zu den Sachen«, könnte einer Philosophie zufallen, die jene Sachen nicht mit dem Zauberschlag der Wesensschau zu gewinnen hofft, sondern die subjektiven und objektiven Vermittlungen mitdenkt, dafür aber nicht nach dem latenten Primat der veranstalteten Methode sich richtet, welche den phänomenologischen Richtungen, anstelle der ersehnten Sachen, immer wieder bloß Fetische präsentiert, selbstgemachte Begriffe. Wären nicht alle positiven Redeweisen tief verdächtig geworden, so könnte man sich ausmalen, daß erst einem solchen zugleich freien und in sich reflektierten Bewußtsein das sich entfaltete, was die traditionelle Philosophie sich verbaute, indem sie sich selbst mit dem verwechselte, was sie deuten will. Die Müdigkeit der traditionellen Philosophie am Wechsel ihrer Spielarten hat das Potential einer Philosophie in sich, die dem Bann entronnen wäre.

Ungewiß gleichwohl, ob Philosophie, als Tätigkeit des begreifenden Geistes, überhaupt noch an der Zeit sei; ob sie nicht zurückbleibe hinter dem, was sie zu begreifen hätte, dem auf die Katastrophe zutreibenden Zustand der Welt. Für Kontemplation scheint es zu spät. Was in seiner Absurdität zutage liegt, sträubt sich gegens Begreifen. Vor mehr als hundert Jahren ward die Abschaffung der Philosophie visiert. Daß man im Osten als Diamat marxistische Philosophie verkündet, wie wenn das mit der Marxischen Theorie ohne weiteres vereinbar wäre, bezeugt die Verkehrung des Marxismus in ein gegen den eigenen Gehalt abgestumpftes, statisches Dogma oder, wie sie selber es nennen, in eine Ideologie. Wer noch philosophiert, kann es nur, wenn er die Marxische These vom Überholtsein der Besinnung verneint. Sie dachte die Möglichkeit der Veränderung der Welt von Grund auf als jetzt und hier gegenwärtig. Bloß Sturheit aber könnte diese Möglichkeit noch so unterstellen wie Marx. Das Proletariat, an das er sich wandte, war noch nicht integriert: es verelendete zusehends, während andererseits die gesellschaftliche Macht noch nicht über die Mittel verfügte, im Ernstfall mit überwältigender Chance sich zu behaupten. Philosophie, als der zugleich konsequente und freie Gedanke, findet sich in einer gänzlich anderen Situation. Marx wäre der letzte gewesen, den Gedanken vom realen Gang der Geschichte loszureißen. Hegel, der der Vergänglichkeit von Kunst inneward und ihr Ende prophezeite, hat ihren Fortbestand abhängig gemacht von dem »Bewußtsein von Nöten«. Was aber der Kunst recht ist, ist der Philosophie billig, deren Wahrheitsgehalt mit dem der Kunst konvergiert, indem ihre Verfahrensart von jener sich sondert. Die ungeminderte Dauer von Leiden, Angst und Drohung nötigt den Gedanken, der sich nicht verwirklichen durfte, dazu, nicht sich wegzuwerfen. Nach dem versäumten Augenblick hätte er ohne Beschwichtigung zu erkennen, warum die Welt, die jetzt, hier das Paradies sein könnte, morgen zur Hölle werden kann. Solche Erkenntnis wäre ja wohl Philosophie. Sie abzuschaffen um einer Praxis willen, die zu dieser historischen Stunde unweigerlich eben den Zustand verewigte, dessen Kritik Sache der Philosophie ist, wäre anachronistisch. Praxis, welche die Herstellung einer vernünftigen und mündigen Menschheit bezweckt, verharrt im Bann des Unheils ohne eine das Ganze in seiner Unwahrheit denkende Theorie. Daß diese nicht den Idealismus aufwärmen darf, sondern die gesellschaftliche und politische Realität und ihre Dynamik in sich hineinnehmen muß, bedarf keines Wortes.

Während der letzten vierzig oder fünfzig Jahre behauptete Philosophie, meist fälschlich, dem Idealismus zu opponieren. Genuin daran war die Opposition gegen die dekorative Phrase; gegen die Hybris des Geistes, der sich zum Absoluten erhöht; gegen die Verklärung der Welt, als wäre sie schon die Freiheit. Der Anthropozentrismus, der allen idealistischen Konzeptionen innewohnt, ist nicht zu retten; man braucht sich nur im gröbsten Umriß an die Veränderungen der Kosmologie seit hundertundfünfzig Jahren zu erinnern. Unter den fälligen Aufgaben der Philosophie ist sicherlich nicht die letzte, ohne amateurhafte Analogien und Synthesen dem Geist die naturwissenschaftlichen Erfahrungen zuzueignen. Sie und der sogenannte geistige Bereich klaffen unfruchtbar auseinander; so sehr, daß zuweilen die Beschäftigung des Geistes mit sich selbst und der gesellschaftlichen Welt wie eitles Spiel erscheint. Hätte die Philosophie nichts anderes zu tun, als das Bewußtsein der Menschen von sich selbst auf den Stand dessen zu bringen, was sie von der Natur wissen, anstatt daß sie wie Höhlenbewohner hinter der eigenen Erkenntnis des Kosmos herleben, in dem die wenig weise Gattung homo ihr hilfloses Wesen treibt, so wäre das schon einiges. Im Angesicht dieser Aufgabe und der ungeschmälerten Einsicht in die Bewegungsgesetze der Gesellschaft maßte sie schwerlich affirmativ sich an, aus sich heraus etwas wie positiven Sinn zu setzen. Soweit ist sie einig mit dem Positivismus, mehr noch mit der modernen Kunst, vor deren Phänomenen das meiste, was heute philosophisch gedacht wird, beziehungslos versagt. Aber die bis zum Überdruß verkündete Wendung der Philosophie gegen den Idealismus wollte nicht militante Aufklärung sondern Resignation. Der eingeschüchterte Gedanke getraut sich nicht länger, sich zu erheben, auch nicht in der ergeben seinshörigen Fundamentalontologie. Gegen solche Resignation tritt ein Wahrheitsmoment am Idealismus hervor. Der verwirklichte Materialismus wäre heute das Ende des Materialismus, der blinden und menschenunwürdigen Abhängigkeit der Menschen von den materiellen Verhältnissen. So wenig der Geist das Absolute ist, so wenig geht er auf in Seiendem. Nur dann wird er erkennen was ist, wenn er nicht sich durchstreicht. Die Kraft solchen Widerstandes ist das einzige Maß von Philosophie heute. So unversöhnlich ist sie mit dem verdinglichten Bewußtsein wie einst der Platonische Enthusiasmus; sein Überschuß allein erlaubt, das universal Bedingte beim eigenen Namen zu nennen. Sie wünscht den Frieden mit jenem Anderen, Seienden, das die affirmativen Philosophien erniedrigen, indem sie es preisen und ihm sich anpassen. Ihnen wird alles funktional; noch die Anpassung ans Seiende ist ihnen Vorwand, es im Geist sich zu unterwerfen. Was aber da ist, möchte nicht zugerichtet werden. Was eine Funktion hat, ist in der funktionalen Welt verhext. Nur Denken, das ohne Mentalreservat, ohne Illusion des inneren Königtums seine Funktionslosigkeit und Ohnmacht sich eingesteht, erhascht vielleicht einen Blick in eine Ordnung des Möglichen, Nichtseienden, wo die Menschen und Dinge an ihrem rechten Ort wären. Weil Philosophie zu nichts gut ist, ist sie noch nicht verjährt; selbst darauf dürfte sie nicht sich berufen, wenn sie nicht ihre Schuld, die Selbstsetzung, verblendet wiederholen will.

Jene Schuld wird überliefert von der Idee der philosophia perennis, ihr sei die ewige Wahrheit verbrieft. Gesprengt ist sie von Hegels erstaunlichem Satz, Philosophie sei ihre Zeit, in Gedanken erfaßt. Ihn dünkte die Forderung danach so selbstverständlich, daß er nicht zögerte, als Definition sie vorzutragen. Als erster erreichte er die Einsicht in den Zeitkern der Wahrheit. Sie verband bei ihm sich noch mit dem Vertrauen, jede bedeutende Philosophie drücke dadurch, daß sie die eigene Stufe des Bewußtseins ausdrückt, als notwendiges Moment des Ganzen zugleich auch das Ganze aus. Daß dies Vertrauen samt der Identitätsphilosophie sich enttäuscht fand, mindert aber nicht bloß das Pathos der nachgeborenen Philosophien sondern deren Rang. Von den gegenwärtig herrschenden läßt unmöglich das für ihn Selbstverständliche sich behaupten. Sie sind nicht länger ihre Zeit im Gedanken begriffen. Auf ihren Provinzialismus tun die Ontologen gar sich etwas zugute. Der getreue Kontrapunkt dazu ist die hilflose Begriffsarmut der Positivisten. Ihre Spielregeln sind darauf zugeschnitten, daß das verdinglichte Bewußtsein geistferner bright boys sich als Spitze des Zeitgeistes betrachten kann. Sie sind aber bloß dessen Symptom; fälschen, was ihnen fehlt, in die unbestechliche Tugend solcher um, die keinen blauen Dunst sich vormachen lassen. Zeitgeist sind beide Richtungen höchstens als der von Regression; Nietzsches Hinterweltler sind buchstäblich wieder zu Hinterwäldlern geworden. Ihnen gegenüber müßte Philosophie als fortgeschrittenstes Bewußtsein sich bewähren, durchdrungen vom Potential dessen, was anders wäre, aber auch der Gewalt des Regressiven gewachsen, über das erst sich erhöbe, was es als Ballast in sich hineingenommen und begriffen hat. Redet sich angesichts dieses Anspruchs, den er wohl merkt, der philosophische Archaismus von heutzutage auf das alte Wahre heraus; traktiert er den Fortschritt, den er nur verhindert, derart, als hätte er ihn überwunden, so sind das Flausen. Keine Dialektik des Fortschritts genügt, einen geistigen Stand zu legitimieren, der nur darum sich für heil hält, weil noch nicht in seine Winkel drang, wozu die Objektivität sich entfaltete, in die auch er selber verflochten ist, und die dafür sorgt, daß Berufung aufs Heile unmittelbar das Unheil verstärkt. Der selbstgerechte Tiefsinn, der das fortgeschrittene Bewußtsein en canaille behandelt, ist platt. Reflexionen, welche über seine Zaubersprüche ebenso hinausdrängen wie über die vérités de faits der Positivisten, sind nicht, wie es der Ideologie vergilbter Witzblätter in den Kram paßte, Modetorheiten, sondern motiviert von jenen Sachverhalten selbst, die Ontologen wie Positivisten als einziges zu achten vorgeben. Solange der Philosophie die leiseste Spur des Titels eines vor mehr als dreißig Jahren publizierten Buchs eines Altkantianers, ›Aus der Philosophenecke‹ anhaftet, solange ist Philosophie der Spaß, den ihre Verächter mit ihr treiben. Nicht durch onkelhafte Ratschläge erhebt sie sich über den Wissenschaftsbetrieb. Alle Weisheit ist zur Wohlweisheit verkommen. Der Philosophie frommt auch nicht das Benehmen jenes Professors, der, als er im Vorfaschismus sich angeregt fühlte, seine Zeit zu richten, Marlene Dietrichs ›Blauen Engel‹ inspizierte, um aus erster Anschauung zu lernen, wie schlimm es sei. Derlei Ausflüge ins Konkrete überführen Philosophie als Abhub eben der Geschichte, mit deren Subjekt sie aus Bildungsreminiszenz sich verwechselt. Nicht der schlechteste Maßstab einer Philosophie heute wäre, daß sie all dem in nichts gleicht. An ihr ist es nicht, mit dümmlicher Arroganz sich Informationen zu verschaffen und dann Stellung zu beziehen, sondern ungeschmälert, ohne Mentalreservat zu erfahren, wovor die ausweichen, die sich die Maxime nicht rauben lassen wollen, es müsse nun einmal bei aller Philosophie etwas Positives herausschauen. Das Rimbaudsche »Il faut être absolument moderne« ist kein ästhetisches Programm und keines für Ästheten, sondern ein kategorischer Imperativ der Philosophie. Der geschichtlichen Tendenz verfällt erst recht, was mit ihr nichts zu schaffen haben möchte. Sie verspricht kein Rettendes und die Möglichkeit von Hoffnung nur der Bewegung des Begriffs, die bis zum äußersten sie verfolgt.

 

Philosophie und Lehrer

 

Es ist meine Absicht, einiges über die sogenannte allgemeine Prüfung in Philosophie zu sagen, die zu dem Referendarexamen für das wissenschaftliche Lehramt an Höheren Schulen im Lande Hessen hinzugehört. Was ich bei diesem Examen seit nun elf Jahren beobachtete, hat mich zunehmend besorgt gemacht, daß der Sinn jener Prüfung falsch verstanden wird, daß sie ihren Zweck verfehlt. Darüber hinaus mußte ich über die Mentalität der zu Prüfenden nachdenken. Ich glaube, deren eigenes Unbehagen an der Prüfung zu spüren. Viele fühlen sich ihr von Anbeginn fremd und nicht recht gewachsen; manche hegen Zweifel an ihrem Sinn. Ich glaube, deshalb über die Sache reden zu müssen, weil das Ergebnis der Prüfung selbst vielfach von den Momenten abhängt, auf die ich stieß und die den Kandidaten nicht durchweg bewußt sind. Falsch wäre die Haltung eines Examinators, der nicht grundsätzlich jenen zu helfen sucht, über die zu urteilen seine Funktion ihn nötigt, auch wenn solche Hilfe einen Stachel hat. Für meine Worte habe ich allein einzustehen; doch dürften mir in vielem meine Kollegen zustimmen; insbesondere weiß ich, daß Horkheimer zu denselben Ergebnissen gelangte. Selbstverständlich finden sich unter den Kandidaten nicht wenige, für welche meine Befürchtungen nicht zutreffen. Das sind meist solche, die von sich aus ein spezifisches Interesse an der Philosophie nehmen; häufig haben sie als Teilnehmer an unseren Seminaren ein genuines Verhältnis zur Philosophie gewonnen. Auch über ihren Umkreis hinaus fehlt es nicht an Studierenden mit Horizont und geistiger Sensibilität. Als eigentlich gebildete Menschen bringen sie vorweg schon mit, was durch jene Prüfung, fragmentarisch und unzulänglich genug, als existent oder nichtexistent ermittelt werden soll. Aber mit meiner Kritik ziele ich keineswegs nur auf diejenigen, die das Examen nicht bestanden haben. Diese sind oftmals nur ungeschickter, aber keineswegs weniger qualifiziert als jene Mehrheit, die man formeller Kriterien wegen passieren läßt. Vielmehr ist es geradezu die Signatur des fatalen Zustands – wahrhaft eines Zustands, ohne individuelle Schuld einzelner Versagender –, daß auch solche seine Spuren tragen, die das Examen glatt oder, wie ein im Grunde bereits kränkender Ausdruck lautet, als guter Durchschnitt bestehen. Oft hat man das Gefühl, diesen oder jenen müsse man durchlassen, weil er die meisten dingfesten und kontrollierbaren Fragen mehr oder minder korrekt beantwortete; man wird aber dieser Entscheidung, so angenehm sie für den Einzelnen ist, nicht recht froh. Wenn man streng nach dem Sinn und nicht nach dem Buchstaben der Examensordnung prüfte, müßten solche Kandidaten negativ bewertet werden, vollends im Gedanken an die Jugend, die ihnen als Lehrern einmal überantwortet wird, und mit der mich zu identifizieren ich mich freilich noch nicht zu alt fühle. Der bloße Bedarf an Lehrkräften sollte nicht denen zugute kommen, die ihrer Beschaffenheit nach vermutlich das Gegenteil dessen bewirken, was jener Bedarf verlangt. Die gesamte Situation ist fragwürdig gerade in den Aspekten, um derentwillen die allgemeine Prüfung eingeführt wurde. Ich halte es für besser, das offen auszusprechen und zur Reflexion anzuregen, als schweigend weiter einer Praxis mich zu verschreiben, die bei den Prüfern unweigerlich zur Routine und Resignation führen muß und bei den Kandidaten selbst zur Geringschätzung dessen, was man von ihnen fordert; einer Geringschätzung, die oft nur dünne Hülle ist für die Geringschätzung ihrer selbst. Freundlicher ist es, unfreundlich zu sein, als mit einem umgänglichen Gestus, der bequem genug wäre, über das hinwegzugleiten, was im Bewußtseinsstand der zu Prüfenden ihrer eigenen besseren Möglichkeit, wie ich sie einem jeden zutraue, feind ist. Wohlwollen und Rücksicht sind der Humanität selbstverständlich; unter denen, die an unserer Universität in Philosophie zu prüfen haben, wird es keiner daran fehlen lassen. Aber wir wollen human sein nicht nur gegen die Kandidaten, deren Ängste wir uns gut vorstellen können, sondern auch zu jenen, die ihnen einmal gegenübersitzen, die wir nicht sehen, und denen vom ungeformten und ungebildeten Geist größere Unbill droht als irgendeinem von unseren geistigen Ansprüchen. Man braucht dazu gar nicht erst, was Nietzsche Fernstenliebe nennt; ein wenig Vorstellungskraft genügt.

Wenn ich sagte, daß diejenigen, die der Prüfung wirklich gewachsen sich zeigen, oft solche sind, die an philosophischen Seminaren aktiv sich beteiligt haben, so wollte ich damit keinen institutionellen Druck ausüben. Ich nehme den Gedanken der akademischen Freiheit überaus ernst und halte es für völlig gleichgültig, auf welche Weise ein Student sich bildet, ob als Teilnehmer von Seminaren und Vorlesungen oder bloß durch die eigene Lektüre. Ich wollte überhaupt nicht den Sinn dieses Examens der fachlich philosophischen Ausbildung gleichsetzen. Gemeint habe ich nur, daß solche, die es über den einzelwissenschaftlichen Betrieb hinaus zu jenem Bewußtsein des Geistes von sich selbst drängt, der nun einmal Philosophie ist, im allgemeinen der Konzeption des Examens entsprechen. Kindisch wäre es zu erwarten, ein jeder wollte oder könnte ein professioneller Philosoph werden; gegen eben diesen Begriff hege ich gründliches Mißtrauen. Wir wollen unseren Schülern nicht die déformation professionelle derer zumuten, die automatisch ihr eigenes Gebiet für das Zentrum der Welt halten. Philosophie genügt nur dort sich selbst, wo sie mehr ist als ein Fach. Die allgemeine Prüfung, heißt es im Paragraphen 19 der Prüfungsordnung, an die so viele peinlich sich halten, »soll feststellen, ob der Bewerber den Bildungssinn und die Bildungskräfte seiner Fachgebiete erfaßt hat und sie von den lebendigen philosophischen, pädagogischen und politischen Fragen der Gegenwart her zu betrachten versteht« (S. 46). Ausdrücklich wird dem hinzugefügt: »doch darf die philosophisch betonte Prüfung sich nicht in fachphilosophische Fragen verlieren, sondern muß sich auf solche richten, die für die lebendige Bildung heute wesentlich sind, wobei die Fachgebiete des Bewerbers die Richtung geben«. Mit anderen Worten, die allgemeine Prüfung will, soweit so etwas überhaupt einer Prüfung möglich ist, eine Vorstellung davon gewinnen, ob die Kandidaten in der Reflexion auf ihr Fach, also indem sie bedenken, was sie vollbringen, und auch in der Reflexion auf sich selbst, sich über den Umkreis des tatsächlich Angeeigneten erheben. Ganz einfach dürfte man sagen: ob sie geistige Menschen sind, schwänge nicht in dem Wort »geistige Menschen« eine bestimmte Art Hochmut mit, die Erinnerung an elitäre Herrschaftswünsche, die gerade den Akademiker an der Selbstbesinnung verhindern. Das Wort »geistiger Mensch« mag abscheulich sein, aber daß es so etwas gibt, merkt man erst an dem Abscheulicheren, daß einer kein geistiger Mensch ist. Wir möchten also in dieser Prüfung sehen, ob diejenigen, die als Lehrer an Höheren Schulen mit einem schweren Maß an Verantwortung für die geistige und reale Entwicklung Deutschlands belastet sind, Intellektuelle sind oder, wie Ibsen vor nun schon achtzig Jahren es nannte, bloße Fachmenschen. Daß der Ausdruck »Intellektuelle« durch die Nationalsozialisten in Verruf geriet, dünkt mir nur ein Grund mehr, ihn positiv aufzunehmen: ein erster Schritt der Selbstbesinnung ist es, Dumpfheit sich nicht als höheres Ethos zuzuschreiben, Aufklärung nicht zu verlästern, sondern der Hetze gegen die Intellektuellen, wie immer sie auch sich tarnt, zu widerstehen. Ob jedoch einer ein Intellektueller ist, manifestiert sich vor allem im Verhältnis zu seiner eigenen Arbeit und zu dem gesellschaftlichen Ganzen, dessen Teil sie bildet. Dies Verhältnis, nicht die Beschäftigung mit Spezialgebieten wie Erkenntnistheorie, Ethik oder gar Philosophiegeschichte, macht überhaupt das Wesen von Philosophie aus. So hat es ein Philosoph, dem schwerlich jemand die Qualifikation in den besonderen philosophischen Disziplinen wird abstreiten wollen, formuliert. Im ›Deduzierten Plan einer zu Berlin zu errichtenden höheren Lehranstalt‹ – gemeint ist die Universität – sagt Fichte: »Nun ist dasjenige, was die gesamte geistige Tätigkeit, mithin auch alle besonderen und weiter bestimmten Äußerungen derselben wissenschaftlich erfaßt, die Philosophie: von philosophischer Kunstbildung aus müßte sonach den besonderen Wissenschaften ihre Kunst gegeben und das, was in ihnen bisher bloße, vom guten Glück abhängende Naturgabe war, zu besonnenem Können und Treiben erhoben werden; der Geist der Philosophie wäre derjenige, welcher zuerst sich selbst und sodann in sich selber alle anderen Geister verstände; der Künstler in einer besonderen Wissenschaft müßte vor allen Dingen ein philosophischer Künstler werden, und seine besondere Kunst wäre lediglich eine weitere Bestimmung und einzelne Anwendung seiner allgemeinen philosophischen Kunst.« Oder, vielleicht noch schlagender: »Mit diesem also entwickelten philosophischen Geiste, als der reinen Form des Wissens, müßte nun der gesamte wissenschaftliche Stoff in seiner organischen Einheit auf der höheren Lehranstalt aufgefaßt und durchdrungen werden.« Diese Sätze gelten heute nicht weniger als vor hundertundfünfzig Jahren. Der emphatische Begriff von Philosophie, den die Bewegung des deutschen Idealismus intendierte, als der Geist der Zeit mit ihr war, fügte nicht Philosophie als Sparte den Wissenschaften hinzu, sondern suchte sie in der lebendigen Selbstbesinnung des wissenschaftlichen Geistes. Betrachtet man aber den Prozeß der Spezialisierung, der diese Idee von Philosophie zur Phrase von Festrednern erniedrigte, tatsächlich als ein Schlechtes, als Ausdruck der Verdinglichung des Geistes, die dieser mit der zunehmend verdinglichten Tauschgesellschaft erfuhr, so wird man Philosophie geradezu an der Kraft des Widerstands durchs eigene Denken ablesen können, den der Einzelne der bornierten Aneignung von Kenntnissen, wären es auch die sogenannten Fachphilosophien, entgegensetzt.

Das ist nicht falsch zu verstehen. Ich verkenne nicht das Notwendige in der Verselbständigung der Philosophie gegenüber den Einzelwissenschaften. Ohne jene Trennung hätten zumindest die Naturwissenschaften kaum ihren Aufschwung nehmen können. Selbst die Philosophie vermochte vielleicht ihre tiefsten Einsichten erst zu gewinnen, als sie, wie Hegel, willentlich oder unwillentlich vom einzelwissenschaftlichen Betrieb sich losgesagt hatte. Die Wiedervereinigung des Getrennten ist demnach nicht von einem Zauberschlag zu erhoffen; auch das Philosophicum müßte vor dieser Illusion sich hüten. Manche hochentwickelten Geisteswissenschaften, etwa die älteren Philologien, haben solches Eigengewicht angenommen, verfügen über eine derart durchgebildete Methodik und Thematik, daß ihnen die philosophische Selbstreflexion fast unvermeidlich dilettantisch erscheint. Von ihren eigenen Überlegungen führt kaum ein direkter Weg zu philosophischen. Umgekehrt ist auch die Ausbildung der Philosophie zur Spezialdisziplin nicht einfach zu überspringen. Philosophische Selbstbesinnung der einzelnen Wissenschaftszweige unter Verzicht auf die Kenntnis dessen, was nun einmal Fachphilosophie produzierte, hätte leicht etwas Schimärisches. Bewußtsein, das sich verhielte, als wäre es in seinem Material zugleich unmittelbar zur Philosophie, wiche nicht nur vor der Schwere des Materials gar zu leicht ins Unverbindliche aus, sondern wäre überdies verurteilt, amateurhaft auf längst überwundene philosophische Stufen zurückzufallen. Weder übersehe ich diese objektive Schwierigkeit des Examens, noch verschweige ich sie. Aber ich meine, man sollte dabei sich nicht bescheiden, und vor allem: man sollte die Kirche im Dorf lassen. Trifft es schon zu, daß kein so direkter Weg zwischen der einzelwissenschaftlichen Arbeit und der Philosophie offen ist, so bedeutet das doch nicht, daß beide nichts miteinander zu tun hätten. Ein Altgermanist sträubte mit großem Recht sich dagegen, wenn er Lautverschiebungsgesetze frischfröhlich geschichtsphilosophisch deuten sollte. Aber das Problem etwa, wie das mythische Erbe der Volksreligionen im Nibelungenlied, gegenüber dem Christentum archaisch, zugleich auch in Hagen nachmittelalterlich-protestantische Züge annimmt – gesetzt den Fall, die Episode auf der Donau bedeutete etwas dergleichen –, würde von den Altphilologen als legitim anerkannt und wäre zugleich fruchtbar für die Philosophie. Oder: wenn der großen mittelalterlichen Lyrik in weitem Maß das abgeht, was seit dem ausgehenden achtzehnten Jahrhundert als Naturlyrik mit dem Begriff des Lyrischen so sehr verwachsen ist, dann wäre die Absenz dieses für das spätere lyrische Bewußtsein über eine lange Periode fast selbstverständlichen Moments ebenso ein philosophisches Thema wie eines, das die Altgermanisten interessiert. Solcher Querverbindungen gibt es unzählige, und die Kandidaten könnten wohl aus deren Sphäre Themen auswählen. Schließlich ist für das Verständnis Schillers dessen Verhältnis zu Kant – und dabei meine ich nicht das biographische und geistesgeschichtliche, sondern seinen Niederschlag in der Gestalt der Dramen und Gedichte selbst – essentiell; für das Verständnis Hebbels die geschichtsphilosophische Konzeption, die seine Dramatik trägt. Fast niemals sind mir Themen von der Art vorgeschlagen worden wie die, für welche ich Beispiele improvisierte. Selbstverständlich möchte ich mit all dem nicht sagen, daß eigentlich fachphilosophische Themen auszuschließen seien, oder auch nur, daß sie zu Ausnahmen werden sollten. Aber der Unterschied zwischen Vorschlägen wie den gängigen und solchen, die etwas mit Selbstreflexion, wenn schon nicht auf einzelwissenschaftliche Teilprobleme, so doch auf weitere Komplexe und Arbeitsgebiete zu tun haben, reicht fürs erste aus. Ich für meinen Teil wäre schon zufrieden, wenn die Themenvorschläge auch nur die Tendenz dessen erkennen ließen, was mir vorschwebt.

Man hört oft die Klage, Philosophie belaste die zukünftigen Lehrer mit einem weiteren Fach, und gar mit einem, zu dem vielen die Beziehung fehle. Den Vorwurf muß ich zurückgeben: vielfach sind es die Kandidaten, die aus der Prüfung eine Fachprüfung machen, und keineswegs wir. Wenn mir, wie das so heißt, ein Kandidat zugewiesen wird, so pflege ich mich mit ihm über sein eigenes Gebiet zu unterhalten und suche aus diesem eine Themenstellung auszukristallisieren, an der etwas wie das geistige Selbstverständnis seiner Arbeit zu entnehmen ist. Keineswegs jedoch herrscht darüber eitel Freude und Begeisterung. Im Gegenteil. Ginge es nach den Wünschen der Kandidaten, so müßte man für die schriftliche Arbeit immer wieder Themen rein fachlichen, philosophie-historischen oder philosophisch referierenden Charakters stellen. Rasch genug stößt man darauf, daß einzelne Philosophen und einzelne Schriften – als vermeintlich besonders leicht – beliebt sind; so die ›Meditationen‹ von Descartes, die englischen Empiristen, Shaftesbury, von Kant die ›Grundlegung zur Metaphysik der Sitten‹, ein thematisch so beschränkter Umkreis, daß er mittlerweile bei uns alle möglichen Zweifel erweckt. Kaum lasse ich mich davon überzeugen, daß für einen Germanisten oder Historiker der ›Essay Concerning Human Understanding‹ des von Kant trefflich genannten Locke, der auch für mich gerade keine kurzweilige Lektüre bildet, eine besondere Bedeutung besitze oder ihn nur irgend interessieren könnte; ich lasse mich auch nicht bekehren, wenn der Kandidat, wie es seit neuestem sich einbürgerte, prompte Erklärungen dafür parat hat, warum er den weitschweifigen Urtext des common sense studierte. Nebenbei gesagt, ist die Unterscheidung in leichte und schwierige Philosophen – ich habe den Verdacht, daß ähnlich auch zwischen leichten und schwierigen Examinatoren unterschieden wird – ganz untriftig. Die Abgründe, über die Locke hinweggleitet, gähnen in seinen Texten und mögen zuweilen eine auch nur in sich einstimmige Darstellung prohibitiv erschweren, während ein so verrufener Denker wie Hegel gerade dadurch, daß die Probleme nicht durch gesunde Ansichten zugedeckt, sondern rückhaltlos ausgetragen werden, einen viel höheren Grad an Stringenz erreicht. Der Intellektuelle oder der geistige Mensch dürfte getrost solche Erwägungen anstellen. Will man aber nach dem Wahlspruch safety first das Examen bestehen, indem man möglichst wenig Risiken eingeht, so verstärkt das nicht gerade die geistige Kraft und gefährdet schließlich die ohnehin problematische Sicherheit. Ich hoffe aber, daß darum nun keine Hegelwelle über die Examinatoren sich ergießt.

Insistiert man tatsächlich darauf, daß ein Gegenstand gewählt wird, der mit dem besonderen Interessengebiet eines Kandidaten tiefer zusammenhängt als durch die äußerliche Berührung, so gerät man auf die sonderbarsten Schwierigkeiten. Einmal hatte ich die größte Mühe, einen auch nur dazu zu veranlassen, ein solches Gebiet zu nennen; ihn interessiere alles, sagte er und forderte damit meinen Argwohn heraus, daß nichts ihn interessiere. Schließlich gab er eine bestimmte Periode an, und mir fiel ein Werk ein, das ihrer geschichtsphilosophischen Deutung gilt. Ich schlug ihm vor, über jenes Werk seine Arbeit zu schreiben, und versetzte ihn damit nur in Schrecken. Er fragte mich, ob denn der betreffende Autor auch wirklich, wie es in den Prüfungsforderungen heißt, ein hervorragender und für seine Fächer wichtiger Philosoph sei; der Wortlaut der Paragraphen wird oft zum Mittel, dem sich zu entziehen, was mit ihnen beabsichtigt ist. Wo die Prüfungsordnung Anhaltspunkte gibt, um Examinierten und Examinatoren die Orientierung zu erleichtern, beißen manche Kandidaten sich fest und klammern sich daran, als wären es unverletzliche Normen. Einer hatte als Interessengebiet Leibniz und dessen Kritik an Locke bezeichnet. Als er bei der Wiederholung dasselbe vorschlug und der Prüfende ihm erklärte, er hielte es für unangemessen, abermals mit ihm über die gleichen Dinge sich zu unterhalten, war seine erste Reaktion: ob er denn wiederum mit zwei Philosophen sich zu beschäftigen hätte. Gehandelt wird nach einem Satz von Hofmannsthal, den dieser freilich der von Angst zerfressenen Klytämnestra in den Mund legt: »Es muß für alles richtige Bräuche geben.« Das Bewußtsein der in Rede stehenden Kandidaten sucht überall nach Deckung, Vorschriften, nach bereits Kanalisiertem; ebenso um in eingeschliffenen Bahnen sich zurechtzufinden, wie doch wohl auch, um den Gang des Examens selbst so zu normieren, daß eben jene Fragen unterbleiben, um derentwillen das ganze Examen da ist. Man begegnet, mit einem Wort, dem verdinglichten Bewußtsein. Das aber, die Unfähigkeit, Erfahrungen zu machen und zu irgendeiner Sache frei und autonom sich zu verhalten, ist der offenbare Widerspruch zu all dem, was man vernünftigerweise und ohne Pathos unter dem denken kann, was in der Prüfungsordnung, als Zweck der höheren Schulen, »echte Geistesbildung« heißt. Man gewinnt bei den Verhandlungen über die Themenwahl den Eindruck, als hätten die zu Prüfenden Brechts Satz »Ich will ja gar kein Mensch sein« sich zur Maxime erkoren, auch und gerade wenn sie den Kategorischen Imperativ in seinen verschiedenen Fassungen auswendig gelernt haben. Die über die Zumutung des Faches Philosophie sich entrüsten, sind die gleichen, für die Philosophie nicht mehr bedeutet als ein Fach.

Wir haben aus mehr als einem Grunde gelernt, die schriftlichen Arbeiten in der Beurteilung der Kandidaten nicht zu überschätzen und mehr Gewicht auf die mündliche Prüfung zu legen. Was man aber da hört und sieht, ist kaum viel ermutigender. Drückt ein Kandidat seinen Widerwillen gegen den Anspruch, er solle ein Intellektueller sein, dadurch aus, daß er während des ganzen Examens ostentativ stöhnt, so ist das ja wohl eher eine Sache der Erziehung als des Geistes selbst, obwohl beides mehr miteinander zu tun hat, als einem solchen Kandidaten beikommen mag. Aber das Fachmenschentum feiert, wenn mir diese contradictio in adjecto gestattet ist, seine Orgien im Mündlichen. »Der Bewerber«, heißt es in den Prüfungsforderungen, »soll zeigen, daß er die Grundbegriffe des Philosophen, mit dem er sich abgab, erfaßt hat und deren geschichtlichen Wandel versteht.« Ein über Descartes Befragter konnte, wie üblich, den Gedankengang der ›Meditationen‹ ganz gut referieren. Die Rede kam auf den Begriff der res extensa, der ausgedehnten Substanz, deren bloß mathematisch-räumliche Bestimmung, den Mangel an dynamischen Kategorien in der Cartesianischen Konzeption der Natur. Auf die Frage nach der philosophie-historischen Konsequenz dieses Mangels erklärte der Kandidat, zu seiner Ehre ganz aufrichtig, das wisse er nicht; er hatte also noch nie über den Descartes, den er ganz brav verstand, auch nur so weit hinausgeblickt, um zu sehen, an welcher Insuffizienz des Cartesianischen Systems Leibniz und damit die Entwicklung zu Kant kritisch einsetzte. Die fachliche Konzentration auf einen approbiert großen Philosophen hatte ihn abgebracht von dem, was die Prüfungsordnung verlangt, von der Kenntnis des geschichtlichen Wandels des Problems. Er bestand trotzdem. Ein anderer trug mir mit unangenehmer Flüssigkeit den Gedankengang der beiden ersten Meditationen vor. Ich unterbrach ihn, um herauszufinden, wie es um sein Verständnis bestellt sei, mit der Frage, ob ihn der Zweifelsversuch und der Schluß auf das unbezweifelbare ego cogitans ganz befriedige. Mir schwebte die nicht gerade abgründige Erwägung vor, daß jenes individuelle empirische Bewußtsein, auf das bei Descartes rekurriert wird, selber in die raumzeitliche Welt verflochten ist, aus der es im Sinne der Cartesianischen Betrachtung als ein unverlierbarer Rest herausragen soll. Der Kandidat sah mich für einen Augenblick an, in dem er eher mich einschätzte, als über die Cartesianische Deduktion nachdachte. Das Ergebnis war offenbar, daß er mich für einen Mann mit Sinn fürs Höhere hielt. Um mir gefällig zu sein, antwortete er: nein – es gibt ja auch die echte Begegnung. Unterstellt sei, er hätte dabei sich wirklich etwas gedacht, also etwa im Hintergrunde seines Bewußtseins sich an die Lehren erinnert, die dem Geist unmittelbares anschauliches Wissen von der Wirklichkeit zutrauen. Jedenfalls verstand er, wenn er so etwas meinte, es nicht zu artikulieren, und Philosophie ist nun einmal, wie unser alter Lehrer Cornelius es definierte, die Kunst, sich auszudrücken. Das Charakteristische an der Antwort ist aber, daß er eine Allerweltsphrase aus der heruntergekommenen und schon an Ort und Stelle fragwürdigen Existentialphilosophie mir an den Kopf warf, im Glauben, dadurch sein Niveau zu demonstrieren und mir womöglich einen namhaften Genuß zu bereiten. Komplementär zu der Tatsachengläubigkeit des Fachmenschen, der jede Besinnung auf das, was nicht der Fall ist, als Belästigung und womöglich als Frevel am wissenschaftlichen Geist empfindet, ist der Glaube an Prestigewörter und magische Wendungen aus dem im heutigen Deutschland durch alle Abzugskanäle gedrungenen Jargon der Eigentlichkeit. Wo die Reflexion der Sache selbst, die geistige Besinnung der Wissenschaft aussetzt, findet an ihrer Stelle die weltanschauliche Phrase sich ein, im Bann jener unseligen deutschen Tradition, derzufolge die edlen Idealisten in den Himmel kommen und die gemeinen Materialisten in die Hölle. Mehr als einmal habe ich es erlebt, daß Studenten, die mich fragten, ob sie in ihren Arbeiten auch ihre eigenen Ansichten sagen dürften, und die ich allzu arglos dazu ermutigte, dann ihre Selbständigkeit unter Beweis stellten durch Sätze wie etwa den, es habe Voltaire, der die Abschaffung der Folter erzwang, an echtem religiösem Empfinden gefehlt. Es zeichnet in dieser Allianz zwischen dem Ungeist des terre à terre und dem Stereotyp amtlich gebilligter Weltanschauung sich eine geistige Verfassung ab, die der totalitären verwandt ist. Der Nationalsozialismus lebt heute ja wohl überhaupt weniger darin nach, daß man noch an seine Doktrinen glaubte – wieweit das überhaupt je der Fall war, ist fraglich –, als in bestimmten formalen Beschaffenheiten des Denkens. Zu ihnen rechnet beflissene Anpassung ans je Geltende, zweiwertige Aufteilung nach Schafen und Böcken, Mangel an unmittelbaren, spontanen Beziehungen zu Menschen, Dingen, Ideen, zwangshafter Konventionalismus, Glaube an Bestehendes um jeden Preis. Derlei Denkstrukturen und Syndrome sind als solche, dem Inhalt nach, apolitisch, aber ihr Überleben hat politische Implikationen. Das ist vielleicht an dem, was ich mitzuteilen suche, das Ernsteste.

Das Flickwerk aus angeeigneten, und das will hier meist sagen, auswendig gelernten Tatsachen und weltanschaulicher Deklamation besagt, daß der Zusammenhang von Sache und Reflexion zerrissen ist. Man konstatiert das in den Examina immer wieder, und muß unmittelbar auf die Absenz dessen schließen, was haben sollte, wer bilden will, nämlich Bildung. Eine Studentin wollte, trotz der Warnung ihres Examinators, mündlich über Henri Bergson sich prüfen lassen. Er fragte sie, um zu sehen, ob sie eine Ahnung hatte von dem, was man geistesgeschichtlichen Zusammenhang nennt, nach Malern etwa aus der Zeit jenes Philosophen, deren Werk mit dem Geist seiner Philosophie etwas zu tun habe. Sie meinte darauf zunächst, das sei der Naturalismus gewesen. Nach Namen gefragt, brachte sie erst Manet hervor, dann Gauguin und schließlich, auf gutes Zureden, Monet. Der Examinator insistierte: wie denn nun jene große malerische Gesamtbewegung aus dem späteren neunzehnten Jahrhundert heiße, und sie antwortete siegesbewußt: Expressionismus. Ach, sie hatte nicht den Impressionismus angegeben sondern nur Bergson, aber lebendige Bildung bestünde genau darin, daß solche Beziehungen wie die zwischen der Lebensphilosophie und der impressionistischen Malerei erfahren sind. Wer davon nichts versteht, kann auch Bergson selber nicht verstehen; die Kandidatin war denn auch tatsächlich zum Referat der beiden Schriften, die sie gelesen haben wollte, ›Introduction à la métaphysique‹ und ›Matière et mémoire‹, ganz unfähig.

Würde uns etwa entgegengehalten, wie man denn nun jene Art von Bildung sich erwerben könne, die einem erlaube, Bergson und den Impressionismus zu assoziieren, so bereitete das uns Philosophie-Examinatoren Verlegenheit. Denn Bildung ist eben das, wofür es keine richtigen Bräuche gibt; sie ist zu erwerben nur durch spontane Anstrengung und Interesse, nicht garantiert allein durch Kurse, und wären es auch solche vom Typus des Studium generale. Ja, in Wahrheit fällt sie nicht einmal Anstrengungen zu sondern der Aufgeschlossenheit, der Fähigkeit, überhaupt etwas Geistiges an sich herankommen zu lassen und es produktiv ins eigene Bewußtsein aufzunehmen, anstatt, wie ein unerträgliches Cliché lautet, damit, bloß lernend, sich auseinanderzusetzen. Fürchtete ich nicht das Mißverständnis der Sentimentalität, so würde ich sagen, zur Bildung bedürfe es der Liebe; der Defekt ist wohl einer der Liebesfähigkeit. Anweisungen, wie das zu ändern sei, sind prekär; es wird darüber meist in einer frühen Phase der Kindheitsentwicklung entschieden. Aber wem es daran gebricht, der sollte kaum andere Menschen unterrichten. Er wird nicht nur jenes Leiden in der Schule perpetuieren, das die Dichter vor sechzig Jahren anklagten, und das man, wahrscheinlich zu Unrecht, für längst beseitigt hält, sondern der Defekt wird sich in den Schülern fortsetzen und ad infinitum jenen geistigen Zustand zeitigen, den ich nicht für unschuldige Naivetät halte, sondern der mitverantwortlich war am Unheil des Nationalsozialismus.

Am drastischesten verrät sich der Mangel im Verhältnis zur Sprache. Nach dem Paragraphen 9 der Prüfungsordnung ist auf die sprachliche Form besonders zu achten; bei ernsten sprachlichen Mängeln müsse die Arbeit als ungenügend bezeichnet werden. Wohin es käme, wenn die Examinatoren daran sich hielten, wage ich nicht auszumalen; ich fürchte, es könnte dann nicht einmal mehr der dringlichste Bedarf an Lehrernachwuchs befriedigt werden, und es erstaunte mich nicht, wenn manche Kandidaten eben darauf sich verließen. Vom Unterschied zwischen der Sprache als einem Mittel der Kommunikation und der als einem des präzisen Ausdrucks der Sache ahnen nur die wenigsten etwas; sie meinen, es genüge, daß man sprechen kann, damit man schreiben könne, während freilich, wer nicht schreiben kann, meist auch nicht zu sprechen vermag. Ich hoffe, nicht zu den laudatores temporis acti zu zählen, aber die Erinnerung an meine Gymnasialzeit ruft mir Lehrer herauf, deren sprachliche Sensibilität – nein, deren einfache Korrektheit im Ausdruck doch von der heute vorherrschenden Schlamperei sich sehr unterschied, einer Schlamperei übrigens, die sich wahrscheinlich vor sich selber rechtfertigt mit der Berufung auf den allgemein herrschenden Sprachgebrauch, und die tatsächlich den objektiven Geist widerspiegelt. Mit schulmeisterlicher Pedanterie pflegt Schlamperei trefflich sich zu vertragen. Sobald ich bei der Besprechung des Themas der Staatsexamensarbeit den Eindruck gewinne, daß der Kandidat des sprachlichen Verantwortungsgefühls enträt – und die Reflexion auf die Sprache ist das Urbild einer jeglichen philosophischen –, pflege ich ihn auf jene Bestimmung der Prüfungsordnung aufmerksam zu machen und ihm vorweg zu schildern, wessen ich in diesen Arbeiten gewärtig bin. Daß solche Paränesen so wenig fruchten, scheint anzuzeigen, daß es sich um mehr als bloße Laxheit handelt: um den Verlust der Beziehung zwischen den Kandidaten und der Sprache, die sie sprechen. Arbeiten minderen Ranges wimmeln von grammatischen und syntaktischen Fehlern. Die niedrigsten Clichés, wie »in etwa«, wie das »echte Anliegen« und jene »Begegnung« werden ungeniert gebraucht, ja mit Gusto, als wäre die Verfügung über Phrasen Zeichen dafür, daß man auf der Höhe der Epoche sich befindet. Am schlimmsten ist es mit der Verknüpfung der Sätze bestellt. Im Hintergrund des Bewußtseins steht wohl die Erinnerung daran, ein philosophischer Text müßte einen logischen Zusammenhang oder einen der Begründung bilden. Dem entsprechen jedoch keineswegs die Beziehungen zwischen den Gedanken selbst oder vielmehr zwischen den Behauptungen, die so vielfach Gedanken bloß vortäuschen. Pseudologische und pseudokausale Beziehungen werden durch Partikeln hergestellt, die auf der sprachlichen Oberfläche die Sätze zusammenkleistern, beim Durchdenken der Sache selbst jedoch gegenstandslos sind; so etwa wird von zwei Sätzen der eine sprachlich als Folgerung aus dem andern vorgeführt, während beide logisch auf der gleichen Stufe stehen.

Was Stil sei, ist den meisten Kandidaten, mögen sie auch Sprachwissenschaft studiert haben, überhaupt noch nicht aufgegangen; statt dessen suchen sie mühsam und gekünstelt aus der Art des Redens, die ihnen geläufig ist, das aus, was sie zu Unrecht für den Ton der Wissenschaft halten. Die Sprache der Arbeiten wird noch unterboten von der beim mündlichen Examen. Vielfach ist es ein Gestammel, durchwachsen von einschränkenden und unbestimmten Phrasen wie »gewissermaßen«, die im gleichen Augenblick, wo man etwas sagt, schon wieder die Verantwortung fürs Gesagte abschieben möchten. Fremdwörter, selbst Namen aus fremden Sprachen, bilden Hürden, die selten überstiegen werden, ohne daß die Hürde oder der Kandidat Schaden nähme; die meisten etwa, die als Examens-Philosophen den offenbar als leicht eingestuften Hobbes sich erkoren haben, werden von diesem als Hobbes reden, wie wenn das bes jenem Dialekt entlehnt wäre, in dem »etwas« ebbes lautet. Überhaupt der Dialekt. Von Bildung ist wohl zu erwarten, daß sie das Ungeschliffene der regionalen Sprache zu milderen Sitten gewöhnt. Davon kann keine Rede sein. Der Konflikt zwischen dem Hochdeutschen und dem Dialekt endet mit einem Remis, an dem niemand seine Freude hat, nicht einmal der zukünftige Lehrer selbst, dessen Mißvergnügen in jedem Wort scheppert. Die Nähe des Dialekts zum Redenden, das Moment, daß er, wo dieser Dialekt noch bäuerlich ist, wenigstens in seiner Sprache selber rede, so, wie es populär heißt, »wie ihm der Schnabel gewachsen ist«, ging verloren; die objektive Hochsprache aber ist nicht erreicht, sondern bleibt entstellt von den Narben des Dialekts; es klingt so, wie jene Jünglinge in Kleinstädten aussehen, die man, damit sie beim Sonntagsandrang aushelfen, in Kellnerfräcke steckt, die ihnen nicht sitzen1. Ich will gewiß nichts gegen die freundliche Institution der akademischen Ausländerkurse im Deutschen sagen, aber Kurse für Inländer wären doch vielleicht noch wichtiger, wenn sie auch nicht mehr erreichten, als dem zukünftigen Lehrer jenen Tonfall abzugewöhnen, in dem die Brutalität des Rustikalen mit der zukünftigen pädagogischen Würde trüb sich vermischt. Komplementär zu dem Vulgären verhält sich das Hochtrabende, die Neigung zu Wörtern, die außerhalb des Erfahrungshorizonts der Sprecher liegen, und die deshalb aus ihrem Munde so herauskommen, als wären sie jene Fremdwörter, derentwegen sie vermutlich einmal ihre Schüler schikanieren werden. Solche Ausdrücke sind fast stets herabgesunkenes Kulturgut der Oberschicht oder, weniger wissenschaftlich gesprochen, abgetragene Kavaliersgarderobe, die in den sogenannten pädagogischen Sektor erst gelangt, nachdem sie im Bereich freien Geistes niemand mehr anrührte. Zur Bildung gehört Urbanität, und ihr geometrischer Ort ist die Sprache. Keinem Menschen ist es vorzuhalten, daß er vom Lande stammt, aber auch keiner dürfte daraus sich ein Verdienst machen und dabei beharren; wem die Emanzipation von der Provinz mißglückte, der steht zur Bildung exterritorial. Die Pflicht zur Entprovinzialisierung anstelle der hilflosen Nachahmung dessen, was man für gebildet hält, wäre von denen, die andere etwas lehren wollen, mit Nachdruck dem eigenen Bewußtsein zuzueignen. Die fortdauernde Divergenz von Stadt und Land, die kulturelle Ungeformtheit des Agrarischen, dessen Überlieferungen unterdessen hinab und nicht mehr zu erwecken sind, ist eine der Gestalten, in denen die Barbarei sich perpetuiert. Es geht dabei nicht um Finessen geistiger und sprachlicher Eleganz. Das Individuum wird mündig überhaupt nur dann, wenn es aus der Unmittelbarkeit von Verhältnissen sich löst, die keineswegs naturwüchsig sind, sondern bloß noch Rückstand überholter historischer Entwicklung, eines Toten, das nicht einmal von sich selbst weiß, daß es tot ist.

Ist man mit dem Fluch der exakten Phantasie geschlagen, so kann man sich ganz gut vorstellen, wie es zur Berufswahl kam: die Familienberatung, was der Junge anfangen solle, damit er es im Leben zu etwas bringe, vielleicht, nachdem man bezweifelt, daß er aus Eigenem, ohne den Schutz einer von Befähigungsnachweisen eingehegten Karriere es schaffen könnte; örtliche Honoratioren mögen dabei ermunternd mittun, auf ihre Beziehungen sich verlassen, man wird die praktischsten Fächerkombinationen gemeinsam auskochen. Hereinspielt jene schmähliche, nicht nur in Deutschland verbreitete Mißachtung des Lehrerberufs, die dann wieder die Kandidaten dazu bewegt, allzu bescheidene Ansprüche an sich zu stellen. Viele haben in Wirklichkeit resigniert, ehe sie auch nur anfangen, und sind dann sich selbst so wenig gut wie dem Geist. Ich spüre die erniedrigende Notwendigkeit in all dem, die den Widerstand dagegen vorweg paralysiert. Die Situation, in der jener Typus Abiturient sich befindet, läßt ihm wahrscheinlich wirklich kaum eine andere Wahl. Er wäre überfordert, wenn man ihm zumuten wollte, daß er das Fragwürdige seines Beginnens im Augenblick jener Entscheidung über seine Zukunft durchschaute. Sonst wäre bereits der Bann gelöst, der dann als Habitus geistiger Unfreiheit im Examen offenbar wird. Die Menschen, an die ich denke, sind in einen verhängnisvollen Zirkel eingespannt; ihr Interesse nötigt sie zu der falschen Entscheidung, deren Opfer sie schließlich selbst werden. Nichts wäre ungerechter, als daraus ihnen einen Vorwurf zu machen. Aber wenn der Gedanke an Freiheit überhaupt noch einen Sinn haben soll, dann wäre es der, daß die Ungeeigneten an dem Punkt ihrer Entwicklung, an dem ihnen die Schwierigkeit, der Bruch zwischen ihrer Existenz und ihrem Beruf und allem, was damit zusammenhängt, bewußt wird – und auf der Universität muß unweigerlich irgendwann einmal dieses Bewußtsein sich herstellen –, die Konsequenzen ziehen. Entweder müßten sie dann rechtzeitig den Beruf aufgeben, mit dessen Begriff sie nicht übereinstimmen – während der Hochkonjunktur gilt kaum die Ausflucht, daß andere Möglichkeiten versperrt wären –, oder sie müßten mit aller Energie der Selbstkritik dem Zustand sich stellen, von dem ich einige Symptome genannt habe, und müßten ihn zu ändern versuchen. Eben dieser Versuch, gar kein fixiertes Resultat, wäre die Bildung, welche die Kandidaten erwerben sollen und, so möchte ich hinzufügen, auch das, was an Philosophie im Examen verlangt wird; daß den zukünftigen Lehrern ein Licht aufgeht in dem, was sie selbst tun, anstatt daß sie darin begriffslos befangen bleiben. Die Handicaps, unter denen, wie ich wohl weiß, viele stehen, sind keine Invarianten. Selbstreflexion und kritische Anstrengung haben darum ihre reale Möglichkeit. Sie wäre das Gegenteil jenes blinden und verbissenen Fleißes, zu dem die Majorität sich einmal entschlossen hat. Er widerspricht der Bildung und der Philosophie, weil er von vornherein definiert wird von der Aneignung eines bereits Vorgegebenen und Gültigen, in der das Subjekt, der Lernende selbst, sein Urteil, seine Erfahrung, das Substrat von Freiheit abwesend sind.

Denn was mich an den Prüfungen eigentlich bestürzt, ist der Bruch zwischen dem, was philosophisch gearbeitet und vorgebracht wird, und den lebendigen Subjekten. Während deren Beschäftigung mit Philosophie die Identität ihres wahrhaften Interesses mit dem Fachstudium, zu dem sie sich entäußern, befördern sollte, setzt sie die Selbstentfremdung nur weiter fort. Diese steigert sich womöglich noch, indem die Philosophie als ein Ballast empfunden wird, der am Erwerb nützlicher Kenntnisse, entweder an der Vorbereitung in den Hauptfächern und damit am Fortkommen oder an der Aneignung von Wissensstoff für den Beruf hindert. Die abgeprüfte Philosophie ist in ihr Gegenteil umgeschlagen; anstatt die Adepten zu sich selbst zu bringen, taugt sie nur noch dazu, ihnen und uns vor Augen zu führen, wie sehr Bildung mißlang, nicht nur an den Kandidaten sondern überhaupt. Das Surrogat, an das sie sich dafür halten, ist der Begriff der Wissenschaft. Einmal meinte er, als Forderung, nichts unbesehen und ungeprüft zu akzeptieren, Freiheit, die Emanzipation von der Bevormundung durch heteronome Dogmen. Heute ist Wissenschaftlichkeit in einem Maß, vor dem einen schaudert, ihren Jüngern zu einer neuen Gestalt der Heteronomie geworden. Man wähnt, wenn man nach wissenschaftlichen Regeln sich richtet, dem wissenschaftlichen Ritual gehorcht, mit Wissenschaft sich umgibt, gerettet zu sein. Wissenschaftliche Approbation wird zum Ersatz der geistigen Reflexion des Tatsächlichen, in der Wissenschaft erst bestünde. Der Panzer verdeckt die Wunde. Das verdinglichte Bewußtsein schaltet Wissenschaft als Apparatur zwischen sich selbst und die lebendige Erfahrung. Je tiefer man ahnt, daß man das Beste vergessen hat, desto mehr tröstet man sich damit, daß man über die Apparatur verfügt. Immer wieder werde ich von Kandidaten gefragt, ob sie Sekundärliteratur benutzen dürfen, sollen, müssen, und was ich empfehle. Nun ist stets die Kenntnis von Sekundärliteratur gut, damit man nicht hinter den Stand der bereits erreichten Kenntnisse zurückfällt und womöglich den Nordpol noch einmal entdeckt. Wer sich wissenschaftlich qualifizieren will, soll schließlich auch zeigen, daß er die Spielregeln wissenschaftlicher Arbeit beherrscht. Aber die Sorge um die Sekundärliteratur meint oft etwas ganz anderes. Einmal die Erwartung, daß man dort die Gedanken findet, die man, in masochistischer Selbsteinschätzung, vorweg sich nicht zutraut; dann aber hofft man, vielleicht gar nicht bewußt, durch wissenschaftliches Brimborium, durch Zitieren, reichhaltige Literaturverzeichnisse und Verweise der mystischen Gnadenwahl der Wissenschaft teilhaftig zu werden. Man will wenigstens einer der Ihren sein, weil man sonst nichts ist. Ich neige nicht zur existentialistischen Philosophie, aber an solchen Momenten hat sie ein Wahrheitsmoment. Wissenschaft als Ritual dispensiert vom Denken und von der Freiheit. Sie hören, die Freiheit müsse gerettet werden, sie sei vom Osten her bedroht, und ich mache mir keine Illusionen über die Reglementierung des Bewußtseins jenseits der Zonengrenze. Aber manchmal scheint es mir, als wäre die Freiheit schon unterhöhlt auch bei denen, die sie formell noch haben; als gliche ihr geistiger Habitus bereits dem regressiven sich an, auch wo er nicht eigens verordnet ist; als wartete irgend etwas in den Menschen selbst auf jene Entlastung von der Autonomie, die alles meinte, was in Europa einmal zu achten und zu erhalten war. In der Unfähigkeit des Gedankens, sich zu erheben, lauert bereits das Potential, sich einzugliedern und irgendeiner Autorität so sich zu unterwerfen, wie man jetzt schon konkretistisch, willfährig an Bestehendem haftet. Manche werden den Bann womöglich noch vor sich selbst glorifizieren als das, was der Jargon der Eigentlichkeit echte Bindung nennt. Aber sie täuschen sich. Sie sind nicht über die Isolierung autonomen Geistes hinaus, sondern hinter der Individuation zurück und können darum auch diese nicht, wie sie sich einbilden mögen, überwinden.

Der Gedanke ans praktische Vorwärtskommen wird bei vielen eine so eiserne Vormacht innehaben, daß nichts im Ernst ihm gegenüber erwogen wird. Ihre Haltung ist automatische Abwehr; darum weiß ich nicht, ob ich sie überhaupt erreiche. Dem verdinglichten Bewußtsein ist eigentümlich, sich in sich selbst einzurichten, bei sich selbst, bei der eigenen Schwäche zu beharren und sich um jeden Preis ins Recht zu setzen. Immer wieder staune ich über den Scharfsinn, den noch die Stumpfesten aufbringen, wenn es gilt, Schlechtes zu verteidigen. Man könnte mir entgegnen, ohne daß dem viel zu widersprechen wäre, jener Zustand sei bekannt, aber man vermöchte nichts dagegen. Stütze dessen wären generelle Besinnungen wie die, woher irgend jemand denn heute den Strahl jenes Sinns nehmen sollte, der ihm die eigene Arbeit erhellt. Man könnte weiter – und hier wäre ich der erste zuzustimmen – daran erinnern, daß soziale Bedingungen wie die Herkunft, über die niemand Macht habe, die Schuld dafür trügen, daß man dem emphatischen Begriff von Bildung nicht genügen könnte: die meisten seien um die allem ausdrücklichen Unterricht vorhergehenden Erfahrungen betrogen worden, von denen Bildung sich nährt. Man könnte weiter auf die Unzulänglichkeit der Universität, auf deren eigenes Versagen verweisen: vielfach gewährt sie selbst das nicht, was wir an den Kandidaten vermissen. Schließlich könnte man wieder einmal auf die Überbürdung mit Wissensstoff aufmerksam machen und auf die peinliche Examenssituation. Ich will nicht darüber rechten, wieviel von all dem zutrifft und was daran Vorwand ist; es gibt Einsichten, die an sich wahr sind, aber unwahr werden, sobald man sie für enge Interessen einspannt. So viel würde ich konzedieren, daß in einem Zustand, in dem die virtuelle Abhängigkeit aller vom übermächtigen Gesamtgefüge die Möglichkeit von Freiheit auf ein Minimum reduziert, der Appell an die Freiheit des Einzelnen etwas Hohles hat; Freiheit ist kein Ideal, das unveräußerlich und unveränderlich über den Häuptern der Menschen hängt – das Bild erinnert nicht umsonst an das Damoklesschwert –, sondern ihre Möglichkeit selbst variiert mit dem geschichtlichen Augenblick. Im gegenwärtigen ist immerhin der wirtschaftliche Druck auf den meisten kaum so unerträglich, daß er die Selbstbesinnung und die Selbstreflexion der Sache in sich verschlüge: es ist mehr das Gefühl der gesamtgesellschaftlichen Ohnmacht, einer universalen Abhängigkeit, die es zur Kristallisation der eigenen Bestimmung gar nicht mehr kommen läßt, als die materielle Not alten Stils.

Aber kann man denn von einem Menschen verlangen, daß er fliege? Ist der Enthusiasmus, wie ihn Platon, der schließlich wußte, was Philosophie sei, für deren wichtigste subjektive Bedingung hielt, etwas, was sich verordnen läßt? Die Antwort darauf ist nicht so einfach, wie sie dem abwehrenden Gestus dünkt. Denn dieser Enthusiasmus ist ja keine zufällige und etwa bloß vom biologischen Stadium der Jugend abhängige Phase. Sie hat einen objektiven Gehalt, das Ungenügen an der bloßen Unmittelbarkeit der Sache, die Erfahrung ihres Scheins. Über diesen sich zu erheben, wird aber von ihr selbst gefordert, sobald man sich guten Willens in sie versenkt. Die Erhebung, die ich meine, ist eins mit der Versenkung. Was fehlt, spürt ein jeder im Grunde selbst; ich weiß, daß ich nichts Neues sagte, sondern allenfalls einiges, was manche sich nicht eingestehen mögen. Aufs dringendste wären anzuraten Schellings ›Vorlesungen über die Methode des akademischen Studiums‹. Inmitten seines identitätsphilosophischen Ansatzes sind viele Motive dessen zu entdecken, wozu ich von ganz anderen Voraussetzungen aus gelangte; erstaunlich, daß die Situation im Jahre 1803, auf dem Höhepunkt der deutschen philosophischen Bewegung, mit Rücksicht auf das in Rede Stehende gar nicht so verschieden ist von der Gegenwart, in der Philosophie nicht mehr die gleiche Autorität ausübt. An den zukünftigen Lehrern wäre es nicht so sehr, sich zu etwas zu bekehren, was ihnen fremd und gleichgültig ist, als dem Bedürfnis zu folgen, das in ihrer Arbeit sich aufdrängt, und es nicht durch den vorgeblichen Zwang des Studiums sich ausreden zu lassen. Mit dem Geist mag es heute fragwürdiger bestellt sein als damals, und Idealismus predigen wäre komisch, selbst wenn er noch seine verlorene philosophische Aktualität hätte. Aber der Geist selbst trägt als nicht sich Bescheiden bei dem, was der Fall ist, jenen Schwung in sich, dessen es subjektiv bedürfte. Die Verpflichtung, seiner Bewegung sich anzuvertrauen, hat jeder unterschrieben, der einen geistigen Beruf wählte. Diese Verpflichtung sollte nicht weniger honoriert werden, als man etwa erwartet, daß der Prüfungsordnung gemäß verfahren wird. Niemand sollte mit einer Abgebrühtheit, die sich als Überlegenheit maskiert, von sich abschieben, was ich ausdrücken wollte und vielleicht gar nicht ganz deutlich ausdrücken konnte. Besser wäre es, dem nachzugehen, was ein jeder einmal sich versprochen und erwartet haben muß. Man darf sich nicht dabei beruhigen, es sei nun einmal so schlimm, und man könne nichts dagegen tun, sondern es ist über jene Fatalität und über ihre Konsequenzen für die eigene Arbeit, auch fürs Examen, nachzudenken. Das wäre der Anfang jener Philosophie, die nur denen sich verschließt, die sich gegen die Gründe verblenden, warum sie sich ihnen verschließt.

 
Fußnoten

 

1 Zuschriften veranlassen mich zu einer Verdeutlichung. Ich meine nicht, Bildung bestehe darin, daß jeder Anklang des Dialekts in einer erbarmungslosen Hochsprache ausgemerzt würde. Die einfachste Erfahrung etwa der Wiener Tönung belehrt darüber, wie sehr sprachliche Humanität gerade in solchen Anklängen sich verwirklicht. Aber der Unterschied zwischen einem Deutsch, das den Dialekt seiner Roheit entäußert, indem er seine Spur versöhnlich in sich aufnimmt, von einem Idiom, in dem beide Sprachschichten hoffnungslos unverträglich bleiben, und in dem pedantische Korrektheit Lügen gestraft wird von Resten formlosen Dialekts – dieser Unterschied ist einer ums Ganze. Es ist kein anderer als der zwischen Kultur, wie sie, was für Natur einsteht, in sich aufhebt, und einem Mechanismus realer Unterdrückung, der im Geist sich fortsetzt. In seinem Bann kehrt das verdrängte Naturhafte entstellt nur und zerstörend wieder. Ob ein Mensch sprachliches Organ hat: seine Bildung zeigt sich gerade daran, daß er solche Nuancen wahrzunehmen vermag.

 

 

Notiz über Geisteswissenschaft und Bildung

Unter den Aspekten der gegenwärtigen Universität, denen gegenüber der Ausdruck Krise mehr ist als bloße Phrase, möchte ich einen hervorheben, den ich gewiß nicht entdeckt habe, der jedoch in der öffentlichen Diskussion kaum die genügende Aufmerksamkeit fand. Er hängt zusammen mit jenem Komplex, der als Divergenz von Bildung und fachlicher Schulung bekannt ist, deckt sich aber keineswegs damit. Auszudrücken ist er nicht leicht; das Vage und Thesenhafte des improvisierten Versuchs bedarf der Entschuldigung. Er gilt der Frage, ob der Universität heute Bildung dort noch gelinge, wo sie nach Thematik und Tradition an deren Begriff festhält, also in den sogenannten Geisteswissenschaften; ob im allgemeinen der Akademiker durch deren Studium überhaupt noch jene Art geistiger Erfahrung gewinnen kann, die vom Begriff Bildung gemeint war, und die im Sinn der Gegenstände selber liegt, mit denen er sich befaßt. Vieles spricht dafür, daß von eben dem Begriff der Wissenschaft, wie er nach dem Verfall der großen Philosophie aufkam und seitdem eine Art Monopol erlangte, jene Bildung unterhöhlt wird, welche er kraft des Monopols beansprucht. Wissenschaftliche Disziplin ist eine geistige Gestalt dessen, was Goethe wie Hegel als Entäußerung forderten: Hingabe des Geistes an ein ihm Entgegenstehendes und Fremdes, in der er erst seine Freiheit gewinnt. Wer solcher Disziplin sich entzogen hat, wird durch amateurhaftes Drauflosdenken und versiertes Geschwätz leicht nur unter das Niveau dessen herabsinken, wogegen er legitimen Widerwillen empfand; unter die heteronom ihm aufgedrungene Methode. Aber jene Disziplin und die Vorstellung von Wissenschaft, die ihr entspricht, und die mittlerweile zum Widerspiel dessen wurde, was Fichte, Schelling, Hegel unter dem Wort sich vorstellten, hat auf Kosten des ihr konträren Moments verhängnisvolles Übergewicht erlangt, ohne daß es dekretorisch sich zurücknehmen ließe. Spontaneität, Imagination, Freiheit zur Sache sind allen anders lautenden Erklärungen zum Trotz durch die allgegenwärtige Frage »Ist das auch Wissenschaft?« so eingeengt, daß der Geist noch in seinem einheimischen Bereich droht, entgeistet zu werden. Die Funktion des Wissenschaftsbegriffs ist umgeschlagen. Die vielberufene methodische Sauberkeit, allgemeine Kontrollierbarkeit, der Consensus der zuständigen Gelehrten, die Belegbarkeit aller Behauptungen, selbst die logische Stringenz der Gedankengänge ist nicht Geist: das Kriterium des Hieb- und Stichfesten wirkt jenem immer zugleich auch entgegen. Wo der Konflikt gegen die unreglementierte Einsicht entschieden ist, kann es zur Dialektik der Bildung, zum inwendigen Prozeß von Subjekt und Objekt gar nicht kommen, den man im Humboldtschen Zeitalter konzipierte. Organisierte Geisteswissenschaft ist Bestandsaufnahme und Reflexionsform des Geistes eher als dessen eigenes Leben; als Unähnliches will sie ihn erkennen und erhebt die Unähnlichkeit zur Maxime. Setzt sie sich aber an seine Stelle, so verschwindet er, auch in der Wissenschaft selbst. Das geschieht, sobald Wissenschaft als einziges Organon von Bildung sich betrachtet, und die Einrichtung der Gesellschaft sanktioniert kein anderes. Zur Intoleranz gegen den Geist, der ihr nicht gleicht, neigt Wissenschaft offenbar um so mehr, pocht um so mehr auf ihr Privileg, je tiefer sie ahnt, daß sie das nicht gewährt, was sie verspricht. An der Enttäuschung vieler geisteswissenschaftlicher Studenten in den ersten Semestern ist nicht nur deren Naivetät schuld, sondern ebenso, daß die Geisteswissenschaften jenes Moment von Naivetät, von Unmittelbarkeit zum Objekt eingebüßt haben, ohne das Geist nicht lebt; ihr Mangel an Selbstbesinnung dabei ist nicht weniger naiv. Noch wo sie weltanschaulich dem Positivismus opponieren, sind sie insgeheim unter den Bann der positivistischen Denkmanier geraten, den eines verdinglichten Bewußtseins. Disziplin wird, im Einklang mit einer gesellschaftlichen Gesamttendenz, zum Tabu über alles, was nicht das je Gegebene stur reproduziert; eben das aber wäre die Bestimmung des Geistes. An einer ausländischen Universität wurde einem Studenten der Kunstgeschichte gesagt: Sie sind hier nicht, um zu denken, sondern um zu forschen. Das wird zwar in Deutschland, aus Respekt vor einer Tradition, von der wenig mehr übrig ist als solcher Respekt, nicht mit so dürren Worten ausgesprochen, läßt aber auch hierzulande die Gestalt der Arbeit nicht unberührt.

Die Verdinglichung des Bewußtseins, die Verfügung über seine eingeschliffenen Apparaturen schiebt sich vielfach vor die Gegenstände und verhindert die Bildung, die eins wäre mit dem Widerstand gegen Verdinglichung. Das Geflecht, mit welchem die organisierte Geisteswissenschaft ihre Gegenstände überzogen hat, wird tendenziell zum Fetisch; was anders ist zum Exzeß, für den in der Wissenschaft kein Raum sei. Der philosophisch dubiose Kultus der Ursprünglichkeit, der von der Heideggerschen Schule betrieben wird, hätte schwerlich die geisteswissenschaftliche Jugend so sehr fasziniert, käme er nicht auch einem wahrhaften Bedürfnis entgegen. Sie merken täglich, daß wissenschaftliches Denken, anstatt die Phänomene aufzuschließen, sich bei deren je schon zugerichteter Gestalt bescheidet. Indem jedoch der gesellschaftliche Prozeß verkannt wird, der das Denken verdinglicht, machen sie Ursprünglichkeit selbst wiederum zu einer Branche, zur angeblich radikalen und eben darum spezialistischen Frage. Was das verdinglichte wissenschaftliche Bewußtsein anstelle der Sache begehrt, ist aber ein Gesellschaftliches: Deckung durch den institutionellen Wissenschaftszweig, auf welchen jenes Bewußtsein als einzige Instanz sich beruft, sobald man es wagt, an das sie zu mahnen, was sie vergessen. Das ist der implizite Konformismus der Geisteswissenschaft. Prätendiert sie, geistige Menschen zu bilden, so werden diese eher von ihr gebrochen. Sie errichten in sich eine mehr oder minder freiwillige Selbstkontrolle. Diese veranlaßt sie zunächst dazu, nichts zu sagen, was den etablierten Spielregeln ihrer Wissenschaft nicht gehorcht; allmählich verlernen sie, es auch nur wahrzunehmen. Selbst geistigen Gebilden gegenüber fällt es nachgerade den akademisch mit ihnen Befaßten schwer, etwas anderes zu denken als das, was dem unausdrücklichen und deshalb um so mächtigeren Wissenschaftsideal entspricht.

Seine repressive Gewalt beschränkt sich keineswegs auf bloße Lern- oder technische Fächer. Das Diktat, das in diesen die praktische Verwendbarkeit ausübt, hat auch die ergriffen, die solche Verwendbarkeit nicht beanspruchen können. Denn dem Begriff der Wissenschaft, der sich unaufhaltsam ausbreitete, seitdem sie und die Philosophie, aus beider Schuld und zu beider Schaden, auseinanderbrachen, ist die Entgeistung immanent. Bewußtlos schaltet akademische Bildung auch dort, wo sie es thematisch mit Geistigem zu tun hat, einer Wissenschaft sich gleich, deren Maß das Vorfindliche, Tatsächliche und seine Aufbereitung ist – jene Faktizität, bei der nicht sich zu bescheiden das Lebenselement des Geistes wäre. Wie tief Entgeistung und Verwissenschaftlichung miteinander verwachsen sind, zeigt sich daran, daß dann als Gegengift fertige Philosopheme von außen herangeholt werden. Man infiltriert sie den geisteswissenschaftlichen Interpretationen, um ihnen den mangelnden Glanz zu verleihen, ohne daß sie aus der Erkenntnis der geistigen Gebilde selbst heraussprängen. Mit komischer Bedeutsamkeit wird dann aus diesen immer wieder, differenzlos, das Gleiche herausgelesen.

Zwischen Geist und Wissenschaft lagert sich ein Vakuum. Nicht nur die Fachausbildung, sondern auch Bildung selber bildet nicht mehr. Sie polarisiert sich nach den Momenten des Methodischen und des Informatorischen. Der gebildete Geist wäre demgegenüber ebenso eine unwillkürliche Reaktionsform wie seiner selbst mächtig. Nichts steht dem mehr im Bildungswesen bei, auch die hohen Schulen nicht. Verfemt die unreflektierte Verwissenschaftlichung zunehmend den Geist als eine Art von Allotria, dann verstrickt sie sich tiefer stets in den Widerspruch zum Gehalt dessen, womit sie sich befaßt, und zu dem, was sie für ihre Aufgabe hält. Sollen die Universitäten anderen Sinnes werden, so wäre in die Geisteswissenschaften nicht weniger einzugreifen als in die Fächer, vor denen jene zu Unrecht den Geist vorauszuhaben sich einbilden.

 

Jene zwanziger Jahre

 

Für Daniel-Henry Kahnweiler

 

Schlagworte machen sich verdächtig nicht bloß durch ihre Funktion, den Gedanken zur Spielmarke zu degradieren; sie sind auch Index ihrer eigenen Unwahrheit. Was das öffentliche Bewußtsein heute, zumal die Mode der Revivals den zwanziger Jahren zuschreibt, war damals, spätestens 1924, schon im Verblassen; die heroischen Zeiten der neuen Kunst lagen vielmehr um 1910, die des synthetischen Kubismus, des deutschen Frühexpressionismus, der freien Atonalität Schönbergs und seiner Schule. Darauf hat jüngst Adolf Frisé in einem Radiogespräch mit Lotte Lenya hingewiesen. Deutlich kann ich mich daran erinnern, daß ich nach einem Fest der IGNM, das in Frankfurt 1927 stattfand, einen Aufsatz ›Die stabilisierte Musik‹ veröffentlichte. Jene Phänomene der Rückbildung, der Neutralisierung, des Kirchhoffriedens, die man gemeinhin erst dem Druck des nationalsozialistischen Terrors zuschreibt, bildeten sich schon in der Weimarer Republik, überhaupt in der liberalen kontinental-europäischen Gesellschaft heraus. Die Diktaturen widerfuhren jener Gesellschaft nicht derart von außen, wie Cortez in Mexiko einbrach, sondern wurden von der sozialen Dynamik nach dem ersten Weltkrieg gezeitigt und warfen ihren Schatten voraus.

Unmittelbar evident ist das an den Produkten der von hochkonzentrierter wirtschaftlicher Macht gesteuerten Massenkultur. Hört man die Schallplatten, die neuerdings Schlager, Songs, Chansons aus den zwanziger Jahren wieder beleben, so überrascht, wie wenig in der ganzen Sphäre sich geändert hat. Wie in der Mode wechselt die Aufmachung; die Sache selbst, eine konventionelle, auf die bedingten Reflexe der Konsumenten zugeschnittene Sprache aus Signalen war wesentlich dieselbe, der Jazz etwa eine zeitlose Mode. Daß solche vergangenen Moden den gerade gängigen gegenüber einen Aspekt des Naiven und Unbeholfenen haben, dessen, was der slang der amerikanischen leichten Musik corny nennt, ist eher dem Zeitfaktor in abstracto, allenfalls der fortschreitenden Perfektionierung der Maschinerie, auch der der sozialpsychologischen Kontrolle zuzuschreiben als der Substanz des Verbreiteten. Das Moment des noch nicht ganz so Smarten, welches das Lächeln desselben Typus von Leuten provoziert, die damals Mistinguett und Marlene bejubelten, und die Sehnsucht, die verklärend heute an jene Produkte sich heftet, sind gleichen Wesens; der minder entwickelte Stand der Techniken der Konsumentenkultur wird mißdeutet, als wäre jene Periode näher an den Ursprüngen gewesen, während sie in Wahrheit genauso auf den Kundenfang zugeschnitten war wie 1960. Daß in der Sphäre einer nach industriellen Idealen rationalisierten Kultur überhaupt etwas sich ändert, ist paradox; das Prinzip der ratio selbst, soweit sie kulturelle Wirkungen geschäftlich kalkuliert, bleibt das Immergleiche. Darum hat es etwas Schockhaftes, wenn etwas aus der kulturindustriellen Zone veraltet. Der Schock dieser Paradoxie ist vom Surrealismus in den zwanziger Jahren selber schon, gegenüber der Welt von 1880, ausgebeutet worden; in England hat damals ein Buch wie ›Our Fathers‹ von Allan Bott einen verwandten Effekt ausgelöst. Heute wiederholt er sich an den zwanziger Jahren, analog der Bilderwelt der achtziger um 1920. Durch die Wiederholung aber stumpft auch dieser Schock ab. Die Verfremdung der zwanziger Jahre ist das Gespenst eines Gespenstes.

Jene imago der zwanziger Jahre im deutschen Sprachbereich ist wahrscheinlich gar nicht so sehr geprägt durch die geistigen Bewegungen. Expressionismus und neue Musik dürften damals weit weniger Resonanz gefunden haben als gegenwärtig die radikalen ästhetischen Tendenzen. Vielmehr war es eine Bilderwelt der erotischen Phantasie. Sie wurde gespeist von Bühnenwerken, die damals für den Geist der Zeit standen und vollends heute dafür gelten, ohne daß sie der eigenen Zusammensetzung nach besonders avanciert gewesen wären. Die Songspiele, an denen Brecht und Weill zusammenarbeiteten, die ›Dreigroschenoper‹ und ›Mahagonny‹, und Ernst Kreneks ›Jonny‹ stehen für die Sphäre ein. Das Unbehagen an der seitdem in paradoxer Proportion zur gleichzeitigen Auflösung von Tabus fortschreitenden zivilisatorischen Entsexualisierung der Welt überträgt romantische Wünsche nach sexueller Anarchie, nach red light district und wide open city auf die zwanziger Jahre. Es steckt in alldem etwas maßlos Verlogenes. Die Begeisterung für die Spelunken-Jennys reimt sich auf die Verfolgung der Prostituierten, an denen die glasklare Ordnung, wenn ihr gerade keine passenderen Objekte zur Verfügung stehen, ihr Mütchen kühlt. Wäre es in den zwanziger Jahren so schön gewesen, so brauchte man nur die leichten Mädchen in Ruhe zu lassen und die Säuberungsaktionen abzublasen. Statt dessen macht man aufreizend-stubenreine Filme über die naughty twenties, lieber noch über den Toulouse-Lautrec der Großeltern. Dabei haben es jene Mädchen auch damals nicht umsonst getan. Der glücklos-kommerzialisierte Sexualbetrieb des Kurfürstendamms, wie George Grosz ihn zeichnete und Karl Kraus im Wort festnagelte, war der Utopie nicht näher als das keimfreie Klima von heutzutage.

Trotzdem hat die Vorstellung von den zwanziger Jahren als der Welt, in der man, wie es in Brechts ›Mahagonny‹ heißt, alles dürfen darf, als einer Utopie, auch ihr Wahres. Damals, wie dann einmal noch kurz nach 1945, sah es wie die offene Möglichkeit einer politisch befreiten Gesellschaft aus. Allerdings sah es bloß so aus: bereits in den zwanziger Jahren war, durch die Ereignisse von 1919, gegen jenes politische Potential entschieden, das, wäre es anders gegangen, mit großer Wahrscheinlichkeit auch die russische Entwicklung tangiert, den Stalinismus verhindert hätte. Man kann sich schwer des Gefühls erwehren, daß jener doppelte Aspekt: der einer Welt, die zum Besseren sich wenden könnte, und der der Zerstörung jener Möglichkeit durch die Etablierung der Mächte, die dann vollends im Faschismus sich enthüllten, auch in der Ambivalenz der Kunst sich ausdrückte, welche tatsächlich den zwanziger Jahren spezifisch ist und nicht einer vagen und in sich selbst widerspruchsvollen Vorstellung von Klassikern der Moderne zugehört. Gerade jene Operngebilde, an die Ruhm und Skandal sich hefteten, nehmen in ihrem zwielichtigen Verhalten zur Anarchie heute so sich aus, als wäre es ihre Hauptfunktion gewesen, dem Nationalsozialismus die Parolen zuzuspielen, die ihm dann zum Kulturterror dienten; als hätte die geflissentlich hervorgekehrte Unordnung schon nach jener Ordnung gegiert, die dann der Hitler über Europa brachte. Das ist kein Ruhmestitel der zwanziger Jahre. Die Katastrophe, die auf sie folgte, wurde von ihren eigenen gesellschaftlichen Konflikten ausgebrütet, auch in der Sphäre dessen, was man Kultur zu nennen pflegt.

Soweit das Heimweh nach den zwanziger Jahren tatsächlich an ein Geistiges sich heftet und nicht bloß an die Luftspiegelung einer Phase, die zugleich avanciert und noch nicht von Zellophan-Moderne überzogen sein soll, entscheiden weniger Rang und Qualität des damals Hervorgebrachten als die wahre oder vermeintliche Stellung des Geistes selber. Vorbewußt wird gespürt, wie sehr die restaurierte Kultur von der Ideologie verschlungen wird, die sie immer auch schon war. Da man es denn schon nicht sich einzugestehen wagt, entwirft man das Wunschbild eines vergangenen Zustands, in dem der Geist noch nicht genötigt gewesen sei, sein Mißverhältnis zur Gewalt der Realität einzubekennen. Gegenüber dem, was seitdem geschah, nimmt er überhaupt einen Aspekt des Nichtigen an. Er ist schuldhaft, weil er das Entsetzen nicht verhindern konnte; seine eigene Zartheit und Fragilität aber setzt wiederum eine Realität voraus, die der Barbarei entronnen wäre. Mit allem, was man gegenwärtig als dem Geist versagt empfindet, belehnt man die imago der Zeit unmittelbar vor der Katastrophe. Die Abwesenheit eingreifender geistiger Bewegungen heute – schon der Existentialismus der ersten Nachkriegsjahre war nicht mehr als wiederholende Renaissance – – erweckt auch in Harmlosen die Ahnung von Sterilität. Sie trägt bei zur Legende von den zwanziger Jahren, in denen selber der Bereich des Geistes wankte, der noch die alte Relevanz im Leben der Menschen beanspruchte. Daß nach 1918 der Kubismus nicht mehr aufgenommen werden konnte, ist wohl ein Symptom, das erst post mortem zu diagnostizieren ist. Kahnweiler berichtet: »Picasso me dit encore bien souvent à l'heure actuelle que tout ce qui a été fait dans les années de 1907 à 1914 n'a pu être fait que par un travail d'équipe. D'être isolé, seul, cela a dû l'inquiéter énormément et c'est alors qu'il y a eu ce changement.«1 Die Isolierung, die dem Maler die Kontinuität seiner Arbeit zerstörte und die nicht ihn allein zu Revisionen veranlaßte, war kaum biographisch-zufälliges Schicksal. An ihr wurde der Schwund der kollektiven Energien offenbar, welche die großen Neuerungen der europäischen Kunst hervorgetrieben hatten. Die Verschiebung im Verhältnis zwischen dem einzelnen Geist und der Gesellschaft reichte hinab bis in die geheimsten Regungen auch derer, die jede Anpassung an die gesellschaftliche Nachfrage verschmähten. Nicht an dem hat es gefehlt, was der naive Kulturglaube schöpferische Begabung nennt. In die Idee geistiger Produktion selbst ist ein Giftstoff geraten. Ihr Selbstbewußtsein, das Vertrauen, Geschichte zu machen, ist ausgehöhlt. Dazu stimmt, daß sie, gerade auch insofern sie rezipiert wird, nicht mehr eingreift. Selbst ihre exponiertesten Äußerungen sind nicht sicher vor dem integralen Kulturbetrieb. Weil der Weltgeist nicht mehr mit dem Geist ist, erglänzen dessen letzte Tage, als wären sie das goldene Zeitalter gewesen, das auch sie nicht waren. Was übrigblieb, ist Nachhall der faschistischen Autorität eher als lebendig; der gebildete Respekt vorm Anerkannten, mag es auch bloß als wichtig sich aufspreizen. Besser wäre erst ein Bewußtsein, das noch die eigene Depotenzierung realisiert; Beckett hat es. Es wäre nicht länger Kultur des erneuerten Truges, sondern drückte durch seine Gestalt aus, was den Geist zu solchem Trug erniedrigt. Vom Fluch ihrer Vergeblichkeit kurierte die Kultur einzig, daß sie den Fluch zu Protokoll gibt.

Das unsichere Verhältnis der Gegenwart zu den zwanziger Jahren wird bedingt von geschichtlicher Diskontinuität. Während das faschistische Jahrzehnt mit all seinen Elementen angelegt war in der Epoche unmittelbar vorher, bis tief in den Expressionismus hinein – einer von dessen Wortführern, Hanns Johst, brachte es zur Naziprominenz, war übrigens schon während der zwanziger Jahre von Brecht mit gutem Instinkt parodiert worden –, hat doch der bei den Nazis beliebte Terminus Umbruch traurig recht behalten. Die Tradition, auch die antitraditionelle, ist abgebrochen, halbvergessene Aufgaben sind zurückgeblieben. Was künstlerisch nunmehr mit jener Epoche sich einläßt, greift nicht nur eklektisch auf eine unterdessen erloschene Produktivität zurück, sondern gehorcht zugleich auch der Verpflichtung, das Unerledigte nicht zu vergessen. Zur eigenen Konsequenz ist weiterzutreiben, was 1933 von einer Explosion begraben ward, die in ganz anderem Sinn Konsequenz der Epoche war.

Wie die gegenwärtige Kunst, ihrer eigenen Problematik nach, zum Avantgardismus der Vergangenheit sich zu verhalten hätte, läßt ganz deutlich sich ablesen, und die Künstler, die zählen, wissen es wohl. Unabdingbar bleibt der Antikonventionalismus; Formen kehren wieder nur im Innern der Werke, nicht als ein heteronom ihnen Auferlegtes. Mit allem Bewußtsein haben die Werke am geschichtlichen Stand ihrer Materialien sich zu messen; weder blind und fetischistisch dem Material sich zu überlassen, noch dem Material von außen her subjektive Intentionen aufzuprägen. Aussicht, irgend etwas nicht Überflüssiges zustande zu bringen, hat nur, was frei ist von Feigheit und Ichschwäche, was ungedeckt sich vorwagt und all dem absagt, was im Deutsch der nach-Hitlerischen Epoche mit einem widerlichen Ausdruck Leitbild heißt. Jede Rücksicht auf Wirkungen, wäre es auch unter dem Vorwand der gesellschaftlichen Funktion oder des Gedankens an den sogenannten Menschen, ist hinfällig; aber auch die Selbstherrlichkeit des Subjekts und seines Ausdrucks aus den heroischen Tagen der neuen Kunst. Dem Aspekt der Paradoxie in jeglicher Kunst selber kann keiner mehr ausweichen; ihn, und kein existentialistisches Philosophem, meint das Stichwort absurd. In jedem ihrer Momente muß die aktuelle Produktion der Krise des Sinnes eingedenk bleiben, der des subjektiv dem Gebilde verliehenen Sinns ebenso wie der einer sinnvollen Verfassung der Welt. Sonst verschachert sie sich an die Rechtfertigung. Die Kunstwerke heute, die allein als sinnvoll sich legitimieren, sind jene, die gegen den Begriff des Sinnes am sprödesten sich zeigen.

Impulse wären aufzunehmen, die schon in den gelobten zwanziger Jahren zu erstarren drohten oder verpufften. Aus der Distanz ist zu beobachten, daß viele Künstler, deren Nimbus dem der zwanziger Jahre gleichgesetzt wird, in jener Dekade den Zenit bereits überschritten hatten, jedenfalls gegen deren Ende; Kandinsky, wohl auch Picasso, Schönberg, selbst Klee. So fraglos Schönbergs Zwölftontechnik mit voller Logik aus seiner eigenen Leistung, aus der Emanzipation von der tonalen Sprache ebenso wie aus der Radikalisierung der motivisch-thematischen Arbeit entsprang, so fraglos ist bei dem Übergang zu systematischen Prinzipien etwas vom Besten verlorengegangen. Die Musiksprache hat, trotz des revolutionierten Materials, der herkömmlichen mehr sich angeglichen als in den besten Werken Schönbergs vor dem ersten Weltkrieg; die freigesetzte Spontaneität und Ungebundenheit des kompositorischen Subjekts ist von einem Ordnungsbedürfnis gezügelt worden, das als problematisch sich herausstellte, weil die Ordnung, die es hervorbrachte, eine aus dem Bedürfnis ist, keine rein aus der Sache selber. Was an Erstarrungsphänomenen in der Musik des letzten Jahrzehnts zutage trat, die oft und auch hämisch konstatierte Gefahr der Avantgarde, als zweiter Konformismus sich zu etablieren, ist weithin die Erbschaft jenes Ordnungsbedürfnisses. Was musikalisch von den zwanziger Jahren als Aufgabe tradiert ist, scheint gerade die Revision jenes Ordnungsbedürfnisses zu sein, eine musique informelle. Nur aufgewärmt, nicht jedoch aufgenommen werden können eben die Vorstellungen von Ordnung aus den zwanziger Jahren. Nichts anderes waren sie als die abstrakte Negation eines angeblichen Chaos, das man viel zu sehr fürchtete, als daß es im Ernst existiert hätte.

Zu reflektieren ist ebenso auf die Notwendigkeit, kompromißlos fortzuführen, was von innen und außen sistiert wurde, wie auf die Grenzen des Rekurses. Daß man nach dreißig oder vierzig Jahren, nach dem totalen Bruch, nicht einfach weitermachen kann, wo aufgehört ward, ist selbstverständlich. Die bedeutenden Werke jener Epoche dankten nicht wenig von ihrer Gewalt der fruchtbaren Spannung zu einem ihnen Heterogenen, zu der Tradition, gegen die sie aufbegehrten. Diese stand ihnen noch als Macht gegenüber, und gerade die produktivsten Künstler hatten viel von ihr in sich selbst. Mit der Reibung an dieser Tradition ist vieles von der Nötigung vergangen, die jene Werke inspirierte. Die Freiheit ist vollkommen, droht aber ohne ihr dialektisches Gegenüber leer zu laufen, während doch jenes Gegenüber aus dem Willen nicht sich konservieren ließe. Damit die gegenwärtige Kunst kein Aufguß der zwanziger Jahre werde, nicht zum Bildungsgut degradiere, was den Bildungsgütern absagte, müßte sie nicht nur der technischen Probleme, sondern auch der Bedingungen der eigenen Existenz sich bewußt werden. Sie hat zum gesellschaftlichen Schauplatz nicht mehr den sei's auch zerfallenen Spätliberalismus sondern eine gesteuerte, überdachte, integrierte Gesellschaft, die »verwaltete Welt«. Was in dieser als Protest der künstlerischen Form sich regt – und keine künstlerische Form wäre länger denkbar, die nicht Protest ist –, fällt selber in das Geplante, dem sie widersteht, und trägt die Male dieses Widerspruchs. Die Kunstwerke werden dadurch, daß sie, nach der Emanzipation und allseitigen Aufbereitung ihres Materials, rein aus dem eigenen Formgesetz sich entwickeln, ohne alles Heterogene, potentiell zu einem Allzublanken, Ausgefegten, Gefahrlosen. Ihr Menetekel sind die Tapetenmuster. Das Leiden eben daran lenkt den Blick auf die zwanziger Jahre, ohne daß er doch die Sehnsucht befriedigte. Wer für solche Dinge ein Gefühl hat, braucht nur die Titel ungezählter Bücher, Bilder, Kompositionen der jüngsten Phase sich anzuschauen, um etwas ernüchternd Sekundäres zu spüren. So unerträglich ist es deshalb, weil jedes Werk, das heute entsteht, ob es will oder nicht, auftritt, als ob es einzig sich selbst zu verdanken wäre. Das im fatalen Sinn Gewollte, der Mangel am Zwang der Gebilde, da zu sein, wird ersetzt durchs abstrakte Bewußtsein dessen, was an der Zeit sei. Das spiegelt schließlich den Mangel an politischem Bezug. Der Begriff des Radikalen, gänzlich ins Ästhetische transponiert, hat etwas von ablenkender Ideologie, vom Trost über die reale Ohnmacht der Subjekte.

Keinen zwingenderen Beweis für die gegenwärtige kulturelle Aporie jedoch gibt es, als daß die Kritik an jenem ideologischen Wesen des chemisch reinen ästhetischen Fortschritts selbst sogleich wieder zur Ideologie wird. Im gesamten Ostbereich hält sie lediglich dazu her, noch die letzten ungebärdigen Regungen, wie sie in die Kunst sich geflüchtet haben, zu ersticken und dem Konformismus zur Totalität zu verhelfen. Das besagt aber wohl schließlich nicht weniger, als daß der Boden von Kunst selber erschüttert, daß ein ungebrochenes Verhältnis zum ästhetischen Bereich nicht mehr möglich ist. Der Begriff einer nach Auschwitz auferstandenen Kultur ist scheinhaft und widersinnig, und dafür hat jedes Gebilde, das überhaupt noch entsteht, den bitteren Preis zu bezahlen. Weil jedoch die Welt den eigenen Untergang überlebt hat, bedarf sie gleichwohl der Kunst als ihrer bewußtlosen Geschichtsschreibung. Die authentischen Künstler der Gegenwart sind die, in deren Werken das äußerste Grauen nachzittert.

 
Fußnoten

 

1 Daniel-Henry Kahnweiler, Mes galeries et mes peintres. Entretiens avec Francis Crémieux, Paris 1961, S. 73.

 

 
Gesammelte Werke
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