Zweiter Teil

1945

 

Where everything is bad

it must be good

to know the worst.

F.H. Bradley

 

51

 

Hinter den Spiegel. – Erste Vorsichtsmaßregel des Schriftstellers: jeden Text, jedes Stück, jeden Absatz daraufhin durchzusehen, ob das zentrale Motiv deutlich genug hervortritt. Wer etwas ausdrücken will, ist davon so bewegt, daß er sich treiben läßt, ohne darauf zu reflektieren. Man ist der Intention zu nah, »in Gedanken«, und vergißt zu sagen, was man sagen will.

 

Keine Verbesserung ist zu klein oder geringfügig, als daß man sie nicht durchführen sollte. Von hundert Änderungen mag jede einzelne läppisch und pedantisch erscheinen; zusammen können sie ein neues Niveau des Textes ausmachen.

 

Nie darf man kleinlich sein beim Streichen. Länge ist gleichgültig und die Furcht, es stehe nicht genug da, kindisch. Man soll nichts darum schon für daseinswert halten, weil es einmal da ist, niedergeschrieben ward. Variieren mehrere Sätze scheinbar den gleichen Gedanken, so bezeichnen sie oft nur verschiedene Ansätze etwas zu fassen, dessen der Autor noch nicht mächtig ist. Dann soll man die beste Formulierung auswählen und an ihr weiter arbeiten. Es gehört zur schriftstellerischen Technik, selbst auf fruchtbare Gedanken verzichten zu können, wenn die Konstruktion es verlangt. Deren Fülle und Kraft kommen gerade unterdrückte Gedanken zugute. Wie bei Tisch soll man nicht den letzten Bissen essen, die Neige nicht trinken. Sonst macht man der Armut sich verdächtig.

 

Wer Clichés vermeiden will, darf sich nicht auf Worte beschränken, will er nicht der vulgären Koketterie verfallen. Die große französische Prosa des neunzehnten Jahrhunderts war dagegen besonders empfindlich. Selten ist das einzelne Wort banal: auch in der Musik trotzt der einzelne Ton dem Verschleiß. Die abscheulichsten Clichés sind vielmehr Wortverbindungen von der Art, wie Karl Kraus sie aufgespießt hat: voll und ganz, auf Gedeih und Verderb, ausgebaut und vertieft. Denn in ihnen plätschert gleichsam der träge Fluß der abgestandenen Sprache, anstatt daß der Schriftsteller durch Präzision des Ausdrucks jene Widerstände setzte, die gefordert sind, wo die Sprache hervortreten soll. Das gilt aber nicht nur für Wortverbindungen, sondern hinauf bis zur Konstruktion ganzer Formen. Wollte etwa ein Dialektiker den Umschlag des sich fortbewegenden Gedankens dadurch markieren, daß er jeweils bei der Zäsur mit einem Aber beginnt, so strafte das literarische Schema die unschematische Absicht der Überlegung Lügen.

 

Das Dickicht ist kein heiliger Hain. Es ist Pflicht, Schwierigkeiten aufzulösen, die lediglich der Bequemlichkeit der Selbstverständigung entstammen. Zwischen dem Willen, dicht und der Tiefe des Gegenstandes angemessen zu schreiben, der Versuchung zum Aparten und der prätentiösen Schlamperei läßt nicht ohne weiteres sich unterscheiden: mißtrauische Insistenz ist allemal heilsam. Gerade wer der Dummheit des gesunden Menschenverstandes keine Konzession machen will, muß sich hüten, Gedanken, die selber der Banalität zu überführen wären, stilistisch zu drapieren. Die Platitüden Lockes rechtfertigen nicht Hamanns Kryptik.

 

Hat man gegen eine abgeschlossene Arbeit, gleichgültig welcher Länge, auch nur die geringsten Einwände, so soll man diese ungemein ernst nehmen, außer allem Verhältnis zu der Relevanz, mit der sie sich anmelden. Die affektive Besetzung des Textes und die Eitelkeit tendiert dazu, jedes Bedenken zu verkleinern. Was nur als winziger Zweifel durchgelassen wird, mag die objektive Wertlosigkeit des Ganzen anzeigen.

 

Die Echternacher Springprozession ist nicht der Gang des Weltgeistes; Einschränkung und Zurücknahme kein Darstellungsmittel der Dialektik. Vielmehr bewegt diese sich durch die Extreme und treibt den Gedanken durch äußerste Konsequenz zum Umschlag, anstatt ihn zu qualifizieren. Die Besonnenheit, die es verbietet, in einem Satz zu weit sich vorzuwagen, ist meist nur Agent der gesellschaftlichen Kontrolle und damit der Verdummung.

 

Skepsis gegen den mit Vorliebe erhobenen Einwand, ein Text, eine Formulierung sei »zu schön«. Die Ehrfurcht vor der Sache, oder gar vor dem Leiden, rationalisiert leicht nur Rancune gegen den, welchem an der verdinglichten Gestalt der Sprache die Spur dessen unerträglich ist, was den Menschen widerfährt, der Entwürdigung. Der Traum eines Daseins ohne Schande, den die sprachliche Leidenschaft festhält, wenn ihn als Inhalt auszumalen schon verwehrt ist, soll hämisch abgewürgt werden. Der Schriftsteller darf auf die Unterscheidung von schönem und sachlichem Ausdruck sich nicht einlassen. Weder darf er sie dem besorgten Kritiker glauben, noch bei sich selber dulden. Gelingt es ihm, ganz das zu sagen, was er meint, so ist es schön. Schönheit des Ausdrucks um ihrer selbst willen ist keineswegs »zu schön«, sondern ornamental, kunstgewerblich, häßlich. Wer jedoch unter dem Vorwand, selbstvergessen der Sache zu dienen, von der Reinheit des Ausdrucks abläßt, verrät damit immer auch die Sache.

 

Anständig gearbeitete Texte sind wie Spinnweben: dicht, konzentrisch, transparent, wohlgefügt und befestigt. Sie ziehen alles in sich hinein, was da kreucht und fleucht. Metaphern, die flüchtig sie durcheilen, werden ihnen zur nahrhaften Beute. Materialien kommen ihnen angeflogen. Die Stichhaltigkeit einer Konzeption läßt danach sich beurteilen, ob sie die Zitate herbeizitiert. Wo der Gedanke eine Zelle der Wirklichkeit aufgeschlossen hat, muß er ohne Gewalttat des Subjekts in die nächste Kammer dringen. Er bewährt seine Beziehung zum Objekt, sobald andere Objekte sich ankristallisieren. Im Licht, das er auf seinen bestimmten Gegenstand richtet, beginnen andere zu funkeln.

 

In seinem Text richtet der Schriftsteller häuslich sich ein. Wie er mit Papieren, Büchern, Bleistiften, Unterlagen, die er von einem Zimmer ins andere schleppt, Unordnung anrichtet, so benimmt er sich in seinen Gedanken. Sie werden ihm zu Möbelstücken, auf denen er sich niederläßt, wohlfühlt, ärgerlich wird. Er streichelt sie zärtlich, nutzt sie ab, bringt sie durcheinander, stellt sie um, verwüstet sie. Wer keine Heimat mehr hat, dem wird wohl gar das Schreiben zum Wohnen. Und dabei produziert er, wie einst die Familie, unvermeidlicherweise auch Abfall und Bodenramsch. Aber er hat keinen Speicher mehr, und es ist überhaupt nicht leicht, vom Abhub sich zu trennen. So schiebt er ihn denn vor sich her und ist in Gefahr, am Ende seine Seiten damit auszufüllen. Die Forderung, sich hart zu machen gegens Mitleid mit sich selber, schließt die technische ein, mit äußerster Wachsamkeit dem Nachlassen der gedanklichen Spannkraft zu begegnen und alles zu eliminieren, was als Kruste der Arbeit sich ansetzt, was leer weiterläuft, was vielleicht in einem früheren Stadium als Geschwätz die warme Atmosphäre bewirkte, in der es wächst, jetzt aber muffig, schal zurückbleibt. Am Ende ist es dem Schriftsteller nicht einmal im Schreiben zu wohnen gestattet.

 

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Woher der Storch die Kinder bringt. – Für jeden Menschen gibt es ein Urbild aus dem Märchen, man muß nur lange genug suchen. Da fragt eine Schöne den Spiegel, ob sie auch die Allerschönste sei wie die Königin aus Schneewittchen. Die schnäubig ist und wählerisch bis in den Tod, ward nach der Ziege geschaffen, die den Vers wiederholt: »Ich bin so satt, ich mag kein Blatt, meh, meh.« Ein sorgenvoller doch unverdrossener Mann gleicht dem alten zerknitterten Holzweiblein, das dem lieben Gott begegnet, ohne ihn zu erkennen, und gesegnet wird mit all den Seinen, weil es ihm half. Ein anderer ist als junger Geselle in die Welt gezogen, um sein Glück zu machen, ist auch mit vielen Riesen fertig geworden, hat aber doch in New York sterben müssen. Eine geht durch die Wildnis der Stadt wie Rotkäppchen und bringt der Großmutter ein Stück Kuchen und eine Flasche Wein, wieder eine entkleidet sich bei der Liebe so kindlich schamlos wie das Mädchen mit den Sterntalern. Der Kluge wird seiner starken Tierseele inne, mag mit seinen Freunden nicht zugrunde gehen, bildet die Gruppe der Bremer Stadtmusikanten, führt sie in die Räuberhöhle, überlistet die Gauner dort, will aber wieder nach Haus. Mit sehnsüchtigen Augen blickt der Froschkönig, ein unverbesserlicher Snob, zur Prinzessin auf und kann von der Hoffnung nicht ablassen, daß sie ihn erlöse.

 

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Schwabenstreiche. – Der sprachliche Habitus Schillers gemahnt an den jungen Mann, der von unten kommt und, befangen, in guter Gesellschaft zu schreien anfängt, um sich vernehmlich zu machen: power und patzig. Die deutsche Tirade und Sentenz ist den Franzosen nachgeahmt, aber am Stammtisch eingeübt. In den unendlichen und unerbittlichen Forderungen spielt der Kleinbürger sich auf, der mit der Macht sich identifiziert, die er nicht hat, und durch Arroganz sie überbietet bis in den absoluten Geist und das absolute Grauen hinein. Zwischen dem allmenschlich Grandiosen und Erhabenen, das sämtliche Idealisten gemein haben, und das stets unmenschlich das Kleine als bloße Existenz zertrampeln will, und der rohen Prunksucht bürgerlicher Gewaltmenschen besteht das innigste Einverständnis. Zur Würde der Geistesriesen gehört es, hohl dröhnend zu lachen, zu explodieren, zu zerschmettern. Sagen sie Schöpfung, so meinen sie den krampfhaften Willen, mit dem sie sich aufplustern und die Frage einschüchtern: vom Primat der praktischen Vernunft war stets nur ein Schritt zum Haß gegen die Theorie. Solche Dynamik wohnt aller idealistischen Gedankenbewegung inne: selbst Hegels unermeßliche Anstrengung, sie durch sich selber zu heilen, ward ihr Opfer. Die Welt in Worten aus einem Prinzip ableiten wollen, ist die Verhaltensweise dessen, der die Macht usurpieren möchte, anstatt ihr zu widerstehen. Usurpatoren haben denn auch Schiller am meisten beschäftigt. In der klassizistischen Verklärung, der Souveränität über die Natur, spiegelt das Vulgäre und Mindere durch beflissene Negation sich wider. Dicht hinter dem Ideal steht das Leben. Die Rosendüfte von Elysium, viel zu wortselig, als daß man ihnen die Erfahrung einer einzigen Rose glauben dürfte, riechen nach dem Tabak der Amtsstube, und das schwärmerische Mondrequisit ward nach der Ölfunzel geschaffen, in deren sparsamem Licht der Student fürs Examen büffelt. Als Kraft hat Schwäche den Gedanken des angeblich aufsteigenden Bürgertums zu der Zeit schon an die Ideologie verraten, da es gegen die Tyrannei wetterte. Im innersten Gehäuse des Humanismus, als dessen eigene Seele, tobt gefangen der Wüterich, der als Faschist die Welt zum Gefängnis macht.

 

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Die Räuber. – Der Kantianer Schiller ist um ebensoviel unsinnlicher wie sinnlicher als Goethe: um so abstrakter wie der Sexualität verfallener. Diese, als unmittelbares Begehren, macht alles zum Aktionsobjekt und damit gleich. »Amalia für die Bande« – darum bleibt Louise matt wie Limonade. Die Frauen Casanovas, die nicht umsonst oft Buchstaben anstatt Namen tragen, sind kaum voneinander zu unterscheiden und auch nicht die Figurinen, die nach Sades mechanischer Orgel komplizierte Pyramiden stellen. Etwas von solcher sexuellen Roheit, der Unfähigkeit zu unterscheiden, lebt aber in den großen spekulativen Systemen des Idealismus, allen Imperativen zum Trotz, und kettet deutschen Geist und deutsche Barbarei aneinander. Bauerngier, nur mühsam von der Pfaffendrohung im Schach gehalten, verficht als Autonomie in der Metaphysik ihr Recht, alles Begegnende auf sein Wesen so umstandslos zu reduzieren wie Landsknechte die Frauen der eroberten Stadt. Die reine Tathandlung ist die auf den gestirnten Himmel über uns projizierte Schändung. Der lange, kontemplative Blick jedoch, dem Menschen und Dinge erst sich entfalten, ist immer der, in dem der Drang zum Objekt gebrochen, reflektiert ist. Gewaltlose Betrachtung, von der alles Glück der Wahrheit kommt, ist gebunden daran, daß der Betrachtende nicht das Objekt sich einverleibt: Nähe an Distanz. Nur weil Tasso, den die Psychoanalytiker einen destruktiven Charakter nennen würden, vor der Prinzessin sich fürchtet und als zivilisiertes Opfer der Unmöglichkeit des Unmittelbaren fällt, sprechen Adelheid, Klärchen und Gretchen die angeschaute, unbedrängte Sprache, die zum Gleichnis von Urgeschichte sie macht. Der Schein des Lebendigen an Goethes Frauen ward mit Zurücktreten, Ausweichen bezahlt, und es liegt mehr darin als bloß die Resignation vorm Sieg der Ordnung. Der absolute Gegensatz dazu, Symbol der Einheit des Sinnlichen und Abstrakten, ist Don Juan. Wenn Kierkegaard sagt, in ihm sei die Sinnlichkeit als Prinzip aufgefaßt, so rührt er ans Geheimnis der Sinnlichkeit selber. Ihrem starren Blick haftet, solange ihm nicht Selbstbesinnung aufgeht, eben jenes Anonyme, unglücklich Allgemeine an, das in ihrem Negativ, der schaltenden Souveränität des Gedankens, verhängnisvoll sich reproduziert.

 

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Darf ich's wagen. – Wenn der Dichter im Schnitzlerschen Reigen dem süßen Mädel, das als das freundliche Gegenteil einer Puritanerin vorgestellt wird, zärtlich sich nähert, sagt sie: »Geh, willst nicht Klavier spielen?« Weder kann sie über den Zweck des Arrangements im Ungewissen sein, noch leistet sie eigentlich Widerstand. Ihre Regung führt tiefer als die konventionellen oder psychologischen Verbote. Sie bekundet archaische Frigidität, die Angst des weiblichen Tiers vor der Begattung, die ihm nichts als Schmerz antut. Lust ist eine späte Errungenschaft, kaum älter als das Bewußtsein. Sieht man, wie Tiere zwangshaft, unter einem Bann, zusammenkommen, so durchschaut man den Satz »Wollust ward dem Wurm gegeben« als ein Stück idealistischer Lüge, zumindest was die Weibchen anlangt, denen die Liebe aus Unfreiheit widerfährt, und die sie nicht anders kennen denn als Objekte der Gewalt. Etwas davon ist den Frauen, zumal denen des kleinen Bürgertums, bis in die spätindustrielle Ära hinein geblieben. Das Gedächtnis an die alte Verletzung lebt noch fort, während der physische Schmerz und die unmittelbare Angst durch Zivilisation behoben sind. Die Gesellschaft wirft die weibliche Hingebung stets wieder auf die Situation des Opfers zurück, aus der sie die Frauen befreite. Kein Mann, der einem armen Mädchen zuredet, mit ihm zu gehen, wird, solange er sich nicht ganz stumpf macht, das leise Moment des Rechts in ihrem Widerstreben verkennen, dem einzigen Prärogativ, welches die patriarchale Gesellschaft der Frau läßt, die, einmal überredet, nach dem kurzen Triumph des Nein sogleich die Zeche zu bezahlen hat. Sie weiß, daß sie als die Gewährende seit Urzeiten zugleich die Betrogene ist. Geizt sie jedoch darum mit sich, so wird sie erst recht betrogen. Das steckt im Rat an die Novizin, den Wedekind einer Bordellwirtin in den Mund legt: »Es gibt eben nur einen Weg in dieser Welt, um glücklich zu sein, das ist, daß man alles tut, um andere so glücklich wie möglich zu machen.« Die eigene Lust hat zur Voraussetzung das schrankenlose sich Wegwerfen, dessen die Frauen um ihrer archaischen Angst willen so wenig mächtig sind wie die Männer in ihrer Aufgeblasenheit. Nicht bloß die objektive Möglichkeit – auch die subjektive Fähigkeit zum Glück gehört erst der Freiheit an.

 

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Stammbaumforschung. – Zwischen Ibsen und dem Struwwelpeter besteht die tiefste Wahlverwandtschaft. Sie ist von solcher Art wie die erstarrte Ähnlichkeit der Blitzlichtaufnahmen aller Angehörigen aus allen Alben des neunzehnten Jahrhunderts. Ist nicht der Zappel-Philipp wahrhaft, wofür die Gespenster sich ausgeben, ein Familiendrama? Beschreibt nicht »und die Mutter blickte stumm / auf dem ganzen Tisch herum« die Miene der Frau Bankdirektor Borkmann? Wovon anders kann die Auszehrung des Suppen-Kaspars herrühren als von den Sünden seiner Väter und dem ererbten Gedächtnis der Schuld? Friederich dem Wüterich wird die bittere, aber heilsame Medizin vom Volksfeind, jenem Doktor Stockmann verordnet, der dafür dem Hund seine Leberwurst gönnt. Das tanzende Paulinchen mit dem Feuerzeug ist eine angemalte Photographie der kleinen Hilde Wangel aus der Zeit, da ihre Stiefmutter, die Frau vom Meere, sie allein zu Haus ließ, und der fliegende Robert hoch überm Kirchturm ihr Baumeister in eigener Person. Und was möchte Hans Guck-in-die-Luft anderes haben als die Sonne? Wer sonst hat ihn ins Wasser gelockt als Klein Eyolfs Rattenmamsell, aus der Sippe des Schneiders mit der Scher'? Der strenge Dichter aber verhält sich wie der große Nikolas, der die Kinderbilder der Moderne in sein großes Tintenfaß tunkt, sie anschwärzt mit ihrer Vorgeschichte, als zappelnde Marionetten wiederum herauszerrt und dergestalt Gerichtstag hält über sich selbst.

 

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Ausgrabung. – Sobald ein Name wie der Ibsens fällt, werden sogleich Stimmen laut, die ihn und seine Gegenstände veraltet und überholt schelten. Das sind die gleichen, die vor sechzig Jahren über das modernistisch Zersetzende und unmoralisch Verstiegene der Nora und der Gespenster sich entrüsteten. Ibsen, der verbissene Bürger, hat seine Verbissenheit auf die Gesellschaft losgelassen, deren eigenem Prinzip er Unerbittlichkeit und Ideale entlehnte. Er hat Deputierte der kompakten Majorität, die den Volksfeind niederbrüllt, auf einem pathetischen, aber wetterfesten Denkmal portraitiert, und sie finden sich immer noch nicht geschmeichelt. Daher gehen sie zur Tagesordnung über. Wo die vernünftigen Leute übers Verhalten der unvernünftigen sich einig sind, darf man stets unerledigt Abgeschobenes, schmerzhafte Narben vermuten. So steht es um die Frauenfrage. In der Tat ist sie durch die Auflösung der »männlich«-liberalen Konkurrenzwirtschaft, durch den Anteil der Frauen am Angestelltentum, in dem sie so selbständig sind wie die unselbständigen Männer, durch die Entzauberung der Familie und die Lockerung der Sexualtabus an der Oberfläche nicht mehr »akut«. Zugleich aber hat der Fortbestand der traditionellen Gesellschaft die Emanzipation der Frau verbogen. Weniges ist so symptomatisch für den Zerfall der Arbeiterbewegung, wie daß sie davon keine Notiz nimmt. In der Zulassung der Frauen zu allen möglichen überwachten Tätigkeiten verbirgt sich die Fortdauer ihrer Entmenschlichung. Sie bleiben im Großbetrieb, was sie in der Familie waren, Objekte. Nicht nur an ihren armseligen Werktag im Beruf und an ihr Leben daheim, das geschlossen-hauswirtschaftliche Arbeitsbedingungen inmitten der industriellen widersinnig festhält, ist zu denken, sondern an sie selber. Willig, ohne Gegenimpuls spiegeln sie die Herrschaft zurück und identifizieren sich mit ihr. Anstatt die Frauenfrage zu lösen, hat die männliche Gesellschaft ihr eigenes Prinzip so ausgedehnt, daß die Opfer die Frage gar nicht mehr zu fragen vermögen. Wofern ihnen nur eine gewisse Fülle von Waren gewährt wird, stimmen sie in ihr Los begeistert ein, überlassen das Denken den Männern, diffamieren jegliche Reflexion als Verstoß gegen das von der Kulturindustrie propagierte weibliche Ideal und lassen überhaupt es sich wohl sein in der Unfreiheit, die sie für die Erfüllung ihres Geschlechts halten. Die Defekte, mit denen sie dafür zu zahlen haben, obenan die neurotische Dummheit, tragen zur Fortdauer des Zustands bei. Schon zu Ibsens Zeit waren die meisten Frauen, die bürgerlich etwas vorstellten, bereit, über die hysterische Schwester herzufallen, die an ihrer Statt den hoffnungslosen Versuch auf sich nahm, aus dem Gefängnis der Gesellschaft auszubrechen, das ihnen allen seine vier Wände so nachdrücklich zukehrt. Die Enkelinnen aber würden über die Hysterikerin nachsichtig lächeln, ohne sich nur betroffen zu fühlen, und sie der Sozialfürsorge zur freundlichen Behandlung überweisen. Die Hysterikerin, die das Wunderbare wollte, ist denn auch von der wütend betriebsamen Närrin abgelöst, die den Triumph des Unheils gar nicht erwarten kann. – Vielleicht ist es aber derart um alles Veralten bestellt. Es erklärt sich nicht aus der bloßen zeitlichen Distanz, sondern aus dem Urteilsspruch der Geschichte. Sein Ausdruck an Dingen ist die Scham, die den Nachgeborenen im Angesicht der früheren Möglichkeit ergreift, der er zum Leben zu helfen versäumte. Was vollbracht war, mag vergessen werden und bewahrt sein in der Gegenwart. Veraltet ist stets nur was mißlang, das gebrochene Versprechen eines Neuen. Nicht umsonst heißen die Frauen Ibsens »modern«. Der Haß gegen die Moderne und der gegens Veraltete sind unmittelbar das Gleiche.

 

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Die Wahrheit über Hedda Gabler. – Der Ästhetizismus des neunzehnten Jahrhunderts kann nicht geistesgeschichtlich aus sich heraus verstanden werden, sondern einzig im Verhältnis zur tragenden Realität, den sozialen Konflikten. Auf dem Grunde der Amoralität liegt das schlechte Gewissen. Die Kritik konfrontierte die bürgerliche Gesellschaft wie ökonomisch so moralisch mit ihren eigenen Normen. Dagegen blieb der herrschenden Schicht, wollte sie nicht einfach der apologetischen Lüge und ihrer Ohnmacht verfallen wie die Hofpoeten und staatserhaltenden Romanciers, nichts anderes übrig, als das Prinzip selber zu verwerfen, an dem die Gesellschaft gemessen wird, also ihre eigene Moral. Die neue Position, welche das bürgerlich radikale Denken unterm Druck des nachstoßenden bezog, erschöpfte sich aber nicht im bloßen Ersatz des ideologischen Scheins durch eine mit der Wut von Selbstzerstörung proklamierte, trotzig aufbegehrende und kapitulationsbereite Wahrheit. Der Aufruhr des Schönen gegen das bürgerlich Gute war Aufruhr gegen die Güte. Güte selber ist die Deformation des Guten. Indem sie das moralische Prinzip vom gesellschaftlichen abtrennt und in die private Gesinnung verlegt, beschränkt sie es im doppelten Sinn. Sie verzichtet auf die Verwirklichung des im moralischen Prinzip mitgesetzten menschenwürdigen Zustands. Jeder ihrer Handlungen ist etwas von tröstender Resignation einbeschrieben: sie zielt auf Milderung ab, nicht auf Heilung, und das Bewußtsein der Unheilbarkeit paktiert am Ende mit dieser. Damit wird Güte beschränkt auch bei sich selber. Ihre Schuld besteht in Vertraulichkeit. Sie spiegelt unmittelbare Beziehungen zwischen den Menschen vor und überspringt die Distanz, in der allein der Einzelne vor dem Angetastetwerden durchs Allgemeine sich zu schützen vermag. Gerade im engsten Kontakt erfährt er die unaufgehobene Differenz am schmerzlichsten. Nur Fremdheit ist das Gegengift gegen Entfremdung. Das ephemere Bild von Harmonie, in dem Güte sich genießt, hebt einzig das Leiden an der Unversöhnlichkeit um so grausamer hervor, das sie töricht verleugnet. Der Verstoß gegen Geschmack und Rücksicht, von dem keine gütige Handlung sich freihält, vollzieht die Nivellierung, der die ohnmächtige Utopie des Schönen sich widersetzt. So ward seit den Anfängen der hochindustriellen Gesellschaft das Bekenntnis zum Bösen nicht nur zum Vorboten der Barbarei, sondern auch zur Maske des Guten. Seine Würde ging ans Böse über, indem es allen Haß und alles Ressentiment der Ordnung auf sich zog, die ihren Angehörigen das Gute einbläute, damit sie ungestraft böse sein konnte. Wenn Hedda Gabler Tante Julle, die es bis ins Innerste wohl meint, tödlich kränkt; wenn sie den abscheulichen Hut, den jene zu Ehren der Generalstochter sich zugelegt hat, absichtlich für den des Dienstmädchens hält, so läßt die Unzufriedene nicht bloß ihren Haß wider die klebrige Ehe sadistisch an der Wehrlosen aus. Sondern sie versündigt sich am Besten, womit sie zu tun hat, weil sie im Besten die Schande des Guten erkennt. Bewußtlos und absurd vertritt sie gegen die alte Frau, die den stümperhaften Neffen anbetet, das Absolute. Hedda ist das Opfer und nicht Julle. Das Schöne, von dessen fixer Idee Hedda beherrscht wird, steht gegen die Moral, schon ehe es diese verhöhnt. Denn es verstockt sich gegen jegliches Allgemeine und setzt die Differenzbestimmung des bloßen Daseins absolut, den Zufall, der das Eine geraten ließ und das Andere nicht. Im Schönen behauptet das undurchsichtig Besondere sich als Norm, als einzig Allgemeines, weil die normale Allgemeinheit allzu durchsichtig geworden ist. So fordert es diese, die Gleichheit alles Unfreien heraus. Aber es wird damit selbst schuldig, indem es mit dem Allgemeinen auch wiederum die Möglichkeit abschneidet, über jenes bloße Dasein hinauszugehen, dessen Undurchsichtigkeit die Unwahrheit des schlechten Allgemeinen bloß spiegelt. So gerät das Schöne ins Unrecht gegen das Recht und hat doch Recht dagegen. Im Schönen bringt die hinfällige Zukunft dem Moloch des Gegenwärtigen ihr Opfer dar: weil in dessen Reich kein Gutes sein kann, macht es sich selber schlecht, um als Unterliegendes den Richter zu überführen. Der Einspruch des Schönen gegen das Gute ist die bürgerlich säkularisierte Gestalt der Verblendung des Heros aus der Tragödie. In der Immanenz der Gesellschaft ist das Bewußtsein ihres negativen Wesens versperrt, und nur die abstrakte Negation steht für die Wahrheit ein. Indem Antimoral das Unmoralische der Moral, Repression, verwirft, macht sie zugleich ihr innerstes Anliegen sich zu eigen: daß mit jeder Beschränkung auch jede Gewalt verschwinde. Darum fallen in der Tat die Motive der unnachgiebigen bürgerlichen Selbstkritik zusammen mit den materialistischen, welche jene zum Bewußtsein ihrer selbst bringen.

 

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Seit ich ihn gesehen. – Der weibliche Charakter und das Ideal der Weiblichkeit, nach dem er modelliert ist, sind Produkte der männlichen Gesellschaft. Das Bild der unentstellten Natur entspringt erst in der Entstellung als ihr Gegensatz. Dort, wo sie human zu sein vorgibt, züchtet die männliche Gesellschaft in den Frauen souverän ihr eigenes Korrektiv und zeigt sich durch die Beschränkung als unerbittlicher Meister. Der weibliche Charakter ist ein Abdruck des Positivs der Herrschaft. Damit aber so schlecht wie diese. Was überhaupt im bürgerlichen Verblendungszusammenhang Natur heißt, ist bloß das Wundmal gesellschaftlicher Verstümmelung. Wenn das psychoanalytische Theorem zutrifft, daß die Frauen ihre physische Beschaffenheit als Folge von Kastration empfinden, so ahnen sie in ihrer Neurose die Wahrheit. Die sich als Wunde fühlt, wenn sie blutet, weiß mehr von sich als die, welche sich als Blume vorkommt, weil das ihrem Mann in den Kram paßt. Nicht darin erst steckt die Lüge, daß Natur dort behauptet wird, wo sie geduldet und eingebaut ist, sondern was in der Zivilisation für Natur einsteht, ist seiner Substanz nach aller Natur am fernsten, das reine sich selber zum Objekt Werden. Jene Art Weiblichkeit, die auf den Instinkt sich beruft, ist stets genau das, wozu eine jegliche Frau mit aller Gewalt – mit männlicher Gewalt – sich zwingen muß: die Weibchen sind die Männchen. Man muß nur einmal als Eifersüchtiger wahrgenommen haben, wie solche weiblichen Frauen über ihre Weiblichkeit verfügen, sie nach Bedarf einsetzen, ihre Augen blitzen machen, ihr Temperament bedienen, um zu wissen, was es mit dem gehüteten, vom Intellekt unversehrten Unbewußten auf sich hat. Seine Unversehrtheit und Reinheit gerade ist die Leistung des Ichs, der Zensur, des Intellekts, und eben darum schickt sie sich so konfliktlos ins Realitätsprinzip der rationalen Ordnung. Ohne alle Ausnahme konformieren die weiblichen Naturen. Daß Nietzsches Insistenz davor Halt machte und das Bild weiblicher Natur ungeprüft und unerfahren von der christlichen Zivilisation übernahm, der er sonst so gründlich mißtraute, hat die Anstrengung seines Gedankens schließlich doch der bürgerlichen Gesellschaft unterworfen. Er verfiel dem Schwindel, »das Weib« zu sagen, wenn er von Frauen spricht. Daher allein der perfide Rat, die Peitsche nicht zu vergessen: das Weib selber ist bereits der Effekt der Peitsche. Befreiung der Natur wäre es, ihre Selbstsetzung abzuschaffen. Die Glorifizierung des weiblichen Charakters schließt die Demütigung aller ein, die ihn tragen.

 

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Ein Wort für die Moral. – Der Amoralismus, mit dem Nietzsche dem alten Unwahren zuleibe rückte, verfällt selber dem Verdikt der Geschichte. Mit der Auflösung der Religion und ihrer handgreiflichen philosophischen Säkularisierungen hatten die beschränkenden Verbote ihr bestätigtes Wesen, ihre Substantialität verloren. Zunächst jedoch war die materielle Produktion noch so unentwickelt, daß mit einigem Grunde sich verkünden ließ, es sei nicht genug für alle da. Wer nicht die politische Ökonomie als solche kritisierte, mußte am beschränkenden Prinzip festhalten, das dann als unrationalisierte Aneignung auf Kosten des Schwächeren ausgesprochen wurde. Die objektiven Voraussetzungen dafür haben sich verwandelt. Nicht erst dem sozialen Nonkonformisten, noch dem beschränkten Bürger muß die Beschränkung als überflüssig erscheinen im Angesicht der unmittelbaren Möglichkeit von Überfluß. Der implizite Sinn der Herrenmoral, wer leben wolle, müsse zupacken, ist mittlerweile zu einer armseligeren Lüge geworden als die Pastorenweisheit im neunzehnten Jahrhundert. Wenn in Deutschland die Spießbürger als blonde Bestien sich bewährt haben, so rührt das keineswegs von nationalen Eigentümlichkeiten her, sondern davon, daß die blonde Bestialität selber, der gesellschaftliche Raub, vor der offenbaren Fülle zur Haltung des Hinterwäldlers, des verblendeten Philisters, eben des »Zu kurz Gekommenen« geworden ist, gegen den die Herrenmoral erfunden war. Stünde Cesare Borgia heute auf, so gliche er David Friedrich Strauß und hieße Adolf Hitler. Amoralität predigen ward zur Sache derselben Darwinisten, die Nietzsche verachtete, und die den barbarischen Kampf ums Dasein krampfhaft als Maxime proklamieren, gerade weil es seiner nicht mehr bedürfte. Die Tugend der Vornehmheit wäre längst nicht mehr, vor den andern das Bessere sich zu nehmen, sondern des Nehmens überdrüssig zu werden und die schenkende Tugend real zu üben, die bei Nietzsche einzig als vergeistigte vorkommt. Die asketischen Ideale schließen heute ein größeres Maß an Widerstand gegen den Wahnsinn der Profitökonomie ein als vor sechzig Jahren das sich Ausleben gegen die liberale Repression. Der Amoralist dürfte endlich sich gestatten, so gütig, zart, unegoistisch und aufgeschlossen zu sein wie Nietzsche damals schon. Zur Bürgschaft seiner unveränderten Resistenz bleibt er damit stets noch so einsam wie in den Tagen, als er der normalen Welt die Maske des Bösen entgegenkehrte, um die Norm das Fürchten vor ihrer eigenen Verkehrtheit zu lehren.

 

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Berufungsinstanz. – Nietzsche hat im Antichrist das stärkste Argument nicht bloß gegen die Theologie, sondern auch gegen die Metaphysik ausgesprochen: daß Hoffnung mit Wahrheit verwechselt werde; daß die Unmöglichkeit, ohne ein Absolutes zu denken, glücklich zu leben oder überhaupt nur zu leben, nicht für die Legitimität jenes Gedankens zeuge. Er widerlegt den christlichen »Beweis der Kraft«, daß der Glaube wahr sei, weil er selig mache. Denn »wäre Seligkeit – technischer geredet, Lust – jemals ein Beweis der Wahrheit? So wenig, daß es beinahe den Gegenbeweis, jedenfalls den höchsten Argwohn gegen ›Wahrheit‹ abgibt, wenn Lustempfindungen über die Frage ›was ist wahr?‹ mitreden. Der Beweis der ›Lust‹ ist ein Beweis für ›Lust‹ – nichts mehr; woher um alles in der Welt stünde es fest, daß gerade wahre Urteile mehr Vergnügen machten als falsche und, gemäß einer prästabilierten Harmonie, angenehme Gefühle mit Notwendigkeit hinter sich dreinzögen?« (Der Antichrist, Aph. 50) Aber Nietzsche selber hat den amor fati gelehrt, »du sollst dein Schicksal lieben«. Das, heißt es im Epilog der Götzendämmerung, sei seine innerste Natur. Und es wäre wohl die Frage zu stellen, ob irgend mehr Grund ist, das zu lieben, was einem widerfährt, das Daseiende zu bejahen, weil es ist, als für wahr zu halten, was man sich erhofft. Führt nicht von der Existenz der stubborn facts zu deren Installierung als höchstem Wert der gleiche Fehlschluß, den er dem Übergang von der Hoffnung zur Wahrheit vorwirft? Wenn er die »Seligkeit aus einer fixen Idee« ins Irrenhaus verweist, so könnte man den Ursprung des amor fati im Gefängnis aufsuchen. Auf die Liebe zu Steinmauern und vergitterten Fenstern verfällt jener, der nichts anderes zum Lieben mehr sieht und hat. Beide Male waltet die gleiche Schmach der Anpassung, die, um nur überhaupt im Grauen der Welt aushalten zu können, dem Wunsch Wirklichkeit zuschreibt und dem Widersinn des Zwangs Sinn. Nicht weniger als im credo quia absurdum kriecht Entsagung im amor fati, der Verherrlichung des Allerabsurdesten, vor der Herrschaft zu Kreuz. Am Ende ist Hoffnung, wie sie der Wirklichkeit sich entringt, indem sie diese negiert, die einzige Gestalt, in der Wahrheit erscheint. Ohne Hoffnung wäre die Idee der Wahrheit kaum nur zu denken, und es ist die kardinale Unwahrheit, das als schlecht erkannte Dasein für die Wahrheit auszugeben, nur weil es einmal erkannt ward. Hier viel eher als im Gegenteil liegt das Verbrechen der Theologie, gegen das Nietzsche den Prozeß anstrengte, ohne je zur letzten Instanz zu gelangen. An einer der mächtigsten Stellen seiner Kritik hat er das Christentum der Mythologie geziehen: »Das Schuldopfer, und zwar in seiner widerlichsten, barbarischsten Form, das Opfer des Unschuldigen für die Sünden der Schuldigen! Welches schauderhafte Heidentum!« (Der Antichrist, Aph. 41) Nichts anderes aber ist die Liebe zum Schicksal als die absolute Sanktionierung der Unendlichkeit solchen Opfers. Der Mythos trennt Nietzsches Kritik an den Mythen von der Wahrheit.

 

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Kürzere Ausführungen. – Liest man von neuem eines der betrachtenden Bücher von Anatole France, wie den Jardin d'Epicure, so kann man bei aller Dankbarkeit für die erbittliche Aufklärung eines Gefühls des Peinlichen nicht sich erwehren, das weder durch jenes Veraltete hinlänglich erklärt wird, das renegatenhafte französische Irrationalisten am eifrigsten hervorheben, noch mit der persönlichen Eitelkeit. Indem diese aber dem Neid zum Vorwand dient, weil notwendig an allem Geist ein eitles Moment erscheint, sobald er sich darstellt, wird der Grund des Peinlichen offenbar. Es haftet am Kontemplativen, dem sich Zeitlassen, der wie immer auch gebrochenen Homiletik, dem nachsichtig erhobenen Zeigefinger. Der kritische Gehalt der Gedanken wird dementiert vom Gestus des sich Verbreitens, der von staatserhaltenden Professoren her vertraut ist, und die Ironie, mit der der Schauspieler Voltaires auf seinen Titelblättern die Zugehörigkeit zur Académie Française eingesteht, schlägt auf den Witzigen zurück. In seinem Vortrag versteckt sich bei aller pointierten Humanität ein Gewaltsames: man kann es sich leisten, so zu reden, weil keiner den Meister unterbricht. Etwas von der Usurpation, die allem Dozieren und schon allem lauten Lesen innewohnt, ist in den luziden Periodenbau gedrungen, der so viel Muße für die ungemütlichsten Dinge reserviert. Untrügliches Zeichen latenter Menschenverachtung beim letzten Advokaten der Menschenwürde ist die Unerschrockenheit, mit der er Platituden ausspricht, als dürfe niemand sie zu bemerken wagen: »L'artiste doit aimer la vie et nous montrer qu'elle est belle. Sans lui, nous en douterions.« Was aber an den archaistisch stilisierten Meditationen von France hervortritt, betrifft insgeheim bereits jede Überlegung, die das Vorrecht in Anspruch nimmt, der Unmittelbarkeit der Zwecke sich zu entziehen. Die Gelassenheit als solche wird zur gleichen Lüge, der die Hast der Unmittelbarkeit ohnehin verfällt. Während der Gedanke, seinem Inhalt nach, der unaufhaltsam ansteigenden Flut des Grauens widerstrebt, vermögen die Nerven, das Tastorgan des historischen Bewußtseins, an der Form desselben Gedankens, ja daran, daß er es sich überhaupt noch gestattet, Gedanke zu sein, die Spur des Einverständnisses mit der Welt zu gewahren, der man schon in dem Augenblick etwas konzediert, in dem man so weit von ihr zurücktritt, um sie zum philosophischen Gegenstand zu machen. In der Souveränität, ohne welche überhaupt nicht gedacht werden kann, wird auf das Privileg gepocht, das es einem erlaubt. Die Aversion dagegen ist nachgerade zum schwersten Hindernis der Theorie geworden: folgt man ihr, so müßte man verstummen, und folgt man ihr nicht, so wird man plump und gemein durchs Vertrauen auf die eigene Kultur. Noch die abscheuliche Aufspaltung der Rede in berufliche Gespräche und strikt konventionelle zeugt von der Ahnung der Unmöglichkeit, Gedachtes ohne Arroganz, ohne Frevel an der Zeit des anderen zu sagen. Es ist das dringendste Anliegen einer Darstellungsweise, die im mindesten standhalten soll, daß sie solche Erfahrungen nicht aus den Augen läßt, sondern sie durch Tempo, Gedrängtheit, Dichte und doch wiederum Unverbindlichkeit selber zum Ausdruck bringt.

 

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Tod der Unsterblichkeit. – Flaubert, von dem ein Ausspruch überliefert ist, er verachte den Ruhm, an den er sein Leben setze, hat es im Bewußtsein solchen Widerspruchs noch so gut gehabt wie der behäbige Bürger, der die Madame Bovary schrieb. Gegenüber der korrupten öffentlichen Meinung, der Presse, auf die er schon wie Kraus reagierte, glaubte er auf die Nachwelt sich verlassen zu können, ein vom Bann der Dummheit befreites Bürgertum, das deren authentischen Kritiker zu Ehren brächte. Aber er hat die Dummheit unterschätzt: die Gesellschaft, die er vertritt, kann sich nicht selbst beim Namen nennen, und mit ihrer Entfaltung zur Totalität hat gleich der Intelligenz auch die Dummheit zur absoluten sich entfaltet. Das zehrt an den Kräftezentren des Intellektuellen. Selbst auf die Nachwelt darf er nicht mehr hoffen, ohne dem Konformismus, wäre es auch bloß Einverständnis mit den großen Geistern, zu verfallen. Sobald er aber solcher Hoffnung entsagt, geht in seine Arbeit ein Element des Verblendeten und Verbohrten ein, bereit schon, in zynische Kapitulation umzuschlagen. Ruhm als Resultat objektiver Prozesse in der Marktgesellschaft, der etwas Zufälliges und oftmals Angedrehtes hatte, aber auch den Abglanz von Gerechtigkeit und freier Wahl, ist liquidiert. Er ist ganz zur Funktion bezahlter Propagandastellen geworden und mißt sich an der Investition, die vom Träger des Namens oder der Interessengruppe, die hinter ihm steht, riskiert wird. Der Claqueur, der noch dem Auge Daumiers wie ein Auswuchs erschien, hat mittlerweile als offizieller Beauftragter des Kultursystems seine Irrespektabilität abgelegt. Schriftsteller, die Karriere machen wollen, reden so unbefangen von ihren Agenten wie die Vorfahren vom Verleger, der auch schon etwas in die Reklame steckte. Man nimmt das Bekanntwerden und damit gewissermaßen auch das Nachleben – denn was hätte in der durchorganisierten Gesellschaft Chance erinnert zu werden, was nicht schon bekannt wäre – in eigene Regie und kauft sich wie ehedem bei der Kirche so nun bei den Lakaien der Trusts die Anwartschaft auf Unsterblichkeit. Aber es ist kein Segen daran. Wie willkürliches Gedächtnis und spurlose Vergessenheit stets zusammengehörten, so führt die geplante Verfügung über Ruhm und Andenken unweigerlich ins Nichts, dessen Vorgeschmack schon am hektischen Wesen aller Zelebrität sich wahrnehmen läßt. Den Berühmten ist nicht wohl zumute. Sie machen sich zu Markenartikeln, sich selber fremd und unverständlich, als lebende Bilder ihrer selbst wie Tote. In der prätentiösen Sorge um ihren Nimbus vergeuden sie die sachliche Energie, die einzig fortzubestehen vermöchte. Die unmenschliche Gleichgültigkeit und Verachtung, die gefallenen Größen der Kulturindustrie sogleich zuteil wird, enthüllt die Wahrheit über ihren Ruhm, ohne daß doch jene, die daran teilzuhaben verschmähen, bessere Hoffnung auf die Nachwelt hegen dürften. So erfährt der Intellektuelle die Hinfälligkeit seines geheimen Motivs und vermag nichts anderes dagegen, als auch diese Einsicht auszusprechen.

 

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Moral und Stil. – Man wird als Schriftsteller die Erfahrung machen, daß, je präziser, gewissenhafter, sachlich angemessener man sich ausdrückt, das literarische Resultat für um so schwerer verständlich gilt, während man, sobald man lax und verantwortungslos formuliert, mit einem gewissen Verständnis belohnt wird. Es hilft nichts, alle Elemente der Fachsprache, alle Anspielungen auf die nicht mehr vorgegebene Bildungssphäre asketisch zu vermeiden. Vielmehr bewirken Strenge und Reinheit des sprachlichen Gefüges, selbst bei äußerster Einfachheit, ein Vakuum. Schlamperei, das mit dem vertrauten Strom der Rede Schwimmen, gilt für ein Zeichen von Zugehörigkeit und Kontakt: man weiß, was man will, weil man weiß, was der andere will. Beim Ausdruck auf die Sache schauen, anstatt auf die Kommunikation, ist verdächtig: das Spezifische, nicht bereits dem Schematismus Abgeborgte erscheint rücksichtslos, ein Symptom der Eigenbrötelei, fast der Verworrenheit. Die zeitgemäße Logik, die auf ihre Klarheit so viel sich einbildet, hat naiv solche Perversion in der Kategorie der Alltagssprache rezipiert. Der vage Ausdruck erlaubt dem, der ihn vernimmt, das ungefähr sich vorzustellen, was ihm genehm ist und was er ohnehin meint. Der strenge erzwingt Eindeutigkeit der Auffassung, die Anstrengung des Begriffs, deren die Menschen bewußt entwöhnt werden, und mutet ihnen vor allem Inhalt Suspension der gängigen Urteile, damit ein sich Absondern zu, dem sie heftig widerstreben. Nur, was sie nicht erst zu verstehen brauchen, gilt ihnen für verständlich; nur das in Wahrheit Entfremdete, das vom Kommerz geprägte Wort berührt sie als vertraut. Weniges trägt so sehr zur Demoralisierung der Intellektuellen bei. Wer ihr entgehen will, muß jeden Rat, man solle auf Mitteilung achten, als Verrat am Mitgeteilten durchschauen.

 

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Kohldampf. – Die Dialekte der Arbeiter gegen die Schriftsprache ausspielen ist reaktionär. Muße, sogar Hochmut und Arroganz hat der Rede der Oberschicht etwas von Unabhängigkeit und Selbstdisziplin verliehen. Dadurch wird sie in Gegensatz zu ihrem eigenen sozialen Bereich gebracht. Sie wendet sich wider die Herren, welche sie zum Befehl mißbrauchen, indem sie ihnen befehlen will, und kündigt ihren Interessen den Dienst. In der Sprache der Unterworfenen aber hat einzig Herrschaft ihren Ausdruck hinterlassen und sie noch der Gerechtigkeit beraubt, die das unverstümmelte, autonome Wort all denen verheißt, die frei genug sind, ohne Rancune es zu sagen. Die proletarische Sprache ist vom Hunger diktiert. Der Arme kaut die Worte, um an ihnen sich sattzuessen. Von ihrem objektiven Geist erwartet er die kräftige Nahrung, welche die Gesellschaft ihm verweigert; er nimmt den Mund voll, der nichts zu beißen hat. So rächt er sich an der Sprache. Er schändet den Sprachleib, den sie ihn nicht lieben lassen, und wiederholt mit ohnmächtiger Stärke die Schande, die ihm selber angetan ward. Selbst das Beste der Dialekte des Berliner Nordens oder der Cockneys, Schlagfertigkeit und Mutterwitz, krankt noch daran, daß es, um verzweifelte Situationen ohne Verzweiflung überstehen zu können, mit dem Feind zugleich auch sich selbst verlacht und so dem Weltlauf rechtgibt. Wenn die Schriftsprache die Entfremdung der Klassen kodifiziert, dann läßt diese nicht durch Regression auf die gesprochene sich widerrufen, sondern nur in der Konsequenz der strengsten sprachlichen Objektivität. Erst das Sprechen, das die Schrift in sich aufhebt, befreit die menschliche Rede von der Lüge, sie sei schon menschlich.

 

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Melange. – Das geläufige Argument der Toleranz, alle Menschen, alle Rassen seien gleich, ist ein Bumerang. Es setzt sich der bequemen Widerlegung durch die Sinne aus, und noch die zwingendsten anthropologischen Beweise dafür, daß die Juden keine Rasse seien, werden im Falle des Pogroms kaum etwas daran ändern, daß die Totalitären ganz gut wissen, wen sie umbringen wollen und wen nicht. Wollte man demgegenüber die Gleichheit alles dessen, was Menschenantlitz trägt, als Ideal fordern, anstatt sie als Tatsache zu unterstellen, so würde das wenig helfen. Die abstrakte Utopie wäre allzu leicht mit den abgefeimtesten Tendenzen der Gesellschaft vereinbar. Daß alle Menschen einander glichen, ist es gerade, was dieser so paßte. Sie betrachtet die tatsächlichen oder eingebildeten Differenzen als Schandmale, die bezeugen, daß man es noch nicht weit genug gebracht hat; daß irgend etwas von der Maschinerie freigelassen, nicht ganz durch die Totalität bestimmt ist. Die Technik der Konzentrationslager läuft darauf hinaus, die Gefangenen wie ihre Wächter zu machen, die Ermordeten zu Mördern. Der Rassenunterschied wird zum absoluten erhoben, damit man ihn absolut abschaffen kann, wäre es selbst, indem nichts Verschiedenes mehr überlebt. Eine emanzipierte Gesellschaft jedoch wäre kein Einheitsstaat, sondern die Verwirklichung des Allgemeinen in der Versöhnung der Differenzen. Politik, der es darum im Ernst noch ginge, sollte deswegen die abstrakte Gleichheit der Menschen nicht einmal als Idee propagieren. Sie sollte statt dessen auf die schlechte Gleichheit heute, die Identität der Film-mit den Waffeninteressenten deuten, den besseren Zustand aber denken als den, in dem man ohne Angst verschieden sein kann. Attestiert man dem Neger, er sei genau wie der Weiße, während er es doch nicht ist, so tut man ihm insgeheim schon wieder Unrecht an. Man demütigt ihn freundschaftlich durch einen Maßstab, hinter dem er unter dem Druck der Systeme notwendig zurückbleiben muß, und dem zu genügen überdies ein fragwürdiges Verdienst wäre. Die Fürsprecher der unitarischen Toleranz sind denn auch stets geneigt, intolerant gegen jede Gruppe sich zu kehren, die sich nicht anpaßt: mit der sturen Begeisterung für die Neger verträgt sich die Entrüstung über jüdische Unmanieren. Der melting pot war eine Einrichtung des losgelassenen Industriekapitalismus. Der Gedanke, in ihn hineinzugeraten, beschwört den Martertod, nicht die Demokratie.

 

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Unmaß für Unmaß. – Was die Deutschen begangen haben, entzieht sich dem Verständnis, zumal dem psychologischen, wie denn in der Tat die Greuel mehr als planvoll-blinde und entfremdete Schreckmaßnahmen verübt zu sein scheinen denn als spontane Befriedigungen. Nach den Berichten der Zeugen ward lustlos gefoltert, lustlos gemordet und darum vielleicht gerade so über alles Maß hinaus. Dennoch sieht das Bewußtsein, das dem Unsagbaren standhalten möchte, immer wieder auf den Versuch zu begreifen sich zurückgeworfen, wenn es nicht subjektiv dem Wahnsinn verfallen will, der objektiv herrscht. Es drängt der Gedanke sich auf, das deutsche Grauen sei etwas wie vorweggenommene Rache. Das Kreditsystem, in dem alles bevorschußt werden kann, selbst die Welteroberung, bestimmt auch die Aktionen, welche ihm und der gesamten Marktwirtschaft ihr Ende bereiten bis zum Selbstmord der Diktatur. In den Konzentrationslagern und Gaskammern wird gleichsam der Untergang von Deutschland diskontiert. Keiner, der die ersten Monate der nationalsozialistischen Herrschaft 1933 in Berlin beobachtete, konnte das Moment tödlicher Traurigkeit, des halbwissend einem Unheilvollen sich Anvertrauens übersehen, das den angedrehten Rausch, die Fackelzüge und Trommeleien begleitete. Wie hoffnungslos klang nicht das deutsche Lieblingslied jener Monate, »Volk ans Gewehr«, in der Passage Unter den Linden. Die von einem Tag zum andern anberaumte Rettung des Vaterlandes trug den Ausdruck der Katastrophe vom ersten Augenblick an, und diese ward in den Konzentrationslagern eingeübt, während der Triumph in den Straßen die Ahnung davon übertäubte. Solche Ahnung braucht gar nicht erst mit dem kollektiven Unbewußten erklärt zu werden, das freilich vernehmlich genug mag mitgesprochen haben. Die deutsche Position in der imperialistischen Konkurrenz war nach dem Maß des verfügbaren Rohmaterials wie des industriellen Potentials verzweifelt im Frieden und Krieg. Das zu erkennen waren alle zu dumm und keiner. Dem Endkampf der Konkurrenz sich ausliefern, hieß in den Abgrund springen, und man hat vorweg die anderen hinabgestoßen, des Glaubens, damit von sich selber es abwenden zu können. Die Chance des nationalsozialistischen Unternehmens, durch eine Terrorspitze und zeitliche Priorität den Nachteil im Gesamtvolumen der Produktion wettzumachen, war winzig. An sie hatten eher die anderen geglaubt als die Deutschen, die sich nicht einmal der Eroberung von Paris freuten. Während sie alles gewannen, wüteten sie schon als die, welche nichts zu verlieren haben. Am Anfang des deutschen Imperialismus steht die Wagnersche Götterdämmerung, die begeisterte Prophetie des eigenen Untergangs, deren Komposition gleichzeitig mit dem siegreichen siebziger Krieg in Angriff genommen wurde. Im selben Geiste hat man zwei Jahre vor dem zweiten Weltkrieg dem deutschen Volk den Untergang seines Zeppelins in Lakehurst gefilmt vorgeführt. Ruhig, unbeirrt zieht das Schiff seine Bahn, um plötzlich senkrecht herabzustürzen. Bleibt kein Ausweg, so wird dem Vernichtungsdrang vollends gleichgültig, worin er nie ganz fest unterschied: ob er gegen andere sich richtet oder gegens eigene Subjekt.

 

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Menschen sehen dich an. – Die Entrüstung über begangene Grausamkeiten wird um so geringer, je unähnlicher die Betroffenen den normalen Lesern sind, je brunetter, »schmutziger«, dagohafter. Das besagt über die Greuel selbst nicht weniger als über die Betrachter. Vielleicht ist der gesellschaftliche Schematismus der Wahrnehmung bei den Antisemiten so geartet, daß sie die Juden überhaupt nicht als Menschen sehen. Die stets wieder begegnende Aussage, Wilde, Schwarze, Japaner glichen Tieren, etwa Affen, enthält bereits den Schlüssel zum Pogrom. Über dessen Möglichkeit wird entschieden in dem Augenblick, in dem das Auge eines tödlich verwundeten Tiers den Menschen trifft. Der Trotz, mit dem er diesen Blick von sich schiebt – »es ist ja bloß ein Tier« –, wiederholt sich unaufhaltsam in den Grausamkeiten an Menschen, in denen die Täter das »Nur ein Tier« immer wieder sich bestätigen müssen, weil sie es schon am Tier nie ganz glauben konnten. In der repressiven Gesellschaft ist der Begriff des Menschen selber die Parodie der Ebenbildlichkeit. Es liegt im Mechanismus der »pathischen Projektion«, daß die Gewalthaber als Menschen nur ihr eigenes Spiegelbild wahrnehmen, anstatt das Menschliche gerade als das Verschiedene zurückzuspiegeln. Der Mord ist dann der Versuch, den Wahnsinn solcher falschen Wahrnehmung durch größeren Wahnsinn immer wieder in Vernunft zu verstellen: was nicht als Mensch gesehen wurde und doch Mensch ist, wird zum Ding gemacht, damit es durch keine Regung den manischen Blick mehr widerlegen kann.

 

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Kleine Leute. – Wer die objektiven historischen Kräfte leugnet, hat es leicht, den Ausgang des Krieges als Argument in Anspruch zu nehmen. Eigentlich hätten die Deutschen gewonnen: daß es ihnen mißlang, daran sei die Dummheit der Führer schuld. Nun haben die entscheidenden »Dummheiten« Hitlers, seine Weigerung, mitten im Kriege, gegen England Krieg zu führen, sein Angriff auf Rußland und Amerika, ihren sozial genauen Sinn, der sich in seiner eigenen Dialektik unausweichlich von jedem vernünftigen Schritt zum nächsten und bis zur Katastrophe entfaltete. Wäre es jedoch selbst Dummheit gewesen, so bliebe sie geschichtlich faßbar; Dummheit ist überhaupt keine Naturqualität, sondern ein gesellschaftlich Produziertes und Verstärktes. Die deutsche herrschende Clique drängte zum Krieg, weil sie von den imperialistischen Machtpositionen ausgeschlossen war. In solchem Ausgeschlossensein aber lag zugleich der Grund eben jener Provinzialität, Täppischkeit und Verblendung, die Hitlers und Ribbentrops Politik konkurrenzunfähig und ihren Krieg zum Hasard machte. Daß sie über die Balance zwischen dem ökonomischen Gesamt- und dem britischen Sonderinteresse bei den Tories und über die Stärke der roten Armee so schlecht informiert waren wie ihre eigenen Massen hinterm Cordon des Dritten Reiches, ist von der historischen Bestimmung des Nationalsozialismus, ja beinahe von dessen Kraft nicht zu trennen. Die Chance der verwegenen Aktion bestand einzig darin, daß sie es nicht besser wußten, und das war zugleich der Grund ihres Mißlingens. Deutschlands industrielle Zurückgebliebenheit hat die Politiker, die den Vorsprung einholen wollten und dazu gerade als Habenichtse qualifiziert waren, auf ihre unmittelbare, enge Erfahrung verwiesen, die der politischen Fassade. Sie sahen nicht mehr vor sich als die Versammlung, die ihnen zujubelte, und den verängstigten Verhandlungspartner: das verstellte ihnen die Einsicht in die objektive Gewalt der größeren Kapitalmasse. Es ist die immanente Rache an Hitler, daß er, der Henker der liberalen Gesellschaft, doch seinem eigenen Bewußtseinsstand nach zu »liberal« war, um zu erkennen, wie unter der Hülle des Liberalismus draußen die unwiderstehliche Herrschaft des industriellen Potentials sich bildete. Er, der wie kein anderer Bürger das Unwahre im Liberalismus durchschaute, durchschaute doch nicht ganz die Macht hinter ihm, eben die gesellschaftliche Tendenz, die in Hitler wirklich bloß ihren Trommler hatte. Sein Bewußtsein ist auf den Standpunkt des unterlegenen und kurzsichtigen Konkurrenten zurückgeschlagen, von dem er ausging, um ihn in abgekürztem Verfahren zu sanieren. Notwendig fiel die Stunde der Deutschen solcher Dummheit zu. Denn nur solche, die den in Weltwirtschaft und Weltkenntnis gleichermaßen Beschränkten glichen, konnten diese für den Krieg einspannen und ihre Sturheit in den Zug des von keiner Reflexion gehemmten Unternehmens. Die Dummheit Hitlers war eine List der Vernunft.

 

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Meinung des Dilettanten. – Dem Dritten Reich ist kein Kunstwerk, kein gedankliches Gebilde gelungen, das auch nur der armseligen liberalistischen Forderung nach »Niveau« hätte Genüge tun können. Der Abbau der Humanität und die Konservierung der Geistesgüter waren so wenig vereinbar wie Luftschutzkeller und Storchnest, und die kämpferisch erneuerte Kultur sah schon am ersten Tag aus wie die Städte an ihrem letzten, ein Schutthaufen. Ihr wenigstens hat die Bevölkerung passive Resistenz entgegengesetzt. Keineswegs aber sind die vermeintlich freigesetzten kulturellen Energien vom technischen, politischen und militärischen Bereich aufgesogen worden. Barbarei ist wirklich das Ganze und triumphiert noch über ihren eigenen Geist. Man kann das an der Strategie wahrnehmen. Die faschistische Ära hat sie nicht zur Blüte gebracht, sondern abgeschafft. Die großen militärischen Konzeptionen waren untrennbar von List, Phantasie: fast von privater Klugheit und Initiative. Sie gehörten einer vom Produktionsprozeß relativ unabhängigen Disziplin an. Es galt, aus spezialistischen Innovationen, wie der schrägen Schlachtordnung oder der Zielfähigkeit der Artillerie die Entscheidung herauszuholen. Etwas von bürgerlich selbständiger Unternehmertugend war in alldem. Hannibal kam von den Händlern, nicht von den Helden, und Napoleon von der demokratischen Revolution. Das Moment bürgerlicher Konkurrenz in der Kriegführung hat mit dem Faschismus sich überschlagen. Er hat die Grundidee der Strategie zum Absoluten erhoben, die Ausnutzung des temporären Mißverhältnisses zwischen der zum Mord organisierten Spitze einer Nation und dem Gesamtpotential der anderen. Indem jedoch die Faschisten, als Konsequenz dieser Idee, den totalen Krieg erfanden und die Differenz von Armee und Industrie beseitigten, haben sie selber die Strategie liquidiert. Sie ist veraltet wie der Klang der Militärkapellen und das Bild der Schlachtschiffe. Hitler suchte Weltherrschaft durch konzentrierten Terror. Die Mittel aber, derer er sich dabei bediente, waren bereits unstrategische, die Häufung übermächtigen Materials an einzelnen Stellen, der grob frontale Durchbruch, das mechanische Einkreisen der hinter den Durchbruchsstellen zurückgebliebenen Gegner. Dies Prinzip, ganz und gar quantitativ, positivistisch, ohne Überraschung, daher überall »öffentlich« und mit Reklame fusioniert, reichte nicht mehr aus. Die an wirtschaftlichen Ressourcen unendlich viel reicheren Alliierten brauchten nur die deutsche Taktik zu übertrumpfen, um Hitler niederzuwerfen. Stumpfheit und Lustlosigkeit des Krieges, der allgemeine Defaitismus, der dem Überdauern des Unheils zugute kommt, waren vom Verfall der Strategie bedingt. Während alle Aktionen mathematisch ausgerechnet werden, nehmen sie zugleich etwas Stupides an. Wie zum Hohn auf den Gedanken, jeder Beliebige müsse den Staat verwalten können, wird mit Hilfe von Radar und künstlichen Häfen der Krieg doch so geführt, wie ein Fähnchen steckender Gymnasiast es sich vorstellt. Spengler erhoffte vom Untergang des Abendlandes das goldene Zeitalter der Ingenieure. Als dessen Perspektive aber wird der Untergang selbst der Technik absehbar.

 

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Pseudomenos. – Die magnetische Gewalt, welche die Ideologien über die Menschen ausüben, während sie ihnen bereits ganz fadenscheinig geworden sind, erklärt sich jenseits der Psychologie aus dem objektiv bestimmten Verfall der logischen Evidenz als solcher. Es ist dahin gekommen, daß Lüge wie Wahrheit klingt, Wahrheit wie Lüge. Jede Aussage, jede Nachricht, jeder Gedanke ist präformiert durch die Zentren der Kulturindustrie. Was nicht die vertraute Spur solcher Präformation trägt, ist vorweg unglaubwürdig, um so mehr, als die Institutionen der öffentlichen Meinung dem, was sie aus sich entlassen, tausend faktische Belege und alle Beweiskraft mitgeben, deren die totale Verfügung habhaft werden kann. Die Wahrheit, die dagegen anmöchte, trägt nicht bloß den Charakter des Unwahrscheinlichen, sondern ist überdies zu arm, um in Konkurrenz mit dem hochkonzentrierten Verbreitungsapparat durchzudringen. Über den gesamten Mechanismus belehrt das deutsche Extrem. Als die Nationalsozialisten zu foltern begannen, terrorisierten sie damit nicht nur die Völker drinnen und draußen, sondern waren zugleich vor der Enthüllung um so sicherer, je wilder das Grauen anstieg. Dessen Unglaubwürdigkeit machte es leicht, nicht zu glauben, was man um des lieben Friedens willen nicht glauben wollte, während man zugleich davor kapitulierte. Die Zitternden reden sich darauf hinaus, es werde doch viel übertrieben: bis in den Krieg hinein waren in der englischen Presse Einzelheiten über die Konzentrationslager unerwünscht. Jedes Greuel in der aufgeklärten Welt wird notwendig zum Greuelmärchen. Denn die Unwahrheit der Wahrheit hat einen Kern, auf den das Unbewußte begierig anspricht. Nicht nur wünscht es die Greuel herbei. Sondern der Faschismus ist in der Tat weniger »ideologisch«, insoweit er das Prinzip der Herrschaft unmittelbar proklamiert, das anderswo sich versteckt. Was immer die Demokratien an Humanem ihm entgegenzustellen haben, kann er spielend widerlegen mit dem Hinweis darauf, daß es ja doch nicht die ganze Humanität, sondern bloß ihr Trugbild sei, dessen er mannhaft sich entäußerte. So desperat aber sind die Menschen in der Kultur geworden, daß sie auf Abruf das hinfällige Bessere fortwerfen, wenn nur die Welt ihrer Bosheit den Gefallen tut zu bekennen, wie böse sie ist. Die politischen Gegenkräfte jedoch sind gezwungen, selbst immer wieder der Lüge sich zu bedienen, wenn nicht gerade sie als destruktiv völlig ausgelöscht werden wollen. Je tiefer ihre Differenz vom Bestehenden, das ihnen doch Zuflucht gewährt vor der ärgeren Zukunft, um so leichter fällt es den Faschisten, sie auf Unwahrheiten festzunageln. Nur die absolute Lüge hat noch die Freiheit, irgend die Wahrheit zu sagen. In der Vertauschung von Wahrheit und Lüge, die es fast ausschließt, die Differenz zu bewahren, und die das Festhalten der einfachsten Erkenntnis zur Sisyphusarbeit macht, kündet der Sieg des Prinzips in der logischen Organisation sich an, das militärisch am Boden liegt. Lügen haben lange Beine: sie sind der Zeit voraus. Die Umsetzung aller Fragen der Wahrheit in solche der Macht, der Wahrheit selber nicht sich entziehen kann, wenn sie nicht von der Macht vernichtet werden will, unterdrückt sie nicht bloß, wie in früheren Despotien, sondern hat bis ins Innerste die Disjunktion von Wahr und Falsch ergriffen, an deren Abschaffung die Söldlinge der Logik ohnehin emsig mitwirken. So überlebt Hitler, von dem keiner sagen kann, ob er starb oder entkam.

 

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Zweite Lese. – Begabung ist vielleicht überhaupt nichts anderes als glücklich sublimierte Wut, die Fähigkeit, jene Energien, die einmal zur Zerstörung widerspenstiger Objekte ins Ungemessene sich steigerten, in die Konzentration geduldiger Betrachtung umzusetzen und so wenig abzulassen vom Geheimnis der Objekte, wie man einmal zufrieden war, ehe man nicht dem mißhandelten Spielzeug die quäkende Stimme entriß. Wer hätte nicht auf dem Gesicht des in Gedanken Versunkenen, von den praktischen Gegenständen Abgelösten Züge derselben Aggression bemerkt, die sonst praktisch sich betätigt? Erfährt nicht der Produzierende sich selber mitten in seinem Überschwang als vertiert, als »wütend Arbeitenden«? Ja bedarf es nicht gerade solcher Wut, um vom Befangensein sich zu befreien und von der Wut des Befangenseins? Wäre nicht gerade das Versöhnende dem Zerstörenden erst abgetrotzt?

 

Heute löken die meisten mit dem Stachel.

 

Wie manchen Dingen Gesten, und damit Weisen des Verhaltens einbeschrieben sind. Pantoffel – »Schlappen«, slippers – sind darauf berechnet, daß man ohne Hilfe der Hand mit den Füßen hineinschlüpft. Sie sind Denkmale des Hasses gegen das sich Bücken.

 

Daß in der repressiven Gesellschaft Freiheit und Unverschämtheit aufs gleiche hinauslaufen, bezeugen die sorgenlosen Gesten der Halbwüchsigen, die »Was kost' die Welt« fragen, solange sie ihre Arbeit noch nicht verkaufen. Zum Zeichen dessen, daß sie auf niemand angewiesen sind und darum keinen Respekt haben müssen, stecken sie die Hände in die Hosentaschen. Die Ellenbogen aber, die sie dabei nach außen kehren, sind schon bereit, jeden zu stoßen, der ihnen in den Weg kommt.

 

Ein Deutscher ist ein Mensch, der keine Lüge aussprechen kann, ohne sie selbst zu glauben.

 

Die Phrase: »Kommt überhaupt gar nicht in Frage«, die im Berlin der zwanziger Jahre aufgekommen sein dürfte, ist potentiell schon die Machtergreifung. Denn sie prätendiert, daß der private Wille, gestützt manchmal auf wirkliche Verfügungsrechte, meist auf bloße Frechheit, unmittelbar die objektive Notwendigkeit darstelle, die keinen Einspruch zuläßt. Im Grunde ist es die Weigerung des bankrotten Verhandlungspartners, dem andern einen Pfennig zu zahlen, im stolzen Bewußtsein, daß es bei ihm ja doch nichts mehr zu holen gibt. Der Trick des betrügerischen Advokaten tut sich großmäulig als heldische Unbeugsamkeit auf: sprachliche Formel der Usurpation. Solcher Bluff definiert gleichermaßen den Erfolg und den Sturz des Nationalsozialismus.

 

Daß im Angesicht der Existenz von Brotfabriken die Bitte um unser tägliches Brot zu einer bloßen Metapher und zugleich zur hellen Verzweiflung geworden ist, besagt mehr gegen die Möglichkeit des Christentums als alle aufgeklärte Kritik am Leben Jesus.

 

Der Antisemitismus ist das Gerücht über die Juden.

 

Fremdwörter sind die Juden der Sprache.

 

An einem Abend der fassungslosen Traurigkeit ertappte ich mich über dem Gebrauch des lächerlich falschen Konjunktivs eines selber schon nicht recht hochdeutschen Verbs, der dem Dialekt meiner Vaterstadt angehört. Ich hatte die zutrauliche Mißform seit den ersten Schuljahren nicht mehr vernommen, geschweige denn verwandt. Schwermut, die unwiderstehlich in den Abgrund der Kindheit hinunterzog, weckte auf dem Grunde den alten, ohnmächtig verlangenden Laut. Wie ein Echo warf mir die Sprache die Beschämung zurück, die das Unglück mir antat, indem es vergaß, was ich bin.

 

Der zweite Teil des Faust, als dunkel und allegorisch verschrien, steckt so voll von geläufigen Zitaten wie nur Wilhelm Tell. Durchsichtigkeit, Einfachheit eines Textes steht in keinem geraden Verhältnis dazu, ob er in die Überlieferung eingeht. Das Verschlossene, stets erneute Interpretation Begehrende mag eben die Autorität abgeben, die sei's einen Satz, sei's ein Werk den Nachlebenden zueignet.

 

Jedes Kunstwerk ist eine abgedungene Untat.

 

Die Tragödien, welche durch »Stil« die Entfernung vom bloß Daseienden am strengsten festhalten, sind zugleich diejenigen, die mit kollektiven Umzügen, Masken und Opfern das Gedächtnis an die Dämonologie der Wilden am treuesten bewahren.

 

Die Armseligkeit des Sonnenaufgangs der Alpensymphonie von Richard Strauss wird nicht bloß von den banalen Sequenzen, sondern vom Glanz selber bewirkt. Denn kein Sonnenaufgang, auch nicht der im Hochgebirge, ist pompös, triumphal, herrschaftlich, sondern jeder geschieht schwach und zaghaft wie die Hoffnung, es könne einmal noch gut werden, und gerade in solcher Unscheinbarkeit des mächtigsten Lichtes liegt das rührend Überwältigende.

 

Der Stimme einer jeden Frau läßt am Telephon sich anhören, ob die Sprechende hübsch ist. Der Klang spiegelt als Sicherheit, Selbstverständlichkeit, sich selber Lauschen alle Blicke von Bewunderung und Begehren zurück, die ihr jemals galten. Sie drückt den lateinischen Doppelsinn von Grazie, Dank und Gnade, aus. Das Ohr nimmt wahr, was des Auges ist, weil beide leben von der Erfahrung des einen Schönen. Es wird wiedererkannt schon beim erstenmal: vertrautes Zitat des nie Gesehenen.

 

Wacht man inmitten eines Traumes auf, und wäre es der ärgste, so ist man enttäuscht und kommt sich vor, als wäre man um das Beste betrogen worden. Glückliche Träume aber, erfüllte, gibt es eigentlich so wenig, wie, nach Schuberts Wort, fröhliche Musik. Noch dem schönsten bleibt wie ein Makel seine Differenz von der Wirklichkeit gesellt, das Bewußtsein vom bloßen Schein dessen, was er gewährt. Daher sind gerade die schönsten Träume wie beschädigt. Diese Erfahrung ist unübertrefflich in der Beschreibung des Naturtheaters von Oklahoma in Kafkas Amerika festgehalten.

 

Mit dem Glück ist es nicht anders als mit der Wahrheit: Man hat es nicht, sondern ist darin. Ja, Glück ist nichts anderes als das Umfangensein, Nachbild der Geborgenheit in der Mutter. Darum aber kann kein Glücklicher je wissen, daß er es ist. Um das Glück zu sehen, müßte er aus ihm heraustreten: er wäre wie ein Geborener. Wer sagt, er sei glücklich, lügt, indem er es beschwört, und sündigt so an dem Glück. Treue hält ihm bloß, der spricht: ich war glücklich. Das einzige Verhältnis des Bewußtseins zum Glück ist der Dank: das macht dessen unvergleichliche Würde aus.

 

Dem Kinde, das aus den Ferien heimkommt, liegt die Wohnung neu, frisch, festlich da. Aber nichts hat darin sich geändert, seit es sie verließ. Nur daß die Pflicht vergessen ward, an die jedes Möbel, jedes Fenster, jede Lampe sonst mahnt, stellt ihren sabbatischen Frieden wieder her, und für Minuten ist man im Einmaleins von Zimmern, Kammern und Korridor zu Hause, wie es ein ganzes Leben lang nur die Lüge behauptet. Nicht anders wird einmal die Welt, unverändert fast, im stetigen Licht ihres Feiertags erscheinen, wenn sie nicht mehr unterm Gesetz der Arbeit steht, und dem Heimkehrenden die Pflicht leicht ist wie das Spiel in den Ferien war.

 

Seitdem man Blumen nicht mehr brechen kann zum Schmuck der Geliebten, als Opfer, das versöhnt wird, indem der Überschwang für die eine das Unrecht an allen frei auf sich nimmt, ist aus dem Blumenpflücken etwas Böses geworden. Es taugt allein noch dazu, das Vergängliche zu verewigen, indem man es dingfest macht. Nichts aber ist verderblicher: das duftlose Bukett, das veranstaltete Eingedenken tötet, was bleibt, gerade indem es konserviert wird. Zu leben vermag der flüchtige Augenblick im murmelnden Vergessen, darauf einmal der Strahl fällt, der es aufblitzen macht; den Augenblick besitzen wollen hat ihn schon verloren. Der üppige Strauß, den das Kind aufs Geheiß der Mutter nach Hause schleppt, könnte hinterm Spiegel stecken wie der künstliche vor sechzig Jahren, und am Ende wird daraus die gierig geknipste Momentaufnahme von der Reise, worin jene sich wie Abfall in die Landschaft streuen, die nichts von ihr sahen, und als Erinnerung mitraffen, was erinnerungslos ins Nichts fiel. Wer aber, hingerissen, Blumen sendet, wird unwillkürlich nach denen greifen, die sterblich erscheinen.

 

Unser Leben haben wir der Differenz zwischen dem ökonomischen Gerüst, dem späten Industrialismus, und der politischen Fassade zu verdanken. Der theoretischen Kritik ist der Unterschied geringfügig: allerorten läßt sich der Scheincharakter etwa der angeblichen öffentlichen Meinung, der Primat der Ökonomie in den eigentlichen Entscheidungen dartun. Für ungezählte Einzelne aber ist die dünne und ephemere Hülle der Grund ihrer ganzen Existenz. Gerade die, von deren Denken und Handeln die Änderung, das einzig Wesentliche, abhängt, schulden ihr Dasein dem Unwesentlichen, dem Schein, ja dem, was nach dem Maß der großen historischen Entwicklungsgesetze als bloßer Zufall zutage kommen mag. Wird aber dadurch nicht die gesamte Konstruktion von Wesen und Erscheinung berührt? Gemessen am Begriff ist das Individuelle in der Tat ganz so nichtig geworden, wie die Hegelsche Philosophie es vorwegnahm; sub specie individuationis aber ist die absolute Kontingenz, das geduldete, gleichsam abnorme Weiterleben selber das Essentielle. Die Welt ist das System des Grauens, aber darum tut ihr noch zuviel Ehre an, wer sie ganz als System denkt, denn ihr einigendes Prinzip ist die Entzweiung, und sie versöhnt, indem sie die Unversöhnlichkeit von Allgemeinem und Besonderem rein durchsetzt. Ihr Wesen ist das Unwesen; ihr Schein aber, die Lüge, kraft deren sie fortbesteht, der Platzhalter der Wahrheit.

 

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Abweichung. – Für den Verfall der Arbeiterbewegung spricht der offizielle Optimismus ihrer Anhänger. Er scheint mit der eisernen Konsolidierung der kapitalistischen Welt anzuwachsen. Die Inauguratoren haben niemals das Gelingen für garantiert gehalten und darum den Arbeiterorganisationen ihr Leben lang Unannehmlichkeiten gesagt. Heute, da die Position des Gegners und seine Verfügung übers Bewußtsein der Massen unendlich verstärkt sind, gilt der Versuch, durch Kündigung des Einverständnisses dies Bewußtsein jäh zu verändern, für reaktionär. Jeder macht sich verdächtig, der mit der Kritik am Kapitalismus die am Proletariat verbindet, das mehr und mehr die kapitalistischen Entwicklungstendenzen selber bloß reflektiert. Über die Klassengrenzen hinweg ist das negative Element des Gedankens verpönt. Die Weisheit des Kaisers Wilhelm, »Schwarzseher dulde ich nicht«, ist in die Reihen derer eingedrungen, die er zerschmettern wollte. Wer etwa auf das Ausbleiben eines jeglichen spontanen Widerstands der deutschen Arbeiter hinwies, dem ward entgegengehalten, alles sei derart im Fluß, daß kein Urteil möglich sei; wer nicht an Ort und Stelle, unter den armen deutschen Opfern des Luftkriegs sich befinde, der doch diesen ganz gut gefiel, solange es gegen die andern ging, habe überhaupt den Mund zu halten, und außerdem stünden Agrarreformen in Rumänien und Jugoslawien unmittelbar bevor. Je weiter jedoch die rationale Erwartung entschwindet, daß das Verhängnis der Gesellschaft wirklich gewendet werde, um so ehrfürchtiger beten sie dafür die alten Namen: Masse, Solidarität, Partei, Klassenkampf her. Während kein Gedanke aus der Kritik der politischen Ökonomie bei den Anhängern der linken Plattform mehr feststeht; während ihre Zeitungen ahnungslos täglich Thesen ausposaunen, die allen Revisionismus übertrumpfen, aber gar nichts bedeuten und morgen auf Abruf durch die umgekehrten ersetzt werden können, zeigen die Ohren der Linientreuen musikalische Schärfe, sobald es sich um die leiseste Respektlosigkeit gegen die der Theorie entäußerten Parolen handelt. Zum Hurra-Optimismus schickt sich der internationale Patriotismus. Der Loyale muß zu einem Volk sich bekennen, gleichgültig welchem. Im dogmatischen Begriff des Volkes aber, der Anerkennung des vorgeblichen Schicksalszusammenhangs zwischen Menschen als der Instanz fürs Handeln, ist die Idee einer vom Naturzwang emanzipierten Gesellschaft implizit verneint.

Selbst der Hurra-Optimismus ist die Perversion eines Motivs, das einmal andere Tage sah: dessen, daß nicht gewartet werden könne. Im Vertrauen auf den Stand der Technik wurde die Veränderung als unmittelbar bevorstehend, als nächste Möglichkeit gedacht. Konzeptionen, welche sich an lange Zeiträume, Kautelen, umständliche bevölkerungspädagogische Maßnahmen banden, waren verdächtig, das Ziel preiszugeben, zu dem sie sich bekannten. Damals hatte im Optimismus, der der Todesverachtung gleichkam, der autonome Wille sich ausgedrückt. Übriggeblieben ist nur die Hülle davon, der Glaube an Macht und Größe der Organisation an sich, ohne Bereitschaft zum eigenen Tun, ja durchtränkt mit der destruktiven Überzeugung, Spontaneität sei zwar nicht mehr möglich, aber am Ende gewinne doch die rote Armee. Die beharrliche Kontrolle darüber, daß jeder zugibt, es werde schon gut werden, verdächtigt den Unnachgiebigen als Defaitisten und Abtrünnigen. Im Märchen waren die Unken, die aus der Tiefe kamen, Boten des großen Glücks. Heute, da die Preisgabe der Utopie deren Verwirklichung so ähnlich sieht wie der Antichrist dem Parakleten, ist Unke zum Schimpfwort unter denen geworden, die selber drunten sind. Der linke Optimismus wiederholt den tückischen bürgerlichen Aberglauben, man solle den Teufel nicht an die Wand malen, sondern sich ans Positive halten. »Dem Herrn gefällt die Welt nicht? Dann muß er sich eine bessere suchen« – das ist die Umgangssprache des sozialistischen Realismus.

 

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Mammut. – Vor einigen Jahren ging durch die amerikanischen Zeitungen die Meldung vom Fund eines wohlerhaltenen Dinosaurus im Staate Utah. Betont war, das Exemplar habe seinesgleichen überlebt und sei um Millionen Jahre jünger als die bisher bekannten. Solche Nachrichten, ebenso wie die abstoßend humoristische Mode des Loch-Ness-Ungeheuers und wie der King-Kong-Film, sind Kollektivprojektionen des monströsen totalen Staates. Man bereitet auf seine Schrecken sich vor durch die Gewöhnung an Gigantenbilder. In der absurden Neigung, diese zu akzeptieren, versucht die in Ohnmacht liegende Menschheit verzweifelt, das jeglicher Erfahrung Spottende doch der Erfahrung zuzueignen. Aber die Vorstellung von lebenden oder erst wenige Jahrmillionen ausgestorbenen Urtieren erschöpft sich nicht darin. Die Hoffnung, welche die Gegenwart des Ältesten begehrt, geht darauf, es möchte die animalische Schöpfung das Unrecht überleben, das ihr vom Menschen angetan ward, wenn nicht ihn selber, und eine bessere Gattung hervorbringen, der es endlich gelingt. Der gleichen Hoffnung entstammen schon die zoologischen Gärten. Sie sind nach dem Muster der Arche Noah angelegt, denn seit sie existieren, wartet die Bürgerklasse auf die Sintflut. Der Nutzen der Tiergärten zur Unterhaltung und Belehrung scheint ein dünner Vorwand. Sie sind Allegorien dessen, daß ein Exemplar oder ein Paar dem Verhängnis trotze, das die Gattung als Gattung ereilt. Daher wirken die allzu reich besetzten zoologischen Gärten großer europäischer Städte als Verfallsformen: mehr als zwei Elefanten, zwei Giraffen, ein Nilpferd sind von Übel. Kein Segen auch ist an den Hagenbeckschen Anlagen mit Gräben und ohne Gitter, welche die Arche verraten, indem sie die Rettung vortäuschen, die erst der Ararat verheißt. Sie verneinen die Freiheit der Kreatur um so vollkommener, je unsichtbarer sie die Schranken halten, an deren Anblick die Sehnsucht ins Weite sich entzünden könnte. Zu den anständigen Zoos verhalten sie sich wie die botanischen zu den Palmengärten. Je reiner Zivilisation die Natur erhält und transplantiert, um so unerbittlicher wird diese beherrscht. Man kann es sich gestatten, immer größere Natureinheiten zu umgreifen und innerhalb solchen Griffs scheinbar intakt zu lassen, während ehedem Auswahl und Bändigung einzelner Stücke noch von der Not zeugten, mit Natur fertig zu werden. Der Tiger, der endlos in seinem Käfig auf und ab schreitet, spiegelt negativ durch sein Irresein etwas von Humanität zurück, nicht aber der hinter dem unüberspringbaren Graben sich tummelnde. Die altertümliche Schönheit von Brehms Tierleben rührt daher, daß es alle Tiere so beschreibt, wie sie durch die Gitter der zoologischen Gärten sich darstellen, auch und gerade wenn phantasievolle Forscher mit Berichten über das Leben in der Wildnis zitiert werden. Daß aber zugleich das Tier im Käfig wirklich mehr leidet als in der Freianlage, daß also Hagenbeck tatsächlich einen Fortschritt der Humanität darstellt, besagt etwas über die Unausweichlichkeit des Gefängnisses. Sie ist eine Konsequenz der Geschichte. Die zoologischen Gärten in ihrer authentischen Gestalt sind Produkte des Kolonialimperialismus des neunzehnten Jahrhunderts. Sie blühten auf seit der Erschließung wilder Gegenden von Afrika und Innerasien, die in den Tiergestalten symbolische Tribute entrichteten. Der Wert der Tribute maß sich am Exotischen, schwer Erreichbaren. Die Entwicklung der Technik hat damit aufgeräumt und die Exotik abgeschafft. Der auf der Farm gezüchtete Löwe ist so gebändigt wie das längst der Geburtenkontrolle unterworfene Pferd. Aber das Millenium ist nicht hereingebrochen. Nur in der Irrationalität der Kultur selber, dem Gewinkel und Gemäuer, dem auch die Wälle, Türme und Bastionen der in die Städte versprengten zoologischen Gärten zuzählen, vermag Natur sich zu erhalten. Die Rationalisierung der Kultur, welche der Natur die Fenster aufmacht, saugt sie dadurch vollends auf und beseitigt mit der Differenz auch das Prinzip von Kultur, die Möglichkeit zur Versöhnung.

 

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Kalte Herberge. – Ahnungsvoll hat Schuberts Desillusionsromantik in dem Zyklus, in dessen Mittelpunkt die Worte »Ich bin zu Ende mit allen Träumen« stehen, den Namen des Wirtshauses einzig noch dem Friedhof zubestimmt. Die Fata Morgana des Schlaraffenlandes ist von der Totenstarre befallen. Gäste und Wirt sind verhext. Jene sind in Eile. Am liebsten möchten sie den Hut aufbehalten. Auf unbequemen Sitzen werden sie durch hingeschobene Schecks und den moralischen Druck wartender Hintermänner dazu verhalten, den Ort, der zum Hohn auch noch Café heißt, so schnell wie möglich zu verlassen. Der Wirt aber samt all seinen Mitarbeitern ist gar nicht er selber, sondern ein Angestellter. Wahrscheinlich datiert der Verfall des Hotelwesens zurück bis zur Auflösung der antiken Einheit von Herberge und Bordell, deren Erinnerung sehnsüchtig fortlebt in jedem Blick auf die zur Schau gestellte Kellnerin und die verräterischen Gesten der Zimmermädchen. Seit aber aus dem Gastgewerbe, dem ehrwürdigsten Zirkulationsberuf, die letzte Vieldeutigkeit vertrieben ward, wie sie dem Wort Verkehr noch anhaftet, ist es ganz schlimm geworden. Zug um Zug, und stets mit unwiderleglichen Gründen, vernichten die Mittel den Zweck. Die Arbeitsteilung, das System automatisierter Verrichtungen, bewirkt, daß keinem am Behagen des Kunden etwas gelegen ist. Keiner vermag seinem Gesicht abzulesen, wonach etwa sein Sinn stünde, denn der Kellner kennt die Speisen nicht mehr, und schlüge er selbst etwas vor, so müßte er sich auf Vorwürfe wegen Kompetenzüberschreitung gefaßt machen. Keiner beeilt sich, den lang wartenden Gast zu bedienen, wenn der für ihn Zuständige beschäftigt ist: die Sorge um die Institution, die im Gefängnis sich vollendet, geht wie in der Klinik der ums Subjekt vor, das als Objekt verwaltet wird. Daß das »Restaurant« durch feindliche Abgründe vom Hotel, der leeren Hülse der Zimmer, geschieden ist, versteht sich von selbst, ebenso die Zeitbeschränkungen beim Essen und im unleidlichen »room service«, vor dem man in den Drugstore flüchtet, den offenbaren Laden, hinter dessen ungastlicher Theke ein Jongleur mit Spiegeleiern, knusprigem Speck und Eiskegeln als letzter Gastfreund sich bewährt. Im Hotel aber wird vom Portier selbst jede unvorgesehene Frage mit dem mißmutigen Hinweis auf andere, meist geschlossene Schalter abgefertigt. Der Einwand, bei all dem handle es sich um eine raunzende laudatio temporis acti, schlägt nicht durch. Wer würde nicht den Prager Blauen Stern oder den Österreichischen Hof in Salzburg vorziehen, selbst wenn er ins Badezimmer über den Flur gehen müßte und wenn ihn nicht länger die unfehlbare Zentralheizung in aller Frühe weckte? Je näher man der Sphäre des unmittelbaren, leiblichen Daseins rückt, um so fragwürdiger wird der Fortschritt, Pyrrhussieg der fetischisierten Produktion. Manchmal graut solchem Fortschritt vor sich selber, und er sucht die kalkulatorisch getrennten Arbeitsfunktionen, wenngleich bloß symbolisch, wieder zusammenzufügen. Dabei entstehen Figuren wie die hostess, eine synthetische Frau Wirtin. So wie sie in Wirklichkeit für gar nichts sorgt, durch keine reale Verfügung die abgespaltenen und erkalteten Verrichtungen zusammenbringt, sondern sich auf die nichtige Gebärde des Willkommens und allenfalls die Kontrolle der Angestellten beschränkt, so sieht sie auch aus, verdrossen hübsch, eine schlanke aufrechte, angestrengt jugendliche und fanierte Frau. Ihr wahrer Zweck ist, darüber zu wachen, daß der eintretende Gast sich nicht einmal mehr den Tisch selber aussucht, an dem der Betrieb über ihn ergeht. Ihre Anmut ist das Reversbild der Würde des Hinauswerfers.

 

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Galadiner. – Wie Fortschritt und Regression heute sich verschränken, ist am Begriff der technischen Möglichkeiten zu lernen. Die mechanischen Reproduktionsverfahren haben sich unabhängig von dem zu Reproduzierenden entfaltet und verselbständigt. Sie gelten für fortschrittlich, und was an ihnen nicht teilhat für reaktionär und krähwinklerisch. Solcher Glaube wird um so gründlicher gefördert, als die Superapparaturen, sobald sie irgend ungenützt bleiben, in Fehlinvestitionen sich zu verwandeln drohen. Da aber ihre Entwicklung wesentlich das betrifft, was unterm Liberalismus Aufmachung hieß, und zugleich durch ihr Eigengewicht die Sache selber erdrückt, der ohnehin die Apparatur äußerlich bleibt, so hat die Anpassung der Bedürfnisse an diese den Tod des sachlichen Anspruchs zur Folge. Der faszinierte Eifer, die jeweils neuesten Verfahren zu konsumieren, macht nicht nur gegen das Übermittelte gleichgültig, sondern kommt dem stationären Schund und der kalkulierten Idiotie entgegen. Sie bestätigt den alten Kitsch in immer neuen Paraphrasen als haute nouveauté. Auf den technischen Fortschritt antwortet der trotzige und bornierte Wunsch, nur ja keinen Ladenhüter zu kaufen, hinter dem losgelassenen Produktionsprozeß nicht zurückzubleiben, ganz gleichgültig, was der Sinn des Produzierten ist. Mitläufertum, das sich Drängeln, Schlange Stehen substituiert allenthalben das einigermaßen rationale Bedürfnis. Kaum geringer als der Haß gegen eine radikale, allzu moderne Komposition ist der gegen einen schon drei Monate alten Film, dem man den jüngsten, obwohl er von jenem in nichts sich unterscheidet, um jeden Preis vorzieht. Wie die Kunden der Massengesellschaft sogleich dabei sein wollen, können sie auch nichts auslassen. Wenn der Kenner des neunzehnten Jahrhunderts sich nur einen Akt der Oper ansah, mit dem barbarischen Seitenaspekt, daß er sein Diner von keinem Spektakel sich mochte verkürzen lassen, so kann mittlerweile die Barbarei, der die Auswegsmöglichkeit zum Diner abgeschnitten ist, an ihrer Kultur sich gar nicht sattfressen. Jedes Programm muß bis zu Ende abgesessen, jeder best seller gelesen, jeder Film während seiner Blütetage im Hauptpalast beguckt werden. Die Fülle des wahllos Konsumierten wird unheilvoll. Sie macht es unmöglich, sich zurechtzufinden, und wie man im monströsen Warenhaus nach einem Führer sucht, wartet die zwischen Angeboten eingekeilte Bevölkerung auf den ihren.

 

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Auktion. – Die entfesselte Technik eliminiert den Luxus, aber nicht, indem sie das Privileg zum Menschenrecht erklärt, sondern indem sie bei allgemeiner Hebung des Standards die Möglichkeit der Erfüllung abschneidet. Der Schnellzug, der in drei Nächten und zwei Tagen den Kontinent durchrast, ist ein Mirakel, aber die Fahrt in ihm hat nichts vom verblichenen Glanz des train bleu. Was die Wollust des Reisens ausmachte, vom Abschiedwinken durchs offene Fenster angefangen, die Sorge freundlicher Trinkgeldempfänger, das Zeremonial des Essens, das unablässige Gefühl der Vergünstigung, die keinem etwas entzieht, ist verschwunden samt den eleganten Leuten, die vor der Abfahrt auf den Perrons zu promenieren pflegten, und die man nachgerade selbst in den Hallen der anspruchsvollsten Hotels vergebens sucht. Daß in der Eisenbahn die Treppchen eingezogen werden, bedeutet dem Reisenden noch im teuersten Expreß, daß er den bündigen Anordnungen der Kompanie wie ein Gefangener zu gehorchen hat. Sie gibt ihm zwar den genau kalkulierten Gegenwert seines Geldes, aber nichts, was nicht als durchschnittlicher Anspruch ermittelt wäre. Wer käme auf den Einfall, im Bewußtsein solcher Bedingungen mit seiner Geliebten so zu reisen wie einst von Paris nach Nizza? Aber man wird den Verdacht nicht los, daß auch dem abweichenden Luxus, wie er als solcher geräuschvoll sich annonciert, ein Element des Willkürlichen, künstlich Hochgehaltenen mehr stets sich beimengt. Er soll eher, im Sinne von Veblens Theorie, den Zahlungsfähigen erlauben, sich und anderen ihren Status zu beweisen, als ihren ohnehin immer undifferenzierteren Bedürfnissen entgegenkommen. Während sicherlich der Cadillac um ebensoviel vorm Chevrolet voraus hat, wie er mehr kostet, geht doch diese Superiorität, anders als die des alten Rolls Royce, selber aus einem Gesamtplan hervor, der schlau dort bessere und hier schlechtere Zylinder, Schräubchen, Zutaten anbringt, ohne daß am Grundschema des Massenprodukts etwas sich änderte: es bedürfte nur kleiner Verschiebungen in der Produktion, um den Chevrolet in den Cadillac zu verwandeln. So wird der Luxus ausgehöhlt. Denn inmitten der allgemeinen Fungibilität haftet Glück ausnahmslos am Nichtfungibeln. Es ist durch keine Anstrengung der Humanität, durch kein formales Raisonnement davon zu trennen, daß das märchenschöne Kleid von der Einen, nicht von zwanzigtausend getragen wird. In den Fetischcharakter flüchtet sich unterm Kapitalismus die Utopie des Qualitativen: was vermöge seiner Differenz und Einzigkeit nicht eingeht ins herrschende Tauschverhältnis. Aber dies Glücksversprechen im Luxus setzt wiederum Privileg voraus, ökonomische Ungleichheit, eben die Gesellschaft, die auf Fungibilität beruht. Darum wird das Qualitative selber ein Spezialfall der Quantifizierung, das Nichtfungible fungibel, der Luxus zum Komfort und am Ende zum sinnlosen Gadget. In solchem Zirkel ginge das Prinzip des Luxus zugrunde selbst ohne die Nivellierungstendenz der Massengesellschaft, über welche die Reaktionäre sentimental sich entrüsten. Die innere Zusammensetzung des Luxus ist nicht gleichgültig gegen das, was dem Nutzlosen durch den totalen Einbau ins Reich des Nutzens widerfährt. Seine Überbleibsel, auch Objekte der größten Qualität, sehen bereits aus wie Ramsch. Die Kostbarkeiten, mit denen die Allerreichsten ihre Wohnungen anfüllen, verlangen hilflos nach dem Museum, das doch Valérys Einsicht zufolge den Sinn der Plastiken und Bilder tötet, denen einzig ihre Mutter, die Architektur, den rechten Ort zuwies. Festgehalten aber in den Häusern derer, an die nichts sie bindet, schlagen sie der Existenzweise ins Gesicht, die das Privateigentum unterdessen ausgebildet hat. Wenn die Antiquitäten, mit denen Millionäre bis zum Ersten Krieg sich einrichteten, noch angingen, weil sie die Idee der bürgerlichen Wohnung zum Traum – dem Angsttraum – steigerten, ohne sie zu sprengen, so dulden die Chinoiserien, zu denen man mittlerweile übergegangen ist, mißmutig bloß den Privatbesitzer, der sich nur in dem Licht und der Luft wohlfühlt, die vom Luxus versperrt werden. Neusachlicher Luxus ist ein Widersinn, von dem gerade noch falsche russische Prinzen leben mögen, die sich als Innendekorateure an Hollywoodleute verdingen. Die Linien des avancierten Geschmacks konvergieren in der Askese. Dem Kind, das über der Lektüre von Tausendundeiner Nacht an Rubinen und Smaragden sich berauschte, stieg die Frage auf, worin eigentlich die Seligkeit im Besitz solcher Steine bestehe, die ja doch gerade nicht als Tauschmittel, sondern als Hort beschrieben werden. In dieser Frage spielt alle Dialektik der Aufklärung. Sie ist so vernünftig wie unvernünftig: vernünftig, indem sie der Vergötzung gewahr wird, unvernünftig, indem sie gegen ihr eigenes Ziel sich kehrt, das dort nur gegenwärtig ist, wo es vor keiner Instanz, ja vor keiner Intention sich zu bewähren hat: kein Glück ohne Fetischismus. Allgemach aber hat die skeptische Kinderfrage auf jeglichen Luxus sich ausgebreitet, und noch die nackte sinnliche Lust ist nicht vor ihr gefeit. Dem ästhetischen Auge, welches das Unnütze gegen die Utilität vertritt, wird das mit Gewalt von den Zwecken abgelöste Ästhetische zum Antiästhetischen, weil es Gewalt ausdrückt: Luxus zur Roheit. Am Ende wird er von der Fron verschluckt oder im Zerrbild konserviert. Was an Schönem unterm Grauen noch gedeiht, ist Hohn und häßlich bei sich selber. Dennoch steht seine ephemere Gestalt für die Vermeidbarkeit des Grauens ein. Etwas von dieser Paradoxie liegt auf dem Grunde aller Kunst; heute kommt sie daran zutage, daß Kunst überhaupt noch existiert. Die festgehaltene Idee des Schönen verlangt, Glück zu verwerfen zugleich und zu behaupten.

 

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Über den Bergen. – Vollkommener als jedes Märchen drückt Schneewittchen die Wehmut aus. Ihr reines Bild ist die Königin, die durchs Fenster in den Schnee blickt und ihre Tochter sich wünscht nach der leblos lebendigen Schönheit der Flocken, der schwarzen Trauer des Fensterrahmens, dem Stich des Verblutens; und dann bei der Geburt stirbt. Davon aber nimmt auch das gute Ende nichts hinweg. Wie die Gewährung Tod heißt, bleibt die Rettung Schein. Denn die tiefere Wahrnehmung glaubt nicht, daß die erweckt ward, die gleich einer Schlafenden im gläsernen Sarg liegt. Ist nicht der giftige Apfelgrütz, der von der Erschütterung der Reise ihr aus dem Hals fährt, viel eher als ein Mittel des Mordes der Rest des versäumten, verbannten Lebens, von dem sie nun erst wahrhaft genest, da keine trügenden Botinnen sie mehr locken? Und wie hinfällig klingt nicht das Glück: »Da war ihm Schneewittchen gut und ging mit ihm.« Wie wird es nicht widerrufen von dem bösen Triumph über die Bosheit. So sagt uns eine Stimme, wenn wir auf Rettung hoffen, daß Hoffnung vergeblich sei, und doch ist es sie, die ohnmächtige, allein, die überhaupt uns erlaubt, einen Atemzug zu tun. Alle Kontemplation vermag nicht mehr, als die Zweideutigkeit der Wehmut in immer neuen Figuren und Ansätzen geduldig nachzuzeichnen. Die Wahrheit ist nicht zu scheiden von dem Wahn, daß aus den Figuren des Scheins einmal doch, scheinlos, die Rettung hervortrete.

 

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Intellectus sacrificium intellectus. – Anzunehmen, daß das Denken vom Verfall der Emotionen durch anwachsende Objektivität profitiere oder auch nur indifferent dagegen bleibe, ist selber Ausdruck des Verdummungsprozesses. Die gesellschaftliche Arbeitsteilung schlägt auf den Menschen zurück, wie sehr sie auch die anbefohlene Leistung fördern mag. Die Fähigkeiten, selber durch Wechselwirkung entwickelt, schrumpfen ein, wenn sie voneinander losgerissen werden. Nietzsches Aphorismus »Grad und Art der Geschlechtlichkeit eines Menschen reicht bis in den letzten Gipfel seines Geistes hinauf« trifft mehr als bloß einen psychologischen Sachverhalt. Weil noch die fernsten Objektivierungen des Denkens sich nähren von den Trieben, zerstört es in diesen die Bedingung seiner selbst. Ist nicht das Gedächtnis unabtrennbar von der Liebe, die bewahren will, was doch vergeht? Ist nicht jede Regung der Phantasie aus dem Wunsch gezeugt, der übers Daseiende in Treue hinausgeht, indem er seine Elemente versetzt? Ja ist nicht die einfachste Wahrnehmung an der Angst vorm Wahrgenommenen gebildet oder der Begierde danach? Wohl hat der objektive Sinn der Erkenntnisse mit der Objektivierung der Welt vom Triebgrund immer weiter sich gelöst; wohl versagt Erkenntnis, wo ihre vergegenständlichende Leistung im Bann der Wünsche bleibt. Sind aber die Triebe nicht im Gedanken, der solchem Bann sich entwindet, zugleich aufgehoben, so kommt es zur Erkenntnis überhaupt nicht mehr, und der Gedanke, der den Wunsch, seinen Vater, tötet, wird von der Rache der Dummheit ereilt. Gedächtnis wird als unberechenbar, unzuverlässig, irrational tabuiert. Die daraus folgende intellektuelle Kurzatmigkeit, die im Ausfall der historischen Dimension des Bewußtseins sich vollendet, setzt unmittelbar die synthetische Apperzeption herab, die Kant zufolge von der »Reproduktion in der Einbildung«, dem Erinnern, nicht zu trennen ist. Phantasie, heute dem Ressort des Unbewußten zugeteilt und in der Erkenntnis als kindisch urteilsloses Rudiment verfemt, stiftet allein jene Beziehung zwischen Objekten, in der unabdingbar alles Urteil entspringt: wird sie ausgetrieben, so wird zugleich das Urteil, der eigentliche Erkenntnisakt, exorziert. Die Kastration der Wahrnehmung aber durch die Kontrollinstanz, die jegliche begehrende Antizipation ihr verweigert, zwingt sie eben damit ins Schema der ohnmächtigen Wiederholung von je schon Bekanntem. Daß eigentlich nicht mehr gesehen werden darf, läuft aufs Opfer des Intellekts hinaus. Wie unterm losgelösten Primat des Produktionsprozesses das Wozu der Vernunft entschwindet, bis sie auf den Fetischismus ihrer selbst und der auswendigen Macht herunterkommt, so bildet sie sich zugleich selbst als Instrument zurück und gleicht sich ihren Funktionären an, deren Denkapparat nur noch dem Zweck dient, Denken zu verhindern. Ist einmal die letzte emotionale Spur getilgt, bleibt vom Denken einzig die absolute Tautologie übrig. Die ganz reine Vernunft derer, die der Fähigkeit, »einen Gegenstand auch ohne dessen Gegenwart vorzustellen«, vollends sich entschlagen haben, wird mit der reinen Bewußtlosigkeit, dem Schwachsinn im wörtlichsten Sinn konvergieren, denn gemessen am verstiegen realistischen Ideal kategorienfreier Gegebenheit ist jede Erkenntnis falsch, und richtig nur, worauf nicht einmal die Frage nach richtig oder falsch mehr angewandt werden könnte. Daß es dabei um weit vorgedrungene Tendenzen sich handelt, zeigt sich auf Schritt und Tritt an dem Wissenschaftsbetrieb, der im Begriff ist, auch die Reste der Welt, wehrlose Trümmerstätten, zu unterjochen.

 

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Diagnose. – Daß die Welt mittlerweile das System geworden ist, als welches die Nationalsozialisten die laxe Weimarer Republik zu Unrecht beschimpften, wird offenbar an der prästabilierten Harmonie zwischen den Institutionen und denen, die sie bedienen. Im stillen ist eine Menschheit herangereift, die nach dem Zwang und der Beschränkung hungert, welche der widersinnige Fortbestand der Herrschaft ihr auferlegt. Jene Menschen haben aber, von der objektiven Einrichtung begünstigt, nachgerade selbst die Funktionen an sich gerissen, welche von Rechts wegen gegen die prästabilierte Harmonie die Dissonanz setzen sollten. Unter all den kassierten Sprichwörtern steht auch »Druck erzeugt Gegendruck«: wird jener groß genug, so verschwindet dieser, und die Gesellschaft scheint mit dem tödlichen Ausgleich der Spannungen beträchtlich der Entropie zuvorkommen zu wollen. Der Wissenschaftsbetrieb hat seine genaue Entsprechung in der Geistesart, die er einspannt: sie brauchen sich gar keine Gewalt mehr anzutun, um als die freiwilligen und eifrigen Kontrolleure ihrer selbst sich zu bewähren. Selbst wenn sie außerhalb des Betriebs als ganz humane und vernünftige Wesen sich erweisen, erstarren sie zur pathischen Dummheit in dem Augenblick, in dem sie von Berufs wegen denken. Weit entfernt davon aber, daß sie in den Denkverboten ein Feindseliges empfinden, fühlen sich die Stellenanwärter – und alle Wissenschaftler sind solche – erleichtert. Weil Denken eine subjektive Verantwortung ihnen aufbürdet, die ihre objektive Stellung im Produktionsprozeß zu erfüllen ihnen verwehrt, verzichten sie darauf, schütteln sich und laufen zum Gegner über. Rasch wird aus der Unlust zum Denken die Unfähigkeit dazu: Leute, welche mühelos die raffiniertesten statistischen Einwände finden, sobald es darum geht, eine Erkenntnis zu sabotieren, vermögen es nicht, ex cathedra die einfachsten inhaltlichen Voraussagen zu machen. Sie schlagen auf die Spekulation und töten in ihr den gesunden Menschenverstand. Die Intelligenteren unter ihnen ahnen die Erkrankung ihres Denkvermögens, weil sie zunächst nicht universal, sondern nur an den Organen ausbricht, deren Dienste sie verkaufen. Manche warten noch mit Angst und Scham darauf, ihres Defekts überführt zu werden. Alle aber finden ihn öffentlich zum moralischen Verdienst erhoben und sehen sich für eine wissenschaftliche Askese anerkannt, die ihnen gar keine ist, sondern die geheime Linie ihrer Schwäche. Ihr Ressentiment wird gesellschaftlich rationalisiert unter der Form: Denken ist unwissenschaftlich. Dabei ward ihre geistige Kraft nach manchen Dimensionen durch den Kontrollmechanismus aufs äußerste gesteigert. Die kollektive Dummheit der Forschungstechniker ist nicht einfach Absenz oder Rückbildung intellektueller Fähigkeiten, sondern eine Wucherung der Denkfähigkeit selber, die diese mit der eigenen Kraft zerfrißt. Die masochistische Bosheit der jungen Intellektuellen rührt von der Bösartigkeit ihrer Erkrankung her.

 

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Groß und klein. – Zu den verhängnisvollen Übertragungen aus dem Bereich wirtschaftlicher Planung in das der Theorie, die eigentlich gar nicht mehr vom Grundriß des Ganzen unterschieden wird, zählt der Glaube an die Verwaltbarkeit geistiger Arbeit, nach den Maßstäben dessen, womit sich zu beschäftigen notwendig oder vernünftig sei. Es wird über die Rangordnung des Dringlichen befunden. Indem man aber den Gedanken des Moments der Unwillkürlichkeit beraubt, wird gerade seine Notwendigkeit kassiert. Er reduziert sich auf ablösbare, auswechselbare Dispositionen. Wie in der Kriegswirtschaft über Prioritäten in der Zuteilung von Rohmaterial, in der Herstellung dieses oder jenes Waffentypus entschieden wird, so schleicht sich in die Theorienbildung eine Hierarchie der Wichtigkeiten ein, mit Bevorzugung der sei's besonders aktuellen, sei's besonders relevanten Themen, und Hintanstellung oder nachsichtiger Duldung des nicht Hauptsächlichen, das bloß als Verzierung der Grundtatsachen, als Finesse passieren darf. Die Vorstellung vom Relevanten ist nach organisatorischen Gesichtspunkten geschaffen, die des Aktuellen mißt sich an der jeweils objektiv mächtigsten Tendenz. Die Schematisierung nach wichtig und nebensächlich unterschreibt der Form nach die Wertordnung der herrschenden Praxis, selbst wenn sie ihr inhaltlich widerspricht. In den Ursprüngen der progressiven Philosophie, bei Bacon und Descartes, ist der Kultus des Wichtigen schon mitgesetzt. Am Ende aber offenbart er ein Unfreies, Regressives. Wichtigkeit wird dargestellt von dem Hund, der auf dem Spaziergang an irgendeiner Stelle minutenlang angespannt, unnachgiebig, unwillig-ernsthaft schnüffelt, um dann seine Notdurft zu verrichten, mit den Füßen zu scharren und weiterzulaufen, als wäre nichts geschehen. In wilden Zeiten mag davon Leben und Tod abgehangen haben; nach Jahrtausenden der Domestizierung ist ein irres Ritual daraus geworden. Wer müßte nicht daran denken, wenn er ein seriöses Gremium die Dringlichkeit von Problemen prüfen sieht, ehe der Stab der Mitarbeiter auf die sorgsam designierten und befristeten Aufgaben losgelassen wird. Etwas von solcher anachronistischen Sturheit hat alles Wichtige, und als Kriterium des Gedankens kommt es dessen gebannter Fixierung, dem Verzicht auf Selbstbesinnung gleich. Die großen Themen aber sind nichts anderes als die urzeitlichen Gerüche, die das Tier veranlassen, innezuhalten und sie womöglich nochmals hervorzubringen. Das bedeutet nicht, daß die Hierarchie der Wichtigkeiten zu ignorieren sei. Wie ihre Banausie die des Systems widerspiegelt, so ist sie gesättigt mit all seiner Gewalt und Stringenz. Jedoch der Gedanke sollte sie nicht repetieren, sondern im Nachvollzug auflösen. Die Aufteilung der Welt in Haupt- und Nebensachen, die schon immer dazu gedient hat, die Schlüsselphänomene des äußersten gesellschaftlichen Unrechts als bloße Ausnahmen zu neutralisieren, ist soweit zu befolgen, daß sie ihrer eigenen Unwahrheit überführt wird. Sie, die alles zu Objekten macht, muß selber zum Objekt des Gedankens werden, anstatt ihn zu steuern. Die großen Themen werden dabei auch vorkommen, aber kaum im traditionellen Sinn »thematisch«, sondern gebrochen und exzentrisch. Die Barbarei der unmittelbaren Größe blieb der Philosophie als Erbteil von ihrem frühen Bündnis mit Administratoren und Mathematikern: was nicht den Stempel des aufgeblähten welthistorischen Betriebs trägt, wird den Prozeduren der positiven Wissenschaften überantwortet. Philosophie benimmt sich dabei wie schlechte Malerei, die sich einbildet, die Dignität eines Werkes und der Ruhm, den es erwirbt, hinge ab von der Würde der Gegenstände; ein Bild der Völkerschlacht bei Leipzig tauge mehr als ein Stuhl in schräger Perspektive. Der Unterschied des begrifflichen Mediums vom künstlerischen ändert nichts an der schlechten Naivetät. Wenn der Abstraktionsprozeß alle Begriffsbildung mit dem Wahn der Größe schlägt, so ist zugleich in ihm, durch Distanz vom Aktionsobjekt, durch Reflexion und Durchsichtigkeit, das Gegengift aufbewahrt: die Selbstkritik der Vernunft ist deren eigenste Moral. Ihr Gegenteil in der jüngsten Phase eines über sich selbst verfügenden Denkens ist nichts anderes als die Abschaffung des Subjekts. Der Gestus der theoretischen Arbeit, der über die Themen nach ihrer Wichtigkeit disponiert, sieht ab von dem Arbeitenden. Die Entwicklung einer immer geringeren Anzahl technischer Fähigkeiten soll dazu genügen, ihn für die Behandlung jeder bezeichneten Aufgabe hinlänglich zu equipieren. Denkende Subjektivität ist aber gerade, was nicht in den von oben her heteronom gestellten Aufgabenkreis sich einordnen läßt: selbst diesem ist sie nur soweit gewachsen, wie sie selber ihm nicht angehört, und damit ist ihre Existenz die Voraussetzung einer jeglichen objektiv verbindlichen Wahrheit. Die souveräne Sachlichkeit, die das Subjekt der Ermittlung der Wahrheit opfert, verwirft zugleich Wahrheit und Objektivität selber.

 

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Drei Schritt vom Leibe. – Der Positivismus setzt nochmals die Distanz des Gedankens zur Realität herab, welche von der Realität selber schon nicht mehr toleriert wird. Indem die eingeschüchterten Gedanken nicht mehr sein wollen als Provisorien, bloße Abkürzungen für darunter befaßtes Tatsächliches, schwindet ihnen mit der Selbständigkeit der Realität gegenüber auch die Kraft, diese zu durchdringen. Nur im Abstand zum Leben spielt das des Gedankens sich ab, welches in das empirische eigentlich einschlägt. Während der Gedanke auf Tatsachen sich bezieht und in der Kritik an ihnen sich bewegt, bewegt er sich nicht minder durch die festgehaltene Differenz. Er spricht eben dadurch genau das aus was ist, daß es nie ganz so ist, wie er es ausspricht. Ihm ist wesentlich ein Element der Übertreibung, des über die Sachen Hinausschießens, von der Schwere des Faktischen sich Loslösens, kraft dessen er anstelle der bloßen Reproduktion des Seins dessen Bestimmung, streng und frei zugleich, vollzieht. Darin ähnelt jeder Gedanke dem Spiel, mit welchem Hegel nicht weniger als Nietzsche das Werk des Geistes verglichen hat. Das Unbarbarische an Philosophie beruht in dem stillschweigenden Bewußtsein jenes Elements von Unverantwortlichkeit, der Seligkeit, die von der Flüchtigkeit des Gedankens stammt, der stets dem entrinnt, was er urteilt. Solche Ausschweifung wird vom positivistischen Geiste geahndet und der Narrheit überantwortet. Die Differenz von den Tatsachen wird zur bloßen Falschheit, das Moment des Spiels zum Luxus in einer Welt, vor der die intellektuellen Funktionen nach der Stechuhr über jede Minute Rechenschaft ablegen müssen. Sobald aber der Gedanke seine unaufhebbare Distanz verleugnet und sich mit tausend subtilen Argumenten auf die buchstäbliche Richtigkeit herausreden will, gerät er ins Hintertreffen. Fällt er aus dem Medium des Virtuellen heraus, einer Antizipation, die von keiner einzelnen Gegebenheit ganz zu erfüllen ist, kurz, sucht er anstelle von Deutung einfache Aussage zu werden, so wird alles, was er aussagt, in der Tat falsch. Seine Apologetik, von Unsicherheit und schlechtem Gewissen inspiriert, läßt sich auf Schritt und Tritt mit dem Nachweis eben der Nichtidentität widerlegen, die er nicht Wort haben will, und die ihn doch allein zum Gedanken macht. Würde er sich hingegen auf die Distanz wie auf ein Privileg herausreden, so führe er nicht besser, sondern proklamierte zweierlei Wahrheiten, die der Fakten und die der Begriffe. Das löste Wahrheit selber auf und denunzierte das Denken erst recht. Die Distanz ist keine Sicherheitszone sondern ein Spannungsfeld. Sie manifestiert sich nicht sowohl im Nachlassen des Wahrheitsanspruches der Begriffe als in der Zartheit und Zerbrechlichkeit, womit gedacht wird. Dem Positivismus gegenüber ziemt weder Rechthaberei noch Vornehmtun, sondern der erkenntniskritische Nachweis der Unmöglichkeit einer Koinzidenz zwischen dem Begriff und dem ihn Erfüllenden. Die Jagd nach dem Ineinander-Aufgehen des Ungleichnamigen ist nicht das immer strebende Bemühen, dem am Ende Erlösung winkt, sondern naiv und unerfahren. Was der Positivismus dem Denken vorwirft, hat das Denken tausendmal gewußt und vergessen, und erst an solchem Wissen und Vergessen ist es zum Denken geworden. Jene Distanz des Gedankens von der Realität ist selber nichts anderes als der Niederschlag von Geschichte in den Begriffen. Distanzlos mit diesen operieren ist bei aller Resignation, oder vielleicht gerade um ihretwillen, Sache von Kindern. Denn der Gedanke muß über seinen Gegenstand hinauszielen, gerade weil er nicht ganz hinkommt, und der Positivismus ist unkritisch, indem er das Hinkommen sich zutraut und bloß aus Gewissenhaftigkeit zu zaudern sich einbildet. Der transzendierende Gedanke trägt seiner eigenen Unzulänglichkeit gründlicher Rechnung als der durch den wissenschaftlichen Kontrollapparat gesteuerte. Er extrapoliert, um vermöge der überspannten Anstrengung des Zuviel wie immer hoffnungslos das unausweichliche Zuwenig zu meistern. Was man der Philosophie als illegitimen Absolutismus vorwirft, die angeblich abschlußhafte Prägung, entspringt gerade im Abgrund der Relativität. Die Übertreibungen der spekulativen Metaphysik sind Narben des reflektierenden Verstandes, und einzig das Unbewiesene enthüllt den Beweis als Tautologie. Dagegen entzieht der unmittelbare Vorbehalt der Relativität, das Einschränkende, im je abgesteckten begrifflichen Umfang Verbleibende genau durch solche Vorsicht sich der Erfahrung der Grenze, die zu denken und zu überschreiten nach Hegels großartiger Einsicht das Gleiche ist. Sonach wären die Relativisten die wahren – die schlechten Absolutisten und überdies die Bürger, die ihrer Erkenntnis wie eines Besitzes sich versichern wollten, nur um ihn desto gründlicher zu verlieren. Einzig der Anspruch des Unbedingten, der Sprung über den Schatten, läßt dem Relativen Gerechtigkeit widerfahren. Indem er Unwahrheit auf sich nimmt, führt er an die Schwelle von Wahrheit im konkreten Bewußtsein der Bedingtheit menschlicher Erkenntnis.

 
Gesammelte Werke
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