JUNI 1925

 

Als Hauptwerk der neudeutschen Schule kamen Schönbergs Gurrelieder nach Frankfurt, deren reiner Seelenton von keinem Monstreorchester zu übertäuben ist, während ihr sinnlicher Zauber nicht durchaus mehr zaubern will; für die kühn bereits ausschwingenden melodischen Bögen sind die Ohren heute geschärft. Die Aufführung unter Fritz Gambke ging vom Chor aus, der gut diszipliniert sang; Phantasiekraft war ihr nicht beschieden. – Wendel machte die »Gesichte« von Sekles, die Furtwängler propagiert; der Zyklus hat sich seine subtile Heiterkeit, seine spöttische Melancholie bewahrt, auch in nicht ganz adäquater Wiedergabe. Eine Lustspielouvertüre von Busoni, gleichfalls unter Wendel gespielt, trägt Mozartisches Kostüm und weiß sich schicklich darin zu benehmen. Schrekers Suite nach der Ballettmusik zum »Geburtstag der Infantin« ist ein schales, schematisch schwächliches Kunstgewerbe-Erzeugnis; eine sehr geschickt inszenierte Programm-Musik von Hermann Wetzler, »Visionen«, ist ebenfalls eigener Gehalte bar. Das Violinkonzert von Pfitzner, für das sich Alma Moodie einsetzte, wurde in diesen Blättern bereits von Alfred Heuß gebührend zurückgewiesen; befriedigt konnte man das eine lediglich ad notam nehmen, daß in den Quarten des Rondos Pfitzners Sterilität Anleihen macht bei jener vorgeblichen ›musikalischen Impotenz‹, wider die der Komponist ehedem streitend zu Felde zog. – Regers Ballettsuite führte Krauss zu rechter Wirkung: ein Stück, das Maß hält und dessen Bescheidenheit Duft und Glanz geschenkt ward. – Erwähnt man noch etwa Ernst Tochs op. 34, für welches das Amar-Quartett warb, so sind die wichtigeren Novitäten aufgezählt: Toch scheint völlig der allseits geschmeidigen Komponier-Routine verfallen.

Die Dirigenten: Krauss ein Temperament und eine Arbeitskraft, begabt fürs äußerste Fortissimo und für die tänzerische Grazie, freilich der seelischen Zwischenschichten im Musikalischen fast völlig ermangelnd, in seiner Direktionsweise kaum heute aus innerem Zentrum gespeist und ohne originäre Anschauung, aber sicherlich mit Möglichkeiten; an rhythmischer Präzision ist ihm viel noch zu lernen, und den orchestralen Wohllaut läßt er nicht stets frei. In der Oper scheint er vorerst mehr am Platz als vor Beethovens Siebenter und Neunter; Bruckners Fünfte jedoch meisterte er im Finale überraschend. Wendel gediegen im guten und bösen Sinne; Scherchen offenbar in starker Entwicklung begriffen und trotz aller dirigiertechnischen Kanten lebendig bewegt. Einmal hörte ich Kleiber mit dem ausgezeichneten Schülerorchester des Hochschen Konservatoriums. Es war ein Mozart-Abend mit der Kleinen Nachtmusik und einer verschollenen B-Dur-Symphonie; und wer hinkam und dachte, einen impresariohaften Betriebskapellmeister zu treffen, wurde aufs beste enttäuscht. Kleiber ist als Dirigententyp Bruno Walter verwandt, hat wie dieser die lose Selbstverständlichkeit und die kristallene Liebe zum Detail, nur scheint er härter, nicht verschwärmt und zärtlich. Wenn solches Dirigieren aus der Routine kommt, dann sollte man der Routine nichts Schlechtes nachreden: dann geht sie, wo sie vollkommen ist, über ihre Art hinaus, die Quantität schlägt in die Qualität um, die Musik tönt wirklich. – Von den Solisten erinnere ich mich an Kreisler, dessen Geigenton immer noch schöner ist als aller Geschmack, der dagegen rebelliert, wenn er auch nicht für das Beethovenkonzert geboren wurde; an den alten jungen Battistini, der das Gentile-Liedchen aus Verdis Falstaff sang und wieder sang und nochmals und einen nur traurig machte, weil er es nicht immerzu wiederholte.

Die Oper hat nicht viele Taten vollbracht: Neueinstudierungen auf sehr schwankendem Niveau, als dessen obere Grenze sich der Figaro unter Krauss, als untere eine groteske Hugenottenaufführung einprägt. Eine durchgreifende Reform hat Krauss bislang nicht vermocht; sei es, daß sie ihm nicht nötig dünkte, sei es, daß er auf Widerstände stieß. Als ›Novität‹ stellte man die »Pique Dame« von Tschaikowsky heraus; eine verspätete Grande opéra, die sich selbst nicht glaubt und der wir gewiß nicht glauben; sie hat ein paar Momente, bleibt aber als ganzes in der Konvention und ist gar zu leichtfertig komponiert, selbst für Tschaikowsky. Die szenische Leistung des Regisseurs Wallerstein war beträchtlich, auch die vokale von John Gläser und Magda Spiegel. – Nun wartet man: auf Schönbergs »Erwartung«.

 

DEZEMBER 1925

 

Strawinsky-Fest. Zwei Abende versammelte man sich, um zu erfahren, ob die Musik einen neuen Mythos, einen neuen Pergolesi, einen neuen Offenbach oder endlich ihren Picasso gefunden habe; zwei Abende ließ man sich fassen von der Hand des arriviertesten Komponiervirtuosen, der heute, um die Stunde des Verfalles reproduktiver Freiheit, deren Spielgewalt an sich riß; zwei Abende wartete man heiter und ohne viel Hoffnung einer Musik, die Existenz bezeugte.

Zwar fehlt es nicht am Lyrischen, und das Entsetzen wohlmeinender Innerlichkeit über die mechanische Klassizität sollte angesichts der Gesänge füglich paralysiert werden vom Entsetzen formvertrauender Gesundheit, die leicht genug Impressionismus hier mit Dekadenz, treu der Gewöhnung, vermengt. Die »Trois Poésies de la lyrique Japonaise« haben die gebrochene Leuchtkraft des reifen Debussy, gesteigert um die gänzliche Lockerheit in der Wahl der Mittel, über die einer verfügt, dem nicht drei Jahrhunderte an Tradition schwer auf der Hand liegen: obwohl doch wieder nur Tradition solche Lockerheit legitimierte. Auch die Einfalten, zu deren Zellen die Lockerheit niedlich sich dissoziiert, meistert Strawinsky durchaus; in den Berceuses du chat, reizender noch in den Pribautki-Liedchen, wird der Geist jener Spielzeugschachtel diskret mit Erdgeruch parfümiert. Den Strawinsky des eigentlichen Aufruhrs, den beinahe bedrohlichen, beinahe wirklichen, sparte man gefällig aus, ließ den Soldaten und das Concertino daheim in der Irre und freute sich des sozusagen festen Bodens. Die Noces villageuises, die in den Konzertsaal verlegt wurden, auf dem dröhnenden Unterbau von vier Klavieren und Schlagzeug, erstaunlich mit ihrer eisernen Ökonomie, taten ihre stampfende Wirkung und fungierten programmgemäß mythisch. Auch Pergolesi war nicht weit. Er selbst zunächst im kubistischen Rokoko der Pulcinella-Suite mit ihren melancholischen, kecken und stimmigen Verzeichnungen, den Reifröcken aus Papier und den hohlplastischen Gesichtern der Themen, die von zauberischer Geometrie überlistet wurden. Strawinsky spielte, mit Alma Moodie zusammen, eine Reduktion der Orchestersätze für Geige und Klavier, die für sich genommen der höchst instrumental gehörten Originalsuite nicht gleichwertig ist, aber in der vollkommenen Interpretation jubelnden Beifall gewann. Anders hat es die – ebenfalls konzertmäßig aufgeführte – Buffo-Oper »Mavra« mit Pergolesi zu tun. Die Themen sind von Strawinsky, aber die Art weist nach Neapel, parodistisch ohne Glauben ans eigene Sein und, wenn man will, ein Offenbach, der den Operettengehalt seiner selbst wiederum zum epischen Stoff macht, den er auflöst. »Mavra« dürfte »La finta cuoca« heißen, als Seitenstück zur Serva padrona; ein Husar verkleidet sich als Köchin, um zur Geliebten zu gelangen und hat Pech dabei wie Charlie Chaplin. Man ist bei Strawinsky, die Arietten des Intermediums führen ihre tückischen Trompeten mit sich. Gleichwohl langweilte man sich ein wenig und nicht stilgerecht, weder im Sinne der Opera buffa noch dem Chaplins. Es fehlte die Szene.

Bleibt der neue Strawinsky, der ernsthaft auf die musikeigene und ausdruckslose Objektivität der Spielmusik des dix-huitième sich beruft, mit der er es als Clown seiner Subjektivität vor dem Spiel nur trieb. Es wäre billig, wollte man wegen der Unmöglichkeit, in solcher Objektivität heute zu reden, Strawinskys Versuch umstandslos verwerfen. Jene Unmöglichkeit ist seinem Versuche bereits einkalkuliert, und in Wahrheit redet bloß er und allein. Nicht umfängt ihn die Tektonik der Spielmusik; er hat ihren Umriß in einem Schleiergewebe von hoher Künstlichkeit ornamental nachgebildet und verhüllt seine Stimme damit, zugleich seine Einsamkeit verhüllend. Was er sich vornimmt, gelingt ihm: das Klavierkonzert als Klang und Dynamik, die Klaviersonate als Formkonstruktion, die uraufgeführte Klavierserenade, wohl das stärkste der neuen Stücke, als ganz freies Zeugnis des jüngsten Tones in geformter und trügender Festigkeit, all dies steht sicher im Rahmen der Intention. Frage nur, ob die Intention selbst legitim sei. Man scheut sich, ohne genaue Kenntnis der Werke abschließend zu urteilen. Soviel aber scheint gewiß: indem Strawinsky verzichtet, unmittelbar sich auszusprechen, ohne daß die Formen, die er setzt, Bestand hätten, betritt er die Sphäre des Kunstgewerbes. Denn die Ironie, der er die Formen unterwirft, geht nicht in ihre materielle Konstitution über. Nicht anders manifestiert sie sich als darin, daß die gewählten Formen so schmerzlich verzeichnet, die deutlichen Elemente des Aufbaues so trüb diffundiert wurden. Die Verzweiflung an den Formen begrenzt sich an der Unterhaltung des Publikums. Diese durchherrscht die Sphäre und mindert, was an material-musikalischen Leistungen glückte, ehe die Musik nur anhebt.

Freilich die Wendung zum Kunstgewerbe ist symbolisch genug und keinem geriet sie anmutiger und exakter als Strawinsky. Fast wäre zu glauben, daß um so vollständiger die entschwundenen Gehalte im Negativ der Karikatur gebannt werden, je tiefer er in die odiose Sphäre sich hinabtreiben läßt. Eine Instrumentation der bekannten Vier leichten Klavierstücke, Marsch, Valse, Polka, Galopp, hat die Schlagkraft Offenbachs in der Tat und die Verlassenheit des Orgelmanns an der belebtesten Ecke. Die lustige Suite zeigt die Transparenz vollkommenen Scheins – jene Transparenz, die im Medium psychologischer Ausdrucksmusik bei den besten Stellen von Strauss sich findet: Strauss, dessen moderner Nachfolger Strawinsky vielleicht ist. Solche Nachfolge kann geschehen einzig im Vakuum heute; personale Gehalte sind ihr nicht vergönnt, über ihre Echtbürtigkeit entscheidet bloß die Modernität.

Das Hauptverdienst für das Gelingen der ungemein aufschlußreichen Veranstaltung, die ins gemächliche Frankfurter Musikleben ein wenig Tempo brachte, gebührt Hermann Scherchen, den man im offiziellen Betrieb ausschaltete und der nun zeigen konnte, daß er dessen nicht erst bedarf. Er ist für Strawinsky prädisponiert wie kaum ein anderer durch sein minutiöses Gehör und durch seine fanatische Sachlichkeit. Strawinskys pianistische Fähigkeit oder vielmehr: seine Fähigkeit, weitab von pianistischer Übung seine Absicht ins Klavier zu hämmern, kennt man. In der »Pulcinella« begleitete er, wandelbar, mit spröder Delikatesse. Auch sein Dirigieren entspricht dem Kompositorischen. Es ist rhythmisch durchaus; akzentuiert scharf die Taktteile auf Kosten ihrer Verschleifung, bleibt aber geschmeidig, indem die Gewichte der Taktteile gegeneinander sorgsam verteilt werden: es ist chorisch, nicht solistisch, bezeichnet jedoch klar jeden Einsatz, bündig, wie man ein Register zieht; es ist manuelle Pantomimik und feind der deutenden Expression. Von den zahlreichen, durchwegs trefflichen Solisten seien außer der gefeierten Alma Moodie die Damen Marga Freund und Bertha de Vignier und die Herren Kohmann und Rehfuß besonders erwähnt.

 

JANUAR 1926

 

Verdis »Otello« wurde in musikalisch und szenisch gleich sorgfältiger Neueinstudierung in den Spielplan aufgenommen. Es gibt unter Krauss an der Frankfurter Oper wieder reingesungene Chöre, es gibt Theatertempi, über die sich manchmal streiten läßt, die aber stets lebendig sind; es gibt verborgene Details im Orchester. Dazu Wallersteins Regie; sie bringt musikalische Dynamik in die Bewegung der Gruppen und erweckt Sieverts schöne Bilder der Bühne. Kurz, man hat Grund, dankbar zu sein, auch wenn nicht durchweg die Solisten befriedigen konnten, aus deren Zahl John Gläser hervorragte. Das Werk aber, man sollte es endlich einsehen, ist nicht Angelegenheit des historischen Respekts vor einem alten Meister, sondern unmittelbar groß vom ersten bis zum letzten Takt.

 

Wenig, sehr wenig Neues. Wendel brachte in einem Montagskonzert des Symphonieorchesters, nach einer nicht eben vorbildlichen g-moll-Symphonie, die Musik für Geige und Orchester von Rudi Stephan mit Schmuller als Solisten. Schmullers Leistung war hier ebenso groß wie in dem Prokofjew-Konzert, das folgte. Hier wirkt der Klang als Keimzelle dessen, was entsteht: nicht das diffuse Klingen im Sinne Schrekers, sondern die nüchterne, distinkte Vorstellung einzelner Instrumentalklänge. Man dächte an Strawinsky, aber es ist nicht die ursprüngliche Substanz da, Tonleitern stehen für Themen, und die Endabsicht ist harmlos genug. Prokofjew hat als Erster wohl die neuen Mittel anständig der Unterhaltungsmusik zugeführt. Den Beschluß machte Bartóks reizende Tanzsuite, die das Publikum grimmig mißverstand. – Krauss führte im Museum Mahlers Dritte erfreulich auf. – Wichtig ein Madrigalabend von Hugo Holle mit seiner ganz ausgezeichneten Stuttgarter Vereinigung im Rahmen der von Maria Proelss geleiteten »Kammermusikgemeinde des Bühnenvolksbundes«. Die Novitäten stammten vom Donaueschinger Fest: hübsche, sehr kunstgewerbliche Gesänge von Petyrek, Madrigale von Hindemith, die die erstaunlich sichere Behandlung der Singstimmen für sich haben. Ernst gemacht ward in den Chören von Krenek: vier Gedichte aus Hölderlins Wahnsinnszeit, unter dem Namen »Die Jahreszeiten« zusammengefaßt, wiedergegeben in strengem und gehaltenem Ton und mit Zug zur Größe. Problematisch gleichwohl. Vom Hauptereignis, dem zweitägigen Strawinsky-Fest, wird in Ausführlichkeit zu reden sein. Nur die Uraufführungen seien vorweg erwähnt: eine Klavierserenade vom Jahre 1925, die den Stil des Konzertes und der Sonate gelöst weiterbildet und im Schlußsatz – »Kadenz« – wieder zur Freiheit wendet; eine Bearbeitung der Pulcinella-Musik für Geige und Klavier, die begreiflicherweise hinter dem Orchesterwerk zurücksteht, aber in der Interpretation durch Alma Moodie und den Komponisten jubelnden Erfolg sich gewann; eine Instrumentation der »Vier leichten Klavierstücke« Marsch, Valse, Polka, Galopp, vollkommen in der trübsinnigen Lustigkeit des Leierkastens.

 

FEBRUAR 1926

 

Dies erzwingt der »Pastorale d'été« von Honegger besondere Aufmerksamkeit: daß hier einmal noch die dämmernde Macht der französischen Musiktradition – der letzten, die übrig blieb – bewahrt ist, im Tone eines, der die Erschütterung bereits in sich hat und sie leise verklingen läßt mit schwindendem Klang. Vielleicht wäre das kleine Stück, das Debussys Mittel unmerklich fast aus dem Raume strenger Wahl herauslöst, in dem sie ruhten, für sich allein gar nicht sehr erheblich; aber kaum findet sich eine Musik, die klarer die Grenze abzeichnete, zu der in Frankreich gebundene Überlieferung von fesselloser Freizügigkeit sich scheidet. Der Schluß der »Pastorale«, der gebärdelos still in die dunstig offene Ferne weist, läßt wahrhaft eine Musik zag ins Unendliche verzittern, die im Endlichen ihr bestes Teil besaß, ohne es länger halten zu dürfen. Der Glanz ihrer Farben ist der Glanz der Geschichte zugleich. Er leuchtet auf dunklem Grunde. Denn die Freiheit, der die Überlieferung verfällt, will heute jedenfalls noch leer und anarchisch scheinen. Nicht hat, wie im deutschen Musikbereich, die Gewalt der Person die Überlieferung zerschlagen: die Überlieferung verblaßte, weil personale Fülle ihr mehr und mehr entwich, um nunmehr, möglicherweise, nur noch im Chic des Kunstgewerbes und der Süßigkeit des Kitsches verborgen konserviert zu werden. Die Lage der großen französischen Musik der Gegenwart ist gefährdeter wohl als die der deutschen, die aus Gefahr ihre Kraft zieht. Die Rapidität, mit der heute in Frankreich die technische Kultur sich zersetzt – bis zu den berühmtesten Namen hinauf, einzig Ravel ausgenommen – bezeichnet hart die bedrohliche Situation. Honeggers »Pacific 231« erhebt sich gewiß nicht über sie. Was sich da musikalisch begibt, ist dürftig genug, und der Imitation des naturalistischen Gegenstandes mangelt gänzlich die traumhafte Überdeutlichkeit, die surrealistisch allenfalls das verlorene Ding zu beschwören vermöchte. Der lyrische Zustand enthüllt sich als nachträgliche und unexakte Programmusik. Lokomotiven sind besser. Daß Pastorale und Pacific einen Autor habe, ist undenkbar erst und unausdenkbar dann in der Perspektive aller Konsequenzen. Clemens Krauss, der im Museum die disparaten Werke vorführte, vertrat beide gleich wirksam.

 

MÄRZ 1926

 

Nach »Rheingold« und »Walküre« brachte die Oper den »Siegfried« in vollständiger Neueinstudierung und hielt dabei die Linie inne, die sie verfolgt, den »Ring« in einiger Aktualität zu fassen, ohne sich allzuweit von den Bedingungen zu entfernen, die dem Werk seine Entstehungszeit aufprägte. Denn nicht vollständig tritt das Werk mit seiner Geschichte aus jenen Bedingungen heraus. Darin mag heute bereits seine gründende Problematik zutage kommen: dergestalt überwiegt, unter dem Schein einer Innerlichkeit, die nur als Schein des Auswendigen Herr werden kann, die schwere Masse der Stoffgehalte gegenständlicher und musikalischer Art die kargen Motive an Wahrheit, die vergebens von Symbolen angeredet werden, daß die Stofflichkeit – auch die musikalische, die ausschließend expressive Konstruktion also – unverwandelt bleibt und so, wie der Totalitätsglaube der Bayreuther Gründerjahre sie bildete. Unverwandelt aber wäre sie unerträglich und läßt sich doch nicht völlig verwandeln. Damit ist einer Aufführung, die den »Ring« vorm Verfall in der Zeit retten möchte, der Zwang zum Kompromiß vorgezeichnet. Die Unmöglichkeit, die Bayreuther Tradition zu bewahren, muß sie erkennen. Aber auch das Illusionstheater, das jene als fragwürdigen Gral hütet, darf sie nicht völlig tilgen. Der Regisseur Wallerstein und der Maler Ludwig Sievert halfen sich durch Stilisierung; suchten, die drastischen Intentionen des Illusionstheaters in Abbreviaturen zu fassen, die nicht minder sinnfällig und dinglich, aber doch geschmackvoller und kunstgewerblich arrivierter sind als das Illusionstheater, dessen Scheinhaftigkeit durchaus bestehen bleibt. Frage, vom Werk aus: ob durch solche kluge Verzögerung die Depravation des Ringes bekämpft oder, indirekt, gefördert werde. Für die Szenenbildner jedoch keine Frage; sie wissen taktvoll den echt flammenspeienden Lindwurm und die echt symbolische Felsenlandschaft auszubalancieren. Ich bin für den Lindwurm. – Musikalisch leitete Krauss und gab der Aktualität das Ihre durch die raschen Tempi, mit denen er das romantische Espressivo ausschliff und gänzlich funktionalisierte: eine Sünde und ein sehr guter Instinkt. Die Polyphonie des stets noch imponierenden dritten Aktes bekam eine Lockerheit, die man nicht gewohnt ist, und beleuchtete neu genug Richard Straussens eigentliche Ursprünge. Von den Solisten des Abends mochten Frau Sutter-Kottlar als Brünnhilde und Herr Schramm als sicher bewährter Mime am besten ihren Platz gefunden haben.

 

Das Hauptereignis: Mahlers viel zu selten gehörte Fünfte im Museum, unter Krauss schön gespielt, besonders schön das Scherzo. Hier ist es groß und weit und maßlos und hat doch das rechte Maß: im festen Weg, nicht im sprengenden Ziel. Wie stimmt es doch, daß diese Symphonie zwei erste Sätze hat: Kritik des symphonischen Apriori vom ›Ecksatz‹, der mit dem Zerfall des Sonatenrechtes sein eigenes Recht verlor. Wie stimmt es, daß in Vorwegnahme der Neunten die ungewisse und romantische Heiterkeit oder Melancholie des Ländlers zertrümmert und kontrapunktisch gehärtet ist. Wie stimmt es, daß die Größe von Mahlers frühen Adagiosätzen, dem Finale der Dritten und den Variationen der Vierten, gegenüber der Realität des neuen Tones suspekt, zum Adagietto und Vorspiel zusammenrückt vor dem letzten Rondo, das als Form die Glut des Mahlerschen Angriffs bestehen darf. Mahler hat mehr gewagt als in der Fünften; selten hat er mehr gewonnen. – Die Kindertotenlieder trug ein sehr renommierter Sänger vor, begleitet vom Symphonieorchester; trug sie vor auf jene poetisierende und musikfeindliche Weise, die unter der Ideologie der ›Gestaltung‹ offenbar die Zeit der Wagner-Nachfolge überdauert hat. Im gleichen Konzert dirigierte Wendel die Orchesterbearbeitung von Schönbergs Verklärter Nacht, die seltsam konsistent und frisch bleibt aller Stilwandlung zum Trotz. Im jüngsten Museumskonzert gab es die Feuervogel-Suite von Strawinsky, ein Frühwerk, in dem noch Farben aus Rimskijs gepflegtem Atelier stehen: aber schon fliegen die Fenster auf, und der entfesselte Tanz schwirrt und flimmert und stampft über die Musik und bewegt sie von Beginn.

APRIL 1926

Bernhard Sekles' heitere Oper in vier Aufzügen »Die zehn Küsse« kam unter Krauss zur Uraufführung und fand lebhaften Beifall. Der Text von Karl Erich Jaroschek hält sich stofflich an Andersens Märchen vom Schweinehirten, und die Form der Märchenoper ward insgesamt intendiert. Darüber entscheiden nicht zuerst die Vorgänge des Buches, ihre harmlos abgeleitete Phantastik; darüber entscheidet die Musik, der das Buch dient. Denn im Wort wird amateurhaft geschickt und naiv geläufig ein Motiv abgewandelt, dessen Symbolgehalt, rational überdeutlich belichtet – retournons à la nature! –, sich verlieren möchte zwischen den angenehmen Bildern; der Musik aber ist es ernst mit ihm. Man kennt die geistige Deszendenz des Komponisten, der, am Rande des Brahms-Bereichs zu Hause und von dorther ein wenig folkloristisch prädisponiert, mit der bedächtigen Pflege eines ganz europäischen Exotismus seinen eigenen Bezirk genremäßiger Sicherheit sich gewann. Dem Wagnerschen Bannkreis enthoben, als einer der seltenen jener Generation, kam er zur Oper mit der Erfahrung, daß jener Genrebezirk zu schmal doch ist, seiner ursprünglich lyrischen Anlage Raum zu lassen. Aber auch die neue Breite, die er in der »Hochzeit des Faun« gefunden, wurde ihm suspekt, im Sinne des frühen Gleichmaßes dachte er sie zu korrigieren; Orchesterminiaturen zogen die Dimensionen zusammen, Kammermusik reduzierte die harmonischen Mittel, das Märchen nun meint Rückkehr durchaus. Es ist keine billige Rückkehr und wurde Märchen darum. Sekles weiß in der neuen Oper: daß all dies Sichere, Tanz und Farbe und süßer Gesangston, schwand und sich nicht halten läßt wie die Wesen aus Märchen. Wie Dinge der Märchen werden jene Dinge, Formen also, immer kleiner darin, ein paar rhythmische trillernde Takte stellen ein Menuett vor, ein paar kichernd imitatorische Melodiezeilen – die Hofdamen des 2. Aktes – ein Ensemble, und am Schluß gar spiegelt knappste Strophenwiederholung die große Expansion des Vaudevilles aus Mozarts Entführung. Mag immer dies Kleine nicht polemisch gegen Wagner gesetzt, sondern fern von ihm entstanden sein und ohne Gewalt über den Zauberer, seine Gewalt hat hier doch ihre Grenze. Die unscheinbare Nachtigall triumphiert, der Wahrheitsgehalt der Oper ist ihr Märchengehalt: die Macht des geringsten Wirklichen über die trügende Größe. Ihre Form versteht sich besser unter dem Gleichnis des Teppichs als unter dem der Architektur; nicht aus Bausteinen wird ein ragendes Ganzes gefügt, in ein zartes Gespinst wird Einzelnes verwoben, um deswillen nur das Gespinst besteht. Nicht die Szene, immer bewegt, entscheidet über den Wert der »Zehn Küsse«, nicht der ariose Wille: den Ausschlag gibt die dünne, luzide Meisterschaft in Bildung und Einsatz der Details. Die Hauptverdienste der erfreulichen Premiere waren diesmal bei den Inszenatoren, dem Maler Sievert und dem Regisseur Wallerstein, die eine skeptisch transparente Märchenluft mit vielen Geisterchen bunt bevölkerten und klug den Details folgten, ohne den Stilisationsrahmen zu sprengen. Die Direktion von Krauss, sorgsam und liebevoll, schien mir etwas zu sehr auf die große Linie auszugehen, wo es anderes gilt; die Tempi hatte ich mir durchweg gemächlicher vorgestellt. Die Vertreter der beiden Hauptpartien waren nicht ganz glücklich an ihrem Platz. – Sonst gibt es an der Oper ein paar Umbesetzungen: im »Figaro« überraschte Elisabeth Friedrich mit einer gesanglich ausgereiften Susanne – lange hörte man, mit der kostbaren Stimme der Gentner-Fischer als Gräfin, das Briefduett nicht so ungetrübt –; Benno Ziegler zeigte sich als routinierter Figaro; im »Rosenkavalier« aber ist Adele Kern eine reizende Sophie.

In der »Symphonischen Nachtmusik« von Joseph Marx, die Krauss im Museum zur Uraufführung brachte, bleibt einem nichts erspart. Es herrscht da ein Großbetrieb mit Brunnen, Mondgeflimmer und Inbrünsten jeglicher Art, dessen stramme Stimmungsorganisation kein Plätzchen zum Atmen freigibt, und wär' es noch so klein. Die Stille der Nacht strömt erotissimo, die Nachtigallen dürften vierfach besetzt sein, Klavier, Harfe, Celesta produzieren Impressionismus, weil er doch einmal modern war; die hohen Geigen indes behüten mit ihrem Vibrato die original romantische Flamme. Harmonisch weiß man wohl mit Schreker Bescheid, bleibt aber bei aller Erotik doch ehrbar, wie es sich gehört. Muß es sein? Es muß sein. Man soll nicht sagen, die Konzertmusik habe alles soziologische Interesse verloren. – Die d-moll-Symphonie von César Franck, vom Symphonieorchester unter Wendel gespielt, ist eine langwierige Angelegenheit. Sie will das Inwendige haben und das Auswendige halten; sie fühlt wie Brahms und klingt wie Liszt. Der Brahms wird ein wenig falsch dabei und der Liszt ein wenig blaß, manchmal kommt man unversehens zu Massenet; aber das Ganze, fatal gemäßigt zwar und ohne allen Einsatz, ist wenigstens anständig balanciert, und der erste Satz läßt sich noch ganz gut hören. Am gleichen Abend gab es die deutsche Premiere des Concertinos für Klavier von Honegger. Das kurze Stück hat im Eröffnungsteil den klassizistischen Ton des jüngsten Strawinsky und läßt sich cembalistisch an; doch ist es ihm damit nicht so ernst, daß es nicht im Andante zur mechanisch-obstinaten Bewegung einen sehr weichen, sehr französischen Orchesterklang stellte; der Schlußmarsch bekennt sich wieder zu Strawinsky; doch das Ganze zeigt die Neigung, alles Ungebärdige und Verzweifelt-Ironische des Russen mit der Tradition zu versöhnen und zu mildern: als ob die kubistische Objektivität sprunglos an jene natürliche sich anschlösse. Hübsch, sehr hübsch ist das Stück gemacht, ohne Bombast; im Orchester herrschen die stumpfen Valeurs vor, die Form hat ihre schmale Sicherheit, der Witz bleibt Scherz. Nur im Klaviersatz wird das fragwürdig Bequeme der ganzen Verfahrungsweise offenbar. Von Honegger ist kein Aufruhr zu erwarten. Die Tendenz zum Kunstgewerbe, die mit Strawinsky anhebt, trägt er geschmackvoll und prätentionslos weiter. Das ist nicht so wenig vielleicht, wie es deutschen Ohren scheinen mag. Hoehn interpretierte das Concertino vortrefflich, und Wendel hatte, mit Weber zumal, seinen guten Tag.

 

MAI 1926

 

Seitdem Ernst Kreneks 2. Symphonie die friedsamen Gäste des Kasseler Tonkünstlerfestes verstörte, mißt man dem Autor repräsentative Verantwortung zu für den Bestand der symphonischen Form. Die Gewalt seiner Kundgaben sucht man in ihrem objektiven Seinsbestand, nicht im subjektiven Zwang privaten Ausdruckswillens. Tatsächlich kommt dem das Schema entgegen. Von romantischer Seelenlyrik hält es nichts mehr in sich, nichts von schmückender Farbe, nichts von ausgelebtem traditionalem Gut: sein Maß scheint Wahrheit allein. Ist sie es auch? Die 4. Symphonie, für Bläser und Schlagzeug gesetzt, vermag Wahrheit nicht zu bewähren. Sie ist konstruktiv gedacht: dem faulen Pflanzentum einer Musik, die sich Schöpfung meint, möchte sie die harten und bestimmten Umrisse des Gebildes kontrastieren, das lauter die ratio überwacht, hoffend, es möchte ihr abstrakter Prozeß endlich in die Konkretion hereinschlagen, die unter dem Zeichen des Organischen nicht mehr gewollt werden darf, weil das bloß organische Kunstwerk als Trug der blinden Seele sich enthüllte. Den hohen Erkenntnisstand kündigt jene 4. Symphonie an, ohne ihn zu realisieren. Die Konstruktion ist nicht durchkonstruiert. Die Technik nähert sich, nach einmaligem Hören zu urteilen, der der beiden Klaviersuiten. Sie ist der Intention nach das Negativ organischer, gewächshafter Technik; an Stelle von Entwicklung jeden Sinnes, motivischen, metrischen, kontrapunktischen, tritt Neues schlechthin; neues Motivmaterial, andere Rhythmik, ohne daß die alte ihre – wie immer asymmetrische – Konsequenz fände; Einstimmigkeit, ehe die Kontrapunkte ausgetragen sind. Das Negativ des Organismus jedoch wird nicht in Strenge geprägt, sondern wahllos aus Trümmern des Organismus imitiert, dergestalt, daß geschlossene Technik überhaupt nicht sich konsolidiert. Dabei ist vorweg an den Strawinsky und die fragwürdige Musizierlust zu denken, an die Sequenzen, in denen die Strenge sich ausruht. Weiter will die Harmonik etwa, schwankend durchaus, als gleichgültiges Resultat der konstruktiven Kontrapunktik gelten. Jene aber läßt es sich an einer billigen Dreistimmigkeit genug sein und verfällt stets und stets wieder dem Diktat der Harmonik – der nächstliegenden –, die sie konstituieren sollte. Das Thema möchte bloßer Baustein sein für die Form. Zugleich jedoch wird die Form also aufgelöst, daß das Thema, in ihr sich zu behaupten, Plastik anstreben muß, die ihm, dem Negativ symphonischer Thematik, banal nur geraten kann. Die Farbwerte stehen als Registrierwerte – darum wohl die Reduktion auf den Bläserklang! –, sollen allein die Konturen deutlich machen. Sie machen sie undeutlich und trübe. Anstatt das Ganze neutralen Bläsern aus einer oder zwei Familien (Hörnern und Klarinetten) anzuvertrauen, wie es folgerecht wäre, wird ein vielfarbiges Blasorchester zu einem abstrusen Mischklang aufgeboten, dessen skurrile Koloristik die Sachlichkeit verulkt, der es hätte dienen müssen. Dabei steht es frei, den Ulk als dämonische Absicht dem Negativ einzukalkulieren, oder als Unzulänglichkeit des technischen Vermögens zu werten, das darum nur Negativ des Organismus wird, weil es zur Konstruktion nicht ausreicht, und darum auch das Negativ des Organismus nicht stimmig bannt, sondern bald organisch auffüllt, bald romantisch ironisiert. Gesetzt selbst die Möglichkeit solcher negativen Objektivität im radikalen Vollzug: ihr radikaler Vollzug müßte innertechnisch sich legitimieren. Bei Krenek bleibt er in Willkür und unverbindlich. Gerade von ihm, dem Unsentimentalen, der das Recht von Erkenntnis in Musik musikalisch wie theoretisch zugesteht, ist Erkenntnis der eigenen Situation zu fordern. Hier müßte sie ihm zeigen, daß die Wahrheit des Beginns von der Falschheit des fertigen Werkes dementiert wird. Der Macht ideologischen Scheins dürfte er am wenigsten erliegen. Sie aber reicht in den Rechtsanspruch einer Sachlichkeit, die sachlich nicht stichhält. – Von der Begabung reden, die auch in dieser Vierten zutage kommt, hieße den Komponisten ebenso beleidigen, wie wenn man ihn gegen die Zischer verteidigen wollte, die sich bemerkbar machten. Das Verdienst der Aufführung, die wohl authentisch war, kommt Ernst Wendel und dem Symphonieorchester zu. Der gleiche Abend brachte Lieder von Rudi Stephan, die Hellmut Andreae instrumentierte; sicher zwar, doch mit der sinnlichen Buntheit mehr ihr Vergangenes als ihr Bleibendes fassend. – Krauss führte im Museum die Impressioni dal vero von Malipiero auf, alle drei Teile. Ein bißchen viel vielleicht des gleichmäßig Hübschen, aber sauber sind die Stücke, leicht und ohne viel Anspruch. Dabei originell in der Weise, mit der sie ihren Debussy empfangen. Wie jener ersetzen sie das fortgesponnene Thema durch die kleine wiederholte Tonreihe, sind aber harmonisch minder wählerisch, lockerer. Sie fügen sich nicht aus Partikeln; sie spielen sie gleich losen Fäden ins durchsichtige Muster. – Der Wiener Stiegler exzellierte danach im Waldhornkonzert von Strauss, das man ruhig verbleichen lassen dürfte, ohne daß dem Komponisten und dem Hörer etwas entginge. Zum Beschluß gab es Bruckners erstaunlich explizite Erste. – Im jüngsten Museumskonzert interpretierte Prokofjew sein Drittes Klavierkonzert und machte einige Sensation, da das Publikum eifrig einem modernen Stück die Genießbarkeit attestierte. Mit Recht; denn aus neuer impassibilité und altem sentiment ist, wie man das nennt, eine Synthese gefunden, deren Elan die Ohren hängt. Wem dabei der Rachmaninow recht ist, dem muß der Strawinsky billig sein; und da alles sicher gehört, kurz angefaßt und auf sehr achtbarem Niveau gehalten ist, kein langweiliger Takt steht und Prokofjew sich als Pianist ganz überragender Qualität entpuppte, gönnt man dem Werk gerne den Erfolg. In einem Sonderkonzert ließ sich Weingartner mit dem Symphonieorchester vernehmen; bewundernswert in der federnd präzisen Rhythmik, der stereoskopisch deutlichen Einsatztechnik; beängstigend in der offiziellen, nirgends freilich vulgären Strenge, die zwischen den elastischen Gesten nicht das leiseste Austönen mehr erlaubt. Unbegreiflich zudem, daß er seine Objektivierungskunst gerade an Tschaikowskys Pathétique und Liszts Tasso demonstrierte. – Die Kammermusik blieb, wie im ganzen Winter, auch im März spärlich vertreten. Die Böhmen spielten das vielgeschmähte neue Quartett von Janácek, und gewiß, wäre diese Musik nichts als ihre Theorie, sie wäre nicht gut; aus Folklore und Sprachmelodie läßt sich die ersehnte Konkretheit nicht zusammenaddieren. Nur allerdings: es wird gar nicht addiert, es ist dem Quartett einige Konkretheit vorgegeben, obwohl es sie affichiert, und in den schwirrenden Fragmenten findet sich für Augenblicke echt und nah das Elementare. Die Böhmen waren diesmal nicht auf der alten Höhe; bei Beethoven ließen sie es sich gar zu wohl sein in der eigenen Naivetät, und dem Quartett von Ravel zumal blieben sie den Klang schuldig. Dies Stück endlich klingt auf eine Weise von der Vergänglichkeit, daß man nicht denken kann, daß es vergehe.

 

Bernhard Sekles, »Die zehn Küsse«. Sekles geht in der neuen Oper aufs Märchen aus. Das wäre nicht erstaunlich bei einer Musik aus neuromantischer Sphäre, die ihrem Schein vom Glanze der besseren Unwirklichkeit Realität erborgen möchte. Allein damit ist es hier nicht getan. Zwar die Mittel sind die eines milden Exotismus, der mehr dem folkloristischen Brahms als dem Straussischen Zauberorchester verwandt ist. In solcher gemäßigten Haltung aber findet Sekles mehr, als die Haltung ihm von sich aus zugesteht. Fern von der großen Totalität nachwagnerischer Zauberopern trifft er verborgen ein echteres Märchenmotiv denn jene. Er zielt auf die Miniatur. In ihrer Vereinzelung mag eigentlich die Vereinzelung von Märchen-Entitäten sich spiegeln, deren abstrakte Zusammenfassung sie rational nur verfälschen könnte. Es ließe sich einwenden: einer Musik, die derart in der Miniatur sich bescheidet, Miniaturen aufreiht, fehle die formkonstitutive Kraft. Der psychologische Einwand faßt nicht die Gehalte. Daß Formen nicht in Größe konstituiert wurden, folgt aus der Erkenntnis, daß Märchenwesen – auch streng in ihrer musikalischen Repräsentation – der lyrisch motivischen Zelle nicht in Formen eingehen können, wenn diese im voraus nicht ihnen gesetzt sind. So bleibt legitimerweise nur ein loser musikalischer Oberflächenzusammenhang gewahrt, den zu stützen das Buch gerade ausreicht. Karl Erich Jaroschek hat aus Andersens »Schweinehirten« einen arglosen Text gebaut, der die Szene füllt und der Musik Raum läßt. Daß er ihr im vierten Akt eine Liebesszene zumutet, für die sie zu schade und wieder zu unmittelbar ist, korrigiert sie durch die Diskretion dieser Szene. Im zweiten Akt vollends bewährt sie sich stichhaltig im Kleinen.

Mit all dem soll weder der Märchenoper eine Ideologie gemacht noch die resignierte Bildung von Miniaturen generell verteidigt werden. Bestätigt sein soll vielmehr die wählerische Echtheit einer privaten Lösung. Sie bewies bei der Frankfurter Uraufführung ihre Lebensfähigkeit theatralisch sogar, und leicht könnte ihre Konkretion minder abstrakt sich zeigen, als ihre allgemeine Benennung vermuten läßt. Clemens Krauss dirigierte sicher und fest, ein wenig nur zu schwungvoll führte er die Zellen ineinander über. Die beste Leistung des Abends bot der Regisseur Wallerstein mit melancholisch gefesselter Phantasie. Der Beifall war überaus herzlich.

 

JULI 1926

 

Zur österlichen Aufführung des »Parsifal« wäre mehr nicht zu sagen als etwa: daß man nicht darum ein Werk dem täglichen Repertoirebetrieb zu entheben brauchte, um es desto wirksamer nur verstauben zu lassen. Das gilt vor allem für die wahrhaft archaische Regie, deren sich die neuen Männer dringend annehmen sollten, wenn anders sie die produktive Kritik an der Bayreuther Tradition entschlossen weiterführen wollen. Auch musikalisch gab es, außer der vorzüglichen Kundry der Frau Gentner-Fischer und dem rein singenden Ensemble der Blumenmädchen, wenig Erfreuliches; der ohnehin gefährdete dritte Akt dehnte sich zu schlechter Unendlichkeit. Wenn freilich im mythischen Zwielicht des Mysteriums der sündige, nur eben leidende Amfortas dem Bild des Erlösers sich anzugleichen strebte, so mag solche Verwirrung entschuldbar sein angesichts der Oper, die ihren Helden, während er in die heilige Anonymität des Amtes eingehen soll, mit seinem Thema keck und namentlich abstempelt. Dies alles ist sehr mythologisch und sonderbar, und unerfindlich bleibt jedenfalls, warum stets noch die Zuschauer ehrfürchtig schweigen, als ob sie in der Kirche wären, während sie doch recht sehr im Theater sind und wenigstens klatschen sollten. Indessen bezeugt auch das Schweigen wieder die merkwürdige Konfusion. – Den »Don Juan« studierte man neu ein und vergaß nicht, den zweiten Titel des Originals, »Der bestrafte Wüstling«, hinzuzufügen. Darin sprach Absicht sich aus, Absicht der Regie Wallersteins: nicht als nummernfrohe Musikoper, nicht auch mit dummtiefer Psychologie wollte man das Spiel fassen, sondern dem barocken Ursprung gemäß: als Repräsentation des frohen Gerichts, das über die stumme Natur ergeht. Der dissoluto punito wird zum Objekt ganz und gar, wachsend bedrängt von den Worten der Freiheit und Gerechtigkeit; bar aller Spontaneität und lächerlich von Beginn, bis er zum Teufel gejagt wird gleich der feudalen Legitimität, die er in Abstraktheit darstellt. Daß der Umschlag sich vor dem Totenbild ereignet, entspricht demnach der Konstruktion Benjamins im »Ursprung des deutschen Trauerspiels«. Musik aber ist das Mittel, Stummheit konkret zu lösen. Sinngemäß schloß man mit dem meisthin unterdrückten Finale des Originals. – Es ist für die mutige Konsequenz der Aufführung zu danken, ihre Erkenntniskraft zu bestätigen, ihre Problematik jedoch nicht zu verschweigen. Denn wenn schon Mozart im Barock nicht aufgeht; wenn der Don Juan des Zerlina-Duettes und der Champagnerarie nicht anstandslos apersonal und passiv zu nehmen, nicht der stummen Natur eindeutig zuzuordnen ist, so wird die Möglichkeit solcher Objektivierung vollends fragwürdig heute, da die Wesenheiten, auf die die Inszenierung zielt, derart verfielen, daß die verfallenden selbst nicht mehr abstrakt durch Personen repräsentierbar sind; die bedeutende Macht der Oper über Realien schwand. Der Versuch, ihre geschichtlich-ursprünglichen Gehalte geschichtsfrei zu treffen, bringt notwendig historisches Kunstgewerbe hervor und Schein. Mochte die bewegliche Phantasie und der Takt Wallersteins die Gefahr noch maskieren; bereits an den Bildern von Sievert wurde sie evident. Sie waren reizvoll zwar wie stets; verspielt jedoch, ohne daß die Intention der Regie ihre Verspieltheit zureichend hätte tragen können. Musikalisch widersprach die Aufführung fast der Regie. Krauss griff die Partitur so dynamisch und expressiv an, wie sie von Wagner aus sich darbietet. Nur freilich profilierte er sie so viel weniger deutlich, als der szenische Teil akzentuiert war, daß streckenweise die Bühne den Mozart erschlug – ohne ihre Schuld. Der Eindruck blieb zwiespältig. Aber er rührte doch an die radikale Frage: ob selbst kanonische Werke der Vergangenheit heute noch adäquat reproduzierbar sind.

 

Gegen Ende der Spielzeit kam man zur Auseinandersetzung mit repräsentativen Interpreten, die der vorigen Generation angehören. Die Musiker des Rosé- und Carl Friedberg rechnen zu ihr nach Jahren, Wilhelm Furtwängler nach Anlage und entschiedenem Willen. Sie alle wurzeln in der Tradition des 19. Jahrhunderts: die ihnen die Konturen der Werke sichtbar noch vorzeichnet; ihnen allen ist darüber hinaus gemeinsam Absicht und Fähigkeit, in der Tradition ihr eigenes expressives Bedürfnis bestätigt zu bergen. Das prägt die Darbietungen noch auf ein weites Stück; die langsamen Tempi walten vor, die Liebe gilt der lyrischen Deutlichkeit der Details. Bezeichnend jedoch, und nicht nur individuell bezeichnend, wie bald sie sich differenzieren. Die Rosés, am sichersten der Tradition, haben sich einen Spätstil von distanzierter Objektivität auskristallisiert; sie arbeiten mit breiten Flächen und unterstellen den Klang stets und stets der Wertigkeit der Linien; verfügen frei und bewußt über jede Nuance, ohne das Ganze für Sekunden auch nur zu gefährden. Zwei Quintette von Mozart strahlten in unberührter Luzidität; der erste Satz des F-Dur-Quintetts von Brahms gewann in der großartigen Disposition der Interpreten eine Steigerung, die in dem dünnen Stück kaum nur gedacht ist; vor dem Bruckner-Quintett gar wurde die Aufführung zur Kritik, deren Schärfe die Schärfe war, die das Werk und seine Risse vollendet sichtbar machte, jene durch die eigene Geschlossenheit im Kontrast noch vertiefend. Ottmar Gerster war als zweiter Bratschist ein besonders tüchtiger Helfer. Friedberg spielte mit Klingler, den er überlegen und unauffällig führte, die drei Violinsonaten von Brahms. Sein Spiel ist strengen Sinnes Gestaltung: geht aus auf die stereoskopisch-plastische Darstellung der thematischen Gestalten. Das Tempo – langsam, eine akustische Zeitlupe –, die Dynamik, auch der überfein registrierte Klang dienen, als wollte der Pianist durch die Genauigkeit der Vergrößerung die Umrisse der Werke bewahren, die langsam der freien Interpretation entschwinden. Dies Bewahrende des Willens und Vermögens, gedenk der gründenden Problematik der Aufgabe, ist von hoher geschichtlicher Dignität und zwingt unmittelbar. Bei Furtwängler vollends ist die bewahrende Intention bewußt freigesetzt. Sie prägt sich aus gerade in der scheinbaren Souveränität, kraft deren er das Werk neu anschaut: mit einem Werk in subjektiver Wahl von vorn beginnen, heißt heute bereits schon: das Recht der Interpretation auf Freiheit bewahren wollen. Inhaltlich sucht Furtwängler die sinkenden Gehalte der Tradition aus der Stärke des eigenen Wesens wiederherzustellen; die Tradition zu retten, indem er sich ihr entzieht. Der erste Satz von Bruckners Romantischer erscheint nicht im üblichen alla breve, sondern zu Vierteln verbreitert; und gewinnt nochmals die feierliche Macht, die beim Werk zu blassen beginnt. Der Klang des Meistersingervorspiels dehnt sich in ungewohnten Schwellungen; und wieder leuchtet frisch sein Glanz. Der »Eulenspiegel«, sonst Paradestück der orchestralen Farben, wird zum Spielrondo verlorener Zeit, in behaglicher Grazie; und zeigt erst wahrhaft die melancholische Lustigkeit seines Psychologismus. So zaubert Furtwängler Vergangenes zur Gegenwart, indem er es aufsteigen läßt aus seinem Selbst. – Den Meister und das ebenbürtige Berliner Philharmonische Orchester belohnte jubelnder Beifall. Er hatte eindringlich demonstriert, wie weit die Fähigkeit der Person reicht, dem geschichtlichen Gang in Existenz sich entgegenzustellen. Aber auch: daß gerade jener Widerstand die Macht der Geschichte bestätigt, weil ihr Gang allein den ungebundenen Einsatz der Person erzwingt, die zur Zeit einer realeren Tradition von ihr umhüllt wäre.

 

AUGUST 1926

 

Die Spielzeit ist zu Ende; man hat nach dem Ergebnis zu fragen. Es wurde gearbeitet, das Gesamtniveau der Repertoireaufführungen hob sich, es gab bemerkenswerte Regenerationen. Fraglos geht von Krauss wie von Wallerstein Initiative aus; echte Operninitiative zumal. Gleichwohl wird man der Erfolge nicht recht froh. Einmal, weil die problematische Situation, in der Opern heute stehen, tief in alle Interpretation hineinwirkt; dann aber auch, weil man den Forderungen jener Situation kaum entschieden nachfragte. Kein Werk wurde aufgeführt, das die Situation verbindlich bezeugt; keines auch angenommen. Die versprochene »Erwartung« von Schönberg blieb man die zweite Saison schuldig; von Strawinsky und Ravel war überhaupt nicht die Rede, und an dem schlechthin verpflichtenden Wozzeck von Berg ist man vorbeigegangen, obwohl man auf das Werk gerade in Frankfurt aufmerksam geworden war. Statt dessen kündigt man eine d'Albert-Uraufführung an. Das stimmt bedenklich. Die beste Tradition der Frankfurter Oper waren ihre mutigen Programme. Will man sie preisgeben um einer Spielsicherheit willen, der man den realen Grund nicht mehr glauben kann? Sieht man nicht ein, daß das Stil- und Spielideal der Oper als einer Einheit für die Sinne allzu leicht nur heute eine Ideologie wird für das schlechte und gemäßigte Genußbedürfnis des Opernpublikums, des kunstfremdesten, das sich denken läßt? Daß dem romantischen Ideal mit so viel Können, unter dem Schein des Gelingens, nachgestrebt wird, vertieft bloß die Gefahr. Die letzten wichtigen Neueinstudierungen machten das evident. Die »Salome« hat man der freilich unpraktischen Lertschen Inszene entrissen und mehr noch, man wollte sie der leise beginnenden Lächerlichkeit des neuromantischen Stimmungstheaters entreißen, in strengere Konturen spannen. Man tat es durch eine neuere Romantik, man zögerte, die beargwöhnte impressionistische Feuchtigkeit konstruktiv dranzugeben, und rahmte sie kunstgewerblich ein; desavouierte sie durch Stilisationen, die ebenso vergangen sind wie sie selbst; und freilich, was soll ein Regisseur jetzt mit der Salome anfangen, wenn er nicht aus Rußland kommt und darum die Leute ihm alles verzeihen? Tatsächlich verfällt die Salome bereits, nicht bloß der Text, der nie bestand; zu wenig ist ihr an gesicherter Formsubstanz vorgegeben, als daß die Impression tektonisch sich bestätigte; fast ist beim ersten Auftritt der Prinzessin die Spannung des unnachahmlichen Beginns dahin. Die Direktion von Krauss heftete sich an die Rhythmik, zwangsläufig um der Stilisation willen, die, banal genug, keinesfalls als Zentrum der Salome gelten kann. Oft genug überdeckten die grellen Schlagzeugakzente die Farbvaleurs. Das Straussische Tempo war da, und Frau Gentner-Fischer sang sehr schön. – Der Ring kam mit der »Götterdämmerung« zum Abschluß. Krauss bot darin, trotz einiger Klangexplosionen, die beste Leistung, die ich von ihm hörte: Metaphysik eines Virtuosen. Die Problematik der Regie jedoch, bereits beim Siegfried angedeutet, wurde drastisch aktuell; objektiv, nicht als persönliche Unzulänglichkeit des kultivierten Regisseurs. Der Verzicht auf den Illusionismus der Wagnerschen Zauberoper mußte den Schluß völlig verbiegen; da es keinen Walhallsaal gibt, kann er auch nicht untergehen, Gunthers Mannen sind, nach Brünnhildens diskretem Abgang, friedlich neutrale Zuschauer eines kleinen meteorologischen Spektakels, und danach demonstrieren Morgenrot und Regenbogen, daß es mit der Verneinung des Weltwillens doch nicht so gefährlich ist. Das mag als Wagner-Kritik treffen, ist ihm selber aber nicht zuzumuten; im Werk wirkt die Katastrophenlosigkeit katastrophal. – Solistisch entschied den Erfolg die exzeptionelle Brünnhilde der Frau Sutter-Kottlar.

Hermann Scherchen veranstaltete zu wohltätigem Zweck im Rahmen des Frankfurter Tonkünstlerbundes zwei Festkonzerte, die ungemein stark besucht waren. Ihnen gebührt mehr noch als das lokale Interesse, das ihnen wurde: abseits einer Tradition, die ernste Fragen nach dem aktuellen Recht geistlicher Musik nicht aufkommen läßt, führten sie unmittelbar in die Problematik sakraler Kompositionen dieser Zeit sowohl wie neubelebter, die vergangen sind. Die Unmittelbarkeit gerade und Freiheit von historischen Bildungsideologien, die ihnen dabei eignete, ließ die Historizität des Gegenstandsbereiches plastisch hervortreten.

Den Beginn machte die »Rappresentazione di anima e di corpo« des Emilio de Cavalieri; historisch vertraut als eines der ersten Werke, die entschieden dem stile rappresentativo zuzählen; stumm jedoch als Gebilde und dem Leben nicht zu beschwören. Die Stummheit ist nicht als Langeweile zu verstehen; ihr wich die Aufführung klug aus, und weit eher wäre vom archaistischen Vergnügen zu reden; das jedoch ist vom gleichen Stamme. Die vollendete Fremdheit des Werkes genießen wir allenfalls an ihm. Was daran traditional sein mochte – also etwa die Chorsätze, die an den bereits akkordischen Madrigalstil des ausgehenden 16. Jahrhunderts anknüpfen, trifft uns mit Reiz und einiger Frische; sein Neues dagegen, der Grund seines Ruhmes, die rezitativischen Deklamationen, erreicht uns nicht. Zwar mag die Zeit anderes als Gehalt eines Werkes herausstellen, als wodurch das Werk zu seiner Zeit wirkte. Dies andere aber ist in der Rappresentazione heute ihr Vergangensein selbst. Während der gläubige Zug, der einmal das Ritual der allegorischen Handlung mit der bestätigten Hoffnung in ihr binden mochte, getilgt ist, bleiben die Formen, die er bewegte, starr übrig und zerfallen vor Kritik. Was der späten Renaissancemusik als letzte ästhetische Umhüllung des schwindenden Gemeindegesanges angehört, erklingt nun als leeres Spiel; der Ort seines Bezuges hat sich verhüllt; Musik, die Antwort war, hat sich zur Frage gewandelt. Was aber personal ist darin, scheint derart gefesselt an die allegorische Intention, so unfrei als redende Musik, daß Trauer allein daraus sich mitteilt; Trauer wohl, die dem Ursprung der Oper zugehört; die aber dem oratorischen Beginn sichtbar heute widerstreitet. So klärte die entschlossene Aufführung die Erkenntnis, ohne daß sie den Grund erreichen durfte, auf dem das entstehende Werk in Einheit konkret ruhte. Sie war entschlossen in der Tat: durch expressive Akzentuierung sowohl wie durch Drängung. Die Notwendigkeit indessen, so zu verfahren, machte die objektive Unmöglichkeit der Aufführung evident. Heute wäre die Rappresentazione unverwandelt unerträglich; die Verwandlung löst sie auf. Interpretation zeigt den faktischen Zerfall an.

Es folgte eine Cembalotoccata des älteren Scarlatti, von Alice Ehlers trefflich gespielt; dann die Bach- und Fuge von Reger, die, auch technisch, so durchaus unter dem Niveau des Meisters liegt, daß selbst Günther Ramin sie nicht zu retten vermochte. Den Beschluß machten vier anachronistisch schöne Graduale von Bruckner, die dem a cappella-Chor 1923 unter Scherchen besonders gut gelangen.

Das zweite Konzert nahm seinen Stoff aus der Gegenwart. Ihr anzugehören möchte Heinrich Kaminski gerne verzichten. In seinem Magnificat geht es überaus sakral zu, ohne daß es doch gelänge, von der Wirklichkeit einer ecclesia orans zu überzeugen, die dies Gebilde zumindest nicht trägt. Ein Privater vielmehr teilt seine religiösen Erlebnisse mit – wahrhaft nur eben religiöse Erlebnisse – und sucht seiner Privatheit objektive Dignität zu erzwingen, indem er sie mit den Mitteln vergangener musikalischer Objektivität faßt. In freier Setzung läßt sich keine Objektivität zeugen. Die Mittel werden von der Seele, die sich selbst ausspricht, aus ihrer Objektivität herausgesprengt; deren schlechter Schein nur bewahrt; und wenn, wie Heinrich Jalowetz scharfhörig herausstellte, die konstruktive Polyphonie Kaminskis weit eher harmonische Tendenzen vielstimmig umschreibt als real konstruiert, so gibt das mehr als bloß technischen Aufschluß. Umgekehrt lähmt der objektivistische Vorsatz die Freiheit der subjektiven Phantasie, die gefordert wäre und die man Kaminski, nach der kühnen und nachhaltigen Stelle, wo die Solostimme eintritt, gewiß zutrauen sollte. Ernster und aufrichtiger Wille ist dem Werk nicht zu bestreiten. Aber es verfehlt die Wahrheit, indem es die Wahrheit unmittelbar anredet. – Weniger ernst mit der geistlichen Musik meint es Arthur Honegger und kommt mit dem Unernst der Wahrheit vergleichsweise näher; nicht gerade durch sein Verdienst. Sein Roi David säkularisiert ohne viel Umstände das Oratorium und macht Gebrauchsmusik daraus; wo jenes über sich hinausgriff, Gott zu nahen, entsinkt diese sich selber, den Menschen zu gefallen; wo jenes als realem Zweck der Liturgie sich fügte, könnte man hier leicht die rhythmische Gymnastik als imaginären vermuten. Es erklingt deutlicher die chinesische Flöte als Harfe und Psalter, denen damit doch einiger Respekt gezollt wird. Schade nur, daß auch die Zeit der chinesischen Flöten bereits wieder so lange verging und daß das gemäßigte Kunstgewerbe, das sie tönen, nicht legitimiert ist zur adäquaten Depravation sakraler Musik, die banaler nur gerät. Schade auch, daß der Roi David so bodenlos leichtsinnig und unkontrolliert hinkomponiert ist. Für gutes Kunstgewerbe stecken Einfälle genug darin. Das Publikum war äußerst dankbar.

Man muß geistliche Musik hören, um zu erfahren, daß es keine mehr gibt. Man muß sie so gut hören wie unter Scherchen, um die Art ihres Verfalls im Material zu begreifen. Ihre unverlorenen Gehalte wird man anderswo suchen.

 

NOVEMBER 1926

 

Die Neueinstudierung des »Fidelio«, die erste der Spielzeit, hat ihre Meriten. Szenisch zunächst: Sievert und Wallerstein haben mit der Biergemütlichkeit des ersten Bildes Schluß gemacht, es in die Dynamik der Befreiungsoper hereingezogen, so gut es eben angeht; die herbe Stilisierung des Raumes unter einem lastenden Gewölberahmen erweist sich da geeignet. Im Finale kommt man spanisch und bunt und ohne schlichte Feierlichkeit. Weniger überzeugt der gar zu reizvolle Gefängnishof und der geräumige Kerker. Indessen, mit dem naturalistischen Illusionstheater ward überall aufgeräumt, und die Stilbühne, die es ersetzt, bleibt unaufdringlich genug, um nicht selber als vergangen allzu evident zu werden. Musikalisch hat nun Krauss die Leitung übernommen und geht konsequent auf Sammlung der Formen aus. Mit besonderem Erfolg in der Exposition, die endlich Exposition bleibt, anstatt die Herzen kleinbürgerlich zu beschlagnahmen; das Duett, die Marzelline-Arie und das Lied vom Gold werden alle in flottem, gleichsam vorbereitenden Tempo zusammengefaßt, die lebendige, wenn auch eben von Sängern nur unvollkommen bewältigte Führung des Dialogs und die choreographisch pointierte Gestik verkürzen ihrerseits weiter die Dimensionen, und mit all dem gewinnt Krauss Raum für ein wirkliches Adagio im Quartett, ohne sich zu früh auszugeben. Später allerdings zahlt die expressive Sparsamkeit des Beginns sich nicht recht aus. In der Kerkerszene waltet eher eine geräuschvolle Massion des Theatralischen als die weite, symphonisch gespannte Tektonik, die hier neu zu entdecken wäre. Und es hat dann die Aufführung ihren großen Hohlraum in der dritten Leonoren-Ouvertüre, die Krauss ganz fremd bleibt; die auch klanglich durchaus nicht rund gerät. Trotzdem muß man für die Auffrischung dankbar sein. Sie tilgt manches vom gewohnten Beethoven und schenkt gewiß noch keinen neuen dafür; aber eröffnet die Perspektive einer Darstellungsweise, die an der musikalischen Konstruktion ihr reines, musikdramatisch unverdorbenes Maß hat. Sehr gefeiert wurde die Leonore von Frau Sutter-Kottlar mit Recht. – Die kurz danach unternommene Regeneration der Straussischen »Ariadne«, ohnehin nicht gerade dringend gefordert, blieb im Effekt fragwürdig. Es herrschte da allseits eine Hypertrophie von Bild und Regie, der der tatsächlich geleistete Phantasieeinsatz nicht von fern entsprach. Die Kulissenöde des Vorspiels, eine wüste Insel der Herzen bereits, bevölkerte sich gastlich mit Erkerchen und Treppchen, zwischen denen die Aufgeregten rastlos nach dem Willen eines imaginären Bewegungsregisseurs agieren mußten. Die Opera seria wurde von einer großen und gülden glänzenden Leyer eingefaßt. Dies erschreckliche Requisit trennte sie zugleich säuberlich von der Opera buffa, die je und je durch zwei dunkle Türen ihren Einzug nahm, wodurch ja eigentlich bereits die Ariadne ihren Sinn verliert. In der heroischen Landschaft mußte man sich, zunebst grünen Sternen, einen leibhaftigen Nachen gefallen lassen, auf dem Bacchus heranknirschte, nachdem er vorher schon auf einer Felsplatte erschienen. Kurz, die Operninszenierung scheint jetzt in das Zeitalter von Böcklin und Klinger getreten, und bei allem Mitgefühl für mythologischen Kitsch: so geht es doch nicht. Zumal Krauss keinen guten Tag hatte, das Kammerorchester forcierte und, unbegreiflich bei ihm gerade, langsame Tempi nahm. So geschah dieser Ariadne, wozu sie reif ist: sie wurde langweilig. Denn längst hat sich Hofmannsthals großes Spiel von der Verwandlung scheinhaften Lebens in lebendigen Schein, eine melancholische Tautologie, abgelöst von der Musik, die es banal unter sich läßt. Vor der Spiritualität, die sie sich doch aufgeben muß, versagt erstmals Straussens Natur. – Die schöne Überraschung des Abends war Adele Kern als Zerbinetta; darstellerisch überaus graziös, die leichte Stimme entzückend, technisch sehr fortgeschritten.

 

DEZEMBER 1926

 

Das erste Montagskonzert des Symphonieorchesters unter Wendel brachte eine Novität: Präludium und Fuge für großes Orchester von Walter Braunfels. Das Werk zeigt an, wie sich die alte Generation, der Braunfels der Art nach zuzählt, die neue Sachlichkeit vorstellt, nämlich recht einfach. Das Präludium imitiert lange genug, nicht ohne Virtuosität, den Orgelklang, dann suchen die Stimmen sich vom tonalen Grunde abzulösen, finden jedoch eilig wieder zurück. Die Fuge hat ein hübsches Hauptthema und ist wirklich gut gemacht. Neu sind an dem Stück ein paar Zusammenklänge und sachlich, nur eben als romantisches Reizmittel, ist die organistisch-objektive Attitüde. Krauss leitete im Museum die Sechste von Mahler; sie war zuvor, schmählicherweise, in Frankfurt nur ein Mal vernommen worden. Man hat Krauss zu danken, daß er die heute noch sehr schwierige Symphonie energisch herausstellte, das Werk des Durchbruchs, mit dessen eiserner und bis zum Zerspringen angespannter Sonatenstrenge Mahler die Freiheit der späten Werke sich erzwang und das als letzte gültige und im Ausmaß des Finales bereits versinkende Sonate Bestand hat. Aber es läßt sich nicht verschweigen, daß die Aufführung nicht gut war. Im dauernd gedehnten, zudem durch willkürliche Luftpausen und Ritardandi gehemmten Tempo verlor der erste Satz den bestimmenden Marschcharakter. Das Andante, als moderato bezeichnet und der Drängung bedürftig, schleppte ebenfalls; während doch der symphonischsten und zugleich ausgedehntesten Mahler-Symphonie gerade straffe Maße nottun. Das Scherzo stellte Krauss auf den Kontrast zum Trio, das doch gar kein selbständig abgesetzter Formteil ist, sondern thematisch aus dem Scherzo hervorgeht und stets die Neigung zum Haupttempo bewahren muß. Das Finale geriet am besten; volle Plastik in der Disposition der Durchführungskomplexe ist von einem Dirigenten nicht wohl zu fordern, solange der Satz den Orchestern noch durchaus fremd ist. Jedenfalls aber scheint Krauss nicht der Dirigent, der für Mahler das Recht auf Gegenwart durchsetzt, das ihm das Publikum stets noch unterschlägt. – Das zweite Montagskonzert brachte, außer Mozarts viel zu selten gehörter dreisätziger D-Dur-Symphonie, ein Violinkonzert des Kopenhagener Konservatoriumsdirektors Carl Nielsen, interpretiert von Telmányi: das langweiligste Produkt akademischer Provinzialität, das mir seit Jahren vorkam. – Das jüngste Museumskonzert machte mit der Ballettsuite »Chout« von Prokofjew bekannt, an der man sich freuen konnte um ihres lustigen und sehr raffinierten Klanges, wie um ihrer besonderen Melodien willen. Es ist freilich evident, daß sie es sich nach Metrik, Formstruktur und Kontrapunkt recht bequem sein läßt und die Konstruktionselemente, die sie etwa von Strawinsky rezipiert, behend dem Konsumptionsbedürfnis des gehobenen Publikums unterwirft. Man mag auch die spezifische Attraktion nicht verkennen, die der melancholische Nationalismus vom Emigranten-Kunstgewerbe auf jenes Publikum ausübt. Jedoch als solches Kunstgewerbe hält Prokofjews Suite das denkbar höchste Niveau. Krauss vertrat sie überaus wirksam. – Warum eine Könnerin vom Rang der Erica Morini danach sich gerade das Tschaikowsky-Konzert aussuchte, bleibt unerfindlich, und auch Dvoráks »Aus der neuen Welt« sollte man, die Urkraft von 1890 in Ehren, endlich getrost den Kurkapellen überlassen. Fritz Becker, ein strebsamer junger Organist, führte in einem eigenen Konzert außer Bachs c-moll-Passacaglia einiges Moderne auf: ein paar schwache Choralvorspiele von Reger und die direktionslos zwischen pseudobachischer Klassizität und freizügiger Lineatur schwankende Toccata über »Wie schön leucht' uns der Morgenstern« von Kaminski. Der Frankfurter Geiger Rebner steuerte Bachs Chaconne bei, nach der freilich ein Regersches Largo für Violine und Orgel seinen schweren Stand hatte. – Die Kammermusikgemeinde hat sich vom Bühnenvolksbund emanzipiert und verspricht ein gewähltes Programm mit viel Entlegenem. Ich hörte einen Abend des Heidelberger Geigers Diener mit seinem Kammerorchester, der unter der Idee »Il violino concertato« ein recht unbekanntes Doppelkonzert von Bach und schöne Stücke der neapolitanischen Schule aufführte und eine kleine Nachtmusik des späten Rokokomeisters Boccherini, deren entsubstanzialisierte und zugleich formgebundene Art an venezianische Bilder von Guardi erinnert.

 

JANUAR 1927

 

Wenn man die Uraufführung des »Golem« von d'Albert zu hören bekommt – nun, dann weiß man, daß einem nicht der Menschheit Würde in die Ohren gegeben wird, und dem Kritiker sind die Lorbeeren unbestechlichen Geschmacks im voraus sicher. Es will freilich scheinen, daß die dräuend erhobenen Federn einen Schutzwall darstellen, den die eifernden Betrachter um sich erbauen, um selber sicher zu sein vor der Behelligung durch minder fügsame Werke: wer gar so laut bekennt, daß der d'Albert nichts taugt, ist zunächst der Frage enthoben, wie es sich mit dem Strawinsky verhält, und bleibt doch gewissermaßen eine Standesperson. Wie ein literarischer Beurteiler etwa, der sich mit der Hinrichtung Sudermanns seine Sporen verdient, mit denen sich allerdings heute längst nicht mehr so wirksam rasseln ließe wie stets noch im Bereiche des musikalischen Seitenstücks. Es genüge hier also die Konstatierung: daß die Oper tatsächlich genau so ist, wie ihre entschlossenen Feinde sie sich vorstellen; fast als ob sie von ihnen komponiert wäre. Vielleicht ist sie ein wenig sorgfältiger gemacht als d'Alberts frühere Opera – wer kennt sich da aus? – vielleicht etwas matter erfunden. Neben weiten Strecken der schlichtesten Langeweile finden sich kürzere Partien von bezwingender, aber unfreiwilliger Komik; ein Wiegenlied kommt darin vor, an das keine Beschreibung heranreicht. Die provinzialen Triumphe des »Golem« dürften somit außer Frage stehen. Interesse gebührt dem Werk in anderer Richtung. Das Textbuch von Ferdinand Lion liest sich wie ein gutes Libretto trotz der deplacierten Ambitionen, die es wahllos und beharrlich auf Dostojewskij, Freud und Buber richtet, um sein Niveau zu heben, während sie das saubere Opernniveau herabdrücken. Aber dies Buch mit den wirksamen Aktschlüssen, den erotischen Sensatiönchen und der mystischen Sauce schwächt sich rapid ab auf der Szene. Daran trägt nicht allein d'Albert Schuld, dessen antiquarische Programmusik die subtileren Reizreaktionen vergißt, auch nicht Buber, der sich, von solchem Milieu rezipiert, gewiß drastischer als religiöser Innendekorateur enthüllt denn jemals in seinen feierlich dargebotenen Schriften. Das Schicksal des Librettos ist von der Situation vorgezeichnet. Es läßt sich nicht, nach dem Verfall der romantisch-mythologischen Opernpoesie, die endende Musikdramatik konservieren auf einem Spannungstheater, dessen sinnfällige Fabeln längst alle Realität verloren; deren Scheinhaftigkeit von Musik tiefer nur akzentuiert wird. So völlig versunken ist die Wirklichkeit aller bloßen, wie immer auch symbolisch frisierten Begebenheiten, die die Bühne als wirklich zitiert, daß die Spannung, mit der einmal jene Wirklichkeit sich bekräftigen mochte, überhaupt nicht mehr offenbar wird. Man darf sich die Erneuerung der Oper nicht zu harmlos denken. – Um den »Golem« setzten sich als Führer Krauss und Wallerstein, als Solisten der Premiere besonders Fräulein Kandt und Herr Stern ein. Der Beifall war, zumal nach dem zweiten Akt, sehr beträchtlich. – Soviel vom »Golem«. Den anderen d'Albert, der die Appassionata spielt, vermochte das tönerne Spectaculum nicht zu berühren. – An einem Abend der Laxenburger Tanzgruppe Kratina gab es die Erstaufführung von Milhaud Barpantomime »Le boeuf sur le toit«. Die Musik wäre, isoliert genommen, ganz belanglos, gewinnt aber eine sehr legitime groteske Perspektive durch die Zuordnung zu einer überaus treffsicheren, lustig hohlen Handlung von Cocteau, deren teils kriminelle, teils sexuelle Zwischenfälle sie mit unerschütterlichem Gleichmut begleitet. Die Aufführung war entzückend.

 

Ernst Wendel brachte in einem Montagskonzert des Symphonieorchesters die 7. Symphonie von Mahler zur ersten Aufführung in Frankfurt. Daß das Werk, eines der größten des Meisters, nach Tiefe des Fundaments und Freiheit des Baus seinen letzten Stücken bereits ebenbürtig und der Achten an Realität gewiß überlegen, so lange Zeit brauchte, um in eine Stadt zu dringen, die sich auf ihr fortgeschrittenes Musikleben so viel zugute tut, ist beschämend; erfreulich, daß es den Weg doch endlich fand und seine Macht über die Hörer bewies; eine seltsame Macht, da die Symphonie aus der Einsamkeit der personalen Existenz ins Leere tönt und gleichwohl vernommen wird. Dem Dirigenten ist für das Wagnis der Aufführung – immer noch ein Wagnis – ungeschmälert zu danken. Aber Gerechtigkeit fordert das Eingeständnis: daß die Aufführung als solche nicht entfernt zulangte und an Gesamtniveau weit unter der Wiedergabe der Sechsten im Museum blieb, gegen die jüngst an dieser Stelle Einwände gemacht werden mußten. Das Orchester scheint seiner derzeitigen Konstitution nach Aufgaben vom Anspruch der Siebenten noch keineswegs gewachsen, zumal der Qualität der Bläser nach. Und Wendels Art liegt Mahler doch zu fern, als daß er über die Brüche des Materials hinweg die Intention zu realisieren vermöchte. Wenn trotzdem der erste Satz und die drei Mittelstücke in schlagender Evidenz sich darstellten, so liegt das an der unerreicht deutlichen Instrumentation des reifen Mahler, die, heute erst aktuelle Tendenzen vorwegnehmend, darauf ausgeht, das Werk aus der Zufälligkeit seiner Interpretationen herauszuheben. Der Symphonie voraus ging die Italienische Serenade von Wolf, von Reger hübsch, freilich allzu ungebrochen instrumentiert; ein gutes, knappes Stück, dessen große Intervallbögen, dessen ernstliche Chromatik oft genug an den frühen Schönberg mahnen. – Im Museum spielte Casella seine Partita ausgezeichnet; die drei Sätze machen mit der neuen Klassizität nicht ernster, als es dem Autor mit seinen radikaleren Arbeiten war, und sind darum ganz ungefährlich als Fermente der Reaktion; sie klingen hübsch. Die Musik zur »Giara«, die folgte, ist an dieser Stelle bereits von Alexander Jemnitz richtig charakterisiert worden*; ein schönes Volkslied kommt darin vor, als Gebrauchsmusik hat das Ballett sicherlich Qualitäten, aber für den Konzertsaal ist es zu lang. – Im jüngsten Montagskonzert machte Wendel mit der 6. Symphonie von Mjaskowskij bekannt. Man braucht nicht die expansive Begabung, die erheblichen naturalen Subsidien des Russen zu übersehen. Man mag sich auch damit abfinden, daß die redselige Epopöe, an Rimskij und Rachmaninow gebildet, von Mahler tangiert, ganz im romantischen Espressivo gebunden, keinen Anteil hat an der musikalischen Aktualität dieser Tage. Aber es scheint doch kein Zufall, daß die Inaktualität als technische Unzulänglichkeit zutage kommt. Die romantischen Mittel lassen sich heute nicht nach Willkür handhaben. Die endlosen chromatischen Sequenzen, die die Form füllen; die gehäuften Orgelpunkte, die jeder harmonischen Entwicklung ausweichen; die ununterbrochen geführte Oberstimme bezeugen die Unmöglichkeit der Konstruktion mit vergangenem Gut. Das Finale zerbröckelt und flüchtet in literarische Feierlichkeit; das Çaira-Zitat macht es nicht revolutionärer, Mjaskowskijs Begabung müßte sich sehr in Zucht nehmen, um Beständiges hervorzubringen. – Gieseking spielte das Tschaikowsky-Konzert auf höchstem Niveau. Den Beschluß machte ein sehr hübscher Marsch aus »L'amour des trois oranges« von Prokofjew. – Krauss überraschte im letzten Museumskonzert mit der wenig bekannten konzertanten Symphonie mit dem Hornsignal von Haydn; Lubka Kolessa spielte Konzerte von Haydn und Weber; manuell sehr fähig, gestaltend nicht exzeptionell. Die Uraufführung einer »Idylle« von Joseph Marx war so überflüssig wie die vorjährige der Symphonischen Nachtmusik. – Auch in der Kammermusikgemeinde gab es einiges Neue: unter Lill Hafgren die sehr harmlose, archaistisch angefärbte St. Pauls-Suite von Gustav Holst, die schwache und bequem komponierte Ouvertüre über jüdische Themen von Prokofjew; unter dem jungen Dirigenten Frederik Goldbeck das sehr entschlossene Concertino von Janácek, von Maria Proelss gespielt. Das Stück treibt eine originale Destruktion des Vorgegebenen: vom Sprachrhythmus aus, der alle Symmetrie zerschlägt. Den Instrumenten geht es dabei an den Kragen der Gewohnheit, was ihnen gut bekommt. Sie verfremden sich und pressen karge Laute hervor, in denen Zwang steckt. Das Ganze ist in seiner Enge real. – Mit dem Janácek brachte es die Kammermusikgemeinde zu ihrem ersten Skandal; vivant sequentes. – Im gleichen Rahmen spielte Youra Guller; neben anderem Klavierbearbeitungen nach Strawinskys Petruschka: die stärkste musikalisch-pianistische Kraft, die mir seit Jahren begegnete.

 
Fußnoten

 

* Vgl. Alexander Jemnitz, [Bespr.] Alfredo Casella: »La giara« (»Der große Krug«). Choreographische Komödie in einem Akt, in: Die Musik 19 (1926/27), Bd. 1, S. 127f. (November '26).

 

MÄRZ 1927

 

Von der Krisis der symphonischen Form sowohl wie der musikdramatischen wird die Gattung des Orchesterliedes zentral getroffen. Da aus Gesang keine Symphonik mehr wächst, kann wiederum bei Symphonik Gesang nicht Bestätigung finden, der über lyrische Vereinzelung hinausstrebt; und die verblassende Macht des Expressiven allein, die ihm vom Musikdrama kam und dort verfiel, vermag nicht länger den Realgrund der strömenden Farben abzugeben. Pfitzner und Strauss müssen für die Erkenntnis einstehen. Daß ein Lied wie Pfitzners »Willkommen und Abschied« in der bloßen Gestik der Innerlichkeit gebunden bleibt, unsinnlich, ohne sich aus sich selber zu erhellen, wäre evident, auch wenn es nicht durch die schlagende Wirklichkeit des Goethe-Gedichtes zutage käme. Dafür hat Pfitzners jüngstes Werk »Lethe«, nach den Worten von Conrad Ferdinand Meyer, eine verschlossene Echtheit von Ton und Klang, die sich rein erhält durch den Verzicht auf alles ausgebreitete Pathos; womit Pfitzner, gewiß gegen seinen eifernden Willen, durch den immanenten Zwang der Wahrheit mancher Tendenz aus der vornehm verachteten Zeit naherückt. Es scheint schwer auszumachen, ob die merkliche Dürftigkeit des Gesangsparts ebenso dialektisch notwendig, oder ob sie durch einige melodische Schwäche des Autors bedingt ward; jedenfalls indessen ist »Lethe« seit geraumer Zeit das erste Stück von Pfitzner, an dem die Rede von seiner Herbheit sich nicht als Phrase zeigt. – Von der Problematik der Gattung haben die Hölderlin-Hymnen von Strauss nichts erfahren und erweisen sie darum drastisch; unverändert, geglättet nur, waltet darin der alte Strauss und läßt seine Bächlein rauschen; jedoch die Intention, die er festhält, ist objektiv abgestorben und von der heroischen Landschaft ist nicht mehr übrig als eine triste Photographie der Toteninsel. Daß er seinen Hölderlin also sieht, wird keinen erstaunen; daß er aber, 1921, keine anderen Gedichte bei ihm zu finden wußte als jene kleinbürgerlich patriotischen, bewährt ihn als Propheten der Stabilisierung. – Die Pfitzner-Lieder sang angemessen Herr Fischer unter Wendel, die Hymnen etwas matt Frau Kiurina im Museum. Wendel brachte weiter zwei völlig belanglose Orchesterstücke von Martucci und Beethovens Achte in einer nicht gerade inspirierten Aufführung, Krauss die g-moll von Mozart. Am gleichen Abend hörte man Edwin Fischers ganz außerordentliche Interpretation des d-moll-Konzerts von Brahms, deren gesammelte Intensität über die bereits deutlichen Hohlstellen des Werkes hinwegtrug. Zu Mahlers Vierter hat Krauss wohl eher Zugang als zu all ihren Schwesterwerken; nur hat er allzu leichten Zugang, ist ihrer serenitas allzu gewiß und macht an vielen Stellen mit preziös langsamen Tempi ein Kostümstück daraus. Im jüngsten Montagskonzert spielte der Cellist Feuermann auf exemplarische Weise das Kammerkonzert von Toch. Das Vermittelnde, Weitertragende und blank Geläufige des Komponisten verleugnet sich auch hier nicht; die Hindemithsche Mobilität des Scherzos, der leicht nur verhüllte Reger im Finale durchschauen sich rasch genug, und die technischen Lösungen sind nicht stets die teuersten. Doch hat diesmal der erste Satz einen Charakter, der sich zunächst der Formel entzieht, der den Ansatz spezifischer Gestaltung bedeuten könnte. Auch im Adagio regt es sich bisweilen, und der gesamte Habitus des Werkes markiert zumindest, daß Toch ernsthaft sich selber einholen möchte. Schließlich ist zu berichten von einem Abend der Kammermusikgemeinde, der, außer einigen harmlosen Stücken von Prokofjew, die die einheimische Geigerin Annie Betzak gut spielte, unter der Gesamtleitung von Frederick Goldbeck ausschließlich französische Musik brachte. Danse profane und Danse sacrée von Debussy und Introduction et Allegro von Ravel repräsentieren gewiß nicht die Komponisten, sind stilistisch nicht voll explizit, aber klingen schön und haben ihr Maß. Wurde die koloristische Wirkung dadurch beeinträchtigt, daß die Harfe, beide Male Prinzipalinstrument, durchs Klavier ersetzt war, so fand man sich vollauf entschädigt durch das eminent kultivierte Spiel der Cortot-Schülerin Yvonne Lefébure.

 

APRIL 1927

 

Es ist nachzutragen die Uraufführung von Paul v. Klenaus jüngstem Bühnenwerk: der »Lästerschule«. Ein Buch, das R.S. Hoffmann nach dem alten Lustspiel von Sheridan fertigte, wird Anlaß zu einer Stiloper, die sich völlig auf die Mittel antiquarischer Buffodramatik beschränkt; so völlig wie am Ende nicht einmal die echten Buffoopern mit den Ingredienzien ihrer Zeit haushielten. Das Werk begibt sich damit, bewußt wohl, aller Aktualität und vermochte denn auch nur wenig Resonanz zu wecken. Die Aufführung unter Krauss und Wallerstein hielt sich auf guter Höhe. – Ereignis war ein Tanzabend der Argentina, deren Schönheit den gewesenen Tanzstil von vielleicht 1880 schwermütig erstrahlen macht. Ein Musikbericht hätte von der Magie ihrer Kastagnetten füglich mehr zu reden als von zahlreichen Konzerten: mit ihnen setzt sich der Rhythmus aus sich selbst allein seine komplementäre Harmonik und Melodik.

 

Alexander Tscherepnin ist, nach dem Kammerkonzert für Flöte und Geige zu schließen, eine überaus graziöse, leichte und sichere Begabung, von jener Art, wie sie in Deutschland nicht gedeihen könnten, ohne unerträglich glatt und flach zu werden, wie sie jedoch in Rußland und Frankreich stets noch aus dem beständig Nationalen einige Substanz ziehen. Dabei macht das Konzert, kurz gefaßt und präzis gehört, kaum viel folkloristische Umstände, sondern bewährt sich unmittelbar in der Eleganz, mit der es sich Komponierprobleme stellt und zugleich spielend löst. Man sollte, solange man beim Hören an derlei Musik – etwa auch der des stilverwandten Prokofjew – noch seine Freude hat, beim Nachdenken ihres Rechts nicht gar zu grausam von Kunstgewerbe reden; wo es nicht um Deutsches geht, könnte man sich täuschen. Die Aufführung unter Krauss im Museum war entzückend; die Stärke des Dirigenten scheint mir je länger je mehr im tänzerisch vorgeformten Genrewesen zu liegen. Das Publikum blieb erstaunlich ratlos. Danach spielte Alfred Hoehn sehr pianistisch das c-moll-Konzert von Rachmaninow. Den Beschluß machte die unselige Pathétique von Tschaikowsky, deren ärgster Fehler es ist, daß sie im Marsch einen wirklich guten Satz hat, so daß man mit Qual die Vorliebe der Dirigenten verstehen muß. In den Montagskonzerten des Symphonieorchesters, unter Wendel, hörte man von dem unfehlbar exakten Kulenkampff-Post, dem Backhaus unter den Geigern, die Tzigane von Ravel und das Violinkonzert von Busoni. Die Tzigane, Gebrauchsmusik vermutlich, ist gewiß kein ganzer Ravel, geht aber mit dem ungarisch Zigeunerischen auf eine sehr erlesene Weise um, indem sie die stereotypischen und darum melodisch neutralen Geigenformeln jener Musiklandschaft als Mittel der bewußten melodischen Entsubstantialisierung nutzt; nicht anders wohl sollte man mit jeglichem Folklore verfahren. Es kommt hinzu der kostbare Orchesterklang, zumal beim ersten Orchestereinsatz mit der vorm Streichergrund aufsteigenden Harfe. Das kurze Stück hat die Transparenz ironischer Virtuosität und ist gerade in der Gewohnheit seines Rohmaterials fremd genug. Das Busoni-Konzert leidet an natürlicher melodischer Schwäche; wo keine Substanz, läßt sich auch nicht entsubstantialisieren, und Langeweile bleibt übrig. Die kleine Suite von Strawinsky, ebenfalls unter Wendel geboten, ist noch gerade so schön wie vor einem Jahr, erklang aber nicht ebenso gut wie damals. In der Kammermusikgemeinde zeigte in einem Konzert alter Kammermusik, mit sehr apartem Programm, Frederik Goldbeck erneut seine deutliche Dirigierbegabung; besonders in einer von ihm sehr sensibel getönten Suite von Rameau und einem selten gespielten Rondo für Klavier und kleines Orchester von Mozart, dessen Solopart der sehr musikalische Fischer-Schüler Jolles versah. In einem eigenen Konzert stellte sich der Wiesbadener Konzertmeister Bergmann als fähiger und den instrumentellen Horizont überschauender Geiger vor; gemeinsam mit Bernhard Sekles, den man seit langem zum erstenmal wieder am Klavier fand, hatte er zumal mit der Pulcinella-Suite von Strawinsky seinen starken Erfolg.

 

MAI 1927

 

Mit der Reprise der »Elektra«, nach 17 Jahren, hat man sich einer fühlbaren Verpflichtung entledigt: würdig entledigt. Man wird heute Hofmannsthals Psychologisierung der attischen Tragödie, ohne für noch wider die vorgebliche Schändung vorgeblich antiker Reinheit einiges Pathos aufzubringen, als das nehmen, was sie von Beginn sein mochte, nämlich ein anständiges, wenn auch arg unaktuelles Stück Wiener Kunstgewerbe. Man wird weiter, mit der Salome-Partitur vertraut, die Technik des früheren Werkes aufgelockert zwar, doch damit zugleich vergröbert finden und den erstrebten Freskostil nicht arglos als Gewinn notieren, da für Freskengröße nicht die rechte Zeit ist und auch zur Entstehungszeit des Werkes nicht war, das in seinen besten Partien, harmonischen Zellen irritativer Gewalt, jene Größe selbst dementiert. Man wird endlich den Bruch vermerken, der zwischen der Oper und ihrem Finale liegt: das es mit der schwungvollen Beschwichtigung des beinahe ernsthaft entfesselten Aufruhrs so eilig hat, daß es über den immerhin dämonisch geplanten Grund des Triumphes blank hinwegmusiziert und fast des letalen Endes vergißt. Aber man muß zugestehen, daß der musikalischen Realität und der Forderung des Tages Strauss in keinem Werke näher kam als in jenem sichtlich unvollkommenen. Hier einmal schien er, ob auch unter dem Diktat eines fragwürdig klassizistischen Programmes, willens, die expressive Hörigkeit seiner Musik dranzugeben, wie wenn ihre krasseste Steigerung und gelungene Veräußerlichung aus sich heraus dialektisch umschlagen und der Konstruktion Raum schaffen müßte. Hier hat seine Harmonik, wie sehr auch roh und stufenarm, an der Darstellung extremer Affekte sich derart erhitzt, daß sie der Tonalität mehr als bloß episodär gefährlich wird. Hier hat das Orchester über weite Strecken einen dunklen, stumpf gebrochenen Klang, dem man die Demaskierung des neudeutschen Kolorits wohl zutrauen sollte. Kurz, die Elektra ist Straussens eigentliches Wagestück; weiter als in der ästhetischen Absicht gelegen, trieb ihn seine musikalische Natur darin, und die Vorwegnahme des Rosenkavalier, der friedlich folgte, wirkt in der härteren Luft der Elektra als Angst vorm eigenen Mut. Immerhin, der Mut ist doch eine lange Strecke mit ihm durchgegangen, und diese Strecke bleibt uns als mahnende steinerne Landschaft. Die Aufführung unter Krauss war nach Umriß und vielem Detail vorzüglich, im Tempo zumal. Bild und Regie ließen diesmal der Musik ihren Raum, wie es sich für die Elektra geziemt. Aus der Zahl der Solisten hob sich wiederum Frau Sutter-Kottlar heraus.

 

Der Monat stand unter der bequemen Faszination des Beethoven-Jubiläums, ohne daß, nach meiner Kenntnis wenigstens, das Datum merkliche qualitative Steigerungen der Interpretationen bewirkt oder, mit Ausnahme der schwächeren ersten Leonoren-Ouvertüre, deren sich Krauss im Museum annahm, selten vernommene Werke herausgestellt hätte. Neues war wenig zu hören. Krauss bot, mit viel Akkuratesse, die Musik für Orchester von Stephan, fraglos das beste Stück des Toten, in der dunklen Introduktion und in den ersten Allegropartien voll originaler Spannung, dann freilich allzu gesättigt mit falschem Glanz. Technisch, zumal in der massiven Instrumentiertheit der gebrochenen Harmonik, dilettantisch, wenn man will, aber doch dilettantisch auch im Sinn des guten Beginns. In der Kammermusikgemeinde sang Frau Hüni-Mihacek sechs von Schönbergs Georgeliedern; leider nicht den ganzen Zyklus, der Auswahl kaum duldet, aber doch genug, um einem erstaunten Publikum die singuläre und schlechthin schlagende Gewalt der Lieder zu demonstrieren, deren Stunde heute endlich gekommen sein müßte. Voraus gingen ein paar Lieder des jüngst verstorbenen Karl Horwitz, dessen weiches Naturell sich der Schönbergischen Strenge allzu rasch entzog, dem es überhaupt wohl an ursprünglich musikalischer Substanz gebrach, die ein gehäuftes Espressivo ersetzen möchte; dessen Lyrik aber doch ein so hohes Komponierniveau hält, wie eben allein Schönbergs Schule es garantiert.

 

JUNI 1927

 

Die Unmöglichkeit, sinnvoll ein Reger-Fest zu veranstalten, und der Zwang, es doch damit gerade zu versuchen, – beides hat einen Grund, beides den gleichen. Er liegt im Werke selbst. Denn dies Werk ist von der bestehenden Gesellschaft verlassen und bedarf der bestehenden Gesellschaft eben, um zu bestehen. Es ist konstitutiv zeitfremd, nicht der Zeit voraus, kaum isoliert in ihr, durchwegs bloß zurückgeblieben hinter der Aktualität. Gegen die Zeit distanzierte sich darin die private Innerlichkeit, der jene nicht günstig ist: der Organist möchte an seiner Orgel bleiben dürfen und improvisieren. Er mag auch bemerken, daß die Kirche leer ward, die Orgel hallt. Anstatt aber die Orgel preiszugeben, die nicht ein Instrument bloß, sondern den objektiv vorgegebenen Formbestand schlechthin bedeutet; anstatt mit der Kraft der Improvisation, wenn sie noch Kraft ist, hinüber zu schlagen in ein frisches Phantasiebereich der Freiheit, konserviert er die Formen, die ihn nicht mehr tragen und die er nicht mehr füllt, gießt die breiten improvisatorischen Ströme hinein, die nicht die Wände schmelzen, sondern zäh darin erkalten. Gewiß, er verzichtet darauf, der herrschenden Schicht Oberflächenmusik zu liefern, ihre Veranstaltungen zu illuminieren; nicht zu Unrecht erklärt sie sich darauf desinteressiert. Aber seine Musik treibt nicht kritisch über die herrschende Schicht hinaus, sondern versteckt sich vor ihrem Diktat im Vergangenen. Damit ist ein Soziales und ein Innerästhetisches getroffen, beides in Wahrheit identisch. Das Soziale: Regers Musik, die Innerlichkeit im Schutz der toten Formen – denn bloße Innerlichkeit hat zur Bildung neuer Form keine Kraft – ist eine Angelegenheit des expropriierten, gebildeten Vorkriegsmittelstandes, dessen Geschmack aus ökonomischen Gründen die öffentliche Musikübung nicht mehr beherrscht und der, sich überhaupt nur zu erhalten, der organisierten Interessengemeinschaft bedarf: so daß man sich eine Max Reger-Gesellschaft wohl als eine Art musikalischer Aufwertungspartei ansehen darf. Das Innerästhetische: Die Innerlichkeit, die nicht ihren Formkreis auflöst, sondern ohnmächtig beharrt in ihm, läßt ihn damit notwendig erstarren; verhielte sie sich dialektisch zu ihm, er müßte vergehen, nur hinter toten Formen bleibt sie sicher. So ist die Regersche Formlosigkeit nicht, wie die Phrase meint, an sein subjektiv-kompositorisches Unvermögen gebunden, sondern aus seiner geschichtlich-personalen Gesamtsituation deduzierbar. Sie definiert denn auch die Unmöglichkeit des Festes, das seine soziale Struktur gerade eben erheischt.

So viel an Rahmenerkenntnissen zum Reger-Fest. Es bleiben die qualitativen Differenzen der nach Wert und Einsatz sehr variierenden Werke; es bleibt die naturale musikalische Begabung, an deren Größe kein Zweifel ist, deren gültige Zuordnung aber nicht gelingen konnte, weil sie zwangvoll im Natural-Musikalischen, geschichtslos Unbewegten und damit endlich scheinhaft Ideologischen beharrte. Die Aufführungen, allesamt hohen, teilweise außerordentlichen Ranges, machten das sehr evident. Ein Kirchenkonzert akzentuierte sich durch die Mitwirkung Günther Ramins, dessen schlechthin singuläre Registrierungskunst die Schranke der Orgel vergessen macht, an die die gebotenen Werke rasch genug anstoßen. Sie waren aus der Frühzeit gewählt; stilistisch noch nicht voll explizit, zeigen sie das Regersche Vermögen weniger qualitativ als durch die extensive Gewalt, mit der breite Zeitstrecken von immerhin dichter, wenn auch etwas farbloser Musik besetzt werden; unter ihnen hat die Sonate op. 60 am meisten Profil. Zwei späte Motetten schienen mir nicht glücklicher, zu arm an Kontrasten, zu lang als a cappella-Satz und in der in sich unterschiedslosen Chromatik. Freilich mochte die nicht ganz geklärte Aufführung – durch einen sonst trefflichen Kammerchor – Mitschuld tragen. Das 2. Konzert brachte Orchesterwerke unter Krauss; die Sinfonietta erst, die trotz ihrer Länge den diminutivischen Namen zurecht trägt, da sie allein den Formgeist der Regerschen Kammermusik aufs Orchester überträgt, ohne symphonische Spannung zu bewähren: unabhängig fast von ihrem Material. Ihr Positives der erste Satz, der, wie dick auch instrumentiert, die Erfahrung der Mahlerschen Tanzsymphonik zu einiger Plastik nutzt, und das kurze Larghetto, dessen Unplastik wiederum man als Reiz des Schwebenden, fließend Unkonturierten nehmen kann. Danach die Mozart-Variationen, geklärt zwar, aber eher im Verzicht als in der Bewältigung und in Wahrheit bloß harmonische Umschreibungen des konstruktiv unberührten Materials unternehmend; echt indessen in der expressiven Partikel. Die Aufführung äußerst wirksam. Das 3. und 4. Konzert gehörte der Kammermusik. Zwei Streichquartette spielten die Amars, das späte in fis-moll, gut klingend, durchsichtig, wenn auch allzu bequem als Streichersatz; mit einem sehr gefühlten und tragfähigen Adagio; das frühe in A-Dur, das alle Fehler vereint, die die banale Reger-Kritik notiert, ohne dafür sie mit der objektiven Attitüde zu kaschieren und mit der zackigen Thematik des ersten Satzes zumindest auf die Möglichkeit einer tieferen Formkonstruktion weisend, als die Flächenarbeit des reifen Reger sie durchführte. Lieder, von Emmi Leisner gesungen, liegen an Regers Peripherie, ohne daß der Gattung spezifisch nachgefragt wäre; Schönes steht auch in ihnen. Das Fest kulminierte in einer Aufführung des a-moll- durch Licco Amar, die Brüder Hindemith und Walter Gieseking; das Stück trägt Regers Stil konsequent aus und bringt ihn auf die typischreine Formel, blickt dabei nicht nach rückwärts. Dagegen vermag sich die matte, keineswegs aus dem Instrument gedachte Solosuite für Bratsche op. 131, trotz Paul Hindemiths erstaunlicher Interpretation, nicht zu halten; auch nicht das nachgelassene, überaus redselige, dabei stilistisch gleich den Orgelwerken unentfaltete Klavierquintett, für das Alfred Hoehn mit dem Amarquartett eintrat. Das Publikum hatte seine Sensation in den Beethoven-Variationen, die Gieseking und Hoehn an zwei Klavieren vereinten; allein auch die exzeptionelle, der an zwei Klavieren kaum realisierbaren Präzision sehr angenäherte Interpretation vermochte dem monumental geplanten Werk nicht die Konsistenz zu erzwingen, an der es ihm von innen mangelt. Das Schlußkonzert mühte sich entschiedener noch um die Monumentalität. Es begann mit dem Symphonischen Prolog, der als eines der seltenen Werke Regers mit originär symphonischen Intentionen anhebt und dem Zug zu großer Architektur, beides jedoch ins Labyrinth von Durchführung und Reprise verschleppt. Danach folgte die Ballettsuite, die kein eigentlicher Reger ist, aber ein guter dafür; daß gerade der Walzer, das unregerischste aller Stücke des Festes, wiederholt werden mußte, sollte gewiß zu denken geben; übrigens dirigierte ihn Krauss entzückend. Der »100. Psalm« endlich brachte die Chormassen des Rühlschen und des Cäcilienvereins gemeinsam zum Klingen und den Hörern die Illusion, sie seien eine Gemeinde – nach dem Walzer.

 

JULI 1927

 

Die Premiere von Puccinis Turandot sollte ein gesellschaftliches Ereignis werden: der Patronatsverein der Oper hatte, aus Pietät vermutlich, die Mittel für eine Inszenierung zur Verfügung gestellt, die groß und prächtig geriet; die Aufführung selbst war als Festaufführung affichiert, wenn auch elektrischer Glanz ihr fehlte, und mancher Smoking war immerhin zur Stelle. Daß trotzdem das gesellschaftliche Ereignis nicht zustande kam, ist gewiß nicht der Aufführung zuzuschreiben, sondern allein der Tatsache, daß es an einer verfügbaren Gesellschaft gebricht. Denn das Stück wäre zum gesellschaftlichen Ereignis prädisponiert wie wenige sonst: die Gesellschaft, die es nicht gibt, wird von seiner Existenz gerade eben vorausgesetzt. Es ist nicht geboten, weil der Autor starb, von seinem Werk zu reden, als ob es unsterblich wäre. Die Ambitionen, die es gleich dem Pierrot lunaire auf erhabenen Stil richtet, sind Ambitionen der Schminke wie nur die des Bergamasken, und je ernster die Oper sich intendiert, um so offenbarer wird der Unernst ihrer objektiven Intention. Er wäre kein Einwand, wäre es Puccini nicht gerade um Ernst und symbolische Würde zu tun gewesen. Sie freilich ist zu bestreiten; an der Zufälligkeit der Stoffwahl, der unreinen Vermengung von posthumer Zeremonialoper, halbbewußter Commedia dell'arte und Rührkitsch käme die Fragwürdigkeit der Prätention allein hinlänglich zutage; wobei, wohlverstanden, der Rührkitsch immer noch die echteste Opernrealität behauptet. Die Opera seria will allein dem Publikum beweisen, wie seriös sie ist; und wird damit ebenso kunstgewerblich leer und aktualitätsfremd, wie ihr ideales Publikum es ist. Dabei bringt die Mischung von vergilbtem Pomp, nachträglicher Exotik – echt pentatonisch, versteht sich – und zartem Sadismo manches hervor, worin der Toskaner triumphiert; allerdings in anderer Unsterblichkeit, als er sich erhoffte, einer Unsterblichkeit, die vom offenen Kino auf die Straße führt; aber ist sie nicht am Ende die bessere? Auch läßt sich nicht leugnen, daß Puccini in der Turandot um vieles fortgeschritten ist und mit souveräner Freiheit über sich disponiert; das Japan der Butterfly jedenfalls, das ich neugierig ein paar Tage vorher besuchte, wirkt gegen das China der Turandot wie eine Postkarte von 1890 gegen einen Ufa-Großfilm von heutzutage. Es spielt nun, neben Strauss und dem deutlichen Debussy, auch ein kurioser Mussorgskij herein, und alle die Fermente zusammen ergeben im ersten Akt sogar einen trotz der Homophonie reichen und bunten Orchesterklang; hier weht auch Luft über die Bühne, und die konzisen Operneinfälle drängen sich. Der zweite, der Rätselakt, demonstriert mit dem Buffoensemble zunächst das neue Komponierniveau, fällt aber danach, im Pathos, stark ab. Doch wenn im dritten Akt die süße kleine Liu, eine kandierte Kundry, ihr Martyrium mit anschließendem Liebestod erleidet, gerät alles in Bewegung und bleibt darin, selbst über Alfanos Schluß hinaus. So hat Puccini, mit einer richtigen Erlösung, doch noch seinen Parsifal geschaffen: eine Bühnenweihfestoperette. Repertoirestück wird sie genau so wenig sein wie der echte Parsifal. Sie wird sich nicht halten; man wird sie ausgraben, um zu beweisen, daß der Puccini doch respektabel gewesen sei; und er wird sich, des würdigen Kostüms rasch überdrüssig, anonym, frech und selig zu den Geigen des Cafés retten. – Die Aufführung war vortrefflich, ein kunstgewerbliches Prunkunternehmen die Szene, wie es sich gebührt; Wallerstein und Sievert herrschten darüber. Musikalisch hatte Krauss Freude an der Partitur und vermittelte sie. Die Solisten waren durchwegs gut an ihrem Platz; allen voran Frau Gentner-Fischer – deren herrliche Stimme freilich wohl einiger Schonung im Betrieb bedürfte – als Turandot, Herr Gläser als Prinz und das Buffotrio der Herren Permann, Schramm und Brandt.

 

»Eine Internationale der Seele«

Zu einer Ausstellung

 

Am 11. Juni [1927] begann der Frankfurter »Sommer der Musik«: die Ausstellung »Musik im Leben der Völker« wurde feierlich eröffnet. Sie ist international beschickt, und der Festakt gab führenden Diplomaten der europäischen Länder Anlaß, sich einzufinden und das Wort zu ergreifen. Durchgehends gemeinsam war den Reden die Ideologie: daß Musik als inwendige Kunst berufen sei, eine Internationale der Seele zu schaffen, deren Realisierung im politisch-ökonomischen Bereich nicht ebenso gewiß ist. Der Frankfurter Oberbürgermeister Landmann bezeichnete die Musik als das »Esperanto der Welt der Empfindungen«; die Aktualität der Ausstellung begründete er damit, daß »durch die ganze Menschheit der Schrei nach der Seele, nach der Innerlichkeit gehe«. Stresemann als Vertreter der Reichsregierung pflichtete ihm bei und bot als privates Glaubensbekenntnis eine Polemik gegen Jazz und mechanische Musik. Der preußische Kultusminister Becker suchte die Notwendigkeit des Unternehmens in geschichtlicher Deutung und forderte, das Publikum müsse »wieder zur Gemeinde werden«. Herriot, als Vertreter Frankreichs, setzte danach stärkere demokratische und pazifistische Akzente; nicht ohne die These zu vertreten, »wer wahrhaft international sein wolle, müsse erst wahrhaft national sein«. Es sprach danach der belgische Minister Huysmanns, weiter diplomatische Vertreter von Polen, der Tschechoslowakei, Ungarn und, zum Schluß, Österreich; überdies konsularische von England und Italien. Die Feier brachte an Musik Aufführungen des Frankfurter Opernorchesters, des Pariser Orchestre du conservatoire und des Böhmischen Streichquartetts. An die Feier schloß sich ein erster, kurzer Rundgang durch die Ausstellung an. Von ihr soll erst nach genauerer Besichtigung die Rede sein.*

 

1927

 

 
Fußnoten

* Vgl. jetzt GS 19, s. S. 112ff.

 

AUGUST 1927

 

Im Schauspielhaus gastierte die Negerrevue »Black people«. Es heißt, es sei die Truppe der Josephine Baker, und man könnte sich wohl denken, daß die magere Schau eine Art von repoussoir für ein ungestümes Temperament abgibt, das die Einförmigkeit willig zum Anlaß nimmt, seine eigene große Form zu demonstrieren. Allein die Baker fehlte, und die magere Schau blieb allein übrig, mit dem Black bottom und Yes Sir, that's my Baby, keiner Sensation also für das bargewohnte Publikum; mit ein paar goldplombierten girls, sehr wenigen, unter denen schließlich auch ein gut gewachsenes sich findet; mit schaurig vergangenen Prospekten, unter denen eine sinnlos menschenleere New Yorker Straße an Kafkas leere Seelenräume denken läßt; mit einem Star, der keiner ist und der sichtlich einen anderen unbekannten Star imitiert, der vielleicht selber keiner ist. Schön an dem Ganzen nur, unfreiwillig, die aufgerissene Traurigkeit eines armen Vorstadtkabaretts und, freiwillig, die Jazzband, die unterdessen, wenn ich recht berichtet bin, ihren legitimen Einzug in ein Tanzlokal nahm. Damit wäre die Angelegenheit erschöpft, böte nicht das Verhalten des Publikums Grund zu einiger Reflexion, das derart unter der Faszination vermeintlich negroider Urgewalt steht, daß es sie selbst dort noch findet, wo sie gar nicht ist, und eine Veranstaltung, der die Not der Provinzialität aus den Augen schaut und die in Amerika als Ereignis gewiß undenkbar wäre, bejubelt, wie wenn der Schoß der Erde sich vor ihm aufgetan hätte, am Sonntagnachmittag. Urlauten gegenüber ist besondere Vorsicht am Platz: darum schon, weil es gemeinhin doch keine sind.

 
Gesammelte Werke
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