APRIL 1929

 

Kolisch-Quartett. Zuerst Schönbergs op. 30, von einer Gewalt, die den Hörern den Atem verschlug: vollends erhellte Musik, in der die Macht des bloß natürlichen Musizierens nicht etwa, wie Kritik stets noch meint behaupten zu sollen, ausfiel, sondern in aller eigenen Stärke von der größeren, sprengenden Macht des Bewußtseins in Besitz genommen und gefaßt wurde – die bloße Existenz dieses Werkes sollte genügen, um alles Gerede vom beseligenden Musikantentum, vom Zurück zu den naturalen Quellen der Musik, verstummen zu machen. Ob das Stück heute vernommen wird oder nicht, ist völlig gleichgültig: es kann warten, wie nur die säkularen Gebilde. Dann das neue Quartett von Bartók, zwar nicht in jener obersten Wahrheitsregion beheimatet, aber doch ein ausgezeichnetes Stück, dokumentarisch auch seinem Erkenntnisstand nach; denn Bartók, der einige Zeit der Ideologie des Neoklassizismus erlegen schien, hat solche Ideologie durchschaut und kehrt, bereichert um die wichtige technische Erfahrung der Zwischenwerke, zu sich selber zurück. Die Formidee ist neu und höchst präzis: Zusammenfassung des üblichen viersätzigen Schemas in einen Satz; erst ein ausgesponnenes Andante, etwa vom Typ des ersten Satzes der Zweiten Violinsonate, nur fortschreitender, minder statisch; dann ein Allegro über zwei knappe, äußerst plastische Themen, dann stark verkürzte und variierte Reprise des Andante, schließlich, auf den zweiten Teil bezugnehmend, rasche Koda. Die Themen sind allesamt ungemein scharf geschnitten, die Harmonik sicher ausgehört, die Setz- und Instrumentationstechnik auf ganz außerordentlicher Höhe. Fraglos bedeutet das Werk für Bartók ein ganz neues Formniveau. Den Beschluß machte Bergs Lyrische Suite, von deren erschütternder Schönheit hier zu reden kaum eigens mehr notwendig sein sollte. Die Interpretation des Kolisch-Quartettes loben wäre Beleidigung.

 

Mahler, X. Symphonie. In einem seiner Sonderkonzerte mit dem Frankfurter Symphonieorchester führte Hermann Scherchen das Adagio der nachgelassenen X. Symphonie von Mahler ausgezeichnet auf. Es fällt nicht schwer, das Fragmentarische des Werkes zu erkennen; nicht sowohl in der Form, die völlig durchgebildet ist; auch nicht so, als ob Partien flüchtig behandelt, skizzenhaft wären; sondern so, daß über weite Strecken nur Haupt- und prinzipielle Nebenstimmen notiert sind, ohne schon völlig ins figurale Gewebe eingebettet zu sein; so daß an Reichtum der Satz hinter der Neunten etwas zurücksteht. Allein das vermag die Tiefenwirkung des Stückes nicht zu mindern. Kaum je ist Mahlers Ton reiner, kaum je hat der schmerzliche Überschwang seiner Stimmen vollere Resonanz im dichten Bau des Werkes; kaum je auch sind die Themen gesammelter, ist das Gefüge transparenter, die motivische Arbeit gelöster als hier. Auch wer widerstrebt, in Kunst Abschied zu finden, wird von der menschlichen Gewalt des Satzes in eine Sphäre des Musikfühlens gerufen, in der zu reden wohl uns nicht mehr erlaubt ist, in der wir aber vernehmen müssen, was bleibt, indem es über alle Materialbegrenzung hinweg aufruft. In der gebärdelosen Aussage solcher aufrufender Intention mag bald genug der späte Mahler eine zweite Aktualität gewinnen, die zur modischen Sachlichkeit so korrektiv steht wie zuvor zur Romantik, der er entwächst.

 

Janácek, Sache Makropulos. Einzige Tat der Oper in der Saison: die deutsche Uraufführung von Janáceks »Sache Makropulos«, aber wirklich eine Tat. Dies Alterswerk, das technisch mit den Trümmern eines folkloristisch aufgelösten Impressionismus auskommt, zugleich aber vom Folklorismus sich definitiv schied – dies Werk ist trotz der gemäßigten Elemente revolutionär in der Art ihrer Konfiguration. Denn die impressionistischen Teilchen, die einmal fluktuierend das Ganze bilden sollten, sie werden hier zu Mitteln einer Formgebung, deren Gewalt in der kleinsten, unwandelbaren Partikel ruht: es ist eine aus Fragmenten gefügte Opernform, wie sie nur Alter zeitigen kann, dem die Vordergründe geschlossener Form gründlich gleichgültig wurden. Man weiß, wie der alte Goethe die Wanderjahre aus Novellen, Fragmenten, Handlungspartikeln zusammenfügte, schließlich noch Aphorismen dazu gab, die das improvisierte Dach der Form aufnehmen sollte. Es ist kein Vergleich geplant – aber etwas von jener großartigen Wahllosigkeit, jener monadengleichen Kraft, die jedes Bruchstück so erfüllt, daß es das Ganze bedeutet und des Ganzen kaum erst mehr bedarf, etwas von solcher durchfurchten, bedeutenden Altersphysiognomie hat das Werk. Der Tod selber greift in die Form und läßt darin das einzelne sich unverbunden gegeneinander absetzen; unverbunden, wie zuweilen die Sätze eines alten Mannes sind, der schweigt, weil die Fülle der Existenz dazwischen die Form der Rede ihm zerschlägt. Es versteht sich so auch die Stoffwahl. Mag immer das Buch zu guter Letzt sich so benehmen, als sei der Tod ein Segen und Leben ein Fluch; mag es die Gestalt der Sängerin, die nicht sterben kann, in metaphorischer Symbolik verflachen, mit schlechter Mystik umdunsten: in Wahrheit ist hier stofflich die absurde und ungeheure Frage nach der Abschaffung des Todes getan, wie sie dem alten Mann plötzlich mit der Gewalt des sprengenden Wunsches erschienen sein wird. Zwar der Segen stellt sich als Fluch nur dar: aber so spiegelt sich, was in Wahrheit und zentral gemeint sein kann, hier nur verworren und unkenntlich – unkenntlich übrigens auch durch das Buch, das am Ende die Naturordnung wieder herstellen möchte, gegen die seine eigene Intention und die Musik insgesamt so heftig aufbegehrt. Diese Musik ist ein unlesbares System von Kanälen, die die Oberfläche des Textes durchziehen; unlesbar zwar, aber doch zu solcher Figur gesammelt, daß am Sinn Zweifel nicht bleibt. Vor allem der zweite Akt, hinter der Szene des Theaters, mit dem grausig normalen Operettenentrée des entzauberten Buffos Hauk, ist außerordentlich – von einer ganz neuen, alltäglichen Dämonie, die nichts Apartes, aber die Schauer der realen Existenz hat. Nur der Schlußakt biegt, dem Text zuliebe und seinem Diktat folgend, ins Opernschema ein, bringt eine Verklärung zustande, die dem Gehalte nach weit weniger klar ist als alle Wirrnis zuvor. Aber auch der Schluß vermag das unscheinbare und fremde Gesicht der Partitur nicht ernstlich ins Gewohnte zu ziehen. Es bleibt von dieser Oper etwas, was sich sehr selten und gerade von Bühnenmusik sehr selten behaupten läßt: ein Choc. Das Risiko der Aufführung müßte immer wieder unternommen werden. Die Frankfurter Aufführung sehr achtbar, musikalisch unter Krips, szenisch unter Mutzenbecher. Die Marty sang außerordentlich gut Frau Gentner-Fischer. Herr Vetra als Gregor ist hervorzuheben.

Mag immer die »Sache Makropulos« von Janácek, die in Frankfurt zur Uraufführung kam, eine verlorene Sache sein: eine denkwürdige Sache ist sie für jeden Fall, und mir scheint, sogar eine große Sache. Denn hier ist das Wagnis des Absurden, wie es sonst nur die junge Avantgarde unternimmt, unter dem Zwang eines Altersstiles geraten, der es auf sich nehmen kann, weil er allem herrschenden Bewußtsein bereits bis an die Todesgrenze enthoben ist, und in dessen karger Klarheit es wahrhaft andere Gewalt hat, als wenn Jugend aus bloßem Drang riskiert. Das Wagnis hebt bereits mit der außerordentlichen Textwahl an. Dies Buch, das viel von Kolportage und einiges von dunstig-symbolischer, fragwürdiger Mystik in sich hat, ist zentral der Versuch, kühl, nüchtern das Problem der leibhaften Unsterblichkeit des Menschen material zu stellen. Die Weise, wie das geschieht, läßt sich mit keinem als mit Kafka vergleichen, in dessen Stadt Janácek lebte. Wie man es bei Kafka hinnehmen muß, daß ein Reisender aufwacht und sich in eine Wanze verwandelt findet, so muß man es hinnehmen, daß die Sängerin Emilia Marty im Jahre 1586 geboren, also heute 350 Jahre alt ist. Wie bei Kafka die Metapher, diese Reisenden seien doch wie die Wanzen, mit einem Zauberschlag wirklich, unbildlich wird und plötzlich das niedrige Leben transparent macht im Glanz des Absurden, so wird die banale Schauspielermetaphysik, die Sängerin habe eigentlich alle die Gestalten in sich, die sie verkörpert, ernst: so, hinter den Kulissen, ist sie dies alles einmal gewesen, unbildlich, auch keinesfalls deutbar als Symbol psychologischer Sachverhalte, Eugenia Montez, Ellinor Mac Gregor, sogar Elsa Müller, dies alles ganz und gar. Wie schließlich bei Kafka die eigentliche, unbildliche Realität, indem sie mit der empirischen konfrontiert wird, sinnlos, qualvoll, unwegsam und absurd wird, zuweilen nur und an den geringsten Stellen durchleuchtet, so gerät auch die leibhaft unsterbliche Frau heut und hier ins Licht der vollendeten Zweideutigkeit, und das Gewaltige an ihr: daß der Tod aufgehoben ist, wird kaum mehr evident, verwirrt sich im mythischen Zwielicht und erscheint endlich als Fluch. So jedenfalls mochten die tiefsten Intentionen des Buches geplant sein. Der dritte Akt allerdings verleugnet sie gründlich, stellt die erschütterte Ordnung des Natürlichen wieder her, läßt den Tod zum Segen werden und das Leben zum Fluch, entwertet, was vorher war, indem er es post festum als mystische Metapher einsetzt, die in der pantheistischen Allerweltsweisheit beweisen will, daß Leben und Tod wieder einmal eigentlich dasselbe sei. Es ist das stärkste Argument für die Musik, daß sie an dieser armseligen Pseudophilosophie versagt und, wie das bei pantheistischen Verklärungen nun einmal unvermeidlich ist, in gründlich gehöhlte Ekstase fällt. Sonst aber ist sie, mit einer selbst bei Janácek noch nicht dagewesenen Ökonomie, dem Buch bis in Geheimnisse gefolgt, die es sich selbst kaum gestehen möchte. Ihre Absurdität ist von einziger Art. Es ist nicht die der sprengenden Phantasiekonstruktion wie bei Schönberg; auch nicht die schreckhafte Beschwörung des Vergangenen wie bei Strawinsky. Es ist die Absurdität des besessen Normalen; Taggespenster gehen darin um, auch dies wie Kafkas Prosa. Es ist, als ob die kleinsten tonalen Floskeln, aus deren unsymmetrischer Wiederholung der Bau gefügt ist, so nahe betrachtet würden, bis sie ihren dämonischen Ursprung enthüllen; der Szene mit dem alten Lebemann Hauk ist da vor allem zu gedenken, der nach sechzig Jahren der Geliebten wieder begegnet, die sich nicht verändert hat: Dämonie vollkommener Unscheinbarkeit. Durchwegs erreicht die Oper in der Partikel großartige Verdichtung; fern aller Psychologie, fern sogar der Begleitung, eigentlich ein unwegsames dunkles Schachtsystem, das die Oberfläche des Buches zu unbekanntem Zweck durchschneidet, von einer Bescheidenheit, in der Grauen wohnt, für Sekunden in kaum mehr erträglicher Helle durchleuchtet, eine gänzlich rätselhafte Musik, die von dem fordert, der sie vernimmt, ohne daß man bereits verstehen könnte, was eigentlich sie fordert. – Das Werk gehörte auf eine Experimentierbühne, musikalische und szenische Interpretation müßten mit ihrer Deutung beginnen. Im normalen Opernbetrieb läßt sich daran nicht denken. Immerhin hatte die Frankfurter Aufführung erstaunlich gutes Niveau. Die Direktion von Krips, der zur Zeit des Interregnums an der Oper die Herrschaft führt, nahm sich des Werkes mit schöner Treue an, der Inszenierung mit bestem Gelingen Mutzenbecher. Im Zentrum des Abends stand Frau Gentner-Fischer als Emilia Marty und bot gesanglich wie darstellerisch eine gleich überragende Leistung. Unbegreiflich, beim derzeitigen Niveau des deutschen Operntheaters völlig unbegreiflich, daß diese außerordentliche Sängerin nicht an prominenter Stelle steht, sondern das Repertoire bestreiten muß. Als Gregor führte sich der junge Maris Vetra trefflich ein.

 

Im jüngsten Scherchen-Konzert, das ich leider versäumen mußte, gab es die herrlichen Orchesterstücke op. 10 von Webern, die, wie berichtet wird, stärksten Erfolg hatten; dazu die Uraufführung der neuen Orchestersuite von Joseph Matthias Hauer. – Das zweite Konzert der Internationalen Gesellschaft für neue Musik gehörte dem Kolisch-Quartett. Es brachte das Quartett op. 30 von Schönberg, das ich in der »Musik« anzeigte*, und was an den Noten zu konstatieren war, ergibt die Aufführung verstärkt: ein mächtiges Werk, unerbittlich und unangreifbar wie keine Kammermusik seit 1827, von niederzwingender Gewalt! Das dämonisch erfüllte Gefüge der Konstruktion ist mit keiner neusachlichen Objektivität, keinem musikantischen Spiel zu verwechseln: alles bloß Natürliche an Musik ist hier gezwungen und aufgeklärt. Dabei bleibt im Adagio Raum für den Affekt der Trauer, der sich rein ausformt. – Dann das neue Quartett von Bartók, gewiß nicht in jener Sphäre gelagert, die heute wohl außer Schönberg keiner zu betreten vermag, aber in seiner doch ein ausgezeichnetes Stück. Es ist Bartók besonders hoch anzurechnen, daß er, für einige Zeit der Faszination durch Strawinsky verfallen und durch klassizistisch-motorische Unternehmungen der eigenen Substanz entfremdet, mutig das Steuer zurückgeworfen hat und zu seinen besten Werken, den Quartetten und Violinsonaten zurückfand. Dabei wird ihm die Formzucht der klassizistischen Stücke sogar noch fruchtbar: eine neue, knappe und sehr zwingende Form ist gelungen, aus Andante, Allegro, verkürzter Reprise des Andante und rascher Coda gebildet. Die Satzkunst ist außerordentlich, der Quartettklang überaus reich und sicher, die Themen substantiell und geprägt. Fraglos hat mit dem Quartett Bartók ein ganz neues Komponierniveau erreicht. Es ist sein bestes Werk. – Schließlich die Lyrische Suite von Berg, deren Ruhm keiner Bestätigung mehr bedarf. Fülle der humanen Existenz trifft darin mit genauester, bündiger Konstruktion in einer Weise zusammen, die die trennende Macht von Geschichte zu verhöhnen scheint, so wie geschichtliche Gegensätze einzig im Meisterwerk aufgehoben sind. Die Interpretation durch das Kolisch-Quartett ist nicht zu überbieten. Sie war authentisch schlechthin. Der Abend hat das Lebensrecht der jungen Ortsgruppe überzeugend demonstriert.

 
Fußnoten

 

* Vgl. jetzt GS 18, s. S. 358ff.

 

MAI 1929

 

Ein russischer Abend. Strawinsky und Mussorgskij. Von Strawinsky zum ersten Male in Frankfurt ein Ballett auf dem Theater! »Pulcinella«, der Buffo als Vorreiter des neuen Klassizismus. Von der Pulcinellamusik, der gespenstischen Dialektik, die sie Zug um Zug in die traurig verlassenen Themen des großen Pergolesi einfügt; von der souveränen Meisterschaft in Satz und instrumentaler Technik, von der diabolischen Grazie eines aristokratischen Spiels, das sich selbst nichts, weder Aristokratie noch Spiel mehr glauben kann, von alldem ist hier oft und rühmend die Rede gewesen. Die Bühnenmusik scheint der Konzertsuite noch überlegen, gibt mehr Kontraste noch, ist reich an thematischen Gestalten, hat Fülle selbst in der Ausgehöhltheit und Tenue in der grimassierenden Melancholie: Meisterstück alles emigrantischen Kunstgewerbes, von Intentionen durchsetzt, die mehr sind als bloß Kunstgewerbe. Aber es muß gesagt sein, daß die Aufführung nichts dazu tat, die außerordentliche Qualität des Werkes herauszustellen. Sie geriet langweilig: der fiktive Klassizismus wurde ihr zum Vorwand, ungebrochen Theater des ancien régime zu spielen. Die musikalische Direktion des Herrn Martin war matt, es mangelte ihr an Subtilität sowohl wie an Drastik der Pointe; kein Werk läßt sich weniger aus Routine musizieren als Pulcinella. Völlig unzulänglich blieb die tänzerische Interpretation unter Leitung von Fräulein Petersen: altes Ballett und dies nicht einmal vollbürtig, in musikalischer Exaktheit, sondern versetzt mit neu-russischen Elementen, die nicht aus der Substanz kamen. Das Ballett der Frankfurter Oper bedürfte dringend der Reform, ehe es sich an Strawinsky wagen sollte. Es muß das so drastisch gesagt sein angesichts des Mißerfolges der Aufführung, die das Publikum dem Werk zuschreibt, das langweilte, während sie tatsächlich bloß der Interpretation zuzuschreiben ist. Mit Aufführungen solcher Art liefert man nur denen Vorwände, die ein Interesse haben, neue Kunst von der Oper fernzuhalten. – Entschädigung bot die frische Wiedergabe von Mussorgskijs letzter Oper, dem »Jahrmarkt von Sorotschintzy«. Man braucht kein Freund von Folklorismus und Schollenkunst zu sein und kann doch das Werk freudig akzeptieren: zum heute modischen Folklorismus verhält sich das wie schwere echte Bauernmöbel mit Teufelsschnitzerei, geritzten Zeichen und geheimer Lade für den Geldsack sich zur Prosa des Ludwig Ganghofer verhalten. Es ist also die Welt jener Oper unwiederbringlich uns verloren und darf keinesfalls ideologisch ausgespielt werden: so wie sie hier jedoch erscheint, hat sie Realität und Gewalt. Der Text nach einer großartigen Gogolnovelle höchst schlagkräftig angelegt: eine Komödie, in deren Zentrum die alte abgeworfene Mythologie nochmals erscheint, nur als Scherz und Zigeunerlist, gewiß aber doch groß genug, um gleich einem archaischen Baum Bauernfreude und tägliche Trunkenheit zu überschatten; dazu aus dem Jahrmarkt geschöpft und all der bunten Transzendenz des Jahrmarktes voll; kurz ein Opernbuch, das wetterleuchtet wie ganz wenige. Dazu die Musik, vielleicht die vollste, rundeste, die es von Mussorgskij gibt, ohne die Leerstellen der Staatsaktionen, auch nie folkloristisch im Sinne der bloßen Aufnahme von Volksmelodien und Volksliedstil, sondern unvermittelt noch aus den gleichen kollektiven Quellen gespeist, die das Volkslied je und je vielleicht entließen, nie mit der simplen Freude an Bodenständigem, sondern in der Gebundenheit ihres lokalen Bezirks großen Märchengegenständen zugewandt; eine Märchenmusik, so wenig aufs Bäuerliche zu reduzieren wie echte Märchen. Der Zusammenhang mit dem Liedwerk Mussorgskijs, das oft genug zitiert wird darin, bildet den Stil: es ist eine Liedoper, ein Singspiel für den Jahrmarkt, bar aller schlechten Geschlossenheit des Opernwesens, geöffnet dem unteren Gebrauch und dem Einbruch oberer Intentionen zugleich. Ein Werk, das man dankbar hinnehmen sollte, das von den Opernspielplänen nicht mehr verschwinden dürfte. Die Ergänzung und Instrumentation durch den älteren Tscherepnin scheint sinnvoll; bescheiden in der Zutat und doch fähig, dem Werk die Fülle im klanglichen Phänomen zu sichern, die in der musikalischen Substanz angelegt ist. Sie wird sich freilich definitiv erst beurteilen lassen, wenn Mussorgskijs fragmentarische Originalfassung vorliegt; nach den Erfahrungen mit Rimskij ist man skeptisch geworden. Die Aufführung sehr erfreulich; die Direktion von Martin hier sehr lebendig und präzis, auch in der »Nacht auf dem kahlen Berge«, die als Intermezzo gespielt wurde. Von den Solisten vorzüglich Frau Holl als böse treulose Bauernfrau, dörfliche Urenkelin der Stiefmutter aus Schneewittchen und voller Teufelsangst; gut der sehr musikalische Herr Vetra als junger Bauer und Herr vom Scheidt ganz den Phantasien angemessen, die wir in Deutschland uns nun einmal von einem russischen Trunkenbold machen.

 

Die Jazzklasse des Hochschen Konservatoriums, die ihrem Initiator Sekles so viele törichte Angriffe eintrug, stellte sich unter der außerordentlich musikalischen und materialkundigen Leitung von Mátyás Seiber der Öffentlichkeit vor und legitimierte sich aufs beste. Es sollte nicht darüber zu streiten sein, daß, da der überwiegende Teil der musikalischen Jugend gezwungen ist, sich mit Gebrauchskunst das Brot zu verdienen, einer solchen Gebrauchskunst der Vorzug zu geben ist, die sauber und phantasievoll vorgebracht wird, gegenüber dem hochmütigen Dilettantismus solcher, die den Anforderungen des Gebrauchs nicht zu genügen wissen. Darüber hinaus ist für die eigentliche musikalische Praxis die Jazzschule zu begrüßen als ein Mittel der Emanzipation der Akzente vom guten Taktteil, die heute aus dem fortgeschrittenen Stande der Interpretation selber sich ergibt. Man wird darüber freilich nicht verkennen dürfen, daß vom Jazz, dessen musikalische Substanz ja weit hinter aller musikalischen Aktualität zurückblieb, fürs kompositorische Verfahren nichts mehr zu hoffen ist, daß alle Möglichkeiten des Jazz in seiner kunstgewerblichen Sphäre sich rasch erschöpften, daß die Sphäre als solche bereits der Erstarrung verfiel. Gerade darum indessen wurde sie reif für die Pädagogik, die je und je lieber vom Gewesenen als vom Seienden lebt. – Bei Wendel einige Novitäten, in den Montagskonzerten. Seine Hand ist in der Wahl nicht allzu glücklich, mit Grund; es spielt da jene ominöse Vorstellung von der ›gemäßigten Moderne‹ herein, die als sicheren Besitz hüte, was vorher experimentell erzeugt ward; während in Wahrheit die vermittelnden, nachträglichen Stücke niemals in sich rein ausgeformt sind, sondern das Alte auflösen und das Neue verfälschen. Die Tripelfuge von Kurt v. Wolfurt ist ein anständiges, nachregerisches Stück; ob nach dem Zerfall der Tonalität die tonale Prätention solcher Fugengebilde überhaupt noch zu realisieren ist, läßt sich bezweifeln, sie ist hier mit einigen linearen Überschneidungen montiert, gewinnt aber keine größere Evidenz damit. Erfreulich die Bekanntschaft mit einem Zyklus von Orchesterliedern nach Stormgedichten, dessen Aufführung der Komponist Klaus Pringsheim selbst leitete. Sie wirken durch einen spezifischen Ton, der mehr aus der menschlichen als aus der musikalischen Substanz vielleicht kommt, aber sich doch sehr klar anzeigt. Pringsheim geht von Mahler aus, bezeugt damit allein schon besseren Instinkt als sonst die nachstraussischen Neudeutschen, und unterwirft die Mahlerschen Mittel einer Ökonomie, die schon von heute ist. Man möchte hoffen, daß diese Ökonomie auch die Mittel selber verändere, nicht nur ihren Einsatz; dann könnte hier ein sehr eigener Weg zur Aktualität dialektisch gefunden werden. Es stört daran nur die retrospektive, kulturkonservative Nuance der Textwahl. – Zum Schluß ein Klavierkonzert von Wilhelm Grosz, ein Kabarettstück mit viel Tangorhythmus, etwas Saxophonklang, dann wieder Schrekerischen Geigen, geschicktes Kunstgewerbe, nur zu breit ausgeformt; übrigens vom Komponisten ausgezeichnet gespielt. – Der Sängerchor des Lehrervereins brachte als Uraufführung die »Symphonische Kantate« »Hafis« von Waldemar v. Bausznern. Es ist zu bedauern, daß Fritz Gamke seine Arbeit und die des tüchtigen Chors an ein Werk wandte, das für solche Mühe keinen Dank in sich trägt. Die Kantate ist ein Kompendium alles dessen, was uns an der Kunst der vorigen Generation mit Fug unerträglich wurde: vermessen im Beginn, die Lyrik des reifen Goethe zu bewältigen; bombastisch aufgedonnert im pathetischen Ton und im Orchesterkolorit; zwischen pedantischer Dürre und Talmiekstase schwankend: eine wahre Siegesallee. Es gilt, vor solchen Gebilden auch endlich mit dem Glauben aufzuräumen, sie könnten zwar epigonal und veraltet, in sich aber ›technisch‹ gut sein. Die musikalische Evolution hat rückwirkende Kraft, was sich ihr entzieht, ist nie in sich gut, und die Mittel können jeweils nur zu ihrer Stunde adäquat eingesetzt werden; eine jederzeit zu handhabende, sichergestellte Technik gibt es nicht. So ist denn auch die Hafiskantate, an einem ernsthaften Maßstab gemessen, schlecht komponiert; harmonisch nicht rein ausgehört, thematisch durchwegs unplastisch, instrumental geschmückt, nirgends im Klang rein dargestellt, auch kontrapunktisch unprofiliert, wahllos Allerweltsstimmen übereinanderschichtend; im Chorsatz durchwegs zu simpel gegenüber dem polyphonen Aufwand des instrumentalen Parts. Es muß das so schroff ausgesprochen werden, um endlich der wuchernden Pseudomonumentalität jener Musiksphäre die Ideologien zu zerschlagen, die ihr stets noch vom kritischen Respekt dargereicht werden. Solcher Respekt, von der extensiven Fülle des Musikalischen darin düpiert, erhält allein heute jene radikal scheinhafte Kunst am Leben.

 

JUNI 1929

 

Von der allgemeinen Krise des Frankfurter Musiklebens ist zu berichten: beim Symphonieorchester haben sich die Dinge insofern entschieden, als Ernst Wendel die Leitung des Orchesters nicht weiterführen wird. Das Orchester ist jetzt aus seiner stetigen finanziellen Bedrängnis befreit, der Rundfunk, derzeit die finanziell leistungsfähigste Institution des Frankfurter Musiklebens, hat in richtiger Erkenntnis das Orchester übernommen. Man hat Wendel für die außerordentliche pädagogische Leistung zu danken, die es vermochte, in wenigen Jahren das neugegründete Orchester zu einem ernstlich verwendbaren Klangkörper zu machen. Man wird sich darüber hinaus an schöne und treue Aufführungen, zumal von Bruckner und Brahms, gerne erinnern. Zu wünschen bleibt, daß es der Rundfunkleitung – die übrigens die Konzerttätigkeit des Orchesters weiterzuführen gedenkt – gelinge, für das Orchester nun einen repräsentativen Dirigenten der jungen Generation zu gewinnen. Die weiträumige Arbeitsfreiheit, die der Rundfunk zu garantieren vermag, läßt gerade die Besetzung jener Stelle mit einem charakteristischen Vertreter des neuen Musizierens besonders aussichtsreich erscheinen. – Die Ortsgruppe der »Internationalen« beschloß ihr erstes Winterprogramm mit einem Kammerabend von Eduard Steuermann und Margot Hinnenberg-Lefèbre. Es ist da vorab der Klaviersonate von Steuermann selbst zu gedenken, die, in Wien und Berlin bereits vernommen, vom Komponisten schlechthin authentisch geboten wurde. Die Sonate ist fraglos eines der besten Stücke aus der Schönberg-Schule: mit groß gesehenen und sicher konstruierten Totalformen, geprägt auch in den kleinen Einheiten, von besonderer Originalität des Tones zumal im zweiten Satz, einem Quasi Marcia-Intermezzo, dessen dunkel huschender Reichtum thematischer Gestalten aus der freien Variation eines dreitaktigen Themas gewonnen wird. Höchst plastisch durchwegs die melodischen Charaktere, der Klaviersatz bei extremer Ausnutzung aller pianistischen Kombinationsmöglichkeiten streng und angemessen. Dem wahrhaft bedeutenden und völlig reifen Stück wäre dringend ein Verleger zu wünschen. Dann die Klaviersonate op. 1 von Hanns Eisler, frisch, gut und sauber gehört, in der Auswertung des Staccatoklavierklanges sehr spezifisch bereits. Frau Hinnenberg sang ausgezeichnet einige der schönsten George-Lieder von Webern, die in der zartesten Differenziertheit noch streng gefügt bleiben: vollkommene Objektivationen vollkommener Subjektivität. Weiter die viel zu wenig bekannten Proses lyriques von Debussy, deren Prosaform sich von Strophenbau, durchwegs selbst von Repetition der Formteile so kühn emanzipiert wie keine Musik jener Zeit und gleichwohl mit eminentem Takt das stets Neue durch die Gestaltung von Satz und Dynamik zu binden weiß. Dabei ist gerade im aufgelösten Stil die melodische Kraft erstaunlich. Die Interpretation durch Sängerin und Pianisten ließ keinen Wunsch. Licco Amar spielte auf hohem musikalischem Niveau Solosonaten von Jarnach und Hindemith; der Jarnach feingliederig, dabei in den beiden letzten Sätzen voll Fluß und Verve; der Hindemith eine glückliche Improvisation ganz und gar; ein leichter heller Eröffnungssatz und ein höchst instrumentales Pizzicatostück haften besonders. – Schließlich erwähnenswert ein Konzert des Schulerschen Männerchors, dessen Dirigent Gustav Maerz in der klaren und vokal ausgewogenen Wiedergabe von Haydnschen und Mozartschen Kanons bewies, mit wieviel Fähigkeit er es unternimmt, von der lastenden Tradition der Liedertafel abzustoßen.

 

OKTOBER 1929

 

Sommergastspiel eines Berliner Ensembles mit Offenbachs Schöner Helena: wer dem Provinztheater und zumal dem heiteren musikalischen das schlagende Beispiel hauptstädtischer und fortgeschrittener Interpretation wünscht, muß solcher Interpretation zunächst einmal wünschen, daß sie sich selbst anderswo ein Beispiel nehme. Die Aufführung war schlechthin skandalös. Ein ausgesungener Tenor, den Frankfurtern zur lieben Erinnerung dargereicht, eine Diva, deren Stimme und darstellerischer Fähigkeit man in keinem größeren Kabarett Chancen geben sollte, ein dürftiges Orchester, das unaufhörlich zu tief spielte, ein Dirigent, der es nicht zusammenhalten konnte. Dazu Regie, die hilflos zwischen heroischem Theater und nicht minder schon verstaubter Revue umirrte; Witze von 1870, vom zeitgemäßen Humor ganz zu schweigen, der sich tat. Es verdient als Kuriosum notiert zu werden und als Zeichen einer Bühnensituation, in der die rekordsüchtige Metropole die Provinz sogar mit Provinzialität überbietet. Und dabei: welch ein Stück, die Helena. Wer nimmt sich ihrer einmal wahrhaft an, der Musik zumal, auch der Szene, ohne sie schlicht dem Tätigkeitsdrang der Regisseure zu überlassen? Wer wird hier endlich die Hölle installieren, deren Zeremonial Offenbach definitiv geregelt hat?

 

DEZEMBER 1929

 

Nach dem ersten Monat der Spielzeit ist es noch nicht möglich, Verbindliches über den neuen Kurs auszusagen, der unter der Intendanz von Turnau begonnen hat. Die großen Aufgaben der Spielzeit – als wichtigste die Uraufführung der Lustspieloper von Schönberg – konnten begreiflicherweise noch nicht in Angriff genommen werden. Was bislang geschah, bedeutet wesentlich Orientierung und Fühlungnahme mit den Kräften, die die frische Leitung in nahezu unverändertem Bestand vorfindet. Ganz deutlich ist nur eines: der außerordentliche Gewinn, den das Institut durch das Engagement seines musikalischen Leiters, H.W. Steinberg, gemacht hat. In der Arbeit bei Klemperer und Zemlinsky geschult, scheint er wie wenig andere prädisponiert, die Frankfurter Oper endlich wieder zu aktivieren: mit wahrhaft fortgeschrittenem musikalischen Bewußtsein, mit jugendlicher Arbeitskraft und auch mit jenem spezifischen Dirigierimpuls, der sich durch absolutmusikalische Qualitäten schwer umschreiben läßt; der sich bereits eine überaus schlagkräftige und präzise Technik schuf. All das erwies sich vorab in der Aufführung des »Schwanda[, der Dudelsackpfeifer]« von Weinberger. Über die Wahl des Werkes als erste Novität ließe sich gewiß rechten, obwohl der kritische Eifer sich lieber an Gegenständen in prätentiöser Sphäre orientieren sollte als an der gehobenen Operette oder, wenn man will, der Depravation des gebildeten Opernwesens aus dem 19. Jahrhundert. Aber Steinbergs Leistung war nach musikalischer Feinfühligkeit und Genauigkeit wie nach kapellmeisterlicher Klangregie schlagend und konnte mit dem Stück aussöhnen. Der »Schwanda« ist nicht ohne alles Interesse. Einmal enthüllt er nachträglich Reger: jene das harmonische Gerüst umspielende Scheinpolyphonie, die zumal die Monumentalität von Regers Variationenwerken erzeugt, wird angesichts der tschechischen Volkslieder, denen sie hier überhängt ist, als bloß dekorativ kennbar. Dann bringt die Oper wirklich einen Ausverkauf alles Entwerteten der jüngsten Vergangenheit: vom Waldweben, von der Sommerfrischennatur der neunziger Jahre über Puccini bis über Schreker hinaus wird alles darin dem Amüsement nutzbar gemacht und wirklich nochmals amüsant; solche Wiederkehr bekräftigt gut den Untergang der Gehalte, denen einmal jene Idiome dienen mochten. Schließlich ist es mit großem Geschick, Bühnensinn, Klangphantasie und vor allem kluger Beschränkung der zeitlichen Dauer vorgebracht, um tschechische Volkslieder gruppiert, die um so echter sie bewährt, je schärfer sie sich vom Flittergrund ihrer Umgebung abheben. So sollte man das Werk, das eher die Ansprüche anderer vernichtet als eigene erhebt, passieren lassen. Benno Ziegler, Viorica Ursuleac, Maris Vetra, Clara Ebers verhalfen der Sache zu allen solistischen Ehren.

Minder glücklich war die Neuinszenierung des Gluckschen Orpheus. Die Schwierigkeiten sind vorweg in der Situation des Werkes gelegen. Mag man selbst die primitive Architektur des Ganzen, die undurchbrochene Oberstimmenmelodik alles Einzelnen darin als edle und große Linie bewundern, ohne zu fragen, ob das Maßhalten der Musik hier in Wahrheit nicht dem Mangel aller solcher Gehalte entspringt, an denen Maß sich erst bewähren müßte, weil sie dagegen rebellieren – die eigentlich kompositorische Qualität der Reformoper ist zu schwach, sie zu tragen, in einer Zeit, der nichts an der Oper so verdächtig wurde, wie eben die musikdramatische Reformation. Die Musik des Orpheus, gänzlich aufs begleitete Melos gestellt, ist gerade im Melos arm, nicht bloß an tieferen Kontrasten der Konstruktion, sondern sogar an plastisch und originär gehörten Themen selber. Das vermag die Resignation der großen Bögen dauernd nicht zu verbergen. Es muß, angesichts der stereotypen Gluckverehrung, die das psychologische 19. Jahrhundert seit Berlioz ausgeübt hat, einmal schlicht gesagt sein, daß in der Sphäre völliger melodischer Homophonie jeder bessere neapolitanische Meister, von Händel und Pergolesi ganz zu schweigen, mehr vermochte als Gluck. Die Schönheit jener Gluckschen Momente, da seine Musik schauernd in den Abgrund der freigelegten Subjektivität blickt – im Orpheus also einiger Chorstellen der Unterwelt und zumal der großen trauervollen Flötenmelodie – wird davon nicht angegriffen, wohl aber die Totalität der Form, auf die Gluck ausging. Es läßt sich verstehen, daß man jene Totalität zu retten unternimmt, indem man die Architektur, die sich im Musikmaterial nicht wahrhaft realisiert, außermusikalisch stützt. Der neue Regisseur, Herbert Graf, versuchte das durch die Hilfe eines Tanzkollektivs oder, nach heutigem Sprachgebrauch, einer Bewegungsgruppe. Aber die Idee der Kollektivität, wie sie Graf als legitim an russischen Versuchen erfahren mochte, wird hier abstrakt von außen herangetragen; weder ist der Orpheus ein Werk, das heute kollektive Verbindlichkeit hätte, noch gibt es ein Kollektiv in Deutschland, das ästhetische Gehalte ernstlich zu objektivieren berechtigt wäre, noch vollends sind Labanschule und Jugendbewegung, deren soziologische Fragwürdigkeit doch offen genug zutage liegt, die Avantgarde kommender Kollektivität. Was sie im Orpheus boten, mochte unter der lenkenden Hand des Regisseurs im Hades noch hingehen; im Elysium war es kleinbürgerlicher Sonnenkitsch mit Fidusekstase; am sportiven Schlußbild wurde der Unterschied von echtem Kollektiv und Bewegungsverein vollends sinnfällig. Der Bewegungschor steht im Anfang seiner Arbeit und hätte im gegenwärtigen Stadium keinesfalls herausgestellt werden dürfen. Aber wichtiger selbst als ernsthafte Arbeit wäre hier gründliche Änderung des Bewußtseins der Führer zumal. Es gilt zu erkennen, daß zwanzig Mädchen in Gewändern nicht mystisch mit der Allnatur sich einen, indem sie gleichzeitig die Arme zum Himmel emporstrecken. Nirgends gibt es weniger Einheit von Leib und Seele als hier, nirgends ist die Pflicht materialgerechter Formung größer. Das wäre vorab von den Russen zu lernen. Der fraglos gute Wille muß ernsthaft und in kritischer Verantwortung gelenkt werden. Musikalisch war gegen die Vormacht der Gruppenregie nicht viel auszurichten trotz der tatsächlich materialgerechten Direktion von Steinberg und des teilweise vorzüglichen Orpheus der Frau Spiegel.

Ganz mißlungen ist schließlich die Neuinszenierung des »Fra Diavolo« von Auber. Das anmutig verstaubte Stück zu aktualisieren ist zwar nicht geradezu gefordert, aber immerhin möglich. Wenn aber die Aktualisierung in einer wahrhaft provinziellen Weise geschieht, plump zugleich und ängstlich, dann ist zu widersprechen. Man ließ im Zentrum, in der Handlung, im Ablauf das Stück so altväterisch und harmlos, wie es war, schmückte jedoch dafür das Drum und Dran mit Reminiszenzen an Tairow, die Dreigroschenoper, den Film aus und erweckte den Frankfurtern mondäne Schauer durch ein Wirtstöchterlein in der Pyjamahose, Autolärm und Barbetrieb; konstruierte für die Anspruchsvolleren ein unpraktisches Bühnenbild und gab den Bescheidenen dafür Witze, deren sich selbst die Bescheidenheit schämte. Das ganze Abhub der szenischen Moderne, für verschlafene Abonnenten genießbar gemacht. Zudem in allen wesentlichen Rollen fehlbesetzt – nur der Zerline von Fräulein Ebers läßt sich Charme nachrühmen; von Herrn Lindemann im Detail zwar hübsch dirigiert, aber durchwegs doch nicht so leicht und präzis, wie es selbst für die verstümmelte Spieloper unumgänglich bleibt. Ein Versuch; gut. Aber nimmt man nicht dem Versuch sogleich die Chance, wenn man ihn als Kompromiß beginnt?

 

Die Rekonstruktion des Frankfurter Konzertlebens scheint tatsächlich ihren Anfang zu nehmen. Es ist zunächst der Montagskonzerte des Symphonieorchesters zu gedenken, das von der einsichtigen Leitung des Rundfunks übernommen wurde. Sein ständiger Dirigent im Radio ist Hans Rosbaud, der auch die beiden ersten Montagskonzerte leitete. Die Wahl ist glücklich. Bereits im ersten Konzert war Rosbaud als überaus ernster, redlicher und sachkundiger Musiker zu erkennen; Gegenteil des Dirigiervirtuosen und Klangregisseurs und gewiß auch zunächst ohne die suggestiven Qualitäten, die das Startum irgend zu rechtfertigen vermögen, aber dafür ein Mann, von dessen Treue und Energie nachhaltige Wirkung zu erhoffen ist. Im ersten Konzert bot er klar und sehr lebendig die Wassermusik von Händel; danach sang der außerordentliche amerikanische Tenor Crooks und widerlegte mit der souveränen Verfügung über sein an Fülle begrenztes Material jeglichen Glauben ans Vorrecht der bloßen Stimme; endlich gab es eine saubere und doch nirgends tumbe Sechste von Bruckner. Evidenter noch qualifizierte sich Rosbaud im zweiten Konzert durch die ungemein präzise und bewegte Interpretation des Orchesterkonzertes von Hindemith. Das Stück, im deklarierten Neoklassizismus des ersten, der bequemen Ostinatobindung des letzten Satzes kein vollgültiger Hindemith, ist doch von einer Plastik zugleich und Fülle des Instrumentalen – ohne je den herkömmlichen Tuttiklang zu bemühen –, von einer Gedrängtheit der Form, der Meisterschaft zuzugestehen ist, auch wenn man dem Grunde jener Meisterschaft nicht vollends vertraut. Die Turbulenz des zweiten Satzes, der sich im engsten Raum bis zur sprengenden Gewalt steigert, hat kaum ihr Vorbild. Es bleibt freilich das Ganze gleichsam zweidimensional, unter der Devise Objektivität weiter wohl jeglicher humanen Tiefe entfernt, als legitime Musik es sollte, mag immer sie mit aller Gewalt abstoßen von der verfallenden Romantik, die doch mit dem Humanen nicht billig zu identifizieren wäre. Das überreiche Programm bot außerdem die Così fan tutte-Ouvertüre, die Exsultate-Motette, ein mächtiges Brandenburgisches Konzert, zumal im Finale ausgezeichnet gespielt, und das kuriose Tripelkonzert von Beethoven, dem auch diesmal nicht geholfen wurde, obwohl der Komponist Jarnach mit außergewöhnlicher pianistischer Leistung auffiel.

Wieder eingeführt ist die Institution der Opernhaus-Konzerte, aus früheren Jahren in guter Erinnerung, jetzt offenbar von Steinberg erneuert, um den Apparat des Opernorchesters wirksamer für die Aktualität einzusetzen, als es sonst im Frankfurter Konzertbetrieb geschieht. Es gab das Klavierkonzert von Eduard Erdmann, hochbegabt wie alle Musik Erdmanns, besonders wichtig als eines der wenigen Zeugnisse aufrichtiger Auseinandersetzung mit Schönberg außerhalb des engeren Schönbergkreises; zugleich mit Hindemith verbunden; dabei ganz originell im motivischen Detail wie in einem seltsamen, sehr charakteristischen Überschwang des Tons. Allerdings bleibt das Werk noch Station, ist weder im Umfang noch in der Fügung des Einzelnen ganz bewältigt. Die kontrapunktische Explikation, die von dem großen Teils sehr aufgelösten Motivmaterial gefordert wird, scheint nicht ganz realisiert, sondern durch zuweilen brüske Vorwärtsbewegung ersetzt, die Form nicht vollends durchkonstruiert; der Schluß dementiert empfindlich und neudeutsch, was vorher war. Das Ganze ist gleichsam Improvisation, im Umkreis des Pianistenklaviers befangen, und ein latenter Liszt, der zumal im Klaviersatz hereinspielt, stimmt dazu sehr genau. Aber wenn Erdmann es vermag, den improvisatorischen Ausbruch zu objektivieren, der elementar in ihm ist, so darf man von ihm kompositorisch das Äußerste erwarten. Es werden sich für ihn vor allem die innertechnischen Aufgaben sehr konkretisieren müssen.

Danach unter Steinberg sehr eindringlich und unverstellt die Sechste von Mahler, die schon um des Finales willen heute noch Aktualität hat und eigentlich wieder, da heute erst die Tektonik so unabweisbar gefordert ist, wie zur Entstehungszeit des Werkes. Steinberg ließ denn auch gerade den dichten und doch gegliederten Bau überaus deutlich werden. – Im Sender spielte das Brüsseler Pro Arte-Quartett; außer Beethoven die Serenade von Jemnitz, die auch im lebendigen Klang ihre Formgesinnung bewährte, und das Sechste Quartett von Milhaud, unprätentiös und ohne viel Aufwand an kompositorischer Mühe, aber sehr anmutig. Das Pro Arte-Quartett gab wunderbar transparenten und gefaßten Klang; bei aller Süße sicher im Maß.

 

JANUAR 1930

 

Über »Maschinist Hopkins« von Max Brand kann ich mich kurz fassen, nachdem Erik Reger in seiner Duisburger Kritik an dieser Stelle* bereits den zentralen Einwand formulierte: daß die vermeintlichen Urbilder zivilisierter Wirklichkeit darin nichts sind als Requisiten, die prompt die Stelle der verdrängten romantischen einnehmen, ohne daß nur die Frage gestellt wäre, ob jene Plätze überhaupt neu zu besetzen sind; ob nicht vielmehr die Symbolkraft der bloßen Dinge selber der Romantik zugehört und damit auch die Maschinenoper, die stampft und faucht, wo vormals rauschende Bronnen und silberner Mond sich betätigten. Daß die modern und sozial ambitionierte Oper hier in Romantik zurücksinkt, an Hohlheit sogar die neudeutsche überbietend, läßt sich soziologisch gerade begreifen. Der »Hopkins«, der sein sicheres Publikum haben will, weicht der Politik aus; nur in den klaren Konturen des Klassenkampfes aber könnte gezeichnet werden, was der Neutralität des zuschauenden Künstlers sogleich in wesenlosen Schein zerrinnt. Das läßt sich an der Konstruktion des – im übrigen gründlich realitätsfremden – Textbuches aufweisen. Denn es benötigt der Maschinen, um jede deutliche Unterscheidung von Ausbeutern und Ausgebeuteten zu vermeiden; als Dämonen herrschen sie gleichermaßen über Unternehmer und Arbeiter, ein abstraktes Gesetz der Zeit, vor dem vergessen ist, daß es nicht metaphysisch über den Köpfen der Menschen schwebt, sondern zur Herrschaftsapparatur des einen Teiles der Menschen über den anderen rechnet. Angesichts dieser Tendenz zur Verdunkelung, die einem aufs Rationale erpichten Stück keineswegs ansteht, erstaunt es nicht, daß auch die revolutionäre Aktion, die um der Oberflächenaktualität willen aufgeboten ist, sogleich ins Private hinabgedrängt und damit um jede Schärfe gebracht wird: zufälliges Verbrechen eines einzelnen, eines Arbeiters, der gerne Unternehmer sein möchte und damit die göttliche Maschinenweltordnung bedroht, gibt den Grund dafür ab, und der andere Arbeiter, von Brand berufen, revolutionär die Ordnung wieder herzustellen, bringt das fertig allein wegen einer Frau, die er im Interesse der Bühnenwirksamkeit einerseits vergewaltigt, andererseits in den Schmutz stößt, so daß man gut begreift, daß seine Revolution mit dem Triumph des laufenden Bandes endigt, der indessen dem heißblütigen Revolutionär von Anbeginn vorzuschweben scheint. Es stimmt schon alles; auch die Musik. Abgesehen von jeder Frage nach Originalität und Haltung ist sie technisch von einer Hilflosigkeit, die das Maß des Zulässigen doch unterschreitet. Das wirkt, als habe einer mühsam eine Particella tongetreu ausinstrumentiert und dabei die Nebenstimmen vergessen, die in der Particella nicht eingezeichnet sind. Während die ersten Szenen sich harmonisch noch einiges zumuten, wird es dann immer neudeutscher und öliger. Nur eine Jazzstelle klingt anständig. – Wenn der Sinn für szenische Drastik, den Buch und Musik gleichwohl gelegentlich anzeigen, irgend ernsthaftere Ergebnisse zeitigen soll, so muß sich Brand in die strengste Zucht begeben, die sich nur finden läßt. Der »Hopkins« verdient Beachtung allein um des Erfolges willen, der ihm zuteil wurde: in einer völlig trostlosen Opernsituation, in der wenig Besseres und wahrhaft Aktuelles da ist und deren Publikum offenbar die letzte Orientierung verloren hat. Immerhin hielt sich in Frankfurt der Beifall in sehr mäßigen Grenzen; trotz einer vorzüglichen Aufführung unter Lindemann, der so präzis dirigierte, wie unpräzis komponiert ward; mit der ausgezeichneten Regie Grafs, der wenigstens seinen kollektiven Neigungen zu Recht nachgehen konnte, wenn auch das Kollektiv der Oper nicht das rechte ist. Frau Gentner-Fischer, die Herren Stern und Brandt hoben in den Hauptpartien die Angelegenheit beträchtlich über deren Niveau.

 

Im Museum erschien Richard Strauss als Leiter eigener Arbeiten nicht mit allzu glücklichem Programm, da von Alpensinfonie, Eulenspiegel und Tod und Verklärung allein das Mittelstück vollbürtig bleibt, während Früh- und Spätwerk in der schlechten dekorativen Geste sich begegnen, die jenes von der Spätromantik naiv übernimmt, während dies aus harmonischem und koloristischem Wagnis in den Bezirk der Jugend ängstlich zurückfindet. Da Strauss keinen großen Tag hatte und den Eulenspiegel nicht entfernt so souverän und schwungvoll brachte wie sonst, so blieb der Beifall matt und bewies, wie leicht es Strauss heute auch den reaktionärsten Hörern macht, sich plötzlich modern vorzukommen. Das ist trotz allem zu bedauern. Denn als er schließlich in »Tod und Verklärung« präsent wurde, gab er eine Interpretation des schwachen Stückes, deren große und klare Lineatur, deren umstandslose Zeichnung der Formcharaktere immer noch dem weit näher kommt, was heute gefordert ist, als die Hörerschaft hören mochte; wie es denn überhaupt den Anschein hat, als gehe, was immer Strauss an musikeigenen Kräften aus seiner Produktion vertrieb, mehr und mehr in seine Reproduktion über, deren unromantische Plastik das beste Korrektiv bietet, das einer Musik nur gewünscht werden kann. Einzig als Dirigent realisiert Strauss heute noch, was er kompositorisch längst nicht mehr Wort haben mochte. – Rühmliches ist von den Montagskonzerten des Orchestervereins zu berichten, denen die Kooperation mit dem Rundfunk nachhaltige Impulse zuführt. Zunächst ein Abend von Scherchen mit seinem Königsberger Orchester: eine ausgezeichnete und neue Aufführung der Tragischen Ouvertüre von Brahms zumal, die frei von aller Schwere, mit durchsichtigem Hintergrund anstatt schlecht unendlichen Klanges erschien; wieder die Pulcinellasuite, um die sich Scherchen wie kein anderer Verdienste erwarb. Als Novität ein Orchesterkonzert des Schweizers Beck; westliche Hindemithnachfolge, womit Kritik bereits gesetzt ist, da die Hindemithsche Polyphonie schlechterdings nicht mit einem Kolorit zusammenzudenken ist, das für sich selber gelten will; der Effekt mäßiges Kunstgewerbe. – Im nächsten Montagskonzert, unter Rosbaud, Frau Landowska als Solistin, deren preziöses Cembalo man in engem Rahmen gerne vernimmt, nicht aber in großem, wo der zirpende Ton des Instrumentes so unangemessen ist wie sein esoterischer Geist. Sie brachte außer einem schönen Haydn ein Konzert von Poulenc mit, das zwar sehr instrumentalgerecht gedacht scheint und auch Einfälle zeigt, im übrigen aber den Neoklassizismus gründlicher decouvriert als alles Bisherige; er ist darin als kümmerlicher Vorwand zu erkennen, alle Stile bis zum ärgsten melodisierenden Kitsch der neunziger Jahre zu vermengen und dabei noch hintergründige Dämonie zu posieren. Danach gab es, sehr lebendig gespielt, die »Iberia« von Debussy, in der Transparenz des Klangkörpers, der schimmernden Beweglichkeit steten instrumentalen Umschlages, der Ökonomie des thematischen Materials, ein Meisterwerk höchsten Ranges, das denn auch noch auf ein Publikum wartet. – Die Ortsgruppe der »Internationalen« begann ihre Arbeit mit einem Kammerabend; ein Quartett von Pepping, begabt in der Hindemithnachfolge, gut gesetzt, im langsamen Teil auch mit spezifischem Ton, insgesamt aber noch allzu primitiv auf die Motorik eingeschworen, die heute nicht mehr tragen will; dann ein besonders hoffnungsvolles des Schönbergschülers Winfried Zillig, mit symphonisch expansiver Fähigkeit, einem Reichtum thematischer Gestalten, wie er selten ist; im Variationenteil sehr ursprünglich und rein angeschaut. Das junge Berliner Ortenberg-Quartett wurde den schwierigen Aufgaben bereits sehr gerecht. Von Anton Webern die Stücke für Violine und Klavier und für Cello und Klavier, in einer vom Komponisten studierten, von Erich Itor Kahn, Licco Amar und Maurits Frank mit höchster Treue und musikalischer Fähigkeit durchgeführten Wiedergabe, deren Deutlichkeit die unvermittelt musikalische Gestalt der Stücke endlich freilegte – Weberns Zeit ist gekommen. Schließlich zwei Streicherduos, das sehr graziöse und überlegen komponierte von Eisler; ein ziemlich anrüchiges von Martinu. – Anton Webern dirigierte im Rundfunk Mahlers Kindertotenlieder (von dem Wiener Hueber trefflich gesungen), ein Divertimento und die g-moll-Symphonie von Mozart; so wie nur ein großer Komponist dirigieren kann. Wann kommt der Dirigent Webern an die Stelle, die ihm gebührt? – Endlich ist eine Sensation aus den Kammermusikabenden des Museums zu melden: die Kolischs spielten Schönbergs d-moll-Quartett auswendig und erzielten mit der authentischen Wiedergabe einen Erfolg, wie er Schönberg in jenem Kreise niemals zuteil geworden.

 
Fußnoten

 

* Vgl. Erik Reger, Musikfestwoche der »Jungen Generation«. Zum 59. Tonkünstlerfest in Duisburg, in: Die Musik 21 (1928/29), Bd. 2, S. 892 (September '29).

 

FEBRUAR 1930

 

Neueinstudierung des »Lohengrin«: außerordentlich lebendig, präzis und sauber musiziert von Steinberg, zumal im Orchester in für Frankfurt ungewohnt intensiver Weise probiert; mit der sehr bewegten Regie von Graf, die die starren Chormassen glücklich löste; mit wirksamen, wenngleich zuweilen etwas kunstgewerblichen Bildern von Sievert. Wenn trotzdem keine vollends gelungene Aufführung zustande kam, so liegt es an den verfügbaren Kräften. Es wurde in früheren Jahren an dieser Stelle von Mängeln der Opernführung gesprochen. Nun jene Mängel zumindest der Intonation nach korrigiert erscheinen, muß doch einmal gesagt werden, daß auch der Personalbestand der Oper nicht durchaus radikalen Anforderungen genügt. Zunächst ist der Chor, der trotz sorgfältiger Vorbereitung dauernd detonierte, dringend reformbedürftig. Dann aber ist auch am Solistenstab viel zu bessern. Abgesehen von der wirklich überragenden Ortrud der Frau Spiegel stand kaum jemand am rechten Ort. Sei es, daß tüchtige Kräfte wie die Sängerin der Elsa an falscher Stelle eingesetzt waren, sei es, daß man Künstler exponierte, die für derlei Aufgaben überhaupt nicht mehr in Betracht kommen – der Effekt war nicht erfreulich. – Ein Wort noch über die Pointe der Aufführung: den fortgelassenen Schwan. In der Tat, was kann ein Regisseur viel anderes tun, als das symbolische Märchentier streichen? Naiv-leibhaftig löst es Komik aus, ornamental-stilisiert nicht minder; einen aus Lichtkegeln konstruierten Schwan lassen sich die reaktionären Opernhörer nicht gefallen. So bleibt vom Schwan der Hohlraum zurück. Nur freilich, fällt der Schwan auf der Bühne, muß ihm Text und Musik nach; es geht nicht an, daß Lohengrin die Leere, der er entsteigt, mit seinem Danklied besingt, sondern jedes Wort und jeder Ton im Lohengrin, der von der Macht der Bilder lebt, müßte mit ihm getilgt werden; und was würde dann aus dem Werk? Oder vielmehr: wie ist es heute wirklich um den »Lohengrin« bestellt? – Als Operette brachte die Frankfurter Oper Lehárs »Land des Lächelns«, und da es eine seriöse Oper ist, muß es auch eine seriöse Operette sein, mit jenem ominösen Niveau, das die Operette heute allerorten der Bildungsoper der vergangenen Generation entleiht, und sogar mit Tragik drapiert, die nun eben dafür reif wurde. Also, es geht schlecht aus, süß und rühmlich zugleich für den Zuhörer. Auch die Musik läßt es an Süße nicht fehlen. Rühmlich ist sie nicht. Sie borgt das Pathos von Puccinis Turandot, das selber schon zur Operette gehört, hat auch ihren Elan mit rhapsodisch-melodisierenden Bögen aus Italien bezogen; die gerühmte Instrumentation erweist sich bei näherem Zuhören als armselig genug. Am besten sind noch die Buffoschlager geraten, denen man gern in Hotelhallen begegnen mag. Die Aufführung sehr hübsch mit Frau Ursuleac, Fräulein Ebers, und zumal dem Tauberprinzen des Herrn Völker, der sich einen Triumph holte, der ihn immerhin skeptisch machen sollte.

 

Gutes ist von den Montagskonzerten des Frankfurter Orchestervereins zu melden. Zunächst, wahrhaft ein Ereignis, die lokale Erstaufführung der Fünf Orchesterstücke op. 16 von Schönberg, die nicht, wie man das heute gern sagt, entwicklungsgeschichtliche Stationen sind, um die man sich nicht weiter zu kümmern braucht, nachdem man es so herrlich weit gebracht hat, alles schlecht nachzumachen, was hier gut vorgemacht ist – sondern eines der unerreichten Meisterstücke der neuen Musik, schmählich vernachlässigt bis heute und jetzt erst in der konstruktiven Qualität ganz erkennbar, nachdem die farbliche in den zwanzig Jahren seit der Entstehung vertraut wurde. Jene konstruktive Qualität ist überaus aktuell: das Reihenprinzip als Garant der Einheit vielgeschichteter und von der Tonalität emanzipierter Polyphonie erscheint darin mit der Kraft der Entdeckung und treibt das gärende, fessellose Material zu immer neuer Verwandlung – das Ende des fünften Stückes wird zu einer Größe musikalischer Anschauung gesteigert, die selbst bei Schönberg singulär ist. Nebenbei sind im ersten Stück alle offiziellen Strawinskywirkungen in weniger als hundert Takten vorweggenommen. Wenn es trotzdem beflissene Fachleute gibt, die darin nichts als einen Impressionismus hören, den Schönberg überwinden mußte, daß sie darauf schimpfen können, so tut das der Sache ernstlich keinen Abtrag. Die Aufführung unter Rosbaud, nach zehn Proben, war deutlich, treu und gut disponiert. Daß alles locker und selbstverständlich kommt, daß die Orchestermusiker die Phrasen des letzten Stückes, dessen Rezitativ sich an keinen Taktstrich bindet, sinnvoll ausspielen, dazu gehören noch Jahre einer instrumentalen Erziehung, die vom Jazz mehr zu lernen hätte als von Strauss. – Danach spielte Gieseking das C-Dur-Konzert von Mozart; pianistisch kaum zu übertreffen. – Das nächste Konzert gehörte als Gastdirigenten Ernest Ansermet aus Genf. Nach der Paukenwirbelsymphonie von Haydn das Violinkonzert von Kurt Weill, von Stefan Frenkel geradezu exzeptionell gespielt. Im Stück schneiden sich die Linien von Weills Entwicklung; Busonische Luzidität ist noch darin, die kompakte Polyphonie spielerisch meidet, freilich auch noch jene melodische Plastik sich versagt, die Weill späterhin so schlagend ausformte; ein deutlicher Strawinsky mit der klassizistischen, übrigens sehr gemeisterten Klarheit des Klanges, auch manchem Bläsereffekt; dem späteren Weill schon in dramatischer Schärfe, die die klassische Balance oft genug dementiert; vor allem aber einem höchst merkwürdigen, grell expressiven und schmerzlich lachenden Mahler, der alles sichere Spiel unter die Macht der Frage setzt und so bereits von der Sachlichkeit abstößt in den gefährlichen surrealistischen Raum des heutigen Weill. Das Stück steht exponiert und fremd: also an der rechten Stelle. Es ließe sich denken, daß Weill nach der Verdichtung seiner letzten Arbeiten wieder auf seine extensivere Fülle, seinen harmonischen Wagemut zurückgreift, sie nun vollends zu präzisieren. – In den Schlußwerken kam Ansermet heraus als Meister jener romanischen Art, der man in deutschem Musikbereich stets wieder mit Neid, Trauer und Distanz begegnen muß. Strawinskys »Chant du Rossignol« ist aus der besten, frischesten Zeit; melodisch ganz entsubstanzialisiert, aber mit dem Zwang der latenten Substanz in sich und von einem Reichtum der Farbe, der Stand hält und also doch wohl aus dem musikalischen Bau selber quillt; zum Schluß Ravels Valse, das glorreiche Monument, das die europäische Musik ihrer verlorenen Kollektivität setzte; der Walzer als betörendes Gespenst, dessen Charaktere durch den Nebel des heimatlosen Klanges erscheinen, allzu nah kommen und verschwinden. Oder, wenn man in Stilbegriffen halten will, was als Konkretion so eilends verfliegt: die Geburt des Surrealismus aus impressionistischem Geist. Ansermets Interpretation vollends riß hin: für Minuten konnte man glauben, all dies, was hier doch in Wahrheit verschwindet, sei noch wirklich.

 

MÄRZ 1930

 

Prolog zu Schönberg: Il maestro di musica, Intermedium des großen Pergolesi, unter dem Titel »Der getreue Musikmeister«, in einer entzückenden Aufführung. Das Werk erträgt, höchstes Kompliment, die Nachbarschaft Schönbergs: von einem Reichtum nicht nur der primärmelodischen Erfindung, sondern vor allem des wechselnden Motivmaterials innerhalb des gleichen melodischen Gebildes, der unmittelbar an Mozart mahnt und sonst im achtzehnten Jahrhundert kaum seinesgleichen hat; zugleich von einer hellen, leichten Trauer des Tones, die stets noch ihr Geheimnis in sich hält. Man gab das Werk, von dem nur das melodisch-harmonische Fundament aufgezeichnet ist, in der Scheringschen Bearbeitung, die die Frankfurter Oper für die Bühne einrichtete; mit sehr hübschen, unprätentiösen und amüsanten Seccorezitativen. Das Hauptverdienst der Aufführung liegt beim Regisseur Graf, der den allzu behaglichen Gang der Handlung durch bunte Buffoeinfälle weitertreibt, ohne je kunstgewerblich zu stilisieren und dekorieren: die Ideen sind allesamt aus der Aktion selber geschöpft, nirgends ihr als Aufputz umgelegt. Musikalisch sehr hübsch unter Seidelmann; immerhin, manches ließe sich schwebender und zarter denken. Solistisch herrscht die entzückende Clara Ebers als Lauretta; als glücklicher und unglücklicher Rivale betätigen sich die Herren Schramm und Permann mit viel Laune.

 

Neue Musik im Frankfurter Rundfunk. Der Leiter des Frankfurter Senders, Ernst Schoen, hält sich mit Mut und ungemeiner ästhetischer Kenntnis in der Avantgarde. Die Übernahme des Symphonieorchesters durch den Rundfunk, die Bestellung seiner Konzerte mit durchwegs modernen – auch in der Interpretation älterer Werke aktuellen – Programmen; der Auftrag zur Komposition eines Orchesterwerkes an Eisler; die Unterstützung der Internationalen Gesellschaft für neue Musik sind wesentliche Momente seiner zielsicheren und freimütigen Politik. Sie bietet Fermente weit über den lokalen Musikbetrieb hinaus. Von Rundfunkveranstaltungen der letzten Zeit seien zwei ausdrücklich notiert. Lotte Lenya sang neue Songs von Weill, dem Umkreis von Happy End zugehörig (es ist Zeichen des Weillschen Songstiles, daß er nicht eigentlich durchs Einzelwerk begrenzt wird, sondern daß die Werke offen gegeneinander bleiben, daß Songs aus einem ins andere hinüberwechseln können, wie etwa aus dem Requiem nach Mahagonny; als hätten die Werke, revoltierende Improvisationen, sich nicht wie die der bürgerlichen Kunstübung verkrustet, sondern blieben in der prompten Beweglichkeit der Aktion). Surabaya-Jonny und Bilbao, von denen es auch eine Platte gibt, von Lenya mit einer schmächtigen Süße und schnöden impassibilité zugleich gesungen, die allen kabarettistisch pointierten und expressiv mitteilsamen Vortrag dieser Dinge weit hinter sich läßt durch das, was fallen gelassen, verschwiegen wird; dazu das Matrosenlied mit dem quer montierten Refrain und dem sehr merkwürdigen Song »Jetzt nur nicht weich werden«, der Tempo zugleich und Unverständlichkeit der Absicht von Excentrics mobilisiert. Nichts falscher als jene Songs im Schatten der Dreigroschenoper zu sehen. Erst von ihr getrennt, zeigen sie die abenteuerlichsten Züge, die aus der Bettlerlyrik nicht mehr folgen. – Weiter ein Konzert des sehr begabten Frankfurter Dirigenten Hans Bruck mit der deutschen Uraufführung der Cinq grimaces pour le Songe d'un nuit d'été von Satie, fünf ganz kurzen, tonale Akkorde völlig asymmetrisch handhabenden Stücken, mit französischen Militärsignalen als Themen, einem äußerst transparenten und dennoch drohenden Orchesterklang; mit der traumhaft partikularen Marschrhythmik, dem geisternden Blechklang an den Strawinsky des Soldaten und des Oktetts mahnend, unterschieden von ihm nicht bloß durch den dilettantischen Elan, den die Figuren von Tintenklecksen mehr interessieren als saubere kubistische Flächen, sondern auch durch die merkwürdig undichte, zitternde Phantasieluft. Keiner vermöchte den Choc dieser Musik besser zu charakterisieren als der Komiker Karl Valentin, der in einen Schallplattenladen kommt, um Zigarren zu kaufen. Wie er hört, daß es nur Schallplatten gibt, will er eine solche; was darauf sein solle? Halt Schall. So kommunizieren Schall und Rauch bei Satie; seine Musik ist die flüchtig gekräuselte Arabeske aus tönerner Pfeife. Man sollte sich dieser Musik von außen sehr oft exponieren. – Zum Schluß die dreisätzige Symphonie-Serenade von Milhaud, ehrlich polytonal, sehr graziös, unernst, ohne serenes Programm, dabei sehr einfallsreich; Balance auf der Grenzlinie des sicheren französischen Musikraumes. Die Aufführung unter Bruck durchsichtig, distanziert, dabei überaus lebendig.

 

APRIL 1930

 

Zweiter Abend der ›Internationalen‹: vorab das »Werk für ein und zwei Klaviere« von Wladimir Vogel; imponierend im Ernst, ohne alle motorischen Konzessionen, substantiiert und voll starker polyphoner Energien; im Busonischen Sinne sonatenfeindlich und phantasierend trotz sonatenhafter Elemente, dabei doch sehr gefügt; von latentem Slawentum getrieben; nach einmaligem Hören bei der absichtlichen Vermeidung konturierter Thematik schwer ganz durchzuhören, aber für jeden Fall Zeugnis eines ganz außerordentlichen kompositorischen Vermögens, das sich mutig selbst die Widerstände setzt; an einigen Stellen, zumal der »Einführung des zweiten Klaviers«, von unmittelbarer Wirkung. Unbegreiflich, daß ein Autor wie Vogel für die meisten seiner Arbeiten noch keinen Verleger gefunden hat. Danach die Klaviervariationen von Viktor Ullmann über das vierte Klavierstück aus Schönbergs opus 19; nicht so gut wie ihr Ruf; ihr Thema mehr in wechselnden Charakteren umschreibend als in kompositorischem Angriff eindringend; in der Schlußfuge wenig plastisch; vor allem aber bemüht, den unwiederholbaren wilden Angriff jenes Stückes durch Wiederholung und chromatisch-harmonische Deutung ins Harmlose umzubiegen; allerdings hübsch gesetzt und einfallsreich. Danach unter der Direktion von Reinhold Merten vom a cappella-Chor des Rundfunks sehr hübsch die bekannten Chorlieder von Hindemith, deren archaistischer Madrigalstil doch bereits allzu durchschaubar geworden ist. Zum Schluß die großartigen Stücke En blanc et en noir vom späten Debussy: sein konstruktives Vermächtnis, darin der Meister, der musikalisch von Renoir bis Seurat die Geschichte der Malerei absolvierte, zu guter Letzt den Cézanne einholte. Die Klavierwerke wurden von Osborn und Riebensam ganz außerordentlich gespielt. – Im Museum ebenfalls Ullmann, eine erste Symphonie, die Sinfonietta heißen könnte, aber besser als das Variationenwerk ist, mit guten Themen, instrumental gehört, harmonisch freilich im Grunde leittönig und darum in der komplexen Schichtung der Akkorde nicht durchwegs überzeugend; stilistisch etwa an Eisler orientiert, doch zunächst ohne dessen grimmigen Impetus; immerhin durch Schönberg erfreulich geschult. Es folgte, unter Steinberg, die herrliche Neunte von Mahler, deren Mittelsätze sich über alles Gerede von ihrer Fragwürdigkeit hinweg durchsetzen; leicht könnte heute die Burleske das aktuellste Stück von Mahler sein. – In den Montagskonzerten des Orchestervereins spielte Hindemith, nicht ganz in der Form wie sonst, das Bratschenkonzert von Milhaud, neu bearbeitet für Kammerorchester, graziös und erfahren geschrieben, sehr Strawinskysch, in einem Mittelsatz bereits wichtig nach der Salonmusik blinzelnd, aber doch originell – von Milhaud, einem überaus glücklichen und leichten Talent, dürfte endlich etwas Verpflichtendes kommen. Im folgenden Abend Weingartner, mit der h-moll von Schubert, der Fünften von Beethoven und einer unseligen Instrumentation der Fernen Geliebten, die Erb sang; sehr virtuos wie stets, aber ganz nur dem Effekt und der musikalischen Geste, nie der reinen Darstellung der Form zugekehrt; wohlverstanden, in der musikalischen Wiedergabe selber, nicht etwa im manuellen Dirigieren, dessen ruhige Beherrschtheit über den musikalischen Stil eher täuscht. Daß die Verlangsamung des zweiten Themas im ersten Satze des Schubert oder die theatralischen Wirkungen mit dem Hornthema aus dem Scherzo und dem Finalebeginn des Beethoven heute noch durch den berühmten Namen eines Dirigenten gedeckt sind, bleibt unbegreiflich. Indessen, das Publikum wollte auf seine Begeisterung nicht verzichten. – Es ist Bruno Walter ganz besonders zu danken, daß er sein Gastspiel im Museum benutzte, die Fünfte Symphonie von Mahler aufzuführen; von Mahler, den man heute als romantisch und programmatisch und dekorativ verdrängt, ohne sich Gedanken darüber zu machen, daß der Sinn seiner dynamischen und aggressiven Monumentalität gründlich verschieden ist von aller starren Fassadenkunst des neunzehnten Jahrhunderts; daß hier die Beschwörung des Unmöglichen mit einer Macht geschieht, die es paradox möglich macht. Außer an den letzten Werken läßt sich das am besten an der Fünften demonstrieren, deren musikalische Konstruktion gänzlich geschlossen, kaum vom expressiven Willen gelockert ist; die Formidee des doppelten ersten Satzes, der die alte Sonatendualität von Exposition und Durchführung überwindet, indem er sie in getrennten Stücken entfaltet; das polyphon ausgeformte Scherzo mit der großartigen Pizzicatoepisode, vor allem das Finale, das gelungenste im Sinne bündiger Zusammenfassung jedenfalls – all das weist sich aus, nachdem es keinen mehr bekümmert, wer da begraben wird. Die Darstellung Walters, in der Überwertung der Details nicht durchaus aktuell, war doch von einer Virtuosität des Orchestralen, einer dichten Fülle in jedem Augenblick, die Bewunderung erheischt und den Widerspruch der anderen Generation niederschlägt angesichts eines Werkes, das nach dem bloßen Maß der Generationen nicht gemessen werden darf. Ein Mozart ging voraus. – Im jüngsten Montagskonzert des Symphonieorchesters gab es unter Fiedler außer dem Carnaval Romain von Berlioz – wann hört man ihn einmal unter freiem Himmel? – und einer affektiv recht sehr verzerrten Vierten von Brahms das »Sommergedicht« von Bernhard Sekles; drei reizvolle spätimpressionistische Orchestersätze aus der Oper »Die Hochzeit des Faun«, die als einer der ersten entschlossenen Versuche zur Tanzoper in Deutschland zu Unrecht ignoriert wird. Auffällig ist der Mangel an wesentlichen Solistenkonzerten. Die Krise des Konzertlebens drückt sich nicht nur in der Nachfrage, sondern bereits im Angebot drastisch aus.

 

MAI 1930

 

Nachzutragen eine Neueinstudierung der guten alten »Afrikanerin« von Meyerbeer, die ja nun schwer mehr zu retten ist; die Staatsund Herzensaktion hat samt ihrer vom Film tausendfach eingeholten Maschinerie alles Interesse verloren, zur Musikoper langt die Musik nicht; warum also? Ein paar schöne Stücke sind darin: die Vascoarie, die man von Carusos Stimme nicht mehr trennen kann, das exotische Lied der Selica, das merkwürdig deutlich den Ton der zweiten Aidaarie in sich hat; auch Neluscos Adamastorballade. Für einen Opernabend ist das zu wenig; die Gehalte der Afrikanerin haben außerhalb des Werkes, beim frühen Wagner, bei Verdi in die Geschichte gefunden und sind als solche nicht rekonstruierbar, es sei denn gelegentlich im Konzert. Der pompösen Weitläufigkeit suchte man durch den Rotstift beizukommen; die Ines fiel ihm fast gänzlich zum Opfer, der Schluß ward sehr verbogen; die Operntrümmer, die blieben, sind nicht aktueller als die totale Leiche. Dazu eine nicht allzu splendide, auch musikalisch nicht splendide Aufführung; sehr schön nur Frau Gentner-Fischer und Herr Gläser. Man will dem zurückgebliebenen Publikum, was es möchte, also große Oper geben; jedoch das Publikum möchte gar nicht – sonderbare Opernkrise. – Zu Fastnacht stürzte man sich in historische Unkosten und grub die erste Operette von Johann Strauß aus; Indigo, oder Ali Baba und die vierzig Räuber. Der Intendant Turnau inszenierte das selbst mit viel Sorgfalt als Revue; Girls in Büstenhaltern hüpfen auf einer Rampe dicht ans Publikum, indische Bauten nicken sich zu am Ende des ersten Aktes, und im letzten erscheint ein transparentes Wien, Stefansdom und Riesenrad, über dem blauen Ozean: Prolegomena zukünftiger Operetteninszenierungen, die freilich die Werke, deren sie sich bemächtigen, erst Tairow gleich zerschlagen und dann die Bruchstücke zusammenmontieren müßten; solange man eine Operette im Zentrum intakt läßt, widerstreitet sie der richtig gedachten Inszenierung und macht die abenteuerlichste Konstruktion zum mittleren Kunstgewerbe; also, wer wagt es? Erschwert wird es durch die Musik, die trotz einiger hübschen Stellen und obwohl sie durch ein paar Straußische Paradestücke bereichert ward, doch offensichtlich nicht zum Inspirierten aus seiner Hand zählt; mehr noch erschwert durch das infernalisch dumme Textbuch, dessen Absurdität man schon grandios übertreiben müßte, um Funken daraus zu schlagen – es ist, als ginge Ferdinand Raimund unter auf der ersten elektrischen Ausstellung. Mit einem Wort, man soll lieber Offenbach spielen. Musikalisch gab es Steinberg sehr hübsch mit einer Art von gedämpftem Elan, der der makabren Lustigkeit wohl ansteht; sonst kam das Gute aus dem Tanz, während es den Solisten großen Teiles an Leichtigkeit von Stimme und Spiel gebrach.

 

JUNI 1930

 

Eine Uraufführung: »Achtung, Aufnahme!«, Buch von Béla Balász, Musik von Wilhelm Grosz, war künstlerisch nicht allzu ertragreich. Der groteske Einakter gibt sich tragikomisch ambitioniert, aber so durchaus herkömmlich in der Idee, daß tragikomische Wirkung sich nicht einstellen will. Es ist, immer mal wieder, der Gegensatz von Schein und Leben, der Trick des Theaters auf dem Theater; und das avant guerre-Thema, dessen Dialektik gänzlich einem verstaubten Vitalismus zugehört, gewinnt Aktualität auch dadurch nicht, daß es sich frischere Requisiten herbeiholt: den Film. Gewiß, man sieht es gern, wenn in einem überaus technischen Atelier in einer Ecke die Riviera erblüht; aber das genügt nicht für eine Oper, mag sie so einaktig sein, wie immer sie will. Die Handlung selber: daß der unglückliche Liebhaber der Diva auf die Probe kommt, sie zu töten, und dabei vom Schein gefressen wird und selber als Filmstar endet – diese Handlung vermag um so weniger anzugreifen, als die theatralischen Spannungsmomente, die dem Buch allenfalls zuzuerkennen wären, wie stets in solchen Fällen von der Musik heillos zerdehnt werden, bis alle Spannung vergeht. Am Schluß soll dann durch ein Finale »Es wird gedreht«, das Ganze irgendwie zeitkritisch gewandt, die Zeit selber als großes Kino entlarvt sein; aber es haftet ganz im Irgendwie, so abstrakt, daß keiner durch das Gericht sich getroffen fühlen kann, womit das Stück wieder in die Absicht der Unterhaltung zurückgebogen wird. Es bleibt bei einem matteren, provinzialen Aufguß des »Zaren« von Weill. Die Musik ist insofern radikale Erfüllung der Idee von Gebrauchsmusik, als man sie eigentlich überhaupt nicht merkt; nur ist zu fragen, wozu dann eigentlich noch Gebrauchsmusik gebraucht wird; ob man sie nicht lieber ganz kassieren sollte. Bei näherem Zuhören stellt sie sich als recht versiertes Kunstgewerbe heraus; gut instrumentiert in jener nicht allzu kostspieligen Weise, nach der man jeden einigermaßen klingenden Klaviersatz auch orchestral zum Klingen bringen kann. Man könnte Dinge dieser Art als Kleingeld der Moderne gelten lassen, das in gefälliger Vermittlung die ernstlichen Resultate ans Publikum heranbringt, wäre nicht zu fürchten, daß das Gegenteil erreicht wird: daß die Menschen jeder fremden und rein durchgeformten Musik so nur noch gründlicher oder oberflächlicher entfremdet werden. Auffällig übrigens stets wieder, daß Gebilde, in deren Konzeption der Erfolg offen einkalkuliert ist, nachhaltigen Erfolg fast niemals zwingen können. Die Aufführung war sehr hübsch, besonders szenisch. – Voraus ging »Petruschka«, zu spät; es gibt Werke, die es uns nicht verzeihen, wenn wir sie zu ihrer Stunde nicht ergreifen und sich uns zur Strafe späterhin verschließen. Trotzdem: es ist Strawinskys geniale Leistung: mit dem unvergänglichen Elan des Beginns. Musikalisch unter Steinberg sehr blank; choreographisch von Marion Hermann gut gearbeitet, aber mit den Mitteln des Frankfurter Balletts eben nicht zu realisieren.

 

JULI 1930

 

George Antheil, »Transatlantik« Uraufführung. Die amerikanische Oper, die mit einem erstaunlichen Aufgebot von Wolkenkratzern und Kinoprojektionen, von Hängekonstruktionen und Frackmänteln, mit einem Lift und einem Ozeandampfer operiert und wieder einmal um den unvermeidlichen Mythos der Technik oder schlichter um die Synthese von Liebe und Sachlichkeit oder geradezu um den Zeitgeist bemüht ist – diese Oper, präludiert von einer Kontroverse über Xylophone und mechanische Klaviere, stellt sich bei der Aufführung als völlig harmlos heraus. Keine Spur von Surrealismus, von dem da einmal die Rede war; keine Spur von der Dämonie des kapitalistischen Lebens – es ist eine romantische Oper mit komfortableren Kulissen. Neue Sachlichkeit? – nun ja, aber ohne Sachen. Denn deren Gegenstand wäre einzig der Mechanismus von Produktion und Reproduktion der Waren; die Herrschaftsapparatur derer, denen die Produktionsmittel gehören; die Funktion der Ideologien; von alledem aber erscheint nur die Fassade, ohne daß auch bloß versucht wäre, zu ergründen, was mit ihr gemeint ist. Genau wie in den analogen deutschen Werken verflüchtigt sich das kapitalistische Unwesen zu einem abstrakten Schicksal, das allenfalls in der Montage der Requisiten, nicht aber in der der Menschen greifbar wird. Wie etwa im »Hopkins« bleiben die Menschen gründlich unbehelligt von der geschichtlichen Realität, so privat, daß sie die einzige soziale Tatsache, an der sie teilhaben, eine Präsidentenwahl durch rührende Korruption, über ihren Liebesaffären vergessen. Ihr Kapitalismus heißt: Champagner trinken; ihre Krisen: der angebeteten Frau einen Brillanten schenken, den man sich durch Unterschlagung verschafft; die Enthüllung der Ideologien vollzieht sich in einer Primitivität, die es deren Nutznießern leicht macht, sich ihr gutes Gewissen zu erhalten; daß der Trustmagnat, der die Wahlkampagne finanziert, sich als ein biederer Privatverbrecher herausstellt, der, am Ende dingfest gemacht, der göttlichen Weltordnung zu ihrem Rechte verhilft. Er heißt übrigens Ajax; stammt aber nicht aus der Schönen Helena, sondern viel eher aus Hoffmanns Erzählungen; ein Dapertutto, dessen Scheckbuch eben so souverän die Seelen beherrscht wie der Spiegel seines Vorgängers. Sein Name, der der Heldin Helena, der des Helden Hektor sind gleichwohl nicht zufällig. Es spielt da eine Vorstellung von Neoklassizismus herein, wie sie an Cocteau ihr Schema finden mag. Allein dies Schema wird um seinen möglichen Sinn gebracht, indem es einer zeitlosen Ewigkeit unveränderlicher Gestalten, der Liebenden, des Bösewichts dienen will, während es bei Cocteau die Kraft des Chocs aus der einmaligen, unvermittelten Wirklichkeit zieht, mit der Menschen als Engel und mythische Figuren durchsichtig werden. So ließen denn die Begebenheiten von »Transatlantik« aus ihrer zivilisatorischen Umgebung beliebig sich ablösen und ins Renaissancekostüm einer Schrekeroper stecken, ohne zentral davon berührt zu sein; soviel sie auch von ihrer Zeit, ihren Lüsten und Greueln zu sagen wissen. Von dort vertreibt sie vollends die Musik. Ihr Hintergrund ist angelegt aus Jazz – rhythmisch den fortgeschritteneren Jazzkomponisten unterlegen –, amerikanischer Folklore und neuerer französischer Harmonik, einer angedeuteten Polytonalität im Sinne Milhauds etwa; an den Höhepunkten aber entlädt sie sich in melodisierenden Ausbrüchen, die von Puccini nichts unterscheidet als die mangelnde Plastik des Einfalls. Kurz, sie ist weit hinter den Requisiten selbst der Handlung zurückgeblieben, zu schweigen von der Idee wahrhaft aktueller Oper. Dabei zeigt sie, in völliger Homophonie, Zufälligkeit des melodischen Fortgangs, Dürftigkeit des Satzes und Unausgewogenheit der Form, erstaunliches Ungeschick: die Verherrlichung der zivilisatorischen Technik hätte zumindest in der Präzision der musikalischen sich zu bewähren. Gleichwohl ist es dies Ungeschick, das mit dem Stück versöhnt. Bei allem Aufgebot an Sensationen, die doch keine mehr sind, fehlt ihm ganz die versierte Berechnung auf das, was marktgängig ist; viel eher steckt eine naive Spielzeugfreude an den großen Dingen darin. Die Bilder der szenischen Phantasie sind fremder und schärfer angefaßt als die blank durchschaubaren des »Hopkins«, so viel geschickter der im übrigen gemacht ist; auch die Musik hat an ihren besten Momenten eine melodische Substanz, die nicht nur folkloristisch-literarischen Ursprungs sein dürfte. Daß diese Ansätze zu ernsthaften Resultaten führten, brauchte es freilich der ernstesten Arbeit, die den Komponisten erst einmal über die Mittel verfügen lehrte und ihm musikalische und dramaturgische Kriterien an die Hand gäbe. Auf den Ruhm eines amerikanischen Nationalkomponisten, der nur alles verdirbt, wäre vorab zu verzichten. – Die Aufführung war eine der besten aus letzter Zeit. Ihr Meister war der Regisseur. Erstaunlich, wie Herbert Graf alle Illusion der technischen Fassade nicht bloß, sondern auch der Revue durchzusetzen verstand, ohne der Gefahr einer provinzialen und unechten Detailfülle zu erliegen. Musikalisch gab Steinberg der Oper so viel Intensität und Volumen, wie sich erzwingen läßt. Von den Darstellern sind besonders Frau Gentner-Fischer, Herr Stern und Herr vom Scheidt hervorzuheben. Die technische Einrichtung ließ keinen Zuschauerwunsch unerfüllt. Der Beifall, nach dem besonders matten Wahlakt offensichtlich gefährdet, wurde am Schluß sehr dankbar und entfachte sich an einigem Widerspruch zu großer Vehemenz.

 

Transatlantic. It is indeed a cause for rejoicing that a young American composer should concern himself about the problem of opera today. It is to be hailed hopefully and sympathetically by Europe as a sign of young America's cultural development. But if this labor is to bear fruit it must be honestly appraised. More than a beginning and an active purpose are necessary. Representative works of the younger generation should be judged by the severest standards so that no loophole remains for the criticism of diehard reactionaries. It is to the advantage of George Antheil that a strict judgment be passed on his newest work, »Transatlantic«, as well as of the future of American music.

If America considers Antheil today as a representative of the extreme left wing in music, it is mistaken. His latest opera is modern in its choice of subject matter but not, from a European viewpoint, in actual content of the dramatic episodes, in character drawing or even in the music. It is really a romantic opera, with all its effects and technic serving a romantic illusion. Elevator and Brooklyn Bridge, night club and ocean steamer are the wings, the scenic décor for an affair which completely fulfills the usual opera scheme, with lovers, a villain and a secondary couple. One does not approach this work with the attitude suitable to an avant-garde production but should rather attempt to discover whether it meets the challenge raised by its own special style.

It is contemporary enough in its superficial aspect. An oil magnate manipulates a presidential election. He holds a candidate in his power by means of a beautiful woman, one of his retainers. But the candidate and the woman fall in love and endanger the plans of the villain. He abandons the hero and involves the woman with another man. Despite all, the candidate is elected, wins back his beloved and, in the ›happy ending‹, beholds the arrest of his scheming and faithless protector.

Obviously we are dealing here with present-day problems; the relations of capital and politics. But these remain abstract and are relegated to the background in favor of the hero's personal psychology. The magnate's financial interests are not emphasized; he remains a sort of stock villain who could spin his web just as well on the basis of a pact with the devil. It is significant that the conflicts of this kind of social drama are not drawn from economic conditions but arise from human weaknesses and desires. It is thus immaterial whether the people live in the present or any other age. Antheil apparently intended to write an ›American‹ opera; the result is really a romantic opera of intrigue which exploits the milieu of present day America, its vastness, tempo, scenes and technic, replacing with these effects the oldtime theatrical moonlight sorcery and fairy fantasies.

One should remember of course that the goal of an art-form like opera is not the naturalistic reflection of reality but rather the capture of its very essence. Such an objective in fact is indicated in Antheil's opera by his observance of Cocteau's formula to name the personages according to classical mythology. They are called Hector, Ajax, Helena, Jason; it is only by accident that a Gladys and a Leo find their way into this company. But can one discover the spirit of an age in those of its aspects which are eternal? If ›eternal‹ forces are presented, by their very abstractness they would possess little timely significance. In Antheil's opera we have not the mythos of America, but a series of non-historical episodes seen in the guise of modern life; there is but the façade of modernity. The capitalists are concerned with champagne and dancing, not with production and sales, the candidate forgets his political career in his love affair. The ›eternal‹ features of love and hate appear in the most primitive and accustomed form. We had indeed imagined an America more ›American‹ than is conjured up here despite the parade of its accessories.

Nevertheless the scenic invention of this work reveals a gift for the theatre and a certain free and fresh conception which arouse expectation of promise in Antheil's future stage productions, especially if he ever sets himself to unravel rather than to manipulate the clichés of civilization.

Musically the score can make little claim to modernity. It derives primarily from jazz which, it must be confessed, we have known through its best American interpreters in a more original rhythmic and melodic form. But there is a certain marked tendency toward an American folk-lore, in which direction Antheil's true musical gift may lie. Some of the simple melodies make a real impression and are well conceived. Harmonically the work leans toward the modern French school, rhythmically it echoes a rather tame Strawinsky, and there are certain modest attempts at polytonality that point toward Milhaud. A uniform and original style has not yet crystallized, for complete command over technical resources is lacking. Especially is the structural form uncertain and tentative. The score is given no great contrapuntal or logical harmonic development, employing easy and rather monotonous devices. It relies entirely on tonality. The instrumentation however is sure, plastic and transparent though quite primitive; it is doubtful whether it would have served as well on a more polyphonal foundation.

But the work as a whole is an undeniable indication of musical and dramatic talent, in its sure grasp of the theatre, in a certain musical élan and in its direct, naive pursuit not of fine-spun, transcendental combinations, but of an objective. It is exactly this crudity in following his goal which arouses the hope that in Antheil there is enough original matter to develop an eventually mature, completely formed and unconventional creation. From the European point of view the sternest self-discipline in the spiritual as well as in the musical field seems necessary for this ultimate achievement.

The Frankfurt premiere was extraordinarily fine. Despite the limited scenic facilities enjoined by the present theatre crisis, the talented stage director, Dr. Herbert Graf, succeeded in enchanting us with the illusions of a New York of fantasy, at least as we Europeans imagine the land of skyscrapers and giant bridges. Even the revue parts were gay and characteristic. The conductor, Hans Steinberg, got everything possible out of the music.

 

Saisonende: in den Montagskonzerten des Orchestervereins ein Abend unter Horenstein, der jetzt vollends gereift, in der Gestik diszipliniert, dabei musikalisch in seiner ganzen ursprünglichen Kraft sich zeigte. Erst eine Ouvertüre von Rathaus, die zumal als Zeugnis der gewonnenen klangsinnlichen Anschauung des Autors, seiner Verfügung über den Apparat zu werten ist; dann das Cellokonzert von Schumann, von Feuermann ausgezeichnet gespielt; zum Schluß Bruckners Neunte. Deren Interpretation besonders neu und überzeugend: ein dynamischer Bruckner, aus der sakralen Ruhe und flächigen Starrheit endlich herausgebrochen, die uns nichts mehr gilt; ausgehend von den harmonisch-melodischen Spannungen der kleinsten Zellen zueinander, bis das schwere Metall der Sätze in der Glut stetigen Übergangs eingeschmolzen ist. Ich habe den ersten Satz so noch nicht gehört: so richtig in der Erkenntnis, so überzeugend in der Realisierung; nicht minder zwingend das Scherzo mit dem flüchtigen Trio. So allein kann Bruckner denen entrissen werden, die ihn bis heute gepachtet haben. – Dann Mahlers herrliche Dritte unter Rosbaud, auswendig und sehr beherrscht; freilich nicht die chaotische Fülle des Werkes ausschöpfend. – Die ›Internationale‹ beschloß ihren zweiten Winter. Hier ist von einer Entdeckung zu melden: dem Franzosen Edgar Varèse. Es gab von ihm ein kurzes »Octandre« für Bläser und Kontrabaß; in der völligen Aufgelöstheit der letzten melodischen Kontur, in der außerordentlichen instrumentalen Satzkunst, die sich an einem rhythmisch-homophonen Bau betätigt, sehr französisch und spätimpressionistisch: in der harmonischen Emanzipation aber und dem Drang zur Konstruktion aus abgesprengten Partikeln weit über alles hinausweisend, was sonst im sicheren französischen Musikraum geschieht. Man kann gewiß die Substanzfrage stellen. Aber ehe es aufs Letzte geht, hat eine Musik wie diese so viele schöne Qualitäten im Vorletzten, daß man sie zunächst einmal akzeptieren und gegen sehr vieles andere verteidigen sollte. – Danach Schönbergs Klavierstücke, op. 23, von Erich Kahn wieder vortrefflich gespielt; eines der glücklichsten Werke des Meisters, das die expressive Fülle seines aufgelösten Stiles mit dem guten Halt der beginnenden Zwölftontechnik vereint; in der Begegnung überaus fruchtbar. Danach Schönbergs sehr selten gehörte »Herzgewächse«, vom hohen Sopran von Wally Kirsamer erstaunlich sicher gesungen; ausgezeichnet begleitet. Das Lied ist nichts weniger als ein ›Klangexperiment‹; von den Registern des Harmoniums getragen, von Harfe und Celesta gläsern reflektiert, denkt es den koloristischen Reichtum des orchestralen Apparates vollends in Kammerdimensionen um und vermag heute unmittelbar publikumswirksam zu werden. – Den Beschluß des erfreulichen Abends machte die authentische Interpretation des Hindemithschen Klavierkonzerts durch Frau Lübbecke-Job.

Wenn Arnold Schönberg ein deklariertes Gebrauchsstück schreibt, so ist's immer noch bessere Musik, als wenn andere Leute zu ihrem Hauptwerk ausholen. Das der bestimmende Eindruck, den sein jüngstes Werk, eine »Begleitmusik zu einer Lichtspielszene«, op. 34, hinterläßt. Dreiteilig angelegt, Einleitung, Allegro, Coda, gibt die Filmmusik aufs drastischste »drohende Gefahr, Angst, Katastrophe« wieder. Dem Begleitungscharakter gemäß ist die eigentliche Thematik ausgespart, die der Film bringen sollte; die Faktur des Ganzen aufs äußerste vereinfacht, dabei aber doch von einem Reichtum des Satzes, einer Vielfalt der rhythmischen Gestalten, einer Prägnanz in der Farbengebung, die von vornherein jeden Vergleich mit Gebrauchsmusiken der üblichen Art ausschließt, ohne daß doch darum die Begleitmusik sich weniger gebrauchen ließe als die behenden Ablaufstücke der infantilen Jungen. Die instrumentale Erfahrung der Variationen und der Oper sind mit leichter Hand eingestellt und an die Schlagkraft der Gestik gewandt. Es ist das echte Nebenwerk eines großen Meisters; daß er dies gerade schrieb und die Tendenz der Oper, Anschluß ans Alltägliche zu finden, ohne von der eigenen Strenge das geringste auch nur preiszugeben, so weiterführte, mag als Zeugnis seiner höchsten Reife nicht zufällig sein. Die Uraufführung des kurzen Stückes, dem allein schon als einer bündigen Einführung in Zwölftontechnik weiteste Verbreitung zu wünschen wäre, erfolgte im Frankfurter Sender, dessen Leiter Ernst Schoen sich um die neue Musik außerordentliche Verdienste erwirbt. Es dirigierte sehr wirksam Herr Rosbaud. – Eine andere Uraufführung ging voraus. Man hatte ein frühes Stück von Strauss ausgegraben, »Kampf und Sieg«, Begleitung zu einem lebenden Bild (wer entsinnt sich noch lebender Bilder?), also auch eine Art von Gebrauchsmusik, längst ehe der Name erfunden war. Über die Banalität und Grobschlächtigkeit des Ausstellungsstückes, das sich um den finnländischen Reitermarsch gruppiert, sind nicht viel Worte zu machen; aber es hat einen Elan, eine Frechheit, in ein paar heterophonen Überraschungsmomenten eine filmische Promptheit, in der man den besten jungen Strauss wiederfindet. Dagegen fiel die wissendere und mattere Couperinbearbeitung merklich ab. Die Strauss-Stücke leitete sehr hübsch Dr. Merten. – Zum Schluß gab es Bergs Wozzeck-Bruchstücke, die gewiß das Einfachste und Faßlichste der Oper geben, aber doch auch, die Gestalt der Marie in sich beschließend, Zugang zum Zentrum der Oper eröffnen und unvergänglich schön bleiben. – Schließlich ist vom Frankfurter Sender noch eine sehr lustige Uraufführung nachzutragen: »Die kleine Tagesserenade«, Rundfunkkantate eines Pseudonymus Erhard Schulze. Lokalisiert etwa zwischen Weills Songstil und Saties absurder Schlichtheit, wird das vorgeführte bürgerliche Heldenleben wirksam durch einen überaus graziösen und überlegenen Text und den lautlosen, spirituellen und dabei trübsinnigen Humor einer Musik, die über Dreiklängen und Ostinati ihre Avantgarde-Intentionen nicht vergißt.

 

AUGUST 1930

 

Nachdem die Frankfurter Oper ihren Vorsatz, in der nunmehr abgelaufenen Spielzeit Hindemiths »Neues vom Tage« herauszubringen, nicht mehr realisieren konnte, lud sie das Ensemble des nachbarlichen Darmstadt ein, statt dessen ihr Publikum mit dem Werke bekannt zu machen. Es läßt sich sagen, daß die Aufnahme des Stückes ins Repertoire jedenfalls nicht zu den Notwendigkeiten rechnet. Wohl steht die Meisterschaft Hindemiths darin außer Frage. Die Luzidität des Orchesterklanges, die Treffsicherheit der instrumentalen Farbengebung, die Deutlichkeit des gesungenen Wortes, der ebenso absichtslose wie souveräne Kontrapunkt – all dies ist evident. Aber es wurde, wiederum, an einen Gegenstand gewandt, der nicht nur die artistische Mühe nicht lohnt, sondern recht eigentlich Hindemiths wahrem Wesen entgegen ist und darum seine produktive Phantasie lahmlegt. Gewiß spricht es für ihn, daß er nicht alles und jedes gleich geläufig herunterkomponiert, wozu ihn jenes vorgebliche ›Musikantentum‹ leicht genug verführen könnte. Aber wenn sich, nach Schuberts Wort, nur zu einem guten Text gute Musik machen läßt, dann hätte Hindemith die Verpflichtung, eben einen guten und adäquaten Text sich zu suchen, wie er es zur wagemutigeren Zeit des Nusch-Nuschi, das sehr zu Unrecht nicht mehr gespielt wird, vermochte. Der Text von Marcellus Schiffer indessen ist von einer erschreckenden Harmlosigkeit, ein mäßiges Kabarett-Erzeugnis, platt, reaktionär und ohne Beziehung zum gewalttätigen Hintergrund von Hindemiths schnödem Humor. Der Einfall, um den das Ganze sich gruppiert, ist dünn genug, aber wenigstens eine amüsante Sketch-Situation: die Museumsszene am Ende des ersten Aktes. Hier ist denn auch die Musik frei und schlechterdings hinreißend – diese Szene allein, an einem Einakterabend, wäre jeder Wirkung sicher; die idiotische Rede des Museumsführers, der Duettkitsch – eine der besten Parodien der Opernliteratur, nach der definitiv kein Neudeutscher mehr einen Quartsextakkord und eine melodieführende Hornstimme zu schreiben wagen sollte –, die Katastrophe der Venus und die Reprise des Führers, in der der Neoklassizismus der übersichtlichen Formen sich selber ironisch ad absurdum führt: das ist großartig gemacht und dabei so unakademisch wie möglich. Gemessen aber am immanenten Anspruch des Werkes: die offizielle deutsche Lustspieloper zu schreiben, fehlt es den zwei Opernstunden an ausreichendem Gewicht. Das Bedauern mit skandalberühmten Leuten und die Fülle der abschnurrenden Achtel langt nicht zu. Nochmals ist die eminente Begabung Hindemiths an eine Sache gewandt, die kein Zentrum hat. Man braucht das bei der Experimentierlust und Regenerationsfähigkeit des Fünfunddreißigjährigen nicht tragisch zu nehmen. Aber es ist Zeit, daß er beim Experiment endlich sich wieder samt der ganzen sicheren Verfahrungsweise ernst aufs Spiel setzte. – Die Aufführung, unter Leitung von Karl Böhm, muß angesichts der disponiblen Kräfte einer kleineren Bühne geradezu exzeptionell genannt werden. Insbesondere ist der höchst einfallsreichen und wirklich vorstoßenden – nicht dekorierenden – Regie von Arthur Maria Rabenalt zu gedenken, die, an Russisches merkbar anknüpfend, dem Stück dort noch Gegenwart erzwang, wo es selber nach der Vergangenheit sich sehnt. Rabenalt scheint tatsächlich zu den ganz großen deutschen Regiebegabungen zu gehören. Von den Solisten taten Rose Landwehr und Otto Stadelmaier sich hervor.

 

SEPTEMBER 1930

 

Vom letzten Opernhauskonzert unter H.W. Steinberg ist als einer der wichtigsten Konzertveranstaltungen der Spielzeit zu melden. Ein überaus originelles Programm: zwei Rekonstruktionen älterer Werke aus neuem Geist umschließen ein neues Werk, das alten Geist zu zitieren sich anschickt. Am Anfang Schönbergs jüngste Bachbearbeitung: die erstaunliche Instrumentation der großen Es-Dur-Fuge und ihres Präludiums. Nichts falscher, als der Schönbergischen Uminterpretation stilhistorisch nachzufragen. Daß die Bachsche Orgel kein Xylophon- und Glockenspiel-Register kennt, daß überhaupt keine Orgel den Farbenreichtum des aufgebotenen Orchesters je erreicht, daß also der ›Stil‹ des Bachschen Werkes, so wie es zur Ursprungszeit erschien, nicht erhalten ist, weiß Schönbergs Partitur selbstverständlich so genau wie jene Kritiker, die ihn heute mit dem Abhub eines Historismus bedienen, der selbst im offiziellen Betrieb der Geisteswissenschaften ausgespielt hat. Ihm ist es vielmehr darum zu tun, die Dynamik des Werkes radikal freizulegen, die darin angelegt, nur im Orgelklang noch gefangen ist. So wird denn nicht die Imitation des Orgelklanges erstrebt, die nicht materialgerecht wäre – er hätte dann das Werk lieber der richtigen Orgel lassen sollen. Sondern es wird völlig orchestral umgedacht, die Statik des Orgeltones durch die bewegte Lineatur des Orchesters gebrochen, die Farbflächen, auf der Orgel stets zu primitiv gegenüber dem Reichtum der musikalischen Konstruktion, in Mischklänge, in die feinsten Valeurs aufgeteilt. Dabei das Bewundernswerte: daß kein romantisch diffuses Tutti zutage kommt, sondern bei aller Differenziertheit der koloristischen Teilung die Farbe allemal allein eben aus der Konstruktion der Musik herausgehört ist. Wer das Orchester des heutigen Schönberg kennt, weiß, wie tief die instrumentale Konstruktion mit seinem aktuellen Komponieren und damit den Problemen der gegenwärtigen Verfahrungsweise zusammenhängt. – Danach spielte Hindemith, diesmal wieder in ganz großer Form, sein Bratschenkonzert aus op. 36. Das ist, wie die meisten seiner Bratschenwerke, ein ausgezeichnetes Stück; mag die durchlaufende Bewegung des ersten Satzes nicht allzu kostspielig, die Variante des Militärmarsches ein lustiger Schnörkel bloß sein: es ist souverän komponiert und hat im Trüben des langsamen Satzes wie in der schnöden Lustigkeit den Ton des besten Hindemith. Er hat die Gebärde des Pfeifens, des für sich Pfeifens, der pfeifenden Bläser, auch des Auf die Welt Pfeifens in die Musik gebracht – das Schönste an seiner Sachlichkeit ist eine impassibilité, in der mehr die Trauer über die Unerreichbarkeit der Gehalte steckt, als daß sie frisch-fröhlich vergessen wären: heute wie je könnte Hindemith Außerordentliches bedeuten, bliebe er dieser Intention eingedenk. – Zum Schluß die Es-Dur-Symphonie von Schumann mit den Retuschen Mahlers, die die echt symphonische, in den Ecksätzen großartig gespannte Musik erstmals dem dürftig ausinstrumentierten Klavierklang entreißen und realisieren als eine Konzeption, deren Formsinn über die Krise der romantischen Ausdrucksmusik hinweg sich behauptet. Die Interpretation Steinbergs erheischt, trotz ungünstiger akustischer Verhältnisse, die vollste Anerkennung.

 

NOVEMBER 1930

 

Die Oper gibt in der Spielzeit, die begann, der Operette breiteren Raum, mit ihr Publikum anzuziehen und so durch die Krisenzeit ökonomisch einigermaßen gesichert durchzusteuern. Der Versuch verrät Einsicht in die reale Situation und ist anzuerkennen. Nicht bloß darum, weil er praktisch seinen Zweck erfüllen wird, woran sich kaum zweifeln läßt, nachdem durch die Schließung des Operettentheaters das Bedürfnis nach jener Form oder Nicht-Form fühlbar ist. Sondern auch ideell. In den Operettenplänen bewährt sich die gute und radikale Einsicht in die Unmöglichkeit eines gesicherten, mittleren ›Niveaus‹, auf dem ein ›Kulturtheater‹ ungefährdet sich halten könnte. Das mittlere, behagliche Opernwesen, das solches Niveau beherrscht, hat sich als scheinhaft und unaktuell herausgestellt; in Wahrheit besteht kein ernsthaftes Publikumsbedürfnis mehr danach, und wo man trachtet, vom Kothurn herab dem Publikum solches Bedürfnis einzureden, wird man es höchstens von der Fühlung mit wirklich aktuellen Dingen fernhalten. Ein Verfahren, das mit Lehár und Kálmán die Kassen füllt, um Mahagonny und Wozzeck möglich zu machen, ist einem solchen vorzuziehen, das mit Mignon und Margarethe die Hörer im Winterschlaf läßt; die Operette verstellt keiner radikalen Intention den Raum und trägt eher bei, das Bewußtsein des saturierten Opernabonnenten aufzulockern. Zu fordern ist nur, daß man sich dann nicht an falscher Stelle des Niveaus erinnere, das hier doch keines ist, sondern rücksichtslos Operette spiele. Daß das einem Institut mit großem Apparat und festgewurzelter Tradition nicht leicht fällt, ist zu begreifen. Kompromisse sind, für den Anfang, begreiflich. Man brachte erst den alten »Bettelstudenten« von Millöcker mit dem schönen Tenor von Völker in der Hauptrolle; eine leicht verstaubte Angelegenheit, der zum Johann Strauß der Funke fehlt, die aber Einfälle und Charme hat und in einer munteren Inszenierung zu unterhalten vermag. Angenehm fiel auf Fräulein Holl als Palmatica, die mit Glück und Intelligenz ins ältere und komische Fach überging. – Danach gab es, mit dem eigens zusammengestellten Operettenensemble, eine Novität: den »Tenor der Herzogin« von Künnecke. Es läßt sich nicht bestreiten, daß Künnecke musikalisch dem Operettendurchschnitt überlegen ist; durch die kundige und sorgsame Instrumentation, eine – relative – Gewähltheit der harmonischen und sogar melodischen Gestalt; auch eine gewisse Kenntnis fortgeschrittenerer Jazz-Errungenschaften. Ob das hier einen Vorteil bedeute, steht freilich in Frage; denn alles Recht der Operette liegt in der objektiven Gewalt vorgezeichneter Formcharaktere, die sie im Banalen bewahrt, und sobald sie eben jenes mittlere ›Niveau‹ erstrebt, das an der Oper problematisch ward, verliert sie ihr bestes Teil. Andererseits ist selbstverständlich bei Künnecke mit der musikalischen Formung nicht so weit Ernst gemacht, daß wirklich die schlechte Mitte überschritten und eine erneuerte Operettenform erreicht wäre, wie sie dem Autor programmatisch vorschweben mochte. Das wird allein schon durch das völlig zurückgebliebene Textbuch, das die Gespenster eines Kleinstaat-Hofes ohne Schrecken beschwört, unmöglich gemacht. Immerhin verdienen die Anstrengungen der Musik Anerkennung. Freilich der Versuch, Text und Lied ineinander zu arbeiten, ist gänzlich desorientiert, ob auch aufschlußreich; während das Musikdrama in der großen Kunst verfällt, hält es seinen nachträglichen Einzug in der Operette; der es ja nun wieder gerade angemessen sein mag. Auffällig übrigens, wie sehr das ›Niveau‹ der Musik die Schlagkraft der Schlager lähmt. Aber trotzdem, es wurde etwas versucht; und wenn die banaleren Operetten in gewissem Sinne besser sind, so sind sie es ohne ihr Verdienst; ihre Rettung vollzieht sich gleichsam über ihrem Kopf. Der Abend war lehrreich. Aus dem Operettenensemble erwies sich Lya Justus als durchschlagendes Soubrettentalent.

 

DEZEMBER 1930

 

Die Opernfestspiele in Frankfurt am Main. Die Frankfurter Oper konnte ihr fünfzigjähriges Jubiläum begehen; ein halbes Säkulum steht der Bau, architektonisch sicherlich eines der passableren Theater aus dem späteren neunzehnten Jahrhundert, gesegnet mit ausgezeichneter Akustik; vorm Kriege nicht bloß eine strahlende bürgerliche Repräsentationsbühne, sondern, unter der Intendanz von Claar, auch künstlerisch höchst legitimiert und durch den Kapellmeister Rottenberg überaus früh der Neuen Musik erschlossen. Wenn dann mit Krieg und Inflation schlimme Tage kamen, die Stabilisierung nicht ernstlich eine Krise zu beheben vermochte, deren Gründe tiefer liegen als im lokalen Betrieb; und wenn heute, in einer Periode frischer und ernster Arbeit, diese Krise wirtschaftlich und politisch sich verschärft, so wird man trotz aller Schwierigkeiten und gerade ihretwegen der Oper ihr Fest gönnen. Man wird es um so lieber, als das Fest sich aus sich selbst heraus rechtfertigte durch die Qualität dessen, was durchgehends geleistet ward. Man nimmt dafür die Trauer eines Gesellschaftsabends in den Kauf und etwa einen Don Giovanni, der, Restbestand aus der Ära Krauss-Wallerstein, heute dringend der Revision bedürfte. Man hatte Gäste gebeten: Dirigenten, die früher in Frankfurt wirkten und heute an exponierter Stelle stehen. Zunächst »Fidelio« unter Egon Pollak in einer wahrhaft festlichen, in jedem Betracht außerordentlichen Aufführung: so warm und erfüllt musiziert, daß man darüber kaum auf die außerordentliche Präzision mehr achtete, mit der die Musik – in den breiteren Tempi der vorigen Generation – dargelegt ward. Dann ein sensibler Lohengrin unter Brecher, mit dem splendiden Tenor Völkers und der verbindlich geprägten Ortrud der Frau Spiegel; endlich ein virtuoser Rosenkavalier unter Eugen Szenkar. Dazwischen der neueinstudierte »Zar« von Lortzing in der hübschen Inszenierung von Graf, geleitet von Steinberg, merkwürdig frisch noch in der musikalischen Invention, vom unseligen Zarenlied abgesehen – das Werk überlebt ohne viel Aufhebens eine große Zahl von Spielopern, die man so lange geistreich nennt, bis man darin einschläft. Den Beschluß machte »Mahagonny« von Weill und Brecht, zum Zeugnis eines frischen Avantgarde-Willens bei der Oper. Denn außer den konträr entgegengesetzten Opern der Schönberg-Schule wüßte ich kein Werk, das dem Begriff der Avantgarde strenger und besser angemessen wäre als gerade Mahagonny. Das ist nicht sowohl an den gegenständlichen Motiven der Handlung als an der Formkonstruktion des Ganzen einsichtig. Wahrhaft einer Konstruktion. Mit allem nachwagnerischen musikdramatischen Wesen im weitesten und entferntesten Sinn, mit der fließenden Unendlichkeit des Seelentums, mit dem erotisch und organisch Wuchernden der Musik, mit Steigerung und Übergang ist hier endlich ganz Schluß gemacht, so wie Busoni vergebens es dachte – ohne daß dabei auf ältere ›vorklassische‹ Formen rekurriert oder der Anspruch einer gemeinschaftsmäßigen Objektivität erhoben würde, der sich aus der ästhetischen Realität so wenig zu legitimieren vermöchte wie aus der gesellschaftlichen. Darüber dürfen weder die Faßlichkeit der Musik noch ihre gelegentlichen Ausweichungen ins Klassizistische täuschen. Denn ihre Faßlichkeit ist wie die der Dreigroschenoper – eines Parergons zu Mahagonny – bedingt allein durch das eigentümliche Material, das gewählt ist: das Verfallene der leichten Musik des neunzehnten Jahrhunderts, dessen Falschheit und Unstimmigkeit hier für die Montage einer Form mobilisiert wird, die einzig aus Bruchstücken eines zerfallenen Wirklichen sich fügt: also ist die Faßlichkeit trügend wie die Mahlers; Mittel der Kommunikation mit einer Hörerschaft, die das Werk fassen will, ohne von deren Gewohnheit das Geringste sich diktieren zu lassen. Man kann dies Verfahren gebrochen und intellektuell heißen, obwohl ja gerade die Bruchstücke mit größter ursprünglicher Gewalt und unmittelbarster Wirkung aneinander gefügt sind; mehr noch aber ist zu bedenken, ob dies gebrochene und intellektuelle Verfahren nicht weithin gefordert ist in einer Situation, der das organische und in sich ruhende Kunstwerk so gründlich problematisch ward. Gebrochen ist auch der klassizistische Ton der Musik und darin dem Hindemiths etwa konträr entgegen: es ist eine inverse, luziferische Theologie, die hier die Mittel der alten ergreift und verzerrt. Der Text endlich, dies infantile Märchen vom bürgerlichen Zustand als der Anarchie, als des wahren Wild-West, ist gewiß nicht so eindeutig wie ein Paragraphenstück oder sonst das übliche politische Theater; es ist die Frage, ob die Projektion der gesellschaftskritischen Einsicht auf die infantile Ebene durchweg ganz deutlich ist, und eine gewisse Divergenz zwischen der marxistischen Destruktion und einer rudimentären Naturgläubigkeit, die mit dem einfachen Holzfäller aus Alaska sympathisiert, ist nicht zu übersehen; aber einem Werk, das sich nicht begnügt, seine Erkenntnisse thesenhaft vorzubringen, sondern sie zuerst und wesentlich in der Formkonstruktion durchsetzen will, ist von vornherein ein anderer Maßstab zuzugestehen: es ist von surrealistischem Theater wie Mahagonny Eindeutigkeit nicht sowohl im Gegenständlichen zu fordern als in der Bewußtseinsveränderung, die es mit sich bringt. Daß es einem richtigen Bewußtseinsstand angehört, haben die Skandale der zweiten Aufführung dargetan. – Auf dies wenige muß ich mich hier beschränken; möchte energisch auf ein Stück hinweisen, das trotz und wegen der primitiven Fassade zu den schwierigsten rechnet, die heute existieren; ein Werk, das aus purer Dummheit verlästert ward, indem man die anarchistischen Thesen, die es behandelt – und die Projektionen bürgerlicher Anschauungen sind – mit denen verwechselte, die es selber vertritt: der Vernichtung eben der anarchischen Wirklichkeit. – Die Frankfurter Aufführung unter Graf und Steinberg tat ihr Bestes. Selbstverständlich wird eine Oper wie Mahagonny, die auf ein paar Brettern in einer Turnhalle gespielt werden müßte, durch den Apparat der großen Oper eher belastet als gefördert; dekoratives Operntheater und Psychologismus drängen sich vor; die Sprünge, die hier gerade die Form bilden, werden durch Übergänge verdeckt und vollends der Bewegungschor täuscht ein Kollektiv vor, dessen Todfeind Mahagonny ist. Bedenkt man vollends, wie fremd der Stil den Sängern sein muß, die, einmal von der großen Oper emanzipiert, sogleich ins Mißverständnis des Kabaretts verfallen, das der Erfolg der Dreigroschenoper nahelegt – so kennt man die Schwierigkeiten und muß besonders anerkennen, mit wieviel Takt sie vom Dirigenten und Regisseur gemeistert wurden. Die Überraschung des Abends war ein neuer Tenor, Herr Wörle, als Jim, gesanglich und darstellerisch gleich vortrefflich, jung nicht nur den Jahren nach, sondern auch durch die Art der Begabung selber. Weiter sind die Damen Gentner-Fischer und Spiegel hervorzuheben. Der Beifall war groß und die Publikumswirkung nachhaltig. So fanden die Festspiele ihr gutes Ende im Beginn mit einer unfestlichen Wirklichkeit.

 

Der Saisonbeginn erfolgte ein wenig still. Im Museum dirigierte Strauss, den ich leider versäumen mußte; vor einem Publikum, das, wie berichtet wird, nicht mehr recht wußte, mit wem es zu tun hatte: für jeden Fall, auch heute noch, einem der größten Dirigenten. In den Montagskonzerten des Orchestervereins, nach einem friedlichen ersten Abend, am zweiten Hindemiths Ouvertüre zu »Neues vom Tage«, deren helle Virtuosität wieder sehr gefiel, obwohl sie in die verdunkelte Erwartung eines Theaterabends besser paßt; als Hauptstück die Hiller-Variationen von Reger, die auch nicht mehr so dicht sind wie noch vor fünf Jahren; was von Reger bleibt, scheint mir überaus fraglich; das Scheinhafte der Monumentalität wird immer deutlicher, ohne daß der Schein aus der eigenen Leuchtkraft sich zu rechtfertigen vermöchte, da sein Anspruch ja gerade auf Tiefe und versunkene Innerlichkeit geht, die hier die behenden Modulationen vortäuschen. – Von Solisten notiere ich die hochbegabte Grete Sultan, eine merkwürdig expressive, rebellische Pianistin, die in jedem Betracht vom herkömmlichen Klavierspiel sich unterscheidet, obwohl sie über dessen Mittel sicher verfügt. Die beiden Suiten von Krenek, in denen noch der Impetus von dessen Frühwerken nachzittert, liegen ihr besonders. Aber auch ältere Musik vermag sie spezifisch zu durchdringen. – Die ›Internationale‹ muß leider diesmal auf eigene Konzerte verzichten.

 

JANUAR 1931

 

Es fällt schwer, gegen eine Neuinszenierung prinzipielle Bedenken anzumelden, auf die ersichtlich soviel ernste Mühe verwandt ward wie auf den »Barbier«. Aber die Mängel der Aufführung sind zu symptomatisch für die Opernsituation insgesamt, als daß sie verdeckt bleiben könnten. Sie ist ein charakteristischer Versuch von der Art, ein älteres Werk, in dessen Wirksamkeit man kein rechtes Vertrauen mehr hat, von der Szene her zu ›erneuen‹. Solche Erneuerungen aber sind fragwürdig, solange sie nicht ins Zentrum des Werkes eindringen und es radikal zu verändern wagen. Sie bleiben notwendig kunstgewerbliche Verkleidungen eines Opernkörpers, der in seiner Urgestalt die Verkleidung in jeder Sekunde Lügen straft. Das Kunstgewerbe mag legitim sein, solange es sich an Gegenständen betätigt, die selber der kunstgewerblichen Sphäre zugehören. Bei einem Meisterstück wie dem »Barbier«, der, als paradoxe Mitte zwischen Mozart und Offenbach, in rätselhaft tiefer Schrift Rokoko und Biedermeier, Feudalismus und Bürgertum nach dem Sieg der Bürgerklasse versöhnt, sollte der kunstgewerbliche Drang halt machen. Er führt sich hier selbst ad absurdum durch eine Überregie, die von der Musik ablenkt, ohne an Stelle ihrer – wahrhaft unverbrauchten – Substanz eine aktuellere zu setzen. Man braucht dem Regisseur Scheel weder die technische Fähigkeit noch die Fülle an Einfällen zu bestreiten. Ideen wie die: die Wohnung sich um die Menschen wie um ihre Achse drehen zu lassen, oder den Basilio als Hypnotiseur einzuführen, haben Reiz. Aber sie kommen nicht aus der Substanz des Werkes; auch nicht aus der transparenten; da doch eigentlich die Menschen darin sich weit eher um die Wohnung drehen als umgekehrt; da der Basilio, ein barocker Intrigant, gerade psychologischen Begriffen am schlechtesten sich einfügt. Wollte man die Aktualität der Vorgänge aufspüren, man müßte sich an Beaumarchais halten – niemals ist sie im leeren Maskenspiel gelegen. Das Ganze wäre nicht zu belasten, verhinderte nicht die Überregie eine wirkliche Durchformung des Musikalischen, das gerade im Barbier der fortgeschrittensten Interpretation Aufgaben genug stellt und die Zentren der Aktualität in sich bewahrt. Trotz der guten Kenntnis des auswendig dirigierenden Herrn Seidelmann erhob sich von den Solisten gesanglich diesmal keiner über provinzielles Niveau, und der in Wahrheit provinzielle Charakter der Regie-Moderne aus zweiter Hand trat damit erst recht hervor. Auch eine so graziöse Darstellerin wie Fräulein Ebers dürfte sich einmal ernstlich ihrer Koloratur annehmen. Ich fürchte nicht, als Reaktionär gescholten zu werden, wenn ich an den Falstaff Toscaninis erinnere, dessen erregende musikalische Neuanschauung sich in den konventionellsten Dekorationen zutrug, die den Vorzug hatten, weniger bemerkt zu werden, als wenn sie gar nicht existierten, und damit das Interesse auf die Hauptsache konzentrierten. Das sollte doch zu denken geben. – Als Novität kam Verdis »Simone Boccanegra« heraus, spät bearbeitetes Frühwerk mit einem politischen Text, der keiner ist, neu präsentiert von Werfel. Musikalisch mit der »Forza del destino« nicht zu vergleichen; nicht mehr von der naiven musikalischen Schlagkraft der Troubadourzeit erfüllt und noch nicht von der reifen Spiritualität der Aida; selten auch im melodischen Einfall bezwingend, aber doch eben ein Verdi, mit einigen erstaunlichen Ensemblesätzen. Das Ganze könnte als Bereicherung des Repertoires gelten, wäre nicht das Buch so verworren und dumm – mit einer Schlußenthüllung, die nichts enthüllt –, daß es selbst den bescheidensten Ansprüchen an eine sinnvolle Opernhandlung nicht genügen kann. Eben darum schien das infantile Opernpublikum seine helle Freude daran zu haben. Es dirigierte Herr Lindemann con brio; Regie führte diesmal Turnau persönlich mit guten Wirkungen; nur mit dem Bewegungschor als einer Synthese von Klassenkampf und rhythmischer Gymnastik vermochte ich mich immer noch nicht zu befreunden. Als Solisten standen Herr Stern und Frau Ursuleac im Zentrum; beide stimmlich und darstellerisch mit guten Mitteln, aber nicht einwandfrei in der Intonation.

 

Hauptereignis: Strawinsky mit den beiden letzten Werken im Montagskonzert. Zuerst die vielgeschmähte Tschaikowsky-Feerie »Le baiser de la Fée«. Sie ist besser als ihr Ruf. Denn das Reaktionäre, hier dem Nächstvergangenen, also dem neunzehnten Jahrhundert entsprungen, ist derart auf die Spitze getrieben, daß es als zitiertes Gespenst erscheint und sich selber dementiert: auch bewußt dementiert. Die Romantik verblichener Salons, in ihrer Verfallenheit auskomponiert, schlägt um in Wahnsinn; das verhält sich zu Tschaikowsky wie, etwa, manche surrealistische Malerei zu Photos von 1880; kurz der positive Klassizismus ist endlich gebrochen und der sprengende Strawinsky gewinnt wieder, ob auch einstweilen noch literarisch genug, die Oberhand. Und auch im Literarischen zeigt er sich meisterlich; wie etwa die banalen Tschaikowskymelodien durch die Wiederholung ihrer Partikeln traumhaften Zwang gewinnen und gleichsam im Licht der Verwesung erstrahlen; wie der Schein des alten romantischen Orchesters in Strawinskys Instrumentation transparent wird, das sucht schon seinesgleichen. Gerade dies Stück, mit der reaktionärsten Oberfläche, gibt radikale Hoffnung; manchen Intentionen von Weill verwandt. Danach das Capriccio für Klavier und Orchester, von Strawinsky authentisch dargeboten; es unternimmt, der literarischen Sphäre zu entweichen, indem es den ›positiven‹ Neoklassizismus mit dem Surrealismus der Fee zusammendenkt, und auch hier sind die Resultate sehr wichtig; Strawinsky gewinnt vieles aus der früheren Zeit zurück, ist der Magerkeit des Apollon entronnen und hat als Neues einen merkwürdig gespenstischen, irrlichternden Ton, vergleichbar etwa dem jüngsten, pseudo-psychologischen Cocteau. Zugleich sind die kompositorischen Mittel nach den Jahren ihrer Beschränkung sichtlich erweitert. Das Ganze verdient genauestes Studium und ernsteste Aufmerksamkeit. Es wurde von Rosbaud gut herausgebracht; besser als zum Schluß Debussys schöne Suite »La mer«; besser auch als Lied von der Erde und Zehnte Symphonie von Mahler, die, im vorhergehenden Konzert, doch gar zu grob konturiert und leer klangen. – Im jüngsten der Opernhauskonzerte, die nach Programm und Interpretation erfreulich sind, leitete Steinberg die Orchesterbearbeitung der drei Sätze aus Bergs Lyrischer Suite, die die Vergrößerung so gut ertragen wie alles, was im kleinen wahrhaft gefügt ist, und dabei durch die Veränderung des Klangapparates frische Perspektiven gewinnen; das Allegro misterioso ist ein neues Stück geworden. Mit dem unseligen Dvorák-Konzert erwies sich Nathan Milstein wirklich als Geiger ersten Ranges. – Schließlich hat sich das Amar-Quartett neu konstituiert, das es gewiß schwer hat, Hindemith zu ersetzen, aber in Kraack einen trefflichen Instrumentalisten an der Bratsche findet und durch Klugheit und Musikalität des Primarius bald wieder die frühere Leistungsfähigkeit gewinnen dürfte. Die Interpretation der Italienischen Serenade von Wolf ließ zudem besondere Chancen nach der virtuosen Seite erkennen.

 
Gesammelte Werke
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