IV. Das Wesen und das reine Ich
Die Phantasie in meinem Sinn
Ist diesmal gar zu herrisch.
Fürwahr, wenn ich das alles bin,
So bin ich heute närrisch.
Goethe, Walpurgisnachtstraum
Der akademisch offiziellen Diskussion in Deutschland galt Husserl für überholt und unwichtig bereits vor Hitler. Mochte man ihm Verdienste um die Methode jener neuen ontologischen Konkretheit zubilligen, mit welcher man den in Verruf geratenen Idealismus überwunden meinte – der herablassenden Würdigung schienen diese Verdienste so zufällig wie nur die Beiträge eines Fachwissenschaftlers zu einem metaphysischen Entwurf. Umgekehrt dünkte den Repräsentanten des philosophischen Szientivismus – etwa Schlick in der »Allgemeinen Erkenntnislehre« – Husserl ein Metaphysiker selber, ein Künder jener »Schau«, die man sich weniger nach seinen Texten als nach Georgeschen Versen ausmalte: er hatte mit anderen Vernunfttheoretikern, Hegel nicht ausgenommen, das wohlfeile Prädikat des »Mystikers« zu teilen. Dort schalt man ihn den formalistischen Epistemologen, bar der Sorge um die menschliche Existenz, wie jene sie auslegen, nämlich ums Wesen des Menschen als existierenden; hier brachte man die Lehre von der Ideation mit Vitalismus und Irrationalismus zusammen, so hartnäckig auch Husserl seit dem Erscheinen der sechsten Logischen Untersuchung gegen solche Zuordnung sich sträubte. Dabei hat er zu seinem Teil nichts dazu beigetragen, das Schicksal sich zu verdienen, das neue Sachlichkeit und neue Unsachlichkeit gleichermaßen ihm bereiteten. Das Spiel der »Diskussion« mit den Kollegen hat er so treulich mitgespielt, daß nach Natorps Kritik der »Ideen« der Unterschied vom scheinbar polar entgegengesetzten Marburger Neukantianismus zur Nuance schrumpfte; er hat jeden einzelnen als »Forscher« berücksichtigt und Bedenken wohl wegen der »prinzipiellen Verwurzelung der Wissenschaften«1, doch nicht wegen des Betriebs und der Funktion der auch nach seiner Ansicht »radikal« bedrohten angemeldet. Ebensowenig sind die ontologischen, anthropologischen und existentiellen Erben berechtigt, die Herkunft ihres Gedankenguts zu verleugnen. Es verdankt sich der Husserlschen Methode, und nicht der Methode allein; nur ist diese Methode an bürgerlicher Besonnenheit und kritischer Verantwortung den Adepten so weit überlegen, daß diese bloß ungern an Husserl erinnert werden. Das gilt wie für Scheler so für Heidegger. Wohl schien in »Sein und Zeit« der Kierkegaardsche Existenzbegriff jene Haltung des »Zuschauers« gesprengt zu haben, in welcher der Phänomenologe sich glaubte bewähren zu sollen. Aber es rechnet zu den überraschenden Resultaten des neuerlichen Studiums von Husserl, daß Hauptmotive jenes Werkes, ob auch akademisch instrumentiert, im Werke des Lehrers bereits versammelt sind. Beiden gemeinsam ist vorab die Unverbindlichkeit aller Aussagen »zu den Sachen«. Wenn die Konfrontation jedes Husserlschen Begriffs mit seinem Gegenstand kann niedergeschlagen werden durch den Hinweis darauf, daß der Begriff bloß in epoxh gelte und nicht »naiv« in der Welt der Fakten, dann ward schon vor der »Kehre« jeder drastischeren Interpretation Heideggerscher Thesen über Angst oder Sorge, Neugier und Tod vorgebeugt, weil es sich um reine Seinsweisen des Daseins handeln soll: so schlagkräftig und erfahrungsnah die Parolen, so wenig legen sie sich auf die Wirklichkeit der Gesellschaft fest. Beide lassen den Bruch von Notwendigkeit und Zufälligkeit verschwinden im Ausgang von jenem Prinzip des Ich, das bei Husserl transzendentales Ego heißt und bei Heidegger Dasein. In beiden Philosophien spielen Idee und Faktum ineinander. Heideggers Tendenz, unlösbare Widersprüche wie den zwischen zeitloser Ontologie und Geschichte zu verdecken, indem die Geschichte selber zur Geschichtlichkeit ontologisiert, der Widerspruch als solcher zur »Seinsstruktur« gemacht wird, ist in der Erkenntnistheorie Husserls vorgebildet. Auch dieser sucht Unauflöslichkeit als Lösung des Problems zu hypostasieren. Über den Bruch von Wesen und Dasein hat er im Alter mit dem gleichen Gewaltstreich hinwegzukommen getrachtet wie Heidegger, der Dasein als eine Struktur von Sein bestimmt. In der »Logik« heißt es: »Ein Bewußtseinsleben ist nicht denkbar denn als solches, das in einer wesensnotwendigen Form der Faktizität, in der Form der universalen Zeitlichkeit, ursprünglich gegeben ist.«2 Das Faktum soll ins Wesen aufgehoben werden, indem »Faktizität«, nämlich der Befund, daß Tatsachen mit bestimmter Zeitstelle den Inhalt des »reinen Ich« ausmachen, als Wesensgesetz, als durch und durch formale Bestimmung eben dieses Ich sich gibt. Die Substruktion der Form »Faktizität« soll genügen, des Faktums selber vermöge der transzendentalen Wesensgesetzlichkeit Herr zu werden, ohne daß die Theorie zugestände, daß die Differenz zwischen der formalen »Faktizität« und dem inhaltlichen, besonderen Faktum identisch ist mit der alten von Wesen und Tatsache. Der Name Faktizität, der die Fakten als Fakten unter sich befassende Allgemeinbegriff, wird in ein Wesen verzaubert, dem die obstinaten Fakten nichts mehr anhaben sollen, obwohl doch der Inhalt des »Wesens« Faktizität gerade nicht aus reinen Wesensnotwendigkeiten deriviert. Die ertrinkende Phänomenologie sucht mit ihrem eigenen Wesenszopf sich aus dem Sumpf des verachteten bloßen Daseins herauszuziehen. In solchem Trug liegt der sachliche Grund der sprachlichen Übereinstimmung mit Heidegger. Immer wieder werden bei beiden Begriffe, die aus der Erfahrung gezogen sind, durch ihre Transplantation ins eidetische Bereich mit einer altertümlichen Würde verkleidet, die sie vorm Zugriff des gleichen rauhen Lebens sichern soll, dem sie doch andererseits eben die Handgreiflichkeit verdanken, welche die der Abstraktion Müden besticht; immer wieder erscheinen bei beiden, umgekehrt, ganz formale Bestimmungen in einer Weise, die deren drastische Anschaulichkeit vortäuscht. »Entwurf«, »Echtheit«, »Selbstauslegung« sind nicht umsonst hier wie dort Lieblingsworte; die Bildung einer Theorie heißt bei Husserl gelegentlich »erledigende Arbeit«3, als ob das gesegnete Tagwerk der Hände in Rede stünde; die transzendentale Synthesis wird nicht mit ihrem ehrlichen Fremdwort bedacht, sondern in die kunstgewerbliche »Innerlichkeit des Leistens« übersetzt; ebenso erscheinen dann wieder formale Konstatierungen wie die beliebiger Wiederholbarkeit oder kritisch unreflektierten Erkennens ausgedrückt in sinnlichen Partikeln wie »je« oder »geradehin«. In Husserls Lieblingserwägungen über die universale Pest, bei der die Menschheit aussterbe, ohne daß dem phänomenologischen Residuum, dem reinen Ich, die mindeste Gefahr drohe, darf man vielleicht selbst Vorformen jenes zugleich menschenfeindlichen und konsequenzlosen Nihilismus des früheren Heidegger vermuten, der sich über das Sein zum Tode und das nichtende Nichts erging.
Die paradoxale Komplexion von Gedanken wie Sprache beim späten Husserl ist Ausdruck eines Mißlingens. Dies Mißlingen jedoch ist das Maß von Husserls philosophischem Rang, einer Intransigenz des Denkens, welche den eigenen Versuch, den Idealismus der Epoche von dessen Voraussetzungen her aus den Angeln zu heben, ohne die Voraussetzungen anzutasten, zum Absurden treibt. In Phänomenologie trachtet der bürgerliche Geist mit hartnäckiger Anstrengung, aus der Gefangenschaft der Bewußtseinsimmanenz, der Sphäre der konstitutiven Subjektivität, auszubrechen mit Hilfe der gleichen Kategorien, die die idealistische Analyse der Bewußtseinsimmanenz beistellt. Die Erkenntnistheorie möchte die Zellen durchschlagen, in denen die Welt der selbstgemachten Objekte als Trugbild von »Natur« sich absolut setzt gerade vermöge ihres auf subjektives »Leisten« – auf Arbeit – reduzibeln Charakters. An Versuch und Mißlingen ist gleich viel zu entnehmen. Der Versuch indiziert, daß das fortgeschrittene bürgerliche Selbstbewußtsein bei dem Fetischismus der abgezogenen Begriffe nicht länger sich bescheiden kann, in dem die Warenwelt für ihren Betrachter sich reflektiert. Es müßte die Sache selbst ergreifen. Die aber ist keine »Tatsache«. Daß Husserl die Kategorie des Wesens urgiert, entspringt nicht bloß der Tendenz zur romantischen Wiederherstellung der scholastischen Tradition: im Wesen will nicht bloß das Denken vorm Faktum in Sicherheit sich bringen, sondern das Wesen opponiert dem Faktum als bloßer Erscheinung, deren Geltung bezweifelt, in epoxh gesetzt wird, um die unterliegende Gesetzlichkeit bewußt zu machen. Das Mißlingen aber bezeugt objektiv, was kein bürgerlicher Denker nach Hegel von sich aus mehr bezeugt hätte: die Notwendigkeit des Scheins selber. Gegen alle ursprüngliche Intention und aus Eigenem produziert Husserls Philosophie sämtliche Kategorien des subjektiven Scheins, gegen welche sie mobilisiert war. An ihrem Ende steht die Einsicht, daß, nimmt man einmal den idealistischen Zentralbegriff – den der transzendentalen Subjektivität – an, nichts mehr denkbar ist, was dieser Subjektivität nicht untertan und im strengsten Sinne ihr Besitz wäre. Damit kompromittiert Husserl die neue, selber scheinhafte Wirklichkeitsphilosophie seiner Nachfolger so gründlich wie einen Idealismus, dessen ratio ihm zur ultima ratio wird. Das Werk des Platonischen Realisten enthüllt sich als destruktiv.
Wohl hat in Husserl die ratio den relativistischen Anfechtungen getrotzt, die zu seiner Zeit schon zum Opfer der Vernunft lockten und unter der totalitären Herrschaft bald dem Zynismus zum philosophisch guten Gewissen verhalfen. Aber er hat auch mit rationalistischem Hochmut die Gewalt des Daseienden übers selbstherrliche Denken verleugnet, welche der Relativismus, wie immer verzerrt und dem hingenommenen »Dasein« gegenüber naiv, registriert. Der Motor der Husserlschen Denkbewegung nun ist der Wille, das von der ratio fortgewiesene Dasein im Umkreis der autonomen ratio selber aufzurichten. Dieser Wille bestimmt seinen Ausbruchsversuch und dessen Grenze. Seine Antithetik wird auf die Formel gebracht in den beiden methodischen Grundforderungen der »Ideen«: »Prinzipiell stehen in der logischen Sphäre, in derjenigen der Aussage, ›wahrhaft-‹ oder ›wirklich-sein‹ und ›vernünftig ausweisbar-sein‹ in Korrelation.«4 Dazu kontrastiert jenes »Prinzip aller Prinzipien: daß jede originär gebende Anschauung eine Rechtsquelle der Erkenntnis sei, daß alles, was sich uns in der ›Intuition‹ originär (sozusagen in seiner leibhaften Wirklichkeit) darbietet, einfach hinzunehmen sei, als was es sich gibt, aber auch nur in den Schranken, in denen es sich da gibt«5. Der Phänomenologe will sich einmal nach jeder »originär gebenden Anschauung« richten, ohne vorweg zu wissen, wie weit ihr Inhalt, »vernünftig ausweisbar«, allgemein und notwendig sei. Zugleich aber macht er zum Maße jeglicher »Wirklichkeit«, auch der originär gebenden Anschauung und schließlich der Gegebenheit selber eben den Vernunftcharakter, der in letzter Instanz koinzidiert mit der Einheit des Selbstbewußtseins. Nach den Clichés der Philosophiegeschichte wäre darum Phänomenologie, nicht anders als die Kantische Vernunftkritik, die Synthese von Rationalismus und Empirismus. Die oft konstatierte Überschneidung des logischen und psychologischen Zuges in Husserl ist ihr sinnfälliger Ausdruck. Nichts macht das Verständnis der Husserlschen Grundbegriffe und ihres Zusammenhangs schwieriger als die Kreuzung rationalistischer und empiristischer Tendenzen. Sie enträtselt sich erst der Einsicht ins Motiv. Durchweg will Husserl mit vernunftkritischen Mitteln bloß »gemachte« Begriffe, die ihre »Sachen« verdecken, zerschlagen, »Theoretisierungen« abbauen, Wirkliches, unabhängig von der überwuchernden terminologischen Apparatur, enthüllen. In den »Ideen« findet sich gelegentlich der Apologie des apriorischen Wesenbegriffes der erstaunliche Satz: »Sagt ›Positivismus‹ soviel wie absolut vorurteilsfreie Gründung aller Wissenschaften auf das ›Positive‹, d.i. originär zu Erfassende, dann sind wir die echten Positivisten.«6 Gewiß schlägt damit der Begriff Positivismus ins Gegenteil seiner ursprünglichen Bedeutung um. Aber dieser Umschlag ereignet sich selber im Drange der Enthüllung von »Sachen«. So inauguriert er den Husserlscher Rationalismus. Die Beweisführung der »Prolegomena«, die die logischen Grundprinzipien als strikt apriorische Sätze an sich dartun wollen, hält sich durchaus im Rahmen positivistischer Vorfindlichkeit. Im Denkakt ist das Kausalgesetz, nach dem jener abläuft, nicht identisch mit der logischen Norm, nach der er sich richtet; im jeweils gegebenen Denkakt als Phänomen, so wie es dem reflektierenden Blick sich darbietet, fallen beide nicht zusammen: »Kausalgesetze, nach welchen das Denken so ablaufen muß, wie es nach den idealen Normen der Logik gerechtfertigt werden könnte, und diese Normen selbst – das ist doch keineswegs dasselbe. Ein Wesen ist so konstituiert, daß es in keinem einheitlichen Gedankenzuge widersprechende Urteile fällen, oder daß es keinen Schluß vollziehen kann, der gegen die syllogistischen Modi verstieße – darin liegt durchaus nicht, daß der Satz vom Widerspruch, der modus Barbara u. dgl. Naturgesetze seien, die solche Konstitution zu erklären vermöchten.«7 Für Husserl ist der logische Absolutismus und Antipositivismus nichts als das Resultat einer lediglich insistenteren positivistischen Forschung: unter den Charakteren der Evidenz einer logischen Aussage kommt, seiner Lehre zufolge, in originär gebender Anschauung kein Kausalgesetz psychologischer Gedankenverknüpfung vor. Der gleiche Drang wirkt in allen kritischen Exkursionen der Husserlschen Phänomenologie. Die erfundenen »Evidenzgefühle«; die Äquivokationen der selbstherrlichen Terminologie, gegen welche die »Bedeutungslehre« konzipiert ist, insbesondere die Unterscheidung von Empfindung und Empfindungsinhalt; endlich die Bilder- und Zeichentheorie in der Interpretation des Dingbewußtseins sind bevorzugte Angriffspunkte. An ihnen allen setzt der Husserlsche Rationalismus sich durch aufs Geheiß des Husserlschen Empirismus. Seine Sätze, reine Bedeutungen, in der späten Phase dann ein reines Ich treten nichtigen Verdopplungen entgegen; Begriffen, die ihrem Anspruch auf empirisch-psychologische Legitimation nicht genügen können, weil sie nicht »da« sind. Husserl möchte die Spiegelwände von Denkprodukten wegräumen, die sich sogleich vors Denken schieben, wenn es einmal unfähig wird, in ihnen sich selber wieder zu erkennen. Das Ziel der logischen und erkenntnistheoretischen Enthüllung wird vorgezeichnet von dem, was »als solches« sei: den Sätzen an sich an Stelle der psychologischen Regeln, unter welchen sie von Menschen einzig nachgedacht werden; der reinen Bedeutung, so wie sie vom »Blickstrahl der Intention« getroffen und festgehalten wird; der Evidenz der »Sache selbst«, die sich darstellt, und nicht dem subjektiven Reflex, dem »Gefühl« von ihr; dem wahrgenommenen oder wie immer gemeinten Gegenstand und nicht dessen bloß bewußtseinsmäßigem Substitut. In diesem Sinn trachtet Phänomenologie aus dem Begriffsfetischismus auszubrechen. Sie rüttelt an den Ornamenten, die den maskenhaft-verderblichen Ausdruck des Scheins im Bereich des abstrakten Begriffs annehmen nicht anders als die sinnlichen von Architektur und Musik der gleichen Periode. Mit Husserl schickt der objektive Geist des Bürgertums sich an zu fragen, wie Idealismus ohne Ideologie noch möglich sei. Die Frage aber wird objektiv, durch die »Sachen« verneint. Das diktiert Husserl den dialektischen Gang seiner Denkbewegung. Die empiristische Analyse von Vorfindlichkeit führt allemal auf rationalistische Konsequenzen wie die vom absoluten Sein der logischen Sätze als idealer Einheiten. Deren Ansichsein aber wird vermittelt allein durch das nach Husserls Doktrin allem Seienden vorgeordnete »reine Bewußtsein«. Damit mündet Phänomenologie in die Grundposition der transzendentalen Subjektivität oder, wie sie beim letzten Husserl heißt, des eidos ego. Sie ist aber der Ursprung und Rechtstitel eben der Begriffsfetische, die der unbefangen hinnehmende Blick auf die »Sachen selbst« auflösen möchte, und definiert den gleichen Idealismus, gegen welchen die historische Tendenz des Ausbruchsversuchs sich kehrte. Hegels Definition der dialektischen Denkbewegung als eines Kreises bewährt sich ironisch an Husserl. Phänomenologie nimmt sich selbst zurück.
Sie ähnelt dem Kreise, weil sie dem Idealismus entspringt und auf jeder ihrer Stufen den Idealismus als wie immer aufgehobenes Moment in sich reproduziert. Sind alle Untersuchungen Husserls um »Transzendenzen«, um das nicht Bewußtseinseigene bemüht, so hat doch ihrer keine die Ebene der herkömmlich-immanenten Bewußtseinsanalyse verlassen können. Der Name Phänomenologie schreibt sich daher, daß sie mit »Phänomenen« zu tun hat: den transsubjektiven »Sachen selbst« als subjektiv bloß erscheinenden. Das involviert den bestimmten Widerspruch von Husserls Denken. Im Kampf gegen die Begriffsfetische ist es fetischistisch ganz und gar, weil die »Sachen selbst«, auf die es stößt, immer wieder bloße Deckbilder von Bewußtseinsfunktionen, »geronnene Arbeit« sind. Das transsubjektive Sein der logischen Sätze, zu dessen Apologetik die Phänomenologie zunächst ausgebildet ward, impliziert die Verdinglichung der Denkleistung, das Vergessen der Synthesis oder, wie der letzte Husserl ganz marburgisch es nennt, des »Erzeugens«. Im Angesicht der verdinglichten Denkprodukte entäußert sich Husserls Denken des Rechts auf Denken, bescheidet sich zur »Deskription« und bringt den Schein des scheinlosen An sich hervor: seit Descartes machen Verdinglichung und Subjektivismus in Philosophie keine absoluten Gegensätze aus, sondern bedingen sich wechselfältig. Der transsubjektive Realitätsgehalt des Husserlschen Gegenstandsbegriffs ist lediglich einem höheren Maß an Dissektion, an Verdinglichung zu danken. Der Phänomenologe vermag zwar die Gegenstände anders denn als subjektiv konstituierte gar nicht zu denken, aber diese wiederum sind ihm so gründlich entfremdet und erstarrt, daß er sie als »zweite Natur« anschaut und beschreibt, während sie, einmal erweckt, in bloß subjektiven Bestimmungen sogleich sich auflösten. Sobald er auf der Deskription der »Bewußtseinstatbestände« insistiert, stellt sich denn auch der Dualismus von Ding und Erscheinung in der pseudokonkreten Terminologie von Abgeschattetem und Abschattung wieder her. Ja, Husserls Dinge als intentionale Objekte haben trotz ihrer behaupteten Leibhaftigkeit viel von der Substantialität eingebüßt, die sie noch als Kantische Gegenstände hatten. Indem sie atomistisch zu bloßen »Sinnen« der singulären Akte gemacht, aus Raum, Zeit und Kausalität herausgebrochen werden, finden sie sich in eine schattenhafte Ewigkeit transplantiert, in der nichts Arges mehr ihnen widerfahren kann, in der es aber auch nicht mehr möglich ist, aus ihnen das Substrat der Naturwissenschaften zu rekonstruieren, welches als Ergebnis der Kantischen transzendentalen Analytik noch hervortrat.
Damit aber wird die phänomenologische Haltung selber zweideutig. Fängt sich der Ausbruchsversuch im Bereich der bloßen doxa, so kommt umgekehrt die epoxh, die den Ausbruch verwehrt, mit der empirischen Realität allzu bequem überein. Sie wird von Husserl als eine »Einstellung« charakterisiert, die sich von der »natürlichen« des unreflektiert die »Generalthesis der Welt« in ihrer Raumzeitlichkeit Hinnehmenden prinzipiell unterscheiden soll. Hinter der Cartesianischen dubitatio jedoch, mit der Husserl die phänomenologische Einstellung gern vergleicht, bleibt diese zurück durch die Schwäche der Beliebigkeit. Unternimmt Descartes den universalen Zweifelsversuch, um des absolut Gewissen sich zu versichern, so ist die Husserlsche dem gegenüber bloß eine methodische Veranstaltung, die empfohlen doch keineswegs selber als notwendig abgeleitet wird. Sie enträt der eingreifenden Verbindlichkeit, weil sich mit ihr, Husserl zufolge, gar nicht so viel ändert: sie ist weniger als verpflichtende Vernunftkritik denn als Neutralisierung einer Dingwelt konzipiert, an deren Macht und Recht kein ernsthafter Zweifel mehr laut wird. »Ebenso ist es klar, daß der Versuch, irgendein als vorhanden Bewußtes zu bezweifeln, eine gewisse Aufhebung der Thesis« – der »natürlichen Einstellung« – »notwendig bedingt; und gerade das interessiert uns. Es ist nicht eine Umwandlung der Thesis in die Antithesis, der Position in die Negation; es ist auch nicht eine Umwandlung in Vermutung, Anmutung, in Unentschiedenheit, in einen Zweifel (in welchem Sinne des Wortes immer): dergleichen gehört ja auch nicht in das Reich unserer freien Willkür. Es ist vielmehr etwas ganz Eigenes. Die Thesis, die wir vollzogen haben, geben wir nicht preis, wir ändern nichts an unserer Überzeugung, die in sich selbst bleibt, wie sie ist, solange wir nicht neue Urteilsmotive einführen: was wir eben nicht tun. Und doch erfährt sie eine Modifikation – während sie in sich verbleibt, was sie ist, setzen wir sie gleichsam ›außer Aktion‹, wir ›schalten sie aus‹, wir ›klammern sie ein‹. Sie ist weiter noch da, wie das Eingeklammerte in der Klammer, wie das Ausgeschaltete außerhalb des Zusammenhanges der Schaltung.«8 Nicht umsonst ist der Ausdruck »Einstellung« Husserl mit dem bürgerlich-privaten Allerweltsrelativismus gemeinsam, der Verhaltensweisen und Meinungen weniger von verpflichtender Erkenntnis als vom zufälligen Sosein der urteilenden Person abhängig macht. Beide mögen das Wort von der Sprache der Photographie geborgt haben. Man ist versucht, diese als Modell zu vermuten, das der Husserlschen Erkenntnistheorie im objektiven Geist zugrunde liegt. Sie prätendiert, der ungeschmälerten Wirklichkeit sich zu bemächtigen, wenn sie isolierend ihre Objekte mit jähem »Blickstrahl« festbannt, wie sie im Atelier vor der aufnehmenden Linse hergerichtet und ausgestellt sind. Gleich dem Photographen älteren Stils verhüllt sich der Phänomenologe mit dem schwarzen Tuch seiner epoxh, beschwört die Objekte, sie möchten unverändert innehalten, und bringt schließlich passiv, ohne Spontaneität des erkennenden Subjekts Familienbilder zustande von der Art jener Mutter, »die liebend auf ihre Kinderschar blickt«9. Wie in der Photographie Camera obscura und registriertes Bildobjekt zueinander gehören, so in der Phänomenologie Bewußtseinsimmanenz und naiver Realismus. Die Immanenzphilosophie geht so weit, daß ihr »das absolute Bewußtsein als Residuum der Weltvernichtung«10 übrigbleibt: »Das immanente Sein ist ... zweifellos in dem Sinne absolutes Sein, daß es prinzipiell nulla ›re‹ indiget ad existendum. Andererseits ist die Welt der transzendenten ›res‹ durchaus auf Bewußtsein, und zwar nicht auf logisch erdachtes, sondern aktuelles angewiesen.«11 Aber gerade der Totalitätsanspruch der sinngebenden Subjektivität löscht sich selbst aus. Wenn das Subjekt »alles« in sich einschließt, allem seine Bedeutung verleiht, so vermag es als essentielles Moment der Erkenntnis ebensogut fortzubleiben; es ist ein bloßer Rahmen, zu dem keinerlei Differenzen gesetzt sind, durch welche doch Subjektivität allein zu bestimmen wäre. Das Husserlsche Zuviel an Subjektivität bedeutet zugleich ein Zuwenig an Subjektivität. Indem das ego als konstituierende oder sinnverleihende Bedingung in allem Objektiven sich als vorgegeben bereits annimmt und hinnimmt, verzichtet es auf jeglichen Eingriff der Erkenntnis und vollends der Praxis. Unkritisch, in kontemplativer Passivität legt es ein Inventar der Dingwelt an, so wie sie ihm in der bestehenden Ordnung präsentiert wird. Mit Recht sagt der Phänomenologe von der epoxh: »wir haben eigentlich nichts verloren«12 – es sei denn das Recht, über Schein und Wirklichkeit zu befinden. Er gibt sich dafür mit einem formalen Besitztitel über die akzeptierte »Welt« zufrieden. Die ohnmächtige Äußerlichkeit der Reduktion, welche alles beim alten beläßt, indiziert sich darin, daß den reduzierten Gegenständen keine eigenen Namen zuteil werden, sondern daß sie bloß ein Ritual der Schreibweise, die Anführungszeichen, als reduziert sichtbar macht. In deren Gebrauch, der die phänomenologische Reinheit avisieren soll, begegnet der strenge Forscher sich mit dem fatalen Humor des Journalisten, der »Dame« schreibt, wenn er eine Prostituierte meint. Die Welt in Anführungszeichen ist eine Tautologie der existierenden; die phänomenologische epoxh ist fiktiv.
Sie unterschiebt absolute Einsamkeit und bezieht sich doch eingestandenermaßen in all ihren Akten, als auf deren »Sinn«, auf die Welt, die sie versinken heißt. Es reflektiert sich darin ein Grundwiderspruch des gesellschaftlichen Zustandes, dessen Landkarte Phänomenologie so treu wie bewußtlos aufnimmt. In ihm ist das Individuum zum ohnmächtig Hinnehmenden, von der vorgegebenen Wirklichkeit total Abhängigen, einzig noch um Adaptation Bemühten geworden; durch den gleichen Mechanismus aber so beziehungslos, so sehr zum Ding unter Dingen, daß es in der Gesellschaft, von der es bis in sein bloßes Dasein hinab determiniert wird, unvernommen, unverstanden und selbstgenügsam sich dünkt. Den Widerspruch beider Erfahrungen verklärt Phänomenologie. Sie gibt die bloß hingenommene, angeschaute Welt als Besitz des absoluten Individuums, als den Inbegriff aller Korrelate der »einsamen Rede« aus. Eben damit aber spricht sie dem bloß Daseienden Weihe und Rechtfertigung des Wesenhaften und Notwendigen zu kraft jenes reinen Bewußtseins, das keines Dinges zur Existenz soll bedürfen. Am Fiktionscharakter der Lösung hat Husserl keinen Zweifel gelassen. Er bekennt sich zur Fiktion als dem Kernstück der Methode: »So kann man denn wirklich, wenn man paradoxe Reden liebt, sagen und, wenn man den vieldeutigen Sinn wohl versteht, in strikter Wahrheit sagen, daß die ›Fiktion‹ das Lebenselement der Phänomenologie, wie aller eidetischen Wissenschaft, ausmacht, daß Fiktion die Quelle ist, aus der die Erkenntnis der ›ewigen Wahrheiten‹ ihre Nahrung zieht.«13 Wohl sucht er der polemischen Fixierung des Satzes vorzubeugen, der »sich als Zitat besonders eignen dürfte, die eidetische Erkenntnisweise naturalistisch zu verhöhnen«14. Aber es bedürfte keiner solchen Vorsicht. Nicht die paradoxe Kühnheit des Eidetikers provoziert Kritik. In ihr drückt das beste Agens der Phänomenologie sich aus; der utopische Überschuß über die akzeptierte Dingwelt; der latente Drang, in Philosophie das Mögliche im Wirklichen und das Wirkliche aus dem Möglichen selber hervortreten zu lassen, anstatt sich mit dem Surrogat einer von den bloßen Fakten abgezogenen Wahrheit, ihrem begrifflichen »Umfang«, zufriedenzugeben. Einmal konnten avantgardistische Tendenzen des Expressionismus mit Grund sich auf Husserl beziehen. Jedoch die Husserlsche Fiktion selber verrät rasch das Mögliche an das Wirkliche. Unterschlägt er die in jeder Fiktion gelegene Anweisung auf einlösende Erfahrung, indem er sie als »reine Möglichkeit« definiert, so überträgt er dafür bereits auf die gegenwärtige Fiktion die Anschaulichkeit, die erst zukünftiger Erfahrung zufiele. Anstatt das Mögliche als ein übers Daseiende strikt Hinausgehendes und erst zu Verwirklichendes zu denken, verzaubert er es zu einem Wirklichen sui generis, das passiv soll wahrgenommen werden können wie die akzeptierte Wirklichkeit. Seinem Apriorismus gerade sind Elemente des Naturalismus beigesellt. Er demonstriert seine Phantasiesetzungen nicht an expressionistischen Figuren, sondern an Böcklinschen: an der Toteninsel, dem Flöte spielenden Faun, an Wassergeistern. Allen jenen Wesen eignet ein Naturalistisches: sie treten als unwirklich auf und dennoch als anschauliche Abbilder eines gleichsam Wirklichen, als fügsame Nachahmungen vorgegebener Faune oder Elementarwesen, nicht als Ausdruck des Gedankens, der das Mögliche von sich aus als Neues, vom je Daseienden Verschiedenes bestimmt. Sie sind nicht »frei«. Analog ist das Mögliche bei Husserl Fiktion in dem negativen Sinn, daß es sich präsentiert, als ob es ein bereits Wirkliches wäre. Es herrscht in der Husserlschen Phantasiesetzung ein quid pro quo: naturalistisch angeschaute Objekte werden zu »symbolischen«, wesenhaft verpflichtenden erhöht, Gedachtes dafür behandelt, als sei es vorweg in einer wie immer modifizierten Erfahrung anschaulich. Das Einheitsmoment dieses quid pro quo ist der Begriff des Leibhaften: in Böcklins gemalten Phantasien und in Husserls gedachten »Sachen selbst«. »Those Boecklins! All the extraordinary pictures one had only seen on postcards or hanging, in coloured reproduction, on the walls of pensions in Dresden. Mermaids and tritons caught as though by a camera; centaurs in the stiff ungainly positions of race-horses in a pressman's photograph.«15 Setzt der Leib dem idealistischen Schein seine Grenze, so herrscht er in Husserls Umkreis als Schein. Das Nackte ist das Symbol des Unsymbolischen. Es wohnt im Innern des neuromantischen Tempels der Wesen. Die Reinheit des gleichsam begierdelos-passiven phänomenologischen Blicks gilt ihm so gut wie die noch in der »Logik« proklamierte »Widernatur« der phänomenologischen Askese. Vorm Leib faßt sich Phänomenologie als »Wesensstil«16, zu ihm schreitet sie auf »Klarheitsstufen«17. Wird er endlich ergriffen, so ist er nichts anderes als das schauende Bewußtsein selber, das in ihm verschwindet wie im Spiegel. Die bloß seiende Welt erstrahlt als eine des subjektiven Sinns, die reine Subjektivität als das wahre Sein – in solchem Trug terminiert der phänomenologische Ausbruchsversuch.
Die These von der Wahrnehmbarkeit des rein Möglichen als Lehre von der Wesensschau oder, wie sie von Husserl ursprünglich genannt wird, von der kategorialen Anschauung, ist zur Devise aller philosophischen Richtungen geworden, die auf Phänomenologie sich berufen. Daß man idealer Sachverhalte durch die neue Methode in der gleichen Unmittelbarkeit und Untrüglichkeit sich sollte versichern können wie nach herkömmlicher Auffassung der sinnlichen Data, erklärt den Anreiz, den Husserl ausübte zumal auf solche, die sich in den neukantischen Systemen nicht mehr bescheiden konnten und dennoch nicht willens waren, blindlings dem Irrationalismus sich zu überantworten. Ihnen erschien die Fichtesche und Schellingsche intellektuelle Anschauung, auf die Husserl allerdings niemals sich bezogen hat, durch die phänomenologischen Veranstaltungen auf den Standpunkt der »strengen Wissenschaft« erhoben, deren Programm Husserl in dem berühmten Logosaufsatz für seine Philosophie in Anspruch nahm. Die Affinität vieler seiner Schüler zu restaurativen Tendenzen legt den bereits von Troeltsch18 geäußerten Verdacht nahe, es sei die Methode der Wesensschau von Anbeginn zu ideologischen Machinationen geschickt gewesen und habe den Vorwand geboten, inhaltliche Behauptungen jeglicher Art unbewiesen als ewige Wahrheiten zu drapieren, wofern sie nur auf »Sein«, nämlich das Dasein institutioneller Mächte sich berufen können. Aber die sich zunächst zu Husserl hingezogen fühlten, waren keineswegs bloß Dunkelmänner. Sie wurden gelockt vielmehr von der Chance, philosophisch nicht länger einzig mit abstrakten Leerformen befaßt zu werden, die nachträglich und zufällig mit einem »Material« sich auffüllen, dem die Formen bloß äußerlich sind; sie hofften auf ein Verfahren, das Material selber aufzuschließen und ihm seine eigentümlichen konkreten Formen abzuzwingen. Die Parole der Konkretheit ist längst zur Phrase und selber ganz abstrakt geworden. Sie stellte sich anders dar in der Frühzeit der Phänomenologie, als Scheler die rigoristische Ethik und den »Verrat an der Freude« angriff und das Muffige der offiziellen Systeme demaskierte. Wesen schauen: das hieß auch mit Wesentlichem sich befassen. Heute treiben die phänomenologischen Wassergeister bloß noch ihr Wesen.
Husserl selber hat kaum teilgenommen an den inhaltlichen Bemühungen, deren Instrumentarium er beistellte. Nicht bloß daß er von den meisten seiner Schüler sich distanzierte und materiale Analysen nur sehr gelegentlich publizierte: der Theorie der Wesensschau kommt in seinem œuvre ganz beschränkter Raum zu und keineswegs der entscheidende Akzent, den man nach der Wirkung des Begriffs erwarten müßte. Außer in dem einigermaßen sibyllinischen Einleitungskapitel der »Ideen« findet er sich ausführlicher abgehandelt bloß in der sechsten Logischen Untersuchung. Aber auch diese exponiert ihn nur kurz und läßt es sich sogleich angelegen sein, ihn gegen mögliche Mißdeutungen so weit zu schützen und zu revidieren, daß von der These mehr kaum erhalten bleibt als der Name. Die späten Schriften haben dann den Begriff Wesensschau stillschweigend eliminiert und durch eine neukantisch-funktionale Interpretation der Evidenz ersetzt. Dafür ist aber nicht das zögernde Schwanken des Denkers verantwortlich zu machen. Sondern kategoriale Anschauung ist die paradoxe Spitze seines Denkens: die Indifferenz, in welcher das positivistische Motiv der Anschaulichkeit und das rationalistische des Ansichseins idealer Sachverhalte aufgehoben werden soll. Auf dieser Spitze hat die Bewegung des Husserlschen Denkens sich nicht halten können. Die kategoriale Anschauung ist kein neu entdecktes Prinzip des Philosophierens. Sie erweist sich als bloßes dialektisches Durchgangsmoment: als imaginäre Größe.
In gewisser Weise wird sie produziert von der Doktrin der Sätze an sich in den Prolegomena. Sollen diese wahrhaft mehr als Denkgebilde sein, so können sie nicht eigentlich erzeugend gedacht, sondern bloß denkend vorgefunden werden. Die paradoxe Forderung eines bloß vorfindenden Denkens ergibt sich aus dem Geltungsanspruch des logischen Absolutismus. Die Lehre von der kategorialen Anschauung ist dessen Konsequenz auf der Subjektseite: »Mag sich, wer in der Sphäre allgemeiner Erwägung stecken bleibt, durch die psychologistischen Argumente täuschen lassen. Der bloße Hinblick auf irgend eines der logischen Gesetze, auf seine eigentliche Meinung und die Einsichtigkeit, mit der es als Wahrheit an sich erfaßt wird, müßte der Täuschung ein Ende machen.«19 Daß »Wahrheiten an sich«, objektiv vorgegebene doch ideale Tatbestände, einsichtig werden im »bloßen Hinblick«, lehrt dann später die sechste Untersuchung. Dort heißen die Wahrheiten an sich »Sachverhalte«. Vom Sachverhalt wird behauptet: »Wie der sinnliche Gegenstand zur sinnlichen Wahrnehmung, so verhält sich der Sachverhalt zu dem ihn (mehr oder minder angemessen) ›gebenden‹ Akt der Gewahrwerdung (wir fühlen uns gedrängt, schlechtweg zu sagen: so verhält sich der Sachverhalt zur Sachverhaltwahrnehmung).«20 Der Rationalist Husserl will den vérités de raison der Prolegomena durch kategoriale Anschauung jenen Charakter unmittelbarer Gegebenheit zuwägen, der dem Positivisten Husserl für die einzige Rechtsquelle der Erkenntnis gilt. Hier nimmt er die Sätze an sich, die reinen Geltungseinheiten an; dort die rechtsausweisende Bewußtseinsimmanenz, das Bereich der Gegebenheiten, der Erlebnisse. Beide sind durch die phänomenologische Demarkationslinie getrennt: jene sind »Wesen«, diese »Tatsachen«. Zwischen ihnen waltet keine andere Beziehung als Intentionalität. Die vérités de raison werden in faktischen Erlebnissen »gemeint«. Die Intention soll auf die vérités als solche führen, ohne sie im mindesten zu subjektivieren und zu relativieren. Das An sich der vérités soll erscheinen; sie sollen nicht in subjektiver Reflexion erzeugt, sondern selbstgegeben und anschaulich sein, aber auch nicht den Tribut des bloß Faktischen und Zufälligen entrichten, den die »schlichte« sinnliche Anschauung schuldet. Als deus ex machina muß kategoriale Anschauung die widerstreitenden Motive Husserls versöhnen. In ihrer Paradoxie verstellt sich dem Philosophen jene Dialektik, die sich über seinen Kopf hinweg vollzieht.
Zur paradoxalen Leistung langt Intentionalität, »Denken« allein nicht zu. Das Meinen einer Sache und auch idealer Sachverhalte von der Art etwa arithmetischer Sätze ist noch nicht identisch mit deren Evidenz. Auch Falsches kann gemeint werden. Das gibt für Husserl den Rechtsgrund dafür ab, bei der Konstruktion der kategorialen Anschauung über den Begriff der bloßen Intentionalität hinauszugehen. Er ergänzt ihn durch den ihrer anschaulichen »Erfüllung«: »dem vorerst bloß symbolisch fungierenden Ausdruck geselle sich nachher die (mehr oder minder) entsprechende Anschauung bei. Wird dies Ereignis, so erleben wir ein deskriptiv eigentümliches Erfüllungsbewußtsein: der Akt des puren Bedeutens findet in der Weise einer abzielenden Intention seine Erfüllung in dem veranschaulichenden Akte.«21 Über diesen Anschauungsbegriff behauptet Intentionalität den Primat. Die Anschauung bestimmt nicht von sich aus die Intention. Sie richtet sich nach ihr, sie »mißt sich ihn an«. Die Abhängigkeit der Anschauung von der Intention, welche alle der Subjektivität heterogenen Momente des Anschauungsmaterials vorweg von der Sphäre des Bedeutens ausschließt, führt Husserl zur Annahme einer durchgehenden Parallelität zwischen der Intention und ihrer Erfüllung. Die Erfüllung entspricht der Intention in den Momenten, in denen sie sich ihr anmißt. Diese Annahme verleitet aber zur These, daß nicht nur die auf Faktisches gerichteten, sondern daß auch die »kategorialen«, unsinnlichen Momente der Bedeutungen eigene Erfüllungen finden sollen. Als kategoriale Anschauungen definiert Husserl diese Erfüllungen der kategorialen Momente der Intention. In der Erfüllungstheorie konzentriert sich die Paradoxie der Wesensschau. Denn es kann Husserl nicht entgehen, daß man die spezifischen Momente von Denken in Urteilen und Sätzen nicht als Abbilder eines unsinnlichen, transsubjektiven Seins aufzufassen vermag, da die unsinnlichen Momente selber ja nicht anders zu bestimmen sind, denn eben als Momente von Denken. Husserl hat die Bilder- und Zeichentheorie nicht bekämpft, um sie in der »Phänomenologie der Erkenntnis« unbekümmert zu restituieren: so hat er denn in der sechsten Untersuchung die Abbildtheorie sogleich wieder abgewehrt, und es ist diese Abwehr, welche die Revision der kategorialen Anschauung einleitet: »Wir gingen davon aus, daß die Idee eines gewissermaßen bildartigen Ausdrückens ganz unbrauchbar ist, um das Verhältnis zu beschreiben, das zwischen den ausdrückenden Bedeutungen und den ausgedrückten Anschauungen im Falle geformter Ausdrücke statthat. Dies ist zweifellos richtig und soll jetzt nur noch eine nähere Bestimmung erfahren. Wir brauchen uns bloß ernstlich zu überlegen, was möglicherweise Sache der Wahrnehmung und was Sache des Bedeutens ist, und wir müssen aufmerksam werden, daß jeweils nur gewissen, in der bloßen Urteilsform im voraus angebbaren Aussageteilen in der Anschauung etwas entspricht, während den anderen Aussageteilen in ihr überhaupt nichts entsprechen kann.«22 Aber der Begriff der kategorialen Anschauung kann der Bildertheorie nicht entraten: nur wenn die kategorialen Momente der Bedeutungen ein objektiv-ideales Sein abbilden, ihnen »entsprechen«, anstatt es erst zu produzieren, kann dies objektiv-ideale Sein in einem wie immer gearteten Sinn zur Anschauung gelangen. So wird Husserl gezwungen, der eigenen kritischen Einsicht zum Trotz, die »gegenständlichen Korrelate« der kategorialen Formen, also eine sie erfüllende und prinzipiell unsinnliche Anschauung, positiv zu vertreten, damit nicht die Grundthese der Sätze an sich zusammenbricht: »Das Ein und das Das, das Und und das Oder, das Wenn und das So, das Alle und das Kein, das Etwas und Nichts, die Quantitätsformen und die Anzahlbestimmungen usw. – all das sind bedeutende Satzelemente, aber ihre gegenständlichen Korrelate (falls wir ihnen solche überhaupt zuschreiben dürfen) suchen wir vergeblich in der Sphäre der realen Gegenstände, was ja nichts anderes heißt, als der Gegenstände möglicher sinnlicher Wahrnehmung.«23 In offenem Widerspruch zu den Einschränkungen der Erfüllungstheorie findet der Begriff der kategorialen Anschauung die extreme Fassung: »Wird nun die Frage gestellt: Worin finden die kategorialen Formen der Bedeutungen ihre Erfüllung, wenn nicht durch Wahrnehmung oder Anschauung in jenem engeren Verstande, den wir in der Rede von der ›Sinnlichkeit‹ vorläufig anzudeuten versucht haben – so ist uns die Antwort schon durch die eben vollzogenen Erwägungen klar vorgezeichnet. Zunächst, daß wirklich auch die Formen Erfüllung finden, wie wir es ohne weiteres vorausgesetzt haben, bzw. daß die ganzen, so und so geformten Bedeutungen und nicht etwa bloß die ›stofflichen‹ Bedeutungsmomente Erfüllung finden, macht die Vergegenwärtigung jedes Beispiels einer getreuen Wahrnehmungsaussage zweifellos ... Wenn aber die neben den stofflichen Momenten vorhandenen ›kategorialen Formen‹ des Ausdrucks nicht in der Wahrnehmung, sofern sie als bloße sinnliche Wahrnehmung verstanden wird, terminieren, so muß der Rede vom Ausdruck der Wahrnehmung hier ein anderer Sinn zugrunde liegen, es muß jedenfalls ein Akt da sein, welcher den kategorialen Bedeutungselementen dieselben Dienste leistet, wie die bloße sinnliche Wahrnehmung den stofflichen.«24
Husserl konstruiert die kategoriale Anschauung als eine Gegebenheitsweise nach Analogie der sinnlichen Wahrnehmung. Diese Analogie aber ist von genau begrenzter Geltung. Das tertium comparationis liegt allein in einem Negativen: darin, daß die sinnliche Anschauung so gut wie die Bewußtseinsweise, die Husserl kategoriale Anschauung nennt, und die in der Tat einfach begründetes Urteil heißen müßte, nicht absolute »Selbstgebungen« sind, sondern Teilmomente des totalen Prozesses der Erkenntnis, oder daß sie, wie der späte Husserl es ausgedrückt hat, der »Möglichkeit der Enttäuschung« unterworfen bleiben, die eben die Doktrin von der kategorialen Anschauung abschneidet. Der Terminus »Gewahrwerdung«, der jener den Boden ebnet, ist, wie bereits Husserls sinnlicher Wahrnehmungsbegriff, zweideutig. Der Charakter der Unmittelbarkeit, den er dem »Gewahrwerden des Sachverhaltes« unterschiebt, ist kein anderer als die Unmittelbarkeit des Urteilsvollzugs. Die traditionelle Erkenntnistheorie würde das aussprechen in der Form, daß das Urteil seiner subjektiven Konstitution nach ein Akt, und daß der Urteilsakt unmittelbar gegeben sei. Urteilen und eines geurteilten Sachverhalts gewahrwerden sind äquivalente Ausdrücke, oder vielmehr der zweite verkleidet metaphorisch den ersten. Zum Akt des Urteilens tritt kein weiterer, kein »Wahrnehmen des Geurteilten« hinzu, es sei denn, es werde auf das vollzogene Urteil reflektiert. Diese Reflexion ginge dann aber prinzipiell über die »Unmittelbarkeit« des aktuellen Urteilsvollzugs hinaus, indem sie diesen zu ihrem Gegenstand machte. Jene Unmittelbarkeit des Urteilsvollzugs indessen liegt in Husserls Begriff des »Gewahrwerdens«. Gewahrwerden heißt ihm das ursprüngliche Meinen eines Geurteilten, der Urteilsvollzug als Akt, die Synthesis, die den geurteilten Sachverhalt trifft und schafft in eins. Zugleich jedoch wird dem »Gewahrwerden« die kritische Leistung, der Rechtsausweis des Urteils zugemutet und damit die pure Unmittelbarkeit überschritten, die allein die Analogie mit der sinnlichen Anschauung legitimiert. Des Sachverhalts gewahrwerden heißt für Husserl auch: der Wahrheit des Urteils sich versichern. Die Äquivokation im Ausdruck »gebender Akt der Gewahrwerdung« ist strikt diese: eines Sachverhaltes gewahrwerden, nämlich die Synthesis des Urteils vollziehen, und: die Wahrheit dieses Urteils zu absoluter Evidenz bringen. Beides aber darf nicht als kategoriale Anschauung ausgelegt werden. Die Synthesis des Urteilsvollzugs ist keine solche, sondern jener Denkakt, der Husserl zufolge durch kategoriale Anschauung gerade erst »erfüllt« werden soll. Reflexion aber, welche die sachlich notwendige Bedingung des Evidenzcharakters ausmacht, ist anschaulich so wenig wie unmittelbar. Sie setzt den geurteilten Sachverhalt zu anderen Sachverhalten in Beziehung: ihr eigenes Resultat ist eine neue Kategorisierung. Selbst wenn die Reflexion endlich auf sinnlich anschauliche Momente rekurrierte, enthielt sie unanschauliche, begriffliche Formen in sich. Husserl überträgt die erste Bedeutung des Terminus »Gewahrwerdung«, derzufolge dieser das Urteilen selbst bezeichnet – also, wenn man durchaus will, die »Erfüllung« eines vorher leer vermeinten Urteils durch dessen aktuellen Vollzug – auf die zweite, die Reflexion auf fundierende Sachverhalte, welche die Evidenz herstellt; »Erfüllung« in einem total verschiedenen Sinn. Er nennt das Mittelbare unmittelbar im Glauben ans »Datum«: um die Möglichkeit der Enttäuschung von ihm fernzuhalten. Er mißt dem Unmittelbaren die Allgemeinheit und Notwendigkeit zu, die allein das Mittelbare, der Fortgang in der Reflexion verleiht. Wenn die totale epoxh der Erkenntnistheorie umschlägt in naiven Realismus, dann ist danach die Konsequenz der kategorialen Anschauung, wie schon in den Prolegomena, naiver Realismus der Logik. Als Ausbruch aus der Immanenz des Denkens bleibt die paradoxe Konstruktion ohnmächtig. Auch sie bildet die Kantische Spontaneität des Denkens in dessen bloße Rezeptivität zurück. Beim letzten Husserl kommt der freilich keineswegs untriftige Begriff der spontanen Rezeptivität ausdrücklich vor.
Durch die Kritik der kategorialen Anschauung entfallen deren Konsequenzen insgesamt. Die selbständigen, vom Menschen, von seiner Aktivität, von seiner Geschichte unabhängigen und dennoch in ihrer »Reinheit« von ihm zu erfassenden Wesenheiten; ihre Entfaltung in einer sogenannten materialen Wertlehre, die ihre Konkretheit eben der fiktiven Anschaulichkeit verdankt; der Glaube, es lasse aus einem singulären Phänomen dessen statisches, von Raum und Zeit emanzipiertes Wesen unvermittelt sich herausschauen – all dies ward ins Leben gerufen bloß von einer methodischen Formel, die nicht sowohl ein neues Verfahren der Erkenntnis angibt, als daß sie die Unvereinbarkeit positivistischer Gewißheit und rationalistischer Wahrheit ausdrückt. Die kategoriale Anschauung ist kein »Sehen« von Wesenheiten, sondern ein blinder Fleck im Prozeß der Erkenntnis. Wenn der wissenschaftliche Anspruch von Husserls Philosophie der Hegelschen Spekulation sich überlegen fühlt, dann ist selbst an wissenschaftlicher Besonnenheit die Lehre von der Ideation weit hinter den Hegelschen Standpunkt zurückgefallen. Nirgends wird das deutlicher als am Begriff des Seins, der für die existentialphilosophische Husserlnachfolge ins Zentrum trat. Hegel hat die Unmittelbarkeit des Seinsbegriffs, mit dem er die Dialektik anfangen läßt, eingeschränkt und als bloßes Teilmoment seiner immanenten Bewegung gefaßt. Er lehrt, »daß es Nichts giebt, nichts im Himmel oder in der Natur oder im Geiste oder wo es sey, was nicht ebenso die Unmittelbarkeit enthält, als die Vermittelung, so daß sich diese beiden Bestimmungen als ungetrennt und untrennbar und jener Gegensatz sich als ein Nichtiges zeigt«25. Darum ist: »das Seyn das Anfangende, als durch Vermittelung und zwar durch sie, welche zugleich Aufheben ihrer selbst ist, entstanden, dargestellt«26. Für Husserl aber ist Sein in kategorialer Anschauung unmittelbar gegenwärtig: »Es ist ja von vornherein selbstverständlich: wie ein sonstiger Begriff (eine Idee, eine spezifische Einheit) nur ›entspringen‹, das ist, uns selbst gegeben werden kann auf Grund eines Aktes, welcher irgendeine ihm entsprechende Einzelheit mindestens imaginativ vor unser Auge stellt, so kann der Begriff des Seins nur entspringen, wenn uns irgendein Sein, wirklich oder imaginativ, vor Augen gestellt wird. Gilt uns Sein als prädikatives Sein, so muß uns also irgendein Sachverhalt gegeben werden und dies natürlich durch einen ihn gebenden Akt – das Analogon der gemeinen sinnlichen Anschauung.«27 Der Gegensatz der im Begriff des Seins Hegelisch aufgehobenen Momente der Unmittelbarkeit und Mittelbarkeit, der die dialektische Bewegung des Begriffs selber bereits in sich enthält, wird bei Husserl durch die Zauberformel der kategorialen Anschaulichkeit des Seins fortgebannt. An Stelle der immanenten Bewegung des Begriffs tritt dessen äquivoker Gebrauch. In Husserls Vordersatz wird Sein im allgemeinsten, abstrakten, vermittelten Sinn verwandt; im Nachsatz dafür Seiendes unterschoben als das wie immer geartete unmittelbar anschauliche Moment, das zur Kategorisierung gelangt. Von dieser Kontamination zehrte die gesamte Existentialphilosophie. Ihr Sein ist nicht jenes, von dem als einem tragenden realen Moment des Bewußtseins keine Abstraktion absehen kann, sondern eines, das für ideal gleich dem Husserlschen reinen Bewußtsein ausgegeben wird, aber als unmittelbar anschaulich von Bewußtsein – zunächst: von erkenntniskritischer Besinnung – dispensieren soll; diese Anschaulichkeit hat es eben dem bloß Daseienden, Faktischen entlehnt, vor dem Idealität und Apriorität des Seinsbegriffs behüten wollte. So bereitet sich schon in Husserl die trugvolle Seinsmetaphysik der Eleaten von heutzutage vor: reines Sein, identisch mit reinem Denken. Hegel hat diesen Seinsbegriff durchschaut. Das Hegelsche Sein ist keine trübe Identifikation von Mittelbarkeit und Unmittelbarkeit. Es läßt sich nicht hypostasieren und nur gewalttätig dazu mißbrauchen, Seiendes und Sein zu kontaminieren. Es artikuliert sich nach seinen Gegensätzen und wendet sich als Umschlagendes gegen sich selber. Es ist ein im eminenten Sinn kritischer Begriff. Identisch ist es mit dem Nichts, das die Eleaten verleugnen.
Über die schlechte Identität von Denken und Sein wies der ursprüngliche Impuls der kategorialen Anschauung als der des Ausbruchs hinaus. Hinter der Lehre, man könne einen »Sachverhalt« wie die arithmetischen Sätze unmittelbar »einsehen«, stand die Ahnung eines jedem einzelnen intellektuellen Vollzug prinzipiell übergeordneten Zusammenhangs objektiver Gesetzlichkeit, welche der Willkür des Meinens entrückt sein soll, das doch für Husserl die Basis der erkenntnistheoretischen Analyse abgibt. Husserl wird dessen inne, daß der »einsichtige« Sachverhalt mehr ist als bloß subjektives Denkprodukt. Das arithmetische Urteil besteht nicht bloß im subjektiven Vollzug der Akte des Kolligierens, deren Synthesis es darstellt. Es spricht aus, daß ein subjektiv nicht Reduktibles sein muß, das diese und keine andere Kolligierung fordert. Der Sachverhalt wird nicht rein hergestellt, sondern zugleich auch »vorgefunden«. Gerade das nicht-Aufgehen des logischen Sachverhalts in seiner Konstitution durch Denken, die Nichtidentität von Subjektivität und Wahrheit trieb Husserl zur Konstruktion der kategorialen Anschauung. Der »angeschaute« ideale Sachverhalt soll kein bloßes Denkprodukt sein. Wenn er aber, wie in manchen Formulierungen des Wesenskapitels der »Ideen«, die übergeordnete Gesetzmäßigkeit als reines quale des singulären Gegenstandes ohne Rekurs auf die Vielheit glaubt aufdecken zu können, dann mag ihn unversehens eine Wirklichkeit rechtfertigen, die als »System« alle vermeintlich individuellen Gegenstände so gänzlich determiniert, daß in der Tat an jedem singulären Zug des Systems sein »Wesen« sich ablesen läßt, während die Merkmaleinheit des numerischen Begriffsumfangs von diesem Wesen bloß den schwachen Widerschein bietet. Hier darf vielleicht eine der Ursachen von Husserls Wirkung vermutet werden. Seine Philosophie kodifiziert eine objektiv historische Erfahrung, ohne sie je zu dechiffrieren: das Absterben des Arguments. Das Bewußtsein findet sich an einem Kreuzweg. Wenn die Berufung auf die Schau und die Verachtung des diskursiven Denkens den Vorwand zur kommandierten Weltanschauung und zur blinden Unterordnung abgibt, dann zeigt sie zugleich den Augenblick an, in dem das Recht von Argument und Gegenargument entwichen ist, und in dem die Leistung von Denken allein noch darin besteht, beim Namen zu nennen was ist; was alle schon wissen, so daß es keines Arguments mehr bedarf, und was keiner Wort haben will, so daß kein Gegenargument mehr gehört zu werden braucht. Man hat das bürgerliche Zeitalter das der ewig diskutierenden Klasse genannt. Phänomenologie notiert, vorläufig und unzulänglich, das Ende der Diskussion. Unzulänglich bleibt sie dabei, indem sie selber in Kategorien des Meinens, der bloßen Subjektivität verharrt: der nichtidentische Sachverhalt wird ihr zur unmittelbaren Gegebenheit des Bewußtseins, einem bloß Mentalen, sein faktisches Dasein aber zum idealen Sein, zum Denken.
Daran hat Schuld der statische Ansatz der Subjekt-Objekt-Beziehung. Husserl konzipiert Form und Inhalt »in dieser Rangordnung gegen einander, daß das Objekt ein für sich Vollendetes, Fertiges sey, das des Denkens zu seiner Wirklichkeit vollkommen entbehren könne, da hingegen das Denken etwas Mangelhaftes sey, das sich erst an einem Stoffe zu vervollständigen, und zwar als eine weiche unbestimmte Form sich seiner Materie angemessen zu machen habe«28. Die Husserlschen Analysen, selbst die paradoxe Konstruktion der kategorialen Anschauung, bleiben, Hegelisch gesprochen, sämtlich in bloßer Reflexion stecken. Er hat geglaubt, jedes einzelnen Begriffs »theoriefrei« und darum widerspruchsfrei in der Deskription des Bewußtseinslebens habhaft werden zu können, ohne zunächst nur die Interdependenz der erkenntnistheoretischen Grundbegriffe zu visieren. In diesem Reflexionsdenken, als einem dem Hegelschen völlig konträren, und gegen es, hat aber Dialektik triumphiert, indem die partiellen Beschreibungen, die es liefert, stetig auf Widersprüche führen. Satz an sich, Erfüllung, kategoriale Anschauung sollen diese Widersprüche auflösen. Jedoch sie sind Erfindungen weit mehr als der spekulative Begriff, dessen das szientifische Denken sich begeben hat, und der sie als seine endlichen und beschränkten Momente allesamt bereits in sich aufhob. Die wider Willen restituierte Dialektik verschlingt die Erfindungen des apologetisch gewordenen schlichten Menschenverstandes. Während die Deskriptionen idealer Tatbestände von den widerspenstigen Fakten desavouiert werden, zerstört das Postulat der Vorfindlichkeit den Mechanismus der idealistischen Begriffsbildung. Der traditionelle Idealismus hat die Frage nach dem aktuellen Vollzug der subjektiven Synthesen nobel verleugnet, indem er sie transzendentale Funktionen nannte, die allem psychologischen »Tun« der Individuen prinzipiell vor- und übergeordnet seien, obwohl sie doch zugestandenermaßen eben aus Abstraktionen von faktischen Erkenntnisleistungen, nämlich den in der vorliegenden Wissenschaft enthaltenen, gewonnen waren. Husserl hat sich dabei nicht beschieden. Er hat den subjektiven Synthesen als »Akten« ihre Legitimation abverlangt und es unternommen, ihren Bedeutungen ein zweites Dasein zu retten, nachdem diese Bedeutungen ihm so wenig psychisch vorfindliche Tatsachen erschienen, wie er metaphysisch sie zu begründen wagte. Sein Versuch ist nochmals einer der »Vermittlung«, aber nicht länger im spekulativen sondern im Reflexionsbegriff. Dieser Versuch ist mißlungen. Sein Mißlingen jedoch trifft den Idealismus selber.
Denn die Widersprüche der Husserlschen Logik sind keine zufälligen und korrigibeln Irrtümer. Sie sind dem Idealismus ursprünglich und inhärent: keine Korrektur eines Fehlers der idealistischen Erkenntnistheorie ist möglich gewesen, die nicht einen neuen Fehler notwendig produziert hätte. In strenger Folge wird zur Korrektur der Widersprüche ein Begriff aus dem andern entwickelt, während doch keiner der »Sache« näherkommt als der erste, ja während jeder tiefer ins Dickicht der Invention gerät. Die tiefsten und eindringlichsten idealistischen Theoreme, etwa die Kantischen des Schematismus der reinen Vernunft und der synthetischen Einheit der Apperzeption, liegen von den aktuell vollzogenen und aufweislichen Erkenntnisleistungen der Menschen am fernsten ab, während sie die theoretischen Widersprüche am dichtesten zusammenbiegen. Simple und in einstimmiger Begründung unhaltbare Begriffe wie Lockes sensation und reflexion mögen die denkende Verhaltensweise genauer beschreiben als das Ich denke, das in Wahrheit bereits gar nicht mehr reale Denkakte, sondern eine dem individuellen Leisten entrückte, historische Konstellation von Subjekt und Objekt ausdrückt. Die Geschlossenheit des idealistischen Systems besteht in der Fortbewegung seiner Widersprüche. Sie erbt den Schuldzusammenhang der prima philosophia fort. Husserl hat seine objektive Liquidation gefördert, wie sehr er auch selber um prima philosophia bemüht bleibt. Nur so kann seine Beziehung zu Descartes verstanden werden. Bei diesem trachtet das bürgerliche Denken, noch nicht voll autonom, aus sich heraus den christlichen Kosmos zu reproduzieren: zu seinem Beginn bewohnt der bürgerliche Geist die Ruinen des feudalen. Mit Phänomenologie schlägt das bürgerliche Denken zu seinem Ende in dissoziierte, fragmentarisch nebeneinander gesetzte Bestimmungen um und resigniert zur bloßen Reproduktion dessen, was ist. Husserls Ideenlehre ist das System im Zerfall, so wie die ersten Systeme klobig aus den Trümmern des ordo von einst zusammengeschichtet waren. Versucht Phänomenologie endlich, Totalität wiederherzustellen und aus den Trümmern, den disparaten »Substanzen«, zu »erwecken«: dann zeigt sich bald ihr Raum zum Punkt des eidos ego zusammengeschrumpft, und an Stelle der von autonomer Vernunft gesetzten Einheit in der Mannigfaltigkeit tritt die passive Genesis durch Assoziation29. Die formale Einheit der Welt als eine von transzendentaler Subjektivität konstituierte: das ist alles, was vom System des transzendentalen Idealismus übrigbleibt.
Es lassen danach die avancierten und regressiven Elemente der Philosophie Husserls in einiger Drastik sich scheiden. Avanciert sind diejenigen, in welchen das Denken unterm Zwang seiner Widersprüche über sich selbst »hinausmeint«30; sei es, daß Phänomenologie, wie sehr auch vergeblich, auf eine nicht bewußtseinsimmanente Realität sich richte, sei es, daß sie im Verfolg der eigenen Widersprüche aufs idealistische Urgestein stößt, in Aporien gerät, die nicht länger sich umgehen lassen, und aus denen bloß die Preisgabe des idealistischen Ansatzes selber heraushilft. Regressive Züge nimmt Husserl an, sobald er die Aporien für positive Bestimmungen ausgibt und die subjektive Instanz, als Bewußtseinsimmanenz sowohl wie als Wesenhaftigkeit des faktenfreien Begriffs, hypostasiert. – Fortschrittlich fungieren prinzipiell die demontierenden Motive der Phänomenologie, wie sie zumal die Auseinandersetzungen des früheren Husserl mit Brentano und dessen engerer Schule ausbilden. In den begrifflichen Hilfsapparaturen, gegen die er angeht, wie dem Evidenzgefühl, dem »Gegenstand« der Empfindung, der angeblichen psychologischen Unmöglichkeit der Koexistenz kontradiktorischer Urteile im gleichen Bewußtsein zur gleichen Zeit, oder in den verschiedenen Bilder- und Zeichentheorien hat Husserl theoretische Inventionen zerstört durch ihre Konfrontation mit den Erkenntnisleistungen, denen begriffsfetischistisches Denken die erfundenen Funktionen zumutete. Die Sprengkraft seiner Analysen reicht aber aus, Husserls eigene Fetische zu erschüttern. Sie hat der Phänomenologie zunächst den Weg zu einer extremen Ansicht des Idealismus, zur transzendentalen, freigemacht. Sie hält aber auch vor dessen Grundbegriff, der reinen Subjektivität, nicht inne. Indem der kritische Fortgang an diese alle rechtssetzende Gewalt transferiert, muß sie endlich alle Schuld der idealistischen Bewegung des Begriffs heimzahlen. Der Impetus solcher Bewegung bewährte sich längst schon vorher, in der eigentlich phänomenologischen Phase, als Husserl vom Positivismus sich schied: in der Polemik gegen den Psychologismus. Fraglos hat auch diese ihre fragwürdige Komponente. Die Erinnerung an den realen Menschen und seinen Trieb, der den reinen Denkbestimmungen nicht gehorchen will, soll durch die phänomenologischen Exerzitien bannend ferngehalten werden. Unterschlägt jedoch Phänomenologie den Anteil des Menschen an den Sätzen der reinen Logik; vergottet sie wiederum die Macht seines Denkens, indem sie die logischen Gesetze über den Kreis seines Urteils hinaus, und wäre es das jener überirdischen Figuren, gelten läßt, denen ihre Vorliebe gehört – so richtet sich doch die Polemik der Prolegomena gegen die vordringlichste Illusion vom Menschen: gegen die vom Individuum. Der gelungene Nachweis der Differenz von logischem und psychologischem Gesetz hat soviel jedenfalls ergeben, daß die Normen, nach denen Individuen denken, nicht zusammenfallen mit den Normen, nach denen ihr eigenes Bewußtseins- und Unbewußtseinsleben verläuft. Das Individuum gehört in eben jener Aktivität, in welcher es sich am festesten zu besitzen wähnt, der »freien« des Denkens, nicht sich selber. Autonomie und Isoliertheit des Individuums als eines denkenden sind so gut Schein, der von der bürgerlichen Gesellschaft notwendig hervorgebrachte Schein, wie umgekehrt auch jener Relativismus, der durch den Rekurs auf das scheinhafte Individuum der bindenden Verpflichtung zur Erkenntnis zu entrinnen hofft. Nur haben die Prolegomena die Instanz verabsolutiert, von der der Vollzug der logischen Operationen abhängt. Dieser ihrer Unvollkommenheit sollten die späteren »monadologischen« Theorien Husserls abhelfen, wie sie besonders die Cartesianischen Meditationen enthalten. Aber wenn irgendwo, dann hat hier Husserls Selbstkorrektur eine große Grundeinsicht bloß verdorben. Ähnlich ist es freilich einem anderen Motiv ergangen, das an desillusionierender Kraft dem antipsychologischen nichts nachgibt und zugleich als dessen Korrektiv fungiert: dem antisystematischen. Als einziger deutscher Schulphilosoph der Epoche hat Husserl das kritische Recht der Vernunft verteidigt, ohne aus ihm den Anspruch zu folgern, die Welt aus dem Begriff zu deduzieren, total zu »erfassen«. Gerade die Emphase, mit der er die reine Vernunft und ihre Objektivationen vom »mundanen« Sein abhebt, hat die preisgegebene Empirie auch offen und unverklärt gehalten. Empirische Befunde werden nicht von der Höhe der Idee verdammt, soweit sie nur empirische Befunde bleiben. Zwar registriert Husserls Denken passiv Brüche und Widersprüche seines Gegenstandes, aber dafür hat es ihn auch selten geglättet. Ja in ihrem eigenen Bereiche bewahrt Phänomenologie einen Hang zum Fragment, den sie mit Gelehrten vom Typus Diltheys und Max Webers teilt. Sie stellt »Untersuchungen«, ausgeführte Analysen nebeneinander, ohne sie billig zu vereinheitlichen, ja ohne auch nur Inkonsistenzen auszugleichen, die sich aus den singulären Studien ergeben. Erst nachdem Husserl an der phänomenologischen Methode irre ward, fand er sich behutsam und widerwillig zum System bereit. Seine antisystematische Haltung ward dadurch belohnt, daß sie in der gleichsam blinden, durch keinen Oberbegriff »von oben her« gelenkten Analyse entdeckte, was die Konstruktion der systematischen Idealisten deduktiv setzt, und was dafür das nachkonstruierende Denken der Positivisten vergißt: das dynamische Moment der Erkenntnis, die Synthesis. Sie ist für Husserl ein Tatbestand der Deskription. Der Begriff des Urteils, als der für die formale Logik konstitutive, wird bezeichnet durch »identische Gegenständlichkeit«31, und die Analyse des Sinnes dieser Gegenständlichkeit, ohne die alle Entscheidung von Wahrheit und Unwahrheit, auch von formal-logischer, unmöglich wäre, kulminiert in der Frage, »was uns dieser Identität versichert«32. Die Antwort Husserls aber geht dahin, daß ohne subjektive Synthesis die Objektivität des Urteils nicht möglich sei. »Wenn der Denkprozeß fortschreitet und wir synthetisch verknüpfend zu dem vordem als Eines gegebenen zurückkehren, ist dieses selbst ja nicht mehr ursprünglich evident, es ist im Medium der Wiedererinnerung und einer keineswegs anschaulichen wieder bewußt. Wiedererinnerung, gelingend als wirkliche und eigentliche Anschauung, würde ja die Restitution aller einzelnen Momente oder Schritte des ursprünglichen Prozesses besagen; und selbst wenn das statthätte, also eine neue Evidenz hergestellt wäre, ist es sicher, daß es Restitution der früheren Evidenz ist? Und nun denken wir daran, daß die Urteile, die in lebendiger Evidenz ursprünglich als intentionale Einheiten im Modus der Selbsthabe konstituiert waren, eine Fortgeltung haben sollen als jederzeit für uns seiende, für uns jederzeit verfügbare Gegenstände, als nach der ersten Konstitution hinfort für uns bestehende Überzeugungen. Die Logik bezieht sich nicht auf die Gegebenheiten in bloß aktueller Evidenz, sondern auf die bleibenden, in ihr zur Urstiftung gekommenen Gebilde, auf die immer wieder zu reaktivierenden und zu identifizierenden, als auf Gegenständlichkeiten, die hinfort vorhanden sind, mit denen man, sie wieder ergreifend, denkend operieren, die man als dieselben kategorial fortbilden kann zu neuen Gebilden und immer wieder neuen.«33 Indem vermöge des Begriffs der Gegenständlichkeit die naive Verdinglichung der Logik ins theoretisch-kritische Bewußtsein tritt, ist ihr subjektiv-synthetisches Moment zugleich benannt: »Die Enthüllung der Sinnesgenesis der Urteile besagt genauer gesprochen, so viel wie Aufwickelung der im offensichtlich zutage getretenen Sinn implizierten und ihm wesensmäßig zugehörigen Sinnesmomente. Die Urteile als fertige Produkte einer ›Konstitution‹ oder ›Genesis‹ können und müssen nach dieser befragt werden. Es ist eben die Wesenseigenheit solcher Produkte, daß sie Sinne sind, die als Sinnesimplikat ihrer Genesis eine Art Historizität in sich tragen; daß in ihnen stufenweise Sinn auf ursprünglichen Sinn und die zugehörige noematische Intentionalität zurückweist; daß man also jedes Sinngebilde nach seiner ihm wesensmäßigen Sinnesgeschichte befragen kann.«34 Kaum je ist Husserl weiter gelangt als in diesen Sätzen. Ihr Gehalt an Neuem mag bescheiden dünken. Die Begründung der dinglichen Identität aus subjektiver Synthesis stammt von Kant, der Nachweis der »inneren Historizität« der Logik von Hegel. Aber die Tragweite von Husserls Einsicht ist darin zu suchen, daß er Synthesis und Geschichte dem erstarrten Ding und gar der abstrakten Urteilsform abzwang, während sie bei den klassischen Idealisten einer vorgedachten – eben »systematischen« – Auffassung vom Geiste zugehört, welche die Dingwelt einbegreift, ohne anders denn im dialektischen Durchgang den Stand der eigenen Welt als einen von Verdinglichung zu erkennen und dieser Erkenntnis durch die Methode Ausdruck zu geben. Husserl jedoch, der Detailforscher und umgeschlagene Positivist, insistiert solange vorm starren, fremden Gegenstand der Erkenntnis, bis dieser unter dem medusenhaften Blick nachgibt. Das Ding, als identischer Gegenstand des Urteils, öffnet sich und präsentiert für einen Augenblick, was seine Starrheit verbergen soll: den geschichtlichen Vollzug. Gerade die Hinnahme und Analyse der Verdinglichung durch eine der Absicht nach bloß deskriptive und spekulationsfeindliche Philosophie führt dazu, daß als ihr zentraler »Befund« Geschichte manifest wird – womit freilich der Begriff des deskriptiven Befundes sich selber aufhebt. Husserl müßte nur das geöffnete Tor durchschreiten, um zu finden, daß die »innere Historizität«, die er gewahrte, keine bloß innere sei.
Darauf hat Phänomenologie verzichtet: »es werden hier keine Geschichten erzählt«35. Mit der Entdeckung der Genesis als »Sinnesimplikat« erreicht sie einmalig ihr Extrem. Sonst bleibt die statische Auffassung der Beziehung von Subjekt und Objekt beherrschend. Erst »Logik« und »Cartesianische Meditationen« ergänzen die statische Phänomenologie ausdrücklich durch die genetische als die konstituierende. Von der statischen heißt es: »Ihre Deskriptionen sind analog den naturhistorischen, die den einzelnen Typen nachgehen und sie allenfalls ordnend systematisieren«36. Dabei tritt der Begriff der Naturgeschichte nicht umsonst auf. Husserl glaubt eine Phänomenologie des Geistes zu geben, indem er dessen Naturalienkabinett anlegt und katalogisiert. Wie im Naturalienkabinett Relikte entwichenen Lebens als Besitz gesammelt und zur Schau gestellt werden, deren »Natur« einzig noch vergangene Geschichte allegorisch bedeutet, und deren Geschichte nichts ist als bloß natürliche Vergängnis – so hat es auch phänomenologische Schau, auf ihren »Wanderungen«37, mit Petrefakten zu tun, versteinerten Synthesen, deren »intentionales Leben« lediglich aus vergangen-realem bleich widerscheint. Die Modellräume der Husserlschen Demonstrationen sind allemal der Praxis der gegenwärtigen Gesellschaft entrückt. Ihr Inventar kommt als trübsinniges Erinnerungsmal billig zur Aura des Bedeutsamen, die Husserl als wesenhaft interpretiert. Der obsolete Ausdruck des Inventars gehört zum sezessionistischen von Schau, Erlebnisstrom und Erfüllung wie zur Toteninsel das Pianino. Blendwerk und Versatzstück haben sich in Husserls Texten zusammengefunden: »Nehmen wir ein Beispiel mit sehr verwickelten und doch leicht verständlichen Vorstellungsbildungen aus Vorstellungen höherer Stufe. Ein Name erinnert uns nennend an die Dresdner Galerie und an unseren letzten Besuch derselben: wir wandeln durch die Säle, stehen vor einem Teniersschen Bilde, das eine Bildergalerie darstellt. Nehmen wir etwa hinzu, Bilder der letzteren würden wieder Bilder darstellen, die ihrerseits lesbare Inschriften darstellten usw., so ermessen wir, welches Ineinander von Vorstellungen und welche Mittelbarkeiten hinsichtlich der erfaßbaren Gegenständlichkeiten wirklich herstellbar sind.«38 Das Beispiel zielt nicht auf die Enthüllung der schlechten Unendlichkeit ab, die es beschreibt. Die absurde Fluchtlinie der Bilder, auf welcher Phänomenologie selbst von Intention zu Intention ihren Objekten vergebens nachjagt, wird für Husserl zum Kanon einer Welt, die darum das Beschauen lohnt, weil sie dem Phänomenologen als eine Sammlung spiegelnd fundierter noematischer »Sinne« stillsteht, abseits und kurios wie die Bilder der Bilder in der Galerie. Es ist die Welt als Guckkastenbühne. Husserl ist dem Bewußtsein dessen sehr nahe gekommen in jenem Satz, mit dem er es abwehrt: »Erfahrung ist kein Loch in einem Bewußtseinsraume, in das eine vor aller Erfahrung seiende Welt hineinscheint.«39 Er negiert die Auffassung vom Guckloch bloß, weil nichts gänzlich Subjektfremdes könne erfahren werden; wie einer bestreiten würde, einem Guckkastentheater sich gegenüber zu finden, der den Raum nie verlassen kann, in dem es spielt. Der Phänomenologe ist befangen. So erweist er sich im Wachsfigurenkabinett, das ihm wiederum für ein »konkretes Beispiel« gilt: »Im Panoptikum lustwandelnd, begegnen wir auf der Treppe einer liebenswürdig winkenden, fremden Dame – der bekannte Panoptikumsscherz. Es ist eine Puppe, die uns einen Augenblick täuscht.«40 Der lustwandelnde Geist beruhigt sich erst mit der Weisheit: »Haben wir den Trug erkannt, so verhält es sich umgekehrt, nun sehen wir eine Puppe, die eine Dame vorstellt.«41 Er findet seinen Frieden in der Dingwelt, im Umgang nicht mit Damen, sondern mit Puppen. Die Befangenheit ist aber die Eines, der nicht weiß, ob er das Innere für auswendig, das Äußere für inwendig nehmen soll, und der den ursprünglichen Wunsch auszubrechen nicht anders mehr sich konzediert als in der verzerrten Figur der Angst.
Angst prägt das Ideal der Husserlschen Philosophie als das der absoluten Sekurität nach dem Modell privaten Eigentums. Ihre Reduktionen sind solche auf das Sichere: auf die Bewußtseinsimmanenz der Erlebnisse, deren Rechtstitel keine Macht dem philosophischen Selbstbewußtsein soll entreißen können, dem sie »gehören«; auf die Wesen, die frei von allem faktischen Dasein auch aller Anfechtung des faktischen Daseins Trotz bieten. Beide Postulate widersprechen einander; die Erlebniswelt ist, Husserl zufolge, wandelbar und nichts als »Strom«; die Transzendenz der Wesen aber kann selber nie Erlebnis werden. Man mag die Entwicklung Husserls aus der Tendenz verstehen, die zwei Postulate der Sicherheit in einer letzten zu vereinen, die Wesen und Bewußtseinsstrom identifiziert. Sein Drang nach Sekurität ist so groß, daß er mit der verblendeten Naivität allen Besitzglaubens verkennt, wie zwangvoll das Ideal absoluter Sicherheit zu deren eigener Vernichtung treibt; wie die Reduktion der Wesen auf die Bewußtseinswelt sie von Faktischem, Vergänglichem abhängig macht; wie umgekehrt die Wesenhaftigkeit des Bewußtseins dieses allen besonderen Inhalts beraubt und alles, was gesichert werden sollte, dem Zufall preisgibt. Sicherheit bleibt als letzter und einsamer Fetisch zurück gleich der Millionenzahl auf einer längst abgewerteten Banknote. Offener als irgendwo sonst tritt daran der spätbürgerlich-resignierte Charakter der Phänomenologie zutage. In ihr kehrt die Idee der wissenschaftlichen Kritik ihre reaktionäre Seite vor: ohne das Sicherheitsideal als solches zu analysieren, möchte sie jeden Gedanken verbieten, der vor diesem nicht bestehen kann, am liebsten das Denken selber. Auch davon ist in der Transformation des Denkens in »Schau«, dem Haß gegen das Theoretisieren, die Spur zu finden.
Die Tendenz, Vorfindlichkeiten oder »Gegebenheiten« des Bewußtseins als dem Philosophen fraglos zugehörende, zugleich als wesenhafte zu verewigen, hilft zur Rechtfertigung des Besitzes. Mit der Verewigung des vom momentanen Akt Gemeinten und damit schließlich des bloß Zeitlichen selber haben die phänomenologischen Begriffe für den Schein ihrer konstruktionsfreien Sachnähe und Konkretheit zu zahlen. So bereiten sie die Ideologien der Nachfolger unmittelbar vor. Je konkreter Phänomenologie wird, um so willfähriger, Bedingtes als unbedingt zu proklamieren. Husserl hat etwa von dem Pragmatisten William James die empirische These von den »fringes« übernommen und in den »Ideen« als eidetische ausgesprochen, wie er denn durchweg eine strikte Parallelität zwischen Psychologie als reiner Gesetzeswissenschaft und eidetischer Phänomenologie vertritt, die ihn gegen deren Autarkie bedenklich stimmen sollte. Die Auffassung vom »Hof« des aktuellen Bewußtseins nimmt bei ihm die Form an: »der Erlebnisstrom kann nie aus lauter Aktualitäten bestehen«42. Ein an Husserl orientierter Soziologe hat sich beeilt, daraus die Notwendigkeit von Klassen zu deduzieren. Sie seien Ausdruck jener psychologischen Verfestigungen, die den Bewußtseinsinaktualitäten entsprächen. Eine klassenlose Gesellschaft setze die allseitige Aktualität des Bewußtseinslebens ihrer sämtlichen Mitglieder voraus, und eben die werde durch Husserls Wesenseinsicht ausgeschlossen. Für Philosopheme dieser Art hat Husserls Theorie die Verantwortung zu tragen. So harmlos und formal sie klingt, nirgends kann sie den Anspruch einer invarianten »Struktur des reinen Bewußtseins« durchhalten. Wie sie aus psychologischen Beobachtungen an bestimmten Personen in bestimmten Situationen stammt, so weist sie auf solche zurück. Die »Inaktualität« von Menschen hängt ab von der Verdinglichung der Welt, in der sie leben. Sie erstarren in der erstarrten, und war die erstarrte ihr eigenes Produkt, so werden sie längst von dieser reproduziert. Wohl ist alle Verdinglichung ein Vergessen; aber kein Phänomenologe vermöchte vorweg und für ewig die Schranken aufzurichten, die der Gegenwart einer Welt gesetzt wären, in der nichts mehr zum Vergessen zwingt. Der eigentlich reaktionäre Gehalt der Phänomenologie ist ihr Haß gegen die »Aktualität«. Sucht sie im Menschen die »Sphäre absoluter Ursprünge« auf, so möchte sie ihn doch wieder am liebsten aus der einmal in ihm entsprungenen Welt verjagen, ähnlich wie die Deisten mit ihrem Gott verfuhren, den Husserl bloß »einzuklammern« sich bescheidet. Das Menschliche wird ihr wert erst in seiner Unmenschlichkeit: als dem Menschen vollendet Fremdes, in dem er sich selber nicht wiederzuerkennen vermag. Es wird ihr ewig als Totes. Sie schneidet Meinen und Meinung unbarmherzig los von dem, der meint, Gegebenes von dem, der gibt, und fühlt ihrer Objektivität sich um so gründlicher versichert, je mehr sie vom Dasein vergessen hat: wie erst an den Sätzen an sich und »Sachverhalten« die Synthesis, so in der endlichen »genetischen« Analyse der Erkenntnis deren realen Träger und deren reales Objekt, die Gesellschaft. Die gesellschaftlichen Differenzen begegnen Husserl in der Analyse des »Kulturmilieus«. Sie werden von ihm registriert als verschiedene Stufen der Zugänglichkeit der objektiven Kultur für verschiedene menschliche Individuen und Gemeinschaften. Mit Rücksicht darauf fährt die französische Fassung der Cartesianischen Meditationen fort: »Mais cette accessibilité justement n'est pas absolue, et cela pour des raisons essentielles de sa constitution, qu'une explicitation plus précise de son sens met facilement en lumière.«43 Wenn in der Tat die objektive Kultur dem individuellen Bewußtsein nicht gleich allgemein offen liegt wie, nach Husserls Aussage, Leib und psychophysisches Sein, so sind dafür nicht etwa transzendentale Bedingungen verantwortlich, sondern die historischen der Klassengesellschaft. Husserls transzendentale Deutung jedoch transplantiert die Zeit in den Raum, ganz so wie später das totalitäre Denken ohne transzendentale Umstände verfuhr. Die Unterschiede des Anteils der Menschen am menschenwürdigen Leben werden damit begründet, daß sie in voneinander räumlich weit abliegenden »Kulturen« lebten, die primär »ihre« seien und von denen aus sie nur schrittweise Zugang gewinnen könnten zur »Menschheitskultur«. Egologie aber und phänomenologische epoxh schlagen um in eine Art von transzendentalem Fremdenhaß: »C'est moi et ma culture qui formons ici la sphère primordiale par rapport à toute culture ›étrangère‹.«44 Die Erlebniswirklichkeit des »gereinigten« individuellen Bewußtseins, und schlichtweg auch seiner Nation, wird in all ihrer Zufälligkeit und Beschränktheit zum Fundament von Gesellschaftstheorie und Gesellschaft gemacht; als wesenhafte soll sie zugleich überzeitlich gelten. Es ist dieser Geist, der Husserl dazu vermochte, in der sechsten Untersuchung die drei Beispiele für »nichtobjektivierende Akte als scheinbare Bedeutungserfüllungen« nebeneinander zu stellen: »Gott möge den Kaiser schützen. Franz sollte sich schonen. Der Kutscher soll anspannen.«45
Die letzte Sekurität, auf welche die begriffliche Bewegung der Phänomenologie abzielt, ist die des eidos ego: wesenhafte Subjektivität soll unvermittelt gewiß sein und absolut gültig in ihrer Reinheit. Der Appell an sie macht die voraufgehenden widerspruchsvollen Begriffe verschwinden. Der späte Husserl kann der kategorialen Anschauung entraten. Mag selbst die Evidenz in einen Prozeß sich auflösen46 und von aller dinglich-tatischen Gegebenheit sich lossagen47: von ihrer Sekurität ist nichts geopfert, wenn wirklich »absolute Erkenntnisbegründung ... nur in der universalen Wissenschaft von der transzendentalen Subjektivität als dem einzigen absolut Seienden möglich«48 ist; wenn auch Evidenz als eine Struktur der transzendentalen Subjektivität kann dargetan werden. Um der Frage nach dem eidos ego willen ist Phänomenologie belangvoller als eine bloße Nuance im Idealismus. Die fachwissenschaftliche Arbeit an der Begründung der reinen Logik, die Husserls gesamtes œuvre erfüllt, hat ihn befähigt, das Faktische, bloß Seiende, aus der Idee Unableitbare dort noch aufzuspüren, wo der herkömmliche Idealismus vor allen Zufällen der Welt sich geborgen meint: im denkenden Ich. Seine Descartes-Kritik wendet sich gegen den Naturalismus des cogito: »Schon bei Descartes wird durch eine absolute Evidenz das Ego als ein erstes, zweifellos seiendes Endchen der Welt ... festgelegt und es kommt dann nur darauf an, durch ein logisch bündiges Schlußverfahren die übrige Welt ... dazu zu erschließen.«49 »Ein Realismus, der wie bei Descartes in dem Ego, auf das die transzendentale Selbstbesinnung zunächst zurückführt, schon die reale Seele des Menschen gefaßt zu haben meint und von diesem ersten Realen Hypothesen und Wahrscheinlichkeitsschlüsse in ein Reich transzendenter Realitäten entwirft ..., verfehlt widersinnig das wirkliche Problem, da er überall als Möglichkeit voraussetzt, was als Möglichkeit selbst überall in Frage ist.«50 Aus Angst um die absolute Sekurität, eben das Cartesianische Urpostulat des unbezweifelbar Gewissen, überbietet Husserl alle idealistische Tradition. Er weist die Abhängigkeit vom kontingenten Faktum im Cartesianischen Ego nach und statuiert als wahre und allein zureichende Voraussetzung das Ideal des faktenfreien transzendentalen. Damit aber hat er den Hebelpunkt des Idealismus getroffen. Geht die kritische Analyse des Sinnes von transzendentaler Subjektivität über die seine noch hinaus; vermag sie des Momentes von Faktizität, von raumzeitlicher »Welt«, im eidos ego habhaft zu werden, dann ist der Idealismus nicht zu retten. Er hat dessen Geltungsanspruch am Ende in der Tat auf die Form des Alles oder Nichts gebracht.
Die volle Konsequenz der Auffassung vom Bewußtsein als einem reinen Wesen wird erst in den beiden letzten zu Husserls Lebzeiten publizierten Schriften gezogen. Die »Logik« behauptet die »Notwendigkeit des Ausgangs von der je-eigenen Subjektivität«: Korrekt und ausdrücklich muß ich aber zunächst sagen: »diese Subjektivität bin ich selbst, der ich mich über das, was für mich ist und gilt, besinne und jetzt als ich, der ich mich als Logiker hinsichtlich der vorausgesetzten seienden Welt besinne und der auf sie bezogenen logischen Prinzipien. Zunächst also immerzu ich und wieder ich, rein als Ich desjenigen Bewußtseinslebens, durch das alles für mich Seinssinn erhält.«51 Aber: »Wenn ich in der Universalität meines ego cogito mich als psychophysisches Wesen, als eine darin konstituierte Einheit, finde und darauf bezogen in der Form ›Andere‹ psychophysische Wesen mir gegenüber, als solche nicht minder in Mannigfaltigkeiten meines intentionalen Lebens konstituiert, so werden hier zunächst schon in Beziehung auf mich selbst große Schwierigkeiten empfindlich. Ich, das ›transzendentale Ego‹, bin das allem Weltlichen ›vorausgehende‹, als das Ich nämlich, in dessen Bewußtseinsleben sich die Welt als intentionale Einheit allererst konstituiert. Also Ich, das konstituierende Ich, bin nicht identisch mit dem schon weltlichen Ich, mit mir als psychophysischem Realen; und mein seelisches, das psychophysisch-weltliche Bewußtseinsleben ist nicht identisch mit meinem transzendentalen Ego, worin die Welt mit all ihrem Physischen und Psychischen sich für mich konstituiert.«52 Entscheidend, wie die beiden Ichbegriffe sich zueinander verhalten: die Subjektivität »Ich selbst«, die von Husserl ohne weiteres der psychophysischen Person gleichgesetzt ist, und das »transzendentale Ego«; denn nur wenn dieses von jenem seinem Sinn nach völlig unabhängig, durch keine Faktizität getrübt ist, kommt seiner Struktur die Absolutheit zu, die ihm den Vorrang vorm Subjekt des Cartesianischen cogito sichern soll. Husserl unterstellt als »schon durch transzendentale Klärung verständlich, daß meine Seele« – das empirische »Ich selbst« – »eine Selbstobjektivierung meines transzendentalen Ego ist«53; daß also das transzendentale dem empirischen dem Sinn nach und als konstitutive Bedingung voraufgeht. Hier liegt der nervus probandi. Der falsche Übergang, die »Erschleichung«, von der Husserl einmal54 selbst redet, wird nennbar an der Konsequenz dieser Behauptung: »Und finde ich ... nicht mein transzendentales Leben und mein seelisches, mein weltliches Leben nach allem und jeden gleichen Inhalts?«55 Die Identität der Sprachform »Ich« in den Fällen der beiden Ichbegriffe besagt zunächst nicht mehr, als daß der Begriff des transzendentalen Ich aus dem empirischen durch Abstraktion abgeleitet ward, ohne daß einsichtig wäre, es läge beiden ein einiges apriorisches Prinzip zugrunde. Wäre aber der »Inhalt« beider in der Tat voll identisch – warum dann die von Husserl so sehr betonte Differenz zwischen beiden? Warum wird ihnen verschiedene Wertigkeit oder transzendentale Ursprünglichkeit zugeschrieben? Husserl gibt kein Kriterium der Differenz. Um so mehr beharrt er auf der Identität des Inhalts56. Trotzdem ist es ihm eine »verfälschende Verschiebung«, »wenn man diese psychologische innere Erfahrung mit derjenigen zusammenwirft, die als evidente Erfahrung vom Ego cogito transzendental in Anspruch genommen wird«57. Die Behauptung einer prinzipiellen Differenz der beiden, bei vollkommener Identität ihres »Inhalts«, läßt keinen Weg als, Kantisch-traditionell genug, auf die »Form« zu rekurrieren und das transzendentale Ego zur abstrakten Bedingung der »Möglichkeit überhaupt« des empirischen zu machen, ohne irgendeinen Inhalt, es sei denn den hinzutretenden des empirischen Ich. Aber zu den »transzendentalen« Bedingungen des reinen Bewußtseins gehört gerade im Sinne der »genetischen« Phänomenologie des späten Husserl dessen zunächst zeitliche und damit inhaltliche Erfahrung dem Sinne nach voraussetzende Konstitution in sich selber. Von einem sei's objektiv, sei's subjektiv zeitlosen Bewußtsein reden, hätte keinen Sinn, weil ein konkreter Bewußtseinszusammenhang, wie ihn die Husserlschen Reduktionen herauspräparieren wollen, anders denn als zeitlich bestimmter überhaupt nicht gedacht werden kann. Die Struktur von Intentionalität als Retentionalität und Protentionalität, die, Husserl zufolge, Bewußtseinsleben allein ermöglicht, ist die zeitliche. Die Befunde aller Psychologie jedoch sind für ihn »Fakten«58. Sie werden es eben durch ihre zeitliche Bestimmtheit. Diese aber wäre auch einem »reinen« Bewußtseinsleben nicht zu nehmen, wenn anders es noch als Bewußtseinsleben identifizierbar und mehr sein soll als das abstrakte Kantische Ich denke, von welchem Husserl so angelegentlich es unterscheiden möchte.
Wäre das transzendentale oder, wie Husserl mehrdeutig sagt, »mein« transzendentales Ego die bloße Form der Mannigfaltigkeit der empirischen Erlebnisse, dann könnte es sich nicht »selbst« objektivieren. Es würde objektiv bloß durch die Erlebnisse als seinen faktischen Inhalt. Dann wäre die »Seele« keine Selbstobjektivation des Transzendentalen. Die transzendentale Einheit bleibt, um nur einen »Sinn« zu haben, um nur als Einheit bestimmbar zu sein, auf Faktisches verwiesen. Faktisches gehört zum »Sinn« des Transzendentalen, das nicht verselbständigt und als absolutes Fundament behandelt werden darf. – Oder aber das transzendentale Ego wäre wirklich »mein« Ego im mehr als formalen Sinn: das Ich mit der Fülle seiner Erlebnisse. Dann wäre es vorweg jene »Seele« selbst und müßte sich nicht erst in einer gleichsam zweiten Schicht »objektivieren«. Auf dem Standpunkt der Bewußtseinsanalyse sind die Begriffe der Seele und des in seinen Relationsformen gesetzlich objektivierten Erlebniszusammenhangs äquivalent. Mag Husserl die Begriffe wenden, wie immer er wolle; mag der Idealist die ausabstrahierten Bedingungen der Möglichkeit von Bewußtseinsleben transzendental heißen – sie bleiben auf bestimmtes, irgend »tatsächliches« Bewußtseinsleben angewiesen. Sie gelten nicht »an sich«. Sie lassen sich determinieren, sie nehmen Bedeutung an lediglich in Relation zu faktischem Ich. Als hypostasierte wären sie unverständlich. Der strengste Begriff des Transzendentalen vermöchte aus der Interdependenz mit dem Faktum sich nicht zu lösen. Insofern aber bliebe er, was Husserl dem Cartesianischen Ego vorwirft: ein Stück Welt. Husserl hat richtig erkannt, daß die Weltlichkeit des Substrats der Psychologie vor der Weltlichkeit der psychophysischen Natur keinen ontologischen Primat besitzt. Ist Transzendentalphilosophie auf jene verwiesen, so kann sie auch nicht länger hoffen, diese zu begründen. Sie zerfällt als prima philosophia.
Die Cartesianischen Meditationen suchen die generellen Erwägungen der »Logik« zum eidos ego auszuführen. Das transzendentale Ich sei nicht »der sich in der natürlichen Selbsterfahrung als Mensch vorfindende und in der abstraktiven Einschränkung auf die puren Bestände der inneren, der rein psychologischen Selbsterfahrung, der seinen eigenen reinen mens sive animus sive intellectus vorfindende Mensch«59. Diesen Gedanken hat Hegel bereits an Fichte kritisiert: »Die Bestimmung des reinen Wissens als Ich, führt die fortdauernde Rückerinnerung an das subjektive Ich mit sich, dessen Schranken vergessen werden sollen, und erhält die Vorstellung gegenwärtig, als ob die Sätze und Verhältnisse, die sich in der weitern Entwickelung vom Ich ergeben, im gewöhnlichen Bewußtseyn, da es ja das sey, von dem sie behauptet werden, vorkommen und darin vorgefunden werden können.«60 Danach eben darf die Identität der Sprachform nicht ontologisch hypostasiert werden. »Mein« transzendentales Leben ist nicht in »meinem« psychologischen als dessen Substrat enthalten. Ebensowenig aber ist das Einheitsmoment zu vernachlässigen, das in der Identität der Sprachform sich ausdrückt. Wird das transzendentale Ich gänzlich vom animus oder intellectus getrennt, so wird problematisch das Recht, es überhaupt »Ich« zu nennen. Kritik kann das bis in die Syntax von Husserls französischer Darstellung der epoxh verfolgen: »On peut dire aussi que l'epoxh est la méthode universelle et radicale par laquelle je me saisis comme moi pur, avec la vie de conscience pure qui m'est propre, vie dans et par laquelle le monde objectif tout entier existe pour moi, tel justement qu'il existe pour moi.«61 Durch das reflexive »me« vermag das psychologisch erlebende, urteilende Ich »je« auf das reine, das moi pur, überhaupt nur bezogen zu werden, indem das auf sich selbst reflektierende Individuum als grammatisches Subjekt des Urteils sich mit dem moi pur als grammatischem Objekt gleichsetzt. Die Gleichheit mit dem Subjekt kommt in der reflexiven Form zu Ausdruck, die mit dem Objekt in der prädikativen Bestimmung »comme moi pur«. Gerade die von Hegel bei dem gesamten Ansatz als unvermeidlich charakterisierte Einheitsbeziehung wird von Husserl bestritten, während sie sich gegen seinen Willen durchsetzt.
Von dieser Doppelbedeutung des »Ich« hängt aber endlich die These der Cartesianischen Meditationen über den eidetischen Charakter des transzendentalen Subjekts als reiner Möglichkeit ab. Sie lautet: »Jede Konstitution einer wirklich reinen Möglichkeit unter reinen Möglichkeiten führt implicite mit sich als ihren Außenhorizont ein im reinen Sinne mögliches ego, eine reine Möglichkeitsabwandlung meines faktischen.«62 Soll die Variante »reines Ich« stets noch Variante von »mein Ich« bleiben und ihre Evidenz aus der Selbsterfahrung ziehen, so ist sie notwendig an ein bestimmtes Bewußtseinsleben, nämlich desjenigen, der sich »Ich« nennt, gebunden, also mundan oder unabdingbar auf Mundanes zurückbezogen. Andernfalls ist der von Husserl stets wieder gebrauchte und belastete Terminus »mein« strikt unverständlich. Gleichwohl behauptet er, das transzendentale Ego sei durch freie Phantasievariation als reine Möglichkeit auch »meinem« Ich im logischen Sinn voraufgehend. In diesem Übergang verschwindet der Bezug des angeblich absoluten »transzendentalen« Seins aufs Faktum. Durch die Variation ist das Ich nicht mehr »mein« – will sagen, nicht mehr ich. Gerade der auf Bedeutungsanalyse eingeschworenen Phänomenologie dürfte das Spezifische des Ausdrucks Ich nicht entgehen: er wäre in einem Satz, dessen Subjekt »Ich« heißt, keineswegs ersetzbar durch einen, der etwa den Namen der redenden Person angibt, da die Unmittelbarkeit der Rückbeziehung des Satzes auf den Redenden, im Gegensatz zu einem bloß vermittelten, selber ein Moment des Satzsinnes ausmacht. Danach aber läßt sich das ysteron proteron mit Händen greifen. Denn nur »mein« Ich soll ja als unmittelbar gegenwärtiges das zweifelsfrei gewisse sein; soweit bleibt Husserl Cartesianer. Wenn der Erkenntnistheoretiker variierend von »seinem« zum eidetischen Ich gelangt, so ist doch für ihn die Absolutheit »seines« Ich der Rechtsgrund, dem von diesem abstrahierten eidos ego apodiktische Gewißheit zuzusprechen. Daher der Begriff der »transzendentalen Erfahrung«, die nur am »eigenen« Bewußtseinsstand könne gemacht werden. Das hypostasierte eidos; ego aber dient Husserl rückläufig dann wieder dazu, »sein« und jedes andere ego durch die Apriorität des faktenfrei Wesenhaften zu begründen, die doch, seiner Lehre zufolge, selber in der unmittelbaren Gewißheit des faktischen persönlichen Bewußtseins fundiert wäre. Husserl wird der Schwierigkeit gewahr. »Es ist wohl darauf zu achten, daß im Übergang von meinem ego zu einem ego überhaupt weder die Wirklichkeit noch Möglichkeit eines Umfanges von Anderen vorausgesetzt ist. Hier ist der Umfang des Eidos ego durch Selbstvariation meines ego bestimmt. Mich fingiere ich nur, als wäre ich anders, nicht fingiere ich Andere.«63 Das phänomenologische Residuum wird im Sinn des Solipsismus interpretiert, und, um über diesen hinauszugelangen, die Konstruktion der Wesensschau noch einmal bemüht. Wie diese, zumindest auf dem Standpunkt der »Ideen«, in einem singulären individuellen Gegenstand seines »Wesens« habhaft werden will, so möchte die Variation der absoluten Singularität »meines« Bewußtseinslebens ohne alle Rücksicht auf andere, von denen das Wesen könnte abstrahiert werden, das reine eidos ego zum Vorschein bringen. Aber die Konstruktion stürzt zusammen. Wäre dem Erkenntnistheoretiker in der Tat bloß »sein« Ich als Ausgangspunkt gegeben, ohne irgend mehr Wissen als das von »seinem«, aber mit dem vollen Wissen, das jedes seiner Erlebnisse als Moment eines einheitlichen »Bewußtseins« qualifiziert, so könnte auch die Variation immer nur im Rahmen »sein Ich« spielen, wofern sie »sein« Ich festhält. Alle wie immer anzugebenden »reinen« Möglichkeiten blieben solche von »ihm«, jedes variierte Ich das des Redenden. Die Variation führte allenfalls auf wechselnden Inhalt, nicht aber auf transzendentales Bewußtsein. Wer das reine Ich vorstellt, wie Husserl es postuliert, nämlich ohne dabei im mindesten und selbst nicht als bloße Möglichkeit »einen anderen« vorzustellen, ist immer bloß selber dies reine Ich. Die Phantasievariation durch reine Möglichkeit vermag die Immanenz der Monade nicht zu brechen, weil der dieser Immanenz zugrundeliegende Einheitsbegriff, der bei Husserl das überindividuelle Wesen ego begründen soll, selber monadologisch ist. »Mein« Ich ist in Wahrheit bereits eine Abstraktion und nichts weniger als die Urerfahrung, als welche Husserl es reklamiert. Durch das Possessivverhältnis bestimmt es sich als höchst vermitteltes. In ihm ist »Intersubjektivität« mitgesetzt, nur nicht als beliebige reine Möglichkeit, sondern als die reale Bedingung von Ichsein, ohne welche die Einschränkung auf »mein« Ich nicht kann verstanden werden. Indem Husserls Logik das Ich als sich gehörendes limitiert, drückt sie aus, daß es gerade nicht sich selber gehört. Die Unmöglichkeit aber, von der absoluten Monade her das »Wesen« zu gewinnen, indiziert die Stellung der Individuen in der monadologischen Gesellschaft.
Das Wesen kann der Relation auf Dasein nicht entbehren; die monadologische Erfahrung kann nicht wesenhaft werden. Erfahrung erscheint bei Husserl im Innern der transzendentalen Konzeption selber und wird mit dem paradoxen Namen der »transzendentalen Erfahrung«64 benannt. Der positivistische Impuls setzt noch im eidos ego sich durch: die Transposition des reinen Ich in ein »Wesen«, seine Emanzipation von allem »Weltlichen« befriedigt Husserl bloß als durch den Gang von »Forschung« vorgezeichnete; nicht als Setzung im Sinne des Fichteschen Idealismus. Das transzendentale Ego soll als erfahrbares Gebiet erschließbar sein: »In der Tat, anstatt das ego cogito als apodiktisch evidente Prämisse für vermeintlich zu führende Schlüsse auf eine transzendentale« (in Husserls Text: transzendente; em. TWA) »Subjektivität verwerten zu wollen, lenken wir unser Augenmerk darauf, daß die phänomenologische epoxh (mir, dem meditierenden Philosophen) eine neuartige unendliche Seinssphäre freilegt als Sphäre einer neuartigen, der transzendentalen Erfahrung.«65 Die »Existenz« des transzendentalen Subjekts als Erfahrungsgebiet und dessen Auffassung als reine Möglichkeit der Phantasievariation sind aber unvereinbar. So gut wie gegen das abstrakte Ich denke hat Husserl die transzendentale Subjektivität nach der anderen Seite gegen den Stammbegriff der Erfahrung, den des Gegebenen, abgegrenzt: »Aber die radikal anfangende deskriptive Bewußtseinslehre hat nicht solche Daten und Ganze vor sich, es sei denn als Vorurteile.«66 Wie soll die »Struktur« des transzendentalen Bewußtseins danach überhaupt verstanden werden? Sie soll nicht gesetzt, auch nicht deduziert sein. Sie gilt für mehr denn der bloße Bewußtseinsgehalt. Ihre unmittelbare Anschaulichkeit wird nicht länger vertreten. Dann aber könnte sie bloß durch Abstraktion gewonnen sein. Kein Motiv indessen ist aufgeführt, warum die Abstraktion bei Kategorien wie »mein« Ich abbricht, die nur in ihrer Beziehung auf Faktisches zu verstehen sind; warum nicht bis zum Kantischen Ich denke, als zum einzig »Reinen«, weiter abstrahiert wird. Nach der Spitze und nach der Basis hin findet sich die transzendentale »Struktur« gleich gefährdet: dort, weil sie so lange noch in Relation zum Faktum steht, bis sie auf die bloße Identität sich reduziert; hier, weil sie bar der Beziehung auf »Inhalte« zu einer wie immer gearteten transzendentalen »Erfahrung« nicht gebracht werden kann. Sobald Husserls Theorie diese Inhalte endlich selber visiert, gesteht sie deren Kontingenz unumwunden zu. Aber damit erreicht sie die Stelle, an welcher sie die Aporie endgültig hypostasieren, die Tatsache in Ontologie sublimieren, ihr Münchhausenkunststück mit systematischer Notwendigkeit vollziehen muß – wo der Idealismus, will er nicht endlich abdanken, in die Metaphysik der Tautologie umschlägt und sein sachliches Mißlingen auf den Seinsgrund projiziert. Husserl hat für bestimmte sachhaltige Sätze von der Form »alle Tonphänomene haben zeitliche Ausdehnung« den Begriff des »kontingenten Apriori« eingeführt. Diesen Begriff wendet er auf die transzendentale Subjektivität selber an und prägt ihr damit das Siegel der Paradoxie auf: »Um uns den Begriff des kontingenten Apriori näherzubringen, wird es im Rahmen unserer jetzigen bloß vordeutenden Betrachtungen genügen, folgendes auszuführen: eine Subjektivität überhaupt (einzelne oder kommunikative) ist nur denkbar in einer Wesensform, die wir in ihren sehr vielfältigen Gehalten in fortschreitender Evidenz gewinnen, indem wir unsere eigene konkrete Subjektivität anschaulich enthüllen, und durch freie Abwandlung ihrer Wirklichkeit in Möglichkeiten einer konkreten Subjektivität überhaupt, unseren Blick auf das dabei erschaubare Invariable, also das Wesensnotwendige richten. Halten wir bei dieser freien Abwandlung von vornherein fest, daß die Subjektivität immerzu ›vernünftiges‹ insbesondere immerzu urteilend-erkennende soll sein und bleiben können, so stoßen wir auf bindende Wesensstrukturen, die unter dem Titel reiner Vernunft stehen und im besonderen reiner urteilender Vernunft. Zu ihr gehört als Voraussetzung auch eine beständige und wesensnotwendige Bezogenheit auf irgendwelche hyletischen Bestände, nämlich als apperzeptive Grundlagen der für das Urteilen notwendig vorauszusetzenden möglichen Erfahrungen. Bestimmen wir also den Begriff der prinzipiellen Form durch die wesensnotwendigen Bestände einer vernünftigen Subjektivität überhaupt, so ist der Begriff Hyle (durch jedes ›Empfindungsdatum‹ exemplifiziert) ein Formbegriff, und nicht, was sein Kontrast sein soll, ein kontingenter Begriff. Anderseits ist es für eine urteilend-erkennende Subjektivität (und so ähnlich für eine vernünftige überhaupt) keine Wesensforderung, daß sie gerade Farben oder Töne, daß sie sinnliche Gefühle gerade der und der Differenz und dgl. muß empfinden können – obschon auch solche Begriffe als apriorische (von allem Empirisch-faktischen befreite) zu bilden sind.«67 Die Scheidung von Notwendig und Zufällig in diesen Sätzen ist ohnmächtig. So wenig es eine »Wesensforderung« ist, daß Subjektivität gerade »Farben oder Töne« wahrnehme, so wenig kann aus reinem Denken erschlossen werden, daß sie überhaupt Erfahrungen macht. Die »Existenz« von Subjektivität ist als notwendig, als »formales Apriori« nicht zu deduzieren. Und mehr. Hat der Satz »alle Tonphänomene haben zeitliche Ausdehnung« einen »sachhaltigen Kern«, so hat ihn auch das in Husserls Sinn reinste formale Apriori, der Satz vom Widerspruch, sofern man ihn nur in seiner Bezogenheit aufs Ganze der Erkenntnis und ihren Inhalt versteht und ihn nicht isolierend vergegenständlicht. In dem Satz aus der Akustik steckt, Husserl zufolge, das Moment von Zufälligkeit insofern, als seine Geltung davon abhängt, ob es so etwas wie »Ton überhaupt« gibt: ob psychologisch-faktisches Bewußtsein faktische Erlebnisse macht. Was Husserl fürs kontingente Apriori konzediert, gilt aber auch für sein formales. Dem Begriff des kontingenten Apriori käme danach folgerecht in Husserls eigener Theorie universelle Geltung zu. Sein absolutes Apriori schlösse ein Moment des Nichtapriorischen ein. Es sollte nicht schwer fallen, die Sinnleere der These zu errechnen, das nichtapriorische Faktum habe sein Apriori daran, daß es nicht apriori sei. Damit wäre freilich nicht gar zu viel gewonnen. Husserls Kontingenzbegriff ist gleich dem der Zufälligkeit im bürgerlichen Denken insgesamt Ausdruck der Unmöglichkeit, das Wirkliche auf seinen Begriff, die Tatsache auf ihr Wesen, in letzter Instanz: Objekt auf Subjekt zu reduzieren. Die Rede von Kontingenz wie die vom Apriori indiziert einen undurchsichtig-planlosen gesellschaftlichen Prozeß, dem das Individuum ausgeliefert ist: »notwendig« von jenem, »zufällig« vom Individuum und nicht bloß vom Individuum aus, sondern auch nach dem Maße dessen, was möglich wäre.
Die Aufhebung des Idealismus, die am Ende von Husserls Philosophie sich anzeigt, kann nicht als deren Errungenschaft gelten. Hat die phänomenologische Methode die Existentialontologie und philosophische Anthropologie heraufbeschworen, so läßt ihr »Scheitern« – Lieblingswort aller Diadochen – diesen gewiß allen Raum. Daß reines Denken nicht das absolut Erste in der Welt sei, sondern im Menschen und im leibhaftigen Dasein seinen Ursprung habe, ist zum Gemeinplatz all derer geworden, deren »Anticartesianismus« weniger das Verhältnis von Bewußtsein und Sein konkret analysieren als Bewußtsein selber diffamieren möchte durch Berufung auf die Härte des bloß Daseienden. Ihnen voraus hat Husserl die Treue, die er trotz allem der kritischen – »rechtsprechenden« – Vernunft hält. Wenn aber diese Vernunft mit ihrem Unterfangen, sich selbst als absoluten und totalen Grund von Sein zu beweisen, bei ihm in unauflösliche Antinomien sich verstrickt, so wird mit deren Aufweis nicht sowohl ihr kritisches Recht ihr entwunden als vielmehr offenbar, daß es keine absolute Bedingung für Sein gibt. Es ist ein anderes, irrational die Unreduzierbarkeit von Sein als dessen ontologischen Primat zu statuieren oder die fundamentale Bewußtseinsanalyse so weit zu treiben, bis sie ins nicht Bewußtseinseigene umschlägt. Denn dies ihr Gegenteil ist nicht bloß ihr Gegenteil, weder das Unbewußte noch das jeglicher Aussage entrückte Sein. Die Forderung des Primats von Bewußtsein über Sein geht zu Protest. Jedoch darum wird nicht der Primat ans Dasein zediert. Der Prozeß, der bei Husserl ums absolut Erste endlos anhängig gemacht ist, widerlegt den Begriff des absolut Ersten selber. Darin ist die überholte Bewußtseinsphilosophie ihrer objektiven Funktion nach fortgeschrittener als die arrivierten Seinsphilosophen. Diese fallen ins Identitätsdenken zurück, während jene schließlich die Auflösung des philosophischen Identitätszwangs nicht erreicht zwar, doch erzwingt. Der Idealismus ist nicht einfach die Unwahrheit. Er ist die Wahrheit in ihrer Unwahrheit. Der idealistische Schein ist in seinem Ursprung so notwendig wie in seiner Vergängnis. Daß Bewußtsein monadologische Gestalt annimmt; daß dem einzelnen das Wissen von sich selber unmittelbarer scheint und gewisser als das gleiche Wissen aller anderen, ist die richtige Erscheinung einer falschen Welt, in der die Menschen einander fremd und ungewiß sind und in der unmittelbar jeder bloß zu seinen partikularen Interessen sich verhält, in denen doch wieder allgemeine, »wesenhafte« Gesetze sich realisieren: wie Husserls transzendentales eidos in der Monade. Die Verschränkung von Schein und Notwendigkeit des Idealismus ist in dessen Geschichte selten durchsichtiger geworden als in Husserl. Feind gleichermaßen der notwendigen Scheinhaftigkeit der Induktion und der scheinhaften Notwendigkeit der Deduktion, hat er getrachtet, den Idealismus im paradoxen Einstand festzubannen. Der Grund der Paradoxie, die monadologische Verfassung der Menschen, könnte zur Aufhebung gebracht werden erst, wenn einmal endlich Bewußtsein über das Sein geböte, von dem es stets nur mit Unwahrheit behauptete, daß es im Bewußtsein gründe.
Nachweise
Für die zitierten Schriften Edmund Husserls gelten die Abkürzungen:
Logische Untersuchungen. Erster Band: Prolegomena zur reinen Logik, 3. Aufl., Halle 1922: LU I.
Logische Untersuchungen. Zweiter Band, I. Teil: Untersuchungen zur Phänomenologie und Theorie der Erkenntnis, 3. Aufl., Halle 1922: LU II, 1.
Logische Untersuchungen. Zweiter Band, II. Teil: Elemente einer phänomenologischen Aufklärung der Erkenntnis, 2. Aufl., Halle 1921: LU II, 2.
Ideen zu einer reinen Phänomenologie und phänomenologischen Philosophie, 2. Aufl., Halle 1922: Ideen.
Formale und transzendentale Logik. Versuch einer Kritik der logischen Vernunft, Halle 1929: Logik.
Méditations Cartésiennes. Introduction à la Phénoménologie, Paris 1931: M. C. Cartesianische Meditationen und Pariser Vorträge. Hg. von S. Strasser, Haag 1950: C. M.
Einleitung
1 Ideen, S. 107.
2 cf. Eckermann, Gespräche mit Goethe, Leipzig 1925, S. 531f.
3 cf. Ideen, passim, bes. S. 59 und S. 94f.
4 Hegel, WW V, ed. Glockner, Stuttgart 1928, Wissenschaft der Logik, 2. Teil, S. 11.
5 Nietzsche, WW VIII, Leipzig 1906, Götzendämmerung, S. 81.
6 l.c. S. 80.
7 C. M., S. 70.
8 l.c. S. 71.
9 Platon, Phaidon, St. 99; cf. bes. auch l.c., St. 100.
10 cf. Platon, Menon, passim, bes. St. 86/87.
11 l.c. St. 73.
12 cf. Platon, Phaidros, St. 265/66.
13 cf. Ideen, S. 56.
14 cf. etwa Montaigne, Essais, ed. Rat, Paris o.J. II, Chap. XII (Apologie de Raimond Sebond), S. 113ff.
15 Logik, S. 221; cf. auch S. 225f.
16 C. M., S. 68.
17 l.c. S. 79.
18 Martin Heidegger, Einführung in die Metaphysik, Tübingen 1953, S. 60.
19 cf. Platon, Phaidon, passim, bes. St. 82.
20 cf. Heidegger, Sein und Zeit, Halle 1927, S. 19ff.
21 cf. C. M., etwa § 58, S. 159ff.
22 cf. Ideen, S. 91f.
23 cf. Vilfredo Pareto, Traité de la Sociologie Générale, Paris 1932, S. 56, 459ff.
24 cf. Max Horkheimer, Traditionelle und kritische Theorie, in: Zeitschrift für Sozialforschung 6 (1937), S. 245ff.
25 M. C., S. 78.
26 cf. Hegel, WW XVII, ed. Glockner, Stuttgart 1928, Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie I, S. 344ff.; cf. Nietzsche, l.c., S. 77.
27 Platon, Symposion, St. 210 e ff.
28 Nietzsche, l.c., S. 78f.
29 l.c. S. 79.
30 l.c. S. 76.
31 l.c. S. 79.
32 l.c. S. 64.
33 cf. Helmut Coing, Geschichte und Bedeutung des Systemgedankens in der Rechtswissenschaft, in: Frankfurter Universitätsreden, Heft 17, 1956, S. 36.
34 cf. Kant, Kritik der reinen Vernunft, ed. Valentiner, Leipzig 1913, S. 160 (Schluß des § 21).
35 cf. LU I, S. 84.
36 cf. Herbert Marcuse, Begriff des Wesens, in: Zeitschrift für Sozialforschung 5 (1936), S. 12ff.
37 Logik, S. 57.
38 l.c. S. 114.
39 l.c. S. 186.
I. Kritik des logischen Absolutismus
1 cf. J. De Maistre, WW, Lyon 1891, Tome IV, p. 151 (Les Soirées de Saint-Petersbourg).
2 cf. Max Horkheimer, Zu Bergsons Metaphysik der Zeit, in: Zeitschrift für Sozialforschung 3 (1934), S. 321ff.
3 Henri Bergson, Das Lachen, Meisenheim am Glan 1948, S. 82.
4 l.c. S. 75.
5 ibd.
6 Edmund Husserl, Philosophie als strenge Wissenschaft, in: Logos 1 (1910/11), S. 316ff.
7 Ideen, S. 108.
8 ibd.
9 l.c. S. 111.
10 l.c. S. 107.
11 LU I, S. 141.
12 Logik, S. 178.
13 C. M., S. 118f.
14 Logik, S. 240.
15 Wilhelm Wundt, Logik, 5. Aufl., Stuttgart 1924, 1. Band, S. 7.
16 LU I, Vorwort, S. V.
17 l.c. S. 26.
18 l.c. S. 252.
19 l.c. S. 253.
20 ibd.
21 Ideen, S. 111.
22 cf. C. M., S. 52 und 53.
23 Kant, Kritik der reinen Vernunft, S. 270 (Von dem Grunde der Unterscheidung aller Gegenstände überhaupt in Phaenomena und Noumena).
24 cf. Ideen, S. 133ff., besonders § 74 (S. 138f.).
25 cf. LU I, S. 45.
26 Logik, S. 124.
27 ibd.
28 Ideen, S. 306.
29 LU I, S. 110.
30 l.c. S. 110f.
31 l.c. S. 3.
32 Georg Lukács, Geschichte und Klassenbewußtsein, Berlin 1923, S. 131.
33 LU I, S. 252.
34 l.c. S. 253.
35 l.c. S. 97.
36 l.c. S. 10.
37 cf. l.c. S. 21f.
38 l.c. S. 64.
39 cf. l.c. S. 68f.
40 l.c. S. 68.
41 l.c. S. 198.
42 ibd.; ähnlich auch noch LU II, 1, S. 403.
43 l.c. S. 199.
44 cf. LU II, 1, S. 73.
45 Hegel, Wissenschaft der Logik, 1. Teil, S. 87.
46 Franz Brentano, Psychologie vom empirischen Standpunkt, Leipzig 1924, Einleitung von Oskar Kraus, S. XIX f.
47 LU I, S. 139.
48 l.c. S. 31, Anmerkung.
49 l.c. S. 131.
50 l.c. S. 131f.
51 l.c. S. 86.
52 cf. l.c. S. 145f.
53 l.c. S. 151.
54 l.c. S. 205f.
55 l.c. S. 71.
56 l.c. S. 88.
57 Max Horkheimer und Theodor W. Adorno, Dialektik der Aufklärung, Amsterdam 1947, S. 25 [GS 3, s. S. 30].
58 cf. l.c. passim.
59 LU I, S. 99ff.
60 Hans Cornelius, Transzendentale Systematik, München 1916, S. 159f.
61 LU I, S. 123.
62 l.c. S. 18.
63 l.c. S. 111.
64 l.c. S. 112.
65 ibd.
66 l.c. S. 205.
67 l.c. S. 121.
68 ibd.
69 Logik, S. 105.
II. Spezies und Intention
1 LU I, S. 231.
2 LU II, 1, S. 144.
3 cf. l.c. S. 186.
4 cf. l.c. S. 197ff.
5 LU I, S. XV.
6 LU II, 1, S. 107.
7 l.c. S. 106f.
8 l.c. S. 223.
9 cf. l.c. S. 217.
10 cf. Ideen, S. 187.
11 cf. LU II, 1, S. 110.
12 ibd.
13 ibd.
14 ibd.
15 Ideen, S. 265f.
16 cf. l.c. S. 181.
17 ibd.
18 ibd.
19 cf. l.c. S. 182.
20 cf. l.c. S. 182f.
21 l.c. S. 183.
22 ibd.
23 l.c. S. 185.
24 LU II, 1, S. 4.
25 Logik, S. 218f.
26 l.c. S. 219.
27 cf. ibd.
28 C. M., S. 103.
29 l.c. S. 104.
30 ibd.
III. Zur Dialektik der erkenntnistheoretischen Begriffe
1 Logik, S. 232.
2 cf. etwa l.c. S. 105.
3 LU II, 1, S. 182.
4 l.c. S. 183.
5 cf. Hans Cornelius, l.c. S. 90.
6 cf. LU II, 1, S. 280.
7 cf. etwa Henri Bergson, Les données immédiates de la conscience, Paris 1948, p. 92ff.
8 cf. LU II, 2, S. 162.
9 Ideen, S. 7f.
10 l.c. S. 148.
11 Logik, S. 141 und passim.
12 Ideen, S. 13.
13 Logik, S. 252.
14 cf. C. M., S. 86.
15 Logik, S. 142f.
16 cf. etwa Hegel, WW VIII, ed. Glockner, Stuttgart 1929, System der Philosophie, Einleitung, S. 63.
17 cf. Logik, S. 183f.
18 Walter Benjamin, Paris, die Hauptstadt des XIX. Jahrhunderts (Passagenarbeit), unveröffentlichtes Manuskript, Konvolut N, Bl. 3.
19 cf. LU II, 1, insbes. S. 421ff. und Ideen, passim, insbes. S. 79 und 99.
20 cf. Ideen, S. 204.
21 ibd.
22 cf. Walter Benjamin, l.c., Konvolut K, Bl. 2.
23 cf. Ideen, S. 163.
24 ibd.
25 Walter Benjamin, Schriften II, Frankfurt 1955, S. 15 (Kurze Schatten).
26 cf. etwa Kant, Kritik der reinen Vernunft, S. 106.
27 Kant, l.c., S. 185.
28 cf. etwa Kant, l.c., S. 80 und 87.
29 cf. etwa Kant, l.c., S. 81.
30 Ideen, S. 172.
31 l.c. S. 171.
32 cf. l.c. S. 300 und passim, insbes. in dem Kapitel »Phänomenologie der Vernunft«.
33 cf. LU II, 2, S. 116.
34 LU II, 1, S. 75.
35 l.c. S. 379.
36 cf. etwa l.c. S. 20.
37 LU II, 2, S. 56.
38 Ideen, S. 149f.
39 Kant, Kritik der reinen Vernunft, S. 206 (Anticipationen der Wahrnehmung).
40 LU II, 1, S 34.
41 LU II, 2, S. 25.
42 l.c. S. 83.
43 l.c. S. 15, Fußnote.
44 cf. René Descartes, Philosophische Werke, ed. Meiner, Leipzig 1922, I. Band, S. 15 (§ 17).
45 cf. etwa: Max Scheler, Die deutsche Philosophie der Gegenwart, in: Deutsches Leben der Gegenwart, Berlin 1922, S. 191f. (unter Bezugnahme auf Bühler, Wertheimer, Koffka, Gelb, Köhler u.a.); Vom Ewigen im Menschen, 4. Aufl., Bern 1954 (Ges. Werke, Band 5), S. 250; Wesen und Formen der Sympathie, 5. Aufl., Frankfurt 1948, S. 29 und 284; Wissensformen und die Gesellschaft, Leipzig 1926, passim, insbes. S. 375ff.
46 cf. Ideen, S. 149f. und S. 245; cf. auch Theodor W. Adorno, Die Transzendenz des Dinglichen und Noematischen in Husserls Phänomenologie, Frankfurter Dissertation 1924, S. 31 [GS 1, s. S. 32f.].
47 Ideen, S. 62.
48 cf. l.c. S. 167.
49 cf. Text, II. Kapitel passim.
50 Ideen, S. 194.
51 cf. LU I, S. 228f.
52 LU II, 1, S. 348.
53 Ideen, S. 73.
54 Kant, Kritik der reinen Vernunft, S. 120.
55 Ideen, S. 181f.
56 cf. l.c. S. 253ff.
57 l.c. S. 253.
58 ibd.
59 LU II, 1, S. 348.
60 cf. Ideen, S. 265f.
61 l.c. S. 269f.
62 l.c. S. 244.
63 cf. l.c. S. 313ff.
64 cf. Theodor W. Adorno, Dissertation, S. 43ff. [GS 1, s. S. 40ff.]
65 Ideen, S. 184.
66 l.c. S. 186.
67 cf. Kant, Kritik der reinen Vernunft, S. 173f. (Schluß des § 26).
68 l.c. S. 165 (§ 34).
69 cf. Theodor W. Adorno, Dissertation, S. 51ff. [GS 1, s. S. 46ff.]
70 cf. Ideen, S. 53ff.
71 l.c. S. 57.
72 cf. Sigmund Freud, Gesammelte Werke XIV, London 1948, Die Verneinung, S. 11ff.
73 Ideen, S. 57.
74 cf. Logik, S. 78ff.
75 cf. Kant, Kritik der reinen Vernunft, S. 130.
76 Ideen, S. 279f.
77 cf. Martin Heidegger, Sein und Zeit, S. 16.
78 cf. Kant, Kritik der reinen Vernunft, S. 152 (Fußnote).
79 LU I, S. 15.
80 l.c. S. 43.
81 LU II, 1, S. 239.
82 cf. Hegel, WW VIII, System der Philosophie, S. 60.
83 Ideen, S. 70.
84 cf. l.c. S. 91ff.
85 l.c. S. 74f.
86 l.c. S. 75.
87 cf. l.c. S. 80.
88 ibd.
89 ibd.
IV. Das Wesen und das reine Ich
1 Logik, S. 3.
2 l.c. S. 279.
3 Ideen, S. 314.
4 l.c. S. 282.
5 l.c. S. 43f.
6 l.c. S. 38.
7 LU I, S. 68.
8 Ideen, S. 54.
9 l.c. S. 251.
10 l.c. S. 91.
11 l.c. S. 92
12 l.c. S. 94.
13 l.c. S. 132.
14 ibd., Fußnote.
15 Aldous Huxley, Eyeless in Gaza, p. 457.
16 Logik, S. 217.
17 Ideen, S. 127.
18 cf. Ernst Troeltsch, Der Historismus und seine Probleme, Tübingen 1922, S. 597ff.
19 LU I, S. 64.
20 LU II, 2, S. 140.
21 l.c. S. 32.
22 l.c. S. 134f.
23 l.c. S. 139.
24 l.c. S. 142.
25 Hegel, WW IV, Wissenschaft der Logik, 1. Teil, S. 70f.
26 l.c. S. 73.
27 LU II, 2, S. 141.
28 Hegel, Logik, l.c. S. 38.
29 cf. C. M., S. 113f.
30 cf. LU II, 2, S. 41 und 236.
31 Logik, S. 163.
32 ibd.
33 l.c. S. 163f.
34 l.c. S. 184.
35 Ideen, S. 7, Fußnote.
36 C. M., S. 110.
37 Ideen, S. 265.
38 l.c. S. 211.
39 Logik, S. 206.
40 LU II, 1, S. 442f.
41 l.c. S. 443.
42 Ideen, S. 63.
43 M. C., p. 112.
44 l.c. p. 114.
45 LU II, 2, S. 215.
46 cf. Logik, S. 245ff.
47 cf. l.c. S. 251f.
48 l.c. S. 240.
49 l.c. S. 202.
50 l.c. S. 203.
51 l.c. S. 208f.
52 l.c. S. 210f.
53 l.c. S. 212
54 l.c. S. 226.
55 l.c. S. 211.
56 cf. l.c. S. 224f.
57 l.c. S. 224.
58 cf. l.c. S. 221f.
59 C. M., S. 64.
60 Hegel, Wissenschaft der Logik, 1. Teil, S. 82.
61 M. C., p. 18.
62 C. M., S. 105.
63 l.c. S. 106.
64 l.c. S. 62.
65 l.c. S. 66.
66 l.c. S. 77.
67 Logik, S. 26f.