III. Funktion

 

Die Funktion von Musik in der gegenwärtigen Gesellschaft wirft erhebliche Fragen auf. Musik gilt für eine Kunst neben den anderen; sie hat, zumindest in der Epoche, die dem Bewußtsein heute überhaupt noch lebendig ist, den Anspruch ästhetischer Autonomie entwickelt: selbst Kompositionen bescheideneren Niveaus wollen als Kunstwerke verstanden werden. Trifft aber zu, daß der Typus derer, die Musik als Unterhaltung wahrnehmen, weit überwiegt und um die Forderung ästhetischer Autonomie wenig sich schert, so besagt das nicht weniger, als daß ein quantitativ sehr erheblicher Bereich des angeblichen Geisteslebens eine von Grund auf andere soziale Funktion hat als die, welche ihm seinem eigenen Sinn nach zukommt. Der Bescheid, diese Funktion sei eben die der Unterhaltung, genügt nicht. Wie kann, so wäre zu fragen, etwas auch nur unterhalten, was gar nicht, oder nicht mehr als das zum Bewußtsein und Unbewußtsein findet, was es ist? Was heißt dann überhaupt Unterhaltung? Was bedeutet ein Phänomen gesellschaftlich, das als das, was es ist, gar nicht zur Gesellschaft gelangt?

Um die Funktion nicht summarisch eines Unsinns zu bezichtigen, der zwar nicht verschleiert werden darf, in dem sie aber doch schwerlich sich erschöpft, ist zunächst daran zu denken, daß das Unverständnis, das alle Elemente der Musik affiziert und umgruppiert, vom Sinn jener Elemente doch noch einiges herüberbringt. Die Hörenden werden denn auch ihres eigenen Unverständnisses nicht gewahr. Fetzen des Sinnzusammenhangs verstehen sie. So etwa ist das Idiom der Tonalität, das den traditionellen Vorrat der heute konsumierten Musik umschreibt, identisch mit der musikalischen Allerweltssprache der Konsumierenden. Wenn sie schon nicht auffassen, was in dieser Sprache gesagt wurde, also den spezifischen Gehalt der musikalischen Werke, dann sind ihnen doch deren Oberflächenzusammenhänge so weit geläufig, wie das herkömmliche Idiom automatisch sie herstellt; das Mitplätschern im idiomatischen Strom ersetzt den Vollzug der Sache selbst und ist doch von dieser nicht absolut zu trennen, in einiger Analogie zum Verhältnis zwischen der kommunikativen Rede und der verbindlichen von literarischen Kunstwerken und geprägten Texten. Auch diese Momente widersprechen einander unversöhnlich und bleiben doch aneinander gekettet. Einzelne Valeurs, welche die Musik auskristallisierte – so die Klangfarben –, die die Kompositionen sinnlich vergegenwärtigen sollten, sind selber zugleich auch sinnliche Reizmittel, haben an sich bereits etwas von jener kulinarischen Qualität, die dann das außerkünstlerische Bewußtsein allein an ihnen goutiert. Mit dem, was heutzutage im laxen Sprachgebrauch unter dem Namen Rhythmus oder auch Melodie segelt, verhält es sich ähnlich. Von der autonomen Kunstsprache der Musik ist im Geist der Zeit eine kommunikative übrig. Diese erlaubt so etwas wie soziale Funktion. Sie ist der Rest, der von der Kunst bleibt, wenn das Moment der Kunst an ihr einmal zerging. Jener Rest tritt deshalb so leicht und widerstandslos aus der Kunst hervor, weil sie selbst erst spät zur vollen Autonomie gelangte und neben dieser heteronome Momente, wie etwa die disziplinäre Funktion in der mittelalterlichen Musikübung, immer mitschleppte. Man kann die Funktion von Musik nach dem gesellschaftlichen Verlust dessen, was sie zu großer Musik prägte, nur dann recht verstehen, wenn man sich nicht verschweigt, daß sie in ihrem emphatischen Begriff nie ganz aufging. Stets gesellte ihr das Außerkünstlerische des Wirkungszusammenhangs sich zu. Unter gesellschaftlichen Bedingungen, die der Konstitution ihrer Autonomie im Bewußtsein der Hörer nicht mehr günstig sind, kommt es notwendig wieder obenauf. Nur darum fügt aus den versprengten Gliedern der Musik sich etwas wie eine zweite musikalische Massensprache, weil die ästhetische Integration ihrer buchstäblich sensuellen, vorkünstlerischen Elemente von je prekär war; weil diese Elemente die ganze Geschichte hindurch darauf lauerten, der Entelechie des Gebildes zu entrinnen und sich zu desintegrieren.

Die Frage nach der Funktion der Musik heute, in der Breite der Gesellschaft, wäre demnach die, was die zweite Musiksprache, das Relikt der Kunstwerke im Haushalt der Massen, dort leistet. Musik, die traditionellen Werke samt dem in ihnen akkumulierten kulturellen Prestige, ist zunächst einmal einfach da. Durch die Schwerkraft ihrer Existenz behauptet sie sich auch dort, wo sie gar nicht erfahren wird, zumal die vorwaltende Ideologie ein Bewußtsein dessen, daß sie nicht erfahren wird, verhindert. Kraß unverstandene Werke wie die Missa solemnis können jahraus, jahrein aufgeführt und bewundert werden1. Allzu rationalistisch wäre es, wollte man die gegenwärtige Funktion der Musik unmittelbar auf ihre Wirkung, auf die Reaktionen der Menschen bringen, die ihr exponiert sind. Die Interessen, die dafür sorgen, daß sie mit Musik beliefert werden, und das Eigengewicht des nun einmal Vorhandenen sind zu stark, als daß sie mit dem Bedürfnis tatsächlich allerorten konfrontiert würden; auch in der Musik ist das Bedürfnis zum Vorwand der Produktionssphäre geworden. Spricht man von der Irrationalität der Musik, dann legitimiert sich die Phrase ironisch daran, daß das musikalische Angebot selbst seinen irrationalen Aspekt hat, daß es mehr von der Fülle aufgestapelter Güter stammt als von jener Nachfrage auf dem Markt, die man so gern als Erklärung benutzt. Die Soziologie kennt genug irrationale Institutionen inmitten der radikal verbürgerlichten Gesellschaft. Was nicht selbst aus seiner Funktion abgeleitet werden kann, hat dennoch eine; die bestehende Gesellschaft vermag sich nicht blank aus ihrem eigenen Prinzip zu entfalten, sondern muß sich mit Vorkapitalistischem, Archaischem amalgamieren; verwirklichte sie ohne ihr heterogene, ›nichtkapitalistische‹ Beimischungen ihr eigenes Prinzip, so höbe sie sich auf. In einer virtuell durchfunktionalisierten, vom Tauschprinzip total durchherrschten Gesellschaft wird das Funktionslose zur Funktion zweiten Grades. In der Funktion des Funktionslosen verschränken sich ein Wahres und ein Ideologisches. Die Autonomie des Kunstwerks selbst ist hervorgebracht davon: im Wirkungszusammenhang der Gesellschaft verheißt das von Menschen gemachte An sich des Kunstwerks, das jenem Zusammenhang nicht sich verschreibt, etwas, was da wäre, ohne vom universalen Profit verschandelt zu sein: Natur. Zugleich aber nimmt der Profit das Funktionslose in seinen Dienst und erniedrigt es dadurch zum Sinnlosen und Beziehungslosen. Die Exploitation eines an sich Unnützen und den Menschen, denen es angedreht wird, Verschlossenen und Überflüssigen ist der Grund des Fetischismus, der die Kulturgüter insgesamt überzieht und die musikalischen im besonderen. Er ist eingestimmt auf den Konformismus. Daß etwas geliebt wird, nur weil es einmal existiert, folgt daraus, daß man dem einmal Vorhandenen, Unausweichlichen gehorcht; solchen Gehorsam bringt man psychisch nur zustande durch Liebe. Zu akzeptieren, was es gibt, ist, anstelle von Ideologien als spezifischen, wohl gar theoretisch rechtfertigenden Vorstellungen über das Seiende, zum stärksten Kitt der Realität geworden. Der blinde Fleck unbefragter Hinnahme eines Bestehenden, an seinem Platz Befindlichen, ist eine von den Invarianten der bürgerlichen Gesellschaft. Sie ehrt solches Bestehende seit Montesquieu mit dem Titel des historisch Gewordenen.

Dem abstrakten Element ihres bloßen Daseins als Stellvertreter durchsichtiger Funktion entspricht eine ebenso abstrakte ideologische Rolle, die der Ablenkung. Sie wirkt mit an der Leistung der meisten Kultur heute: die Menschen daran zu hindern, über sich und ihre Welt nachzudenken, und ihnen zugleich vorzutäuschen, um jene Welt sei es richtig bestellt, da sie eine solche Abundanz von Erfreulichem gewährt. Die angebliche Wichtigkeit des Kulturlebens, deren Schein ungewollt jeder verstärkt, der irgend damit sich befaßt, und wäre er noch so kritisch, sabotiert das Bewußtsein des Wesentlichen. Was an der ideologischen Funktion der Filmstars allen so offenbar ist, daß darauf zu schimpfen selbst schon wieder kollektiven Komfort bietet, erstreckt sich bis in jene Regionen, an deren Würde die zur Parodie ihrer selbst verkommene Kunstreligion keinen Zweifel duldet, dorthin, wo man die Neunte Symphonie aufführt. Dies ideologische Moment ist nicht musikspezifisch, definiert aber den Raum, den Musik einnimmt: den von möglichem Geschwätz. Schwer kann man der Beobachtung ausweichen, wie verbreitet der Glaube ist, real ungelöste und unauflösliche Probleme seien dadurch gelöst, daß man sie beredet; er erklärt den Zustrom zu den allerorten veranstalteten Kulturgesprächen. Dem verwandt ist ein Sachverhalt, den gerade der Theoretiker nicht unterschlagen darf. Für zahlreiche sogenannte Kulturträger scheint nachgerade das Reden und Lesen über Musik wichtiger als die Musik selbst. Solche Mißbildungen sind Symptome eines ideologisch Normalen: daß nämlich die Musik gar nicht als sie selbst, in ihrer Wahrheit und Unwahrheit, wahrgenommen wird, sondern lediglich als ein unbestimmt und unkontrollierbar von der Befassung mit dem Wahren und Unwahren Dispensierendes. Sie ist unerschöpflicher Anlaß unverantwortlicher und konsequenzloser Unterhaltung. Unverdrossen und ohne es recht zu merken, widmen Ungezählte viel Zeit einer Sache, die ihnen verschlossen ist.

Das bloße Dasein von Musik jedoch, die geschichtliche Gewalt, die in ihr sich niedergeschlagen hat, und die Befangenheit einer unmündigen Menschheit in den ihr aufgedrungenen Institutionen erklärten allein schwerlich die Fixierung der Massen, sicherlich nicht die aktive Nachfrage. Tröstet bereits, daß etwas einfach, ohne raison d'être, da ist, darüber, daß alles nur für etwas da ist, so rangiert unter den Funktionen der Musik heute die Trostfunktion sicherlich nicht am untersten, der anonyme Zuspruch an die einsame Gemeinde. Ihr Laut suggeriert eine Stimme des Kollektivs, das seine Zwangsmitglieder nicht ganz verlassen sein läßt. Dabei aber regrediert Musik in der gleichsam außerästhetischen Gestalt, die sie den Menschen beflissen zukehrt, auf ältere, vorbürgerliche Formen, ja auf solche, die ihrer Ausbildung als einer Kunst überhaupt vorhergegangen sein mögen. Ob jene Elemente ihre Wirkung tatsächlich noch ausüben, ist schwer nachzuprüfen; sicherlich aber werden sie von der Ideologie der Musik attestiert, und das genügt, daß die im Geltungsbereich der Ideologie Reagierenden daran selbst gegen den Ohrenschein glauben. Sie betrachten Musik als Freudenbringer schlechthin, unabhängig davon, daß die entwickelte Kunstmusik längst vom Ausdruck der Freude, die real unerreichbar ward, um Lichtjahre sich entfernte, so daß schon Schubert, der Heros ihres Dreimäderlhauses, fragen konnte, ob es überhaupt fröhliche Musik gäbe. Wer so vor sich hinsingt, unterstellen sie, sei vergnügt; sein Gestus sei der des erhobenen Kopfes; der Laut selber immer noch die Negation der Trauer als des Stummen, während doch stets in ihm Trauer, die sich löste, zugleich sich ausdrückte. Primitive Positivität, hundertfach von der Kunstmusik gebrochen und negiert, steigt in der Funktion von Musik wieder auf; nicht umsonst ist die vorzugsweise konsumierte, die der Sphäre U, durchweg auf den Ton des Vergnügten gestimmt; Moll ist darin eine sparsam gespendete Würze. Nicht nur will sie, als Cliché, soviel von einer Traurigkeit der Existenz, die noch der Dümmste nicht leugnen kann, der Musik zueignen, wie nötig ist, damit der kollektive Zuspruch seine Folie gewinnt. Sondern das Moll, vor allem in kalkulierter Volksmusik nationalistischer Haltung, besorgt darüber hinaus etwas, dem einmal prinzipiell nachzugehen wäre. Moll bringt den alten Schauer dem Betrieb als Mitgift dar, dessen Rationalität ihn austreibt. Es steht gleichsam für Gänsehaut und gesträubte Haare, in Liedern wie dem vom Rolandsbogen, bei einem Akzent auf dem Rhein in der Wacht an diesem, in faschistischen Exhortationen wie ›Volk ans Gewehr‹. Hochgefühle, bis zur irrationalen Begeisterung für den eigenen Tod, werden mit probaten Mitteln mechanisch eingeübt. Durchweg steuert und sozialisiert man in der Sphäre U archaische Mechanismen. Meist sinkt die Sache herab auf ihren ärmsten und nichtigsten Aspekt, den unentwegter Fröhlichkeit. Sie will diejenigen, die mit ihr sich identifizieren, glauben machen, so fröhlich seien auch sie. Musik ist ungegenständlich, mit keinen Momenten der äußeren Welt eindeutig zu identifizieren, dabei indessen höchst artikuliert und bestimmt in sich selbst, und dadurch doch wieder, sei's noch so vermittelt, der äußeren Welt, der gesellschaftlichen Realität kommensurabel. Sie ist eine Sprache, aber eine ohne Begriffe. Ihre Bestimmtheit taugt zum kollektiven Verhaltensmuster von Disziplin; ihre Begriffslosigkeit läßt unliebsame Fragen nach deren Wofür gar nicht erst aufkommen. Der Charakter des Tröstlichen, dem blinden mythischen Naturzusammenhang Einspruch Gebietenden aber, den man ihr seit den Erzählungen von Orpheus und Amphion zuschrieb, liegt der theologischen Konzeption der Musik zugrunde, der einer Sprache der Engel. Sie wirkte nach bis tief in die autonome Kunstmusik hinein, von deren Verhaltensweisen nicht wenige jene Vorstellung säkularisieren. Wenn die Funktion der Konsumentenmusik in der faden, von keiner Erinnerung an Übel und Tod überschatteten Lebensbejahung aus Heiratsannoncen aufgeht, so hat sie die Säkularisierung jener theologischen Konzeption vollendet und sie zugleich in ihr zynisches Widerspiel verkehrt: das irdische Leben selber, so wie es ist, wird einem ohne Leiden gleichgesetzt; doppelt trostlos, da diese Gleichung nichts ist als kreisende Wiederholung, abgesperrt vom letzten Blick auf etwas, was anders wäre. Gerade weil die Musik der absoluten Affirmation ihren Spott treibt mit dem, was einmal ihre wahre Idee sein könnte, ist sie so schmählich; als Lüge über das, was ist, die Teufelsfratze einer Transzendenz, die in nichts von dem sich unterscheidet, worüber zu erheben sie sich anmaßt. Solcher Art ist prinzipiell ihre Funktion heute, die einer Sparte in der allgemeinen Reklame für die Welt, deren es um so mehr bedarf, je weniger die aufgeklärten Menschen der Positivität des Bestehenden zuinnerst vertrauen. Musik ist zu jener Funktion prädestiniert, weil sie nicht ebenso leicht sich dingfest machen läßt wie etwa krasse Fälschungen der Realität im Film oder in den Magazinnovellen; die Ideologie entgleitet der skeptischen Entlarvung. Bewußter Wille verwaltet die Distribution jener Ideologie, kaum sie selbst. Vielmehr ist sie der objektive Widerschein einer Gesellschaft, die, um sich zu verewigen, auf nichts Besseres zu verweisen vermag als auf die Tautologie, sie sei, nach ihrem Jargon, in Ordnung. Musik als Ideologie hat ihre Formel in einer Metapher, welche Fröhlichkeit selbst durch die Beziehung auf Musik am besten zu illustrieren meint: der Himmel hängt voller Geigen. Das ist aus der Sprache der Engel, ihrem ungewordenen und unvergänglichen Platonischen Ansichsein, geworden: der Stimulus grundloser Vergnügtheit derer, auf welche sie einströmt.

Aber die Fröhlichkeit, welche Musik anknipst, ist nicht einfach die der Individuen, sondern die von mehreren oder vielen, stellvertretend für die Stimme der Gesellschaft als ganzer, die das Individuum verstößt und umklammert. Woher der Laut tönt, die Quelle der Musik, darauf reagiert das Vorbewußte: dort ist etwas los, dort ist das Leben. Je weniger die Subjekte selbst zu leben fühlen, desto glücklicher sind sie über die Illusion, dabei zu sein, wo sie sich einreden, es lebten die anderen. Lärm und Trubel der Unterhaltungsmusik täuschen festliche Ausnahmezustände vor; einer der erfolgreichsten deutschen Musikfilme trug den ingeniös unbeholfenen Titel: ›Es war eine rauschende Ballnacht‹. Das Wir, das in aller mehrstimmigen Musik als Apriori ihres eigenen Sinnes gesetzt ist, die kollektive Objektivität der Sache selbst, wird zum Mittel des Kundenfangs. Wie Kinder dorthin laufen, wo etwas passiert, so wollen die regredierenden Typen hinter der Musik herlaufen; der weit über jede politische Gesinnung hinausreichende Appell von Militärmusik ist der drastischeste Beleg dieser Funktion. So dröhnt das Orchestrion im leeren Lokal, um Grünhörner anzulocken durch die Vorspiegelung eines bereits in vollem Schwung befindlichen Betriebs. Musik als soziale Funktion ist dem Nepp verwandt, schwindelhaftes Versprechen von Glück, das anstelle des Glücks selber sich installiert. Noch in der Regression aufs Unbewußte gewährt die funktionierende Musik dem Es, an das sie sich wendet, bloße Ersatzbefriedigung. Waren Wagners Werke, die ersten, die auf Rauschfunktion großen Stils abzielten und an denen Nietzsche Musik als Ideologie des Unbewußten entdeckte, einem Pessimismus verschworen, der noch bei Schopenhauer zur Gesellschaft doppeldeutig stand und deshalb nicht zufällig vom späten Wagner bereits gemildert ward, so hat der verordnete Rausch der konsumierten Musik nichts mehr mit dem Nirwana zu tun. Sie leiert ›Trink, Brüderlein, trink‹, nach der Tradition jener Alkoholseligkeit, für die alles zum Besten bestellt ist, wofern man nur Kummer und Schmerz meidet, als wäre das in die Macht des Willens gegeben, der nur noch dadurch sich negiert, daß er sich selber Stimmung verschreibt. Niemand hilft ihm dabei als die Musik. Ihre Funktion ist auf die Verhaltensweise all derer zugeschnitten, zu denen niemand redet; die, wie es bei den Armen heißt, keine Ansprache haben. Musik wird zum Trost durch den puren Pleonasmus, daß sie das Schweigen bricht.

Näher bestimmt ist der Radau als Triumph: er suggeriert Stärke, Macht und Herrlichkeit. Damit sich zu identifizieren, entschädigt für die universale Niederlage, die das Lebensgesetz eines jeden einzelnen ist. Wie arme alte Frauen bei der fremden Hochzeit weinen, ist die konsumierte Musik die ewige fremde Hochzeit für alle. Zugleich ist sie disziplinär. Sie gibt sich als unwiderstehlich, läßt gleichsam keine andere Verhaltensweise übrig als die, daß man mitmacht, Kopfhänger duldet sie nicht. Vielfach antezipiert die Konsummusik bereits den Siegeslärm über irgendwelche noch nicht vollbrachten Großtaten samt dem Beifall. Die grell instrumentierten Filmtitel, die so oft marktschreierisch zu verkünden scheinen: nun gebt acht, so großartig, strahlend, bunt wie ich ist das, was ihr nun sehen werdet; seid dankbar, applaudiert und kauft es, sind das Schema von Konsummusik auch dort, wo die Leistungen, über welche das Triumphgeheul erhoben wird, gar nicht folgen. Sie wirbt zugleich für sich, und ihre Funktion changiert mit der von Reklame. Sie okkupiert die Stelle der Utopie, die sie verheißt. Indem sie die Menschen umkreist, sie – wie es im akustischen Phänomen liegt – umfängt, sie als Hörende zu Teilhabern macht, trägt sie ideologisch bei zu dem, was real zu leisten die moderne Gesellschaft nicht müde wird, zur Integration. Zwischen sich und dem Subjekt läßt sie keiner begrifflichen Reflexion Raum. Damit schafft sie die Illusion von Unmittelbarkeit in der total vermittelten Welt, von Nähe zwischen den Fremden, von Wärme für die, welche die Kälte des ungemilderten Kampfs aller gegen alle zu spüren bekommen. Unter den Funktionen der konsumierten Musik, welche immer noch das Gedächtnis an eine Sprache der Unmittelbarkeit mit sich führt, ist vielleicht die wichtigste die, daß sie das Leiden unter den universalen Vermittlungen beschwichtigt, als lebte man trotz allem noch von Angesicht zu Angesicht. Was die sogenannte Gemeinschaftsmusik programmäßig und absichtsvoll betreibt, vollbringt die verantwortungslos und unbewußt wahrgenommene nur desto gründlicher. Bündig ist das dort zu belegen, wo die Reflexion auf die Funktion von Musik thematisch, wo diese zu einem eingeplanten Medium wird, beim Film. In dessen dramaturgischer Disposition ist es eine alltägliche Erwägung, welche Partien, Bilder, Dialoge durch Musik, wie der Jargon lautet, anzuwärmen seien. Darum wohl überhaupt bemüht der Film einen Musikstrom, der gar nicht aufmerksam apperzipiert, sondern nur von der Triebökonomie der Zuschauer verarbeitet werden soll.

Nicht nur jedoch wird angewärmt, sondern auch angefärbt. Auch die Einführung des Farbfilms muß einem kollektiven Bedürfnis entsprochen haben, um den monochromen in so weitem Maß zu verdrängen, der ihm fraglos in vielem überlegen war. Die Qualitäten der sinnlichen Wahrnehmungswelt sind durch den Tausch, die Allgegenwart des Äquivalenzverhältnisses immer grauer geworden, neutralisiert. Wo Farben geduldet werden, haben sie dadurch den Charakter von Allotria angenommen, des peinlichen Affentheaters von Volksfesten in Ferienländern. Musik, um ihrer Ungegenständlichkeit willen, kann die entfärbte Dingwelt kolorieren, ohne sogleich als romantisch sich verdächtig zu machen, weil die Farbe ihrem eigenen Wesen zugute gerechnet wird; das übrigens dürfte etwas von der populären Vorliebe fürs Orchester gegenüber der Kammermusik erklären. So wenig aber in den unbewußten und vorbewußten Schichten, welche die Konsummusik erreicht, zwischen innerer und äußerer Wirklichkeit strikt unterschieden wird – wahrscheinlich ist doch die Assoziation farbigen Getümmels, etwa von vor- und außerkapitalistischen Völkern, nicht einmal entscheidend. Von Musik angefärbt wird eher die Öde des inneren Sinns. Sie ist die Dekoration der leeren Zeit. Je mehr, unter den Bedingungen der industriellen Produktion, das Bewußtsein eines zeitlichen Kontinuums, der emphatische Begriff von Erfahrung zergeht; je mehr Zeit in diskontinuierliche, dem Schock sich anähnelnde Momente zerfällt, desto nackter, bedrohlicher fühlt sich das subjektive Bewußtsein dem Verlauf der abstrakten, physikalischen Zeit ausgeliefert. Auch im Leben des einzelnen hat diese unbarmherzig sich getrennt von jenem temps durée, in dem Bergson noch die lebendige Zeiterfahrung gerettet glaubte. Musik beschwichtigt die Ahnung davon. Mit Grund hat Bergson den temps espace der Dauer kontrastiert. Das Trübe, Strukturlose der abstrakten Zeit – einer, die eigentlich gar keine Zeit mehr ist, indem sie dem Inhalt der Erfahrung als ein Mechanisches, in statisch-unveränderliche Einheiten Dividiertes sich gegenüberstellt – wird zum Gegenteil von Dauer, einem Raumhaften, eng dabei wie ein unendlich langer, finsterer Gang. Ob die sogenannte innere Leere tatsächlich, wie es den Jeremiaden über den modernen Massenmenschen in den Kram paßt, Signatur des Zeitalters ist, dürfte der Nachprüfung sich entziehen; was es in der Vergangenheit Ähnliches gab, wurde so gründlich von den religiösen Institutionen verwaltet, daß wenig Spuren davon sich erhalten haben, obwohl das taedium vitae nicht erst im zwanzigsten Jahrhundert erfunden ist. Wäre es aber wirklich so neu, wie die Lobredner der Bindungen es sich wünschen, dann wäre die Schuld nicht den Massen aufzubürden sondern der Gesellschaft, die sie dazu machte. Das Subjekt, das durch die Gestalt seiner Arbeit der qualitativen Beziehung auf die Objektsphäre enteignet ward, wird dadurch notwendig leer; Goethe wie Hegel wußten, daß innere Fülle nicht einem von der Realität sich Abziehen, nicht der Isolierung sich verdankt sondern ihrem Gegenteil; daß subjektive Fülle selber die verwandelte Gestalt erfahrener Objektivität ist. Wenig fehlt, und man möchte die innere Leere als Komplement der Verinnerlichung betrachten; manches an der Geschichte des Protestantismus spricht dafür. Wäre sie aber selbst die Invariante, als welche sie die Todesontologien gegenüber der Gesellschaft so gern hypostasieren möchten, dann hat die Geschichte kompensatorische Mittel beigestellt, um ihr zu begegnen. Die einmal Heilmittel gegen die Langeweile besitzen, und wären es die schlechtesten, sind nicht willens, jene weiter zu tolerieren: das trägt bei zur Massenbasis des musikalischen Konsums. Sie bezeugt ein Mißverhältnis zwischen Zustand und Potential, zwischen der Langeweile, der die Menschen immer noch ausgeliefert sind, und der möglichen, aber mißlungenen Einrichtung des Lebens, in der Langeweile verschwände. Unter den Aspekten jener Massenbasis verbirgt sich auch das vage Gefühl, die reale Änderung sei abgeschnitten. Leere heißt: weniger Arbeit bei fortwährender Unfreiheit; gelitten wird an ihr nach dem Maß des verdrängten Möglichen. Der frühere Zustand war nicht besser. Die Qual der Arbeit hat die Selbstreflexion erdrückt, in der Leere überhaupt erst sich konstituiert. Daß diese erfahren wird, ist eigentlich schon das wie sehr auch von sich selbst abgesperrte Bewußtsein ihres Gegenteils.

Aber die Menschen fürchten die Zeit und erfinden deshalb kompensatorische Zeitmetaphysiken, weil sie ihr die Schuld daran aufbürden, daß sie eigentlich in der verdinglichten Welt sich nicht mehr leben fühlen. Das redet Musik ihnen aus. Sie bestätigt die Gesellschaft, die sie unterhält. Die Farbe des inneren Sinns, die bunte Bebilderung des Zeitstroms im einzelnen versichert ihm, daß im Einerlei des universal Vergleichlichen noch Besonderes sei. Die Lampions, die Musik in der Zeit des Individuums aufhängt, sind Surrogate jenes vielberedeten Sinns seiner Existenz, dem es vergebens nachfragt, sobald es, der abstrakten Existenz exponiert, nach Sinn überhaupt fragen muß. Nur freilich ist das innere Licht selbst von eben jener Gewalt der Verdinglichung beschlagnahmt, die es illuminiert. Was aus der Seelenlandschaft der Menschen die Trübseligkeit der tickenden Zeit verscheucht, ist in Wahrheit bereits Neonlicht. Die Idee großer Musik, durch ihr Gefüge das Bild der Fülle von Zeit, der seligen Dauer oder, nach Beethovens Wort, des glorreichen Augenblicks, zu entwerfen, wird von der Funktionsmusik parodiert: auch sie geht gegen die Zeit, aber nicht durch sie hindurch, verdichtet nicht aus ihrer Kraft und der des Zeitlichen, woran die Zeit zunichte würde, sondern saugt parasitär an die Zeit sich fest, schmückt sie aus. Indem sie den chronometrischen Schlag kopiert, schlägt sie, wie das vulgäre Wort ganz adäquat es nennt, die Zeit tot; auch darin der vollendete Widerpart dessen, was sie sein könnte, gerade durch die Ähnlichkeit damit. Noch der Gedanke von der eingefärbten Zeit ist vielleicht allzu romantisch. Man kann die Funktion von Musik im Zeitbewußtsein einer vom Konkretismus ergriffenen Menschheit schwerlich abstrakt genug sich vorstellen. Die Form der Arbeit in der industriellen Massenproduktion ist virtuell die der Wiederholung des Immergleichen: der Idee nach geschieht überhaupt nichts Neues. Die Verhaltensweisen aber, die in der Produktionssphäre, am Fließband sich herausgebildet haben, verbreiten sich, auf eine übrigens noch unanalysierte Weise, potentiell über die Gesamtgesellschaft, auch über Sektoren, wo gar nicht unmittelbar nach jenen Schemata gearbeitet wird. Gegenüber solcher durch die Wiederholung abgedrosselten Zeit reduziert die Funktion von Musik sich darauf vorzutäuschen, daß, wie es in Becketts Endspiel heißt, überhaupt irgend etwas geschehe, sich ändere. Ihre Ideologie ist im wörtlichsten Sinn das ut aliquid fieri videatur. Durch ihre bloße abstrakte Form, die der Zeitkunst, also den qualitativen Wechsel ihrer Sukzessivmomente, bewirkt sie etwas wie die imago von Werden; noch in ihrer jämmerlichsten Gestalt ist ihr dessen Idee unverloren, und von dieser will das nach Erfahrung gierende Bewußtsein nicht ablassen.

Als Substitut eines Geschehenden, an dem der mit Musik Identifizierte in welcher Weise auch immer aktiv teilzuhaben glaubt, scheint sie in jenen Momenten, die dem populären Bewußtsein für Rhythmus gelten, imaginativ dem Körper etwas von den Funktionen zurückzuerstatten, welche ihm real durch die Maschinen entzogen wurden; eine Art Ersatzsphäre der physischen Motorik, welche die sonst qualvoll ungebundene Bewegungsenergie zumal der Jungen absorbiert. Insofern ist die Funktion der Musik heute von der in ihrer Selbstverständlichkeit nicht minder rätselhaften des Sports gar nicht so verschieden. Tatsächlich nähert der Typus des auf der Ebene physisch-meßbarer Leistung sachverständigen Musik-Hörers dem des Sportfans sich an. Eingehende Studien über die Habitués der Fußballplätze und über musiksüchtige Radio-Hörer könnten überraschende Analogien ergeben. Eine Hypothese über diesen Aspekt der konsumierten Musik wäre, daß sie die Hörer daran erinnert – wenn nicht gar: ihnen vorspiegelt –, daß sie noch einen Körper haben; daß sie, als bewußte und im rationalen Produktionsprozeß Tätige, vom eigenen Körper doch noch nicht gänzlich abgetrennt sind. Diesen Trost verdanken sie demselben mechanischen Prinzip, das ihren Körper ihnen entfremdet. Man mag das mit der psychoanalytischen Theorie von Musik zusammendenken. Dieser zufolge ist Musik ein triebdynamischer Abwehrmechanismus. Er richte sich gegen die Paranoia, den Verfolgungswahn, die Gefahr des zur absoluten Monade entfremdeten, beziehungslosen Menschen, dessen Libido-Energie, die Kraft zur Liebe, verschlungen wird vom eigenen Ich. Was aber die konsumierte Musik in ihm bewirkt, ist weniger wohl die Abwehr dieses pathischen Verhaltens als dessen Neutralisierung oder Sozialisierung. Nicht sowohl stärkt die konsumierte Musik das verlorengegangene Verhältnis zu dem, was anders wäre als der einzelne, als daß sie diesen in sich, in seiner monadologischen Verschlossenheit, in der Fata Morgana inwendiger Fülle bestärkt. Indem sie ihm den subjektiven Zeitverlauf als sinnvoll anmalt, suggeriert sie ihm zugleich, durch das Ritual des Dabeiseins und die Identifikation mit sozialer Macht, er sei gerade in der Beschränkung auf sich, dem in sich Hinein- und von der verhaßten Realität Weggehen, einig mit allen, von ihnen akzeptiert und mit ihnen versöhnt, und am Ende sei eben das selbst der Sinn. Das trügerische Moment auch der großen Musik, die Autarkie einer von Gegenständlichkeit und Praxis abgespaltenen Innerlichkeit, die in den Kunstwerken kompensiert ward durch den Wahrheitsgehalt ihrer Entäußerung zur gefügten Objektivität, ist in der Funktionsmusik rückhaltlos der Ideologie übereignet. Sie füllt den Menschen in sich selbst an, um sie zum Einverständnis zu erziehen. Dadurch dient sie dem status quo, den nur solche verändern könnten, die, anstatt sich und die Welt zu bestätigen, kritisch auf die Welt und sich selbst sich besännen.

Vor den anderen traditionellen Künsten ist Musik dazu geeignet durch einige ihrer kaum wegzudenkenden Eigenschaften. Die anthropologische Differenz des Ohrs vom Auge schickt sich zu ihrer geschichtlichen Rolle als Ideologie. Das Ohr ist passiv. Das Auge wird vom Lid gedeckt, man muß es öffnen; das Ohr ist offen, es muß weniger Reizen attentional sich zuwenden, als vor ihnen sich schützen. Die Aktivität des Ohrs, seine Aufmerksamkeit, ist vermutlich spät, mit der Stärke des Ichs angewachsen; inmitten allgemeiner Regressionstendenzen werden späte Ich-Qualitäten am raschesten wieder verloren. Das Verkümmern der Fähigkeit zu musikalischer Synthesis, zur Apperzeption von Musik als einem ästhetischen Sinnzusammenhang, ist eins mit der Rückbildung auf solche Passivität. Während, unterm Druck zivilisatorischer Tabus, der Geruchssinn sich abschwächte oder bei den Massen überhaupt nicht recht sich entfaltete, war das Gehörorgan unter den Sinnen dasjenige, das ohne Anstrengung Reize registrierte. Dadurch schied es sich von der permanenten Anstrengung der anderen Sinne, die den Arbeitsprozessen sich verkoppeln, weil sie selber stets Arbeit leisten. Akustische Passivität wird zum Gegensatz der Arbeit, Hören zur tolerierten Enklave inmitten der rationalisierten Arbeitswelt. Während man von der Überforderung innerhalb der total vergesellschafteten Gesellschaft temporär sich dispensiert, bleibt man immer noch angesehen als Kulturmensch, mögen nun auch durch jene Verhaltensweise die Kulturgüter gänzlich ihres Sinns beraubt sein. Der archaische, gleichsam mit dem Produktionsprozeß nicht ganz mitgekommene Gehörsinn befördert den Wahn, die Welt sei selber noch nicht ganz rationalisiert, sondern böte Raum fürs Unkontrollierte – für eine Irrationalität, die, ohne Konsequenz gegenüber den zivilisatorischen Anforderungen, von diesen sanktioniert wird. Dazu hilft weiter, anthropologisch, die Ungegenständlichkeit des Gehörsinns. Die Phänomene, die er übermittelt, sind in der außerästhetischen Erfahrung nicht solche von Dingen. Weder stellt das Gehör eine durchsichtige Beziehung zur Welt der Dinge her, in der nützliche Arbeit sich ereignet, noch ist es von dieser und ihren Desideraten her zu kontrollieren. Die Ungestörtheit eines bloßen Innen, die zur Etablierung einer Ideologie des Unbewußten so viel beiträgt, ist im sensuellen Apriori der Musik schon präformiert. Kommt, was Musik zum Kunstwerk macht, in gewisser Weise dem gleich, daß sie zum Ding – ganz einfach: zum fixierten Text – wurde, so verschwindet in der Massenfunktion der radikal verdinglichten Musik gerade dieser Aspekt: das Wort opus, das an ihn mahnt, wird zur Beschimpfung. So wenig aber wie von den künstlichen Tagträumen der optischen Kulturindustrie wird von der Hörfunktion heute die Beziehung auf die Realität im Ernst durchschnitten. Denn die musikalischen Phänomene sind durchwachsen von Intentionen: von Gefühlen, Bewegungsimpulsen, jäh auftauchenden und wieder verschwindenden Bildern. Obwohl diese Bilderwelt im passiven Hörvorgang nicht objektiviert wird, bleibt sie doch wirksam. Sie schmuggelt ins imaginative Bereich, unmerkbar, die Contrebande des äußeren Lebens ein; schult zu denselben, nur ihrer Gegenständlichkeit entäußerten Leistungen, formt dynamische Schemata für das, was in der äußeren Welt verlangt wird. An sich schon, noch ehe man die am Fließband Hantierenden mit ihr berieselt, hilft sie der Arbeitsmoral. Munterkeit wird vorgespielt als Muster sozialer Tugend, von Fleiß, Aktivität und unverdrossener Bereitschaft zum team work. Die imagerie, in welche Musik sich zersetzt, sobald sie nicht mehr synthesiert wird, ist d'accord mit dem Approbierten und Genormten. Auf Emotionen aber besteht unerbittlich eine Gesamtverfassung, deren Prinzip sie erstickt und deren tödlicher Charakter offenbar würde, wenn das Individuum zum Bewußtsein davon erwachte. Daß Musik dem Individuum imaginativ etwas von den Körperfunktionen zurückgibt, die es real eingebüßt hat, ist erst die halbe Wahrheit: die Körperfunktionen, welche der Rhythmus nachbildet, sind selber, in der mechanischen Starrheit ihrer Wiederholung, identisch mit denen der Produktionsprozesse, die das Individuum der Körperfunktionen beraubten. Ideologisch ist die Funktion der Musik nicht nur insofern, als sie den Menschen eine Irrationalität vorgaukelt, die keine Gewalt hat über die Disziplin ihrer Existenz, sondern auch, insofern sie diese Irrationalität den Mustern rationalisierter Arbeit anähnelt. Wovor sie zu flüchten hoffen, das läßt sie nicht aus. Die freie Zeit des Dösens verbraucht sich in der bloßen Reproduktion der Arbeitskraft, die über jene Zeit ihren Schatten wirft. An der konsumierten Musik läßt sich ablesen, daß kein Weg hinausführt aus der totalen Immanenz der Gesellschaft.

Bei all dem handelt es sich um Ideologie im eigentlichen Sinn, um gesellschaftlich notwendigen, keineswegs stets eigens veranstalteten Schein. Die U-Musik, die aus den vom unmittelbaren kommerziellen Interesse unabhängigen, mehr oder minder von der öffentlichen Hand kontrollierten europäischen Sendern quillt, unterscheidet sich, außer durch geringere Geschicklichkeit, wenig von dem, was unter dem amerikanischen kommerziellen Rundfunksystem gedeiht, das, im Namen der Kunden, jene Ideologie ausdrücklich proklamiert. Wer sie mit Ideologie alten Stils vergleicht, wird, um ihrer freilich in sich sehr differenzierten und bestimmten Vagheit willen, zögern, von Ideologie überhaupt noch zu reden. Aber grundfalsch wäre es, darum die ideologische Macht von Musik zu unterschätzen. Je weniger die Ideologien mehr in konkreten Vorstellungen über die Gesellschaft bestehen, je mehr ihr spezifischer Inhalt verdampft, desto ungehinderter rutschen sie in subjektive Reaktionsformen, die psychologisch tiefer liegen als manifeste ideologische Inhalte und darum deren Wirkung übertreffen mögen. Die Ideologie wird ersetzt durch Anweisung zu Verhaltensweisen, wird schließlich zur characteristica formalis des Individuums. Diesem Trend fügt die Funktion von Musik heute sich ein: sie dressiert das Unbewußte auf bedingte Reflexe. Vielfach ist von Ideologieverdacht und Skepsis der Jugend die Rede. Diese Kategorien treffen sicherlich insoweit nicht zu, als sie die abgebrühte Desillusioniertheit zahlloser Individuen mit einem ungeschmälerten Bewußtsein von der Sache selbst verwechseln. Der Schleier ist nicht gefallen.

Andererseits aber ist so viel an der Beobachtung des Ideologieverlusts wahr, als die Ideologien immer dünner werden, sich polarisieren nach der bloßen Verdoppelung des Bestehenden um seiner Unausweichlichkeit und Macht willen auf der einen Seite und auf der anderen nach der willkürlich ausgedachten, nachgeplapperten und widerruflichen Lüge. Dieser Residual-Ideologie entspricht die vorwaltende Funktion von Musik; ja ihr geplanter Schwachsinn testet geradezu die Menschheit darauf, was sie sich gefallen läßt, wie fadenscheinige, unverbindliche geistige Gehalte ihr zuzumuten sind. Insofern hat jene Funktion heute, gründlich gegen ihren Willen, auch einen Aspekt von Aufklärung.

Der wohlmeinende Sozialpädagoge, und auch der Musiker, dem seine Sache eine Erscheinung der Wahrheit und keine bloße Ideologie ist, wird fragen, wie dem sich entgegenwirken ließe. So berechtigt die Frage, so naiv ist sie. Ist wirklich die Funktion der Musik eins mit der ideologischen Tendenz der Gesamtgesellschaft, so ist es unvorstellbar, daß ihr Geist, ebenso der der institutionellen Macht wie der Menschen selbst, eine andere öffentliche Funktion der Musik duldete. Durch ungezählte Vermittlungen, vor allem die des ökonomischen Interesses, wird einem unwiderleglich bewiesen werden, daß es ein für allemal so sein müsse. Dem ist im Rahmen des Bestehenden kaum mit einem triftigen Argument zu begegnen, das nicht selbst ideologisch wäre. Wer am eigenen Sensorium einen Begriff von dem gewinnen will, was Gesellschaft sei, kann an der Musik lernen, wie mit Hilfe Gott weiß welcher Zwischenmechanismen, und vielfach ohne bösen Willen von Individuen, das Schlechte auch dort sich durchsetzt, wo ein konkretes Bewußtsein des Besseren ihm gegenübergehalten wird; wie ohnmächtig jenes Bewußtsein sich erweist, solange es nicht mehr hinter sich hat als bloß die Erkenntnis. Das einzige, was man, ohne über den Erfolg viel sich vorzumachen, tun kann, ist, das Erkannte auszusprechen und im übrigen im fachlich musikalischen Bereich, so sehr es nur möglich ist, darauf hinzuarbeiten, daß ein sachgerechtes und erkennendes Verhältnis zur Musik anstelle des ideologischen Konsums trete. Diesem ist nicht mehr entgegenzusetzen als versprengte Modelle einer Beziehung zur Musik, und einer Musik selbst, die anders wäre.

 
Fußnoten

 

1 Vgl. Theodor W. Adorno, Moments musicaux. Frankfurt 1964, S. 167ff. [GS 17, s. S. 145ff.]

 

 

IV. Klassen und Schichten

Soweit Musik nicht Erscheinung von Wahrheit, sondern wirklich Ideologie ist, also in der Gestalt, in der sie von den Bevölkerungen erfahren wird, diesen die gesellschaftliche Realität verhüllt, stellt sich notwendig die Frage nach ihrem Verhältnis zu den sozialen Klassen. Der ideologische Schein verbirgt gegenwärtig deren Existenz. Man braucht dabei gar nicht einmal an Interessenten zu denken, die Ideologien verlangen und lancieren. An ihnen fehlt es nicht. Aber mag immer ihre subjektive Initiative hinzutreten, sie ist sekundär gegenüber dem objektiven Verblendungszusammenhang. Er schafft auch den ideologischen Schein an Musik. Was sich, im Tauschverhältnis, dem anpaßt, was der Weltgeist aus den Menschen gemacht hat, betrügt sie zugleich. Als eine Quelle gesellschaftlich falschen Bewußtseins ist die funktionierende Musik, ohne Absicht der Planenden und ohne Ahnung der Konsumierenden, in den sozialen Konflikt verflochten.

Daher aber rühren die zentralen Schwierigkeiten, an denen bis heute musiksoziologische Einsicht laboriert. Sie bleibt bloße Sozialpsychologie und unverbindlich, solange sie nicht die konkrete Struktur der Gesellschaft in sich einbegreift. Die ungegenständliche und begriffslose Beschaffenheit der Musik jedoch widersteht handfesten Zuordnungen und Identifikationen zwischen jener, in ihren verschiedenen Dimensionen, und Klassen oder Schichten. Gerade davon hat die dogmatisch eingefrorene Gesellschaftstheorie des Ostens profitiert. Je rätselhafter das Verhältnis von Musik und spezifischen Klassen ist, desto bequemer läßt es sich etikettierend erledigen. Man braucht nur etwa die jeweils freiwillig oder unfreiwillig von den Massen konsumierte Musik, um ihrer angeblichen Volksnähe willen, mit einer wahren gleichzusetzen, unbekümmert um die Ähnlichkeit der offiziellen kommunistischen, angeblich sozialistisch-realistischen Musik mit dem Abhub der spätromantischen aus den kapitalistischen Ländern vom Ende des neunzehnten Jahrhunderts. Ebenso einfach ist es, die Autorität berühmter Musik der Vergangenheit fürs eigene Autoritätsbedürfnis zu beschlagnahmen und sie mit diktatorialem Federstrich der Volksdemokratie gleichzuschalten. Im selben Ungeist wird die avancierte Kunstmusik, ohne daß man auf ihre immanente Zusammensetzung auch nur einginge, von außen her, ihres mangelnden Funktionierens als sozialer Zement wegen, als dekadent beschimpft und individualistisch renitenten Komponisten mit der Pose freundschaftlicher Sorge die Knute gezeigt.

Untersuchungen über soziale Verteilungen und Präferenzen des musikalischen Konsums gewähren wenig Aufschluß über den Klassenaspekt. Musiksoziologie sieht sich vor der Wahl zwischen souveränen Behauptungen, die auf die Musik den Klassenbegriff anwenden, ohne ihn anders zu legitimieren als durch die jeweiligen politischen Absichten der Verfügenden, und einer Forschung, die es für lautere Wissenschaft hält, wenn man weiß, ob städtische Hausfrauen mittleren Einkommens zwischen 35 und 40 Jahren lieber Tschaikowsky als Mozart hören, und wie sie sich von einer statistisch vergleichbaren Gruppe von Bauersfrauen unterscheiden. Was hier getroffen wird, sind allenfalls Schichten, definiert als Einheiten subjektiver Merkmale. Mit der Klasse als theoretisch-objektivem Begriff sind sie nicht zu verwechseln.

Vom Ursprung, der sozialen Herkunft der Komponisten aus ließe ebenfalls über den Klassensinn von Musik nichts Zwingendes sich ausmachen. Solche Momente mögen hereinspielen – wer dächte bei einer gewissen Biergemütlichkeit, wie sie Richard Strauss, im falschen Augenblick, in Mykene oder im aristokratischen Dix-huitième aufkommen läßt, nicht an reiche Spießbürger –, aber ihre Bestimmung verflüchtigt sich leicht ins Vage. Wer die Wirkung von Strauss im Zeitalter seines Ruhms gesellschaftlich deuten wollte, der assoziierte sicherlich mit größerem Recht Worte wie Schwerindustrie, Imperialismus, große Bourgeoisie. Umgekehrt gibt es wenig neuere Musik, deren Habitus so mondän wäre wie der von Ravel, und er ist aus den engsten kleinbürgerlichen Verhältnissen hervorgegangen. Differentiell ist der familiale Ursprung unergiebig. Der von Mozart war ähnlich dem Beethovens; nachdem Beethoven einmal nach Wien übergesiedelt war, doch wohl auch ihr Milieu; das Beethovens sogar eher über dem des materiell Ungesicherten; dem Alter nach waren sie nur vierzehn Jahre auseinander. Trotzdem ist das gesellschaftliche Klima Beethovens, mit einem Einschlag von Rousseau, Kant, Fichte, Hegel, dem Mozarts gänzlich inkompatibel. Man könnte Fälle zitieren, wo es besser stimmt. Aber in der Suche nach Korrespondenzen zwischen sozialem Ursprung von Komponisten und Klassenzugehörigkeit liegt wohl ein prinzipieller Denkfehler. Daß in Musik der sogenannte soziale Standort, auf dem ein Individuum sich befindet, überhaupt nicht direkt und ungebrochen in die Tonsprache sich umsetzt, ist nicht einmal der stärkste Einwand dagegen. Zur Erwägung steht vorweg, ob es, unter dem Gesichtspunkt der Klassenzugehörigkeit der Produzierenden, überhaupt je etwas anderes als bürgerliche Musik gab – ein Problem übrigens, das die Kunstsoziologie weit darüber hinaus betrifft. In feudalen und absolutistischen Zeiten haben die herrschenden Klassen geistige Arbeit, die nicht allzu hoch im Kurs stand, im allgemeinen weniger selbst verrichtet als delegiert. Selbst bei den höfischen und ritterlichen Produkten des Hochmittelalters bliebe zu untersuchen, wie weit die Dichter und Musiker tatsächlich Repräsentanten der Klassen waren, der sie als Ritter formell zugehörten. Andererseits hat die soziale Stellung des Proletariats innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft die Arbeiter selbst und ihre Kinder in weitem Maß an künstlerischer Produktion gehindert. Der Realismus, zu dem der Mangel erzieht, ist nicht unmittelbar eins mit der freien Entfaltung des Bewußtseins. Wie es damit in Rußland steht, setzte eine Analyse der Schichtung dort voraus, die schwerlich geduldet würde. Das soziale Odium, das seit Jahrtausenden insbesondere auf Künsten lastete, die mit dem leibhaften Erscheinen des Künstlers verquickt waren, wie Schauspiel, Tanz und Musik, hat den Personenkreis, aus dem jene sich rekrutieren, sozial sehr eingeschränkt. Auch aus der großen Bourgeoisie werden nicht gar zu viele Musiker gekommen sein. Der Bankierssohn Mendelssohn stand wenigstens als Jude exterritorial zur eigenen Schicht; seine kompositorische Glätte hat etwas vom Übereifer dessen, der nicht ganz reçu ist. Unter den berühmten Komponisten war außer ihm wohl nur Richard Strauss von Haus aus reich. Der Fürst Gesualdo da Venosa, Außenseiter in jedem Betracht, entzieht sich modernen soziologischen Kategorien. Meist stammten die Komponisten entweder aus dem kleinbürgerlichen Mittelstand oder aus der eigenen Zunft. Bach, Mozart, Beethoven, Brahms waren Kinder bescheidener, manchmal bitter armer Musikerfamilien; selbst Strauss der Sohn eines Hornisten. Wagner entsprang aus der halbdilettantischen Bohème, der sein Stiefvater zuzählte. Bei ihnen allen könnte man, übertreibend, von einer Säkularisierung der Sphäre der Fahrenden sprechen. Die musikalische Produktion ist offenbar meist von Personen besorgt worden, die bereits, ehe sie Komponisten wurden, zu den sogenannten Dritten Personen gehörten, welchen die bürgerliche Gesellschaft die Kunstübung insgesamt überträgt; Händel wäre dafür typisch. Auch ihm war, bei allem Ruhm im reichen England, bürgerliche Sekurität versagt, er hatte ups und downs wie Mozart. Wollte man schon einen Zusammenhang zwischen subjektiver Genese und sozialem Sinn von Musik konstruieren, so könnte der Begriff der Dritten Person, bis hinab zur Abhängigkeit des Bedienten, erklären helfen, warum die Musik, als »Dienst« für Herren, so lange einspruchslos sozial verordneten Zwecken gehorchte. Der Makel des Ehrlosen, der einst den Fahrenden anhing, hat sich umgesetzt in eine Willfährigkeit den Brotgebern gegenüber, wie sie in der Literatur zumindest nicht ebenso unverhüllt waltete; die Bedingungen einer marginal existence, die lange Zeit auf Brosamen vom Tisch der Herren lauern mußte und im regulären bürgerlichen Arbeitsprozeß keine Stätte fand, war die spezifische soziale Bestimmung der Musik unterm Aspekt derer, die sie hervorbrachten. Noch bis tief ins neunzehnte Jahrhundert hinein, also in der entfalteten kapitalistischen Gesellschaft, wurden die Komponisten anachronistisch in dieser Situation festgehalten, weil ihre Werke, längst Waren auf dem Markt, wegen der rückständigen urheberrechtlichen Gesetzgebung selbst dann ihnen keinen zureichenden Unterhalt abwarfen, wenn die Theater an ihnen sich reich verdienten. Das war vor allem das Schicksal Wagners während der Emigrationsjahre. Ernest Newman hat mit Recht darauf aufmerksam gemacht, wie verlogen die Entrüstung über Wagners Verschwendungssucht und Pumpfreudigkeit ist. Jahrzehntelang wurde ihm von der bürgerlichen Gesellschaft der bürgerliche Profit unterschlagen, den die deutschen Opernhäuser für Tannhäuser, Lohengrin und Holländer ohne Scheu einstrichen. Von berühmten Komponisten der offiziellen Musikkultur waren vermutlich Puccini und Strauss die ersten, die ihre Produktion kapitalistisch voll verwerteten; vor ihnen waren Rossini, Brahms und Verdi wenigstens wohlhabend geworden, Rossini dank der Protektion der Rothschilds. Die Gesellschaft hat die Musik kontrolliert, indem sie ihre Komponisten kurz an der gar nicht so goldenen Kette hielt; der Stand des potentiellen Bittstellers ist niemals sozialer Opposition günstig. Deshalb gibt es so viel heitere Musik.

Aber auch wenn man sich der Sphäre zuwendet, in der eine soziale Differenzierung der Musik am ehesten zu erkennen sein sollte, der der Rezeption, wird man kaum eines stringenten Zusammenhangs zwischen Sache und ideologischer Funktion habhaft. Angesichts der Un- und Vorbewußtheit musikalischer Wirkungen bei den meisten Menschen und der Schwierigkeit, in Worten Rechenschaft von ihnen zu geben, ist ihr empirisches Studium riskiert. Immerhin ließe, wenn man Hörerstichproben krude Sätze vorlegt, die von »mir gefällt sehr« bis zu »mir gefällt gar nicht« reichen, und mehr noch durch Erhebungen über Hörgewohnheiten verschiedener sozialer Schichten gegenüber verschiedenen Radioprogrammen, einiges sich ausmachen. Während es wohl noch an Unterlagen fehlt, die bündige Behauptungen rechtfertigten, leuchtet die Hypothese ein, das Verhältnis zwischen Typen von Musik und sozialer Schichtung entspreche einigermaßen der im kulturellen Klima vorherrschenden Schätzung der Musiktypen und -niveaus, ihrem akkumulierten Prestige. Bei der Vergröberung, der Problemstellungen solcher Art durch genormte Erhebungsmechanismen nun einmal unterliegen, müßten auch solche Hypothesen bis an die Grenze ihres Wahrheitsgehalts vereinfacht werden, also etwa: high brow-Musik für die Oberklasse, middle brow-Musik für den Mittelstand, low brow-Musik für die auf der Basis der sozialen Pyramide. Zu befürchten ist, daß empirische Ergebnisse davon nicht sehr differierten; man müßte nur eine Art Werthierarchie der Musik, die im übrigen keineswegs mit der authentischen Qualität zusammenfällt, von einem Gremium von Honoratioren ausarbeiten lassen und fände sie in der Gliederung der Hörer wieder. Exklusiv kulturbewußte Repräsentanten von Bildung und Besitz delektierten sich an der Menschheitsbotschaft der Neunten Symphonie oder schwelgten in den Liebesnöten von Leuten aus großem Haus wie im Rosenkavalier; oder strömten nach Bayreuth. Leute bescheidener Einkommensgruppen, aber mit bürgerlichem Standesbewußtsein und Inklinationen zu dem, was sie für Kultur halten, sprächen mehr auf gehobene Unterhaltung, auf Opern aus dem neunzehnten Jahrhundert, auf Standardlieblinge wie die Arlésienne-Suiten, das Menuett aus Mozarts Es-Dur-Symphonie, auf arrangierten Schubert, auf das Intermezzo aus Cavalleria und ähnliches an. Nach unten setzte sich das fort in schlechter Unendlichkeit, über die gamsbartgeschmückte synthetische Volksmusik fürs platte Land, bis hinab in die Hölle des Humors. Die paar nicht Unterhaltung Suchenden wären in diesem Schema wahrscheinlich etwa so verteilt, wie es ihre typologische Beschreibung erwarten läßt.

Ergebnisse dieser Art aber wären für die soziologische Erkenntnis des Verhältnisses der Musik zu den Klassen wenig brauchbar. Zunächst ihrer Oberflächlichkeit wegen. In ihnen spiegelt sich bereits mehr das nach Schichten geplante Angebot der Kulturindustrie, als daß über den Klassensinn musikalischer Phänomene selbst etwas daraus folgte. Denkbar wäre sogar, daß die subjektiven Nivellierungstendenzen in der Konsumsphäre bereits so weit reichen, daß nicht einmal jene Dreiteilung mehr drastisch hervortritt. Die Abstufungen, die man in ihr entdecken könnte, dürften den von der Auto-Industrie mit viel Bedacht abgewogenen Graden von teuer und billig ähneln. Differenziert wird wahrscheinlich gar nicht primär sondern sekundär, nach Sparten, die einem prinzipiell nivellierten Bewußtsein offeriert sind; das zu erhärten oder zu entkräften, verpflichtete die empirische Forschung zu vielen und umständlichen Reflexionen und methodischen Veranstaltungen.

Wie wenig ein Inventar der Schichtung von Konsumgewohnheiten zur Einsicht in den Zusammenhang von Musik, Ideologie und Klassen beitrüge, lehrt die einfachste Überlegung. Unterstellte man etwa bei der klassenbewußt-konservativen Oberschicht eine besondere Affinität zu ideologisch verwandter Musik, so widerspräche dem aller Voraussicht nach der Befund. Die große Musik, die dort tatsächlich bevorzugt werden dürfte, impliziert vielmehr, nach Hegels Wort, das Bewußtsein von Nöten; sie nimmt in ihre eigene Formkonstitution, wie immer auch sublimiert, die Problematik der Realität hinein, der jene Schicht lieber ausweicht. Insofern ist die oben gewürdigte Musik nicht mehr, sondern weniger ideologisch als die weiter unten beliebte. Die ideologische Rolle, welche jene Musik im Haushalt der Privilegierten als ihr Privileg spielt, ist von ihrem eigenen Wahrheitsgehalt sehr verschieden. Die empirische Soziologie hat die ebenfalls recht grobe Dichotomie herausgearbeitet, daß die Oberschicht heute gern als idealistisch sich auslegt, die Unterschicht auf ihren Realismus pocht. Die unten konsumierte, pur hedonistische Musik ist aber sicherlich nicht realistischer als die oben gültige: verschleiert die Realität mehr als diese. Verfiele ein ostzonaler Gesellschaftswissenschaftler darauf, die außerästhetische Neigung der Ungebildeten zu Musik als einem Ungeistigen, als bloßem sensuellen Reiz, sei materialistischen Wesens und darum mit dem Marxismus vereinbar, so wäre das demagogischer Schwindel. Selbst wenn man die banausische Hypothese ihm abnähme, bliebe immer noch wahr, daß selbst in der Unterhaltungsmusik derlei Reize eher in den kostspieligeren Produkten geschickter Arrangeure sich finden als im billigen Bereich von Harmonika und Zitherclubs. Vor allem aber, Musik ist insofern untilgbar geistig, als auch auf ihrer niedrigsten Stufe das sinnliche Element nicht derart buchstäblich sich genießen läßt wie eine Kalbshaxe. Gerade wo sie kulinarisch serviert wird, ist sie von vornherein ideologisch versetzt.

Daraus ist zu folgern, warum der Rekurs auf Hörgewohnheiten so unergiebig für das Verhältnis von Musik und Klassen bleibt. Musik selbst vermag in ihrer Rezeption zu etwas ganz anderem zu werden, ja wird vermutlich und regelmäßig zu etwas anderem, als das, was ihr, nach herrschendem Glauben, als unveräußerlicher Gehalt innewohnt. Die musikalische Wirkung gerät in Divergenz, wenn nicht in Widerspruch zum Charakter des Konsumierten: das macht die Analyse der Wirkung so ungeeignet zur Einsicht in den spezifischen sozialen Sinn von Musik. Ein instruktives Modell dafür ist Chopin. Kann man überhaupt vom sozialen Gestus einer Musik ohne Willkür reden, dann ist der der seinen aristokratisch: durch das alle prosaische Nüchternheit verachtende Pathos, durch eine Art Luxus des Leidens, auch durch die selbstverständliche Voraussetzung eines homogenen Hörerkreises mit verpflichtenden Manieren. Chopins erotische Differenziertheit ist nur in der Abwendung von materieller Praxis vorzustellen, ebenso die wählerische Scheu vorm Banalen inmitten eines nirgends sensationell verletzten Traditionalismus. Seigneurial endlich ist der Habitus eines ohne Entgelt sich herschenkenden Überschwangs. All dem entsprach zu Chopins Zeit der soziale Ort seiner Wirkung, der Salon. Er hat denn auch als Pianist weniger im öffentlichen Konzertbetrieb sich gezeigt, als auf den Soiréen der großen Gesellschaft gespielt. Diese nach Ursprung und Attitude exklusive Musik aber ist innerhalb von hundert Jahren überaus populär geworden, am Ende, durch ein oder zwei amerikanische Erfolgsfilme, ein Massenartikel. Eben das Aristokratische an Chopin hat zur Sozialisierung gelockt. Die ungezählten Millionen, die die Melodie der As-Dur-Polonaise summen oder ein paar anspruchslosere Präludien oder Nocturnes klimpern, dürften, indem sie als Spielende jenen Gestus des Erlesenen sich zu eigen machen, vaguement zu den feinen Leuten sich rechnen. Chopin, ein bedeutender Komponist von großer Originalität und unverwechselbarem Ton, hat im musikalischen Haushalt der Massen eine ähnliche Rolle übernommen wie im visuellen van Dyck oder Gainsborough, wenn nicht gar die ihm höchst inadäquate Funktion solcher Schriftsteller, die den Millionen ihrer Kunden die angeblichen Sitten und Gebräuche von Gräfinnen enthüllen. So sehr kann die soziale Funktion einer Musik, und zwar gerade mit Rücksicht auf das Klassenverhältnis, abweichen von dem gesellschaftlichen Sinn, den sie selbst, und wäre es so überdeutlich wie Chopin, verkörpert.

Chopins Musik markiert, ohne irgendwelche ihr äußerliche Zuordnung zu Ursprung oder Wirkungszusammenhang, ihren gesellschaftlichen Horizont. Mit allenfalls geringerer Sinnfälligkeit gilt das aber wohl für sehr viele, sofern sie überhaupt noch spontan aufzufassen ist. Wer Beethoven hört und darin nichts vom revolutionären Bürgertum, nicht das Echo seiner Parolen, die Not ihrer Verwirklichung, den Anspruch auf jene Totalität spürt, in der Vernunft und Freiheit verbürgt sein sollen, der versteht ihn genausowenig wie einer, der dem rein musikalischen Inhalt seiner Stücke, der inneren Geschichte, die den Themen darin widerfährt, nicht zu folgen vermag. Daß so viele jenes spezifisch gesellschaftliche Moment als bloße Zutat soziologischer Interpretation abtun und als die Sache selbst lediglich die Tatbestände des Notentextes ansehen, gründet nicht in der Musik sondern in der Neutralisierung des Bewußtseins. Es hat die musikalische Erfahrung abgedichtet von der jener Realität, in der sie, wie sehr auch polemisch, sich findet und auf die sie antwortet. Während die kompositorische Analyse lernte, das feinste Geäder der Faktur aufzudecken, und während die Musikwissenschaft über die biographischen Umstände von Komponist und Werk weitläufig Rechenschaft gibt, ist demgegenüber die Methode, an Musik ihre spezifischen Sozialcharaktere zu entziffern, kläglich zurückgeblieben und muß sich weithin mit Improvisationen begnügen. Suchte man das Versäumte einzuholen, die Erkenntnis von Musik aus ihrer albernen Isolierung zu lösen, so müßte man eine Physiognomik musikalischer Ausdruckstypen entwickeln. Zu denken wäre bei Beethoven an die kompositorischen Gesten der Widerborstigkeit, des Refraktären, an einen Duktus, der gleichsam den guten Manieren, einem noch im Differenzierten die Konventionen achtenden Tonfall in die Parade fährt, mit Sforzati, dynamischen Stauungen, abrupten Pianofortsetzungen von Crescendi. All das, und weit Verborgeneres, wäre erreichbar von dem, was ich bei Gelegenheit Mahlers materiale Formenlehre der Musik nannte; zu dieser jedoch gibt es kaum Ansätze. Das wissenschaftliche Bewußtsein von Musik fällt auseinander in blinde Technologie und kindischunverbindliche, poetisierende Auslegungen wie die Scheringschen Beethovens; der Rest ist Beute des Geschmacks. Thesenhaft läßt unendlich viele Musik bei ihrem gesellschaftlichen Namen sich nennen; daß aber bis jetzt versäumt ward, solche Erfahrungen mit den musikalisch-immanenten Tatbeständen zu vermitteln, wird auch noch zum Vorwand dafür, das Allerevidenteste aus der Welt zu disputieren. Um das Kleinbürgerliche an Lortzing zu hören, muß man nicht erst die Texte kennen, sondern es genügt, wenn ein Potpourri aus ›Zar und Zimmermann‹ in einem sommerlichen Kurpark gespielt wird. Daß bei Wagner am bürgerlichen Pathos der Emanzipation etwas Entscheidendes sich geändert hat, springt aus seiner Musik heraus, auch wenn man nicht auf den Schopenhauerschen Pessimismus reflektiert. Der Verzicht des Leitmotivikers auf eigentlich thematisch-motivische Arbeit, der Triumph des Wiederholungszwangs über die produktive Einbildungskraft entwickelnder Variation sagt etwas über die Resignation eines Kollektivbewußtseins, das nichts mehr vor sich sieht. Wagners Tonfall bekundet die soziale Tendenz, Arbeit und Anstrengung der eigenen Vernunft zugunsten der schlagenden und überredenden Gewalt zu verleugnen und Freiheit zurückzunehmen ins trostlose Einerlei des Naturkreislaufs. Gerade bei ihm sind Ausdruckscharaktere, technische Verfahrungsweisen und soziale Signifikanz so sehr fusioniert, daß eines vom andern abzulesen ist. Der Zweck meines Wagnerbuchs – wenn ich das einmal so unumwunden sagen darf – war es, anstelle des unfruchtbaren Nebeneinanders von Musik und sozialer Deutung wenigstens Modelle der konkreten Einheit von beidem zu entwerfen.

Musik ist nicht Ideologie schlechthin sondern ideologisch nur insoweit, als sie falsches Bewußtsein ist. Danach hätte Musiksoziologie ihre Einsatzstellen an den Rissen und Brüchen des musikalisch Geschehenden, soweit diese nicht bloß der subjektiven Unzulänglichkeit eines einzelnen Komponisten zur Last zu schreiben sind. Sie ist soziale Kritik durch die künstlerische hindurch. Wo Musik in sich brüchig, antinomisch geartet ist, aber das durch die Fassade des Stimmigen überdeckt, anstatt die Antinomien auszutragen, ist sie allemal ideologisch: selbst im falschen Bewußtsein befangen. Bei Interpretationen, die in diesem Horizont sich bewegen, muß die Sensibilität des Reagierens wettmachen, was an tradierbarer Methode einstweilen, und doch vielleicht nicht zufällig, mangelt. Unbestreitbar bis zur Plattitude, daß Brahms, wie die Entwicklung seit Schumann und schon Schubert vor ihm, die Signatur der individualistischen Phase der bürgerlichen Gesellschaft trägt. Die Kategorie der Totalität, die bei Beethoven noch das Bild einer richtigen Gesellschaft festhält, verblaßt bei Brahms zunehmend zum selbstgenügsam ästhetischen Organisationsprinzip privaten Gefühls: das ist das Akademische an ihm. Insofern das Individuum, auf das seine Musik trauernd sich zurücknimmt, gegenüber der Gesellschaft falsch sich verabsolutiert, gehört sein Werk sicherlich auch einem falschen Bewußtsein an – einem wohl, aus dem keine neuere Kunst auszubrechen vermag, ohne sich selbst aufzuopfern. Barbarisch und schulmeisterlich wäre es, aus jener Fatalität ein Verdikt über die Musik des Privatiers und schließlich alle vorgeblich bloß subjektive herauszuspinnen. Wohl verdrängt die Privatsphäre als Substrat des Ausdrucks bei Brahms das, was man die substantielle Öffentlichkeit von Musik nennen könnte. Aber in seiner Phase war jene Öffentlichkeit gesellschaftlich selber nicht mehr substantiell, selber nur noch Ideologie, und etwas davon hatte sie die gesamte bürgerliche Geschichte hindurch. Der künstlerische Rückzug aus ihr ist nicht bloß jene Flucht, welche die unverdrossen Progressiven so eilfertig und pharisäisch verdammen. Musik, und Kunst überhaupt, die zu dem gesellschaftlich ihr Möglichen sich bescheidet und es in sich gänzlich durchbildet, rangiert primär auch dem gesellschaftlichen Wahrheitsgehalt nach höher als eine, die aus einem der Sache äußerlichen gesellschaftlichen Willen heraus die ihr diktierten Grenzen zu überschreiten sucht, aber dabei mißrät. Ideologisch kann Musik werden auch dann, wenn sie, kraft ihrer gesellschaftlichen Reflexion, den Standpunkt eines von außen gesehen richtigen Bewußtseins bezieht, das ihrer eigenen inneren Zusammensetzung und deren Notwendigkeiten widerspricht, und damit dem, was auszusprechen ihr offen ist. Die gesellschaftliche Kritik des Klassenverhältnisses ist nicht ohne weiteres eins mit musikalischer Kritik. Die soziale Topologie Brahmsens oder Wagners entwertet beide nicht. Indem Brahms den Standpunkt des Isolierten und entfremdet sich in sich selbst Versenkenden und Privaten schwermütig, gleichsam sorgenvoll einnimmt, negiert er die Negation. Er schneidet die große übergreifende Formproblematik nicht einfach ab, sondern verwandelt sie, hält sie fest in der Frage nach der Möglichkeit der verbindlichen, überpersonellen Formulierung des Personellen. In ihr ist, seiner selbst unbewußt, das Moment der gesellschaftlichen Vermittlung jener Privatheit mitgesetzt. Die Objektivation durch die Form manifestiert das Allgemeine noch im Privaten. Gesellschaftlich ist in der Musik die Adäquanz der Darstellung alles, nichts die bloße Gesinnung. Die höhere Kritik, die schließlich das Moment der Unwahrheit am Gehalt von Wagner wie von Brahms nennen muß, erreicht gesellschaftliche Schranken der künstlerischen Objektivation, nicht aber diktiert sie Normen dessen, wie Musik zu sein habe. Nietzsche, der für musikalisch-gesellschaftliche Aspekte mehr flair hatte als jeder andere, brachte sich ums Beste, indem er, verleitet vom Wunschbild der Antike, die Kritik des Gehalts und die ästhetische allzu unvermittelt in eins setzte. Freilich ist beides auch nicht voneinander zu trennen. Auch bei Brahms wird das Ideologische insofern zu einem musikalisch Falschen, als der Standpunkt des reinen Fürsichseins des Subjekts noch Kompromisse mit der überlieferten kollektiven Formsprache der Musik eingeht, welche nicht mehr die jenes Subjekts ist. Fiber und Form der Musik weisen schon bei ihm auseinander. Darum darf aber Musik nicht, in der unverändert gespaltenen Gesellschaft, mit dem Zauberschlag der Gesinnung eine überindividuelle Position surrogieren. Sie muß jener Vereinzelung des lyrischen Subjekts unvergleichlich viel rückhaltloser sich überlassen als Brahms, wenn sie, ohne Lüge, in dieser eines mehr als Individuellen gewahr werden will. Die künstlerische Korrektur gesellschaftlich falschen Bewußtseins geschieht nicht durch kollektive Anpassung sondern dadurch, daß jenes Bewußtsein so weit getrieben wird, bis es allen Scheins sich begibt. Dem könnte man auch die Wendung geben, die Entscheidung darüber, ob Musik Ideologie sei oder nicht, falle in den Zentren ihrer technischen Komplexion.

In der Gegenwart, wo Musik, durch parteipolitische Propaganda und totalitäre Maßnahmen, unmittelbar in die gesellschaftlichen Kämpfe verstrickt ist, sind Urteile über den Klassensinn musikalischer Phänomene doppelt prekär. Der Stempel, den politische Richtungen musikalischen aufdrücken, hat vielfach mit der Musik selbst und ihrem Gehalt nichts zu tun. Die Nationalsozialisten haben, wie man weiß, dieselbe Musik als kulturbolschewistisch denunziert und, mit den billigsten Äquivokationen zwischen einem zerklüfteten Notenbild und angeblichen gesellschaftlichen Implikationen, zersetzend getauft, die man in der Ostblockideologie bürgerlicher Dekadenz bezichtigt. Den einen war sie politisch zu weit links, die anderen beschimpfen sie als Rechtsabweichung. Umgekehrt fallen tatsächliche gesellschaftliche Differenzen des Gehalts durch die Maschen politischer Bezugssysteme, des soziologischen nicht weniger als des kompositorischen. Strawinsky und Hindemith sind den totalitären Regimes gleich unerwünscht. In meinem ersten größeren musiksoziologischen Entwurf, der Abhandlung ›Zur gesellschaftlichen Lage der Musik‹, die 1932, unmittelbar vorm Ausbruch des Faschismus, in der Zeitschrift für Sozialforschung erschien, hatte ich Strawinskys Musik groß-, die Hindemiths kleinbürgerlich genannt. Diese Unterscheidung basierte aber keineswegs bloß auf einem unwägbaren und unkontrollierbaren Eindruck. Der Strawinskysche Neoklassizismus, der übrigens nur einer Interpretation der neoklassizistischen Gesamtbewegung um 1920 sich erschlösse, hat sich nicht buchstäblich genommen, sondern die aus der sogenannten vorklassischen Vergangenheit stammenden Wendungen mit einer sich selbst pointierenden, verfremdenden Willkür gehandhabt. Sie unterstrich sich durch Bruchstellen und absichtliche Verstöße gegen das traditionelle tonale Idiom und den vertrauten Schein seiner Rationalität. Ohne Respekt fürs Heiligtum des Individuums stand Strawinsky gleichsam über sich. Sein irrationaler Objektivismus gemahnt an Hasard oder an die Haltung derer, die kraft ihrer Verfügungsgewalt Spielregeln überschreiten. Er achtete die tonalen so wenig wie jene die des Marktes, während doch die Fassade hier wie dort stehenblieb. Seiner Souveränität und Freiheit gesellte sich Zynismus im Verhältnis zur eigenen, dekretierten Ordnung. All das ist ebenso großbürgerlich wie die Suprematie des Geschmacks, der schließlich, wählerisch und blind zugleich, allein darüber entscheidet, was zu tun, was zu lassen sei. Demgegenüber wird von Hindemith der große Spieler, den jener jahrzehntelang brav, mit handwerkerlicher Gesinnung, kopierte, um sein Salz gebracht. Die klassizistischen Formeln werden wörtlich genommen, mit der traditionellen Sprache, allmählich der Regers, zu verschmelzen gesucht und zu einem System ergeben-geschäftigen Ernstes zurechtgestutzt. Es konvergiert schließlich nicht nur mit dem musikalischen Akademismus sondern auch mit der unverdrossenen Positivität der Stillen im Lande. Nach bewährtem Muster bereut der zu sich selbst gekommene Hindemith die Exzesse der eigenen Jugend. »Die Systeme«, heißt es in der ›Dämmerung‹ von Heinrich Regius, »sind für die kleinen Leute. Die großen haben die Intuition; sie setzen auf die Nummern, die ihnen einfallen. Je größer das Kapital, desto größer die Chance, verfehlte Intuitionen durch neue wettzumachen. Den reichen Leuten kann es nicht passieren, daß sie zu spielen aufhören, weil ihnen das Geld ausgeht, und im Weggehen gerade noch hören, daß ihre Nummer jetzt, wo sie nicht mehr setzen können, gewinnt. Ihre Intuitionen sind zuverlässiger als die mühsamen Kalkulationen der Armen, die immer daran scheitern, daß man sie nicht gründlich durchprobieren kann.«1 Diese Physiognomik paßt auf den Unterschied zwischen Strawinsky und Hindemith; mit solchen Kategorien wäre dem Klassensinn zeitgenössischer Musik allenfalls beizukommen. Sie wird im übrigen bestätigt durchs geistige Ambiente der beiden Komponisten, die Wahl ihrer Texte, die von ihnen ausgegebenen Parolen. Als Chef eines eleganten cénacle erteilte Strawinsky jeweils die jüngsten Losungen und wußte unverbindlich sich an der Spitze wie die haute couture. Hindemith aber befleißigte sich zünftlerisch archaisierender Demut, eines Komponierens »nach Maß« um die Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts.

So plausibel indessen geht es musiksoziologisch nicht stets zu. Das literarische und theoretische Selbstverständnis der Schönbergschule hinkt weithin hinter dem durchaus kritischen Gehalt der Musik her. Nicht nur wären in ihrem assoziativen Vorstellungsschatz kleinbürgerliche Elemente bequem aufzuspüren, sondern der terminus ad quem dieser Musik, ihr Ideal, war traditionalistisch und gebunden an den bürgerlichen Autoritäts- und Kulturglauben. Die Dramaturgie des Bühnenkomponisten Schönberg blieb, trotz allen Expressionismus, bis hinauf zu ›Moses und Aron‹ die Wagnersche. Selbst Webern noch wurde von einem überlieferten, affirmativen Begriff von Musik geleitet: was in seinem œuvre von der bürgerlichen Kultur radikal abwich, war ihr selbst so verborgen, wie Schönberg nicht verstehen wollte, daß seine heitere Oper ›Von heute auf morgen‹ kein Publikumserfolg wurde. All das ist doch wohl auch für den sozialen Gehalt der Sache selbst nicht gleichgültig. Aber die Wahrheit darüber ist, wie eine jegliche, zerbrechlich. Ihr kann überhaupt erst nachgefragt werden, wenn die Soziologie der zeitgenössischen Musik von allen äußerlich verfügenden Zuordnungen sich emanzipiert hat. Zu den ganz wenigen Versuchen, Musik selbst, den kompositorischen Habitus, mit etwas wie Klassensinn zu infiltrieren, rechnen, außer ein paar russischen Komponisten kurz nach der Revolution, deren Namen längst unter Schlacht- und Triumphsymphonien begraben sind, einige Arbeiten von Hanns Eisler aus den späten zwanziger und frühen dreißiger Jahren, vor allem Arbeiterchöre. Darin haben wirkliche kompositorische Phantasie und erhebliches technisches Vermögen in den Dienst von Ausdruckscharakteren, rein musikalischen Formulierungen sich gestellt, denen an sich, vor allem außermusikalischen Programm und Inhalt, eine bestimmte Art scharfer und spitzer Aggressivität zukommt. Diese Musik hat mit den agitatorischen Texten überaus eng sich verbunden; manchmal klang sie unmittelbar, konkret polemisch; eine Kunst, die durch ihre Verhaltensweise ihre Klassenstellung beziehen wollte, analog zu George Grosz, der die formale Fähigkeit seines Stifts in den Dienst ungemilderter Sozialkritik stellte. Selbstverständlich wird im Ostbereich heute dergleichen nicht mehr geschrieben. Wohl wäre es der Mühe wert herauszubekommen, ob jene Arbeiterchöre dort überhaupt noch aufgeführt werden dürfen. Die Musik Weills, die einmal durch die Kooperation mit Brecht ins gleiche Kraftfeld geriet, hatte jedenfalls dem eigenen Duktus nach mit jener Schärfe schon nichts mehr gemein und konnte darum auch mühelos die Zwecke preisgeben, an denen sie temporär sich aufgepulvert hatte.

Selbst in solchen Fällen bleibt ein Moment von Unbestimmbarkeit; kann Musik wirklich haranguieren, so ist doch dubios, wofür und wogegen. Kurt Weill, dessen Musik während des Vorfaschismus als links-sozialkritisch wirkte, fand apokryphe Nachfolger im Dritten Reich, die zumindest seine Musikdramaturgie, und vieles vom Brechtschen epischen Theater, für den Kollektivismus der Hitlerdiktatur umfunktionierten. Anstatt nach dem musikalischen Ausdruck von Klassenstandpunkten zu fahnden, wird man grundsätzlich das Verhältnis der Musik zu den Klassen besser so denken; daß in jeglicher Musik, und zwar weniger in der Sprache, die sie redet, als in ihrer inwendigen strukturellen Zusammensetzung, die antagonistische Gesellschaft als ganze erscheint. Ein Kriterium der Wahrheit von Musik ist, ob sie den Antagonismus, der auch in ihr Verhältnis zu den Hörern hineinreicht, zuschminkt und dadurch nur in um so hoffnungslosere ästhetische Widersprüche gerät; oder ob sie durchs eigene Gefüge der Erfahrung des Antagonismus sich stellt. Innermusikalische Spannungen sind die ihrer selbst unbewußte Erscheinung von gesellschaftlichen. Seit der industriellen Revolution leidet die gesamte Musik an der Unversöhntheit des Allgemeinen und Besonderen, der Kluft zwischen ihren tradierten, übergreifenden Formen und dem, was darin spezifisch musikalisch sich ereignet. Das hat schließlich die Kündigung der Schemata, also die neue Musik, erzwungen. Die gesellschaftliche Tendenz selbst wird in ihr Klang. Die Divergenz von Allgemeininteresse und individuellem bekennt musikalisch sich ein, während die offizielle Ideologie die Harmonie beider lehrt. Authentische Musik, wie wohl jegliche authentische Kunst, ist ebenso das Kryptogramm des unversöhnten Gegensatzes zwischen dem Schicksal des einzelnen Menschen und seiner menschlichen Bestimmung, wie Darstellung des wie immer auch fragwürdigen Zusammenhangs der antagonistischen Einzelinteressen zu einem Ganzen, und endlich der Hoffnung auf reale Versöhnung. Demgegenüber sind die Schichtenmomente, welche die einzelnen Musiken tingieren, sekundär. Musik hat mit den Klassen insofern etwas zu tun, als in ihr das Klassenverhältnis in toto sich ausprägt. Die Standpunkte, die das musikalische Idiom dabei einnimmt, bleiben Epiphänomene gegenüber jener Erscheinung des Wesenhaften. Je reiner, ungemilderter der Antagonismus ergriffen ist, je tiefer er sich gestaltet findet, desto weniger ist Musik Ideologie, desto richtiger als objektives Bewußtsein. Würde eingewandt, Gestaltung selbst sei bereits Versöhnung und insofern ideologisch, so wird damit an die Wunde von Kunst überhaupt gerührt. Soweit aber läßt Gestaltung der Realität Gerechtigkeit widerfahren, wie die organisierte und differenzierte Totalität, an der Gestaltung ihre Idee hat, bezeugt, daß noch in allem Opfer und aller Not das Leben der Menschheit sich weiter erhält. Das hat im Überschwang der beginnenden bürgerlichen Ära der Haydnsche Humor ausgesprochen, der ebenso über den Weltlauf als entfremdetes Getriebe lächelt, wie in diesem Lächeln noch ihn bejaht. Durch den ideologiefeindlichen Austrag von Konflikten, durch eine Verhaltensweise des Erkennens, die nicht einmal ahnt, was sie erkennt, bezieht große Musik in gesellschaftlichen Kämpfen ihre Position: durch Aufklärung, nicht dadurch, daß sie selber, wie man das so nennt, an einer Ideologie sich ausrichtet. Gerade der Gehalt ihrer manifesten ideologischen Positionen ist geschichtlich anfällig; das Beethovensche Pathos der Humanität, an Ort und Stelle kritisch gemeint, kann herabgewürdigt werden zum Festritual des Bestehenden, so wie es ist. Dieser Funktionswandel hat Beethoven die Stellung eines Klassikers verschafft, aus der er zu erretten wäre.

Versuche der gesellschaftlichen Dechiffrierung des zentralen Gehalts von Musik können gar nicht behutsam genug tasten. Nur gewaltsam, oder gelegentlich, wird man bei Mozart, in dessen Musik so deutlich der Einstand zwischen spätem aufgeklärten Absolutismus und Bürgerlichkeit – Goethe tief verwandt – widerhallt, antagonistische Momente musikalisch identifizieren können. Vielmehr ist gesellschaftlich bei ihm die Gewalt, mit der seine Musik in sich selbst zurückgeht, die Distanzierung von der Empirie. Die drohend andrängende Macht der losgelassenen Ökonomie sedimentiert dadurch sich in seiner Form, daß diese, als fürchte sie bei jeder Berührung sogleich sich zu verlieren, das erniedrigte Leben bannend von sich fernhält, ohne doch einen anderen Gehalt zu fingieren als den, welchen sie mit ihren Mitteln human zu füllen vermag: ohne Romantik. Unter den Aufgaben gesellschaftlicher Interpretation von Musik wäre die Mozarts die schwierigste und dringlichste. Findet man aber die gesellschaftliche Komplexion von Musik in ihrem Inneren, nicht ohne weiteres in den Wirkungszusammenhängen zwischen ihr und der Gesellschaft, so wird man auch nicht wähnen, über das, was an Musik falsches Bewußtsein ist, durch wie immer geartete gesellschaftliche Anpassung hinauszugelangen. Diese vermehrt nur die allgemeine Fungibilität und damit das gesellschaftlich Schlechte. Was noch der integersten Musik nicht erreichbar ist, wäre zu erhoffen einzig von einer besseren Einrichtung der Gesellschaft, nicht vom Dienst an den Kunden. Das Ende von Musik als Ideologie wäre erst das Ende der antagonistischen Gesellschaft. Würde ich auch 1962, mit Rücksicht auf die Konstellation von Musik und Klassen, nicht mehr formulieren wie vor dreißig Jahren, so stünde ich doch noch zu Sätzen, die ich damals, in jener Abhandlung aus der Zeitschrift für Sozialforschung, schrieb. Sie lauten: »Heute und hier vermag Musik nichts anderes als in ihrer eigenen Struktur die gesellschaftlichen Antinomien darzustellen, die auch an ihrer Isolation Schuld tragen. Sie wird um so besser sein, je tiefer sie in ihrer Gestalt die Macht jener Widersprüche und die Notwendigkeit ihrer gesellschaftlichen Überwindung auszuformen vermag; je reiner sie, in den Antinomien ihrer eigenen Formensprache, die Not des gesellschaftlichen Zustandes ausspricht und in der Chiffrenschrift des Leidens zur Veränderung aufruft. Ihr frommt es nicht, in ratlosem Entsetzen auf die Gesellschaft hinzustarren: sie erfüllt ihre gesellschaftliche Funktion genauer, wenn sie in ihrem eigenen Material und nach ihren eigenen Formgesetzen die gesellschaftlichen Probleme zur Darstellung bringt, welche sie bis in die innersten Zellen ihrer Technik in sich enthält. Die Aufgabe der Musik als Kunst tritt damit in gewisse Analogie zu der der gesellschaftlichen Theorie.«2

 
Fußnoten

 

1 Heinrich Regius [Max Horkheimer], Dämmerung. Notizen in Deutschland. Zürich 1934, S. 11.

 

2 Theodor W. Adorno, Zur gesellschaftlichen Lage der Musik, in: Zeitschrift für Sozialforschung 1 (1932), S. 105 [GS 18, s. S. 731].

 

 

V. Oper

Was ich zur Oper1 anmerke, soll nicht, sei's auch noch so rudimentär, deren Soziologie entwerfen. Sondern ich möchte an ihrem Modell eine Denkgewohnheit erschüttern, welche das Fragwürdige unreflektierter musiksoziologischer Betrachtung exemplarisch verkörpert: die Annahme, der ästhetische Stand musikalischer Formen und Gebilde und ihre gesellschaftliche Funktion harmonierten ohne weiteres. Statt dessen kann die Rezeption von Gebilden von ihrem gesellschaftlichen Ursprung und Sinn bis zum Bruch sich entfernen. So wenig, wie das vulgärsoziologische und gemeinschaftsfreudige Cliché es will, über die Qualität einer Musik danach zu entscheiden ist, ob sie jetzt und hier oder überhaupt zu breiter Rezeption gelangt, so wenig wäre zu moralisieren über die gesellschaftliche Funktion auch minderer Musik, solange die Beschaffenheit der Gesellschaft selbst, und mächtige Instanzen, den Menschen jene Musik aufzwingen, und solange ein Zustand fortdauert, in dem sie, zu ihrer sogenannten Entspannung, ihrer bedürfen. An der Stellung der Oper im gegenwärtigen Musikleben nun lassen Divergenzen zwischen der ästhetischen Sache und ihrem gesellschaftlichen Schicksal konkret sich studieren.

Unterm musikalischen so wenig wie unterm ästhetischen Aspekt kann man sich des Eindrucks entschlagen, die Opernform veralte. Als man, während der großen Wirtschaftskrise gegen Ende der zwanziger und Anfang der dreißiger Jahre, von einer Opernkrise wie von der aller Dinge sprach, hat man das Unbehagen der Komponisten, Opern, oder auch Musikdramen des Wagnerschen und Strauss'schen Typus, überhaupt noch zu schreiben, und den Streik des ökonomisch geschlagenen Publikums ohne viel Umstände zusammengebracht. Mit Recht. Was vor dreißig Jahren zum Urteil bewog, die Oper sei passé, war nicht bloß der Überdruß an ihrer Formenwelt, auch an musikdramatischen Spätprodukten wie den Schrekerschen, die angesichts der musikalischen Entwicklungen bereits zur Zeit ihrer Vogue antiquiert klangen. Vielmehr dämmerte die Einsicht, nach Stil, Substanz und Haltung hätte die Oper nichts mehr mit denen zu tun, an die sie appelliert, wenn anders die äußerlich prätentiöse Form den kostspieligen Aufwand rechtfertigen wollte, dessen sie bedarf. Damals schon waren dem Publikum nicht mehr die antirationalistischen und antirealistischen Leistungen zuzutrauen, welche die Stilisation der Oper verlangt. Einem Menschenverstand, der dressiert war, im Film darauf zu achten, ob auch jeder Telefonapparat und jede Uniform authentisch sei, mußte, so dünkte es, was alles an Unwahrscheinlichem ihm von jeder Oper, und hätte sie einen Maschinisten zum Helden, aufgetischt wurde, albern vorkommen. Die Oper schien verbannt unter die Spezialitäten wie das Ballett für die Ballettomanen – das Ballett, das der Oper nie äußerlich war und von dem diese Entscheidendes wie die musikalisch begleitete Gestik auch dann bewahrte, als Wagner die getanzten Einlagen in den Orkus gescheucht hatte. Schrumpfte in Amerika das gesamte gängige Opernrepertoire zu kaum mehr als fünfzehn Titeln, darunter Donizettis ›Lucia di Lammermoor‹, zusammen, so bestätigte das die Petrifizierung.

Ihr krassestes Symptom war die Feindschaft des Publikums gegen die moderne Musik in der Oper. Der Rosenkavalier war und blieb das letzte Werk der Gattung, das es zu breiter Popularität brachte und zugleich, oberflächlich wenigstens, dem Standard der kompositorischen Mittel seiner Entstehungsjahre genügte. Selbst Straussens außerordentliches Prestige reichte nicht aus, irgendeiner seiner späteren Opern, der dramaturgisch genialen Ariadne so wenig wie seinem Liebling, der ›Frau ohne Schatten‹, einen ähnlichen Erfolg zu erzwingen. In Wahrheit beginnt bereits mit dem Rosenkavalier Straussens Abstieg. Die bekannten Entgleisungen in der Behandlung des Textes durch den Komponisten manifestieren nur sichtbar das Unheil im Inneren der Musik. Er hat Hofmannsthals Dichtung kaum recht verstanden und, trotz aller Meriten um die bühnenwirksame Führung der Aktion, sie maßlos vergröbert. Was für ein chef d'œuvre der Bühne ist das aber, das an seinem eigenen Sujet vorbeikomponiert. Schuld war nicht Straussens Unfähigkeit. Er dachte ans Publikum, den Erfolg, der damals schon nur zu haben war, wenn man die eigene produktive Kraft eindämmte. Nicht erst das Schlußduett ist eine Konzession, sondern der ganze Rosenkavalier kapituliert; kein Zufall, daß in der Korrespondenz, die der exquisiten Komödie für Musik vorausgeht, der Name Lehár fällt. Strauss täuschte sich schwerlich darüber, daß seine beiden bedeutendsten Bühnenwerke, Salome und Elektra, nicht rezipiert wurden. Daraus hat er nicht die Konsequenz des quand même gezogen, sondern nachgegeben. Was immer man dabei seiner einverstandenen Gesinnung aufbürden mag, die Straussens eigener Genius ein paar Jahre lang desavouiert hatte: in seinem Entschluß – und nicht um weniger als einen solchen muß es sich gehandelt haben – lebte doch auch die Innervation des Widersinns einer Oper ohne Publikum. Denn ihre eigenen Kurven begreifen notwendig etwas wie die emotionale Bewegung einer Hörermenge in sich ein. Alles jedoch, was Strauss fürs Theater nach der Ariadne schrieb und was stillschweigend der geheimen Kapitulationsurkunde gehorchte, verfiel eben dadurch dem Zwang, jenen einen und letzten Augenblick eines Erfolgs mit Anstand zu kopieren. Dadurch versteinerte Strauss wie der Kaiser in der Frau ohne Schatten. Die Anpassung ans Publikum kostete ihn erst recht dessen Gunst. Die eifrig die Handlung accompagnierenden Musikstreifen konnten an Eingängigkeit denn doch nicht mit dem Tonfilm konkurrieren, an den sie ungewollt so oft mahnen.

Was demgegenüber seit der Zeit um 1910 an Produktion fürs musikalische Theater zählt, entfernt sich vom Kanon der Oper und des Musikdramas, abgelenkt wie von einer Magnetnadel. Die beiden kurzen Bühnenwerke des expressionistischen Schönberg, beide weniger als eine halbe Stunde während und allein dadurch schon die traditionellen Verpflichtungen eines opulenten Theaterabends aufkündigend, trugen die Untertitel Monodram und Schauspiel mit Musik. Im einen singt eine Frau allein, ohne die dramatische Antithese anderer Stimmen, die äußere Handlung ist rudimentär. Im zweiten werden überhaupt nur einzelne Töne gesungen, wenige Worte gesprochen. Die gesamte ›Glückliche Hand‹ ist ein stummer expressionistischer Actus, dessen Formgesetz, das einer jäh aufschreckenden Bilderfolge, auch mit dem der Pantomime nicht viel gemein hatte. Rücksicht aufs Publikum gab es so wenig wie Aussicht aufs normale Repertoire; sie war vorweg ausgeschlagen. Selbst als Schönberg, mit der Lustspieloper ›Von heute auf morgen‹, Wirkung suchte, blieb sie ihm, zu seiner Ehre, durch die Komplexität und dunkle Gewalt der Musik versagt, trotz aller Pointen und Anspielungen. Die Antinomie von Oper und Publikum wurde zum Sieg der Komposition über die Oper. – Auch Strawinsky wich, sieht man von der frühen Nachtigall ab, der Oper und dem Musikdrama als einem Überholten aus. Nur daß er an die russische Ballett-Tradition anzuknüpfen vermochte, hat sein Verhältnis zum Publikum gemildert. Das Entscheidende jedoch, die Identifikation des Hörers mit gesungenen Emotionen, war durchschnitten. Kaum weniger hat er das musikalische Theater zu zerschlagen geholfen als ›Erwartung‹ und ›Glückliche Hand‹. In der ›Histoire du soldat‹ trennt sich der Erzähler der Handlung von deren mimischer Darstellung, im ›Renard‹ die Akteure vom eigenen Gesang; der Identifikationsmechanismus wird so schroff herausgefordert wie nachmals von der Theorie Brechts. Strawinskys Spätwerk, ›The Rake's Progress‹, hat ihn kaum der Oper zurückgegeben. Es ist ein Pastiche, demontierende Nachahmung ungeglaubter Konventionen, diesen so weit entlaufen wie seine avanciertesten Ballette, bar der Wirkung auf Naive.

Die Opern Bergs, der ›Wozzeck‹ zumal, sind buchstäblich die Ausnahmen, welche die Regel beweisen. Der Kontakt zwischen ihnen und dem Publikum beruht auf dem Augenblick, der in ihnen Dauer gefunden hat, und kann nicht ohne weiteres als Aktualisierung der Gesamtgattung ausgelegt werden. An dem Glück, das der Wozzeck auf dem Theater machte, hat zunächst einmal Anteil die Wahl des Textes. Rancune hat das weidlich ausgebeutet. Aber die Musik verlangt vom Hörer so viel, wurde bei der Uraufführung 1925 als so exzessiv empfunden, daß der Text allein, den man auf der Sprechbühne bequemer haben konnte, nicht ausgereicht hätte, das widerstrebende Publikum zu überwältigen. Gefühlt ward die Konstellation zwischen Buch und Musik, jenes eigentümlich hindeutende Moment in ihrem Verhältnis zum Vorwurf. Übrigens gleicht die gesellschaftliche Wirkung und Autorität einer Musik keineswegs unmittelbar dem Verständnis, dem sie begegnet. Denkbar, daß beim Wozzeck, ähnlich wie fünfundzwanzig Jahre später bei den Aufführungen der beiden Akte aus der Mosesoper von Schönberg, weder die Einzelheiten noch ihr struktureller Zusammenhang voll verstanden wurden, daß aber die kompositorische Kraft durch das von ihr geprägte Phänomen hindurch einer Hörerschaft sich mitteilte, deren Ohr im einzelnen keine Rechenschaft davon hätte geben können. Das eröffnet eine Perspektive, in der die primär unleugbare Divergenz von neuer Musik und Gesellschaft nicht länger als absolut sich darstellt. Qualität vermag durch die Stringenz eines dem Publikum gar nicht ganz durchsichtigen Gebildes über den Bereich gesicherten Verstehens hinauszudringen. Das paßt dazu, daß überhaupt im Licht der jüngsten künstlerischen Entwicklungen die Frage nach der Verständlichkeit von Werken selbst neu sich stellt. Nach einer freilich schwer zu kontrollierenden Beobachtung gibt es auch in der Rezeption musikalischer Gebilde verschiedene Schichten: eine, wo der Beifall unbelasteten, nicht ganz verbindlichen Dank zollt für freundliche Anpassung ans Gewünschte, und eine, die den Rang von Werken bestätigt, auch wo die Kommunikation nur desultorisch ist. Der letztere Typus des Erfolgs hat etwas Sprödes, Stachliges. Heute kann es nicht weggedacht werden, sobald die Sache selbst gegen die Gesellschaft für diese, für ihr objektiv verschleiertes Bedürfnis spricht. Solche Differenzierungen sind dem Publikum unbewußt. Aber es wäre unbillig und unangemessen, darum seine latente Differenziertheit auszuschließen. Noch die Verstocktesten wissen zuinnerst, was wahr ist und was nicht. Werke hoher Dignität legen wie durch Explosionen dies von Ideologien und Konsumentengewohnheiten überlagerte, unbewußte Wissen frei.

Büchners Dichtung ist eine vom obersten Rang, allem unvergleichlich überlegen, was je an Texten oder auch, wie Pfitzner hämisch es nannte, Literaturlibretti vertont ward. Die Textwahl fiel genau zusammen mit dem Zeitpunkt, in dem das von Franzos wiederentdeckte Manuskript durch bedeutende Aufführungen über all die Makulatur der im neunzehnten Jahrhundert approbierten deutschen Dramatik gebietend aufstieg. Die Komposition war zugleich das Denkmal einer geschichtsphilosophischen Rettung. Die Szenen selber aber, die Berg bewundernswert für Musik einrichtete, kamen dieser entgegen wie durch Fügung. Das gleichsam mehrstöckige Drama destilliert aus der Sprache der klinischen Psychologie eines Verfolgungswahnsinnigen eine objektive Bilderwelt; wo die irren Phantasien umschlagen ins entronnene dichterische Wort, bergen sie in sich einen Hohlraum. Er harrt auf die Musik, welche die psychologische Schicht unter sich läßt. Berg hat ihn mit untrüglicher Sicherheit erkannt und besetzt. Der Wozzeck ist, ausgehend von den Impulsen der Hauptfiguren, in welche die Musik sich einfühlt, ein Musikdrama; er weist aber zugleich über die Form, die er mit einer selbst bereits weit zurückliegenden Dichtung zum letzten Mal erglühen macht, hinaus, indem er den Worten treuer sich anschmiegt, als es je zuvor geschah. Die unbeschreibliche Konkretion, mit der die krausen Kurven der Dichtung von der Musik nachgezeichnet werden, verhilft zu jener Differenziertheit und Vielgestaltigkeit, die ihr dann wiederum eine autonome Kompositionsstruktur zueignet, wie sie dem früheren musikalischen Drama fremd war. Weil, grob gesprochen, nicht eine Wendung in der gesamten Partitur steht, die nicht ihren strikten literarischen Bezug hätte, gelingt, anstelle von veroperter Literatur, ein bis in die letzte Note befreites, durchartikuliertes und zugleich beredtes musikalisches Gebilde. Die Bedingung für die Rezeption des Wozzeck war es wohl gerade, daß er erfüllt und auflöst in eins. Äußerste Konsequenz aus der Tradition enthüllt sich als ein ihr gegenüber qualitativ anderes. Die Oper Wozzeck ist so wenig traditionalistisch aufgewärmt, wie sie das Publikum versäumt durch Züge, die jenes, gemessen am Ideal des musikdramatisch Sinnvollen, als experimentell hätte verübeln können. Berg hat in der ›Lulu‹ seine Intention weitergetrieben; wie in Wedekinds absichtsvollen Schauerdramen der Stil der neunziger Jahre surrealistisch, imaginär wird in Zirkusakten, so transzendiert auch hier die Musik die Gattung, der sie willfahrt. Die Lulu blieb, ebenso wie Schönbergs ›Moses und Aron‹, in dem ein ähnlich gespanntes Verhältnis waltet zwischen dem musikdramatischen Stilprinzip und dem des Oratoriums, unvollendet. Das stimmt zur Geschichte der Operngattung. Der Indifferenzpunkt zwischen Unvereinbarem, den der Wozzeck markiert, hat kaum zweimal sich betreten lassen. Daß der Moses nicht fertig wurde, gründet wohl in einem Zweifel Schönbergs an der Opernform, der ihn nach einer Periode maßloser Anspannung der Komposition jäh befiel. Der Abschluß der Lulu wurde verhindert von der prohibitiv ausgedehnten Produktionszeit. Offenbar ist in der gegenwärtigen Situation alles geistig Entscheidende zum Fragment verurteilt. Das Urteil über die Opernform ward exekutiert in der Unendlichkeit des Produktionsprozesses. Sie sabotierte das Produkt. Erklärte Berg nachdrücklich, der Gedanke an Opernreform hätte ihm gänzlich ferngelegen, so hat er damit mehr gesagt, als er selber vielleicht meinte: daß nämlich auch durch sein großartiges œuvre die Geschichte der Form nicht mehr zu wenden war. Seine Würde hat es gerade daran, daß es der Unmöglichkeit der Form abgezwungen ist, so wie die Leistung von Karl Kraus, der Bergs in vielem verwandt, undenkbar wäre ohne die Katastrophe der Sprache.

Die Schwierigkeiten Schönbergs und Bergs wie die Risse in der künstlichen Gesteinsmasse von Strawinskys ›Ödipus Rex‹ sind nicht bloß individueller Art. Sie verraten die immanente Krise der Form. Sie ist schon in jener Generation, vollends in der nachfolgenden von allen Komponisten registriert worden, die überhaupt zählen; was weiter Oper macht, als wäre nichts geschehen, womöglich noch stolz auf die eigene Naivetät, ist vorweg subaltern; hat es Erfolg, so klingt er hohl und ephemer. Universal wurde nach Berg der Widerstand gegen die Imitation von Seelischem in der Oper. Die ihrer selbst bewußte Produktion fand keinen Generalnenner mehr für die Forderung nach der Autonomie einer Musik, die bilderlos sie selbst sein will, und das Desiderat der Oper, Musik müsse sprachähnlich und Bild eines anderen sein. Die Worte des Bedienten in Hofmannsthals Ariadne-Vorspiel von der »Sprache der Leidenschaft, verbunden mit einem unrichtigen Objekt« werden zum Verdikt über die Oper, die von jenem schillernden Gebilde erstmals unter Ironie gesetzt ist. Von diesem Zentrum aus erklären sich alle Idiosynkrasien der avancierten Komponisten gegen das Opernwesen. Sie schämen sich des Pathos, das auf eine Würde von Subjektivität pocht, die in der Welt totaler subjektiver Ohnmacht keinem einzelnen mehr zukommt; sind skeptisch gegen das Grandiose der Grande Opéra, der vor allem besonderen Inhalt schon das Ideologische innewohnt, gegen den Machtrausch; verachten das Repräsentative in einer entformten und bilderlosen Gesellschaft, die nichts mehr zu repräsentieren hat. Benjamins Wort vom Verfall der Aura trifft die Oper genauer als fast jede andere Form. Musik, welche a priori dramatische Vorgänge in Atmosphäre taucht und überhöht, ist Aura schlechthin. Wo sie darauf abrupt verzichtet, verliert die Verbindung von Musik und Handlung ihren Rechtsgrund. Der Antagonismus zwischen der bis ins Innerste illusionären Form, die es auch bleibt, wo sie bei sogenannten realistischen Strömungen Anleihen macht, und der entzauberten Welt scheint größer, als daß er noch fruchtbar zu werden vermöchte. Vergebens wäre es, wollte die Produktion, aus der Einsicht in die Problematik eines geradlinigen Fortschritts des Musikdramas heute, auf ältere Gestalten der Oper zurückgreifen. Diese sind keinem bloßen Stilwandel, nicht, wie man es seit Riegl nennt, einem veränderten Kunstwollen zum Opfer gefallen sondern der eigenen Insuffizienz. Was Wagner gegen sie schrieb, gilt heute wie damals. Die Flucht in vorsubjektive Objektivität wäre unverbindlich-subjektiv veranstaltet und darum unwahr. Sie würde unweigerlich bezahlt mit Verarmung des wesentlichen Elements der Oper, der Musik. Rettungsversuche aus dem Stilwillen, auch solche von temporärer öffentlicher Suggestivkraft, beschneiden die musikalische Gestaltung bis zu deren Abschaffung.

Fragwürdig ward die Oper nicht nur, wie man wohl denken könnte, im Innern der Werke und in den Regungen fortgeschrittenen kompositorischen Geschmacks. Die permanente Opernkrise ist mittlerweile manifest als Krise der Darstellbarkeit von Opern. Unablässig hat die Regie zu wählen zwischen dem verstaubt Langweiligen, dem schwächlich Zeitgemäßen – meist dem dritten Aufguß von Tendenzen der Malerei und Plastik – und dem peinlichen Aufpulvern älterer Werke durch an den Haaren herbeigezogene Regie-Einfälle. Sie werden motiviert von der Angst um bewährte, aber fadenscheinige Klassiker wie die Fledermaus oder den Zigeunerbaron, wo die Idiotie der Handlung nicht länger sich vertuschen läßt. Nutzlos jedoch plagt sich der Opernregisseur auch mit dem Schwan Lohengrins und dem Samiel der Wolfsschlucht. Denn was er zu aktualisieren trachtet, bedarf nicht nur stofflich sondern auch der geistigen Zusammensetzung nach jener Requisiten. Merzt er sie aus, so öffnen sich ihm nicht die seligen Gefilde der Sachlichkeit, sondern er stürzt ins Kunstgewerbe. Modernismus erstickt die Moderne. Die barocken und allegorischen Elemente der Opernform, die mit deren Ursprung und Gehalt tief zusammenhingen2, haben ihren Nimbus verloren. Kahl, hilflos, zuweilen lächerlich stechen sie heraus, Opfer von Witzen wie jenem theaterüblichen über den Lohengrin: »Wann geht der nächste Schwan?«

Von der gegenwärtigen Generation wäre zu erwarten, daß ihr Menschen, die singen, als ob das natürlich wäre, und dazu agieren, wie man es auf der Bühne vor hundert Jahren tun mochte, unerträglich sind. Mehr bedarf es der Erklärung, warum sie nicht allesamt vor der Oper fliehen, als wenn sie es täten. Die Nöte der modernen Opernregie rühren insgesamt daher, daß der Regisseur versuchen muß, Reaktionsweisen, die er vielleicht als allzu selbstverständlich voraussetzt, gerecht zu werden, dabei aber zusammenprallt mit der Form selber, deren Prinzip die zum Gesang hinaufstilisierte empirische Person erheischt. Sänger, die für den Ziergesang oder sogar für einen Autor der jüngeren Vergangenheit wie Wagner ausreichen, sind zu Raritäten geworden. Die Ursachen wären zu erforschen. Eine ist wohl die Abneigung gegen eine lange und materiell ertraglose Ausbildungszeit. Wo ein Sänger mit dergleichen Qualifikationen entdeckt wird, werben ihn sogleich die finanzkräftigsten Institutionen ab. Die großen und mittleren Provinztheater, auf deren Repertoire in Deutschland die Opernkultur beruhte, bringen kaum mehr zusammen, worauf jene Kultur primär basierte: fest geprägte, eingespielte und zuverlässige Ensembles. Sie sind darauf verwiesen, für anspruchsvolle Hauptpartien Sängerinnen und Sänger sich auszuborgen, die länger im Flugzeug sich aufhalten dürften als auf Proben, während man in den kleineren Rollen mehr schlecht als recht sich durchschlägt. In Deutschland wird dadurch die Oper in stets wachsendem Maß zur Parforceleistung von ein paar Dirigenten, die buchstäblich bis an die physische Grenze ihrer Kraft gehen, um aus dem unstabilen Ensemble für wenige Vorstellungen das Äußerste herauszupeitschen. Diese Kapellmeister mußten Fähigkeiten entwickeln, von denen der Opernbetrieb alten Stils nichts sich träumen ließ. Darüber sind sie selber ebenso Stars geworden wie die gastierenden Sänger, gleichzeitig an allen möglichen Orten verantwortlich tätig. Ihre schönsten Aufführungen müssen sie raschestens an Nachwuchskräfte abgeben, unter denen von der trügenden Pracht meist wenig übrig bleibt. Während die Organisationsform der Oper aus dem neunzehnten Jahrhundert, die des Repertoiretheaters, in den deutschsprachigen Ländern zäh festgehalten wird, gravitiert der künstlerischen Möglichkeit nach die Operndarbietung zur Stagione; kein Zufall, daß die großen Festspielveranstaltungen von Bayreuth, Salzburg oder Wien nachgerade zu den einzigen Gelegenheiten werden, wo man überhaupt noch menschenwürdige Aufführungen zu hören bekommt. Oft werden dort die besten Opernabende aus den einzelnen Städten nach einem neuartigen Selektionsverfahren gleichwie sportive Spitzenleistungen ausgestellt. Auch das ist ein Symptom dessen, daß im Verhältnis der Oper zur Gesellschaft etwas radikal beschädigt ist, so wenig man auch hier wie dort es zugesteht. Dem Publikum, das auf die Oper reflektiert, werden, und zwar aus selber gesellschaftlichen Gründen, unter denen auch die Vollbeschäftigung während der langlebigen Hochkonjunktur nicht zu vergessen ist, adäquate Wiedergaben nicht mehr zuteil, und gleichwohl applaudiert es. Zu den sonderbarsten Widersprüchen, die im Augenblick sich beobachten lassen, rechnet dabei der, daß, trotz nachhaltigem Bedürfnis nach guten Musikern nicht nur im Bereich der Oper, es für solche, die Beschäftigung suchen, wie etwa jene in Westberlin wohnenden, die nach dem 13. August 1961 ihre Ostberliner Engagements lösten, oft schwer ist unterzukommen. Auf dem musikalischen Markt funktioniert das vielberufene Gesetz von Angebot und Nachfrage nur unvollkommen; es wird offenbar desto mehr durchlöchert, je weiter man sich vom ökonomischen Unterbau, von der praktischen Wirtschaft entfernt.

Sichtbares Zeichen für den gesellschaftlichen Aspekt der Opernkrise ist allein schon, daß die in Deutschland nach 1945 anstelle der zerstörten neu errichteten Opernhäuser so vielfach wie Kinos aussehen, beraubt eines der charakteristischen Embleme des alten Operntheaters, der Logen. Die architektonische Gestalt der Häuser widerspricht dem weitaus meisten, was darin gespielt wird. Offen bleibt, ob die gegenwärtige Gesellschaft überhaupt noch jenes acte de présence fähig ist, der in der Oper unterm Hochliberalismus des neunzehnten Jahrhunderts stattfand. So konservativ klammerte man sich damals noch an absolutistische Gepflogenheiten, daß das Proszenium unmittelbar über der Bühne, wo privilegierte Besucher nach Belieben zuschauen oder Bekannte empfangen konnten, in manchen Pariser Theatern bis um 1914 sich erhielt. Derlei Säkularisierungen höfischen Stils hatten etwas Fiktives, sich selbst Spielendes, wie übrigens durchweg die monumentalen und dekorativen Formen der bürgerlichen Welt. Immerhin vermochte in der Oper lange ein selbstbewußtes Bürgertum sich zu feiern und sich zu genießen. Auf der musikalischen Schaubühne vereinte sich die Symbolik seiner Macht und seines materiellen Aufschwungs mit dem Ritual der verblassenden, aber urbürgerlichen Idee befreiter Natur. Die Gesellschaft nach dem Zweiten Krieg jedoch ist, wie sattsam bekannt, ideologisch viel zu nivelliert, als daß sie es wagte, ihr kulturelles Privileg den Massen so kraß vorzuführen. Eine society alten Schlages, wie sie die Opern ökonomisch unterstützte, in denen sie geistig sich wiederfand, existiert wohl wirklich kaum mehr; der neue Luxus aber scheut die Ostentation. Trotz der wirtschaftlichen Blüteperiode ist das Gefühl der Ohnmacht des Einzelnen, sogar die Angst vorm Potential des Konflikts mit den Massen, viel zu eingefleischt.

Nicht nur also lief die Entwicklung der Musik dem Operntheater und seinem Publikum so weit voraus, daß der Kontakt mit dem Neuen, selbst die Reibung, die zünden könnte, zur seltenen Ausnahme ward. Soziale Bedingungen und damit Stil und Gehalt auch der traditionellen Oper sind dem Bewußtsein der Besucher so fern gerückt, daß man allen Grund hätte zu bezweifeln, ob sie irgend noch erfahren wird. Die ästhetischen Konventionen, auf denen sie basiert, vielleicht sogar das Maß an Sublimierung, das sie voraussetzt, stehen bei breiten Hörerschichten schwerlich zu erwarten. Was aber die Oper im neunzehnten Jahrhundert, früher schon in den venezianischen, neapolitanischen und Hamburger Aufführungen des siebzehnten, an Reizen für die Massen bot, das pompöse Dekor, das imposante Spektakel, berauschende Buntheit und sinnliche Lockung – all das ist längst in den Film übergesiedelt. Er hat die Oper materiell überboten, geistig so weit unterboten, daß nichts aus ihrem Fundus damit mehr konkurrieren könnte. Überdies mag man argwöhnen, daß gerade die Perspektive des sich emanzipierenden Bürgertums in der Oper, die Verherrlichung des Individuums, das gegen den Bann der Ordnung sich erhebt – ein Motiv, das Don Juan mit Siegfried, Leonore mit Salome teilt –, keiner Resonanz mehr begegnet, sondern allenfalls der Abwehr derer, die der Individualität abgeschworen haben oder nichts mehr davon ahnen. Carmen, Aida und Traviata meinten einmal, im Protest der Leidenschaft gegen konventionelle Verhärtung, Humanität, und Musik vertrat dabei, durch den Laut des Unmittelbaren, gleichsam Natur selbst. Vermutlich erinnern heute die Besucher sich nicht einmal mehr daran – zur Identifikation mit der geächteten femme entretenue, deren Typus längst ausstarb, kommt es so wenig mehr wie zu der mit den Opernzigeunern, die als Kostümfestmasken fortvegetieren. Kurz, zwischen die gegenwärtige Gesellschaft, auch diejenigen, die sie als Opernpublikum delegiert, und die Oper selbst hat etwas wie ein Graben sich gelegt.

In diesem jedoch hat die Oper, sei's auch auf Widerruf, häuslich sich eingerichtet. Sie bietet das Paradigma einer Form, die unentwegt konsumiert wird, obwohl sie nicht bloß ihre geistige Aktualität verlor, sondern mit größter Wahrscheinlichkeit gar nicht mehr adäquat verstanden werden kann. Nicht nur in einem profanen Sakralbezirk wie der Wiener Hofoper sondern auch in guten deutschen Provinztheatern haben Nicht-Abonnenten oder andere Nichtbevorzugte Schwierigkeiten, auch nur eine Karte zu erwerben3. In Wien bilden sich, wie um 1920, bei Starvorstellungen Queues fanatischer Interessenten, bereit, eine ganze Nacht zu durchwachen, um am Morgen vielleicht doch noch ein Billett zu erhaschen. Wohl ist der alte Kontakt zwischen dem Publikum und den Opernlieblingen nicht mehr so eng, aber man kann es doch erleben, daß im Foyer ein junger Mann von dem Tenor mit der strahlend schönen Stimme im zärtlichen Diminutiv und mit dem Possessivpronomen »mein« spricht. Der Beifall erhebt, mit freilich verdächtiger Regelmäßigkeit, bei Premieren sich frenetisch; kaum etwas wird von den Begeisterten bemängelt.

All das erklärt sich nur, wenn man davon ausgeht, die Oper werde nicht mehr rezipiert als das, was sie ist oder war, sondern als ein ganz anderes. Ihre Beliebtheit hat sich losgerissen von Kennerschaft. Den Anhängern strahlt sie etwas vom alten Ernst und von der alten Würde hoher Kunst aus. Gleichwohl offeriert sie sich ihrem Geschmack, der weder fähig noch willens ist, jener Würde das Ihre zu gewähren, und der sich deshalb aus den Trümmern des neunzehnten Jahrhunderts seinen Unterstand baut. Die Kraft, welche die Menschen an die Oper bindet, ist die Erinnerung an etwas, woran sie sich gar nicht mehr erinnern können, die legendär goldenen Zeiten des Bürgertums, die erst im eisernen Zeitalter einen Glanz gewinnen, den sie nie besaßen. Das Medium dieser irrealen Erinnerung ist die Vertrautheit der einzelnen Melodien oder, bei Wagner, der eingehämmerten Motive. Der Konsum der Oper wird in weitem Maß zum Wiedererkennen, ganz ähnlich wie der der Schlager. Nur vollzieht das Wiedererkennen sich kaum so präzis wie bei den Schlagern; wenige Hörer werden »L'amour est enfant de Bohème« von Anfang bis zu Ende nachsingen können, sondern eher auf das Signal reagieren: das ist »Die Liebe von Zigeunern stammt«, und sich freuen, weil sie es merken. Der gegenwärtige Opern-Habitué verhält sich retrospektiv. Er hütet die Kulturgüter als Besitz. Sein Credo ist der im Dialekt auszusprechende Satz: Aida ist halt immer noch eine schöne Oper. Das Prestige stammt aus der Periode, da die Oper noch den anspruchsvollen Formen zugezählt wurde. Es haftet an den Namen Mozarts, Beethovens, Wagners, auch Verdis. Aber es verbindet sich mit der Möglichkeit einer dekonzentrierten, am Eingeschliffenen sich nährenden Auffassungsweise im Stand universaler Halbbildung4. Mehr als jede andere Form steht die Oper denen für traditionelle bürgerliche Kultur ein, die zugleich an dieser nicht partizipieren.

Überaus symptomatisch für die gegenwärtige gesellschaftliche Situation in der Oper ist die Rolle des Abonnements. Es befaßt vermutlich proportional einen weit größeren Anteil von Besuchern unter sich als früher; der Vergleich lohnte sich. Das geht zusammen mit der Auffassung vom gegenwärtigen gesellschaftlichen Stand der Oper als der Rezeption eines nicht Verstandenen. Der Abonnent, nur vag, wenn überhaupt über den Spielplan informiert, unterschreibt einen Blankoscheck. Über die Auswahl des Dargebotenen übt er keine Kontrolle nach alten Marktgesetzen aus. Schwerlich schießt die Hypothese übers Ziel, daß es dem Gros der gegenwärtigen Opernabonnenten mehr auf das Daß als auf das Was und Wie ankommt. Das Bedürfnis hat sich emanzipiert von der konkreten Gestalt der Sache, die man will. Diese Tendenz erstreckt sich auf den organisierten Kulturkonsum insgesamt; besonders eklatant ist sie an den Buchgemeinschaften. Gesteuert wird, sei's von den Organisationsspitzen, sei's von den Institutionen, deren Abnehmer zusammengeschlossen sind. Eine Anzahl Opern wird mitgeliefert, vielleicht ohne den Willen, gewiß auch ohne den Widerstand der Abnehmer. Wahrscheinlich könnten Untersuchungen über die Opernhörer viel von all dem überprüfen. Sie müßten freilich sehr hintersinnig angelegt werden. Wenig fände man mit direkten Fragen.

Durch den Anteil der Organisationen am Publikum der Oper ist wohl das Bild ihrer sozialen Rezeption heute einigermaßen verwischt. Prophezeien ließe sich, daß die regulären Opernbesucher wesentlich weder aus den Intellektuellen noch aus der großen Bourgeoisie sich rekrutieren. Unverhältnismäßig groß dürfte der Anteil der Älteren sein – nach bisheriger Kenntnis vor allem unter Frauen –, die glauben, die Oper brächte ihnen etwas von ihrer eigenen Jugend wieder, obwohl sie damals schon in sich erschüttert war; dann ein besser situiertes – keineswegs bloß neureiches – Kleinbürgertum, das durch den Besuch der Oper sich und anderen seine Bildung bequem zu beweisen hofft. Als eine Art Invariante sind einstweilen schwärmende Backfische und Jünglinge übrig; mit der zunehmenden Attraktion des teenager-Ideals dürften es weniger werden. Subjektiv ist die Hauptfunktion, daß die Oper das Gefühl der Zugehörigkeit zu einem fiktiven früheren Status erweckt. Ihre gegenwärtige Rezeption gehorcht einem Mechanismus vergeblicher Identifikation. Sie wird frequentiert von einer Elite, die es nicht ist5.

Der Haß gegen die Moderne, beim Opernpublikum viel virulenter als bei dem des Schauspiels, verbindet sich mit dem verbissenen Lob der guten alten Zeit. Die Oper ist einer der Lückenbüßer in der Welt auferstandener Kultur, ein Füllsel in den Sprenglöchern des Geistes. Daß der Opernbetrieb unverändert weiterklappert, obwohl buchstäblich nichts daran mehr stimmt, bezeugt drastisch, wie unverbindlich, gewissermaßen zufällig der kulturelle Überbau wurde. Man kann aus dem offiziellen Opernleben mehr über die Gesellschaft lernen als über eine Kunstgattung, die darin ihr eigenes Leben überlebt und kaum den nächsten Stoß überstehen wird. Von der Kunst her ist der Zustand nicht zu verändern. Das trostlose Niveau der meisten Novitäten, die heute aufs Operntheater gelangen, wird von den Bedingungen gesellschaftlicher Rezeption erzwungen. Komponisten, die nicht von vornherein der Hoffnung aufs Repertoire sich entschlagen, sind unausweichlich zu Konzessionen genötigt wie die jener paar Erfolgsopern, welche gespenstisch Strauss oder Puccini aufwärmen und den Anachronismus mit rotem Theaterblut verwechseln, wofern sie nicht den Standort des Geräuschkulissen erstellenden Komponierregisseurs bevorzugen, der an literarisch bereits arrivierte Sujets sich anhängt. Selbst solche, die es besser wollen, werden heute, sobald sie glauben, dem Theater gegenüber realitätsgerecht sich verhalten zu müssen, zur tödlichen Mäßigung und Verdünnung der Musik veranlaßt: die soziale Kontrolle beraubt das Resultat eben der Schlagkraft, die vielleicht das widerspenstige Publikum gewönne. Damit ist keineswegs gesagt, großen Komponierbegabungen mit dramaturgisch radikal neuen Ideen könne der Handstreich auf die Opernhäuser nicht doch gelingen. Aber die Schwierigkeiten sind so außerordentlich, daß auch von den hervorragendsten Talenten der jungen Generation bis jetzt keines etwas geschrieben zu haben scheint, was den Vergleich mit der besten instrumentalen und elektronischen Musik der letzten Jahre ertrüge.

Das Fazit aus derlei Reflexionen über die Oper für die Musiksoziologie wäre, daß diese, wenn sie nicht im oberflächlichsten fact finding stecken bleiben will, nicht mit dem Studium einfacher Abhängigkeitsverhältnisse zwischen Gesellschaft und Musik, auch nicht mit dem Problemkomplex der gegenüber gesellschaftlichen Determinanten sich verselbständigenden kompositorischen Autonomie sich begnügen darf. Sie hat ihren Gegenstand nur, wenn sie in ihr Zentrum die Antagonismen rückt, die heute über das Verhältnis von Musik und Gesellschaft real entscheiden. Sie muß einem Sachverhalt zureichende Aufmerksamkeit widmen, der bislang wenig beachtet ward, der Inadäquanz des ästhetischen Gegenstands und seiner Rezeption. Die mittlerweile automatisierte Kategorie der Entfremdung reicht, in ihrer Abstraktheit, nicht länger aus. Zu rechnen ist mit dem gesellschaftlichen Verzehr des gesellschaftlich Entfremdeten. Als reines Für anderes, als Konsumgut, das dem Publikum durch Momente etwas wert ist, die der Sache gar nicht wesentlich waren, wird es auch zu einem anderen als es selbst. Nicht nur wandeln sich, wie keiner bestritte, die ästhetischen Formen mit der Geschichte, sondern auch das Verhältnis der Gesellschaft zu bereits geprägten und etablierten Formen ist geschichtlich durch und durch. Seine Dynamik ist aber, bis heute, die eines permanenten Verfalls der Formen im gesellschaftlichen Bewußtsein, das sie konserviert.

 
Fußnoten

 

1 Dazu vgl.: Theodor W. Adorno, Klangfiguren. Berlin, Frankfurt a.M. 1959, S. 32ff. [GS 16, s. S. 24ff.]

 

2 Vgl. Walter Benjamin, Schriften. Frankfurt a.M. 1955, Bd. 1, S. 336f.

 

3 Allerdings muß man den Radius der Oper, wie den des Theaters insgesamt, in der richtigen Proportion sehen, nämlich der zu den Massenmedien. »Gegenüber anderen kulturellen Institutionen wie Radio und Film hat das Theater, vor allem in einer Großstadt, einen sehr kleinen Wirkungsbereich. Der Hessische Rundfunk beispielsweise kann mit seinen Sendungen fast jeden Frankfurter Einwohner erreichen, Familien ohne Radio sind eine Seltenheit. Lichtspielhäuser sind in Frankfurt so zahlreich und bieten so viel Vorstellungen, daß jeder Frankfurter über achtzehn Jahre ungefähr zweiundzwanzig Mal im Jahr ins Kino gehen könnte. Dagegen haben die Städtischen Bühnen nur so viel Plätze im Jahr zu vergeben, daß jeder erwachsene Einwohner noch nicht zweimal im Jahr das Theater besuchen könnte. Ja, es hätten die Frankfurter, die keiner Besucherorganisation angehören, ungefähr nur alle eineinhalb Jahre die Gelegenheit, ins Große oder Kleine Haus zu kommen.« (Manuskript in der statistischen Abteilung des Instituts für Sozialforschung, Frankfurt, S. 46.)

 

4 Vgl. Max Horkheimer und Theodor W. Adorno, Sociologica II. Frankfurt a.M. 1967, S. 168ff. [GS 8, s. S. 93ff.].

 

5 Einer im statistischen Vierteljahresbericht der Hauptstadt Hannover 1949 veröffentlichten Untersuchung zufolge bevorzugen »die sogenannten ›Intelligenzschichten‹, darunter ... freie Berufe, höhere Beamte und leitende Angestellte« als Abonnenten »eindeutig das Schauspiel. Selbständige, Handel- und Gewerbetreibende, übrige Beamte, Arbeiter und Gewerbegehilfen sind dagegen mehr an einem Opernabonnement interessiert« (Manuskript in der statistischen Abteilung des Instituts für Sozialforschung, Frankfurt, S. 20). Man wird wohl diese Dichotomie ohne viel Gewaltsamkeit als die zwischen dem oberen Bürgertum und dem kleineren Mittelstand interpretieren dürfen. Die Gruppe von Wohlhabenden, die er einschließt, rechnet nach den üblichen Kriterien kaum eigentlich zur Bildungsschicht.

 

 
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