Tradition

 

Der Hegelsche Satz, die Eule der Minerva beginne am Abend ihren Flug, bewährt in der Geschichte des Geistes sich daran, daß der Gedanke sich auf Begriffe zu konzentrieren pflegt, wenn sie, wie man so sagt, problematisch geworden sind; wenn ihnen nicht mehr angemessen ist, was sie bezeichnen, und wenn sie zum Verschwinden verurteilt scheinen. Die Besinnung, die ihrer dann sich bemächtigt, sucht sie mit halbem Herzen und doppeltem Eifer zu erretten. Die Spekulationen über die Zeit, die heute blühen, spiegeln zurück, daß Erfahrung als zeitliche Kontinuität, im Gefolge der automatisierten Arbeitsprozesse den Menschen zunehmend verlorengeht; tröstend, auch täuschend werden diese an die Zeit erinnert, die sie vergessen haben. Tradition aber ist gegenwärtige Zeit. Darum mögen Überlegungen über deren Begriff in einem spezifischen Material, dem der Musik, angebracht sein, an dem ihre Krise sich greifen läßt, obwohl diese so wenig wie irgendeine andere der Epoche auf eine Sondersphäre sich beschränkt. Wurde seit Menschengedenken, sobald eine neue musikalische Formsprache hochkam, über Traditionsverlust gezetert, so ist es heute damit kein Spaß mehr. Die Entwicklungskurve zeigt einen Knick, qualitativ anders als frühere geschichtliche Knotenstellen wie die Einführung des Generalbasses, die technologische Romantik von Berlioz, der Wagnerische Entwurf eines Kunstwerks der Zukunft. Nicht bloß das Material der Musik ändert sich, sondern wahrhaft ihre Sprache; Kategorien, die fast nun vierhundert Jahre, von Monteverdi bis Schönberg, unangefochten waren, wie die des musikalischen Sinnes als eines vom Zusammenhang Gestifteten, sind in sich erschüttert. Man braucht kein großer Prophet zu sein, um vorauszusehen, daß die bis jetzt erst desultorische Denunziation der qualitativ neuen Musik als traditionslos sich zu einem konzentrischen Angriff steigern wird, sobald einmal die Ungezählten, die hinter den jüngsten Entwicklungen notwendig zurückbleiben, einsehen, was sich zuträgt. Die neue Musik selbst, die in ihren integersten und begabtesten lebenden Repräsentanten charakterisiert ist durch das Gefühl der Verpflichtung, zum Äußersten zu gehen, hat das nachdrücklichste Interesse daran. Wollte sie, wie noch die vorige, revolutionäre Komponistengeneration, sich verteidigen durch ungebrochene Berufung auf eine Tradition, die sie einzig als gebrochene ererbte, so schämte sie sich ihres eigenen Geistes. Die Bestätigung, alles sei gar nicht so schlimm, verginge sich gegen das, was sie verteidigen will. Kein Zufall, daß die Neuerungen eigentlich moderner Komponisten wie Boulez und Stockhausen, gesättigt mit europäischer Tradition, zumindest in Nervenpunkten sich berühren mit amerikanischen, die von vornherein zum Traditionszusammenhang querstehen und ihm schwerlich mehr sich konfrontieren lassen, wie die von John Cage.

Wie radikal Musik und Tradition, weit über Harmonik, Melodiebildung, Form und Klang, alle im üblichen Sinne historische Kategorien hinaus, sich entzweiten, mag an einem Modell gezeigt werden: dem Verhältnis des Gehörs zur Komposition, des aufnehmenden, schließlich aber auch des kompositorischen. Bis zu einer Schwelle, die freilich schwer zu datieren ist, hat man Musik als Mitvollzug, von Ton zu Ton, von Motiv zu Motiv, von Stimme zu Stimme, von Harmonie zu Harmonie gehört. Eben das hieß musikalisch sein; die Schumannsche Definition eines musikalischen Menschen als eines solchen, der, wenn er ein Stück auf dem Klavier abspielt und nicht umblättern kann, doch ungefähr so improvisiert, wie es weitergeht, beschreibt nicht schlecht jene Verhaltensweise des Ohrs. Sie verlief in den Kanälen einer vorgegebenen Musiksprache, eines begrenzten und festen Vokabulars. Je rigoroser die melodischen und harmonischen Spielmarken ausgeschieden wurden, desto schwerer ließ auf jene Weise sich antizipieren, was folgt. Schon bei der nun mehr als fünfzig Jahre alten »Erwartung« von Schönberg war es kaum mehr möglich. Aber auch dort, ebenso wie bei Berg und Webern, galt noch die Norm des Mithörens von Ereignis zu Ereignis als Auffassung einer Notwendigkeit, einer unmittelbar einsichtigen musikalischen Logik. Schönbergs Formel vom Triebleben der Klänge; die Forderung, dorthin zu komponieren, wohin das Einzelne will, spielt darauf an. Dem entsprach ebenso der Produktionsprozeß, die genaue und kritisch abtastende Imagination der Musik, die man schrieb, wie das Verständnis des Hörers, der solcher Notwendigkeit in jedem Augenblick spontan sich zu versichern hatte. Oft freilich gewann ein dinghaft Objektives, etwa die Gesetzmäßigkeit polyphoner Kombinatorik, vor jener adäquaten Vorstellung den Vorrang. Dann hatte das Gehör eher den Beziehungen der Stimmen sich anzupassen, als daß es sie von sich aus hervorgebracht hätte: die überlieferte Art des Mithörens von musikalischem Sinn wurde unterhöhlt. Schließlich erfolgte, wenn nicht alles trügt, ein qualitativer Umschlag. Zwar erweist er für den Rückblickenden sich als längst vorbereitet. Neu aber ist, daß nun überhaupt nicht mehr geduldet wird, mit den früheren Hörgewohnheiten, auch den in der Schönberg-Schule geschärften, dem musikalisch Geschehenden gerecht zu werden. Man kann nicht mehr so mithören wie bisher, nicht mehr in unmittelbarer Evidenz die Folge und den Zusammenklang von Tönen als mehr oder minder strikt notwendig erfahren. Ja, man kann sich, auch als Komponist, nicht bloß als Partitur Lesender, kaum mehr alles zu Hörende ganz genau vorstellen. Metier, handwerkliche Verfügung wird statt dessen mehr und mehr zu einer Kontrolle des Unvorstellbaren, zur Kenntnis und Bestimmung von Grenzen und Gesetzmäßigkeiten, innerhalb deren musikalische Ereignisse deutlich und artikuliert sich darstellen müssen, ohne daß der Imagination diese Ereignisse selbst ganz präsent wären. Wissen muß man: das wird klingen, wird seine Funktion erfüllen, wird Gleichgewicht oder Kontrast oder was immer bilden, auch wenn jenes »Das« dem inneren Ohr zunächst gar nicht eindeutig ist. Verständnis solcher Musik ist nicht mehr ein Mitlaufen im zeitlichen Gang simultan mit harmonischer Tiefenperspektive, sondern eher raffend, ohne daß die unmittelbare Wahrnehmung mit der Logik der Sache gesättigt wäre. Unter den Aspekten des geplanten Zufalls in der neuen Musik ist dieser kaum der geringfügigste. Man läßt die musikalischen Felder auf sich wirken, überblickt sie, sieht sie auch zusammen, aber es entfällt die Ausschließlichkeit des Hörideals aller Musik der neueren Zeit, das Komponieren im Hören. Damit wird nicht weniger überflügelt als der Begriff des Musikalischen selbst, so sehr auch dessen Qualitäten Bedingungen für jene Veränderungen bleiben. Die Anähnelung von Malerei und Musik unterm Namen von Struktur heute ist kein bloßes Stilphänomen, erschöpft sich auch nicht in Analogien wie der zwischen den Farbflecken des Tachismus und den nach Zufallsgesetzen organisierten Tontrauben, sondern entspringt in jener Verhaltensweise. Sie ist unter traditionellen Begriffen nicht mehr zu subsumieren und fordert damit Besinnung über musikalische Tradition und ihren Stand unabweisbar heraus.

Ihr Begriff bezieht sich auf das geschichtliche Erbe in der Komplexion von Musik. Aber das Verhältnis zu diesem Erbe unterliegt selber der Geschichte. Wie gesellschaftlich, nach dem Aufweis von Max Weber und seiner Schule, die bürgerliche Phase wesentlich charakterisiert wird durch Rationalität, die feudale aber durch eine am naturwüchsigen Verhältnis der Generationen gebildete Tradition, so verhält es sich auch musikalisch: Musik insgesamt kann nicht getrennt werden vom jeweiligen Stand der gesellschaftlichen Produktivkräfte. Dagegen hilft nicht die bloße Behauptung der Unabhängigkeit der Musik als eines rein Geistigen von der realen Gesellschaft, wie wenn es um beliebig beziehbare ästhetisch-weltanschauliche Standpunkte ginge. Vielmehr ist der Kernbegriff, der die neuere Musikgeschichte in Bewegung brachte, der von Rationalität, unmittelbar eins mit dem der gesellschaftlichen Beherrschung außer- und innermenschlicher Natur. Darum reproduziert die scheinbar geschlossene Geschichte der Musik in sich selber Strukturen und Gesetzmäßigkeiten der gesellschaftlichen Bewegung. Wer in Beethoven nicht die bürgerliche Emanzipation und die Anstrengung zur Synthesis des individuierten Zustands vernimmt1; nicht in Mendelssohn die entsagende Reprivatisierung des zuvor siegreichen allgemeinen bürgerlichen Subjekts; nicht in Wagner die Gewalt des Imperialismus und das Katastrophengefühl einer Klasse, die nichts anderes mehr vor sich sieht als das endliche Verhängnis der Expansion – wer all das nicht spürt, verkennt nicht nur als hartgesottener Spezialist die Wirklichkeit, in die große Musik verflochten ist und auf die sie reagiert, sondern auch ihre eigene Implikation; macht sich taub gegen ihren Sinn und bringt sie auf jenes Spiel tönend bewegter Formen herunter, als welches eine Ästhetik sie beschlagnahmte, der es bereits vor ihrem eigenen Wahrheitsgehalt bangte. Vermittelt aber ist die Musik zur Gesellschaft durch die technischen Prozesse, in denen fortschreitende Rationalität konkret wird. Stets wieder empfängt die Kunst von gesellschaftlichen Produktivkräften ihre Impulse, die nicht geradewegs ihre eigenen sind und doch mit diesen konvergieren.

Jene Rationalität, mit der und zu der die neue Musik sich entfaltet hat, ist an sich schon der Tradition entgegengesetzt. Man mag das an der Notation erkennen. Die Neumenschrift als eine nachahmende, gestisch-mimetische war Erinnerungsstütze für Tradiertes. Sie genügte nur dort, wo die Musiken durch unmittelbare Überlieferung vertraut waren. Wohl schon die Guidonische Reform, sicherlich das Mensuralsystem, machte dem ein Ende, indem anstelle einer Art musikalischer Bilderschrift das rationale Zeichen, die Signifikation sich setzte. Damit wurde die Musik tendenziell so sehr zurechtgeschnitten und fixiert, daß allmählich die Freiheit in der Auslegung der Notentexte zusammenschrumpfte, die der Ort aller Tradition ist. Bei der neuen Musik wurde durch äußerste Genauigkeit der Bezeichnung jene Freiheit virtuell kassiert: gegenüber einem Text, der genau angibt, wie er dargestellt werden soll, verliert die Berufung auf Tradition ihr Recht. Und was für die Ausführung gilt, gilt für die Sache selbst, das Komponierte. Neue Musik mit dem Kriterium ihrer unmittelbaren Traditionsverbundenheit konfrontieren, heißt das Gesetz verkennen, dem sie untersteht.

Unter solchen Bedingungen ist musikalische Tradition weithin zur Ideologie verkommen. In der musikalischen Praxis hat Gustav Mahler das unmittelbar gewahrt: »Tradition ist Schlamperei.« Sie anrufen heißt nur noch, mit Rücksicht auf die Autorität von Gewesenem fesseln, was anders ist. Mit Tradition verhält es sich ähnlich wie nach dem Diktum Voltaires mit dem Ruf der Mädchen: wird einmal darüber geredet, so ist er schon hin. Reflexion auf das Traditionale, die es aus Willen festhalten oder wiederherstellen möchte, ist selber vom Schlag jener Rationalität, welche die Tradition auflöst. Wer Tradition predigt, advoziert Irrationales aus rationaler Erwägung, Autorität aus Freiheit, Bindung aus Autonomie. Darum ist jeglicher musikalische Traditionalismus heute zu eben jener Romantik verurteilt, gegen die er wettert. Um die Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts Kanzonen, Toccaten und Ricercaten schreiben bekundet, angesichts des Verlusts der geschichtsphilosophischen Voraussetzungen solcher Formen, einer relativ geschlossenen Gesellschaft, ohnmächtigere Sehnsucht als je eine Note von Schumann oder Chopin, die, mit Hegel zu reden, »ihre Zeit im Gedanken erfaßt« haben.

Daß Tradition nicht sich beschwören läßt, entspricht Freuds großartiger Einsicht, daß sie Wiederkehr eines Vergessenen sei. Dazu kommt es nicht unterm Blickstrahl willkürlicher Erinnerung; geborgen wäre sie einzig im unwillkürlichen Gedächtnis. Wohl läßt das traditionale Moment so wenig an Musik sich tilgen wie das mimetische überhaupt, das in Konstruktion nicht sich erschöpft. Aber Tradition dauert bloß als aufgehobene, in dem arg ausgeleierten Doppelsinn, den Hegel dem Wort verliehen hat. Wenn in der ersten der Bagatellen op. 9 von Webern, einer noch nach fünfundvierzig Jahren avancierten Komposition, die Hauptstimme, in kürzesten Motiven, von einem Instrument ins andere springt; wenn, als Konzentrat einer Durchführung, wenige Noten ausbrechen und dann das Stück abklingt, so ist in solcher Auskonstruktion der verborgenen Essenz des klassischen Streichquartetts mehr von diesem gerettet als in der klassischen Symphonie Prokofiews oder irgendeiner anderen Bemühung von Mustern2. Tradition heute ist definiert als unabdingbare Verpflichtung zum Durchformen, Durchartikulieren, und diese Verpflichtung duldet nichts traditional Vorgegebenes. Wer ihr sich entzieht, flieht vor dem, was in der Geschichte offenblieb und was diese von ihm verlangt. Das wenige Takte währende Stück von Webern kennt kein erstes und zweites Thema, keine Vermittlungsfelder, keine Reprise. Dennoch ist es Sonate. Nicht anders kann Tradition heute sich bewähren.

Ist sie eins mit Autorität, so wäre auf sie die Unterscheidung persönlicher und sachlicher Autorität anzuwenden. Schlecht ist Tradition, sobald sie sich auf die Macht des nun einmal Bestehenden gründet. Als geistiges Deckbild bloßer Herrschaft verkommt sie unweigerlich zu jener Schlamperei. Dienen, Unterordnung unter eine Autorität, die nicht vorm Bewußtsein sich legitimiert, nicht übereinstimmt mit den objektiven Interessen derer, über die sie ausgeübt wird, ist kein Positives, sondern das Gegenteil des Ethos, dessen Namen die Parierenden mißbrauchen. Die Kritik an einer Liberalität, welche die Freiheit der Menschen nicht zu erfüllen vermag, wird zum Hohn auf sich selbst, wenn sie die Freiheit verleumdet und durch eine Hierarchie ersetzt, die von nichts anderem sich herleitet als der Verfügung über die Apparatur. An Musik ist es, jenen Verblendungszusammenhang nicht dadurch zu verstärken, daß sie ihn beflissen akzeptiert. Sie muß ihm durch ihre eigene Gestalt widerstehen. Will sie dabei ohne Lüge auf sachgerechte Tradition anstatt auf irrationale sich stützen, so muß sie die einmal erreichte Differenziertheit, die einmal erlangten technischen Errungenschaften, den geschichtlich sich entfaltenden Wahrheitsgehalt bewahren, anstatt ihn zu ignorieren und die Bequemlichkeit, das Unterschlupfen, das die Anforderung an Produktion und Rezeption lockert, auch noch als höheres Prinzip pharisäisch sich gutzuschreiben. Produktives Gedächtnis treibt weiter. Was sich für gesichert hält, indem es vorm vermeintlichen Experiment sich hütet, ist bedroht wie ein törichter Geizhals, der, um ja sein Geld nicht zu verlieren, es in mündelsicheren Papieren anlegt, die bei der nächsten Inflation am ehesten entwertet werden. Todverfallen ist die Geborgenheit; Chance zu überleben hat einzig das Ungeschirmte, Offene.

In einem Moment sieht heute jeder Komponist legitim der Tradition sich gegenüber, mag er avanciert sein oder restaurativ. Denn es liegt jenseits seines Willens. Das ist das Material, dessen er sich bedient. Komponiert wird nicht mit Tönen, sondern mit Tonrelationen, und jedes Intervall, jeder Akkord, jede Farbe ist gesättigt mit dem, worin sie vormals standen und wofür sie standen. Der Tradition gewachsen ist, wer die Forderungen begreift, die aus der geschichtlichen Qualifikation alles musikalischen Materials aufsteigen. Die aber aufs treueste ihrem Material nachhorchen, sind die gleichen, die des Traditionsverlusts geziehen werden. Ihre Zuflucht hat Tradition im spezifischen Bereich und in der Geschichte der kompositorischen Avantgarde selber. Angeben läßt sich, wie die Fragestellung Weberns an einzelne Werke und an weiterreichende Potentiale Schönbergs anknüpft; wie sie andererseits Unstimmigkeiten aufzulösen sucht, die im Verhältnis zwischen dem Schönbergschen Material und der kompositorischen Verfahrungsweise sich meldeten. Angeben läßt sich auch, wie die jüngsten Entwicklungen die Webernsche totale Durchorganisation nicht nur des Reihenmaterials, sondern aller Gestaltungsprinzipien aufnahmen; und vermutlich wäre bereits zu zeigen, wie die Entwicklungstendenzen innerhalb der gegenwärtigen Produktion, vor allem die Einführung des Zufallsprinzips, in jener totalen Determiniertheit und damit in jenem Traditionellen entsprungen sind, das sie negieren. Wie sehr gerade das Fortgeschrittenste der Schutzhülle von Tradition bedarf, erfährt der Reproduzierende. Gerät ein Musiker, und sei er des besten Willens und von großer Intelligenz, an Webern, ohne daß er in der Vorstellungswelt seiner Musik groß geworden wäre, so dürfte er meist Unfug anstellen. Sich an die Noten und Bezeichnungen halten und dann spielen, ohne daß man, ganz einfach gesagt, weiß, wie das geht, führt unweigerlich zu Verzerrungen. Gebilde wie die Weberns lassen nicht ohne Zögern sich anfassen; ihre Aura verlangt den behutsamsten Umgang, eine Art Umständlichkeit, die der direkte Blick auf die Notentexte nicht hergibt; man muß sich dreimal um sich selbst drehen, ehe man ihnen sich nähert. Allein schon wenn man ein Stück von Webern sachgerecht frischfröhlich beginnt, wird es falsch. Tradition hat ihr Recht dort, wo Texte zu ihrer angemessenen Realisierung mehr verlangen als bloß die angemessene Realisierung der Texte. Manches veranlaßt die Spekulation, daß das rein mensurale Prinzip überholt ist, das nachahmende mimetische wiederum sich meldet, weil das Ideal der exakten Notierung einen Schwellenwert erreicht hat. So wäre vielleicht die Neigung zu einer neuen musikalischen Bilderschrift zu deuten.

Der heute gängigen Berufung auf Tradition jedoch liegt das Bedürfnis nach dem zugrunde, was selbst sich als Bindung deklariert; vergleichbar jener Not der evangelischen Kirche, die, um ihre Lehren zu konkretisieren, Verhältnisse vermeintlicher menschlicher Unmittelbarkeit, etwa solche der einfachen Marktwirtschaft, durch ihre Sprache supponiert. Als unerträglich wird der ungebundene Zustand empfunden und aus kulturphilosophischem Raisonnement ihm Naivetät gegenübergestellt, die selbst dort fragwürdig wäre, wo sie etwa noch sich erhalten hat: das Provinzielle ist nicht »heil«. Die Theologie wird nicht von jenen gerettet, bei denen Nietzsche und Baudelaire noch nicht sich herumgesprochen haben. Zu bestreiten aber ist die Prämisse jenes Bedürfnisses selber: daß der gegenwärtige Zustand niedriger stünde als der vergangene, den der Traditionalismus meint. Unwahr ist, daß die Emanzipation der Musik, der Verlust der vielberufenen Bindungen, ein Unglück sei. Sie hat sich emanzipiert, weil jene Bindungen ihr ebenso äußerlich, objektiv unverbindlich wurden wie den Subjekten unerträglich, nachdem sie einmal an der Idee von Freiheit sich maßen. Sie haben die Qualität der gebundenen Musik als fragwürdig erkannt. Hat man angesichts des Verstummens so vieler traditioneller Musik und der Dürftigkeit so vieler wiederbelebter, allen Grund, daran zu zweifeln, daß die sinnerfüllten Zeiten es gewesen seien, so hat umgekehrt die Emanzipation einen Reichtum, eine Tiefe und Fülle gezeitigt, die nur Defaitismus und Rancune als Bürde verleugnet. Was der restaurativen Kulturkritik und ihren musikalischen Exponenten für heillos gilt, ist, indem es vom Leiden und der Negativität zeugt, dem Wahren näher als ein Geist, der das Bewußtsein des Finsteren ad majorem dei gloriam gar nicht erst aufkommen läßt und dadurch nur noch mehr Finsternis verbreitet. Die Positivität, die sich in die Brust wirft, ist Schwäche. Index dessen ist die Langeweile, die von der meisten historisch wiederentdeckten Musik ausgeht; die Wahrnehmung des bloß Auswendigen, Ungefüllten, dem Subjekt unversöhnt Oktroyierten daran. Was die Musik durch den Prozeß ihrer Subjektivierung, der in keinem ihrer großen Produkte bloß Subjektivierung gewesen ist, von Bach an, gegenüber der älteren gewonnen hat, ist verbindlicher, als was ihr ritual die starre Regel vorschriebe. Besteht die Tradition von Musik nicht in Disziplin und Zuspruch sondern in der emphatischen Idee von Wahrheit, dann genügte ihr auch unter diesem obersten Aspekt bloß solche noch, die nicht an Traditionelles sich anlehnt. Darum ist es ein grobes Mißverständnis, Zwölfton-und serielle Technik selber als Bindung, als »System« zu begrüßen. Viel eher wollen diese Techniken einer Subjektivität zu Hilfe kommen, die des Potentials der eigenen Freiheit noch nicht ganz mächtig ist.

Die Fragwürdigkeit ästhetischer Bindungen heute hat ihren gesellschaftlichen Grund. Kein runder und in sich geschlossener Kosmos gibt objektiv solche Bindungen vor, keiner bestätigt sie derart, wie man es auf die Vergangenheit projiziert; darum werden sie subjektiv anbefohlen. Die Setzung von Heteronomie aus Autonomie widerspricht beidem gleichermaßen, zu schweigen davon, daß der heteronome Zustand, als ein die Subjekte nicht solidarisch umfangender, sondern sie hemmender und unterdrückender am letzten zu wünschen wäre. Stilkopien parodieren bloß das Kopierte; zu Beginn bei Strawinsky, buchstäblich, später unwissentlich, geheim und mit verbissenen Zähnen. Anachronistisch wie die Institutionen des gegenwärtigen Traditionalismus, die der Klang von Worten wie Abendmusik oder Kantorei enthüllt, ist auch die in solchem Namen betriebene Musik selber, Neubarock. Aus der Neugotik des neunzehnten Jahrhunderts, von der man so selbstzufrieden sich distanziert, sollte man fürs Eigene die Lehre ziehen.

Zu differenzieren ist, wie allemal wohl, zwischen Tradition und Traditionalismus. Tradition heute ist schlecht dort, wo man sie, gerade weil es an ihr gebricht, zur Gesinnung erhebt. Barbarisch wäre es, wollte man aus borniertem Fortschrittsstolz wider jene Benediktiner eifern, welche die Gregorianik pflegen und einen ausgestorbenen Typus der Musikübung, dessen Qualitäten dem Fortschritt zum Opfer fielen, der liebenden Betrachtung aufbewahren. Was wohlfeile Modernität solcher Praxis als museal ankreiden könnte, die unverschleierte Trennung vom gegenwärtigen Stand des musikalischen Bewußtseins wird unschuldig dadurch, daß es sich selbst einbekennt. Kein Mönch wohl würde behaupten, es sei durch die einstimmigen Gesänge die Musik zu erneuern; keinen auch verlangte es danach. Das Ehrwürdige solcher Pflege ist ihre eigene selbstvergessene Unbekümmertheit um jede mögliche Wirkung. Wer aber, über Jahrhunderte hinweg, Musikübungen wie die angeblich barocke aufwärmt, sie mit Abfallprodukten der geschichtlichen Entwicklung seitdem herausputzt und damit einen Geist willkürlich andreht, der dem objektiv bestimmten Verfall der Tradition Einhalt gebiete, der betreibt im offenbaren Subjektivismus der Wiederherstellung eben das, was unvereinbar ist mit einer Tradition, die ihre Substantialität bloß daran hat, daß sie da ist und nicht veranstaltet.

Der musikalische Traditionalismus, der heute polemisch in die Breite wirkt, ist ein durch gemeinsame Gesinnung verkittetes Konglomerat von Musikgeschichte, Jugendbewegung und kollektivistischer Praxis. Man entzieht sich in pathischer Berührungsangst dem wie immer auch kritischen Kontakt mit der einzigen Tradition, die bis in die Kindheit der heute Lebenden noch hineinreicht und darum auch in ihre musikalischen Reaktionsweisen. Das ist die musikalische Welt der Eltern. Das neunzehnte Jahrhundert wird vom Traditionalismus jüngsten Schlages mit einem Tabu belegt, das nur mit den dürftigsten Rationalisierungen, wie der von der angeblich überwundenen Romantik, sich rechtfertigt. Der Kultus des Plusquamperfekts besitzt seine Massenbasis in der eifrigen Bereitschaft des Gefolges, dem autoritären Gestus auch in der Musik sich zu unterwerfen. Die Urteile über die Werke, denen jene Art Restauration angedeiht, sind unverbindlich. Mediokritäten vom sechzehnten bis achtzehnten Jahrhundert werden als Aussagen gesunder Gemeinschaft, als frei von den Überspitzungen des eitel Genialischen angepriesen. Im Bereich der Orgelkunst werden bedeutende Autoren wie Reger als maßlos expressiv abgefertigt. Gesehen wird nicht einmal, daß die chromatischen Valeurs, welche die Sprache des reifen Reger ausschließlich bilden, eben durch ihre Allgegenwart gar nicht ausdrucksvoll wirken, sondern zu bloßen Materialelementen neutralisiert sind. Was aktuell, oder wenigstens noch spontan verständlich ist, wird verketzert zugunsten eines fiktiven musikalischen Kosmos, der der Erfahrung überhaupt nicht mehr offen ist. Solche Gesinnung ist ein ärgerer Feind der Kontinuität als die verwegensten Neuerungen. Ihren Erfolg verdankt sie nicht, wie sie sich einbildet, der Echtheit, Eigentlichkeit, Geborgenheit dessen, was sie propagiert, sondern einzig dem, daß der Verzicht auf Individuation, die organisierte Ichschwäche den Menschen als Leistung eines Höheren eingeredet wird: man braucht nur musikalisch weniger zu sein, um sich mehr zu dünken.

Tradition überlebt statt dessen unmittelbar in ihrer eigenen Antithese; gegenwärtig ist sie, wo von ihr abgestoßen wird. Längst hat man in der Malerei die Linie von Picasso über Cézanne bis ins französische achtzehnte Jahrhundert zurück gezogen. Eine analoge verknüpft die Komponisten. Die Kräfte, mit denen sie das Gewesene durchbrechen, sind die substantielle Verkörperung von dessen eigener Gegenwart. Im Ungenügen am Überkommenen regt sich der Wille, die Versprechungen einzulösen, die es erhebt und nicht erfüllt, so wie der Sohn, der durch Identifikation mit dem Vater zum Ich wurde und in dieser Identifikation sein Gewissen ausbildete, es gegen ihn wendet, sobald er erkennt, daß die Welt der Väter die Normen verletzt, die sie verkündet. Ohne dies dialektische Moment bliebe Tradition nichtig. So im musikalischen Traditionalismus von heutzutage. Er zehrt von der Verwechslung zwischen dem Stil einer Musik – nach Riegls Ausdruck dem »Kunstwollen« – und ihrer objektiven Qualität. Die Einsicht, daß kein Kunstwerk an einem ihm selbst Fremden und Äußerlichen gemessen, daß nichts geschichtslos verglichen und gewertet werden kann, ist verderbt zu dem Glauben, Kunstwerke ließen auf ihren geschichtsphilosophischen Standort sich nivellieren und nach der Sympathie für diesen, oder der Antipathie gegen ihn sich bewerten. Primitiv wird so verfahren, daß die relative Geschlossenheit des Stils einer Epoche den Kunstwerken gutgeschrieben, ihr unentrinnbarer Verlust ihnen zum Bösen angerechnet wird, unbekümmert um die Wahrheit oder Unwahrheit jener Einheit selbst und um das spezifisch Komponierte. Aber die Stile und das Kunstwollen sind nicht einfach den Werken vorgeordnet, sondern umgekehrt auch ebenso von den einzelnen Werken produziert, die sie als allgemeine Begriffe unter sich befassen, und darum dem einzelnen Werk gegenüber nicht zu hypostasieren. Daß die Unterscheidung von Stil und Qualität in der Musik einstweilen schwieriger dünkt als in der bildenden Kunst, jedenfalls kaum ernsthaft in Angriff genommen ward, darf nicht dazu verführen, die Qualität unmittelbar im Stil zu suchen anstatt in der kompositorischen Fiber. Man weiß, daß Bach manche Themen des Wohltemperierten Klaviers Fugen von Johann Kaspar Fischer entlehnt hat. Vergleicht man die Arbeiten der beiden, die identisches Material verwenden, so wird man sicherlich nicht überhören dürfen, daß in den kurzen und bescheidenen Stücken des Älteren etwas anderes erstrebt ist als in den gänzlich durchgebildeten und entfalteten Kompositionen Bachs. Man wird aber zugleich auch die Überlegenheit der letzteren nicht aus der Welt historisieren dürfen. Nicht bloß ist ihr Formniveau so viel höher. Sondern die Triebkraft der Themen selbst, die Verpflichtungen, die sie eingehen, werden ganz anders honoriert als in den skizzenhafteren Fischerschen Stücken, die, indem sie den eigenen Anspruch nicht so ernst nehmen, an immanenter Logik, an Wahrheit hinter Bach zurückbleiben. Wie die Kritik der Tradition durch die Erfahrung von Differenzen der Qualität hindurch sich vollzieht; wie Bach tatsächlich über Fischer fortschreitet, so bedarf jede genuine Tradition solcher Kritik, wenn sie nicht dem Stilfetischismus erliegen will, dessen Starrheit unweigerlich mit schwächlichem historischen Relativismus sich verbindet. Dieser, die entschlossene Wertblindheit, ist das Stigma alles musikalischen Traditionalismus.

Seine Ideologie läuft darauf hinaus, vergangene Kunstwerke und vor allem Stile als autoritär, womöglich als ein Sein über die Vergänglichkeit dessen zu stellen, was Bild von Werden sei. Der statische Habitus der älteren Musik des Generalbaßzeitalters wird unterschoben für eine geschichtslos in sich ruhende, gewissermaßen Platonische Ewigkeit des Gehalts, als ob eine Komposition nur auf der Stelle zu treten brauchte, um schon den Ideenhimmel aufleuchten zu lassen. Aber geschichtliches Bewußtsein, das in Vergangenes sich versenkt, müßte, wäre es nicht der Willkür stilistischer Leitbilder verschrieben, das genaue Gegenteil leisten. Es müßte, was als Gewesenes und Vergangenes erstarrt ist und wie ein in sich und im ganzen Unbewegtes erscheint, selbst als Gewordenes erweisen. Ist einmal, wie es die historische Besinnung impliziert, Tradition nicht mehr unreflektiert verbindlich, sondern zum Gegenstand des Gedankens geworden, so wird eben dadurch ihre Autorität aufgelöst. Aus Mustern, die als unveränderlich sich gebärden, werden Produkte eines Prozesses, die, als selber entsprungene und fehlbare, auch vergehen. Damit aber verlieren sie ihren Modellcharakter. Nicht kann es die Aufgabe einer der Wahrheit verpflichteten musikalischen Historie sein, das Vergangene durch das fragwürdige Mittel der Einfühlung nahezubringen und mit dem Gegenwärtigen trüb zu vermischen. Vielmehr hat sie es gerade in seiner Distanz zu bestimmen. Wenn irgend etwas am Vergangenen beredt sein kann, dann nur durch die Distanz hindurch, nicht durch deren Verschleierung. Zieht man sie ein, so verfälscht man das Traditionale selbst. Aufs einmal Ferngerückte aber läßt nicht sich zurückgreifen, als wäre es fürs gegenwärtige Bewußtsein noch unmittelbar. Traditionalistische Gesinnung, die vergebens aus dem Geist des eigenen Zeitalters herausspringen möchte, tut dem Vergangenen das gleiche Unrecht an wie dem Gegenwärtigen.

Pädagogisches Bedürfnis erzeugt leicht eine falsche Vorstellung von der Tradition. Denn Pädagogik ist zunächst gehalten, auf schon Vorgegebenes sich zu beziehen. So wenig innerhalb von Lernverfahren produktiv Neues zu erwerben ist, so wenig taugt die fortgeschrittene autonome Produktion primär zum Lehrstück, obwohl ihr Ausschluß aus dem Unterricht kaum weniger schadet als dilettantische Anbiederung. Die Differenz zwischen dem Gewesenen und dem Gegenwärtigen, wie tief auch immer, ist nicht absolut; nur der kann Schönberg verstehen, der Bach versteht, nur der auch Bach, der Schönberg versteht. Aus dem gegenwärtigen Bewußtsein läßt sich nicht ausbrechen; es wirkt nach rückwärts und konstituiert auch die Erfahrung vom Vergangenen. Dessen Vorrang in der Pädagogik aber wird verhängnisvoll, sobald Pädagogik, verführt durchs Eigengewicht ihrer Apparatur, als Selbstzweck sich verkennt und für ermächtigt hält, eine eigene pädagogische Welt, gleich welchen Namens, aufzurichten. Die Gefahr der Pädagogisierung des Geistes, der Verwandlung der Lehre als eines Mittels in den Zweck, wie etwa das Sprachmonstrum »schulisch« es anzeigt, ist allgemein unter der engeren pädagogischen Diskussion vertraut. In der Musik wird sie wohl, unterm Druck kollektivistischer Ideologien, nicht scharf genug gesehen. Die Eignung traditioneller, gerade auch vorvergangener Werke, auf bescheidener Stufe das darstellende Vermögen zu bilden, verleitet dazu, solchen Lehrstücken und ihrer Ära die Würde des Dauernden zuzuschreiben. Dagegen hilft nichts anderes als immanent-musikalische Besinnung auf die Qualität. Ihr dürfte dann freilich das meiste aus dem Schatz des zu pädagogischem Behuf Ausgegrabenen erliegen. Wie kein Mensch komponieren lernen kann, der nicht über die herkömmlichen Mittel von Harmonik und Kontrapunktik verfügt; wie aber zugleich keines dieser Mittel so, wie es dem Lernenden in die Hand gelangt, in die Produktion eingehen darf, so verhält sich die pädagogisch taugliche Vergangenheit zur Gegenwart. Manche der avancierteren Komponisten, wie Béla Bartók sein Leben lang, haben sich stets geweigert zu unterrichten. Nicht undenkbar, daß Symptome akademischer Erstarrung bei manchen anderen, auch sehr bedeutenden, mitverschuldet sind durch den Zwang zum Lehren, der allzu leicht im frei Komponierten Spuren des Paradigmas hinterläßt. Offenbar treten pädagogische und ästhetische Forderungen in anwachsenden Widerspruch.

Grundfalsch ist das zur Verteidigung des Traditionalismus gängige Argument: verständlich sei das Alte, unverständlich das Neue. Die Verständlichkeit des Alten bezieht sich lediglich auf das Koordinatensystem, die zur zweiten Natur erstarrte und eben damit in Wahrheit bereits entfremdete Tonalität. Wer sich mit dem Einschnappen gewohnter Erwartungszusammenhänge nicht begnügt und statt dessen mit den Ohren fragt, was am wesentlichen Gehalt von Musik ihm Identifikation ohne Bildungskrücken erlaubt, wird selbst bei Bach, der alle andere Produktion seiner Zeit gebietend unter sich läßt, die Schwierigkeiten größer finden als bei dem aufgelöstesten der so lange als abseitig verfemten Stücke Anton von Weberns, in denen es mitten im Weltfernen ums Nächste der geschichtlichen Stunde geht. Der Historismus verleumdet sein eigenes Prinzip, die Gewalt der Geschichte. Deshalb wird er der Sache nirgends gerecht. Seine Treue ist Untreue etwa in der Insistenz auf den zu Bachs Zeiten üblichen Originalbesetzungen. Daß damals, wie das Musikalische Opfer und die Kunst der Fuge kraß demonstrieren, Besetzungen und Instrumentalfarben nicht ebenso eindeutig waren wie heute, bekundet einen zentralen Unterschied: Farbe fungierte nicht im gleichen Sinn als der integrale Bestandteil der Komposition, zu dem es seit dem neunzehnten Jahrhundert bis zur Klangfarbenmelodie und der Organisation von Farbskalen als Reihen geworden ist. Im Bachischen Originalklang klammert man sich an etwas, was in solcher Bündigkeit in seiner Musik gar nicht enthalten ist. Ein Zufälliges, vielfach Unzulängliches wie die Klangmittel des achtzehnten Jahrhunderts wird fälschlich zur Hauptsache erhoben. Wo Treue zur vergangenen Musik noch möglich ist, erheischt sie nicht die Konservierung der Hülle, in der jene Musik einmal hervortrat, sondern die Realisierung dessen, wozu sie geschichtlich sich entfaltete. Allein der beseelte Ton der Singstimme und der Geige, für die Bach geschrieben hat, genügen, das von Orgel und Cembalo abgezogene historische Interpretationsideal zu widerlegen.

Das Traditionelle nicht weniger als das Neue begründet den Einspruch gegen den Traditionalismus. Die Würde des Vergangenen haftet an seiner Vergangenheit; zäumt man es als unmittelbar lebendig auf, so frevelt man, wo man Pietät zu üben wähnt. Niemand, in dem noch etwas von der Erfahrung geschichtlicher Kontinuität überwintert, wird getreue Kopien bombenzerstörter Gebäude wie die des Würzburger Hauses Zum Falken ohne das Gefühl des Peinlichen wahrnehmen. Unrecht widerfährt dem, was am Vergangenen geliebt wird, dem nicht Vertauschbaren, hier und jetzt und einmal Seienden. Seine erneuernde Wiederholung vollendet das Werk der Bomben, die es wenigstens im Gedächtnis unbeschädigt als Altes ließen. Etwas von diesem Schiefen, Antastenden wird auch bei musikalischen Wiederbelebungen verübt, zumal solchen aus dem fälschlich so genannten Barock. Die Verbindlichkeit, auf welche die Wiederbelebungen zielen, ist gegenwärtig der Erinnerung aus der Kindheit, in der man zum erstenmal das unausweichliche Ineinander einer Fuge vernahm. Solche Verbindlichkeit aber verwandelt sich in infantilen Schein, wenn sie einmal aufs Bedürfnis nach Gängelung zurechtgestutzt wird. Überall ist dafür mit technischen Unstimmigkeiten zu zahlen. Lauterkeit geht in den Gestus über. Das Erbe selbst verlangt, daß man es vor seiner Auferstehung behüte.

 
Fußnoten

 

1 Vgl. Theodor W. Adorno, Einleitung in die Musiksoziologie. Frankfurt 1962, S. 215ff. [GS 14, s. S. 407ff.].

 

2 Vgl. Theodor W. Adorno, Der getreue Korrepetitor. Lehrschriften zur musikalischen Praxis. Frankfurt 1963, S. 134ff. [GS 15, s. S. 284ff.]

 

 
Gesammelte Werke
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