Theodor Steinbüchel, Das Grundproblem der Hegelschen Philosophie. Bd. 1: Die Entdeckung des Geistes. Bonn: Peter Hanstein 1933.
Das ungemein kompendiöse, großen wissenschaftlichen Apparat bemühende Werk Steinbüchels stellt sich dar als Zeugnis jener ›zweiten‹ Hegelrenaissance, die, angeregt teils durch Hartmann, teils durch Heideggers »Hermeneutik« und deren Anwendung auf Kant programmatisch erstmals in Tillichs Hegelvortrag formuliert ward und als bislang wichtigstes Zeugnis selbständiger Arbeit das Buch Marcuses zeitigte. War die ›erste‹ Hegelrenaissance bei Dilthey, den Südwestdeutschen und Croce orientiert an der Idee einer Kritik historischer Vernunft und der ihr zugeordneten Geschichtsphilosophie, mit anderen Worten: war sie einerseits erkenntnistheoretisch, andererseits pragmatisch-historisch orientiert, so geht es der zweiten um Hegels ›Ontologie‹. Für Steinbüchel ist seine Logik zentral ontologisch, »Aufweis der letzten Strukturen des Wirklichen, ja des Logos als des Wirklichkeitsgrundes, der einzigen wahren Wirklichkeit«. Gegenüber der radikalen ontologischen Interpretation Marcuses freilich, die schließlich in die Problematik des neu-ontologischen Fragens selber umschlägt, hält sich die Steinbüchels doch weit mehr im Rahmen eines herkömmlich geistesgeschichtlichen Verstehens, das als Hegels Grundproblem das Verhältnis des Allgemeinen und Besonderen »auf dem Hintergrund der Zeitphilosophie« Kants, Fichtes und Schellings exponiert, um dann »die Entfaltung des Grundproblems als Frage nach dem menschlichen Dasein in seinen überindividuellen Bindungen« zu begreifen; also nicht sowohl als Frage nach einem »existentialen« Seinsbegriff von Lebendigkeit denn vielmehr nach einer »existentiellen« Auslegung individuell-faktischen menschlichen Daseins auf Allgemeinheit, die sich mit ihm »vereint«. Damit mag die stärkere Akzentuierung des systematischen Motivs bei Hegel zusammenhängen, das an Relevanz gewinnt, je mehr die Hegelinterpretation nicht sowohl dem Seinsproblem als dem des Daseienden in seiner Philosophie gerecht werden muß. Insofern nimmt das Buch zwischen Marcuse und der Darstellung etwa Kroners eine Mittelstellung ein. Daß von Steinbüchel dem theologischen Hegel gegenüber dem ›aufklärerischen‹ der Primat zuerkannt wird; daß die Hegelsche Divergenz von partiellem Verstand und totaler Vernunft irrationalistisch betont ist, folgt aus Steinbüchels Grundposition. Deren Auseinandersetzung mit Hegel wird erst im zweiten Band ganz deutlich werden, welcher Darstellung und Kritik der Jenenser und der ›endgültigen‹ Gestalt des Systems verspricht.