Dritter Teil

1946/47

 

Avalanche, veux-tu m'emporter dans ta chute?

 

Baudelaire

 

101

 

Treibhauspflanze. – Die Rede von Früh- und Spätreifen, selten frei vom Todeswunsch für jene, ist nicht stichhaltig. Wer früh reift, lebt in der Antizipation. Seine Erfahrung ist apriorisch, ahnende Sensibilität, die an Bild und Wort ertastet, was Ding und Mensch später erst einlösen. Solche Antizipation, gesättigt gleichsam in sich selber, zieht von der Außenwelt ab und verleiht dem Verhältnis zu dieser leicht die Farbe des neurotisch Spielerischen. Ist der Frühreife mehr als der Besitzer von Geschicklichkeiten, so ist er darum dann gezwungen, sich einzuholen, ein Zwang, der von den Normalen gern als moralisches Gebot ausstaffiert wird. Mühsam muß er der Beziehung zu den Objekten den Raum erobern, der von seiner Vorstellung eingenommen ist: zu leiden selbst muß er lernen. Die Fühlung mit dem Nicht-Ich, dem angeblich spät Reifen kaum je von innen her gestört, wird dem Frühreifen zur Not. Die narzißtische Triebrichtung, angezeigt vom Übergewicht der Imagination in seiner Erfahrung, verzögert seine Reife gerade. Nachträglich erst macht er Situationen, Ängste, Leidenschaften, die in der Antizipation überaus gemildert waren, mit krasser Gewalt durch, und sie verwandeln sich, im Konflikt mit seinem Narzißmus, ins krankhaft Verzehrende. So verfällt er dem Kindischen, das er einmal mit allzu geringer Anstrengung bewältigt hatte und das nun seinen Preis verlangt; er wird unreif und reif die anderen, die auf jeder Stufe waren, wie es von ihnen erwartet wurde, auch albern, und denen unverzeihlich dünkt, was nun den ehemals Frühreifen außer jeglicher Proportion überfällt. Von Passion wird er geschlagen; allzu lange gewiegt in der Sicherheit seiner Autarkie, taumelt er hilflos, wo er einmal die luftigen Brücken baute. Nicht umsonst warnen die Handschriften Frühreifer durch infantile Züge. Sie sind ein Ärgernis der naturhaften Ordnung, und hämische Gesundheit weidet sich an der Gefahr, die ihnen droht, so wie die Gesellschaft ihnen als sichtbarer Negation der Gleichung von Erfolg und Anstrengung mißtraut. In ihrer inwendigen Ökonomie vollzieht sich, bewußtlos, doch unerbittlich, die Strafe, die man ihnen stets gönnte. Was ihnen mit trügender Gutmütigkeit vorgestreckt war, wird gekündigt. Noch im psychologischen Schicksal wacht eine Instanz darüber, daß für alles entgolten werde. Das individuelle Gesetz ist ein Vexierbild des Äquivalententauschs.

 

102

 

Immer langsam voran. – Rennen auf der Straße hat den Ausdruck des Schreckens. Es ist schon das Stürzen des Opfers nachgeahmt in seinem Versuch, dem Sturz zu entfliehen. Die Haltung des Kopfs, der oben bleiben möchte, ist die des Ertrinkenden, das angespannte Gesicht gleicht der Grimasse der Qual. Er muß geradeaus sehen, vermag kaum zurückzublicken, ohne zu straucheln, als säße im Nacken der Verfolger, dessen Antlitz erstarren läßt. Einmal rannte man vor Gefahren, die zu verzweifelt waren zum Standhalten, und ohne es zu wissen zeugt davon noch, wer dem enteilenden Autobus nachläuft. Die Verkehrsordnung braucht mit wilden Tieren nicht mehr zu rechnen, aber sie hat das Rennen nicht zugleich befriedet. Es verfremdet das bürgerliche Gehen. Die Wahrheit wird sichtbar, daß es mit der Sicherheit nichts Rechtes ist, daß man wie stets nur den losgelassenen Mächten des Lebens, wären es auch bloß Vehikel, entkommen muß. Die Gewohnheit des Leibes ans Gehen als das Normale stammt aus der guten alten Zeit. Es war die bürgerliche Weise, von der Stelle zu kommen: physische Entmythologisierung, frei vom Bann des hieratischen Schreitens, der obdachlosen Wanderschaft, der atemlosen Flucht. Menschenwürde bestand auf dem Recht zum Gang, einem Rhythmus, der nicht dem Leib von Befehl oder Schrecken abgedrungen wird. Spaziergang, Flanieren waren Zeitvertreib des Privaten, Erbschaft des feudalen Lustwandelns im neunzehnten Jahrhundert. Mit dem liberalen Zeitalter stirbt das Gehen ab, selbst wo nicht Auto gefahren wird. Die Jugendbewegung, die solche Tendenzen mit untrüglichem Masochismus ertastete, sagte den elterlichen Sonntagsausflügen die Fehde an und ersetzte sie durch freiwillige Gewaltmärsche, welche sie mittelalterlich Fahrt taufte, während zu dieser bald schon das Fordmodell zur Verfügung stand. Vielleicht verbirgt sich im Kultus der technischen Geschwindigkeiten wie im Sport der Impuls, den Schrecken des Rennens zu meistern, indem man es vom eigenen Leib abwendet und zugleich selbstherrlich überbietet: der Triumph des aufsteigenden Meilenzeigers beschwichtigt ritual die Angst des Verfolgten. Wenn aber einem Menschen zugerufen wird: »lauf«, vom Kind, das der Mutter ein vergessenes Täschchen aus dem ersten Stock holen soll, bis zum Gefangenen, dem die Eskorte die Flucht befiehlt, um einen Vorwand zu haben, ihn zu ermorden, dann wird die archaische Gewalt laut, die unhörbar sonst jeden Schritt lenkt.

 

103

 

Heideknabe. – Was man ohne realen Grund, scheinbar von fixen Ideen besessen, am meisten fürchtet, hat den schnöden Hang, Ereignis zu werden. Die Frage, die man um keinen Preis hören möchte, bringt ein Subalterner mit perfid freundlicher Teilnahme vor; die Person, von der man die Geliebte am ängstlichsten fernzuhalten wünscht, wird diese, und wäre es über dreitausend Meilen Entfernung, dank wohlmeinender Empfehlungen gewiß einladen und jene Art von Bekanntschaften herbeiführen, von denen die Gefahr droht. Es steht dahin, wieweit man selber solche Schrecken fördert; ob man etwa jene Frage durchs allzu eifrige Verschweigen dem Hämischen auf die Zunge legt; ob man den fatalen Kontakt provoziert, indem man in albern destruktivem Vertrauen den Vermittler bittet, nicht vermitteln zu wollen. Psychologie weiß, daß, wer das Unheil sich ausmalt, es irgend auch will. Wieso aber kommt es so eifrig ihm entgegen? Auf die paranoide Phantasie spricht etwas in der Realität an, die von jener verbogen wird. Der latente Sadismus aller errät untrüglich die latente Schwäche aller. Und die Verfolgungsphantasie steckt an: wann immer sie begegnet, sind Zuschauer unwiderstehlich dazu getrieben, sie nachzuahmen. Das gelingt am leichtesten, wenn man ihr zum Recht verhilft, indem man das vom anderen Gefürchtete tut. »Ein Narr macht viele« – die abgründige Einsamkeit des Wahns hat eine Tendenz zur Kollektivierung, die das Wahnbild ins Leben zitiert. Dieser pathische Mechanismus harmoniert mit dem heute bestimmenden sozialen, daß die zur verzweifelten Isolierung Vergesellschafteten nach Miteinandersein hungern und zu kalten Haufen sich zusammenrotten. So wird Narrheit epidemisch: die irren Sekten wachsen nach dem gleichen Rhythmus wie die großen Organisationen. Es ist der der totalen Zerstörung. Die Erfüllung der Verfolgungsphantasien rührt her von ihrer Affinität zum blutigen Wesen. Gewalt, auf der Zivilisation basiert, meint Verfolgung aller durch alle, und der Verfolgungswahnsinnige bringt sich in Nachteil bloß, indem er dem Nächsten zuschiebt, was vom Ganzen angerichtet wird, im hilflosen Versuch, die Inkommensurabilität kommensurabel zu machen. Er verbrennt, weil er unmittelbar, gleichsam mit bloßen Händen, den objektiven Wahn greifen möchte, dem er gleicht, während das Absurde selber gerade in der vollendeten Mittelbarkeit besteht. Er fällt als Opfer für den Fortbestand des Verblendungszusammenhangs. Noch die schlimmste und unsinnigste Vorstellung von Ereignissen, die wildeste Projektion enthält die bewußtlose Anstrengung des Bewußtseins, das tödliche Gesetz zu erkennen, kraft dessen die Gesellschaft ihr Leben perpetuiert. Die Aberration ist eigentlich nur der Kurzschluß der Anpassung: die offene Narretei des einen ruft irrtümlich im anderen die Narretei des Ganzen beim richtigen Namen, und der Paranoiker ist das Spottbild des richtigen Lebens, indem er auf eigene Faust dem falschen es gleichzutun beliebt. Wie aber beim Kurzschluß die Funken sprühen, so kommunizieren blitzhaft Wahn und Wahn in der Wahrheit. Kommunikationspunkte sind die schlagenden Bestätigungen der Verfolgungsphantasien, die den Erkrankten damit äffen, daß er recht hat, und um so tiefer nur ihn hinabstoßen. Die Oberfläche des Daseins schließt sogleich sich wieder und beweist ihm, so schlimm sei es gar nicht und er verrückt. Er antizipiert subjektiv den Zustand, in dem, unvermittelt, der objektive Wahnsinn und die Ohnmacht des Einzelnen ineinander übergehen, so wie der Faschismus als Diktatur Verfolgungswahnsinniger alle Verfolgungsängste der Opfer verwirklicht. Ob daher ein überspannter Verdacht paranoisch sei oder realitätsgerecht, das schwache private Echo des Tobens der Geschichte, läßt bloß nachträglich sich entscheiden. Psychologie reicht ans Grauen nicht heran.

 

104

 

Golden Gate. – Dem Gekränkten, Zurückgesetzten geht etwas auf, so grell wie heftige Schmerzen den eigenen Leib beleuchten. Er erkennt, daß im Innersten der verblendeten Liebe, die nichts davon weiß und nichts wissen darf, die Forderung des Unverblendeten lebt. Ihm geschah unrecht; daraus leitet er den Anspruch des Rechts ab und muß ihn zugleich verwerfen, denn was er wünscht, kann nur aus Freiheit kommen. In solcher Not wird der Verstoßene zum Menschen. Wie Liebe unabdingbar das Allgemeine ans Besondere verrät, in dem allein jenem Ehre widerfährt, so wendet tödlich nun das Allgemeine als Autonomie des Nächsten sich gegen sie. Gerade die Versagung, in der das Allgemeine sich durchsetzte, erscheint dem Individuum als Ausgeschlossensein vom Allgemeinen; der Liebe verlor, weiß von allen sich verlassen, darum verschmäht er den Trost. In der Sinnlosigkeit des Entzuges bekommt er das Unwahre aller bloß individuellen Erfüllung zu spüren. Damit aber erwacht er zum paradoxen Bewußtsein des Allgemeinen: des unveräußerlichen und unklagbaren Menschenrechtes, von der Geliebten geliebt zu werden. Mit seiner auf keinen Titel und Anspruch gegründeten Bitte um Gewährung appelliert er an eine unbekannte Instanz, die aus Gnade ihm zuspricht, was ihm gehört und doch nicht gehört. Das Geheimnis der Gerechtigkeit in der Liebe ist die Aufhebung des Rechts, auf die Liebe mit sprachloser Gebärde deutet. »So muß übervorteilt / Albern doch überall sein die Liebe.«

 

105

 

Nur ein Viertelstündchen. – Schlaflose Nacht: dafür gibt es eine Formel, qualvolle Stunden, ohne Aussicht auf Ende und Dämmerung hingedehnt in der vergeblichen Anstrengung, die leere Dauer zu vergessen. Entsetzen aber bereiten schlaflose Nächte, in denen die Zeit sich zusammenzieht und fruchtlos durch die Hände rinnt. Einer löscht das Licht aus in der Hoffnung auf lange Stunden der Ruhe, die ihm helfen möchten. Aber während er nicht die Gedanken beschwichtigen kann, vergeudet sich ihm der heilsame Vorrat der Nacht, und bis er fähig wäre, unter den brennend geschlossenen Augen nichts mehr zu sehen, weiß er, daß es zu spät ist, daß ihn bald der Morgen aufschrecken wird. Ähnlich mag dem zum Tode Verurteilten die letzte Frist unaufhaltsam, ungenützt verstreichen. Was aber in solcher Kontraktion der Stunden sich offenbart, ist das Gegenbild der erfüllten Zeit. Wenn in dieser die Macht der Erfahrung den Bann der Dauer bricht und Vergangenes und Zukünftiges in die Gegenwart versammelt, so stiftet Dauer in der hastig schlaflosen Nacht unerträgliches Grauen. Das Menschenleben wird zum Augenblick, nicht indem es Dauer aufhebt, sondern indem es zum Nichts verfällt, zu seiner Vergeblichkeit erwacht im Angesicht der schlechten Unendlichkeit von Zeit selber. Im überlauten Ticken der Uhr vernimmt man den Spott der Äonen auf die Spanne des eigenen Daseins. Die Stunden, die als Sekunden schon vorbei sind, ehe der innere Sinn sie aufgefaßt hat, und ihn fortreißen in ihrem Sturz, melden ihm, wie er samt allem Gedächtnis dem Vergessen geweiht ist in der kosmischen Nacht. Dessen werden die Menschen heute zwangshaft gewahr. Im Stande der vollendeten Ohnmacht scheint dem Individuum, was ihm noch zu leben gelassen ward, als kurze Galgenfrist. Es erwartet nicht, sein Leben aus sich zu Ende zu leben. Die Aussicht auf gewaltsamen Tod und Marter, einem jeden präsent, setzt sich fort in der Angst, daß die Tage gezählt sind, die Länge des eigenen Lebens unter der Statistik steht; daß Altwerden gleichsam zum unlauteren Vorteil ward, der dem Durchschnitt abgelistet werden muß. Vielleicht ist die von der Gesellschaft widerruflich zur Verfügung gestellte Lebensquote bereits aufgebraucht. Solche Angst registriert der Körper in der Flucht der Stunden. Die Zeit fliegt.

 

106

 

Die Blümlein alle. – Der Satz, von Jean Paul wohl, die Erinnerungen seien der einzige Besitz, den niemand uns wegnehmen könne, gehört in den Vorrat des ohnmächtig sentimentalen Trostes, der die entsagende Zurücknahme des Subjekts in die Innerlichkeit jenem als eben die Erfüllung einreden möchte, von der es abläßt. Mit der Einrichtung des Archivs seiner selbst beschlagnahmt das Subjekt den eigenen Erfahrungsbestand als Eigentum und macht ihn damit wieder zu einem dem Subjekt ganz Äußerlichen. Das vergangene Innenleben wird zum Mobiliar, wie umgekehrt jedes Biedermeierstück geschaffen ward als holzgewordene Erinnerung. Das Intérieur, in dem die Seele die Sammlung ihrer Denkwürdigkeiten und Kuriositäten unterbringt, ist hinfällig. Erinnerungen lassen sich nicht in Schubladen und Fächern aufbewahren, sondern in ihnen verflicht unauflöslich das Vergangene sich mit dem Gegenwärtigen. Keiner verfügt mit der Freiheit und Willkür darüber, deren Lob die Sätze Jean Pauls schwellt. Gerade wo sie beherrschbar und gegenständlich werden, wo das Subjekt ihrer ganz versichert sich meint, verschießen die Erinnerungen wie zarte Tapeten unterm grellen Sonnenlicht. Wo sie aber, geschützt durchs Vergessene, ihre Kraft bewahren, sind sie gefährdet wie alles Lebendige. Die gegen Verdinglichung gewandte Konzeption Bergsons und Prousts, derzufolge das Gegenwärtige, die Unmittelbarkeit nur vermittelt durchs Gedächtnis sich konstituiert, die Wechselwirkung von Jetzt und Damals, hat darum nicht bloß den rettenden, sondern auch den infernalischen Aspekt. Wie kein früheres Erlebnis wirklich ist, das nicht durch unwillkürliches Eingedenken aus der Totenstarre seines isolierten Daseins gelöst ward, so ist umgekehrt keine Erinnerung garantiert, an sich seiend, indifferent gegen die Zukunft dessen, der sie hegt; kein Vergangenes durch den Übergang in die bloße Vorstellung gefeit vorm Fluch der empirischen Gegenwart. Die seligste Erinnerung an einen Menschen kann ihrer Substanz nach widerrufen werden durch spätere Erfahrung. Wer liebte und Liebe verrät, tut Schlimmes nicht nur dem Bilde des Gewesenen, sondern diesem selber an. Mit unwiderstehlicher Evidenz drängt in die Erinnerung eine unwillige Gebärde beim Erwachen, ein abwesender Tonfall, eine leise Hypokrisie der Lust sich ein und macht die Nähe von einst schon zu der Fremdheit, die sie heut geworden ist. Verzweiflung hat den Ausdruck des Unwiderruflichen nicht, weil es nicht noch einmal besser werden könnte, sondern weil sie die Vorzeit selber in ihren Schlund hineinzieht. Darum ist es töricht und sentimental, vor der Schmutzflut des Gegenwärtigen Vergangenes rein erhalten zu wollen. Diesem ist keine Hoffnung gelassen, als daß es, schutzlos dem Unheil ausgeliefert, aus diesem als anderes wieder hervortrete. Wer aber verzweifelt stirbt, dessen ganzes Leben war umsonst.

 

107

 

Ne cherchez plus mon cœur. – Der Erbe der Balzacschen Besessenheit, Proust, dem jede mondäne Einladung den Sesam des wiederhergestellten Lebens aufzutun scheint, geleitet in Labyrinthe, wo prähistorischer Klatsch die finsteren Geheimnisse allen Glanzes ihm zuträgt, bis dieser unter den allzu nahen und sehnsüchtigen Augen stumpf und rissig wird. Aber das Placet futile, die Sorge um eine geschichtlich verurteilte Luxusklasse, der jeder Bürger die Überflüssigkeit vorrechnet, die absurde Energie, die an die Verschwender sich verschwendet, findet gründlicher sich belohnt als der unbefangene Blick fürs Relevante. Das Schema des Zerfalls, nach dem Proust das Bild seiner society zitiert, erweist sich als das einer großen gesellschaftlichen Entwicklungstendenz. Was in Charlus, Saint-Loup und Swann zugrunde geht, ist das Gleiche, was der gesamten nachgeborenen Generation mangelt, die den Namen des letzten Dichters schon nicht mehr kennt. Die exzentrische Psychologie der décadence entwirft die negative Anthropologie der Massengesellschaft: Proust gibt allergische Rechenschaft von dem, was dann aller Liebe angetan wird. Das Tauschverhältnis, dem sie durchs bürgerliche Zeitalter hindurch partiell sich widersetzte, hat sie ganz aufgesogen; die letzte Unmittelbarkeit fällt der Ferne aller Kontrahenten von allen zum Opfer. Liebe erkaltet am Wert, den das Ich sich selber zuschreibt. Sein Lieben erscheint ihm als ein mehr Lieben, und wer mehr liebt, setzt sich ins Unrecht. Er macht sich der Geliebten verdächtig, und auf sich selbst zurückgeworfen, erkrankt seine Neigung an possessiver Grausamkeit und selbstzerstörender Einbildung. »Die Beziehung zur Geliebten«, heißt es im Temps retrouvé, »mag aus ganz anderem Grunde als der Keuschheit der Frau wegen platonisch bleiben und auch nicht um des sinnlichen Charakters der Liebe willen, die jene einflößt. Vielleicht ist der Liebende im Übermaß seiner Liebe unfähig, mit zureichender Verstellung oder Gleichgültigkeit den Augenblick der Erfüllung abzuwarten. Er kommt ihr unablässig entgegen, hört nicht auf ihr zu schreiben, sucht sie zu sehen; sie weigert sich, und er verzweifelt. Von diesem Augenblick an versteht sie, daß, wenn sie ihm nur ihre Gesellschaft oder Freundschaft gewährt, solche Gunst dem, der die Hoffnung bereits aufgab, so groß erscheint, daß sie sich die Mühe ersparen darf, ihm irgend mehr zuzugestehen, so daß sie zuversichtlich warten mag, bis er, unfähig, länger sie nicht mehr zu sehen, sich bereit findet, den Krieg um jeden Preis zu beenden: dann kann sie einen Frieden diktieren, dessen erste Bedingung der platonische Charakter der Beziehung ist ... All das errät die Frau instinktiv und weiß, daß sie sich den Luxus gestatten kann, nie dem Manne sich zu geben, dessen unstillbares Verlangen sie fühlt, wenn er zu hoch geartet ist, um es ihr von Anbeginn zu verbergen.« Der Strichjunge Morel ist stärker als sein hochmögender Liebhaber. »Er behielt stets die Oberhand, wenn er sich nur versagte, und, um sich zu versagen, genügte es ihm wahrscheinlich, sich geliebt zu wissen.« Das private Motiv der Balzacschen Duchesse de Langeais hat universal sich ausgebreitet. Der Qualität eines jeden der ungezählten Autos, die am Sonntagabend nach New York zurückkehren, entspricht genau die Hübschheit des Mädchens, das darin sitzt. – Die objektive Auflösung der Gesellschaft kommt subjektiv daran zutage, daß der erotische Trieb zu schwach ward, um die sich selbst erhaltenden Monaden zu verbinden, so als ob die Menschheit die physikalische Theorie vom explodierenden Weltall imitiere. Der frigiden Unerreichbarkeit des geliebten Wesens, mittlerweile einer anerkannten Institution der Massenkultur, antwortet das »unstillbare Verlangen« des Liebenden. Wenn Casanova eine Frau vorurteilslos nannte, so meinte er, daß keine religiöse Konvention sie daran hindere, sich herzuschenken; heute wäre vorurteilslos die Frau, die nicht länger an die Liebe glaubt, nicht übers Ohr sich hauen läßt, indem sie mehr investiert, als sie zurückerwarten kann. Sexualität, um deretwillen angeblich doch das Getriebe sich erhält, ist zu dem Wahn geworden, der früher in der Versagung bestand. Indem die Einrichtung des Lebens der ihrer selbst bewußten Lust keine Zeit mehr läßt und sie durch physiologische Verrichtungen ersetzt, wird das enthemmte Geschlecht selber desexualisiert. Eigentlich wollen sie schon gar nicht mehr den Rausch, sondern bloß noch den Entgelt, der auf der Leistung steht, die sie als überflüssig am liebsten einsparen möchten.

 

108

 

Prinzessin Eidechse. – Phantasie wird entflammt von Frauen, denen Phantasie gerade abgeht. Am farbigsten leuchtet der Nimbus derer, die ungebrochen nach außen gewandt, ganz nüchtern sind. Ihre Attraktion rührt her vom Mangel des Bewußtseins ihrer selbst, ja eines Selbst überhaupt: Oscar Wilde hat den Namen der rätsellosen Sphinx dafür gefunden. Sie gleichen dem zubestimmten Bilde: je reiner sie Schein sind, ungestört von jeder eigenen Regung, um so ähnlicher sind sie Archetypen, Preziosa, Peregrina, Albertine, die alle Individuation gerade als bloßen Schein ahnen lassen und die doch immer wieder enttäuschen müssen durch das, was sie sind. Ihr Leben wird aufgefaßt wie Illustrationen oder ein ewig währendes Kinderfest, und von solcher Wahrnehmung widerfährt ihrem bedürftigen empirischen Dasein Unrecht. Storm hat das in der hintergründigen Kindergeschichte »Pole Poppenspäler« behandelt. Der friesische Knabe verliebt sich in das kleine Mädchen der Fahrenden aus Bayern. »Als ich endlich umkehrte, sah ich ein rotes Kleidchen mir entgegenkommen; und wirklich, und wirklich, es war die kleine Puppenspielerin; trotz ihres verschossenen Anzugs schien sie mir von einem Märchenglanz umgeben. Ich faßte mir ein Herz und redete sie an: ›Willst du spazieren gehen, Lisei?‹ Sie sah mich mißtrauisch aus ihren schwarzen Augen an. ›Spazieren?‹ wiederholte sie gedehnt. ›Ach du – du bist g'scheidt!‹ ›Wohin willst du denn?‹ – ›Zum Ellenkramer will i!‹ ›Willst du dir ein neues Kleid kaufen?‹ fragte ich tölpelhaft genug. Sie lachte laut auf. ›Geh! Laß mi aus! – Nein; nur so Fetz'ln!‹ ›Fetz'ln, Lisei?‹ – ›Freili! Halt nur so Resteln zu G'wandl für die Pupp'n; 's kost't immer nit viel!‹« Die Armut verhält Lisei dazu, aufs Schäbige – »Fetzeln« – sich zu richten, obwohl sie es gern selber anders möchte. Verständnislos muß sie allem als überspannt mißtrauen, was nicht praktisch sich rechtfertigt. Phantasie tritt der Armut zu nahe. Denn das Schäbige hat Zauber nur für den Betrachter. Und doch bedarf Phantasie der Armut, der sie Gewalt antut: das Glück, dem sie nachhängt, ist den Zügen von Leiden einbeschrieben. So heißt Sades Justine, die von einer Falle der Tortur in die nächste stürzt, notre intéressante héroine, und ebenso Mignon in dem Augenblick, in dem sie geschlagen wird, das interessante Kind. Traumprinzessin und Prügelmädchen sind dieselbe, und sie ahnt nichts davon. Spuren dessen sind noch im Verhältnis der nordischen Völker zu den südlichen: die begüterten Puritaner suchen umsonst bei den Brunetten aus der Fremde, was der von ihnen kommandierte Weltlauf nicht bloß ihnen selbst, sondern erst recht den Vaganten abschneidet. Der Seßhafte beneidet das Nomadentum, die Suche nach frischen Weideplätzen, und der grüne Wagen ist das Haus auf Rädern, dessen Zug die Gestirne begleitet. Infantilität, gebannt in planloser Bewegung, dem glücklos unsteten, momentanen Drang zum Weiterleben, steht ein fürs Unentstellte, für Erfüllung, und schließt sie doch aus, im Innersten der Selbsterhaltung gleich, von der zu erlösen sie vortäuscht. Das ist der Zirkel der bürgerlichen Sehnsucht nach dem Naiven. Das Seelenlose derer, denen am Rande der Kultur das Tägliche die Selbstbestimmung verbietet, Anmut und Qual zugleich, wird zur Phantasmagorie von Seele für die Wohlbestallten, welche von Kultur lernten, der Seele sich zu schämen. Liebe verliert sich ans Seelenlose als an die Chiffre des Beseelten, weil ihr die Lebendigen Schauplatz sind für die verzweifelte Begierde des Rettens, die nur am Verlorenen ihren Gegenstand hat: der Liebe geht Seele erst an deren Absenz auf. So ist menschlich gerade der Ausdruck der Augen, welche denen des Tiers am nächsten sind, der kreaturhaften, fern von der Reflexion des Ichs. Am Ende ist Seele selber die Sehnsucht des Unbeseelten nach Rettung.

 

109

 

L'inutile beauté. – Frauen von besonderer Schönheit sind zum Unglück verurteilt. Auch solche, denen alle Bedingungen günstig sind, denen Geburt, Reichtum, Talent beistehen, scheinen wie verfolgt oder besessen vom Drange zur Zerstörung ihrer selbst und aller menschlichen Verhältnisse, in die sie eintreten. Ein Orakel stellt sie vor die Wahl zwischen Verhängnissen. Entweder sie tauschen klug die Schönheit um den Erfolg. Dann zahlen sie mit dem Glück für dessen Bedingung; wie sie nicht mehr lieben können, vergiften sie die Liebe zu ihnen und bleiben mit leeren Händen zurück. Oder das Privileg der Schönheit gibt ihnen Mut und Sicherheit, der Tauschvertrag aufzusagen. Sie nehmen das Glück ernst, das in ihnen sich verheißt, und geizen nicht mit sich, so bestätigt von der Neigung aller, daß sie ihren Wert nicht erst sich dartun müssen. In ihrer Jugend haben sie die Wahl. Das macht sie wahllos: nichts ist definitiv, alles läßt sogleich sich ersetzen. Ganz früh, ohne viel Überlegung, heiraten sie und verpflichten damit sich auf pedestre Bedingungen, entäußern in gewissem Sinn sich des Privilegs der unendlichen Möglichkeit, erniedrigen sich zu Menschen. Zugleich aber halten sie an dem Kindertraum der Allmacht fest, den ihnen ihr Leben vorgaukelte, und lassen nicht ab – darin unbürgerlich – wegzuwerfen, wofür morgen ein Besseres dasein kann. Das ist ihr Typus des destruktiven Charakters. Gerade daß sie einmal hors de concours waren, bringt sie ins Hintertreffen der Konkurrenz, die sie nun manisch betreiben. Der Gestus der Unwiderstehlichkeit bleibt übrig, während diese schon zerging; Zauber zerfällt, sobald er, anstatt bloß Hoffnung darzustellen, sich häuslich niederläßt. Die Widerstehliche aber ist sogleich das Opfer: sie gerät unter die Ordnung, die sie einmal überflog. Ihrer Generosität wird die Strafe bereitet. Die Verkommene wie die Besessene sind Märtyrinnen des Glücks. Eingegliederte Schönheit ward mittlerweile zum kalkulabeln Element des Daseins, bloßer Ersatz fürs nicht existente Leben, ohne darüber im mindesten noch hinauszureichen. Sie hat sich und den anderen ihr Glücksversprechen gebrochen. Die jedoch, welche dazu steht, nimmt die Aura des Unheils an und wird selber vom Unheil ereilt. Darin hat die aufgeklärte Welt den Mythos ganz und gar aufgesogen. Der Neid der Götter hat diese überlebt.

 

110

 

Constanze. – Überall besteht die bürgerliche Gesellschaft auf der Anstrengung des Willens; nur die Liebe soll unwillkürlich sein, reine Unmittelbarkeit des Gefühls. In der Sehnsucht danach, die den Dispens von der Arbeit meint, transzendiert die bürgerliche Idee von Liebe die bürgerliche Gesellschaft. Aber indem sie das Wahre unvermittelt im allgemeinen Unwahren aufrichtet, verkehrt sie jenes in dieses. Nicht bloß, daß das reine Gefühl, soweit es im ökonomisch determinierten System noch möglich ist, eben damit gesellschaftlich zum Alibi für die Herrschaft des Interesses wird und eine Humanität bezeugt, die nicht existiert. Sondern die Unwillkürlichkeit von Liebe selber, auch wo sie nicht vorweg praktisch eingerichtet ist, trägt zu jenem Ganzen bei, sobald sie sich als Prinzip etabliert. Soll Liebe in der Gesellschaft eine bessere vorstellen, so vermag sie es nicht als friedliche Enklave, sondern nur im bewußten Widerstand. Der jedoch fordert eben jenes Moment von Willkür, das die Bürger, denen Liebe nie natürlich genug sein kann, ihr verbieten. Lieben heißt fähig sein, die Unmittelbarkeit sich nicht verkümmern zu lassen vom allgegenwärtigen Druck der Vermittlung, von der Ökonomie, und in solcher Treue wird sie vermittelt in sich selber, hartnäckiger Gegendruck. Nur der liebt, wer die Kraft hat, an der Liebe festzuhalten. Wenn der gesellschaftliche Vorteil, sublimiert, noch die sexuelle Triebregung vorformt, durch tausend Schattierungen des von der Ordnung Bestätigten bald diesen bald jenen spontan als attraktiv erscheinen läßt, dann widersetzt dem sich die einmal gefaßte Neigung, indem sie ausharrt, wo die Schwerkraft der Gesellschaft, vor aller Intrige, die dann regelmäßig von jener in den Dienst genommen wird, es nicht will. Es ist die Probe aufs Gefühl, ob es übers Gefühl hinausgeht durch Dauer, wäre es auch selbst als Obsession. Jene aber, die, unterm Schein der unreflektierten Spontaneität und stolz auf die vorgebliche Aufrichtigkeit, sich ganz und gar dem überläßt, was sie für die Stimme des Herzens hält, und wegläuft, sobald sie jene Stimme nicht mehr zu vernehmen meint, ist in solcher souveränen Unabhängigkeit gerade das Werkzeug der Gesellschaft. Passiv, ohne es zu wissen, registriert sie die Zahlen, die in der Roulette der Interessen je herauskommen. Indem sie den Geliebten verrät, verrät sie sich selber. Der Befehl zur Treue, den die Gesellschaft erteilt, ist Mittel zur Unfreiheit, aber nur durch Treue vollbringt Freiheit Insubordination gegen den Befehl der Gesellschaft.

 

111

 

Philemon und Baucis. – Der Haustyrann läßt von seiner Frau in den Mantel sich helfen. Eifrig besorgt sie den Liebesdienst und begleitet ihn mit einem Blick, der sagt: was soll ich machen, laßt ihm die kleine Freude, so ist er nun einmal, nur ein Mann. Die patriarchale Ehe rächt sich an dem Herrn durch die Nachsicht, welche die Frau übt und welche in den ironischen Klagen über männliche Wehleidigkeit und Unselbständigkeit zur Formel geworden ist. Unterhalb der verlogenen Ideologie, welche den Mann als Überlegenen hinstellt, liegt eine geheime, nicht minder unwahr, die ihn zum Inferioren, zum Opfer von Manipulation, Manövern, Betrug herabsetzt. Der Pantoffelheld ist der Schatten dessen, der hinaus muß ins feindliche Leben. Mit dem gleichen bornierten Scharfsinn wie der Gatte von der Gattin werden allgemein Erwachsene von Kindern eingeschätzt. In dem Mißverhältnis zwischen seinem autoritären Anspruch und seiner Hilflosigkeit, das in der Privatsphäre notwendig zutage tritt, steckt ein Lächerliches. Jedes gemeinsam auftretende Ehepaar ist komisch, und das versucht das geduldige Verstehen der Frau auszugleichen. Kaum eine länger Verheiratete, die nicht durch Tuscheln über kleine Schwächen den Gemahl desavouierte. Falsche Nähe reizt zur Bosheit, und im Bereich des Konsums ist stärker, wer die Hände auf den Dingen hat. Hegels Dialektik von Herr und Knecht gilt nach wie vor in der archaischen Ordnung des Hauses und wird verstärkt, weil die Frau verbissen an dem Anachronismus festhält. Als verdrängte Matriarchin wird sie dort gerade zum Meister, wo sie dienen muß, und der Patriarch braucht nur als solcher zu erscheinen, um Karikatur zu sein. Solche gleichzeitige Dialektik der Zeitalter hat dem individualistischen Blick sich als »Kampf der Geschlechter« präsentiert. Beide Gegner haben Unrecht. In der Entzauberung des Mannes, dessen Macht auf dem Geldverdienen beruht, das als menschlicher Rang sich aufspielt, drückt die Frau zugleich die Unwahrheit der Ehe aus, in der sie ihre ganze Wahrheit sucht. Keine Emanzipation ohne die der Gesellschaft.

 

112

 

Et dona ferentes. – Deutsche Freiheitsphilister haben stets besonders viel auf das Gedicht vom Gott und der Bajadere sich zugute getan, mit der Schlußfanfare, daß Unsterbliche verlorene Kinder mit feurigen Armen zum Himmel emporheben. Der approbierten Großherzigkeit ist nicht zu trauen. Sie eignet das bürgerliche Urteil über die käufliche Liebe gründlich sich zu; den Effekt allväterlichen Verstehens und Verzeihens erzielt sie nur, indem sie die liebliche Gerettete mit schauderndem Entzücken als Verlorene anschwärzt. Der Gnadenakt ist an Kautelen gebunden, die ihn illusorisch machen. Um sich die Erlösung zu verdienen – als ob eine verdiente Erlösung überhaupt noch eine wäre –, darf das Mädchen selbst an »des Lagers vergnüglicher Feier« »nicht um Wollust noch Gewinnst« teilnehmen. Ja warum denn sonst? Tastet nicht die reine Liebe, die ihr zugemutet wird, plump den Zauber an, den Goethes Tanzrhythmen um die Gestalt winden und der dann freilich selbst durch die Rede vom tiefen Verderben nicht mehr zu tilgen ist? Aber es soll aus ihr durchaus auch so eine gute Seele werden, die sich einmal nur vergessen. Um ins Gehege der Humanität zugelassen zu werden, muß die Buhlerin, auf deren Tolerierung Humanität pocht, erst aufhören, eine zu sein. Es freut sich die Gottheit der reuigen Sünder. Die ganze Expedition dorthin, wo die letzten Häuser sind, ist eine Art von metaphysischer slumming party, eine Veranstaltung der patriarchalen Gemeinheit, sich doppelt groß aufzuspielen, indem sie erst die Distanz von männlichem Geist und weiblicher Natur ins Ungemessene steigert und dann auch noch die Machtvollkommenheit, den selbstgeschaffenen Unterschied zurückzunehmen, als höchste Güte drapiert. Der Bürger braucht die Bajadere, nicht bloß um des Vergnügens willen, das er jener zugleich mißgönnt, sondern um sich recht als Gott zu fühlen. Je mehr er sich dem Rand seines Bereiches nähert und seine Würde vergißt, desto krasser das Ritual der Gewalt. Die Nacht hat ihre Lust, aber die Hure wird doch verbrannt. Der Rest ist die Idee.

 

113

 

Spielverderber. – Die von der psychologischen Allerweltsweisheit bemerkte Affinität von Askese und Rausch, die Haßliebe von Heiligen und Huren hat den objektiv triftigen Grund, daß die Askese der Erfüllung mehr von ihrem Recht gibt als die kulturelle Abschlagszahlung. Lustfeindschaft läßt gewiß vom Einverständnis mit der Disziplin einer Gesellschaft nicht sich trennen, die ihr Wesen daran hat, mehr zu verlangen als zu gewähren. Aber es gibt auch ein Mißtrauen gegen die Lust aus der Ahnung heraus, jene sei keine in dieser Welt. Eine Konstruktion Schopenhauers drückt bewußtlos etwas von solcher Ahnung aus. Der Übergang von der Bejahung zur Verneinung des Willens zum Leben geschieht in der Entfaltung des Gedankens, daß jede Hemmung des Willens durch ein Hindernis, »welches sich zwischen ihn und sein einstweiliges Ziel stellt, leidet; hingegen sein Erreichen des Ziels Befriedigung, Wohlseyn, Glück« sei. Während aber solches »Leiden«, Schopenhauers intransigenter Erkenntnis zufolge, so anzuwachsen tendiert, daß der Tod leicht genug wünschbar werde, sei der Zustand der »Befriedigung« selber unbefriedigend, weil »sobald Noth und Leiden dem Menschen eine Rast vergönnen, die Langeweile gleich so nahe ist, daß er des Zeitvertreibs nothwendig bedarf. Was alle Lebenden beschäftigt und in Bewegung erhält, ist das Streben nach Daseyn. Mit dem Daseyn aber, wenn es ihnen gesichert ist, wissen sie nichts anzufangen: daher ist das Zweite, was sie in Bewegung setzt, das Streben, die Last des Daseyns los zu werden, es unfühlbar zu machen, ›die Zeit zu tödten‹, d.h. der Langeweile zu entgehen.« (Schopenhauer, Sämtliche Werke [Großherzog Wilhelm-Ernst-Ausgabe]. Bd. I: Die Welt als Wille und Vorstellung. I. Hrsg. von Eduard Grisebach. Leipzig o.J. [1920], S. 415.) Aber der Begriff dieser Langeweile, zu so unvermuteter Dignität erhoben, ist, was Schopenhauers geschichtsfeindlicher Sinn am letzten zugestehen möchte, durch und durch bürgerlich. Sie gehört als Komplement zur entfremdeten Arbeit, als Erfahrung der antithetisch »freien Zeit«, sei es, daß diese bloß die verausgabte Kraft reproduzieren soll, sei es, daß die Aneignung fremder Arbeit als Hypothek auf ihr lastet. Die freie Zeit bleibt der Reflex auf den dem Subjekt heteronom auferlegten Rhythmus der Produktion, der auch in den müden Pausen zwangshaft festgehalten ist. Das Bewußtsein der Unfreiheit der ganzen Existenz, das der Druck der Anforderungen des Erwerbs, also Unfreiheit selber, nicht aufkommen läßt, tritt erst im Intermezzo der Freiheit hervor. Die nostalgie du dimanche ist nicht das Heimweh nach der Arbeitswoche, sondern nach dem von dieser emanzipierten Zustand; der Sonntag läßt unbefriedigt, nicht weil an ihm gefeiert wird, sondern weil sein eigenes Versprechen unmittelbar zugleich als unerfülltes sich darstellt; wie der englische ist jeder Sonntag es zu wenig. Wem die Zeit qualvoll sich dehnt, der wartet vergeblich, enttäuscht darüber, daß es ausblieb, daß morgen schon wieder gestern weitergeht. Die Langeweile derer jedoch, die nichts zu arbeiten brauchen, ist davon nicht durchaus verschieden. Gesellschaft als Totalität verhängt über die Verfügungsgewaltigen, was sie den anderen antun, und was diese nicht dürfen, erlauben jene kaum sich selber. Die Bürger haben aus der Sattheit, die der Seligkeit verwandt wäre, ein Schimpfwort gemacht. Weil die anderen hungern, will die Ideologie, daß die Absenz von Hunger für ordinär gilt. So klagen die Bürger den Bürger an. Ihr eigenes Ausgenommensein von Arbeit verwehrt das Lob der Faulheit: diese sei langweilig. Der hektische Betrieb, den Schopenhauer meint, gilt weniger der Unerträglichkeit des privilegierten Zustands als seiner Ostentation, die je nach der geschichtlichen Lage den sozialen Abstand vergrößern oder durch vorgeblich wichtige Veranstaltungen zum Schein herabsetzen, die Nützlichkeit der Herren bekräftigen soll. Wenn man sich wirklich droben langweilt, so rührt das nicht von zuviel Glück her, sondern davon, daß es vom allgemeinen Unglück gezeichnet ist; vom Warencharakter, der die Vergnügungen der Idiotie überantwortet, von der Roheit des Kommandos, deren Echo in der Ausgelassenheit der Herrschenden schreckhaft tönt, schließlich von ihrer Angst vor der eigenen Überflüssigkeit. Keiner, der vom Profitsystem profitiert, vermag darin ohne Schande zu existieren, und sie entstellt noch die unentstellte Lust, obwohl die Ausschweifungen, welche die Philosophen beneiden, zu Zeiten gar nicht so langweilig mögen gewesen sein, wie Jene versichern. Daß in der realisierten Freiheit Langeweile verschwände, dafür spricht manches an Erfahrungen, die der Zivilisation geraubt werden. Der Satz omne animal post coitum triste ist von der bürgerlichen Menschenverachtung ersonnen worden: nirgends mehr als an dieser Stelle unterscheidet das Humane sich von der kreatürlichen Trauer. Nicht auf den Rausch sondern auf die gesellschaftlich approbierte Liebe folgt der Ekel: sie ist, nach Ibsens Wort, klebrig. Dem erotisch Ergriffenen wandelt die Müdigkeit sich in die Bitte um Zärtlichkeit, und das momentane Unvermögen des Geschlechts wird als Zufälliges, der Leidenschaft ganz Äußerliches begriffen. Nicht umsonst hat Baudelaire die hörige erotische Obsession und die aufleuchtende Vergeistigung zusammengedacht und Kuß, Duft, Gespräch gleichermaßen unsterblich genannt. Die Vergänglichkeit von Lust, auf die Askese sich beruft, steht dafür ein, daß außer in den minutes heureuses, in denen das vergessene Leben des Liebenden in den Knien der Geliebten widerstrahlt, Lust überhaupt noch nicht sei. Selbst die christlichen Denunziationen des Sexus in Tolstois Kreutzersonate können die Erinnerung daran inmitten aller Kapuzinerpredigt nicht ganz austilgen. Was er der sinnlichen Liebe vorhält, ist nicht nur das großartig sich überschlagende theologische Motiv der Selbstverleugnung, daß kein Mensch je einen anderen sich zum Objekt machen darf, eigentlich also der Protest gegen die patriarchale Verfügung, sondern zugleich auch Eingedenken an die bürgerliche Mißgestalt des Sexus, an dessen trübe Verfilzung mit jeglichem materiellen Interesse, an die Ehe als schmählichen Kompromiß, soviel auch an Rousseauschem Ressentiment gegen den in der Reflexion gesteigerten Genuß mit unterläuft. Der Angriff auf die Verlobungszeit trifft die Familienphotographie, der das Wort Bräutigam ähnelt. »Dazu kam noch diese widerwärtige Gewohnheit des Konfektmitbringens, der Überladung mit allerhand Süßigkeiten und alle die abscheulichen Vorbereitungen zur Hochzeit: nur von der Wohnung, dem Schlafzimmer, den Betten, von Haus- und Schlafröcken, Wäsche, Toiletteartikeln hörte man ringsum reden.« Ähnlich spottet er über die Flitterwochen, die der Enttäuschung nach dem Besuch einer marktschreierisch empfohlenen und »höchst uninteressanten« Jahrmarktsbude verglichen werden. Am dégoût tragen weniger die erschöpften Sinne schuld als das Institutionelle, Erlaubte, Eingebaute, die falsche Immanenz der Lust in einer Ordnung, von der sie zugerichtet wird und die sie zum Todtraurigen macht in dem Augenblick, in dem sie sie verordnet. Solcher Widerwille vermag so anzuwachsen, daß schließlich aller Rausch inmitten der Versagungen lieber unterbleibt, als durch Verwirklichung an seinem Begriff zu freveln.

 

114

 

Heliotrop. – Dem, zu dessen Eltern Logierbesuch kommt, schlägt das Herz mit größerer Erwartung als je vor Weihnachten. Sie gilt nicht Geschenken sondern dem verwandelten Leben. Das Parfüm, das die eingeladene Dame auf die Kommode stellt, während er beim Auspacken zusehen darf, hat den Duft, der der Erinnerung gleicht, schon wenn er ihn zum ersten Mal atmet. Die Koffer mit den Schildern vom Suvrettahaus und von Madonna di Campiglio sind Truhen, in denen die Edelsteine Aladins und Ali Babas, eingehüllt in kostbare Gewebe, die Kimonos des Logierbesuchs, aus den Karawansereien der Schweiz und Südtirols in Schlafwagensänften herbeigeschleppt werden zur gesättigten Betrachtung. Und wie im Märchen Feen zu Kindern reden, so redet der Besuch ernsthaft, ohne Herablassung zum Kinde des Hauses. Verständig fragt es nach Land und Leuten, und die, für welche es nicht täglich vertraut ist und die nichts sieht als die Faszination in seinen Augen, antwortet ihm mit Schicksalssprüchen von der Gehirnerweichung des Schwagers und den Ehehändeln des Neffen. So fühlt das Kind mit einem Male in den mächtigen und geheimnisvollen Bund der Erwachsenen sich aufgenommen, die magische Runde der vernünftigen Leute. Mit der Ordnung des Tages – vielleicht darf am folgenden die Schule versäumt werden – sind auch die Grenzen zwischen den Generationen suspendiert, und die wahre Promiskuität ahnt, wer um elf Uhr immer noch nicht ins Bett geschickt wird. Der eine Besuch weiht den Donnerstag zum Fest, in dessen Rauschen man mit der ganzen Menschheit zu Tische zu sitzen meint. Denn der Gast kommt von weither. Sein Erscheinen verspricht dem Kind das Jenseits der Familie und gemahnt es daran, daß diese das letzte nicht sei. Die Sehnsucht ins ungestalte Glück, in den Teich der Salamander und Störche, die das Kind mühsam zu bändigen lernte und durch das Schreckbild des schwarzen Mannes, des Unholds, der es entführen will, verstellte – hier findet es ohne Angst nun sie wieder. Mitten unter den Seinen und ihnen befreundet erscheint die Figur dessen, was anders ist. Die wahrsagende Zigeunerin, durch die Vordertür eingelassen, wird in der besuchenden Dame losgesprochen und verklärt sich zum rettenden Engel. Sie nimmt vom Glück der nächsten Nähe den Fluch, indem sie es der äußersten Ferne vermählt. Darauf wartet das ganze Dasein des Kindes, und so muß später noch warten können, wer das Beste der Kindheit nicht vergißt. Liebe zählt die Stunden bis zu jener, da der Logierbesuch über die Schwelle tritt und das verfärbte Leben wieder herstellt durch ein Unmerkliches: »Da bin ich wieder / hergekommen aus weiter Welt.«

 

115

 

Reiner Wein. – Ob ein Mensch es gut mit dir meint, dafür gibt es ein fast untrügliches Kriterium: wie jener unfreundliche oder feindselige Äußerungen über dich referiert. Meist sind solche Berichte überflüssig, nichts als Vorwände, Übelwollen ohne Verantwortung, ja im Namen des Guten durchdringen zu lassen. Wie alle Bekannten die Neigung verspüren, von allen gelegentlich Schlechtes zu sagen, wohl auch weil sie gegen das Grau der Bekanntschaft aufbegehren, so ist jeder zugleich gegen die Ansichten eines jeden empfindlich und wünscht sich insgeheim, dort noch geliebt zu werden, wo er selber gar nicht liebt: nicht weniger wahllos und allgemein als die Entfremdung zwischen den Menschen ist die Sehnsucht, sie zu durchbrechen. In diesem Klima gedeiht der Kolporteur, dem es nie an Stoff und Unheil fehlt, und der stets damit rechnen darf, daß, wer möchte, daß alle ihn mögen, begierig lauert, das Gegenteil zu erfahren. Abfällige Bemerkungen sollte man wiedergeben nur, wenn es unmittelbar und durchsichtig um gemeinsame Entscheidungen, die Beurteilung von Menschen geht, auf die man sich zu verlassen, mit denen man etwa zu arbeiten hat. Je uninteressierter der Bericht, desto trüber das Interesse, die verdrückte Lust, Schmerz zuzufügen. Harmlos ist es noch, wenn der Erzähler die beiden Kontrahenten schlicht gegeneinander aufhetzen und zugleich seine eigenen Qualitäten ins Licht rücken will. Häufiger tritt er als unausdrücklich berufenes Mundstück der öffentlichen Meinung auf und gibt gerade durch affektlose Objektivität dem Opfer die ganze Gewalt des Anonymen zu verstehen, vor dem es ducken soll. Die Lüge wird offenbar an der unnützen Sorge um die Ehre des Beleidigten, der von der Beleidigung nichts weiß, um klare Verhältnisse, um innere Reinlichkeit: sobald diese in der verstrickten Welt verfochten wird, befördert man seit Gregers Werle die Verstrickung. Kraft des moralischen Eifers wird der Wohlmeinende zum Zerstörer.

 

116

 

Und höre nur, wie bös er war. – Solche, die in unvermutete Lebensgefahr, jähe Katastrophen hineingerieten, berichten oft, daß sie zu einem überraschenden Maße frei von Angst waren. Der allgemeine Schrecken kehrt sich nicht spezifisch gegen sie, sondern trifft sie als bloße Einwohner einer Stadt, Mitglieder eines größeren Verbandes. Ins Zufällige, gleichsam Unbeseelte schicken sie sich, als ginge es sie eigentlich nichts an. Psychologisch wird Angstlosigkeit durch Mangel an Angstbereitschaft gegenüber dem überwältigenden Schlag erklärt. Die Freiheit der Augenzeugen hat etwas Beschädigtes, der Apathie Verwandtes. Der psychische Organismus gleich dem Leib ist auf Erlebnisse einer Größenordnung eingestimmt, die ihm selber irgend entspricht. Steigert der Gegenstand der Erfahrung sich über die Proportion zum Individuum hinaus, so erfährt es ihn eigentlich gar nicht mehr, sondern registriert ihn unvermittelt, durch den anschauungslosen Begriff, als ein ihm Äußerliches, Inkommensurables, zu dem es so kalt sich verhält, wie der katastrophische Schock zu ihm. Im Moralischen gibt es ein Analogon dazu. Wer Handlungen begeht, die nach den anerkannten Normen als großes Unrecht gelten, wie die Rache an Feinden, die Verweigerung von Mitleid, wird dabei kaum der Schuld spontan sich bewußt sein und eher diese mit mühsamer Anstrengung sich selbst vergegenwärtigen. Die Lehre von der Staatsraison, die Trennung von Moral und Politik ist nicht unberührt von diesem Sachverhalt. In seinem Sinne faßt sie den extremen Gegensatz von öffentlichem Wesen und Einzelexistenz auf. Der große Frevel stellt in weitem Maß dem Individuum als bloßes Vergehen gegen die Konvention sich dar, nicht bloß weil jene Normen, die er verletzt, selber ein Konventionelles, Erstarrtes, für das lebendige Subjekt Unverbindliches haben, sondern weil ihre Objektivierung als solche, auch wo ihnen Substanz zugrunde liegt, sie der moralischen Innervation, dem Umkreis des Gewissens entrückt. Der Gedanke an einzelne Taktlosigkeiten jedoch, Mikroorganismen des Unrechts, die vielleicht kein anderer bemerkte: daß man auf einer Gesellschaft zu früh an einen Tisch sich setzte, oder bei einem Tee Kärtchen mit den Namen der Gäste auf ihre Plätze legte, wie es erst beim Diner sich gehört – solche Lappalien mögen den Delinquenten mit unbezwinglicher Reue und leidenschaftlich schlechtem Gewissen erfüllen, zuweilen mit so brennender Scham, daß er sie keinem Menschen und am liebsten nicht einmal sich selbst eingestünde. Er ist dabei keineswegs durchaus edel, denn er weiß, daß die Gesellschaft gegen Unmenschlichkeit gar nichts, gegen falsches Benehmen um so mehr einzuwenden hat, und daß ein Mann, der die kleine Freundin wegschickt und als rechter Herr sich bewährt, der sozialen Sanktion sicher sein kann, einer aber, der einem gar zu jungen Mädchen von Familie respektvoll die Hand küßt, der Lächerlichkeit sich aussetzt. Jedoch die luxuriös narzißtischen Sorgen gewähren noch einen zweiten Aspekt: den des Refugiums der von der vergegenständlichten Ordnung zurückprallenden Erfahrung. An die kleinsten Züge des Verfehlten oder Korrekten reicht das Subjekt heran und vermag an ihnen als richtig oder falsch handelndes sich zu bewähren; seine Indifferenz gegen die sittliche Schuld aber ist getönt von dem Bewußtsein, daß die Ohnmacht der eigenen Entscheidung anwächst mit der Dimension ihres Gegenstands. Stellt man nachträglich fest, daß man damals, als man mit der Freundin im Bösen auseinanderging, ohne sie wieder anzurufen, in der Tat sie verstoßen habe, so wohnt der Vorstellung davon ein leicht Komisches inne; es klingt wie die Stumme von Portici. »Murder«, heißt es in einem Detektivroman von Ellery Queen, »is so ... newspapery. It doesn't happen to you. You read about it in a paper, or in a detective story, and it makes you wriggle with disgust, or sympathy. But it doesn't mean anything.« Autoren wie Thomas Mann haben daher zeitungsfähige Katastrophen, vom Eisenbahnunglück bis zur Mordtat der Verschmähten, grotesk beschrieben und gleichsam das Lachen, das die feierliche Hauptbegebenheit wie das Begräbnis unwiderstehlich sonst provoziert, gebannt, indem sie es zur Sache des poetischen Subjekts machten. Im Gegensatz dazu sind die minimalen Verstöße darum so relevant, weil wir in ihnen gut und böse sein können, ohne darüber zu lächeln, wäre auch unser Ernst ein wenig wahnhaft. An ihnen lernen wir mit dem Moralischen umgehen, es bis in die Haut hinein – als Erröten – spüren, dem Subjekt es zueignen, das auf das gigantische Sittengesetz in sich so hilflos blickt wie auf den gestirnten Himmel, den jenes schlecht nachahmt. Daß jene Begegnisse an sich amoralisch seien, während doch auch spontan gute Regungen, menschliche Teilnahme ohne das Pathos der Maxime sich ereigneten, entwertet nicht die Verliebtheit ins Geziemende. Denn indem die gute Regung, ohne um Entfremdung sich zu kümmern, das Allgemeine geradenwegs ausdrückt, läßt sie leicht genug das Subjekt als ein sich selbst Entfremdetes, als bloßen Agenten der Gebote hervortreten, mit denen es sich eins dünkt: als prächtigen Menschen. Umgekehrt vermag der, dessen moralischer Impuls aufs ganz Äußerliche, die fetischisierte Konvention anspricht, im Leiden an der unüberwindlichen Divergenz von innen und außen, die er in ihrer Verhärtung festhält, das Allgemeine zu ergreifen, ohne sich selber und die Wahrheit seiner Erfahrung darüber zu opfern. Seine Überspannung aller Distanzen meint die Versöhnung. Dabei verhält der Monomane sich nicht ohne einige Rechtfertigung durch den Gegenstand. In der Sphäre des Umgangs, auf die er sich kapriziert, kehren alle Aporien des falschen Lebens wieder, und seine Verranntheit hat es mit dem Ganzen zu tun, nur daß er hier den sonst seiner Reichweite entrückten Konflikt paradigmatisch, in Strenge und Freiheit austragen kann. Wer dagegen seiner Reaktionsweise nach mit der gesellschaftlichen Realität konformiert, dessen Privatleben gebärdet sich genau so formlos, wie die Abschätzung der Machtverhältnisse ihre Form ihm aufzwingt. Er hat die Neigung, wo immer er der Aufsicht durch die Außenwelt entzogen ist, wo immer er im erweiterten Umkreis des eigenen Ichs zu Hause sich fühlt, rücksichtslos und brutal aufzutreten. An denen, die ihm nahe sind, rächt er sich für alle Disziplin und allen Verzicht auf die unmittelbare Äußerung der Aggression, den die Fernen ihm auferlegen. Er verhält sich nach außen, gegen die objektiven Feinde höflich und freundlich, in Freundesland aber kalt und feindselig. Wo ihn nicht Zivilisation als Selbsterhaltung zur Zivilisation als Humanität nötigt, läßt er seiner Wut gegen diese freien Lauf und widerlegt die eigene Ideologie von Heim, Familie und Gemeinschaft. Dagegen geht die mikrologisch verblendete Moral an. Sie wittert im entspannt Familiären, Formlosen den bloßen Vorwand der Gewalt, die Berufung darauf, wie gut man miteinander sei, um nach Herzenslust böse sein zu können. Sie unterwirft das Intime dem kritischen Anspruch, weil Intimitäten entfremden, die unwägbar feine Aura des anderen antasten, die ihn zum Subjekt erst krönt. Einzig durch die Anerkennung von Ferne im Nächsten wird Fremdheit gemildert: hineingenommen ins Bewußtsein. Der Anspruch ungeschmälerter, je schon erreichter Nähe jedoch, die Verleugnung der Fremdheit gerade, tut dem andern das äußerste Unrecht an, negiert ihn virtuell als besonderen Menschen und damit das Menschliche in ihm, »rechnet ihn dazu«, verleibt ihn dem Inventar des Besitzes ein. Wo das Unmittelbare sich selber setzt und verschanzt, setzt eben dadurch die schlechte Mittelbarkeit der Gesellschaft hintersinnig sich durch. Der Sache von Unmittelbarkeit nimmt einzig noch die behutsamste Reflexion sich an. Darauf wird die Probe im Kleinsten gemacht.

 

117

 

Il servo padrone. – Zu den stumpfsinnigen Leistungen, welche die herrschaftliche Kultur von den Unterklassen verlangt, werden diese fähig allein durch permanente Regression. Gerade das Ungeformte an ihnen ist Produkt der gesellschaftlichen Form. Die Erzeugung von Barbaren durch die Kultur ist aber stets von dieser dazu ausgenutzt worden, ihr eigenes barbarisches Wesen am Leben zu erhalten. Herrschaft delegiert die physische Gewalt, auf der sie beruht, an Beherrschte. Während diesen die Genugtuung zuteil wird, ihre verbogenen Instinkte als das kollektiv Rechte und Billige auszutoben, lernen sie zu verüben, wessen die Edlen bedürfen, damit sie es sich leisten können, edel zu bleiben. Die Selbsterziehung der herrschenden Clique mit allem, was sie an Disziplin, Abdrosselung jeder unmittelbaren Regung, zynischer Skepsis und blinder Kommandolust erheischt, käme nicht zustande, wenn nicht die Unterdrücker durch gedungene Unterdrückte sich selber ein Stück der Unterdrückung bereiteten, die sie den anderen bereiten. Daher wohl sind die psychologischen Differenzen zwischen den Klassen so viel geringer als die objektiv-ökonomischen. Die Harmonie des Unversöhnlichen kommt dem Fortbestand der schlechten Totalität zugute. Die Gemeinheit des Vorgesetzten und die Schneidigkeit des Gemeinen verstehen sich. Von den Dienstboten und Gouvernanten, die Kinder aus guten Häusern dem Ernst des Lebens zuliebe schikanieren, über die Lehrer aus dem Westerwald, die ihnen wie den Gebrauch der Fremdwörter so die Lust an aller Sprache austreiben, über die Beamten und Angestellten, die sie Schlange stehen lassen, die Unteroffiziere, die sie treten, geht es schnurstracks zu den Folterknechten der Gestapo und den Bürokraten der Gaskammern. Auf die Delegierung der Gewalt an die Unteren sprechen früh die Regungen der Oberen selber an. Wem es bei der Wohlerzogenheit der Eltern graut, flüchtet in die Küche und wärmt sich an den Kraftausdrücken der Köchin, die insgeheim das Prinzip der elterlichen Wohlerzogenheit abgeben. Die feinen Leute zieht es zu den unfeinen, deren Roheit trügend ihnen verheißt, worum die eigene Kultur sie bringt. Sie wissen nicht, daß das Unfeine, das ihnen anarchische Natur dünkt, nichts ist als der Reflex auf den Zwang, gegen den sie sich sträuben. Zwischen der Klassensolidarität der Oberen und ihrer Anbiederung an die Abgesandten der Unterklasse vermittelt ihr berechtigtes Schuldgefühl den Armen gegenüber. Wer aber den Ungefügen sich fügen lernte, wem das »So wird das hier gemacht« bis ins Innerste drang, der ist schließlich selbst so einer geworden. Bettelheims Beobachtung von der Identifikation der Opfer mit den Henkern der Nazilager enthält das Urteil über die gehobenen Pflanzstätten der Kultur, die englische Public School, die deutsche Kadettenanstalt. Der Widersinn wird durch sich selbst perpetuiert: Herrschaft erbt sich fort durch die Beherrschten hindurch.

 

118

 

Hinunter und immer weiter. – Es scheinen die privaten Beziehungen zwischen den Menschen nach dem Modell des industriellen bottleneck sich zu formen. Noch in der kleinsten Gemeinschaft gehorcht das Niveau dem Subalternsten ihrer Mitglieder. Wer in der Konversation etwa über den Kopf auch nur eines einzigen hinwegredet, wird taktlos. Der Humanität zuliebe beschränkt das Gespräch sich aufs Nächste, Stumpfste und Banalste, wenn nur ein Inhumaner anwesend ist. Seitdem die Welt den Menschen die Rede verschlagen hat, behält der Unansprechbare recht. Er braucht bloß stur auf seinem Interesse und seiner Beschaffenheit zu beharren, um durchzudringen. Schon daß der andere, vergeblich um Kontakt bemüht, in plädierenden oder werbenden Tonfall gerät, macht ihn zum Schwächeren. Da das bottleneck keine Instanz kennt, die übers Tatsächliche sich erhöbe, während Gedanke und Rede notwendig auf eine solche Instanz verweisen, wird Intelligenz zur Naivetät, und das nehmen die Dummköpfe unwiderleglich wahr. Das Eingeschworensein aufs Positive wirkt als Schwerkraft, die alle hinunterzieht. Sie zeigt der opponierenden Regung sich überlegen, indem sie in die Verhandlung mit dieser gar nicht mehr eintritt. Der Differenziertere, der nicht untergehen will, bleibt zur Rücksicht auf alle Rücksichtslosen strikt verhalten. Von der Unruhe des Bewußtseins brauchen diese nicht länger sich plagen zu lassen. Geistige Schwäche, bestätigt als universales Prinzip, erscheint als Kraft zum Leben. Formalistisch-administratives Erledigen, schubfächerweise Trennung alles dem Sinne nach Untrennbaren, verbohrte Insistenz auf der zufälligen Meinung bei Abwesenheit jeglichen Grundes, kurz die Praktik, jeden Zug der mißlungenen Ichbildung zu verdinglichen, dem Prozeß der Erfahrung zu entziehen und als das letzte So bin ich nun einmal zu behaupten, genügt, unbezwingliche Positionen zu erobern. Man darf des Einverständnisses der anderen, ähnlich Deformierten, wie des eigenen Vorteils gewiß sein. Im zynischen Pochen auf den eigenen Defekt lebt die Ahnung, daß der objektive Geist auf der gegenwärtigen Stufe den subjektiven liquidiert. Sie sind down to earth wie die zoologischen Ahnen, ehe diese sich auf die Hinterbeine stellten.

 

119

 

Tugendspiegel. – Allbekannt ist der Zusammenhang von Unterdrückung und Moral als Triebverzicht. Aber die moralischen Ideen unterdrücken nicht nur die anderen, sondern sind von der Existenz der Unterdrücker unmittelbar deriviert. Seit Homer läßt der griechische Sprachgebrauch die Begriffe des Guten und des Reichen ineinander spielen. Die Kalokagathie, die von den Humanisten der neuzeitlichen Gesellschaft als Muster ästhetischmoralischer Harmonie vorgehalten wurde, hat stets schwere Akzente auf den Besitz gelegt, und die Aristotelische Politik gesteht unbefangen die Fusion des inneren Wertes mit dem Status zu in der Bestimmung des Adels, der »ererbter Reichtum, mit Trefflichkeit verbunden« sei. Die Konzeption der Polis im klassischen Zeitalter, in der innerliches und äußerliches Wesen, die Geltung des Individuums im Stadtstaat und sein Selbst als Einheit behauptet waren, hat es erlaubt, dem Reichtum moralischen Rang zuzusprechen, ohne dabei dem groben Verdacht sich auszusetzen, der der Doktrin damals schon gebührt hätte. Wenn die sichtbare Wirkung im bestehenden Staat den Maßstab für den Menschen abgibt, dann ist es nichts als konsequent, den materiellen Reichtum, der ihm jene Wirkung handgreiflich bestätigt, als Eigenschaft ihm gutzuschreiben, da ja seine moralische Substanz selber, nicht anders als später in Hegels Philosophie, durch seine Teilhabe an der objektiven, sozialen konstituiert sein soll. Erst das Christentum hat jene Identifikation negiert im Satz, daß eher ein Kamel durchs Nadelöhr als ein Reicher in den Himmel komme. Aber die besondere theologische Prämie auf freiwillig gewählte Armut zeigt an, wie tief das allgemeine Bewußtsein von der Moralität des Besitzes geprägt ist. Festes Eigentum unterscheidet von der nomadischen Unordnung, gegen die alle Norm gerichtet ist; gut sein und Gut haben fallen von Anbeginn zusammen. Der Gute ist, der sich selbst beherrscht als seinen eigenen Besitz: sein autonomes Wesen ist der materiellen Verfügung nachgebildet. Nicht sowohl sind daher die Reichen der Unmoral zu zeihen – der Vorwurf gehört von je zur Armatur politischer Unterdrückung –, als ins Bewußtsein zu heben, daß sie den anderen die Moral darstellen. In ihr reflektiert sich die Habe. Reichtum als Gutsein ist ein Element des Kitts der Welt: der zähe Schein solcher Identität verhindert die Konfrontation der Moralideen mit der Ordnung, in der die Reichen recht haben, während zugleich andere konkrete Bestimmungen des Moralischen als die vom Reichtum abgezogenen nicht konzipiert werden konnten. Je mehr späterhin Individuum und Gesellschaft in der Konkurrenz der Interessen auseinander treten, und je mehr das Individuum in sich selbst zurückgeworfen wird, um so sturer hält es an der Vorstellung vom moralischen Wesen des Reichtums fest. Er soll die Möglichkeit der Wiedervereinigung des Entzweiten, von innen und außen verbürgen. Das ist das Geheimnis der innerweltlichen Askese, der von Max Weber fälschlich hypostasierten unbegrenzten Anstrengung des Geschäftsmannes ad majorem dei gloriam. Der materielle Erfolg verbindet Individuum und Gesellschaft nicht bloß in dem komfortablen und mittlerweile fraglichen Sinn, daß der Reiche der Einsamkeit entrinnen kann, sondern in einem weit radikaleren: wird das blinde, isolierte Eigeninteresse nur weit genug getrieben, so geht es mit der ökonomischen in gesellschaftliche Macht über und offenbart sich als Inkarnation des allverbindenden Prinzips. Wer reich ist oder Reichtum erwirbt, erfährt sich als den, der »aus eigener Kraft«, als Ich vollbringt, was der objektive Geist, die wahrhaft irrationale Gnadenwahl einer durch brutale ökonomische Ungleichheit zusammengehaltenen Gesellschaft, will. So mag denn der Reiche als Güte sich zurechnen, was doch nur deren Absenz bezeugt. Er selbst und andere erfahren ihn als Verwirklichung des allgemeinen Prinzips. Weil es die Ungerechtigkeit ist, deshalb wird der Ungerechte regelmäßig zum Gerechten, und nicht in bloßer Illusion, sondern getragen von der Allmacht des Gesetzes, nach dem die Gesellschaft sich reproduziert. Reichtum des Einzelnen ist untrennbar vom Fortschritt in der Gesellschaft der »Vorgeschichte«. Die Reichen verfügen über die Produktionsmittel. Die technischen Fortschritte, an denen die Gesamtgesellschaft partizipiert, werden daher primär als »ihre« Fortschritte, heute die der Industrie verbucht, und die Fords erscheinen notwendig zugleich um ebensoviel als Wohltäter, wie sie es im Rahmen der bestehenden Produktionsverhältnisse tatsächlich auch sind. Ihr vorweg etabliertes Privileg läßt es aussehen, als gäben sie von dem Ihren – nämlich den Zuwachs auf der Gebrauchswertseite – ab, während sie in den von ihnen verwalteten Segnungen doch nur Teile des Gewinns zurückfließen lassen. Das ist der Grund des Verblendungscharakters der moralischen Hierarchie. Wohl ist Armut stets verherrlicht worden als Askese, die gesellschaftliche Bedingung zum Erwerb eben des Reichtums, in dem Sittlichkeit sich manifestiere, aber trotzdem bedeutet, wie man weiß, »What a man is worth« das Bankkonto und im Jargon des deutschen Handelsverkehrs »der Mann ist gut«, daß er zahlen kann. Was jedoch die Staatsraison der allmächtigen Wirtschaft so zynisch einbekennt, das reicht uneingestanden in die Verhaltensweisen der Einzelnen. Generosität im privaten Verkehr, wie sie vermeintlich die Reichen sich leisten können, der Abglanz von Glück, der auf ihnen ruht, und von dem etwas noch auf jene fällt, die sie heranlassen, all das wirkt am Schleier. Sie bleiben nett, the right people, die besseren Leute, die Guten. Reichtum distanziert vom unmittelbaren Unrecht. Der Schutzmann schlägt mit dem Gummiknüppel auf den Streikenden los, der Sohn des Fabrikanten darf gelegentlich mit dem progressiven Schriftsteller Whisky trinken. Nach allen Desideraten der privaten Moral, und wären es die avanciertesten, könnte der Reiche, wenn er es nur könnte, in der Tat stets besser sein als der Arme. Jene real freilich ungenützte Möglichkeit spielt ihre Rolle in der Ideologie derer, die sie nicht haben: noch dem ertappten Hochstapler, der immerhin den legitimen Trustherren vorzuziehen sein mag, wird nachgerühmt, er habe doch ein so schönes Haus gehabt, und der hochbezahlte executive wird zum warmen Menschen, wenn er opulente Abendessen serviert. Die barbarische Erfolgsreligion von heute ist demnach nicht einfach widermoralisch, sondern in ihr findet das Abendland heim zu den ehrwürdigen Sitten der Väter. Selbst die Normen, welche die Einrichtung der Welt verdammen, verdanken sich deren eigenem Unwesen. Alle Moral hat sich am Modell der Unmoral gebildet und bis heute auf jeder Stufe diese wiederhergestellt. Die Sklavenmoral ist schlecht in der Tat: sie ist immer noch Herrenmoral.

 

120

 

Rosenkavalier. – Zu den eleganten Leuten zieht die Erwartung, sie seien privat frei von der Gier nach Vorteil, der ihnen durch ihre Position sowieso zufließt, und von der sturen Befangenheit in nächsten Verhältnissen, die selber von deren Enge bewirkt wird. Man traut ihnen Abenteuerlust des Gedankens, Souveränität gegenüber der eigenen Interessenlage, Verfeinerung der Reaktionsformen zu und meint, ihre Empfindlichkeit wende sich wenigstens im Geist gegen die Brutalität, von der ihr Privileg selbst abhängt, während den Opfern kaum auch nur die Möglichkeit gelassen ist zu erkennen, was sie dazu macht. Wenn aber die Trennung von Produktion und Privatsphäre selber schließlich als ein Stück notwendigen gesellschaftlichen Scheins sich erweist, so muß jene Erwartung ungebundener Spiritualität enttäuscht werden. Noch der subtilste Snobismus hat nichts vom dégoût gegen seine objektive Voraussetzung, sondern dichtet gerade gegen deren Erkenntnis sich ab. Es steht dahin, zu welchem Maß der französische Adel des achtzehnten Jahrhunderts in der Tat an der Aufklärung und der Vorbereitung der Revolution jenen spielerisch-selbstmörderischen Anteil nahm, den der Widerwille gegen die Terroristen der Tugend so gern sich vorstellt. Das Bürgertum jedenfalls hat auch in seiner späten Phase von solchen Neigungen sich rein gehalten. Keiner tanzt mehr aus der Reihe auf dem Vulkan, er wäre denn deklassiert. Die society ist auch subjektiv so durch und durch von dem ökonomischen Prinzip geprägt, dessen Art Rationalität aufs Ganze geht, daß ihr die Emanzipation vom Interesse, wäre es auch bloß als intellektueller Luxus, versagt ist. So wie sie nicht fähig sind, den unermeßlich angewachsenen Reichtum selber zu genießen, so sind sie zugleich unfähig, gegen sich selber zu denken. Vergebens die Suche nach Frivolität. Zur Verewigung des realen Unterschieds von oben und unten hilft, daß er als Unterschied zwischen den Bewußtseinsweisen hier und dort mehr stets verschwindet. Die Armen werden von der Disziplin der anderen am Denken verhindert, die Reichen von der eigenen. Das Bewußtsein der Herrschenden vollendet allem Geist gegenüber, was zuvor der Religion widerfuhr. Kultur wird dem großen Bürgertum ein Element der Repräsentation. Daß einer klug oder gebildet sei, rangiert unter den Qualitäten, die ihn einladens- oder heiratswert machen, wie gutes Reiten, Naturliebe, Charme oder ein tadellos sitzender Frack. Auf Erkenntnis sind sie nicht neugierig. Meist gehen die Sorgenfreien im Täglichen auf wie die Kleinbürger. Sie richten Häuser ein, bereiten Gesellschaften vor, beschaffen virtuos Hotel- und Flugzeugreservationen. Sonst zehren sie vom Abhub des europäischen Irrationalismus. Plump rechtfertigen sie die eigene Geistfeindschaft, die bereits im Gedanken selber, der Unabhängigkeit von irgendeinem Gegebenen, Seienden das Subversive wittert und nicht einmal mit Unrecht. Wie zu Nietzsches Zeiten die Bildungsphilister an den Fortschritt, die bruchlose Höherentwicklung der Massen und das größtmögliche Glück der größtmöglichen Anzahl glaubten, so glauben sie heute, ohne selbst das mehr recht zu wissen, an das Gegenteil, die Widerrufung von 1789, die Unverbesserlichkeit der Menschennatur, die anthropologische Unmöglichkeit des Glücks – eigentlich nur daran, daß es den Arbeitern auf jeden Fall zu gut geht. Die Tiefe von vorgestern ist in die äußerste Banalität umgeschlagen. Von Nietzsche und Bergson, den letzten rezipierten Philosophien, bleibt nichts übrig als der trübste Anti-Intellektualismus im Namen der von ihren Apologeten geschundenen Natur. »Nichts ist mir so arg am Dritten Reich«, sagte 1933 die jüdische Frau eines Generaldirektors, die später in Polen ermordet wurde, »wie daß wir jetzt nicht mehr das Wort erdhaft gebrauchen dürfen, weil die Nationalsozialisten es beschlagnahmt haben«, und noch nach der Niederlage der Faschisten wußte die holzgeschnitzte österreichische Schloßherrin, die bei einer Cocktail Party einem Arbeiterführer begegnete, der versehentlich für radikal galt, in ihrer Begeisterung für seine Persönlichkeit nichts als bestialisch zu wiederholen: »und dabei ist er ganz unintellektuell, ganz unintellektuell«. Ich erinnere mich meines Schreckens, als das aristokratische Mädchen vager Herkunft, das kaum deutsch ohne affektiert fremdländischen Akzent reden konnte, mir seine Sympathien für Hitler bekannte, mit dessen Bild das ihre unvereinbar schien. Damals dachte ich, holder Schwachsinn verhülle ihr, wer sie selber sei. Aber sie war klüger als ich, denn was sie darstellte, existierte schon gar nicht mehr, und indem ihr Klassenbewußtsein ihre individuelle Bestimmung durchstrich, verhalf es ihrem Sein an sich, dem Sozialcharakter, zum Durchbruch. Man ist oben dabei, so eisern sich zu integrieren, daß die Möglichkeit der subjektiven Abweichung entfällt und die Differenz nirgends mehr gesucht werden kann als beim aparteren Schnitt des Abendkleids.

 

121

 

Requiem für Odette. – Die Anglomanie der Oberschicht des kontinentalen Europas rührt davon her, daß auf der Insel feudale Übungen ritualisiert sind, die sich selbst genug sein sollen. Kultur behauptet sich da nicht als abgespaltene Sphäre des objektiven Geistes, als Teilhabe an Kunst oder Philosophie, sondern als Form der empirischen Existenz. Das high life will das schöne Leben sein. Es bringt denen, die daran teilhaben, ideologischen Lustgewinn. Dadurch, daß die Gestaltung des Daseins zu einer Aufgabe wird, in der man Spielregeln zu befolgen, einen Stil artifiziell zu bewahren, das delikate Gleichgewicht von Korrektheit und Unabhängigkeit zu halten hat, erscheint das Dasein selber als sinnvoll und beruhigt das schlechte Gewissen der gesellschaftlich Überflüssigen. Die unablässige Forderung, das genau dem Status und der Situation Angemessene zu tun und zu sagen, verlangt eine Art von moralischem Effort. Man macht es sich schwer, der zu sein, der man ist, und glaubt so dem patriarchalen Noblesse oblige zu genügen. Zugleich entbindet die Verlagerung der Kultur von ihren objektiven Manifestationen aufs unmittelbare Leben vom Risiko der Erschütterung der eigenen Unmittelbarkeit durch den Geist. Dieser wird als Störenfried des sicheren Stils, als geschmacklos verworfen, aber nicht mit der peinlichen Roheit des ostelbischen Junkers, sondern nach einem selber gleichsam geistigen Kriterion, der Ästhetisierung des Alltags. Es kommt die schmeichelhafte Illusion heraus, man sei von der Spaltung in Überbau und Unterbau, Kultur und leibhafte Wirklichkeit verschont geblieben. Aber das Ritual fällt, bei allem aristokratischen Gehabe, in die spätbürgerliche Gewohnheit, den Vollzug eines an sich Sinnlosen als Sinn zu hypostasieren, den Geist auf die Verdopplung dessen herunterzubringen, was ohnehin ist. Die Norm, die man befolgt, ist fiktiv, ihre gesellschaftlichen Voraussetzungen so gut wie ihr Modell, das Hofzeremonial, sind geschwunden, und sie wird anerkannt nicht, weil sie als bindend erfahren wäre, sondern um die Ordnung zu legitimieren, von deren Illegitimität man den Vorteil hat. Proust hat denn auch mit der Unbestechlichkeit des Verführbaren beobachtet, daß Anglomanie und Kult formvoller Lebensführung weniger bei den Aristokraten sich findet als bei denen, die in die Höhe wollen: vom Snob zum Parvenu ist es nur ein Schritt. Daher die Verwandtschaft von Snobismus und Jugendstil, dem Versuch der durch den Tausch definierten Klasse, sich ins Bild einer vom Tausch reinen, gleichsam vegetabilischen Schönheit zu projizieren. Daß das sich selbst veranstaltende Leben nicht das Mehr als Leben sei, kommt zutage an der Langeweile der Cocktail Parties und der Weekend-Einladungen auf dem Lande, des für die ganze Sphäre symbolischen Golfs und der Organisation von Social Affairs – Privilegien, an denen keiner rechten Spaß hat und mit denen die Privilegierten nur noch sich darüber betrügen, wie sehr es im glücklosen Ganzen auch ihnen an der Möglichkeit von Freude mangelt. Im jüngsten Stadium reduziert sich das schöne Leben auf das, wofür Veblen es durch die Zeitalter hindurch ansehen wollte, die Ostentation, das bloße Dazugehören, und der Park bietet keinen anderen Genuß mehr als den der Mauer, an welcher die draußen die Nase sich plattdrücken. Die Oberschicht, deren Bosheiten ohnehin unaufhaltsam demokratisiert werden, läßt kraß erkennen, was längst für die Gesellschaft gilt: Leben ist zur Ideologie seiner eigenen Absenz geworden.

 

122

 

Monogramme. – Odi profanum vulgus et arceo, sagte der Sohn des Freigelassenen.

 

Von sehr bösen Menschen kann man sich eigentlich gar nicht vorstellen, daß sie sterben.

 

Wir sagen und Ich meinen ist eine von den ausgesuchtesten Kränkungen.

 

Zwischen »es träumte mir« und »ich träumte« liegen die Weltalter. Aber was ist wahrer? So wenig die Geister den Traum senden, so wenig ist es das Ich, das träumt.

 

Vorm fünfundachtzigsten Geburtstag eines in allen Stücken wohlversorgten Mannes legte ich mir im Traum die Frage vor, was ich ihm schenken könne, um ihm wirklich eine Freude zu machen, und erteilte mir sogleich selber die Antwort: einen Führer durch das Totenreich.

 

Daß Leporello über schmale Kost und wenig Geld zu klagen hat, läßt an der Existenz Don Juans zweifeln.

 

Früh in der Kindheit sah ich die ersten Schneeschaufler in dünnen schäbigen Kleidern. Auf meine Frage wurde mir geantwortet, das seien Männer ohne Arbeit, denen man diese Beschäftigung gäbe, damit sie sich ihr Brot verdienten. Recht geschieht ihnen, daß sie Schnee schaufeln müssen, rief ich wütend aus, um sogleich fassungslos zu weinen.

 

Liebe ist die Fähigkeit, Ähnliches an Unähnlichem wahrzunehmen.

 

Pariser Zirkusreklame vor dem Zweiten Krieg: Plus Sport que le théâtre, plus vivant que le cinéma.

 

Vielleicht könnte ein Film, der dem Code des Hays Office in allem streng Genüge tut, als großes Kunstwerk geraten, aber nicht in einer Welt, in der es ein Hays Office gibt.

 

Verlaine: die läßliche Todsünde.

 

Brideshead Revisited von Evelyn Waugh: sozialisierter Snobismus.

 

Zille klopft dem Elend auf den Popo.

 

Scheler: Le boudoir dans la philosophie.

 

In einem Gedicht Liliencrons wird die Militärmusik beschrieben. Erst heißt es: »Und um die Ecke brausend brichts, wie Tubaton des Weltgerichts«, und es schließt: »Zog da ein bunter Schmetterling / tsching-tsching bum, um die Ecke?« Poetische Geschichtsphilosophie der Gewalt, mit dem Weltgericht am Anfang und dem Falter am Ende.

 

In Trakls »Entlang« findet sich der Vers: »Sag wie lang wir gestorben sind«; in Däublers »Goldenen Sonetten«: »Wie wahr, daß wir schon alle lange starben.« Die Einheit des Expressionismus besteht im Ausdruck dessen, daß die einander ganz entfremdeten Menschen, in welche Leben sich zurückgezogen hat, damit eben zu Toten wurden.

 

Unter den Formen, die Borchardt ausprobte, fehlt es nicht an Umbildungen von volksliedhaften. Er scheut sich »Im Volkston« zu sagen, und nennt sie dafür: »Im Tone des Volkes«. Das aber klingt wie: »Im Namen des Gesetzes«. Der wiederherstellende Dichter schlägt in den preußischen Polizisten um.

 

Nicht die letzte der Aufgaben, vor welche Denken sich gestellt sieht, ist es, alle reaktionären Argumente gegen die abendländische Kultur in den Dienst der fortschreitenden Aufklärung zu stellen.

 

Wahr sind nur die Gedanken, die sich selber nicht verstehen.

 

Als das alte Weiblein Holz zum Scheiterhaufen beischleppte, rief Hus: Sancta simplicitas. Wie aber steht es um den Grund seines Opfers, das Abendmahl in beiderlei Gestalt? Jede Reflexion erscheint naiv vor der höheren, und nichts ist einfältig, weil alles einfältig wird auf der trostlosen Fluchtbahn des Vergessens.

 

Geliebt wirst du einzig, wo du schwach dich zeigen darfst, ohne Stärke zu provozieren.

 

123

 

Der böse Kamerad. – Eigentlich müßte ich den Faschismus aus der Erinnerung meiner Kindheit ableiten können. Wie ein Eroberer in fernste Provinzen, hatte er dorthin seine Sendboten vorausgeschickt, längst ehe er einzog: meine Schulkameraden. Wenn die Bürgerklasse seit undenklichen Zeiten den Traum der wüsten Volksgemeinschaft, der Unterdrückung aller durch alle hegt, dann haben Kinder, die schon mit Vornamen Horst und Jürgen und mit Nachnamen Bergenroth, Bojunga und Eckhardt hießen, den Traum tragiert, ehe die Erwachsenen historisch reif dazu waren, ihn zu verwirklichen. Ich fühlte die Gewalt des Schreckbilds, dem sie zustrebten, so überdeutlich, daß alles Glück danach mir wie widerruflich und erborgt schien. Der Ausbruch des Dritten Reiches überraschte mein politisches Urteil zwar, doch nicht meine unbewußte Angstbereitschaft. So nah hatten alle Motive der permanenten Katastrophe mich gestreift, so unverlöschlich waren die Mahnmale des deutschen Erwachens mir eingebrannt, daß ich ein jegliches dann in Zügen der Hitlerdiktatur wiedererkannte: und oft kam es meinem törichten Entsetzen vor, als wäre der totale Staat eigens gegen mich erfunden worden, um mir doch noch das anzutun, wovon ich in meiner Kindheit, seiner Vorwelt, bis auf weiteres dispensiert geblieben war. Die fünf Patrioten, die über einen einzelnen Kameraden herfielen, ihn verprügelten und ihn, als er beim Lehrer sich beklagte, als Klassenverräter diffamierten – sind es nicht die gleichen, die Gefangene folterten, um die Ausländer Lügen zu strafen, die sagten, daß jene gefoltert würden? Deren Hallo kein Ende nahm, wenn der Primus versagte – haben sie nicht grinsend und verlegen den jüdischen Schutzhäftling umstanden und sich mokiert, wenn er allzu ungeschickt sich aufzuhängen versuchte? Die keinen richtigen Satz zustande brachten, aber jeden von mir zu lang fanden – schafften sie nicht die deutsche Literatur ab und ersetzten sie durch ihr Schrifttum? Manche bedeckten die Brust mit rätselhaften Abzeichen und wollten im Binnenland Marineoffiziere werden, als es längst keine Marine mehr gab: sie haben sich zu Sturmbann- und Standartenführern erklärt, Legitimisten der Illegitimität. Die verkniffen Intelligenten, die so wenig Erfolg in der Klasse hatten wie unterm Liberalismus der begabte Bastler ohne Konnexionen; die darum den Eltern zu Gefallen sich mit Laubsägearbeiten beschäftigten oder gar zur eigenen Freude an langen Nachmittagen verwickelte Reißbrettzeichnungen mit bunten Tinten auszogen, verhalfen dem Dritten Reich zur grausamen Tüchtigkeit und werden nochmals betrogen. Jene aber, die immerzu trotzig gegen die Lehrer aufmuckten und, wie man es wohl nannte, den Unterricht störten, vom Tag, ja der Stunde des Abiturs an jedoch mit den gleichen Lehrern am gleichen Tisch beim gleichen Bier zum Männerbund sich zusammensetzten, waren zur Gefolgschaft berufen, Rebellen, in deren ungeduldigem Faustschlag auf den Tisch die Anbetung der Herren schon dröhnte. Sie brauchten nur sitzenzubleiben, um die zu überholen, die ihre Klasse verlassen hatten, und an ihnen sich zu rächen. Seitdem sie, Amtswalter und Todeskandidaten, sichtbar aus dem Traum hervorgetreten sind und mich meines vergangenen Lebens und meiner Sprache enteignet haben, brauche ich nicht mehr von ihnen zu träumen. Im Faschismus ist der Alp der Kindheit zu sich selber gekommen.

 

1935

 

124

 

Vexierbild. – Warum trotz der zur Oligarchie vorgetriebenen historischen Entwicklung die Arbeiter immer weniger wissen, daß sie es sind, läßt sich immerhin aus manchen Beobachtungen erraten. Während objektiv das Verhältnis der Eigentümer und der Produzenten zum Produktionsapparat starrer stets sich verfestigt, fluktuiert um so mehr die subjektive Klassenzugehörigkeit. Das wird von der ökonomischen Entwicklung selber begünstigt. Die organische Zusammensetzung des Kapitals verlangt, wie oft konstatiert ward, Kontrolle durch technisch Verfügende eher als durch Fabrikbesitzer. Diese waren gleichsam der Gegenpart der lebendigen Arbeit, jene entsprechen dem Anteil der Maschinen am Kapital. Die Quantifizierung der technischen Prozesse aber, ihre Zerlegung in kleinste, von Bildung und Erfahrung weitgehend unabhängige Operationen, macht die Expertenschaft jener Leiter neuen Stils in erheblichem Maße zur bloßen Illusion, hinter der sich das Privileg des Zugelassenwerdens verbirgt. Daß die technische Entwicklung einen Stand erreicht hat, der eigentlich alle Funktionen allen erlauben würde – dies immanent-sozialistische Element des Fortschritts wird unterm späten Industrialismus travestiert. Zugehörigkeit zur Elite scheint jedem erreichbar. Man wartet nur auf die Kooption. Eignung besteht in Affinität, von der libidinösen Besetzung allen Hantierens über gesund technokratische Gesinnung bis zur frisch-fröhlichen Realpolitik. Experten sind sie nur als solche der Kontrolle. Daß jeder es könnte, hat nicht zu deren Ende geführt, sondern dazu, daß jeder berufen werden mag. Bevorzugt wird, wer am genauesten hineinpaßt. Gewiß bleiben die Erwählten verschwindende Minorität, aber die strukturelle Möglichkeit genügt, den Schein der gleichen Chance erfolgreich unter dem System festzuhalten, das die freie Konkurrenz eliminiert hat, die von jenem Schein lebte. Daß die technischen Kräfte den privilegienlosen Zustand erlaubten, wird tendenziell von allen, auch von denen im Schatten, den gesellschaftlichen Verhältnissen zugute gehalten, die es verhindern. Allgemein zeigt die subjektive Klassenzugehörigkeit heute eine Mobilität, welche die Starrheit der ökonomischen Ordnung selber vergessen macht: stets ist das Starre zugleich das Verschiebbare. Selbst die Ohnmacht des Einzelnen, sein ökonomisches Schicksal noch vorauszukalkulieren, trägt das ihre zu solcher tröstlichen Mobilität bei. Über den Sturz entscheidet nicht Untüchtigkeit, sondern ein undurchsichtiges hierarchisches Gefüge, in dem keiner, kaum die obersten Spitzen, sicher sich fühlen darf: Egalität des Bedrohtseins. Wenn im erfolgreichsten Spitzenfilm eines Jahres der heroische Fliegerkapitän zurückkehrt, um als drugstore jerk von Kleinbürgerkarikaturen sich schikanieren zu lassen, so befriedigt er nicht nur die unbewußte Schadenfreude der Zuschauer, sondern bestärkt sie überdies im Bewußtsein, alle Menschen seien wirklich Brüder. Äußerste Ungerechtigkeit wird zum Trugbild der Gerechtigkeit, die Entqualifizierung der Menschen zu dem ihrer Gleichheit. Soziologen aber sehen der grimmigen Scherzfrage sich gegenüber: Wo ist das Proletariat?

 

125

 

Olet. – In Europa hatte die vorbürgerliche Vergangenheit überlebt in der Scham, für persönliche Leistungen oder Gefälligkeiten sich bezahlen zu lassen. Davon weiß der neue Kontinent nichts mehr. Auch auf dem alten tat keiner etwas umsonst, aber das gerade ward als Wunde gespürt. Wohl ist Vornehmheit, die selber von nichts Besserem stammt als dem Bodenmonopol, Ideologie. Aber sie war doch in die Charaktere tief genug eingedrungen, um ihnen den Nacken gegen den Markt zu stärken. Die deutsche herrschende Schicht hat Geld anders als durch Privilegien oder Kontrolle über die Produktion zu verdienen bis tief ins zwanzigste Jahrhundert hinein verpönt. Was an den Künstlern oder Gelehrten für anrüchig galt, war, wogegen diese selber am meisten rebellierten, die Remuneration, und der Hofmeister Hölderlin so gut wie noch der Pianist Liszt haben daran eben jene Erfahrungen gemacht, die sich dann in ihren Gegensatz zum herrschenden Bewußtsein umsetzten. Bis auf unsere Tage bestimmte krud über die Zugehörigkeit eines Menschen zur Ober- oder Unterklasse, ob er Geld nahm oder nicht. Zuweilen schlug der schlechte Hochmut in bewußte Kritik um. Jedes Kind der europäischen Oberschicht errötete über das Geldgeschenk, das ihm von Verwandten gemacht ward, und wenn auch die Vormacht der bürgerlichen Utilität solche Reaktionen brach und überkompensierte, so blieb doch der Zweifel wach, ob der Mensch bloß zum Tauschen geschaffen sei. Die Reste des Älteren waren im europäischen Bewußtsein Fermente des Neuen. In Amerika dagegen hat kein Kind selbst gutsituierter Eltern Hemmungen, durch Zeitungsaustragen ein paar Cents zu verdienen, und solche Bedenkenlosigkeit hat sich niedergeschlagen im Habitus der Erwachsenen. Darum erscheinen so leicht dem ununterrichteten Europäer die Amerikaner allesamt als Leute ohne Würde, bereit zu entlohnten Diensten, so wie umgekehrt jene ihn für einen Vagabunden und Prinzenimitator zu halten geneigt sind. Die Selbstverständlichkeit der Maxime, daß Arbeit nicht schändet, die arglose Absenz eines jeglichen Snobismus gegenüber dem im feudalen Sinne Entehrenden des Marktverhältnisses, die Demokratie des Erwerbsprinzips trägt bei zum Fortbestand des schlechthin Antidemokratischen, des ökonomischen Unrechts, der menschlichen Entwürdigung. Keinem fällt es ein, daß es irgend Leistungen geben könnte, die nicht im Tauschwert ausdrückbar wären. Das ist die reale Voraussetzung für den Triumph jener subjektiven Vernunft, die ein an sich verpflichtend Wahres nicht einmal zu denken vermag und es einzig als für andere Seiendes, Austauschbares wahrnimmt. War drüben der Stolz die Ideologie, so ist es hier die Belieferung des Kunden. Das gilt auch für die Erzeugnisse des objektiven Geistes. Der unmittelbare, je eigene Vorteil im Tauschakt, das subjektiv Beschränkteste also, verbietet den subjektiven Ausdruck. Verwertbarkeit, das Apriori der konsequent marktgerechten Produktion, läßt das spontane Bedürfnis nach ihm, nach der Sache selbst gar nicht mehr aufkommen. Noch die mit größtem Aufwand in die Welt gesetzten und verteilten Kulturerzeugnisse wiederholen, wäre es auch kraft einer undurchschaubaren Maschinerie, die Gesten des Wirtshausmusikanten, der nach dem Teller auf dem Klavier schielt, während er seinen Gönnern ihre Lieblingsmelodie einpaukt. Die Budgets der Kulturindustrie gehen in die Milliarden, aber das Formgesetz ihrer Leistungen ist das Trinkgeld. Das übermäßig Blanke, hygienisch Saubere der industrialisierten Kultur ist das einzige Rudiment jener Scham, ein beschwörendes Bild, vergleichbar den Fräcken der obersten Hotelmanagers, die, um nur ja nicht mehr wie Oberkellner auszusehen, die Aristokraten an Eleganz überbieten und damit wieder als Oberkellner erkennbar werden.

 

126

 

I.Q. – Die jeweils dem fortgeschrittensten technischen Entwicklungsstand angemessenen Verhaltensweisen beschränken sich nicht auf die Sektoren, in denen sie eigentlich gefordert sind. So unterwirft Denken sich der gesellschaftlichen Leistungskontrolle nicht dort bloß, wo sie ihm beruflich aufgezwungen wird, sondern gleicht seine ganze Komplexion ihr an. Weil nachgerade der Gedanke in die Lösung von zugewiesenen Aufgaben sich verkehrt, wird auch das nicht Zugewiesene nach dem Schema der Aufgabe behandelt. Der Gedanke, der Autonomie verlor, getraut sich nicht mehr, Wirkliches um seiner selbst willen in Freiheit zu begreifen. Das überläßt er mit respektvoller Illusion den Höchstbezahlten und macht dafür sich selber meßbar. Er benimmt sich tendenziell bereits von sich aus, als ob er unablässig seine Tauglichkeit darzutun hätte. Auch wo es nichts zu knacken gibt, wird Denken zum Training auf irgend abzulegende Übungen. Zu seinen Gegenständen verhält es sich wie zu bloßen Hürden, als permanenter Test des eigenen in Form Seins. Überlegungen, die sich durch Beziehung zur Sache und damit vor sich selber verantworten möchten, fordern den Argwohn heraus, sie seien eitle, windige, asoziale Selbstbefriedigung. Wie den Neopositivisten Erkenntnis sich spaltet in die angehäufte Empirie und den logischen Formalismus, so polarisiert sich die geistige Tätigkeit des Typus, dem die Einheitswissenschaft auf den Leib geschrieben ist, ins Inventar des Gewußten und die Stichprobe der Denkfähigkeit: jeder Gedanke wird ihnen zum Quiz entweder der Informiertheit oder der Eignung. Irgendwo müssen die richtigen Antworten schon verzeichnet stehen. Instrumentalism, die jüngste Version des Pragmatismus, ist längst nicht mehr bloß Sache der Anwendung des Denkens, sondern das Apriori seiner eigenen Form. Wenn oppositionelle Intellektuelle aus solchem Bannkreis den Inhalt der Gesellschaft anders wollen, so lähmt sie die Gestalt des eigenen Bewußtseins, die vorweg nach dem Bedarf dieser Gesellschaft modelliert ist. Während der Gedanke verlernt hat, sich selbst zu denken, ist er zugleich zur absoluten Prüfungsinstanz seiner selbst geworden. Denken heißt nichts anderes mehr als in jedem Augenblick darüber wachen, ob man auch denken kann. Daher das Erstickte noch jeder scheinbar unabhängigen geistigen Produktion, der theoretischen nicht weniger als der künstlerischen. Die Vergesellschaftung des Geistes hält ihn überdacht, gebannt, unter Glas, solange die Gesellschaft selber gefangen ist. Wie Denken vordem die einzelnen von außen befohlenen Pflichten verinnerlichte, so hat es heute seine Integration in den umfassenden Apparat sich einverleibt und geht daran zugrunde, noch ehe die ökonomischen und politischen Verdikte es recht ereilen.

 

127

 

Wishful Thinking. – Intelligenz ist eine moralische Kategorie. Die Trennung von Gefühl und Verstand, die es möglich macht, den Dummkopf frei und selig zu sprechen, hypostasiert die historisch zustandegekommene Aufspaltung des Menschen nach Funktionen. Im Lob der Einfalt schwingt die Sorge darum mit, daß nur ja das Getrennte nicht zueinander finde und das Unwesen stürze. »Hast du Verstand und ein Herz«, lautet ein Distichon Hölderlins, »so zeige nur eines von beiden, / Beides verdammen sie dir, zeigest du beides zugleich.« Die Schmähung des beschränkten Verstandes im Vergleich mit der unendlichen, aber als unendliche dem endlichen Subjekt stets zugleich unerforschlichen Vernunft, von der die Philosophie widerhallt, klingt trotz ihres kritischen Rechts an die Weise: »Üb immer Treu und Redlichkeit« an. Wenn Hegel dem Verstand seine Dummheit demonstriert, so bringt er dabei nicht bloß die isolierte Reflexionsbestimmung, den Positivismus jeden Namens, auf ihr Maß an Unwahrheit, sondern wird zum Mitschuldigen am Denkverbot, beschneidet die negative Arbeit des Begriffs, welche die Methode selbst zu leisten beansprucht, und beschwört auf der höchsten Höhe der Spekulation den protestantischen Pfarrer, der seiner Herde empfiehlt, es zu bleiben, anstatt auf ihr schwaches Licht sich zu verlassen. Vielmehr wäre es an der Philosophie, im Gegensatz von Gefühl und Verstand deren Einheit aufzusuchen: eben die moralische. Intelligenz, als Kraft des Urteils, widersetzt sich in dessen Vollzug dem je Vorgegebenen, indem sie es zugleich ausdrückt. Das Vermögen des gegen die Triebregung sich abdichtenden Urteilens gerade wird ihr gerecht durch ein Moment des Gegendrucks gegen den gesellschaftlichen. Urteilskraft mißt sich an der Festigkeit des Ichs. Damit aber auch an jener Dynamik der Triebe, welche von der Arbeitsteilung der Seele dem Gefühl überantwortet wird. Instinkt, der Wille standzuhalten, ist ein Sinnesimplikat der Logik. Indem in ihr das urteilende Subjekt an sich vergißt, unbestechlich sich zeigt, erficht es seine Siege. Wie dagegen im engsten Umkreis Menschen dort verdummen, wo ihr Interesse anfängt, und dann ihr Ressentiment gegen das kehren, was sie nicht verstehen wollen, weil sie es allzu gut verstehen könnten, so ist noch die planetarische Dummheit, welche die gegenwärtige Welt daran verhindert, den Aberwitz ihrer eigenen Einrichtung zu sehen, das Produkt des unsublimierten, unaufgehobenen Interesses der Herrschenden. Kurzfristig und doch unaufhaltsam verhärtet es sich zum anonymen Schema des geschichtlichen Ablaufs. Dem entspricht die Dummheit und Verstocktheit des Einzelnen; Unfähigkeit, die Macht von Vorurteil und Betrieb bewußt zu vereinen. Sie findet mit dem moralisch Defekten, dem Mangel an Autonomie und Verantwortung regelmäßig sich zusammen, während so viel zutrifft am Sokratischen Rationalismus, daß man einen ernsthaft klugen Menschen, dessen Gedanken auf Gegenstände gerichtet sind und nicht formalistisch in sich kreisen, kaum je als Bösen sich vorstellen kann. Denn die Motivation des Bösen, blinde Befangenheit in der Zufälligkeit des Eigenen, tendiert dazu, im Medium des Gedankens zu zergehen. Schelers Satz, alle Erkenntnis sei in Liebe fundiert, war Lüge, weil er unmittelbar die Liebe zum Angeschauten verlangte. Aber er würde zur Wahrheit, wenn Liebe zur Auflösung allen Scheins von Unmittelbarkeit drängte und damit freilich unversöhnlich würde mit dem Gegenstand der Erkenntnis. Gegen die Abspaltung des Gedankens hilft nicht die Synthese der einander entfremdeten psychischen Ressorts, nicht die therapeutische Versetzung der ratio mit irrationalen Fermenten, sondern die Selbstbesinnung auf das Element des Wunsches, das antithetisch Denken als Denken konstituiert. Erst wenn jenes Element rein, ohne heteronomen Rest in die Objektivität des Gedankens aufgelöst wird, treibt es zur Utopie.

 

128

 

Regressionen. – Meine älteste Erinnerung an Brahms, und gewiß nicht nur meine, ist »Guten Abend, gut' Nacht«. Vollkommenes Mißverständnis des Textes: ich wußte nicht, daß Näglein ein Wort für Flieder oder in manchen Gegenden für Nelken ist, sondern stellte mir kleine Nägel, Reißnägel darunter vor, mit denen die Gardine vorm Himmelbettchen, meinem eigenen, ganz dicht zugesteckt sei, so daß das Kind, in seinem Dunkel vor jeder Lichtspur geschützt, unendlich lange – »bis die Kuh ein' Batzen gilt«, sagt man in Hessen – ohne Angst schlafen könne. Wie bleiben die Blüten zurück hinter der Zärtlichkeit solcher Vorhänge. Nichts steht uns für die ungeschmälerte Helle ein als das bewußtlose Dunkel; nichts für das, was wir einmal sein könnten, als der Traum, wir wären nie geboren.

 

»Schlaf in guter Ruh' / tu die Äuglein zu, / höre, wie der Regen fällt, / hör wie Nachbars Hündchen bellt. /Hündchen hat den Mann gebissen, / hat des Bettlers Kleid zerrissen, / Bettler läuft der Pforte zu, / schlaf in guter Ruh.« Die erste Strophe von Tauberts Wiegenlied ist zum Fürchten. Und doch beseligen ihre beiden letzten Zeilen den Schlaf mit der Verheißung des Friedens. Er verdankt sich aber nicht ganz der bürgerlichen Härte, dem Behagen, daß der Eindringling abgewehrt ward. Das müd lauschende Kind hat die Austreibung des Fremdlings, der im Schottschen Liederbuch aussieht wie ein Jude, schon halb vergessen, und ahnt in dem Vers »Bettler läuft der Pforte zu« Ruhe ohne das Elend anderer. Solange es noch einen Bettler gibt, heißt es in einem Fragment Benjamins, gibt es noch Mythos; erst mit dem Verschwinden des letzten wäre der Mythos versöhnt. Wäre aber dann die Gewalt selber nicht so vergessen wie im dämmernden Einschlafen des Kindes? Würde nicht doch am Ende das Verschwinden des Bettlers alles wieder gutmachen, was ihm je angetan ward und was nicht wieder sich gutmachen läßt? Versteckt nicht gar in aller Verfolgung durch die Menschen, die mit dem Hündchen die ganze Natur aufs Schwächere hetzen, sich die Hoffnung, daß die letzte Spur der Verfolgung getilgt werde, die selber das Teil des Natürlichen ist? Wäre nicht der Bettler, der durch die Pforte der Zivilisation hinausgedrängt ward, geborgen in seiner Heimat, die befreit ist vom Bann der Erde? »Kannst nun ruhig sein, Bettler kehrt schon ein.«

 

Seit ich denken kann, bin ich glücklich gewesen mit dem Lied: »Zwischen Berg und tiefem, tiefem Tal«: von den zwei Hasen, die sich am Gras gütlich taten, vom Jäger niedergeschossen wurden, und als sie sich besonnen hatten, daß sie noch am Leben waren, von dannen liefen. Aber spät erst habe ich die Lehre darin verstanden: Vernunft kann es nur in Verzweiflung und Überschwang aushalten; es bedarf des Absurden, um dem objektiven Wahnsinn nicht zu erliegen. Man sollte es den beiden Hasen gleichtun; wenn der Schuß fällt, närrisch für tot hinfallen, sich sammeln und besinnen, und wenn man noch Atem hat, von dannen laufen. Die Kraft zur Angst und die zum Glück sind das gleiche, das schrankenlose, bis zur Selbstpreisgabe gesteigerte Aufgeschlossensein für Erfahrung, in der der Erliegende sich wiederfindet. Was wäre Glück, das sich nicht mäße an der unmeßbaren Trauer dessen was ist? Denn verstört ist der Weltlauf. Wer ihm vorsichtig sich anpaßt, macht eben damit sich zum Teilhaber des Wahnsinns, während erst der Exzentrische standhielte und dem Aberwitz Einhalt geböte. Nur er dürfte auf den Schein des Unheils, die »Unwirklichkeit der Verzweiflung«, sich besinnen und dessen innewerden, nicht bloß daß er noch lebt, sondern daß noch Leben ist. Die List der ohnmächtigen Hasen erlöst mit ihnen selbst den Jäger, dem sie seine Schuld stibitzt.

 

129

 

Dienst am Kunden. – Scheinheilig beansprucht die Kulturindustrie, nach den Konsumenten sich zu richten und ihnen zu liefern, was sie sich wünschen. Aber während sie beflissen jeden Gedanken an ihre eigene Autonomie verpönt und ihre Opfer als Richter proklamiert, übertrifft ihre vertuschte Selbstherrlichkeit alle Exzesse der autonomen Kunst. Nicht sowohl paßt Kulturindustrie sich den Reaktionen der Kunden an, als daß sie jene fingiert. Sie übt sie ihnen ein, indem sie sich benimmt, als wäre sie selber ein Kunde. Man könnte den Verdacht schöpfen, das ganze Adjustment, dem auch sie zu gehorchen versichert, sei Ideologie; die Menschen trachteten um so mehr danach, den anderen und dem Ganzen sich anzugleichen, je mehr sie darauf aus sind, durch übertriebene Gleichheit, den Offenbarungseid gesellschaftlicher Ohnmacht, an Macht zu partizipieren und Gleichheit zu hintertreiben. »Die Musik hört für den Hörer«, und der Film praktiziert im Trustmaßstab den widerlichen Trick von Erwachsenen, die, wenn sie Kindern etwas aufschwatzen, dabei die Beschenkten mit der Sprache überfallen, von der es ihnen paßte, wenn jene sie redeten, und die ihnen die meist fragwürdige Gabe mit eben dem Ausdruck des schmatzenden Entzückens präsentieren, das sie hervorrufen wollen. Kulturindustrie ist zugeschnitten auf die mimetische Regression, aufs Manipulieren der verdrängten Nachahmungsimpulse. Dabei bedient sie sich der Methode, die Nachahmung ihrer selbst durch den Betrachter vorwegzunehmen, und das Einverständnis, das sie bewirken will, als bereits bestehendes erscheinen zu lassen. Sie ist um so besser daran, als sie im stabilen System mit solchem Einverständnis in der Tat rechnen kann und es eher rituell zu wiederholen als eigentlich hervorzubringen hat. Ihr Produkt ist gar kein Stimulus, sondern ein Modell für Reaktionsweisen auf nicht vorhandene Reize. Daher im Lichtspiel der begeisterte Musiktitel, die alberne Kindersprache, die blinzelnde Volkstümlichkeit; noch die Großaufnahme des Starts ruft gleichsam aus: wie schön! Mit diesem Verfahren rückt die Kulturmaschine dem Betrachter so nahe auf den Leib wie der frontal photographierte Schnellzug im Spannungsmoment. Der Tonfall eines jeden Films aber ist der der Hexe, die den Kleinen, die sie verzaubern oder fressen will, die Speise verabreicht mit dem schauerlichen Murmeln: »Gut Süppchen, schmeckt das Süppchen? Wohl soll dir's bekommen, wohl bekommen.« In Kunst hat diesen Küchenfeuerzauber Wagner erfunden, dessen sprachliche Intimitäten und musikalische Gewürze immerzu sich selber abschmecken, und hat zugleich mit genialem Geständniszwang die ganze Prozedur demonstriert in der Szene des Rings, da Mime Siegfried den giftigen Labetrunk darbietet. Wer aber soll dem Monstrum den Kopf abschlagen, nachdem es längst selber mit blondem Haarschopf unter der Linde liegt?

 

130

 

Grau und grau. – Auch ihr schlechtes Gewissen hilft der Kulturindustrie nichts. So objektiv ist ihr Geist, daß er seinen eigenen Subjekten ins Gesicht schlägt, und so wissen denn diese, die Agenten alle, Bescheid und suchen, durch Mentalreservate von dem Unfug sich zu distanzieren, den sie anstiften. Das Zugeständnis, daß die Filme Ideologien verbreiten, ist selber schon verbreitete Ideologie. Sie wird administrativ gehandhabt in der starren Unterscheidung zwischen den synthetischen Tagträumen einerseits, Vehikeln zur Flucht aus dem Alltag, »escape«; andererseits wohlmeinenden Produkten, die zu richtigem sozialen Verhalten ermuntern, eine Botschaft zustellen, »conveying a message«. Die prompte Subsumtion unter escape und message drückt die Unwahrheit beider Typen aus. Der Spott gegen das escape, die standardisierte Empörung über Oberflächlichkeit, ist nichts als das erbärmliche Echo des alteingesessenen Ethos, das gegen's Spiel wettert, weil es in der herrschenden Praxis nicht mitspielt. Nicht darum sind die escape-Filme so abscheulich, weil sie der ausgelaugten Existenz den Rücken kehren, sondern weil sie es nicht energisch genug tun, weil sie gerade so ausgelaugt sind, weil die Befriedigungen, die sie vortäuschen, zusammenfallen mit der Schmach der Realität, der Versagung. Die Träume haben keinen Traum. Wie die Technicolorhelden nicht eine Sekunde vergessen lassen, daß sie Normalmenschen, getypte Prominentengesichter und Investitionen sind, so zeichnet sich unter dem dünnen Flitter der schematisch hergestellten Phantastik das Skelett der Kino-Ontologie unmißverständlich ab, die ganze anbefohlene Werthierarchie, der Kanon des Unerwünschten und Nachzuahmenden. Nichts praktischer als escape, nichts dem Betrieb inniger anverlobt: es wird in die Ferne entführt nur, um aus der Distanz die Gesetze empiristischer Lebensführung ungestört von empirischen Ausweichungen ins Bewußtsein zu hämmern. Das escape ist voller message. So sieht denn auch message, das Gegenteil, aus, das vor der Flucht fliehen will. Es verdinglicht den Widerstand gegen Verdinglichung. Man muß nur Fachleute rühmen hören, dies prächtige Leinwandwerk habe neben anderen Meriten auch Gesinnung, im gleichen Tonfall, in dem einer hübschen Schauspielerin attestiert wird, außerdem habe sie personality. Die Exekutive könnte auf der Konferenz bequem entscheiden, es müsse nebst kostspieligerer Komparserie dem escape-Film ein Ideal eingelegt werden wie: Edel sei der Mensch, hilfreich und gut. Losgetrennt von der immanenten Logik des Gebildes, der Sache, wird das Ideal selber zu einer, aus dem Fundus zu beschaffen, damit greifbar und nichtig zugleich, Reform abstellbarer Mißstände, verklärte Sozialfürsorge. Am liebsten verkünden sie die Wiedereingliederung von Trunkenbolden, denen sie noch den armseligen Rausch neiden. Indem die nach anonymen Gesetzen sich verhärtende Gesellschaft dargestellt wird, als reichte in ihr der gute Wille zur Abhilfe aus, wird sie verteidigt noch im ehrlichen Angriff. Man spiegelt eine Art Volksfront aller recht und billig Denkenden vor. Der praktische Geist des message, die handfeste Demonstration dessen, wie es besser zu machen sei, paktiert mit dem System in der Fiktion, daß ein gesamtgesellschaftliches Subjekt, das es als solches in der Gegenwart gar nicht gibt, alles in Ordnung bringen kann, wenn man nur jeweils sich zusammensetzt und über die Wurzel des Übels ins Reine kommt. Man fühlt sich ganz wohl, wo man so tüchtig sich bewähren kann. Message wird zum escape: wer bei der Säuberung des Hauses, in dem man wohnt, fest zugreift, vergißt darüber, auf welchem Grunde es gebaut ward. Was im Ernst escape wäre, der bildgewordene Widerwille gegen das Ganze bis in die formalen Konstituentien hinein, könnte in message umschlagen, ohne es auszusprechen, ja gerade durch hartnäckige Askese gegen den Vorschlag.

 

131

 

Wolf als Großmutter. – Als stärkstes Argument haben die Apologeten des Films das gröbste, seine massenweise Konsumtion für sich. Sie erklären ihn, das drastische Medium der Kulturindustrie, zur Volkskunst. Unabhängigkeit von den Normen des autonomen Werks soll ihn von der ästhetischen Verantwortung entbinden, deren Maßstäbe ihm gegenüber als reaktionär sich erwiesen, wie denn in der Tat alle Intentionen seiner künstlerischen Veredelung ein Schiefes, schlecht Gehobenes, die Form Verfehlendes haben – etwas vom Import für den Connaisseur. Je mehr der Film Kunst prätendiert, um so talmihafter wird er. Darauf können die Protagonisten deuten und sich auch noch, als Kritiker der mittlerweile verkitschten Innerlichkeit, mit ihrem roh stofflichen Kitsch als Avantgarde vorkommen. Begibt man sich erst einmal auf solchen Boden, so sind sie, gestärkt durch technische Erfahrung und Materialnähe, fast unwiderstehlich. Der Film sei keine Massenkunst, sondern bloß zum Betrug der Massen manipuliert? Aber über den Markt machten sich doch die Wünsche des Publikums unablässig geltend; allein schon die kollektive Herstellung garantiere das kollektive Wesen; nur Weltfremdheit vermute in den Produzenten schlaue Drahtzieher; die meisten seien talentlos, gewiß, aber wo die rechten Begabungen sich zusammenfänden, könne es trotz aller Beschränkungen des Systems gelingen. Der Massengeschmack, dem der Film gehorcht, sei gar nicht der der Massen selber, sondern oktroyiert? Aber von einem anderen Massengeschmack zu reden als dem, den jene nun einmal haben, sei töricht, und was je Volkskunst hieß, habe stets schon die Herrschaft reflektiert. Nur in der kompetenten Anpassung der Produktion an gegebene Bedürfnisse, nicht in der Rücksicht auf eine utopische Hörerschaft vermag nach solcher Logik der namenlose Allgemeinwille Gestalt zu gewinnen. Der Film sei voll der Lüge der Stereotypie? Aber Stereotypie ist das Wesen der Volkskunst, die Märchen kennen den rettenden Prinzen und den Teufel wie der Film den Helden und den Schuft, und noch die barbarische Grausamkeit, mit der die Welt in Gute und Böse aufgeteilt wird, hat der Film mit den höchsten Märchen gemein, welche die Stiefmutter in glühenden Eisenschuhen zu Tode sich tanzen lassen.

All dem wäre zu begegnen nur durch Erwägung der von den Apologeten vorausgesetzten Grundbegriffe. Die schlechten Filme lassen nicht der Inkompetenz sich zur Last legen: der Begabteste wird vom Betrieb gebrochen, und daß die Unbegabten ihm zuströmen, liegt an der Wahlverwandtschaft von Lüge und Schwindler. Der Stumpfsinn ist objektiv; personelle Verbesserungen könnten keine Volkskunst stiften. Deren Idee ist an agrarischen Verhältnissen oder der einfachen Warenwirtschaft gebildet. Solche Verhältnisse und ihre Ausdruckscharaktere sind die von Herren und Knechten, Profitierenden und Benachteiligten, aber in unmittelbarer, nicht ganz vergegenständlichter Gestalt. Wohl sind sie nicht weniger durchfurcht von Klassendifferenzen als die späte Industriegesellschaft, aber ihre Mitglieder sind noch nicht von der Totalstruktur umklammert, welche die einzelnen Subjekte erst zu bloßen Momenten reduziert, um sie dann, als Ohnmächtige und Abgetrennte, zum Kollektiv zu vereinen. Daß es kein Volk mehr gibt, heißt darum jedoch nicht, wie die Romantik propagierte, die Massen seien schlechter. Vielmehr enthüllt sich gerade erst in der neuen, radikal entfremdeten Gestalt der Gesellschaft die Unwahrheit der älteren. Eben die Züge, in denen die Kulturindustrie das Erbe der Volkskunst reklamiert, werden durch jene selber verdächtig. Der Film hat rückwirkende Kraft: sein optimistisches Grauen legt am Märchen zutage, was immer schon dem Unrecht diente, und läßt in den gemaßregelten Bösewichtern das Antlitz derer dämmern, welche die integrale Gesellschaft verurteilt und welche zu verurteilen von je der Traum der Vergesellschaftung war. Daher ist das Absterben der individualistischen Kunst keine Rechtfertigung für eine, die sich gebärdet, als wäre ihr Subjekt, das archaisch reagiert, das natürliche, während es das gewiß bewußtlose Syndikat der paar großen Firmen ist. Haben selbst die Massen, als Kunden, Einfluß auf den Film, so bleibt jener so abstrakt wie der Kassenausweis, der anstelle von nuanciertem Applaus trat: bloße Wahl zwischen Ja und Nein zu einem Offerierten, eingespannt in das Mißverhältnis von konzentrierter Macht und zerstreuter Ohnmacht. Daß schließlich beim Film zahlreiche Experten, auch einfache Techniker mitzureden haben, garantiert so wenig seine Humanität wie die Entscheidung kompetenter wissenschaftlicher Gremien die von Bomben und Giftgas.

Das feinsinnige Gerede von Filmkunst zwar steht den Skribenten an, die sich empfehlen wollen; die bewußte Berufung auf die Naivetät aber, auf die längst durch den Gedanken der Herren hindurchgegangene Dumpfheit der Knechte taugt nicht mehr. Der Film, der heute so unausweichlich an die Menschen sich hängt, als wär's ein Stück von ihnen, ist ihrer menschlichen Bestimmung, die von einem Tag zum anderen sich verwirklichen ließe, zugleich am allerfernsten, und die Apologetik lebt von dem Widerstand dagegen, diese Antinomie zu denken. Daß die Leute, welche die Filme machen, keineswegs Intriganten sind, besagt gar nichts dagegen. Der objektive Geist der Manipulation setzt sich in Erfahrungsregeln, Einschätzungen der Situation, technischen Kriterien, wirtschaftlich unvermeidlichen Kalkulationen, dem ganzen Eigengewicht der industriellen Apparatur durch, ohne daß erst eigens zensiert wird, und selbst wer die Massen befragte, dem würden sie die Ubiquität des Systems zurückspiegeln. Die Herstellenden fungieren so wenig als Subjekte wie ihre Arbeiter und Abnehmer, sondern lediglich als Teile der verselbständigten Maschinerie. Das Hegelisch klingende Gebot aber, Massenkunst habe den realen Geschmack der Massen zu respektieren und nicht den der negativistischen Intellektuellen, ist Usurpation. Der Gegensatz des Films als allumspannender Ideologie zu den objektiven Interessen der Menschen, die Verfilzung mit dem status quo des Profitwesens, schlechtes Gewissen und Betrug lassen bündig sich erkennen. Keine Berufung auf einen tatsächlich vorfindlichen Bewußtseinsstand hätte je das Vetorecht gegen Einsicht, welche über diesen Bewußtseinsstand hinausreicht, indem sie seinen Widerspruch zu sich selbst und zu den objektiven Verhältnissen trifft. Möglich, daß der deutsche faschistische Professor recht hatte und daß auch die Volkslieder, die es waren, schon vom herabgesunkenen Kulturgut der Oberschicht lebten. Nicht umsonst ist alle Volkskunst brüchig und, gleich den Filmen, nicht »organisch«. Aber zwischen dem alten Unrecht, dessen klagende Stimme dort noch hörbar ist, wo es sich verklärt, und der sich selbst als Verbundenheit behauptenden Entfremdung, welche den Schein menschlicher Nähe mit Lautsprecher und Reklamepsychologie abgefeimt erweckt, ist ein Unterschied gleich dem zwischen der Mutter, die dem Kind, um seine Dämonenangst zu beschwichtigen, das Märchen erzählt, in dem die Guten belohnt und die Bösen bestraft werden, und dem Kinoprodukt, das den Zuschauern die Gerechtigkeit jeglicher Weltordnung in jeglichem Lande grell, drohend in die Augen und Ohren treibt, um sie aufs neue, und gründlicher, das alte Fürchten zu lehren. Die Märchenträume, die so eifrig sich auf das Kind im Manne berufen, sind nichts als die von der totalen Aufklärung organisierte Rückbildung, und wo sie den Betrachtern am zutraulichsten auf die Schulter klopfen, verraten sie jene am gründlichsten. Unmittelbarkeit, die von den Filmen hergestellte Volksgemeinschaft läuft auf die Vermittlung ohne Rest hinaus, welche die Menschen und alles Menschliche so vollkommen zu Dingen herabsetzt, daß ihr Gegensatz zu den Dingen, ja der Bann von Verdinglichung selber gar nicht mehr wahrgenommen werden kann. Dem Film ist die Verwandlung der Subjekte in gesellschaftliche Funktionen so differenzlos gelungen, daß die ganz Erfaßten, keines Konflikts mehr eingedenk, die eigene Entmenschlichung als Menschliches, als Glück der Wärme genießen. Der totale Zusammenhang der Kulturindustrie, der nichts ausläßt, ist eins mit der totalen gesellschaftlichen Verblendung. Darum hat er mit den Gegenargumenten so leichtes Spiel.

 
Gesammelte Werke
adorno-theodor-w.xml
adorno-theodor-w-0000001-0000001.xml
adorno-theodor-w-0000002-0000023.xml
adorno-theodor-w-0000024-0000024.xml
adorno-theodor-w-0000025-0000025.xml
adorno-theodor-w-0000026-0000028.xml
adorno-theodor-w-0000029-0000037.xml
adorno-theodor-w-0000038-0000124.xml
adorno-theodor-w-0000125-0000130.xml
adorno-theodor-w-0000131-0000147.xml
adorno-theodor-w-0000148-0000148.xml
adorno-theodor-w-0000149-0000151.xml
adorno-theodor-w-0000152-0000187.xml
adorno-theodor-w-0000188-0000271.xml
adorno-theodor-w-0000272-0000342.xml
adorno-theodor-w-0000343-0000382.xml
adorno-theodor-w-0000383-0000457.xml
adorno-theodor-w-0000458-0000515.xml
adorno-theodor-w-0000516-0000553.xml
adorno-theodor-w-0000554-0000632.xml
adorno-theodor-w-0000633-0000638.xml
adorno-theodor-w-0000639-0000646.xml
adorno-theodor-w-0000647-0000647.xml
adorno-theodor-w-0000648-0000652.xml
adorno-theodor-w-0000653-0000701.xml
adorno-theodor-w-0000702-0000755.xml
adorno-theodor-w-0000756-0000803.xml
adorno-theodor-w-0000804-0000844.xml
adorno-theodor-w-0000845-0000888.xml
adorno-theodor-w-0000889-0000927.xml
adorno-theodor-w-0000928-0000971.xml
adorno-theodor-w-0000972-0001004.xml
adorno-theodor-w-0001005-0001039.xml
adorno-theodor-w-0001040-0001079.xml
adorno-theodor-w-0001080-0001084.xml
adorno-theodor-w-0001085-0001086.xml
adorno-theodor-w-0001087-0001088.xml
adorno-theodor-w-0001089-0001092.xml
adorno-theodor-w-0001093-0001104.xml
adorno-theodor-w-0001105-0001175.xml
adorno-theodor-w-0001176-0001244.xml
adorno-theodor-w-0001245-0001315.xml
adorno-theodor-w-0001316-0001400.xml
adorno-theodor-w-0001401-0001476.xml
adorno-theodor-w-0001477-0001576.xml
adorno-theodor-w-0001577-0001577.xml
adorno-theodor-w-0001578-0001641.xml
adorno-theodor-w-0001642-0001643.xml
adorno-theodor-w-0001644-0001645.xml
adorno-theodor-w-0001646-0001653.xml
adorno-theodor-w-0001654-0001751.xml
adorno-theodor-w-0001752-0001795.xml
adorno-theodor-w-0001796-0001894.xml
adorno-theodor-w-0001895-0001955.xml
adorno-theodor-w-0001956-0002055.xml
adorno-theodor-w-0002056-0002146.xml
adorno-theodor-w-0002147-0002177.xml
adorno-theodor-w-0002178-0002178.xml
adorno-theodor-w-0002179-0002179.xml
adorno-theodor-w-0002180-0002246.xml
adorno-theodor-w-0002247-0002326.xml
adorno-theodor-w-0002327-0002385.xml
adorno-theodor-w-0002386-0002485.xml
adorno-theodor-w-0002486-0002583.xml
adorno-theodor-w-0002584-0002587.xml
adorno-theodor-w-0002588-0002666.xml
adorno-theodor-w-0002667-0002717.xml
adorno-theodor-w-0002718-0002817.xml
adorno-theodor-w-0002818-0002822.xml
adorno-theodor-w-0002823-0002823.xml
adorno-theodor-w-0002824-0002824.xml
adorno-theodor-w-0002825-0002828.xml
adorno-theodor-w-0002829-0002919.xml
adorno-theodor-w-0002920-0002981.xml
adorno-theodor-w-0002982-0003041.xml
adorno-theodor-w-0003042-0003120.xml
adorno-theodor-w-0003121-0003162.xml
adorno-theodor-w-0003163-0003163.xml
adorno-theodor-w-0003164-0003198.xml
adorno-theodor-w-0003199-0003298.xml
adorno-theodor-w-0003299-0003311.xml
adorno-theodor-w-0003312-0003410.xml
adorno-theodor-w-0003411-0003414.xml
adorno-theodor-w-0003415-0003499.xml
adorno-theodor-w-0003500-0003518.xml
adorno-theodor-w-0003519-0003519.xml
adorno-theodor-w-0003520-0003524.xml
adorno-theodor-w-0003525-0003526.xml
adorno-theodor-w-0003527-0003626.xml
adorno-theodor-w-0003627-0003720.xml
adorno-theodor-w-0003721-0003726.xml
adorno-theodor-w-0003727-0003727.xml
adorno-theodor-w-0003728-0003811.xml
adorno-theodor-w-0003812-0003911.xml
adorno-theodor-w-0003912-0004007.xml
adorno-theodor-w-0004008-0004013.xml
adorno-theodor-w-0004014-0004113.xml
adorno-theodor-w-0004114-0004196.xml
adorno-theodor-w-0004197-0004241.xml
adorno-theodor-w-0004242-0004341.xml
adorno-theodor-w-0004342-0004371.xml
adorno-theodor-w-0004372-0004465.xml
adorno-theodor-w-0004466-0004540.xml
adorno-theodor-w-0004541-0004611.xml
adorno-theodor-w-0004612-0004626.xml
adorno-theodor-w-0004627-0004715.xml
adorno-theodor-w-0004716-0004735.xml
adorno-theodor-w-0004736-0004742.xml
adorno-theodor-w-0004743-0004743.xml
adorno-theodor-w-0004744-0004744.xml
adorno-theodor-w-0004745-0004762.xml
adorno-theodor-w-0004763-0004800.xml
adorno-theodor-w-0004801-0004877.xml
adorno-theodor-w-0004878-0004890.xml
adorno-theodor-w-0004891-0004941.xml
adorno-theodor-w-0004942-0004983.xml
adorno-theodor-w-0004984-0005035.xml
adorno-theodor-w-0005036-0005068.xml
adorno-theodor-w-0005069-0005108.xml
adorno-theodor-w-0005109-0005145.xml
adorno-theodor-w-0005146-0005158.xml
adorno-theodor-w-0005159-0005218.xml
adorno-theodor-w-0005219-0005250.xml
adorno-theodor-w-0005251-0005347.xml
adorno-theodor-w-0005348-0005375.xml
adorno-theodor-w-0005376-0005376.xml
adorno-theodor-w-0005377-0005409.xml
adorno-theodor-w-0005410-0005444.xml
adorno-theodor-w-0005445-0005452.xml
adorno-theodor-w-0005453-0005471.xml
adorno-theodor-w-0005472-0005517.xml
adorno-theodor-w-0005518-0005528.xml
adorno-theodor-w-0005529-0005543.xml
adorno-theodor-w-0005544-0005571.xml
adorno-theodor-w-0005572-0005608.xml
adorno-theodor-w-0005609-0005635.xml
adorno-theodor-w-0005636-0005643.xml
adorno-theodor-w-0005644-0005698.xml
adorno-theodor-w-0005699-0005709.xml
adorno-theodor-w-0005710-0005724.xml
adorno-theodor-w-0005725-0005757.xml
adorno-theodor-w-0005758-0005787.xml
adorno-theodor-w-0005788-0005788.xml
adorno-theodor-w-0005789-0005789.xml
adorno-theodor-w-0005790-0005838.xml
adorno-theodor-w-0005839-0005923.xml
adorno-theodor-w-0005924-0005975.xml
adorno-theodor-w-0005976-0006025.xml
adorno-theodor-w-0006026-0006026.xml
adorno-theodor-w-0006027-0006086.xml
adorno-theodor-w-0006087-0006092.xml
adorno-theodor-w-0006093-0006129.xml
adorno-theodor-w-0006130-0006169.xml
adorno-theodor-w-0006170-0006176.xml
adorno-theodor-w-0006177-0006185.xml
adorno-theodor-w-0006186-0006204.xml
adorno-theodor-w-0006205-0006212.xml
adorno-theodor-w-0006213-0006217.xml
adorno-theodor-w-0006218-0006309.xml
adorno-theodor-w-0006310-0006335.xml
adorno-theodor-w-0006336-0006344.xml
adorno-theodor-w-0006345-0006444.xml
adorno-theodor-w-0006445-0006449.xml
adorno-theodor-w-0006450-0006511.xml
adorno-theodor-w-0006512-0006552.xml
adorno-theodor-w-0006553-0006571.xml
adorno-theodor-w-0006572-0006615.xml
adorno-theodor-w-0006616-0006653.xml
adorno-theodor-w-0006654-0006654.xml
adorno-theodor-w-0006655-0006655.xml
adorno-theodor-w-0006656-0006661.xml
adorno-theodor-w-0006662-0006670.xml
adorno-theodor-w-0006671-0006676.xml
adorno-theodor-w-0006677-0006681.xml
adorno-theodor-w-0006682-0006697.xml
adorno-theodor-w-0006698-0006716.xml
adorno-theodor-w-0006717-0006727.xml
adorno-theodor-w-0006728-0006738.xml
adorno-theodor-w-0006739-0006750.xml
adorno-theodor-w-0006751-0006783.xml
adorno-theodor-w-0006784-0006790.xml
adorno-theodor-w-0006791-0006817.xml
adorno-theodor-w-0006818-0006848.xml
adorno-theodor-w-0006849-0006849.xml
adorno-theodor-w-0006850-0006855.xml
adorno-theodor-w-0006856-0006873.xml
adorno-theodor-w-0006874-0006878.xml
adorno-theodor-w-0006879-0006884.xml
adorno-theodor-w-0006885-0006896.xml
adorno-theodor-w-0006897-0006933.xml
adorno-theodor-w-0006934-0006977.xml
adorno-theodor-w-0006978-0007003.xml
adorno-theodor-w-0007004-0007045.xml
adorno-theodor-w-0007046-0007107.xml
adorno-theodor-w-0007108-0007152.xml
adorno-theodor-w-0007153-0007177.xml
adorno-theodor-w-0007178-0007215.xml
adorno-theodor-w-0007216-0007224.xml
adorno-theodor-w-0007225-0007225.xml
adorno-theodor-w-0007226-0007288.xml
adorno-theodor-w-0007289-0007311.xml
adorno-theodor-w-0007312-0007317.xml
adorno-theodor-w-0007318-0007346.xml
adorno-theodor-w-0007347-0007354.xml
adorno-theodor-w-0007355-0007385.xml
adorno-theodor-w-0007386-0007386.xml
adorno-theodor-w-0007387-0007387.xml
adorno-theodor-w-0007388-0007421.xml
adorno-theodor-w-0007422-0007447.xml
adorno-theodor-w-0007448-0007490.xml
adorno-theodor-w-0007491-0007533.xml
adorno-theodor-w-0007534-0007577.xml
adorno-theodor-w-0007578-0007603.xml
adorno-theodor-w-0007604-0007629.xml
adorno-theodor-w-0007630-0007679.xml
adorno-theodor-w-0007680-0007702.xml
adorno-theodor-w-0007703-0007782.xml
adorno-theodor-w-0007783-0007808.xml
adorno-theodor-w-0007809-0007870.xml
adorno-theodor-w-0007871-0007871.xml
adorno-theodor-w-0007872-0007889.xml
adorno-theodor-w-0007890-0007901.xml
adorno-theodor-w-0007902-0007922.xml
adorno-theodor-w-0007923-0007930.xml
adorno-theodor-w-0007931-0007936.xml
adorno-theodor-w-0007937-0007947.xml
adorno-theodor-w-0007948-0007962.xml
adorno-theodor-w-0007963-0007973.xml
adorno-theodor-w-0007974-0007989.xml
adorno-theodor-w-0007990-0007996.xml
adorno-theodor-w-0007997-0008013.xml
adorno-theodor-w-0008014-0008049.xml
adorno-theodor-w-0008050-0008056.xml
adorno-theodor-w-0008057-0008094.xml
adorno-theodor-w-0008095-0008108.xml
adorno-theodor-w-0008109-0008145.xml
adorno-theodor-w-0008146-0008232.xml
adorno-theodor-w-0008233-0008313.xml
adorno-theodor-w-0008314-0008381.xml
adorno-theodor-w-0008382-0008385.xml
adorno-theodor-w-0008386-0008401.xml
adorno-theodor-w-0008402-0008419.xml
adorno-theodor-w-0008420-0008457.xml
adorno-theodor-w-0008458-0008467.xml
adorno-theodor-w-0008468-0008485.xml
adorno-theodor-w-0008486-0008515.xml
adorno-theodor-w-0008516-0008544.xml
adorno-theodor-w-0008545-0008563.xml
adorno-theodor-w-0008564-0008625.xml
adorno-theodor-w-0008626-0008707.xml
adorno-theodor-w-0008708-0008732.xml
adorno-theodor-w-0008733-0008762.xml
adorno-theodor-w-0008763-0008789.xml
adorno-theodor-w-0008790-0008806.xml
adorno-theodor-w-0008807-0008807.xml
adorno-theodor-w-0008808-0008907.xml
adorno-theodor-w-0008908-0009001.xml
adorno-theodor-w-0009002-0009049.xml
adorno-theodor-w-0009050-0009145.xml
adorno-theodor-w-0009146-0009205.xml
adorno-theodor-w-0009206-0009255.xml
adorno-theodor-w-0009256-0009326.xml
adorno-theodor-w-0009327-0009396.xml
adorno-theodor-w-0009397-0009469.xml
adorno-theodor-w-0009470-0009534.xml
adorno-theodor-w-0009535-0009612.xml
adorno-theodor-w-0009613-0009613.xml
adorno-theodor-w-0009614-0009647.xml
adorno-theodor-w-0009648-0009661.xml
adorno-theodor-w-0009662-0009683.xml
adorno-theodor-w-0009684-0009716.xml
adorno-theodor-w-0009717-0009736.xml
adorno-theodor-w-0009737-0009762.xml
adorno-theodor-w-0009763-0009776.xml
adorno-theodor-w-0009777-0009789.xml
adorno-theodor-w-0009790-0009806.xml
adorno-theodor-w-0009807-0009807.xml
adorno-theodor-w-0009808-0009812.xml
adorno-theodor-w-0009813-0009825.xml
adorno-theodor-w-0009826-0009829.xml
adorno-theodor-w-0009830-0009841.xml
adorno-theodor-w-0009842-0009853.xml
adorno-theodor-w-0009854-0009859.xml
adorno-theodor-w-0009860-0009865.xml
adorno-theodor-w-0009866-0009875.xml
adorno-theodor-w-0009876-0009886.xml
adorno-theodor-w-0009887-0009893.xml
adorno-theodor-w-0009894-0009897.xml
adorno-theodor-w-0009898-0009905.xml
adorno-theodor-w-0009906-0009911.xml
adorno-theodor-w-0009912-0009924.xml
adorno-theodor-w-0009925-0009931.xml
adorno-theodor-w-0009932-0009941.xml
adorno-theodor-w-0009942-0009952.xml
adorno-theodor-w-0009953-0009957.xml
adorno-theodor-w-0009958-0009981.xml
adorno-theodor-w-0009982-0009982.xml
adorno-theodor-w-0009983-0009986.xml
adorno-theodor-w-0009987-0009991.xml
adorno-theodor-w-0009992-0010030.xml
adorno-theodor-w-0010031-0010109.xml
adorno-theodor-w-0010110-0010189.xml
adorno-theodor-w-0010190-0010289.xml
adorno-theodor-w-0010290-0010316.xml
adorno-theodor-w-0010317-0010321.xml
adorno-theodor-w-0010322-0010324.xml
adorno-theodor-w-0010325-0010332.xml
adorno-theodor-w-0010333-0010334.xml
adorno-theodor-w-0010335-0010335.xml
adorno-theodor-w-0010336-0010434.xml
adorno-theodor-w-0010435-0010528.xml
adorno-theodor-w-0010529-0010573.xml
adorno-theodor-w-0010574-0010672.xml
adorno-theodor-w-0010673-0010769.xml
adorno-theodor-w-0010770-0010864.xml
adorno-theodor-w-0010865-0010865.xml
adorno-theodor-w-0010866-0010868.xml
adorno-theodor-w-0010869-0010885.xml
adorno-theodor-w-0010886-0010941.xml
adorno-theodor-w-0010942-0010953.xml
adorno-theodor-w-0010954-0010966.xml
adorno-theodor-w-0010967-0010972.xml
adorno-theodor-w-0010973-0010980.xml
adorno-theodor-w-0010981-0010995.xml
adorno-theodor-w-0010996-0011008.xml
adorno-theodor-w-0011009-0011017.xml
adorno-theodor-w-0011018-0011041.xml
adorno-theodor-w-0011042-0011052.xml
adorno-theodor-w-0011053-0011078.xml
adorno-theodor-w-0011079-0011097.xml
adorno-theodor-w-0011098-0011111.xml
adorno-theodor-w-0011112-0011146.xml
adorno-theodor-w-0011147-0011149.xml
adorno-theodor-w-0011150-0011152.xml
adorno-theodor-w-0011153-0011184.xml
adorno-theodor-w-0011185-0011192.xml
adorno-theodor-w-0011193-0011193.xml
adorno-theodor-w-0011194-0011195.xml
adorno-theodor-w-0011196-0011202.xml
adorno-theodor-w-0011203-0011265.xml
adorno-theodor-w-0011266-0011292.xml
adorno-theodor-w-0011293-0011365.xml
adorno-theodor-w-0011366-0011401.xml
adorno-theodor-w-0011402-0011429.xml
adorno-theodor-w-0011430-0011470.xml
adorno-theodor-w-0011471-0011551.xml
adorno-theodor-w-0011552-0011640.xml
adorno-theodor-w-0011641-0011740.xml
adorno-theodor-w-0011741-0011816.xml
adorno-theodor-w-0011817-0011915.xml
adorno-theodor-w-0011916-0011935.xml
adorno-theodor-w-0011936-0011937.xml
adorno-theodor-w-0011938-0011938.xml
adorno-theodor-w-0011939-0011939.xml
adorno-theodor-w-0011940-0011943.xml
adorno-theodor-w-0011944-0011947.xml
adorno-theodor-w-0011948-0011976.xml
adorno-theodor-w-0011977-0011995.xml
adorno-theodor-w-0011996-0012017.xml
adorno-theodor-w-0012018-0012040.xml
adorno-theodor-w-0012041-0012080.xml
adorno-theodor-w-0012081-0012119.xml
adorno-theodor-w-0012120-0012152.xml
adorno-theodor-w-0012153-0012183.xml
adorno-theodor-w-0012184-0012187.xml
adorno-theodor-w-0012188-0012196.xml
adorno-theodor-w-0012197-0012198.xml
adorno-theodor-w-0012199-0012204.xml
adorno-theodor-w-0012205-0012248.xml
adorno-theodor-w-0012249-0012329.xml
adorno-theodor-w-0012330-0012417.xml
adorno-theodor-w-0012418-0012478.xml
adorno-theodor-w-0012479-0012531.xml
adorno-theodor-w-0012532-0012587.xml
adorno-theodor-w-0012588-0012589.xml
adorno-theodor-w-0012590-0012593.xml
adorno-theodor-w-0012594-0012596.xml
adorno-theodor-w-0012597-0012597.xml
adorno-theodor-w-0012598-0012696.xml
adorno-theodor-w-0012697-0012796.xml
adorno-theodor-w-0012797-0012871.xml
adorno-theodor-w-0012872-0012970.xml
adorno-theodor-w-0012971-0013005.xml
adorno-theodor-w-0013006-0013006.xml
adorno-theodor-w-0013007-0013015.xml
adorno-theodor-w-0013016-0013016.xml
adorno-theodor-w-0013017-0013059.xml
adorno-theodor-w-0013060-0013083.xml
adorno-theodor-w-0013084-0013101.xml
adorno-theodor-w-0013102-0013122.xml
adorno-theodor-w-0013123-0013123.xml
adorno-theodor-w-0013124-0013169.xml
adorno-theodor-w-0013170-0013198.xml
adorno-theodor-w-0013199-0013221.xml
adorno-theodor-w-0013222-0013268.xml
adorno-theodor-w-0013269-0013338.xml
adorno-theodor-w-0013339-0013406.xml
adorno-theodor-w-0013407-0013489.xml
adorno-theodor-w-0013490-0013526.xml
adorno-theodor-w-0013527-0013599.xml
adorno-theodor-w-0013600-0013660.xml
adorno-theodor-w-0013661-0013702.xml
adorno-theodor-w-0013703-0013720.xml
adorno-theodor-w-0013721-0013721.xml
adorno-theodor-w-0013722-0013816.xml
adorno-theodor-w-0013817-0013911.xml
adorno-theodor-w-0013912-0013974.xml
adorno-theodor-w-0013975-0013975.xml
adorno-theodor-w-0013976-0013978.xml
adorno-theodor-w-0013979-0014014.xml
adorno-theodor-w-0014015-0014029.xml
adorno-theodor-w-0014030-0014039.xml
adorno-theodor-w-0014040-0014049.xml
adorno-theodor-w-0014050-0014116.xml
adorno-theodor-w-0014117-0014125.xml
adorno-theodor-w-0014126-0014192.xml
adorno-theodor-w-0014193-0014201.xml
adorno-theodor-w-0014202-0014211.xml
adorno-theodor-w-0014212-0014217.xml
adorno-theodor-w-0014218-0014224.xml
adorno-theodor-w-0014225-0014235.xml
adorno-theodor-w-0014236-0014251.xml
adorno-theodor-w-0014252-0014282.xml
adorno-theodor-w-0014283-0014289.xml
adorno-theodor-w-0014290-0014290.xml
adorno-theodor-w-0014291-0014365.xml
adorno-theodor-w-0014366-0014366.xml
adorno-theodor-w-0014367-0014419.xml
adorno-theodor-w-0014420-0014436.xml
adorno-theodor-w-0014437-0014454.xml
adorno-theodor-w-0014455-0014465.xml
adorno-theodor-w-0014466-0014472.xml
adorno-theodor-w-0014473-0014482.xml
adorno-theodor-w-0014483-0014499.xml
adorno-theodor-w-0014500-0014508.xml
adorno-theodor-w-0014509-0014523.xml
adorno-theodor-w-0014524-0014572.xml
adorno-theodor-w-0014573-0014668.xml
adorno-theodor-w-0014669-0014768.xml
adorno-theodor-w-0014769-0014868.xml
adorno-theodor-w-0014869-0014964.xml
adorno-theodor-w-0014965-0015062.xml
adorno-theodor-w-0015063-0015162.xml
adorno-theodor-w-0015163-0015212.xml
adorno-theodor-w-0015213-0015213.xml
adorno-theodor-w-0015214-0015227.xml
adorno-theodor-w-0015228-0015238.xml
adorno-theodor-w-0015239-0015244.xml
adorno-theodor-w-0015245-0015253.xml
adorno-theodor-w-0015254-0015256.xml
adorno-theodor-w-0015257-0015264.xml
adorno-theodor-w-0015265-0015268.xml
adorno-theodor-w-0015269-0015275.xml
adorno-theodor-w-0015276-0015303.xml
adorno-theodor-w-0015304-0015336.xml
adorno-theodor-w-0015337-0015342.xml
adorno-theodor-w-0015343-0015347.xml
adorno-theodor-w-0015348-0015367.xml
adorno-theodor-w-0015368-0015375.xml
adorno-theodor-w-0015376-0015383.xml
adorno-theodor-w-0015384-0015424.xml
adorno-theodor-w-0015425-0015437.xml
adorno-theodor-w-0015438-0015441.xml
adorno-theodor-w-0015442-0015444.xml
adorno-theodor-w-0015445-0015463.xml
adorno-theodor-w-0015464-0015508.xml
adorno-theodor-w-0015509-0015509.xml
adorno-theodor-w-0015510-0015522.xml
adorno-theodor-w-0015523-0015608.xml
adorno-theodor-w-0015609-0015623.xml
adorno-theodor-w-0015624-0015625.xml
adorno-theodor-w-0015626-0015627.xml
adorno-theodor-w-0015628-0015634.xml
adorno-theodor-w-0015635-0015642.xml
adorno-theodor-w-0015643-0015651.xml
adorno-theodor-w-0015652-0015666.xml
adorno-theodor-w-0015667-0015670.xml
adorno-theodor-w-0015671-0015676.xml
adorno-theodor-w-0015677-0015684.xml
adorno-theodor-w-0015685-0015698.xml
adorno-theodor-w-0015699-0015701.xml
adorno-theodor-w-0015702-0015705.xml
adorno-theodor-w-0015706-0015708.xml
adorno-theodor-w-0015709-0015713.xml
adorno-theodor-w-0015714-0015717.xml
adorno-theodor-w-0015718-0015718.xml
adorno-theodor-w-0015719-0015817.xml
adorno-theodor-w-0015818-0015902.xml
adorno-theodor-w-0015903-0015996.xml
adorno-theodor-w-0015997-0016096.xml
adorno-theodor-w-0016097-0016193.xml
adorno-theodor-w-0016194-0016202.xml
adorno-theodor-w-0016203-0016245.xml
adorno-theodor-w-0016246-0016343.xml
adorno-theodor-w-0016344-0016365.xml
adorno-theodor-w-0016366-0016465.xml
adorno-theodor-w-0016466-0016523.xml
adorno-theodor-w-0016524-0016524.xml
adorno-theodor-w-0016525-0016536.xml
adorno-theodor-w-0016537-0016546.xml
adorno-theodor-w-0016547-0016551.xml
adorno-theodor-w-0016552-0016561.xml
adorno-theodor-w-0016562-0016573.xml
adorno-theodor-w-0016574-0016578.xml
adorno-theodor-w-0016579-0016581.xml
adorno-theodor-w-0016582-0016585.xml
adorno-theodor-w-0016586-0016588.xml
adorno-theodor-w-0016589-0016597.xml
adorno-theodor-w-0016598-0016605.xml
adorno-theodor-w-0016606-0016627.xml
adorno-theodor-w-0016628-0016629.xml
adorno-theodor-w-0016630-0016665.xml
adorno-theodor-w-0016666-0016672.xml
adorno-theodor-w-0016673-0016680.xml
adorno-theodor-w-0016681-0016689.xml
adorno-theodor-w-0016690-0016697.xml
adorno-theodor-w-0016698-0016704.xml
adorno-theodor-w-0016705-0016715.xml
adorno-theodor-w-0016716-0016732.xml
adorno-theodor-w-0016733-0016738.xml
adorno-theodor-w-0016739-0016746.xml
adorno-theodor-w-0016747-0016794.xml
adorno-theodor-w-0016795-0016813.xml
adorno-theodor-w-0016814-0016818.xml
adorno-theodor-w-0016819-0016851.xml
adorno-theodor-w-0016852-0016919.xml
adorno-theodor-w-0016920-0016970.xml
adorno-theodor-w-0016971-0017001.xml
adorno-theodor-w-0017002-0017006.xml
adorno-theodor-w-0017007-0017007.xml
adorno-theodor-w-0017008-0017008.xml
adorno-theodor-w-0017009-0017065.xml
adorno-theodor-w-0017066-0017160.xml
adorno-theodor-w-0017161-0017196.xml
adorno-theodor-w-0017197-0017225.xml
adorno-theodor-w-0017226-0017234.xml
adorno-theodor-w-0017235-0017249.xml
adorno-theodor-w-0017250-0017285.xml
adorno-theodor-w-0017286-0017325.xml
adorno-theodor-w-0017326-0017331.xml
adorno-theodor-w-0017332-0017333.xml
adorno-theodor-w-0017334-0017339.xml
adorno-theodor-w-0017340-0017344.xml
adorno-theodor-w-0017345-0017349.xml
adorno-theodor-w-0017350-0017352.xml
adorno-theodor-w-0017353-0017364.xml
adorno-theodor-w-0017365-0017367.xml
adorno-theodor-w-0017368-0017370.xml
adorno-theodor-w-0017371-0017373.xml
adorno-theodor-w-0017374-0017377.xml
adorno-theodor-w-0017378-0017390.xml
adorno-theodor-w-0017391-0017393.xml
adorno-theodor-w-0017394-0017395.xml
adorno-theodor-w-0017396-0017402.xml
adorno-theodor-w-0017403-0017405.xml
adorno-theodor-w-0017406-0017407.xml
adorno-theodor-w-0017408-0017410.xml
adorno-theodor-w-0017411-0017413.xml
adorno-theodor-w-0017414-0017425.xml
adorno-theodor-w-0017426-0017436.xml
adorno-theodor-w-0017437-0017445.xml
adorno-theodor-w-0017446-0017449.xml
adorno-theodor-w-0017450-0017545.xml
adorno-theodor-w-0017546-0017615.xml
adorno-theodor-w-0017616-0017705.xml
adorno-theodor-w-0017706-0017706.xml
adorno-theodor-w-0017707-0017709.xml
adorno-theodor-w-0017710-0017738.xml
adorno-theodor-w-0017739-0017757.xml
adorno-theodor-w-0017758-0017778.xml
adorno-theodor-w-0017779-0017799.xml
adorno-theodor-w-0017800-0017802.xml
adorno-theodor-w-0017803-0017813.xml
adorno-theodor-w-0017814-0017816.xml
adorno-theodor-w-0017817-0017822.xml
adorno-theodor-w-0017823-0017841.xml
adorno-theodor-w-0017842-0017855.xml
adorno-theodor-w-0017856-0017858.xml
adorno-theodor-w-0017859-0017862.xml
adorno-theodor-w-0017863-0017864.xml
adorno-theodor-w-0017865-0017869.xml
adorno-theodor-w-0017870-0017872.xml
adorno-theodor-w-0017873-0017875.xml
adorno-theodor-w-0017876-0017879.xml
adorno-theodor-w-0017880-0017888.xml
adorno-theodor-w-0017889-0017899.xml
adorno-theodor-w-0017900-0017903.xml
adorno-theodor-w-0017904-0017906.xml
adorno-theodor-w-0017907-0017907.xml
adorno-theodor-w-0017908-0017912.xml
adorno-theodor-w-0017913-0017913.xml
adorno-theodor-w-0017914-0017915.xml
adorno-theodor-w-0017916-0017918.xml
adorno-theodor-w-0017919-0017921.xml
adorno-theodor-w-0017922-0017933.xml
adorno-theodor-w-0017934-0017936.xml
adorno-theodor-w-0017937-0017940.xml
adorno-theodor-w-0017941-0017946.xml
adorno-theodor-w-0017947-0017950.xml
adorno-theodor-w-0017951-0017952.xml
adorno-theodor-w-0017953-0017957.xml
adorno-theodor-w-0017958-0017959.xml
adorno-theodor-w-0017960-0017963.xml
adorno-theodor-w-0017964-0017966.xml
adorno-theodor-w-0017967-0017973.xml
adorno-theodor-w-0017974-0017975.xml
adorno-theodor-w-0017976-0017993.xml
adorno-theodor-w-0017994-0017997.xml
adorno-theodor-w-0017998-0018001.xml
adorno-theodor-w-0018002-0018021.xml
adorno-theodor-w-0018022-0018022.xml
adorno-theodor-w-0018023-0018028.xml
adorno-theodor-w-0018029-0018090.xml
adorno-theodor-w-0018091-0018162.xml
adorno-theodor-w-0018163-0018181.xml
adorno-theodor-w-0018182-0018189.xml
adorno-theodor-w-0018190-0018206.xml
adorno-theodor-w-0018207-0018210.xml
adorno-theodor-w-0018211-0018216.xml
adorno-theodor-w-0018217-0018224.xml
adorno-theodor-w-0018225-0018233.xml
adorno-theodor-w-0018234-0018234.xml
adorno-theodor-w-0018235-0018268.xml
adorno-theodor-w-0018269-0018285.xml
adorno-theodor-w-0018286-0018302.xml
adorno-theodor-w-0018303-0018340.xml
adorno-theodor-w-0018341-0018342.xml
adorno-theodor-w-0018343-0018377.xml
adorno-theodor-w-0018378-0018420.xml
adorno-theodor-w-image-appendix.xml
adorno-theodor-w-image-appendix-0000000.xml