I

Musikalische Aphorismen

 

Musikalische Aphorismen

Regers Sequenzen sind der zeitgenössischen Innenarchitektur zu vergleichen. Unvermögend, die breite Fassade faßlich zu gliedern, unvermögend auch, deren prunkendem Schein Wirklichkeit zu erwirken, hat man sich sorglich ins Interieur zurückgezogen und imitiert dort die verlorene Ordnung des Baues im kleinen: nicht ohne zuvor die Rouleaux zu schließen. Man findet es ganz wohnlich bei der Lampe des Privaten, vorm künstlichen Kamin des Gemüts; die Räume sind abgestimmt aufeinander, ihre Folge ist sicher von Tür zu Tür. Nur etwas weitläufig haben es die wenigen Bewohner: wenn das Licht versagt, verirren sie sich im Dunkel.

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Debussy hat die Frage, wie heute Musik schließen könne, da doch ihr Beginn ungewiß sei, auf eigene und denkwürdige Weise beantwortet. Wie er die Musik imaginär voraussetzt als stetes Klingen, in dessen akustisches Bereich er plötzlich eintritt, so verläßt er sie plötzlich und läßt uns die Illusion, sie dauere weiter, weil ihr reales Ende unerreichbar ist. Seine Musik hört auf, wie ein Bild aufhört, wenn wir wegtreten von ihm. Sie verlischt. – Damit mag sein Verhältnis zu den äußeren Dingen andeutend getroffen sein.

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Reznicek, ein neudeutscher Komponist, hat Hebbels Judith vertont und nach dem anziehenden Helden Holofernes genannt. Als gründlicher Neudeutscher dachte er dabei auch über die Dialektik nach, die die Literaturgeschichte als Hebbel eigentümlich verzeichnet. Wie er denn mit ihr, der begrifflichen fertig geworden sei, fragt er sich rhetorisch in den Blättern der deutschen Oper in Charlottenburg, um desto drastischer nur zu antworten, er habe sie weggelassen. An der Auferstehung des Musikdramas besteht danach kein Zweifel.

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Die Ontologie der Operette bleibt abzubilden: mit der Erlösung des kleinen Mädchens im zweiten Rang durch das Tremolo des schönen Tenors; der formalen Zote, die alles bedeuten kann, weil sie nichts bedeutet; der Kulthandlung der Übernahme des Schlagers, den der Held singt, den der Chor weiterträgt, indem er seine Selbstheit vergißt, der dem Publikum gemeint ist; mit dem charismatischen Trottel und der Volkheit aus Carmen; mit dem Scheinwerfer am Ende.

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Vom schlechten Dilettanten unterscheidet den Musiker der Mangel an Begeisterung. Der Dilettant betritt Musik wie ein fremder Herr, der seine Zeit zubringen möchte; er treibt durch die Stadt und findet alles schön, woran er sich nicht stößt. Zu seinen Lobsprüchen weiß der Einheimische, der ihn führt, immer nur »ja, ja« zu sagen. Ihm sind die Straßen und Winkel zu bekannt, als daß er sie sich bestätigen müßte; vielleicht unterscheidet er sie so nah, daß er ihren Totalaspekt gar nicht mehr zu gewinnen vermag. Doch verzichtet er willig darauf, und seine Liebe ist der gleichmäßige Schritt, mit dem er jeden Gassenwinkel nachmißt, in die rechte Toreinfahrt tritt, aus der man den vorspringenden Giebel des Hauses dicht drüber erblicken kann; manchmal klinkt er eine unscheinbare Türe auf und betritt einen Hof mit der vollkommensten Innenfassade. Will der Fremde ihn mit seinem Entzücken belohnen, so antwortet er ihm allein mit dem Namen des Hofes.

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Die aufatmende Hornmelodie im Adagio der Freischütz-Ouvertüre zeigt zum ersten Male die Betroffenheit der glücklichen Begegnung mit verändertem Naturgrund, wie einzig der Städter sie kennt. Was an Sommerfrischen, an der Erwartung des leichten gelben Wägelchens bei der Bahnhofsperre und dem Blick aus dem Zimmer ins endlich gehaltene Tal voller Nebelbilder mehr ist als bloß die schlechte wohlhabende Distanz zum Horizont des Berechenbaren ringsum: was aus der Kraft des geschlossenen Kalküls die Kraft vielmehr zieht, unbetretene Landschaft fremd und in Freiheit vom Zwang ihres Bodens zu betreten: das ist im Freischütz genau angeredet und antwortet im Echo der großen Terz. Weber hat die Musik der echten Ferien gefunden, und Kinder, denen nach einem dichten Schulmorgen in drei Opernstunden am Nachmittag ein ganzer Sommer zusammenschießt – welcher Sommer könnte je so hell sein wie Agathens mittägliches Zimmer –: Kinder bezeugen es ihm mit dem Dank des stockenden Atems. Wehe aber dem Regisseur, der es wagte, die Dinge der Wolfsschlucht ihnen aus den Augen zu nehmen und mit Licht und Schatten im großen sie zu betrügen. Von Rechts wegen dürfen sie Spinnweb mit Blut betaut nach Hause schleppen, und wer es ihnen unterschlägt, den werden sie wenig anders fühlen als den bösen Lehrer, der sie in Arrest steckt.

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Wenn im Figaro Abend wird, dann ist es gut. Denn der Tag der Verstrickung, der vorüberzog, war im theatralischen Raum Wirrnis des Traumes allein, in der ich mich maskierte und in so viel Gestalten untertauchte, die nicht reden konnten. Aber der leise Schmerz um die verlorene Nadel erklingt als Signal des Erwachens: so sind wir selber noch traurig, wenn uns das begegnen soll, worauf wir vergebens gewartet haben. Im Dunkel der Erwartung allein entdeckt es sich uns wieder. Der erste Stern dann, der am unverrückbaren Bühnenhimmel erscheint, läßt hoffen, daß andere kommen und unsere schwach erhellte Melancholie zur Kuppel sich wölbe, an deren Decke die Worte sich versammeln, die uns gelten, tröstlich näher als alle Sterne draußen jemals es sind. Das Blut, das so weit uns forttrug, kehrt heim; die Pflanzen, deren Schatten wir des Tages verfallen blieben, beginnen zu sprechen, und wie sie sprechen, sind sie errettet. »Deh vieni, non tardar« – aus der entsühnten Natur ist die Angst genommen, und im innigen Ritual der Bereitschaft verhallt endlich die Klage der verlassenen Arianna. Nichts kann mehr geschehen, nachdem dies sich ereignete; nur die Parallelstimme der Erinnerung grundiert tief die Freude. – »Piu docile sono, e dico di Si« – die Lippen der Gräfin prägen das bestätigte Siegel der Versöhnung. Die Gewalt nächtlichen Trostes zog sie herbei.

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Die dialektische Struktur der Folge von Arnold Schönbergs Werken bestätigt sich exemplarisch durch die Macht der Erhellung, die bei ihr jedem neuen Werk über das vorangegangene gegeben ist. Als die aufgelösten Werke der früheren Zeit, die Orchesterstücke, das Monodram und die Glückliche Hand, die Intention tief noch verhüllten im Dunkel ihres Wuchses, der regellos organisch schien wie eine verschlungene Waldung, da belichteten die ersten Zwölftonkompositionen, die kamen, durchdringend das Geheimnis jener Werke; und die grellen Konturen von Helligkeit und Schatten, die ihre Rationalität freilegte, ließen dort klar zielende Konstruktion aus Phantasie erkennen, wo man blindes Wuchern vermutete. Nicht anders hatten die Orchesterstücke zuvor die sporadischen, jählings einfallenden Dissonanzen ins dichte Gefüge gezogen; nicht anders wieder auch hatten die freizügigen Dissonanzen die konstruktive Polyphonie von Kammersymphonie und Zweitem Quartett enträtselt, aus der sie entsprangen. Durch jedes Werk Schönbergs wird das vorangehende leicht und verständlich; in jedem ist das vorangehende aufgehoben: bewahrt zugleich seinem Wahrheitsgehalte nach und vernichtet mit der Macht fortschreitender Entmythologisierung.

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Der Ruhm der kompositorischen Persönlichkeit bleibt einstweilen noch eine Funktion von deren Inkonsequenz. Die Musiken, die allseitige Konsequenzen ziehen aus den Zellen der Aktualität, die in ihnen bereit liegen, nähern sich notwendigerweise einander an. Die Einheitlichkeit der Faktur, die den Werken der Schönberg-Schule eignet, ist nicht sowohl herrschende Doktrin als dem immanenten Zwang zuzuschreiben, aus allem, was musikalisch-technisch sich begibt, die Konsequenzen zu ziehen. Die Kontrapunktik durchdringt die Harmonik und jene sie selber; die Auflösung der harmonischen Schemata und die Lockerheit der selbständigen Stimmen heben die rhythmische Symmetrie auf und weiterhin die Symmetrie der Form; und die dergestalt kompositorisch durchdrungene Substanz verlangt nicht nach einem Orchester bloß, das sie leidlich genau darstellt, sondern nach einem, dessen Farbstruktur ebenso locker und aufgelöst, aber auch ebenso gefügt und kontrolliert sich darstellt wie die Substanz. Die wenigen, die all dem genügen, ähneln sich darin, und ihnen, den strengsten gerade, muß es begegnen, daß sie unoriginell gescholten werden eben darum und weil das zurückgebliebene Ohr im Umkreis der fortgeschrittensten Musik noch nicht zu differenzieren vermag. So konnte es immer wieder geschehen, daß man Anton Webern, der an Eigenart in der heutigen Musik seinesgleichen sucht, einen Schönberg-Epigonen nannte. Wer aber irgendein Element der heutigen kompositorischen Technik aufgreift, isoliert pflegt und alles andere beim alten läßt, bleibt nicht bloß verständlich, sondern gilt auch als ursprünglich; so manche rhythmische Elementargewalt, so mancher Klangfarbenzauberer hat keine andere Genesis. Hier zumal sollte die Kritik endlich vorsichtiger werden.

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Die harmonische Dimension ist in der Musik zurückgedrängt heute wie in der Malerei die des Raumes. Wohl kann keineswegs, wie die Reaktion es behauptet, bei den legitimierten Werken neuer Musik von harmonischer Zufälligkeit die Rede sein; gewiß jedoch ist das harmonische Tiefenbewußtsein für die Konstruktion unserer Musik nicht mehr entscheidend. Es liegt nun der Glaube nahe, in Malerei wie in Musik sei jener Dimensionsverlust eben auf die rationale Konstruktion zurückzuführen, die das konstante Naturmaterial gewalttätig verändere. Allein damit ist wenig gesagt und gewiß nicht der Zwang erklärt, der hier wie dort ohne alle einsichtige Abhängigkeit den Dimensionsverlust ergibt. Es wäre vollends naiv, eine radikale Veränderung von Kunst allein als Veränderung des Bewußtseins zu begreifen. An ihr hat allemal Anteil die Veränderung der wirklichen Welt: sei es die faktische nun, sei es die ästhetisch vorweggenommene. Sollte nicht der Dimensionsverlust auf einen Zerfall der Dingwelt selber deuten, die ihre dritte Dimension, die der Naturtiefe, einzubüßen beginnt? Nicht zufällig ist in der heutigen Psychologie die Frage aktuell und kontrovers, ob das phänomenale Feld des Gesichtes zweidimensional oder dreidimensional sei. Jedenfalls wäre die Verwandlung des Dingraumes in einen zweidimensionalen, allseitig präsenten Flächenraum um nichts absurder als die Verwandlung des magischen in den euklidischen oder der Naturtöne in die temperierte Skala es war. Und Musik spiegelt das Schicksal der Dinge wider in klarer Transparenz.

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Hat man die tiefe Ähnlichkeit bemerkt zwischen dem Vorwurf von Schönbergs George-Liedern und den beiden großen Zyklen Schuberts? So wenig Georges gewaltige Dichtung mit der mittleren, wiewohl im Bilde oftmals erstaunlich sicheren Poesie Wilhelm Müllers verglichen werden darf und so gründlich es der Art von Dichtung widerstreitet, wenn Beziehungen zwischen Dichtwerken aus deren Stoffschicht hergeleitet werden: für die Musik, die häufig genug das Dichtwerk als Gebilde zerschlägt, um kraft des Zerfalls der Form seiner bedeutenden Stofflichkeit habhaft zu werden, können Stoffbeziehungen überaus wichtig werden. In den Fünfzehn Gedichten aus dem Buch der hängenden Gärten ist der Vollzug einer Liebe eher dargestellt als ihre Geschichte: sie kennt kein Gesetz als das des Schicksals und bleibt ohne Rettung dem Zusammenhang des Natürlichen eingetan. Nicht zufällig steht am Ende des Buches das – von Schönberg nicht komponierte – Gedicht »Stimmen im Strom«, das den ohne Hoffnung Liebenden sterbend in Natur löst. Hier ist mit der Gewalt des Wortes »Des Baches Liebeslied« heimgebracht und die Identität der Stoffe weist hin auf den Gegenstand liedhafter Musik selber. Sie ist ihrem Ursprung nach Trost über das Verfallensein an den Naturzusammenhang und dort muß Musik rettend am nächsten sein, wo das Lebendige zum Kreise unerbittlich sich zu schließen scheint. In der Intention des Trostes berühren sich die großen Liedwerke der Musik.

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Von manchen jungen Komponisten rühmt man als hervorragende Qualität ihren Bewegungswillen. Als ob es auf Bewegung ankäme ohne Rücksicht darauf, was bewegt werde. In der Maschinenwelt, die man für die Musik usurpiert, sind es Massen von Stoff oder Menschen, die bewegt werden: zu einem Zweck. Der Bewegungswille jener jungen Komponisten indessen genügt sich selber ideologisch: sie bewegen nichts und zwecklos. Wenn man schon den Abbau der Humanität betreibt, sollte man sich nach gescheiteren Ausreden umschauen.

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Das Lied vom kleinen Cohn hat als eigentlichen Schauplatz das frühe Warenhaus, einen Grand Bazar mit Gußeisenfront und bronziertem Zierat, darüber der grünen Kuppel und schwarzen vorspringenden Wendeltreppen an der Brandmauer. Zwar im Text ist statt dessen von einer Illumination die Rede, der kleine Cohn, zwerghaftes Judenkind mit dicken Augen, wird zu einem Gatten, der seine Frau betrügt, die blonde andere heißt Maid; daß es nicht dazu kommt, tröstet den Reserveoffizier von 1890, der die Maid sich vorbehält. Hinter der illuminierten Fassade sieht es anders aus. Der Judenknabe stirbt als Opfer eines Ritualmordes, den im gläsernen Tempel schnurrbärtige Männer zu Ehren ihrer noch unbekannten Gottheit zelebrieren. In der Menschenmenge kam er ins Gedränge, sie verschlingt ihn leibhaftig hinter den Riesenfenstern und beginnt ihn zu verdauen, während sie auf der Straße zusehen. Der zerquetschte Körper wird durch den einzigen Notausgang ausgeschieden. Nun denken Sie sich meinen Schreck, der Cohn ist weg, die wachsende Menge hat die Türen versperrt und ich bin das nächste Opfer.

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Man würdigt die Notenschrift, weil sie Musik als Text der Zeit entreiße und für die Dauer aufhebe. Aber ihre Gewalt reicht tief bis in die Musik selber. In ihren Größenwerten, der Wahl der Linien und Schlüssel, dem System der Versetzungszeichen haben sich frühe Gehalte von Musik niedergeschlagen, die, längst erloschen, noch alle heutige im Schriftbild bannen und erst dann zum gegenwärtigen Erscheinen durchlassen, wenn ihr die Male ihrer Herrschaft eingeprägt sind. Angesichts der steten Verkleinerung der Notenwerte, der Auflösung des geschlossenen Schriftbildes, die heute an manchen Stellen gelungen scheint, möchte man fast die musikalische Geschichte als Kampf begreifen, den die aufbegehrende Musik wider das System der Notenschrift führte, um es zu zerschlagen und an ihm ihre Produktivkraft zu vervielfachen. Aber wollte man bei musikalischer Kritik allein vom Notenbilde ausgehen, man geriete in Irrtum, so trügend ist die Macht der Schrift: Musik, deren optisches Bild vollkommen, also vom vorgedachten Zwange des Notensystems ganz emanzipiert ist, wird fast stets schlecht sein und das Wort Papiermusik, das der Jargon dafür hat, verrät eben, es herrsche die Notenschrift so weit, daß der gerade ihr erliegt, der vollends sie zu tilgen meinte. Gleichwohl läßt sich keine Musik wahrhaft ohne Kenntnis des Bildes beurteilen: nicht bloß weil man ihm erst die genaue Kenntnis des Werkes verdankt, sondern weil man am Bilde einzig den Plan des Kampfes ablesen kann, den die freigesetzten Produktivkräfte und die Macht des Gewesenen miteinander auszufechten haben, ohne daß es je gelänge, sie voneinander zu lösen.

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Man hat die Hermeneutik verbannt. Mit Recht: weil sie die Gehalte von Musik auf den Umkreis der subjektiven Erlebnismannigfaltigkeit, der Seelenregungen des einzelnen beschränkte, der dem musikalisch Gemeinten nicht angemessen ist, verzerrt bloß es wiedergibt, niemals der musikalischen Objektivität eindeutig zugeordnet werden kann. Jedoch man ist in der Kritik der Hermeneutik, wie der des ›Subjektivismus‹ insgesamt, zu umstandslos verfahren und hat echte Objektivität darum gerade verfehlt. Denn man hat Musik, als leeres Spiel, losgerissen von allen ihren Gehalten; Gehalten, die sie zwar nicht, als deren ›Ausdruck‹, symbolisch bedeuten muß, um welche sich aber die Figur des musikalisch Erscheinenden je und je gruppiert; nach denen die Konstellationen der Musik sich richten; als deren Chiffren sie in Geschichte lesbar sind. Freilich, diese Gehalte dürfen nicht, als ideelle ›Inhalte‹, welche die ›Form‹ der realen Musik umschlösse, isoliert und abgelöst werden. Sie sind andererseits auch nicht zum vagen Begriff eines ›Stils‹ zu verflüchtigen, der als historische Einheit den bei sich selber sinnlosen Phänomenen nachträglich einen ›Sinn‹ geben könnte. Vielmehr, die eigentlich objektiven, von der psychologischen Konstitutionsweise unabhängigen Gehalte von Musik sind stets an deren materiale, innertechnische Beschaffenheit gebunden. Dort müßte echte Hermeneutik sie aufsuchen; müßte lernen, Frage und Antwort technischer Aufgaben und Lösungen als Sprache dessen zu verstehen, was durch Musik durchscheint, ohne in ihr als seinem subjektiven ›Ausdruck‹ aufzugehen. Noch ist die musikalische Technik nicht so transparent geworden, wie gefordert wäre, wollte man ihre Deutung der abstrakten Stilkritik entreißen. Gleichwohl ist heute bereits Hermeneutik nicht ohne alle Chance. Ihr bieten als interpretierbares Material die Affekte sich dar: anstatt in vermuteten ›Gefühlen‹ des Autors, denen Hermeneutik nachhing, als die Werke auf der Höhe ihres Lebens standen, in den fremderen, immanent minder ableitbaren Assoziationen, mit denen der Hörende dem Ruf der absterbenden Werke antwortet. Sie sind weder auf den Ausdruck der Werke zurückzuführen noch auf deren Stil. In ihnen kündet fragmentarisch sich an, worum einmal die Gestalt der Werke als ihren geheimen Kern zusammenschoß. Die Kraft von einst wird in den zerfallenden Werken als Hohlraum sichtbar, den die Masse des real Erklingenden nicht mehr ausfüllt. In diesen Hohlraum hat hermeneutische Interpretation sich zu begeben.

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Die Vertreter der extremen Reaktion, von denen für alle Fälle mehr zu lernen ist als von denen des gemäßigten Fortschrittes, weil sie vom erscheinenden Gegenstand wenigstens den Choc notieren, den jene historisch-eilfertig beseitigen – die Vertreter der extremen Reaktion werden nicht müde, der neuen Harmonik ›Sadismus‹ nachzusagen; ihre Absicht sei, die Hörer leibhaft zu quälen. Damit ist Richtigeres getroffen als mit dem Gerede von Resultaten linearer Kontrapunktik, die ja schließlich, bei einiger Kunst des Kontrapunktes, auch Dreiklänge sein könnten. Die vieltönigen Akkorde sind zunächst Dissonanzen gewesen; entsprangen ausnahmslos aus schmerzlichen Affekten. Von solchem Ursprung bewahren sie mehr, als die geläufige Doktrin ihnen konzedieren möchte. Denn Freude ist heute wie damals der Musik verstellt; in Wahrheit schon, seit Beethoven, im Rezitativ der Neunten, ihren Namen vergebens beschwor. Das will nun nicht sagen, es könnten einmal, später, die Dreiklänge in ihr freudiges Recht wieder eingesetzt werden. Dies Recht ist ein bloßes Naturrecht und definitiv gebrochen. Vielmehr: die Funktion der dissonanten Akkorde ist dialektisch; dialektisch wird ihr Dissonanzcharakter negiert, nicht motorisch vergessen; das mag in Wahrheit von der Niederwerfung des Expressionsprinzips durchs Konstruktionsprinzip bedeutet sein. Hier kann das Gleichnis vom ›Sadismus‹ sich bewähren. Wie in jener erotischen Form, darin Menschen mit Natur wider Natur rebellieren, der Schmerz dialektisch wird und für eine Lust eintritt, die den Pervertierten leer und schal mag geworden sein: so gewinnt im Zentrum der Konstruktion Dissonanz dialektisch Freude oder deren Ahnung, die aus den Liebkosungen selbst der zärtlichsten Nonenakkorde längst entwich. Der Ort dieser Dialektik aber ist beide Male der menschliche Leib; beide Male vollzieht unsymbolisch die Dialektik sich im Umkreis der Empfindungen, ohne an ›Ausdruck‹ gebunden zu sein: sprengt damit die innersubjektive Region. Die billige Konsequenz: also seien die neuen Akkorde pervers, ist nicht zu fürchten. Denn der Charakter der Perversion im Sexuellen rührt davon her, daß dort bloße Natur das letzte Wort behält; daß ihre mythische Macht aus der Dialektik als beherrschend hervorgeht und schließlich verschlingt, was immer ihr dialektisch sich entgegenstellte. Anders in Musik, einem Bereich von Bildern. Ihr Konstruktionsprinzip vermag vordeutend aus dem blinden Naturzusammenhang sich zu lösen; ihre Dialektik darum je und je auf Freude sich zu richten, wo der naturalen Wirklichkeit der Menschen einzig Lust bleibt. Ob beide jemals konvergieren, wird nicht in Kunst entschieden.

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Wollte man erkennen, was in Hindemiths Musik Wesentliches sich zuträgt, man müßte nicht von Gemeinschaftswillen und Spielfreudigkeit, linearer Motorik und Erneuerung vorklassischer Polyphonie, sondern von dem Satz ausgehen, der über einer seiner besten Solosonaten steht: »Es ist schönes Wetter«. Überall ist Wetter in seiner Musik. Nicht im Sinne jähen, gewitterhaften, rebellischen Umschlages, wie Ernst Bloch an Werken der Schönberg-Schule es wahrnahm. Sondern so, wie ein Städter, dessen Zeit in Beruf und Freiheit aufgeteilt ist, vom Wetter sich abhängig weiß: diese Musik guckt zum Fenster hinaus. Regnet's, ist sie verdrießlich und läßt die Läden vor; oder sie wartet gleichmütig, was aus der grauen Wolkenfläche wird, bis sich zeigt, daß es sich hielt, und das Stück aufhört; oder es ist April und flattert naß vorbei; oder es kommt der leibhaftige liebe Mai; der wird dann freilich zitiert. Manchmal auch muß die Musik bei schlechtem Wetter auf die Straße; dann macht sie sich Mut, indem sie sich auf der Flöte selber etwas vorpfeift. Ihre impassibilité ist im Grunde gar nicht so gar positiv und objektiv; überhaupt nicht so, wie sie's gerne möchten. Sie ist wie das Barometer; sie registriert das Außen, das in dieser Zeit, aufgeteilt zwischen Beruf und Freiheit, das arme Innen so beherrscht, daß dem nichts anderes übrig bleibt als registrieren. Darum auch vielleicht die mechanische Musik.

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Das Kartenterzett der Carmen führt auf den Grund der Opernform. Es werden darin die mythischen Mächte benannt, die namenlos die Oper beherrschen. Sie begibt sich im Umkreis blinden Schicksals: daß es erhellt werde, ist ihr wahrer Augenblick. So auch im Kartenterzett. Die Freundinnen, Parzen in Zigeunerkleidern, singen vor Carmens Gesang und nach ihm beidemale das gleiche und legen um Carmen einen Zauberkreis mit dem Operettenschein von Glück. Dazwischen wird selbst ihre Nennung des Schicksals machtlos: sie muß sterben, wie sie's erkennt. Aber Carmens düsterer Ausbruch; der einzige, in dem ihre mythische Stummheit zum Worte sich löst, bleibt der intermittierende Einsatz von Hoffnung. Er verhallt ungehört als Echo, an den starren Wänden des Schicksals.

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Es ist üblich, Wagner mit Schopenhauer zusammenzudenken; für den jungen Wagner wird der Einfluß Feuerbachs zugestanden. Versuchte man, anstatt ›Einflüssen‹ und manifesten Inhalten, der Gestalt des Werkes nachzuforschen: es ergäben sich Beziehungen zumal zu Hegel. Bei beiden herrscht die Idee der Totalität, bei Hegel die des Systems, das alle Wirklichkeit konkret in sich begreift; bei Wagner des Musikdramas, aus dessen Zentrum die Künste gleichermaßen konstituiert werden. Bei beiden ist es extensive Totalität, die von ihrem subjektiven Ursprung aus so weit in Realität sich erstreckt, wie sie nur dem spontanen Subjekt erreichbar wird: bei Hegel in den Bestimmungen eines ›objektiven‹ Geistes, der alle Momente bloßer Subjektivität in sich ›aufhebt‹, bei Wagner in der dekorativen Fülle des Stofflichen, die das lyrische Selbst, den ursprünglichen Träger der Opernaktion, bis in die kleinsten Motivzellen zurückdrängt. Bei beiden ist die Konkretion der Gebilde, die selber von obersten abstrakten Einheiten ausgehen, in der Dynamik gelegen; im Übergang zumal; was bei Hegel die logische Form der Mediation, leistet bei Wagner die harmonische der Modulation. Selbst der Hegelsche Umschlag der Quantität in die Qualität kommt in Wagners Steigerungen vor: in jenen harmonischen Rückungen, die plötzlich einen akkordischen Verlauf auf völlig neue Ebene transponieren. Bei beiden bleibt die Totalität, als subjektiv erzeugte, scheinhaft: bei Hegel in einem System, das die Identität von Vernunft und Wirklichkeit mit dem Preis der Wirklichkeit bezahlen muß; bei Wagner im Ersatz thematischer Entwicklung, die nicht die geschlossene Oberfläche bilden könnte, durch bloße Wiederholung, Aneinanderschichtung der Zellen; zu schweigen vom Pathos. In beiden wird der mythische Ursprung des deutschen Idealismus offenbar: in Hegels Geschichts-Mythologie nicht anders als in Wagners Mythenopern, deren Mythologie gerade an ihrer vollendeten Scheinhaftigkeit als echt sich bewährt. Beide sind dämonisch darum; beide herrschten unbeschränkt in ihrem Bereich und konnten in ihm jeden Widerstand niederschlagen; beide wurden ohnmächtig, sobald sie einmal bekannt waren.

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Keine Sängerin wird sich jemals die Zigarette entreißen lassen, mit der sie als Carmen in Aktion tritt; alle fügen sich dem Cliché, das auf bunten Schachteln und Litfaßsäulen triumphiert. Und sie tun recht daran. Denn die Zigarette ist Carmens magische Figur, die über die Oper herrscht wie einzig noch die weissagenden Spielkarten des Terzetts. Sie wird gefertigt in der Fabrik, in der die Zigeunerin beschäftigt ist; der Rauch aber, als dessen Priesterinnen die Fabrikmädchen auftreten, bleibt als Industrieprodukt das starke alte Räucherwerk, darin der Liebeszauber der Emanzipierten gerät. In seinem Kräuseln verschlingt sich, was von je gewesen und was jüngst verging.

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Wer Mahler den Vorwurf verkappter Programmusik macht, sollte genau bedenken, daß der programmatische Gehalt bei ihm von der Musik nicht, als ihr Fremdes, reproduziert wird wie bei Strauss, sondern von der Musik gänzlich aufgesaugt und verschlungen, so daß Mahler guten Rechtes die Programme streichen durfte: die Musik illustriert nicht mehr und begleitet Dekorationen von außen, sondern bildet vielmehr Dekorationen aus sich heraus, um sie dann zu begleiten; spaltet sich selber gleichsam in Ding und Musik durch den programmatischen Impuls, den sie in ihrer Tiefe empfängt. Vollends gelingt es ihr am Ende der zweiten Nachtmusik aus der Siebenten Sinfonie. Nachdem die Sologeige, die zweiten Geigen, die Solobratsche zum letzten Male, graziös, traurig und in sich verliebt, ihre sonderbaren Intervalle ausgespielt, nachdem, unbeseelter schon, versprengte Begleitfiguren und langwierige Triller es zur Kadenz gebracht haben, bleibt die offene Dekoration der Musik endlich allein; über einem Quartsextakkord, der den Charakter des Nachher definitiv gibt, in einer Melodie von Englischhorn und Oboen, in der nichts mehr redet, nur noch die Musiklandschaft friedlich, still und getröstet daliegt. Wenn dann die thematischen Gestalten zurückschleichen, dann ist es, als wäre das Schweigen vorher so groß gewesen, daß es sich schämen müßte und eilends auslöschen. Das Glück dieser Musik kennt allein noch das Auge, das aus menschenvollen Räumen durchs Fenster unbemerkt einsamer nachtheller Architektur begegnet.

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Das Ende des Jazz, längst prophezeit, ist gekommen. Schuld daran tragen nicht nur Stabilisierung und Reaktion mit gemütvollem Tango und falschem Marsch, sondern auch der Jazz selber. Die rhythmische Emanzipation nämlich, die er zu bringen schien und von der freundliche Komponisten sogleich sich wollten befruchten lassen, war Trug und hatte nicht die Kraft, eine Kunstmusik weiterzubringen, die in ihren eigenen technischen Fragestellungen den Jazz längst hinter sich gelassen, ehe er nur begann. Seine Freiheit und Lockerheit erstreckt sich allein auf die Akzente und Bindungen: die Betonung des guten Taktteils, in der Kunstmusik seit Brahms gebrochen, wird vom Jazz auch für die leichte Musik abgeschafft. Aber die Akzentverschiebung greift nicht in die metrisch-harmonische Konstruktion ein. Die Perioden bleiben achttaktig, wie sie nur je es waren; die ›Scheintakte‹ fügen sich den Achttaktern ein, ohne jemals sie zu sprengen; Halb- und Ganzschluß und Kadenz bleiben erhalten, ob auch zuweilen impressionistisch getrübt. Darum sind alle die Synkopen und Ausweichungen, auch die Improvisationen der Hot-music bloße Ornamente, die der blanken und banalen Fläche von Vulgärmusik aufgeklebt sind und über kurz oder lang zerbrechen müssen. Nichts falscher, als den Jazz um der Schnödheit seines Tones willen mit ›sachlichen‹ Intentionen zusammenzubringen. Er besteht aus einem System falscher Fassaden, die die eigene große Trommel herunterklopft. Entweder der Jazz müßte für die Metrik, die Harmonik – die mit dem Verzicht auf Symmetrie auch keine symmetrischen Kadenzen mehr bilden dürfte –, schließlich die Melodik aus den Synkopen die Konsequenz ziehen, wie es Strawinsky vor zehn Jahren tat. Dann fällt die Schranke zwischen Jazz und Kunstmusik und damit auch das lockende Angebot neuer Natur. Oder der Jazz muß die Synkopen aufgeben und sich nur auf die große Trommel verlassen. Dann kommt er zum Treuen Husaren. Er hat den zweiten Weg gewählt.

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Widerlegungen1

 

Abstraktion. Bei der Rede vom Abstrakten wäre stets zu fragen, wovon abstrahiert wird. Das unterläßt der Einwand wider die neue Musik. Den Begriff des sinnlich Konkreten, den er ihr entgegenstellt, braucht er zweideutig. Er bezeichnet das Absehen von gewohnten Vorstellungen des Klanges, genauer allenfalls vom sinnlichen Wohlgefühl an unmittelbar Erklingendem, als Absehen von der sinnlichen Gestalt schlechthin: wie wenn die neue Musik allgemeiner wäre als die alte und der Verbindlichkeit ihrer Gestalt entzogen. Richtig ist eher das Gegenteil: in keinem geprägten Stück neuer Musik kann je ein Teil ersetzt werden durch Teile eines anderen, wie es in der vorgezeichneten Grammatik der alten Musik immerhin vorkommen mochte. Jedenfalls wird keine neue Musik, die etwas taugt, im Entscheidenden und allein Maßgebenden abstrakt sein: im Verhältnis zum Material. Oder meint man, es dürfe etwa bei Schönberg, dem die Phrase vom Abstrakten meist gilt, auch bloß ein Takt, um ein Gemeintes ›auszudrücken‹, anders ausschauen, von seinen materialen Bedingungen und gerade auch denen des Klanges sich absondern lassen? So streng allerdings hält man es nicht mit dem Abstrakten; will damit bloß ungefähr treffen, was nicht ins Ohr geht. Aber dann sollte man nicht die ästhetische Kategorie des sinnlich Ungestalteten dort bemühen, wo allein die kulinarische des schmeckenden Genießens zuständig ist, der der Wahrheitsanspruch der neuen Musik mit der ersten Note widerspricht und der sie keinen Augenblick untersteht.

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Experiment. Dem Glauben, es dürfe nichts versucht werden, liegt zugrunde der Aberglaube ans Organische. Nur wer Kunst als pflanzenhaft sich entfaltendes Wesen verstehen und heiligen will, möchte die Aktion des Menschen von ihr fernhalten. Der Zwang des echten Kunstwerkes unterscheidet sich darin vom naturhaftorganischen, daß das Bewußtsein des Produzierenden im Experiment den sicheren und geschlossenen Umkreis des Gewesenen sprengt, der ihn umgibt. Der Vergleich von Kunst und Organismus selber trügt. Nur wenn der Geist des Menschen frei aus sich bestünde und die Welt souverän formte, wäre Kunst, als Zeugnis dieses Geistes, autonom und hätte Genügen an ihrem eigenen Wuchs. Da aber dem Geist solche Freiheit abgeht; da er je und je in Dialektik steht mit der gesellschaftlichen Wirklichkeit: so kommt der Kunst, die er aus sich entläßt, niemals das Recht bruchlos organischer Selbstentfaltung zu. Dies Recht wird vielmehr durchbrochen, so oft die Wirklichkeit über den selbstherrlichen Geist Macht gewinnt. Die Augenblicke des Durchbruchs zeichnen sich nicht blindlings in der Figur des Kunstwerks ab: Bewußtsein muß die Kunstwerke erhellen, um in ihnen die tragende Wirklichkeit über ihrem verstockten Für sich zu behaupten. Das Experiment aber, das die eigene Forderung des Kunstwerkes und den erhellenden Strahl des Bewußtseins ausrichtet aufeinander, ist das gute Mittel, die erkannte Forderung zu realisieren, ohne das Recht der Natur zu vergessen, an die die Forderung ergeht. Denn beide stimmen niemals im Bestehenden zusammen, sondern bloß in dem, was wird: dialektisch. Die Experimente sind die echt dialektischen Momente im Leben der Kunstwerke.

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Destruktion. Destruktiv wird niemals ein Kunstwerk unmittelbar zum anderen sich verhalten: nur wird vielleicht im Lichte des neuen das ältere sich verändern; aber die Augen derjenigen, die sich über Destruktion aufregen, sind selten fein genug, das zu bemerken. Sie denken an anderes. Einmal meinen sie das ›Zersetzende‹, wie es mit der geistig-literarischen Atmosphäre einer Musik, kaum ihrer absolut-kompositorischen Gestalt nach gegeben sein soll. Strawinskys Histoire du soldat, die Opern von Weill sind da die geläufigen Beispiele. Zunächst also Musik, die den Zerfall älterer Mittel als Ferment der eigenen Form einsetzt: hier klingen Dreiklänge falsch, chromatische Melodieschritte jämmerlich, geläufige Wendungen abgestanden, Zäsuren wie Löcher einer Walze. Aber all das ist Werk des Zerfalls eher als der Zersetzung: mit den falschen Tönen, die Strawinsky den Dreiklängen beifügt, wird nur die virtuelle Falschheit älterer Dreiklänge heute real auskomponiert. Freilich in der Gesinnung, deren Anspruch zu vernichten. Jedoch den Feinden solcher Zersetzung ist der Bescheid des unverdächtigen Gottfried Keller zu erteilen: »Denn man reißt nicht stets nieder, um wieder aufzubauen; im Gegenteil, man reißt recht mit Fleiß nieder, um freien Raum für Licht und Luft zu gewinnen, welche überall sich von selbst einfinden, wo ein sperrender Gegenstand weggenommen ist. Wenn man den Dingen ins Gesicht schaut und sie mit Aufrichtigkeit behandelt, so ist nichts negativ, sondern alles ist positiv, um diesen Pfefferkuchenausdruck zu gebrauchen.« – Andere verwenden den Begriff Zersetzung beim bloßen Material, das sie als unveränderlich-natürlich denken, als ob die einfachen Obertonverhältnisse in den Sternen geschrieben stünden. Stünden sie es selbst: was mit ihnen geschieht, ist Sache der Menschen; Geschichte vollzieht sich, in Kunst wie anderwärts, als Destruktion des bloß Bestehenden, das sich für natürlich ausgibt, um den Angriff des veränderten Bewußtseins von sich fernzuhalten, der aus besserer Natur kommt als das Bestehende selber.

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Übergang. Besonderer Argwohn ist angezeigt gegenüber den Wohlwollenden, die zwar die neue Musik scheußlich, chaotisch, absurd finden, aber akzeptieren als ein ›Übergangsprodukt‹, das zu etwas Besserem und zu neuer Ordnung führe. Die Übergangstheorie ist schädlicher als die schroffe Ablehnung derer, die die neue Musik umstandslos verwerfen, aber damit als Phänomen anerkennen, während die Übergangstheorie sie um jede Verbindlichkeit bringt, indem sie an Stelle der Stimmigkeit der Sache selbst eine vage Vorstellung von Geschichtlichkeit zur Instanz macht. Ihr ist zu begegnen mit dem Hinweis darauf, daß alle Phänomene, die in Geschichte stehen, dialektischen Charakter haben: zugleich abstoßen vom Bestehenden und es mitnehmen; also allesamt in gewissem Sinne Übergangsphänomene darstellen; daß aber über ihr Recht niemals die Reflexion auf die historische Totalität, sondern allein die auf ihre eigene Gestalt entscheidet, aus der erst Geschichte aufsteigt. Wollte man aber selbst die Geschichte nach eigentlichen und Übergangsperioden einteilen, so wäre damit kritisch nichts geleistet. Denn einmal läßt die geschlossene Periode sinnvoll sich bloß für Vergangenes, nicht für die offene Gegenwart konstituieren. Wäre aber durch solche Periodisierung der Übergangscharakter der neuen Musik garantiert, so bedeutete das nichts für Wert und Unwert. Müßte nicht die historische Periodisierung Bachs harmonischen Kontrapunkt als Übergang zwischen der Orgelpolyphonie des siebzehnten und der Sonatenhomophonie des achtzehnten Jahrhunderts deuten? Aber wer hätte wohl den Mut, das Bachische Dunkel als Vorbereitung des galanten Stiles gnädig zu dulden, nur weil er kein Pachelbel mehr und noch kein Philipp Emanuel ist? Ehe die Kritiker neuer Musik sich um deren historische Funktion bemühen, sollen sie über ihre kompositorische Qualität Rede stehen.

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Intellekt. Hätte einer den Schubert einen Dummkopf genannt, er hätte mit einer drastischen Formel, höflichsten Falles mit lässiger Gleichgültigkeit geantwortet. Heute wären Musiker geneigt, den gleichen Ausdruck als Kompliment zu quittieren. Die Abwässer des Irrationalismus, der mit Schopenhauer und Nietzsche die Ästhetik des neunzehnten Jahrhunderts beherrschte, sind in die kritische Umgangssprache eingedrungen, nachdem sie aus der Philosophie sich verliefen. Wenn einer ein Stück nicht versteht, ist er sogleich bereit, den Komponisten einen Intellektuellen zu schimpfen; einen Konstrukteur oder Destrukteur, wie's gerade trifft. Leicht läßt sich unterscheiden: alles an Kunst ist schlecht intellektuell, was vom Autor dazugedacht, als Bezugssystem willkürlich zugrundegelegt, programmatisch ausgerufen wird, ohne sich in der Gestalt des Werkes selber völlig auszuweisen; also was immer an Ideologie frei über dem Werk schwebt. Aber der Künstler ist legitimiert und verpflichtet, die Gestalt des Werkes – wie sie einmal in ursprünglicher Anschauung evident ward – mit allem Bewußtsein hervorzutreiben und zu kontrollieren. Kein exemplarischer Künstler hat es jemals anders gehalten; fast wäre zu vermuten, die Kraft der Natur bewähre sich daran, daß sie den Angriff des Bewußtseins zu tragen vermag, anstatt vor ihm zu flüchten und sich zu verstocken. Niemals hat große Kunst existiert, die dumm gewesen wäre, und die Macht von Bewußtsein in ihr reicht unvergleichlich viel weiter, als eine Auffassung zugestehen möchte, die Kunstwerke nicht als Gebilde von Menschen sieht, sondern mit Schöpfung in trüber Mystik verwirrt.

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Asozial. Manche Einwände kommen scheinbar von links. Indem die neue Musik, jedenfalls einer gewissen Haltung, ihre technischen Forderungen bis zur letzten Konsequenz treibe, werde sie unverständlich; lediglich noch dem Autor selber oder exklusiven Fach-Zirkeln einsichtig; ordne sich damit dem romantischen Individualismus, dem Glauben an die Autonomie des Kunstwerks trotz aller materialen Änderungen zu. Der Einwand wiegt schwerer als die anderen; aber er schlägt nicht durch. Er ist gerade historisch-dialektisch, trotz seines Anspruches, unzulänglich. Denn während er die Musik, mit Recht, im gesellschaftlichen Prozeß denkt, vergißt er die soziologische Deutung der Hörerschaft selber und ihrer Fähigkeit, zu verstehen. Er rechnet allein mit der geschichtlichen Veränderung des Musikmaterials, nicht mit deren Möglichkeit bei den Hörern. Das Bewußtsein der Hörer gilt ihm in weitem Umfang für konstant. Diese Konstanz wäre in der gegenwärtigen Epoche allenfalls zuzugestehen. Jedoch man wird sie weniger als naturhaft denn als gesellschaftlich zu begreifen haben. Die realen Herrschaftsverhältnisse verhindern, daß die Menschen einstweilen kollektiv einen Bewußtseinsstand erreichen, wie er in der fortgeschrittensten Musik sich anzeigt. Dem Moment der Konstruktion stellen alle Widerstände des bloß Organischen sich entgegen, an dessen Fortbestand die Herrschaftsverhältnisse haften. Angesichts der ideologischen Vorgeformtheit der Hörerschaft ist die Frage nach dem sozialen Recht der Werke nicht aus deren Wirkung, sondern aus ihrer objektiven Struktur heraus zu beantworten. Es darf vermutet werden, daß einer künftigen aufgehellten Verfassung der Menschheit am ehesten eine wahrhaft aufgehellte Musik zugehört, gleichgültig, wie die verdunkelte Hörerschaft von heute sich dazu stellt. Die erhellteste Musik aber ist eine solche, die vom Konstruktionsprinzip vollständig ergriffen ist; bei der alles blinde Naturmaterial in radikaler Formung durchsichtig wird. Diese Musik, zugleich die allseits konsequente, ist es aber gerade, die dem Verdikt des Asozialen am ehesten verfällt. Ihr gesellschaftliches Recht ist sachlich erkennbar, nicht heut und hier an der Wirkung zu messen. Einzig negativ bestätigt es sich. Zunächst daran, daß alle Musik, die mit dem gegenwärtigen Material arbeitet und zugleich um unmittelbare Kommunikation mit der Hörerschaft sich müht, dafür mit dem Preis der Unstimmigkeit zu zahlen hat. Jede Rücksicht auf die Faßlichkeit, die ins Gefüge eingreift, kommt dessen Bruch gleich: sei es, daß dessen Aktualität nur partiell durchgeführt wird, während es sonst, den Hörern zuliebe, beim alten bleibt; sei es, daß ohne weiteres um der Wirkung willen auf die aktuelle Fassung des Materials verzichtet, die Aktualität literarisch umschrieben wird. Für solche Opfer aber wird die Gemeinschaftsmusik nicht zureichend belohnt. An Publikumseffekt übertrifft sie der dümmste Tonfilmschlager. Der Glaube an eine ›brauchbare‹ Musik mit ›Niveau‹, die zwischen ästhetischer und sozialer Forderung vermittle, ist illusorisch. Die Wahrheit liegt allein noch bei den Extremen. Wenn sie sich berühren, dann ist der Vorwurf des Asozialen gegen die neue Musik ohne Grund.

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Man rechnet den frühen und mittleren Schönberg, als Ausdrucksmusiker, heute gern zur Romantik. Die Zuordnung, platt und ohne Kenntnis des musikalisch-technischen Sachverhaltes insgesamt, ist bei den Werken der mittleren Periode, von der Kammersymphonie bis zum Pierrot, falsch geradezu. Mit ihr wird die Idee des Ausdrucks, wie der Expressionismus sie prägte, als romantischer Ausdruck mißdeutet. Dessen Funktion ist aber anders, wenigstens soweit die unmittelbare Wirkung in Rede steht. Ein Nocturne von Chopin gibt sich offen zum Hörer hin, nimmt ihn in sich auf; wie der Autor, so identifiziert der Hörende sich mit den ausgedrückten Gefühlen, ahmt sie nach, und Stimmung umschließt alle gemeinsam. Der expressionistische Schönberg aber, am drastischesten der der Sechs kleinen Kavierstücke, distanziert. Keinem wird es beikommen, ihren Ausdruck als Ausdruck seiner selbst zu verstehen und durchs Tor des Ausdrucks in sie einzugehen; nirgends ist Stimmung mit ihnen gesetzt. So erweist es sich an der Ursprungswirkung des expressionistischen Schönberg, die von stilgeschichtlichen Phrasen verdeckt, aber nicht aufgehoben werden kann. »Seine Werke schauen uns oft mit so großen und starren Augen an, daß wir erschrecken und zurücktreten, als wollten wir eine schützende Luftschicht zwischen uns und ihnen schaffen«, schrieb 1912, in der ersten Sammelpublikation über Schönberg, Karl Linke. Schönbergs Expressionen sind akustische Masken, die jäh dem Hörer vorgehalten werden, ihn abzustoßen und zu verändern. Indem er vor ihnen erschrickt, zerreißt das Band der Gefühlsidentität, das ihn gerade an romantische Musik bindet, und er wird frei, Musik anders zu hören denn als bloßen Spiegel seiner privaten Inwendigkeit. Mit solcher Freiheit aber erst wird eine Objektivität auch der Romantik begegnen, die von Stimmung zuvor verstellt war. So öffnet Schönbergs expressionistischer Durchbruch mit dem Horizont des Zukünftigen den des Vergangenen selber.

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Die Bachauffassung des neunzehnten Jahrhunderts, überhaupt dessen polyphone Bemühungen werden sinnwidrig gescholten: Umdeutungen kontrapunktisch-linearer Intentionen in harmonisch-vertikale. Die Wiederbelebung vorklassischer Polyphonie, die heute gedeiht, soll besser sein und echter. Das ist zu bezweifeln. Denn mag selbst die neu-alte Polyphonie der alten durch Ähnlichkeit überaus nahe kommen: sie vermag es nur, indem sie starr und ohne aktiv einzugreifen dem Modell der alten sich unterordnet, die sie ganz äußerlich, durch tonale Freizügigkeit, modernisiert, wobei sie in Widerspruch mit deren eigenem Erfordernis gerät. Wenn aber Schumann oder Brahms den Bach im stilhistorischen Sinne verfälschten, so geschah es, weil ihre eigene Substanz stark genug war, ihn zu durchdringen und zu verändern; in solcher Veränderung und produktiven Umformung aber bewährt ein Vorbild sich besser als in unbewegter Rekonstruktion mit einem Material, das eben der Rekonstruktion unangemessen ist. Schumann wußte – oder seine Werke bewähren das Wissen –, daß Bach nicht mit einem Material zu erwecken ist, das um alle Erfahrungen von Harmonik und Klang reicher ward, aus denen sich nicht ausbrechen läßt; darum hat er ihn umgeschmolzen, wie es zu seiner Stunde gefordert war. Die Neoklassizisten aber meinen ihn leibhaft zu besitzen in den Zentren eines Materials, das noch weit ferner dem Bachischen liegt als das Schumannsche vor neunzig Jahren. Bach rächt sich an ihnen, indem er zwar echt bleibt, sie aber dafür unecht werden.

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Immer wieder erstaunlich, wie alle Möglichkeiten, zu denen der gegenwärtige Musikstil in seiner Breite gelangte, als dichte Entwürfe bei Schönberg vorhanden sind; nur abgestoßen werden von der Strenge der technischen Forderung. Als er im Pierrot erstmals wieder der Aufgabe der Konstruktion größerer absolut-musikalischer Formen sich gegenüber sah – weil hier der Text nicht von der Expression aufgelöst, sondern objektiviert und stilisiert werden sollte –, veränderte sich gegenüber den Bühnenwerken und den kleinen Klavierstücken die Harmonik. Die Intervalle wurden nicht mehr frei übereinandergeschichtet, sondern, wenigstens in den homophoneren Stücken, durch Koppelung tonaler Komplexe gebildet, deren schmerzhafte Süße für den Pierrotklang, oft auch noch die Serenade charakteristisch ist; die traumhafte Reminiszenz ans neunzehnte Jahrhundert, der später die surrealistische Musik entsprang, mag in Melodramen wie »Colombine« oder »Valse de Chopin« mitgespielt haben. Jedenfalls hat Schönberg, wie im ersten Orchesterstück op. 16 das Strawinskysche Ostinato, so hier die Polytonalität der Nachkriegs-Franzosen vorweggenommen; ihren Aspekt aufgerollt, ohne sich lange dabei aufzuhalten. Schönstes Beispiel das latente E-Dur im dritten Teil, das schon im »Heimweh« sich ankündigt, dann in der Barkarole deutlicher wiederkehrt und schließlich in der schwebenden Tonalität des Epilogs mit schüchternen Terzen sich aussingt. Dort aber, wo die Form kontrapunktisch sich ganz auf sich selbst stellt, schlägt das harmonische Bild um. Die Passacaglia »Nacht« enthält den Entwurf der Zwölftontechnik.

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Es fällt schwer, Richard Strauss in die üblichen stilgeschichtlichen Begriffe einzufügen. Daß er den Neudeutschen und Wagnerianern, denen er am nächsten steht, nicht ohne weiteres zugezählt werden kann, ist früh bemerkt worden; zu unbekümmert kommt die Diatonik daher, zu schlank der Orchesterklang, zu unbeschwert der Elan, zu verspielt der Witz fürs neudeutsche Pathos. Er selber soll sich einmal einen Mendelssohnianer genannt haben. Aber auch dorthin, oder gar zur Brahmsnachfolge, paßt er nicht. Von früh auf hat er, darin mehr Erbe des Berlioz als jeder andere, durch überraschenden Eingriff die Autonomie der Form gesprengt, um die die klassische Nachfolge sich abmühte; da knallt in jegliches Rondo Eulenspiegels Pritsche herein. Zu den Impressionisten endlich steht er in Gegensatz mit den unaufgelösten melodisch-harmonischen Flächen, den abgesetzten, oftmals bis zur Banalität deutlichen Konturen; einer artistisch unkontrollierten Naivetät der musikalischen Gebärden, die selbst so modern ambitionierte Wesen wie Salome und Elektra in den Sextenparallelen von Jochanaans Verkündigungsgesang, der unglaubwürdigen Gemütlichkeit Aegisths aus der Rolle fallen läßt. So stünde man ratlos, gäbe es nicht die Texte der älteren Lieder. An ihnen aber enthüllt Strauss sich als Meister des Jugendstils; vielleicht als dessen einzig großer Meister, mehr als Wilde, d'Annunzio und Maeterlinck in der Sprache, von der bildenden Kunst zu schweigen. In ihren kühnsten Augenblicken bietet seine Musik das ohnmächtige Versprechen des Neuen; nicht das Neue selbst. Die Kurve seines Schwunges, die der Formsicherheit entweichen möchte, biegt sich zum Ornament und wird rückläufig; die Heterophonie, eben noch bereit, in den Tiefengrund der Harmonie einzustürzen, bescheidet sich bei Klexen zwischen fünfter und erster Stufe. Ornament ist alles: so wie die erotische Freiheit, die Strauss mit den Dehmelgedichten nicht anders als mit Feuersnot und Salome verherrlicht, Ornament vor der sicheren Ordnung des bürgerlichen Lebens ist, das sie in der Domestica in sich aufnimmt. Zu freundlich ist die Vision, um Macht übers Leben, Macht über die kompositorische Technik zu gewinnen, die dem Leben dienen möchte; tief bleibt der Traum durch die Dämmerung, hin zu der schönsten Frau; das Geheimnis der Liebe ist so leer wie das des Todes, und morgen wird die heimliche Aufforderung legalisiert. Deshalb tut man unrecht daran, den Strauss der Helena einen Renegaten zu nennen, der schon in der Jugend einmal das Gedicht »Stell auf den Tisch die duftenden Reseden« komponierte. Vielleicht wird man einmal das Neue in seinem Werk allein noch in der präzisen Geste finden, mit der hier einer das elektrische Licht anzündet, welches das alte Zimmer bestrahlt, bereit, im nächsten Augenblick zu verlöschen.

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Was unseren Eltern Photographien, Locken, Bänder bedeuteten, das werden uns, möglicherweise, einmal Schallplatten sein. Ihre Kurven sind Chiffren unserer Liebesgeschichten. Wir selbst sind längst zu unwichtig oder einander zu ähnlich geworden, um uns in Bildern zu halten. Die Photos blicken uns so fremd an, wie die Menschen selber es taten, die sie darstellen. Da meinen die Platten es besser mit uns. Jene Revellers von vor fünf Jahren: wohl bleibt auch ihnen die Geliebte von damals verborgen; aber wenn sie einem heute nochmals aus der Steinzeit der Gefühle Dinah und Miß Hannah zusingen, dann riecht man im Augenblick, da die Platte beginnt, die Zigarette, die die Geliebte rauchte, als man ins Zimmer kam, in dem die Platte schon lief; deren feiner Rauch um ihren Mund sich kräuselte, den steinernen Mund.

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Als der musikalische Verismus aufkam, meinte man, nun habe das unverstellte leibhafte Leben seinen Einzug ins Operntheater genommen, ohne alle mythologische Hülle: so grell, daß man davor erschrak. Das war ein Irrtum; keine Helden könnten mythischer erscheinen als Canio und Santuzza, kein Opfer ritualer als Mimi und Butterfly, die Urbilder José und Carmen haben es offen mit dem geweissagten Schicksal und dem Tod an der vorbestimmten Stelle zu tun. Was hier fremd begegnete, war nicht das scheinlose Leben; wohl aber eine Dingwelt, die alle mythische Kraft an sich gerissen hat und von der nun aller Schein ausstrahlt, der um Siegmunds Schwert im Stamm verblich. Nie werde ich den Choc vergessen, den ich empfand, als mir zum ersten Male die Stelle deutlich ward, wo Butterfly von dem weißen Kriegsschiff singt, das ihr den Marineoffizier wiederbringen soll. Von solchen Kriegsschiffen meinten wir Kapitäne zu sein, als wir Kinder waren und das »Taschenbuch der Kriegsflotten« studierten; ihre Modelle haben wir in der Schreibwarenhandlung beim Gymnasium gekauft, und weil es ja die ersten aller Kriegsschiffe waren, darum wunderte es uns gar nicht, ihnen nun als gesungenen zu begegnen; von jeher hat Musik die geschichtlichen Urbilder unserer Dingwelt, selbst unseres Raumes als Projektionen empfangen. Nur ein wenig Scham mischt sich darein, daß die Urbilder, die wir für unsere allein hielten, plötzlich aus unserer Kindheit als solche der ganzen Epoche uns gegenübertreten. Erst Moholy-Nagys Photomontage des Hafens von Nagasaki, mit den beweglichen Schiffchen in der fernen Bucht und den wirklichen Lichtern, hat diese Schicht des Verismus szenisch realisiert. Es ist aber die seiner Wahrheit.

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Die Dingwelt ist auch in der Musik notiert; notiert eher als illustriert. Hat man den hohlen Klarinettenklang, im Schalmeiregister, bemerkt, der stets wieder in der Butterfly ertönt? Es wäre bequem, ihn als exotische Farbe aufzufassen. Aber seine Funktion ist exakter. So hohl wie dieser Klang ist der Bambus nur, aus dem Häuser gebildet sind wie das, darin »Butterfly« sich zuträgt. Es ist Bambusmusik; die Bambusdinge, dies lose zerbrechliche Sommerhäuschen, wo Butterfly zerbricht, ist als Ding für die Musik unmittelbar zitierbar geworden, indem es selber erklingt.

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Bartók, der Ungar, ist bei seinem fünfzigsten Geburtstag von seinem Vaterland schlecht behandelt worden. Das könnte wundernehmen; ist doch seine Musik national intendiert, folkloristisch weithin, wie es sonst der faschistischen Politik genehm ist; abseits vom Rationalisierungsprozeß der europäischen Musik gelegen. Wenn gleichwohl diese Musik in ihrem Ursprungsbereich, trotz und wegen dessen nationalistisch-politischer Neigung, keine Anerkennung findet, so deutet das auf einen Doppelsinn des Folkloristischen selber. Während nämlich die mittlere, gemäßigte Folklore nicht bloß die Heimat verherrlicht, sondern in ihrer naturhaften Einfalt bekräftigt und ein organisch-verbundenes Wesen als das völkische den Menschen einredet, dringt eine ernstliche und radikale in Tiefenräume des Materials, in denen solche Einheit und Einfalt nicht besteht, sondern zerfällt. Ihr eignet eine seltsame Macht der Dissoziation; am deutlichsten bei Strawinsky, wo sie bis ins Schizophrene getrieben wird, aber technisch auch bei Bartók, in der vollendeten Asymmetrie eines Kompositionsverfahrens, das solange in die Ursprünge sich neigt, bis es die geschlossenen Oberflächenzusammenhänge der Form auflöst und Partikeln an ihre Stelle setzt. So etwa war die Funktion der Negerplastik, auch mancher bayrischen und russischen Holzskulptur, wie der Expressionismus sie nutzte. Man wird an den Reproduktionen solcher Dinge im »Blauen Reiter« nichts vom Schollengeruch, wohl aber viel Angriff gegen den geheiligten Formkanon der historischen europäischen Kunst vorfinden; die früheste Vorzeit wird der Avantgarde zum Kampfmittel gegen das Bestehende. Etwas von dieser echt archaischen, revolutionären Folklore lebt in Bartók und um ihretwillen ist er unbequem. Auch politisch unbequem. Es gibt nicht bloß einen Folklorismus der konservativen Bodenständigkeit, sondern auch einen gegen die koloniale Unterdrückung.

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Wenn davon die Rede ist, daß bei Weill die Musik der vorigen Generation, als Salonmusik zumal, drohend zitiert, jäh gedeutet und gesprengt wird, so ist das keinesfalls im Sinne literarischer Parodie zu verstehen. Sondern die dialektische Kritik der »Musik von damals« vollzieht sich in technischer Strenge. Und zwar durch Montage. Indem in Mahagonny vergangene, chromatisch ornamentierte Melodien wie »Denn wie man sich bettet, so liegt man«; der turnfesthafte Marsch »Wer jemals den Kopf über Fäuste gestellt«, der Lampionbogen des Alabama-Songs nicht auf den angemessenen Harmonien erscheinen, sondern auf ostinate Baßfolgen aufgesetzt sind, heben sie und der Begleitjazz sich wechselfältig auf. Den Melodien wird ihre harmonische Kraft ausgesogen; unfähig zur Stufenbildung schwanken sie über dem ungerührt gleichförmigen Rhythmus dahin; dem Jazz aber wird aller rhythmische Scheinreichtum an Scheintakten, Synkopen, Bindungen abgenommen und die bloßen Zählzeiten laufen leer weiter. So gleichen sich beide, die alte Sentimentalität und die neue Sachlichkeit, im Nichtigen und heben sich auf. Löst sich dann aber die Musik, wie in der Alabama-Melodie oder den Schlußharmonien von Jonnys Lied, aus dem Gleichmaß: dann tastet sie über die Lücken, die eine Harmonie hier von der anderen sondern, ohne daß eine zur anderen fände. Dann ist die Subjektivität der Melodie von aller umfassenden Objektivität verlassen und hört traurig sich selber zu. So tief ist die gesellschaftliche Kritik dieser Musik in ihren technischen Zentren beschlossen.

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Fußnoten

1 Hier wird nichts zu einer positiven Theorie der neuen Musik versucht, die es so wenig geben kann wie die neue Musik als Einheit. Sondern es wird allein das übliche Vokabular der musikalischen Reaktion flüchtiger Durchsicht unterzogen, zu dem Zweck, seine Anwendung unmöglich zu machen.

 

 

Drehorgel-Stücke

Drehorgeln klingen, wie ihr Name klingt. Mechanisches Gedudel und Weihe des Rituals vereinen sich in ihnen zur Trauer über ihr eigenes Vergangensein und zum Trost für ihren Schauplatz: die Hinterhöfe. Relikte vergessener Zeiten, dürfen sie das Banale in das Heilige fügen. Sie bedienen aufs rascheste ihre Zuhörer; vorgestern mit Donna Clara, gestern mit Märschen, heute mit Weihnachtsliedern. Aber es ist nicht jenes beliebte ›Tempo der Zeit‹, das sie auf ihrer Walze führen. Sondern der hastige Zugriff, mit welchem sie sich alles herrenlosen Musikgutes bemächtigen, verwandelt es durch Zauberei ins Vorgeschichtliche. Auf der Rückseite der Häuser offenbart alle Musik ihre eigene Rückseite, die sie sonst sorglich verbirgt. Daß die Liebe in den Schlagern eine Ware ist, kalt und grau; daß die Märsche Puppen gelten in gläsernen Gehäusen; aber auch daß die Choräle, eingeschneit, unter der weißen Decke ihre heilsame Wärme halten: dafür stehen die Orgeln ein.

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Es wäre zu glauben, sie seien im siebzehnten Jahrhundert erfunden worden. Sie haben viel vom Barock. Zumal die Technik, in der fast ihr ganzer Gehalt zu suchen ist. Die Geheimschrift der Walzen, die simple Mechanik ganz rationell schon – der Orgelmann hat keine andere Arbeitsbewegung als die Drehung der Kurbel –, die dennoch manuell bleibt; denn nichts anderes wird dabei rationalisiert als die unmittelbare menschliche Arbeitskraft selber. Leicht könnten sie zu den großen Barockorgeln sich verhalten wie die Puppenspiele zu den Trauerspielen. Auch mannigfachen Wasserkünsten, von welchen eine berühmte den Namen Wasserorgel führt, sind sie verwandt; mit diesen teilen sie den unterbrochenen Rhythmus, zwischen kreisender Bewegung und jähem Erstarren, der ihren Ausdruck in der Umwelt vorschreibt.

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Aber es scheint, als seien die Drehorgeln doch ein Vermächtnis erst des letzten Jahrhunderts, das so viele barocke Intentionen insgeheim wieder aufnahm und durchsetzte. Vielleicht sind sie in ihrer gegenwärtigen Gestalt erst im Zeitalter des Kaleidoskops und der Wachsfigurenkabinette erfunden worden und haben mit ihren Walzen die der Phonographen und damit die Moderne selber präludiert. Bis ins neunzehnte Jahrhundert hinein müssen ihre Vorfahren, die primitiven Leierkästen, noch existiert haben. Nun ist keiner mehr zu hören. Aber Schubert hat ihnen im letzten Lied der »Winterreise« einen Denkstein gesetzt, der sie deutet. Deutet mit Quinten. An ihnen haftet die Archaik der Drehorgeln, ihre Heiligkeit, ihre Gespenstigkeit zugleich. Es ist oft darüber nachgedacht worden, warum Quintenfortschreitungen, einmal der Ursprung aller mehrstimmigen abendländischen Musik, nach den gegenwärtigen Gesetzen der Harmonielehre verboten sind. Schuberts Leiermann samt den Drehorgeln könnte zur Erklärung beitragen. Wenn der unselig Liebende der »Winterreise« in seine Traumwelt wahnsinnig einstürzt, sind Quinten sein verfluchtes und rituales Geleit. Sie werden aber, in ihrer Reinheit, vom Leierkasten bewahrt, und der Leiermann ist es, dem Schuberts Liebender zu folgen wünscht. Solche Quinten sind das Echtheitssiegel nicht bloß des alten Leierkastens. Sie leben fort in den Mixturen der großen Orgeln und formen auch die Klangfarbe der heutigen Drehorgeln. Sie allein klingen so alt darin, so leer, dann wieder so bestätigt und allem subjektiven Angriff entzogen.

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Das Quinten-Organum macht das innerste Gesetz der Drehorgeln aus. Je prunkvoller sie, etwa in Süditalien, werden, um so beharrlicher dringt der Quintenlaut durch. Der Reichtum der Schellen und Register, mit dem man sie behängt, verkehrt sich in die Allegorie ihrer Armut.

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Armut wohnt ihnen als das Alte inne und Armut erweckt sie zum Leben. In den Hinterhöfen des Berliner Nordens läßt sich das beobachten. Denn die Anwohner halten den Drehorgeln die Treue. Nicht die Zille-Romantik der humpelnd tanzenden Armeleute-Kinder ist gemeint, die von dem Drehorgelklang entzückt sind. Daran mag wenig Wahres sein und gewiß nichts Gutes. Aber sicherlich lassen die Anwohner sich die Drehorgeln durch nichts entreißen. Im Umgang mit den Drehorgeln vollzieht sich etwas von jener Versöhnung mit der Technik, die einmal mehr frommen wird als aller Maschinensturm, wenn erst die Technik an ihrer rechten Stelle sich wiederfindet.

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Die barocken Leiergottheiten erhalten ihren Lohn unmittelbar zugeteilt und brauchen auf Gehalt so wenig zu warten wie auf die Zahlungsfähigkeit ihrer Klienten. Der Groschen wird, nach altem Herkommen, in ein Stück Papier eingewickelt und hinuntergeworfen. Die aber die Stücke auffangen, können den nächsten Tag davon leben.

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Die gegenwärtig auftretenden Sänger und Sängerinnen mögen leicht einer nicht fernen Generation kaum anders sich präsentieren als heute die Hofschauspieler, die das R rollen und von ihren vergangenen Großtaten erzählen: fettig bleiche Photographien des Abgelebten, noch da sie in ihrer Fülle wandeln. Wie fraglich es sonst auch mit der Forderung des ›Materialgerechten‹ bestellt sei, an diese ist sie noch nicht einmal ergangen und vor ihrem ersten Anruf müßten sie in Asche zerfallen. Das macht, daß sie allemal sich selber mit Wort und Ton ihres Gesanges identifizieren. Als feiste Priester, als üppige Hierodulen bewohnen sie die Tempel ihrer Stimmen, jenes ›Materials‹, das nicht das wahre ist, weil es an dessen Statt die unwahren Menschen selber sind. Von jeglichem musikalischen Opfer, das sie zelebrieren, behalten sie das Beste sich zum Fraß und zur Wollust vor. Vom Schein ihrer empirischen Wirklichkeit vermöchte erst die Wirklichkeit des Scheins zu emanzipieren; erst Stimmen, die nicht mehr Menschen sein wollen, sondern von der Person sich losreißen, die sie trägt und die ohnehin keine ist – sie könnten wie gute Vögel und schenkende Blumen die Menschen grüßen und versöhnen. Dazu aber will die Scheinhaftigkeit des amerikanischen Films verhelfen. Das schlanke, hochbeinige Gezücht, das dort heranwächst, in die hauchfeine Seide seiner Stimme gehüllt – es vermag jäher zu rühren als aller Gesang des Ausdrucks und zu wilden Tränen hinzureißen. Mit solchen Stimmen verdoppelt nicht länger ein Mensch sich selber, der sich halten will – sie geben anderen sich hin zum Bilde jener Lust, die von Musik versprochen ist. Wie die Gesten der Jeanette Macdonald nicht sowohl Seelenleben widerspiegeln als je und je Scheu und Passion, Koketterie und Schwung darstellen, ohne daß die Schöne einen Augenblick glauben machen wollte, dies sei sie selber – so verheißt ihre Stimme Glück. Sie zahlt es nicht mehr sich selber aus, sie schenkt es dem, der ihr zuhört. Wie solch unmenschliche Kunst die von Liebe, als die eigentlich menschlichere, entwirft, so bereitet sie den heute herrschenden Sängern zart und sicher ihr Verderben.

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Fremdwörter. Musikschriftsteller, hütet Euch vor den Fremdwörtern! Seitdem sie in den Operetten sich ansiedelten, sind sie Euch nicht hold und haben sich verzaubert. Darum verwechselt Ihr sie. Wollt Ihr transzendent sagen, um etwas besonders Erhabenes zu bezeichnen, worunter Ihr Euch nichts Genaues vorstellen könnt, so sagt Ihr gewiß transzendental dafür, womit noch ganz anderes bedeutet wird, als was Ihr Euch nicht darunter gedacht habt. Neuerdings habt Ihr Euch das Wort Ideologie angewöhnt, aber nicht bloß, um Überbau und falsches Bewußtsein zu bezeichnen, sondern wann immer es um die geistige Zuständigkeit von Musik geht. Seid Ihr aber all den Versuchungen entgangen und gebraucht die Fremdwörter richtig, so seid Ihr nicht besser daran. Denn die Leser, die an Euren falschen Fremdwörtern sich nicht stoßen, finden die richtigen unverständlich und werfen Euch vor, Ihr redetet eine Geheimsprache; mit jenem sonderbaren Sprachinstinkt, der allemal das Ungenaue und Vage, weil es beliebige Assoziationen zuläßt, verständlicher findet als das bestimmt Geprägte, das dem Gedanken die Mühe der Eindeutigkeit aufzwingt. Kurz, seid vorsichtig mit Fremdwörtern. Es ist kein Segen daran. Habt ihr jedoch etwa gar erkannt, daß sie sich nicht beliebig übersetzen lassen, sondern einem Sprachgesetz zum Ausdruck dienen, so ist's das beste, Ihr verzichtet ganz aufs Schreiben. Braucht Ihr die Fremdwörter falsch, so ist mutmaßlicherweise an Eurem ganzen Schrifttum nicht so gar viel aufzuheben; braucht Ihr sie richtig, so werden die Leser Euch Dank wissen, wenn sie Euch nicht mehr zu lesen brauchen.

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Rundfunkeigenes. Die Forderung ›rundfunkeigener‹ Musik bedürfte dringend der Korrektur. Sie ergeht einseitig an die musikalische Produktion, als wäre diese noch eben so ungebunden wie im Zeitalter des Konzerts, während ›rundfunkeigen‹ doch gerade der unauflösliche, aber auch wechselseitige Zusammenhang von Produktion und reproduktiver Technik ist. Die Technik der Wiedergabe hätte sinnvoll sich ebensowohl an den Aufgaben zu orientieren, die die Komposition ihr stellt, wie umgekehrt. Statt dessen wird die Apparatur vergötzt: man denkt zwar die Komposition als variabel, ja als beliebig einrichtbar, nimmt aber, in einem angeblichen Zeitalter der Erfindungen, die Technik als konstant. Die Gründe mögen ökonomischer Art sein. Jedenfalls: jene Fälschung der Klangfarben im Rundfunk, die als charakteristischer Konservenbüchsen- oder corned-beef-Klang geläufig ist, wäre legitimerweise nicht dadurch zu beseitigen, daß die Komponisten sich dem Obertonverlust im Mikrophon anbequemen und auf alle feineren Farbnuancen verzichten, sondern so, daß die Mikrophontechnik verbessert wird, bis der Obertonverlust sich ausgleicht. Andererseits erweisen die Forderungen an rundfunkeigene Instrumentation sich als falsch. Nach ihnen müßte ein unkompakter, solistischer, durchsichtiger Satz am besten sich senden lassen. Das Gegenteil ist der Fall: Anton Weberns Symphonie etwa, solistisch völlig aufgeteilt und ohne allen Tuttiklang, wird durch den Klangfarbenverlust bei der Übertragung entstellt. Umgekehrt findet das Radio mit dem Tuttiklang gut sich ab, wofern er nur primitiv genug: arm an Klangkombinationen ist. Entgegen der offiziellen These der ›funkeigenen‹ Musik bedeutet die blanke Einstellung der kompositorischen Produktion auf die bestehenden Apparaturverhältnisse nicht Verfeinerung sondern Vergröberung. Die Menschen, denen die Apparatur dienen soll, müßten ihr gelegentlich die Gegenrechnung präsentieren.

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Jung stirbt, wen die Götter lieben. Sobald musikalische Wunderkinder auftreten, wird man neben der Feststellung technischer Vollkommenheit, der indessen noch die geistige Reife abgehe, in Kritiken der fürsorglichen Mahnung begegnen, Eltern oder Vormünder möchten einen Mißbrauch der fraglos vorhandenen Begabung verhüten und das Wunderkind nicht allzufrüh dem Sonnenlicht der Öffentlichkeit aussetzen, welches nicht bloß der Gesundheit des Schützlings nachteilig sei, sondern auch sein Selbstbewußtsein über Gebühr steigern könne. Der böse Wunsch ist Vater des törichten Gedankens: die Rede von der ›Treibhauspflanze‹ eine konziliante Umschreibung der probaten Gevatterinnenweisheit, daß gescheite Kinder nicht alt werden. Warum wünscht man Wunderkindern den Tod? Aktuelle und längst vergangene Motive verschränken sich da. Schon der vorausgesetzte Widerspruch ›technischer‹ Vollkommenheit und ›geistiger‹ Unreife entbehrt des Grundes. Kunst kennt keinen Gegensatz von Geist und Technik, sondern all ihr Gehalt liegt in den technischen Zentren beschlossen. Deren Trennung will bloß über die Beschämung eines gehaltlosen erwachsenen Musizierens täuschen, welche die Technik des Wunderkindes spielend vollbringt. Nach dem Worte eines großen Geigers sind Wunderkinder die einzigen echtbürtigen Virtuosen; sie machen die erwachsenen überflüssig und die erwachsene Welt verschwört sich wider sie. Mehr noch. Unschuldig zerbrechen Wunderkinder die Grundkategorien der heute und hier gültigen musikalischen Ordnung: die von Persönlichkeit und Entwicklung. Wenn einer, der in seiner Freizeit mit Bleisoldaten spielt und die Absicht hat, nach Erlangung der Reife, die die Kritiker ihm wünschen, Konditor zu werden – wenn so einer die Kreutzersonate kontrollierbar besser spielt als einer, der sie ›erlebt‹ und mit ihr ›gerungen‹ hat: sollte das nicht etwas gegen den Wert des Erlebens und Ringens in der Musik beweisen; zeigen, daß sie nicht aufgeht in seelischer Dynamik, Innerlichkeit und Persönlichkeit, sondern anderen Gesetzen gehorcht? Wäre mit diesem Aufweis nicht die psychisch-erbauliche, pseudoreligiöse Funktion bedroht, welcher sie unter den gegenwärtigen Verhältnissen zum wesentlichen ihre Geltung verdankt? Mit Recht vergleicht man Wunderkinder den Kometen. Jedes, das da geboren wird, verstört die musikalische und nicht bloß musikalische Ordnung in ihrem Bewußtsein von Würde, Autonomie und Freiheit. Die Gefahr fürs Bewußtsein nimmt das Unbewußte wahr und greift umstandslos auf Rituale zurück, welche die Erstgeburt, wäre es auch die des Geistes, dem Tode weihen, um dem lebenden Geschlecht den Segen zu bewahren, den es nicht verdient. – Berechtigt wäre erst eine solche Kritik an Wunderkindern, die es vermöchte, trotz der bedrohlichen Vorwegnahme sie selbst als Abbild der gleichen Ordnung zu begreifen, die sie gerne opfern möchte. So hat Schönberg es erkannt: »Wunderkinder sind solche Leute, die mit sechs Jahren schon so unbegabt sind wie andere erst mit sechzig.« Die Entzauberung der Wunderkinder taugt bloß als Mittel zur Entzauberung der Erwachsenen.

[47]

 

Geigen und Götzen. Nach Virtuosenkonzerten von mondänem Anspruch kann man in den beflissen sachverständigen Gesprächen des Publikums stets wieder Hinweisen auf das Instrument des Geigers begegnen: seine neue Stradivari sei unvergleichlich viel schöner als die Guarneri, die er noch vor drei Jahren gespielt, und nichts käme auf gegen die Süße der Amati. So fraglos der Wert eines guten Instruments für den Geiger, so problematisch bleibt die Begeisterung des Hörers dafür. Daß er den Klang der Stradivari von heute von dem jener Guarneri soll unterscheiden können, ist unwahrscheinlich; Instrumente von Qualität auseinanderzuhalten, bedarf es der genauesten Sachkenntnis; der Musiker aber, der die leiseste Dialektfärbung der Geigenaussprache Kreislers verfolgt, wird mit ihr und den spezifisch musikalischen Momenten der Darstellung so beschäftigt sein, daß er zum Staunen über das Instrument nicht kommt; vielleicht wird er nicht einmal merken, ob der Geiger eine Guarneri oder Stradivari oder eine anständige moderne Geige spielt. Woher also die Begeisterung? So fremd sind Musik und Publikum einander geworden, daß die Musik, ein Ding, dem Publikum einzig noch die klangmaterielle Seite darbietet und die Konstruktion in sich verschließt. Dies klangmaterielle Erscheinen ist dem Hörer zu wenig, während er doch ins Zentrum nicht zu dringen vermag. Er hilft sich, indem er die Klangmaterie als Fetisch weiht, den er leibhaft sich vor Augen stellt, während die Ohren Verzicht leisten. Die Fetische sind die Meistergeigen. Man braucht bloß die Empörung zu studieren, die sich allerorten erhebt, wenn man gegen die Wichtigkeit des Instruments zaghafte Bedenken anmeldet, um einzusehen, wie stark die Affekte der Hörer sind, die, von der Musik abgeprallt, in die Geigen sich flüchten. Gleich allen gesellschaftlichen Fetischen weist auch dieser ökonomisch sich aus. Wenn selbst der Hörer der Musik entfremdet ist: eine kostbare Geige kann er besitzen und es ist das Besitzverhältnis als solches, das er in ihr anbetet und das anstelle des Funktionswertes von Musik sich rückte.

[48]

 

Im Dunkeln. Versuch über den Wert musikalischer Expertisen: eine repräsentative Versammlung von Kritikern wird in einen Konzertsaal geladen, der vom – etwas versenkten – Orchester so gründlich geschieden ist, daß nichts, was dort sich ereignet, optisch erkannt werden kann, ohne daß doch vom Klang das mindeste verloren ginge. Es spielt ein hervorragendes Orchester unter den verschiedensten, stets unsichtbaren Dirigenten zu wiederholten Malen den ersten Satz der Fünften Symphonie: unter Toscanini, Klemperer, Furtwängler, Walter, einem alten Provinzkapellmeister, einem kleinen Korrepetitor, einem Militärmusiker, dem Führer eines Tanzorchesters und allenfalls einem Geisteskranken, der sich einredet, Nikisch zu sein und nun zur Dämpfung seines Wahnes auf die Philharmoniker losgelassen wird. Jeder Kritiker müßte jede Wiedergabe besprechen und womöglich den Dirigenten, den er ja sonst so genau zu charakterisieren weiß, nennen. Aus dem Ergebnis wären gegebenenfalls Konsequenzen für die Form der musikalischen Reproduktionskritik zu ziehen.

[49]

 

1927-1937

 

 

Zweite Nachtmusik

Ernst Krenek, dem Freunde,

als Dank fürs Sechste Quartett

 

Alban Berg hatte die Idee, den »Wozzeck« verfilmen zu lassen, weil, nach Willi Reichs Angabe, »durch den Film die Möglichkeit gegeben wäre, gewisse Einzelheiten, die im Theater nie mit der gewünschten Deutlichkeit darzustellen sind – als Beispiel nannte er die Straßenszene im zweiten Akt (Fuge mit drei Themen) –, durch Teil- und Großaufnahmen vollendet zu realisieren«. Es liegt darin und besonders im Bezug auf jene musikalisch komplizierteste Szene ein Hinweis, der nicht bloß optisch-theatralisch sondern mehr noch musikalisch verlohnte aufgenommen zu werden. Die musikalische Schwierigkeit der Szene ist vorab eine der Deutlichkeit. Wie nun, wenn man ihr abhelfen könnte durch die Einführung musikalischer Großaufnahmen? Wenn man das aufnehmende Mikrophon so gut wie die Kamera beweglich machte und jeweils an die Hauptstimmen heranbrächte, während die Nebenstimmen im akustischen Hintergrund gehalten blieben? Und gar wenn man versuchte, diese Verfahrungsweise auf die Technik des Rundfunks auszudehnen und mit ihrer Hilfe eine Plastik zu erreichen, wie sie weder sonst bei der Rundfunksendung, die ja immerhin ›gesteuert‹ wird, noch gar bei der üblichen Konzertdarstellung sich ergibt? Könnte nicht am Ende das bewegliche Mikrophon zu jener Art materialgerechter Radiopraxis verhelfen, der man vergebens nachjagte, indem man den Komponisten zumutete, ›rundfunkeigen‹, nämlich primitiv zu instrumentieren? Jedenfalls würde damit wie in vielem anderen die mechanische Interpretation eine Tendenz durchsetzen, die die Kompositionstechnik längst ausgebildet hat und deren unzureichende Realisierung bislang wesentlich beitrug, die neue Musik zu isolieren: die Scheidung in Haupt-, obligate Neben- und Begleitstimmen; die Unterordnung des Klanges unter den Primat der musikalischen Konstruktion und ihrer ›Deutlichkeit‹. Das bewegliche oder beliebig auf alle Stellen des Orchesters umschaltbare Mikrophon könnte alle Fragen der Deutlichkeit lösen und die Vagheit des neuromantischen Orchesters endgültig aufheben.

 

Unter den Argumenten, die Schönberg in jene Vergangenheit von Romantik und Individualismus abschieben möchten, damit man ungestörter Concerti mit falschen Bässen schreiben kann, ist eines der verbreitetesten das, welches ihn als ›Espressivo‹ – Musiker faßt. Man braucht nun weder seinen Ursprung im Wagnerschen Espressivo zu leugnen noch die spezifischen Espressivo-Elemente seiner früheren Werke zu übersehen, ohne doch darum die blanke Leere für fortgeschrittener als die Sphäre jenes Espressivo zu halten. Insistierende Betrachtung indessen zeigt, daß das Espressivo Schönbergs seit dem Bruch – zumindest seit den Klavierstücken op. 11, schlagend in den kleinen op. 19 oder der »Erwartung« – vom romantischen, ja von allem früheren qualitativ verschieden ist. Die abendländische expressive Musik hieß zu ihrem Beginn musica ficta: sie nahm einen Ausdruck an, den der Komponist seinen Charakteren zuerteilte, etwa wie der Dramatiker seinen Figuren, ohne daß die ausgedrückten Regungen beanspruchten, wirkliche des Autors zu sein. Die dramatische Musik, als eigentliche Sphäre der musica ficta, bot von Monteverdi bis Verdi den Schein der Passionen, und wo sie sich zum subjektiven ›Ausdruck‹ des Komponisten selber erhob, waren dessen Erfahrungen nicht sowohl in den einzelnen musikalischen Regungen unmittelbar widergespiegelt als vielmehr in der Weise, in welcher er formsetzend den musikalischen Charakteren gebot. Ganz anders bei Schönberg. Das eigentlich revolutionäre Moment an ihm, das, welches ihn Kraus und Loos als den Kritikern des ästhetischen Scheines gesellt, ist gerade der Funktionswechsel des musikalischen Ausdrucks. Es sind nicht Leidenschaften mehr fingiert, sondern im Medium der Musik unverstellte, leibhafte Regungen des Unbewußten ohne Rücksicht registriert. Ohne Rücksicht nämlich auf die Formtabus, welche die Regungen bereits einer Zensur unterwerfen, sie ›rationalisieren‹, in Ornamente versetzen, kraft eines Kanons von ›Erlaubtem‹ sie zu stilisieren gebieten. Darum hängt die Schönbergische Revolution der musikalischen Formmittel mit der Änderung des Ausdrucksgehalts, mit dem Durchbruch von dessen Wirklichkeit aufs tiefste zusammen. Die ersten atonalen Werke sind Protokolle im Sinn von psychoanalytischen Traumprotokollen. Kandinsky hat, in der frühesten Buchpublikation über Schönberg, dessen Bilder wahrhaft und chokierend »Gehirnakte« genannt. Ihr Stoff trägt alle spätere Form. Die Wundmale jener Revolution des Ausdrucks aber sind die Kleckse, die, auf den Bildern so gut wie in der Musik, als Boten des Es gleichsam gegen den kompositorischen Willen sich festsetzen, die Oberfläche verstören und von der kompositorischen Korrektur so wenig wegzuzaubern sind wie Blutspuren im Märchen. Diese Kleckse enthält treu noch die Zwölftontechnik. – Erst im Angesicht der Schönbergischen Expression wird die feige Oberflächlichkeit einer Ästhetik ganz offenbar, die die scheinlose Kundgabe des unverklärten, real leidenden Menschen in Musik romantisch nennt und solche Romantik überwunden meint durch die musica ficta des Spiels mit verlorenem Schein.

 

Es wäre wohl der Mühe wert, einmal der Tonartenästhetik nachzufragen, die von Schubert inauguriert, in Berlioz' Instrumentationslehre vorgetragen wird und noch in den Skrjabinschen Experimenten umgeht. Daß die Charakterisierungen der Tonarten zu nichts führten, steht außer Frage; Busoni hat das als erster zugestanden, während in der Breite des musikalischen Bewußtseins immer noch Tonartentabus wirksam scheinen. Man kann mühelos beobachten, daß tonartenästhetisch Eingeschworene, die zufällig nicht übers absolute Gehör verfügen, an ihren Charakterisierungen festhalten, auch wenn sie sich vor einem um einen Halbton zu tief gestimmten Klavier finden. Andererseits ist nicht zu verkennen, daß die Wahl ›entlegener‹ Tonarten bei Chopin, solcher mit mehr als fünf Vorzeichen, zum Stil gehört und Bedeutung hat, vergleichbar der von erlesenen Namen in der Poesie des fin du siècle; und man wird selbst Paul Bekker konzedieren, daß Beethoven in der Wahl von d-moll, f-moll und Es-Dur regelhaft verfuhr. Zur Auflösung verhilft die Behandlung des Komplexes durch Berlioz. Er spricht nicht vom Charakter der Tonarten als solcher, sondern von ihrer Wirkung auf der Violine: er macht sie vom Instrument abhängig. Die vier leeren Saiten der Geige aber sind ebenso wie die der anderen Streicher leitereigen in C-Dur. Ebenso ist das Klavier durch die Anordnung der weißen Tasten ein C-Dur-Instrument. Daher ist zu vermuten, daß die Tonartenästhetik nicht sowohl im natürlichen Eigenwesen der Tonarten als in einer historischen Praxis der instrumentalen Spielweisen entsprang, für welche C-Dur den Normalfall und Ausgangsgrund bedeutet. Die Tonartenästhetik gilt relativ auf ein Bezugssystem C-Dur, gleichgültig gegen dessen absolute Tonhöhe. Wählende subjektive Differenziertheit drückt sich in der Distanz von der Norm C-Dur aus; Chopin flieht vor dem profanum vulgus der sieben weißen Tasten und birgt sich bei den schlank erhobenen fünf schwarzen; auf der Flucht vorm Banalen glaubt er sich geborgen im Zauberreich der sechs Kreuze von Fis-Dur, wo selbst das rüde f zum eis geadelt ist, angesichts dessen der Polkas paukende Dilettant beschämt verstummt. Es ist aber die Ironie solcher Flucht vorm Banalen, daß sie aus jenem Bannkreis nicht hinausdringt und daß es in der Macht des nächstschlechten Klavierstimmers liegt, das Fis-Dur zum F-Dur zu degradieren, ohne daß die sehnsüchtige Dame es bemerkte, die sich überm Impromptu träumt.

 

Alle Versuche, das Verbot von harmonischen Fortschreitungen in Oktaven und Quinten zu begründen, sind gescheitert. Gleichwohl kann die Macht jenes Verbotes nicht und am wenigsten durch ›Ausnahmen‹ bestritten werden. Ja, es sind die Verbote auch für die neue Harmonik in Kraft und leicht könnte man denken, daß der Impuls ihrer Entwicklung wesentlich in der radikalen Konsequenz der Verbote, ihrer Übertragung von der Sukzession auf die Simultaneität, zu suchen sei. Beim heutigen Schönberg sind nicht bloß Oktavfortschreitungen, sondern auch Oktavverdopplungen unmöglich. Mit Quinten freilich verhält es sich anders. Sie bereits sind keine vollkommenen Konsonanzen mehr, und zwischen zwei um eine Quint voneinander entfernten Tönen können simultan solche stehen, die nichts mit der Dreiklangsharmonik zu tun haben; man wird in Zwölftonmusik kaum etwas gegen Quintenparallelen zweier Stimmen, etwa der Außenstimme eines Quartetts, einzuwenden haben, wofern nicht die Mittelstimmen mit den Außenstimmen ebenfalls parallel verlaufen oder zum Dreiklangscharakter tendieren. Die alten Verbote werden als Kritik der Konsonanz heute eher fühlbarer als bisher und verschwinden keineswegs in der angeblichen harmonischen Anarchie. Historisch wirksam, sind sie selber historisch entsprungen und nicht physikalisch oder ästhetisch zu hypostasieren. Die Fortschreitung in vollkommenen Konsonanzen scheint einem Tabu zu unterliegen, das heute auf die Konstruktion der einzelnen Klänge übergreift. Quinten aber sind dem Pferdefleisch zu vergleichen; die einstmals heiligen der ersten Mehrstimmigkeit, stets noch lockend mit archaischer Gewalt, werden verboten, weil ihr Genuß eine uralte, kaum mehr nachzudenkende Gefahr heraufbeschwört: daß Menschen sich am heiligen Fleisch sättigen und am heiligen Klang. Dies Tabu wird bewahrt, erhellt, verwandelt in der neuen Harmonik. Deren Konsonanzverbot gilt dem ›Zu schön‹ der Konsonanz; der Name des Kitschs, der heut alle solche Tabus kodifiziert, hat stets zum Gegenstand ein ›Zu schön‹. Dies Tabu ist aber nicht länger einzig auf die Unterdrückung der sinnlichen Lust gerichtet. Vielmehr verwehrt es deren bloß scheinhafte Erfüllung in der gegenwärtigen Gesellschaft, damit sie nicht der realen gesellschaftlichen Erfüllung im Wege sei. Das Lustverbot der vollkommenen Konsonanzen ist von tiefstem Doppelsinn. Indem es das alte unwiederbringliche Glück: den Untergang in der Einheit des unartikulierten Naturzusammenhanges, die heidnische Heiligkeit des Opfers an den bewußtlosen Kosmos verpönt, zerstört es zugleich den falschen Schein des wahrhaften künftigen: dessen der bewußten Preisgabe des Selbst und der versöhnten Gewährung von Lust. Denn deren Bild, zu früh, verstellt die Veränderung der Welt, die allein erst Lust freigibt. Daher ist vom ästhetischen Bilde streng Erkenntnis des Leidens gefordert, und bloß als Leiden noch kann Kunst Lust bereiten. Mit der imago von Lust selber riefe sie unweigerlich den Menschen zurück ins Urvergangene. Im Bewußtsein der realen Unerreichbarkeit der Freude muß sie ihn stählen, damit er einmal die unerreichbare erreiche. Keine Wahl ist, die verhaßten Tabus zu brechen, als ihnen die Treue zu halten, so tödlich, daß sie darüber bewußt werden und vielleicht vergehen.

 

Der Einwand, dem die Zwölftonmusik stets wieder begegnet, ist der: daß sie trotz völliger Rationalisierung von Melodik, Kontrapunkt und Konstruktion die Harmonik, sowohl was den einzelnen Akkord wie die Folge der Klänge anlange, dem Zufall überlasse; daß sie zwar Schemata für die Sukzession, aber keine zwingende und unmittelbar aufzufassende Notwendigkeit des akkordischen Fortgangs kenne. Daran mißt sich in der Tat Recht oder Unrecht der Zwölftonmusik. Es ist aber von den Gegnern zentral übersehen worden, daß die Vereinheitlichung von Horizontale und Vertikale, wie sie die Zwölftonmusik inauguriert, zugleich einen Kanon des Harmonischen enthält. Anders ausgedrückt: es ließe das Gesetz, das die Zwölftontechnik ausformt, als harmonisches so gut wie als melodisch-kontrapunktisches sich fassen. Es dürfte das Gesetz der komplementären Harmonik heißen und wäre auszusprechen in der Art: daß jeder komplex gebaute Klang, jeder also, in dem die einzelnen Töne als selbständige Momente des Ganzen erhalten sind, prinzipiell zur sei's gleichzeitigen sei's sukzessiven Ergänzung diejenigen Töne der chromatischen Skala verlangt, die in ihm selber nicht vorkommen; daß also Spannung und Lösung in der Zwölftonmusik allemal mit Rücksicht auf den virtuellen Zwölfklang als ihr ›Integral‹ zu verstehen sind. Es dürfte die tiefste Relation obwalten zwischen der komplementären Harmonik der Zwölftonmusik und der Ausnutzung der komplementären Farben in der Malerei, die im neunzehnten Jahrhundert begann, und die Verwandtschaft zwischen Böcklin und dem Wagner des Tristan könnte tiefer sich ausweisen als in der Analogie der mythologischen Gegenstände. Die Frühwerke der neuen Technik sind dabei wie stets die aufschlußreichsten. Harmonisch konzipierte Stellen wie der Schluß des ersten und des langsamen Satzes aus Schönbergs Bläserquintett oder der des ersten Chors aus op. 27 zeigen jene harmonische Tendenz in gleichsam didaktischer Nacktheit. Sie wird aber um so mächtiger, je mehr die reichere Konstruktion später sie von der kompositorischen Oberfläche abzieht. Nimmt man den zwölftönigen Todesakkord Lulus als ihren vollkommenen Ausdruck, so bewährte freilich Bergs allegorischer Genius – und alle Oper ist die Versöhnung einer Allegorie – sich in einer historischen Perspektive, die schwindeln macht: wie Lulu, in der Welt des vollkommenen Scheins, nichts herbeisehnt als ihren Mörder und ihn endlich findet in jenem Klang, so sehnt alle Harmonik des verweigerten Glücks ihren tödlichen Akkord herbei als Chiffre der Erfüllung. Dies harmonische Gesetz spricht aber bereits die veränderte Zeiterfahrung aus, in der Krenek das innerste Geheimnis der neuen Musik vermutet.

 

Wer Musik des Zeitraums von 1600 bis 1750 betrachtet, jener Periode, welche der teleologische Stumpfsinn die vorklassische nennt, der wird – hat er es nicht mit den mächtigen Ausnahmen, mit Monteverdi, Scarlatti, Bach und Pergolesi zu tun – der Konstatierung des Langweiligen kaum sich entziehen können und sie wird vor sehr erlauchten Namen nicht haltmachen, von mittleren wie Corelli ganz zu schweigen. Der Grund der ästhetischen Langeweile ist die wirkliche. Es scheint, daß seit dem Ende der mittelalterlichen Polyphonie, seit der Erfindung des Generalbasses und des Stile rappresentativo, die Musik mit einer Erfahrung sich konfrontiert sah, die sie zuvor nicht kannte: der Aufgabe, die offene Zeit zu füllen, die, der heilsgeschichtlichen Artikulation bar, als Dauer ›lange‹ weilt, verdinglicht, entfremdet den Menschen entgegensteht und ihn bedroht. Die vorklassische Musik soll die Zeit totschlagen; sie ist ›Divertimento‹ und ihre Unterhaltungsfunktion, sozial determiniert, erscheint technisch als Angst der Musik vorm Verlauf der linearen Zeit. Mit dieser konkurriert sie; es ist ihre verzweifelte Anstrengung, lange zu währen, während ihre Mittel, harmonisch kaum mehr als die Kadenz, sie in jedem Augenblick zwingen möchten zu verstummen, als wäre die Zeit überstark. Alle ›Einfühlung‹ in vorklassische Musik ist darum so völlig unmöglich und sinnwidrig, weil jene längst als Apriori niedergeschlagene Zeiterfahrung sich nicht mehr aktualisieren läßt; weil jedes Maß dafür fehlt, wie schwierig es zu jener Epoche gewesen sein muß, lange Musik zu schreiben. Einzig der Vergleich der Kurzatmigkeit eines genialen Autors wie Johann Caspar Fischer, dessen Fughetten die wichtigsten Themen des Wohltemperierten Klaviers vorwegnehmen, mit der ausgewachsenen Langeweile der Concerti grossi läßt etwas von jener Spannung ahnen. Es ist aber vielleicht der entscheidende Zug der Klassik als des Stils der motivischen Antiphonie – der ›Symphonik‹ – daß sie einmalig es vermochte, jener Erfahrung Herr zu werden. Was Haydn, was Beethoven von aller Musik des Divertissements unterscheidet, ist, daß ihre Technik, lange Zeiträume mit dem Zeitdifferential, dem Motiv beherrschend, die Zeit nicht sowohl mehr füllt als zusammenzieht; nicht vertreibt sondern unterwirft. Denn es ist die lineare Zeit, mit der auch sie es zu tun haben, anstatt der einstehenden aus der Motivtechnik der Fugen, wo die Zeitstellen der Einsätze weitgehend vertauschbar sind oder nicht durch Fortgang sondern durch Gleichgewichtsverhältnisse geregelt werden. Die Symphonik aber geht weiter, hat ihren Zeitverlauf und währt doch, der Idee nach, nur einen Augenblick. Sie bewegt sich dynamisch in Generalbaßschritten. Aber sie zwingt die Generalbaßpraxis in der vorgeschrittensten Form der Epoche, der des Mannheimer Crescendos, mit Rudimenten der uralten und als pedantisch diffamierten Imitatorik zusammen. Der Stil der ›vorklassischen‹ Musik ist paradox und vermag darum kaum länger als über dreißig Jahre sich produktiv zu behaupten. Paradox wird die vergehende, auch für die musikalische Formauffassung vergehende Zeit durch den Augenblick des identischen, in sich zeitlosen Motivs synkopiert, durch dessen gespannte Steigerung verkürzt, bis sie innehält. Zugleich bewirkt die Versetzung im antiphonischen Motivspiel, daß die Motivwiederholung nicht absinkt in die Langeweile. Wohl kontrahiert das Motiv durch gesteigerte oder geminderte Wiederholung als bannender und gebannter Moment die zeitliche Extension. Jedoch in der Antiphonie erscheint es als immer neues und gehorcht im Wechsel dort noch der Forderung der historisch ablaufenden Zeit, wo seine Identität den Ablauf virtuell aufhebt. Es ist diese Paradoxie, die in den ersten Sätzen der Fünften und Siebenten Symphonie, auch der Appassionata waltet: ihre vielen hundert Takte scheinen einer wie die sieben Jahre im Märchenberg ein Tag, und noch bei Wagner hat Alfred Lorenz Spuren dessen gewahrt, als er den ganzen Ring als in einem Moment zu vergegenwärtigend erfuhr. Im strikten Sinne aber ist die symphonische Zeit einzig Beethoven eigen und begründet die exemplarische Reinheit, die überlegene Gewalt seiner Form. Das immer wieder analogisch konstatierte ›epische‹ Moment an Schubert, dann an Bruckner ist gleichbedeutend mit der Resignation der formsetzenden musikalischen Subjektivität vor dem Zeitverlauf, der wieder, und mit unvergleichlich viel reicherem Inhalt als zuvor, gefüllt, doch nicht länger mehr dialektisch aufgehoben wird. Die Substantialität und wachsende subjektive Fülle des motivisch Einzelnen in Schuberts h-moll-Fragment verwehrt dessen antiphonische Wiederholung und deren Dynamik; die lineare Weile wächst in die Breite, wird zur Fläche, aber ihre Dauer wird bedrohlich wieder offenbar: daher die ›göttliche Länge‹. Erst Schönberg hat, in völlig veränderter Haltung, die Frage nach der musikalischen Zeit antithetisch gestellt. Freilich ganz neu: ihm geht es nicht sowohl um deren paradoxale Synthesis als um ihre Dissoziation. Daß er in der kritischen Epoche neben dem musikalischen das malerische Medium benutzte, ist musikalisch so wenig Zufall wie unterm Aspekt des Expressionismus. Die Protokolle der diskontinuierlichen Regungen zerfällen die Zeit. Als Gehässigkeit die Stücke op. 19 »Klavierfratzen« nannte, hatte man deren Tendenz, Musik zur gestischen Sichtbarkeit zu treiben, richtig verstanden, und sie ist es wohl vor allem anderen, die Schrecken erregte. Die Zwölftontechnik, die komplementäre Harmonik und ihre Formäquivalente verfügen bereits über die Zeitdimension aus einer veränderten Zeitanschauung. Das hat Krenek mit tiefster Einsicht in seiner Schrift über neue Musik festgehalten: »In dem Widerspruch gegen den Zeitablauf, der in der Idee der Rückläufigkeit seinen Ausdruck findet, liegt ein charakteristisches inhaltliches Moment der neuen Musik beschlossen ..., ihre pathetische Dialektik, die aus dem einsamen Kampf des Individuums gegen das rettungslose Vergehen im Nichts der forteilenden Zeit resultiert.« Nur daß am Ende jener Kampf, den bei Schönberg der Einzelne austrägt, sich als der der Gesellschaft enthüllen mag, und die Rückläufigkeit der Zeit oder ihre Zurücknahme in die stillstehende Bewegung des Zwölftonakkords als das notgedrungene Versprechen einer Welt, hinter welcher die historische Zeit in Vergängnis wie in Verdinglichung als bloße Vorgeschichte zurückbleibt.

 

1937

 

 
Gesammelte Werke
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