Klassik, Romantik, Neue Musik

 

Die allgemein verbreitete Ansicht setzt die neue Musik in einfachen Gegensatz zur Romantik, nach der Vorstellung eines Gesinnungswechsels, wie ihn Schönberg in den Chorsatiren parodiert hat: »Nicht länger mehr romantisch schreib' ich, romantisch haß' ich.« Romantik wird dabei als übersteigerter, rauschhafter Ichkultus vorgestellt: seiner Zufälligkeit und Willkür seien die Komponisten satt geworden. Sie hätten sich auf die während des neunzehnten und früheren zwanzigsten Jahrhunderts vernachlässigte Objektivität und Verbindlichkeit musikalischen Gestaltens neu besonnen. Diese fable convenu, zunächst auf Strawinsky und Hindemith zugeschnitten, dann auf Zwölfton- und serielle Technik ausgedehnt, formt weithin auch das kritische Verhältnis zur neuen Musik. Was an vorgebliche Romantik erinnert, sei altmodisch, passé, Makart; auch dann nicht mehr recht zu ertragen, wenn es der eigenen musikalischen Gestalt nach noch so fortgebildet ist. Umgekehrt verkennen selbst plump historistische Rückgriffe auf längst vergangene Stadien, geborgen in jener Idee vom Stilwechsel, sich gern als neue Musik. Solchen Denkgewohnheiten heißt romantisch alles von Schubert bis Mahler und Richard Strauss, wobei allenfalls nach Entwicklungsphasen wie Frühromantik, Hochromantik, Spätromantik und Impressionismus schematisiert wird. Der Begriff Romantik ist dabei einigermaßen unbesehen von der Dichtung, auch der Malerei übernommen. Stillschweigend gehorcht man dem von Schumann wohl erstmals formulierten, später von Philosophen, so Croce, ebenfalls vertretenen Prinzip, die Ästhetik der einen Kunst sei auch die der andern, ästhetische Kategorien der einen ließen sich ohne weiteres in die andere übertragen.

Dieser Ansicht wohnt ihr Recht inne und ihr Unrecht. Sie folgt einer Idee des Künstlerischen als des Poetischen, wie sie im Namen des Tondichters sich anmeldete, den Beethoven für sich beanspruchte. Unabweisbar der Verdacht, sie selber sei romantischen Wesens. Ihr Recht hat sie daran, daß in der Tat durch die ansteigende Subjektivierung der Kunst, welche die divergentesten Materialien durchdringt, und durch die dieser Entwicklung komplementäre, gewissermaßen rationalisierende Materialbeherrschung die Künste tendenziell einander sich annähern. Der Plural ›Künste‹ klingt bereits archaisch. Je mehr das geschichtlich heranreifende Subjekt die Kunst als sein Medium beschlagnahmt, desto mehr wird jede einzelne zu seiner Sprache, zum Ausdrucksträger eben jenes Subjekts. Damit verstärkt sich, was die Philosophen ästhetischen Schein nannten: Kunst fingiert ein Wirkliches, steht ein als Zeichen des in ihr waltenden Subjekts. Der Begriff einer musica ficta gibt fürs musikalische Bereich von dieser Tendenz das früheste Zeugnis. Nach der objektiven Seite, der der Materialbeherrschung, bedeutet sie zugleich anwachsende Entqualifizierung, Befreiung von der vermeintlichen Zufälligkeit ästhetischer Stoffe. Wie allerorten im gesellschaftlichen Leben, so involviert auch künstlerisch Rationalisierung, die planende Verfügung über Mittel, deren Vereinheitlichung, ihre Anähnelung in jeder einzelnen Kunstsphäre ebenso wie in den verschiedenen Künsten untereinander. Einleuchtend lassen gerade in neuerer Zeit die Techniken der verschiedenen Künste sich in Beziehung zueinander setzen: der musikalische Klassizismus um die Wende des achtzehnten und neunzehnten Jahrhunderts, Cherubini und Beethoven, zum gleichzeitigen malerischen und architektonischen; die Emanzipation der Farbe bei Berlioz zu der bei Delacroix; die impressionistische Malweise zu der kompositorischen von Debussy; Strauss zur deutschen Jugendstilvariante des Impressionismus; schließlich Webern zu Klee und in anderer Hinsicht zu Mondrian. Ein Wahres ist an all diesen Wahlverwandtschaften, aber keine ist frei vom Schatten bloßer Analogie, nie gelten sie ganz wörtlich. Späterhin zumal hat Musik, die als junge Kunst, wie man weiß, ohnehin in der Gesamtentwicklung hinter andern herzuhinken pflegt, manchmal eher malerisch-technische Funde von außen her in sich hineingezogen und nachgeholt, als daß sie in ganzer Autonomie ihr zugefallen wären; bis zu einem gewissen Grad bereits Debussy, ganz gewiß aber der Strawinskysche Neoklassizismus, der über fünfunddreißig Jahre sich in ein temporäres Muster von Picasso verbiß. Wie weit Schönbergs freie Atonalität von Kandinsky um 1910 inspiriert ward, harrt noch der Untersuchung; an beiden ließe sich die Umfunktionierung des Jugendstilornaments ins Konstruktionsprinzip demonstrieren. Trotz aller Komplikationen aber wurden fraglos die verschiedenen Künste während der letzten Jahrhunderte mehr stets dazu fähig, tragende gemeinsame Erfahrungen des gesellschaftlichen Subjekts verwandt auszudrücken und zu objektivieren.

Indessen ist die Rede von der Einheit der Ästhetik der Künste zugleich auch falsch. Sie spiegelt jene Neutralisierung wider, die allem Geistigen unter dem Oberbegriff der Kultur durch die unwiderrufliche Trennung der geistigen Produktion von ihren unmittelbaren Funktionen in der Realität widerfuhr. Wie von dem Namen Kultur so Ungleichnamiges, ja Antagonistisches wie Religion, Philosophie, Wissenschaft, Kunst, Recht und was noch alles – kurz der Inbegriff dessen, was nicht ohne weiteres der Reproduktion des Lebens dient – auf eine Formel gebracht wird, so ergeht es auch der Subsumtion der Künste unter die Kunst. Während diese Subsumtion die reale Tendenz zur Integration des Geistes widerspiegelt, bleibt sie beschränkt auf das Subjekt, das diese Tendenz motiviert und setzt. Vergessen wird, daß Kunst stets ein dialektisches Verhältnis jenes Subjekts zu dem ihm Gegenüberliegenden, seinem Material, impliziert. Ihre Objektivität steigt erst aus diesem vielfach vermittelten Verhältnis auf. Die künstlerischen Materialien präsentieren das Subjekt, das sie sich unterwirft, mit ihren selber wiederum durchaus geschichtlich entspringenden Forderungen, so gut wie es von ihnen sein Recht fordert. Stammt Kunst aus dem mimetischen, vorrationalen Verhalten; vertritt sie das Eingedenken daran inmitten der Rationalisierung, so hat in ihr immer auch das seinen Anspruch, was in der Rationalisierung nicht ganz aufgeht, das Qualitative, Verschiedene. Wo sie im Namen des Geistes sich gänzlich vergeistigt, frevelt sie damit gegen ihren eigenen Geist, das Gedächtnis an das, was in Rationalität nicht sich erschöpft und was von dieser unterjocht ward. Die Einheit der Kunst ist immer auch kunstfeindlich. Die äußerste, karikaturistische Konsequenz ihres Negativen ist der Kulturbrei, der schließlich jede künstlerische Äußerung in einen umfassenden Zeitplan sämtlicher Feste einer Saison einbezieht, die ein Reisender absolvieren kann, ohne daß das eine das andere störte. Was immer an subjektiver Tiefe und objektiver Verbindlichkeit die Künste durch ihre Subsumtion unter die integrale Idee der Kunst gewonnen haben mögen, drohen sie an spezifischer Verbindlichkeit dadurch auch wiederum zu verlieren.

Mit einiger Monomanie hat Rudolf Borchardt das für die Dichtung erkannt. Für die Musik gilt es nicht weniger. Sie ist zunächst überhaupt nicht ›ästhetischer Schein‹, kein Bild eines anderen, sondern ein geistig Daseiendes sui generis, das gar nicht a priori ein anderes meint. Wurde sie im geschichtlichen Gesamtprozeß den anderen Künsten in vielem gleich, so hat dieser Prozeß – wesentlich der von Versprachlichung – in ihr Narben hinterlassen. Unter den Gründen für die seit dem Beginn der neuen Musik spürbare Auflehnung gegen deren Sprachähnlichkeit ist sicherlich nicht der gleichgültigste das unbewußte Leiden an diesen Narben. Das zeigt sich drastisch an dem Ungemäßen von Stilbegriffen, die aus anderen Künsten stammen und dann auf die Musik aufgeklatscht wurden, wie dem des Barock. Die Rede von Barockmusik, vorweg ein Mittel der Musikhistorie, ihren nicht stets fesselnden Gegenständen aus dem siebzehnten und früheren achtzehnten Jahrhundert etwas von der Autorität der gleichzeitigen großen Malerei abzuborgen, ist nach dem Nachweis in G.F. Hartlaubs viel zu wenig bekannter Schrift ›Fragen an die Kunst‹ untriftig: die vielfach unausgebildete, primitive, rudimentäre und undifferenzierte Musik des früheren Generalbaßzeitalters hat mit der höchst subjektivistischen, nach Hartlaubs Wort »späten« Malerei des Manierismus, aber auch mit dem luxurierenden Formenreichtum der Architektur der Periode wirklich nichts gemein als die pure Gleichzeitigkeit, sieht man von bescheidenen Analogien wie Zügen des prunkvoll Schreitenden bei Purcell oder Händel ab. Will man schon durchaus in Musik Barock finden, so wäre eher bei dem 150 Jahre späteren Bruckner danach zu suchen, der sich nicht umsonst in St. Florian begraben ließ; bei dem manche barocken Aspekte genuine der Komposition sind, nicht bloß an ein anderes künstlerisches Medium sich anbiedern. Kaum weniger problematisch sind in der Musik aber auch die viel länger in ihr eingebürgerten Stilkategorien klassisch und romantisch. Wohl wäre es töricht, sie durch Hinweis auf sogenannte Übergangsphänomene aus der Welt zu diskutieren. Begriffe konstituieren sich nur von ihren Extremen her, nicht dort, wo sie einander berühren. Daß die sechs Haydn gewidmeten Quartette Mozarts einen – der Entfaltung durchaus noch bedürftigen – Charakter von Klassizität haben, ist ebenso unleugbar wie die spezifische Verwandtschaft großer Werke Schumanns, der Klavierphantasie, der Kreisleriana, des Liederkreises nach Gedichten von Eichendorff, mit der Idee der literarischen Romantik aus der Epoche unmittelbar vorher. Der Begriff der Klassizität wäre auf Mozart unbefangener sogar anzuwenden als auf die Literatur, auf Goethe oder Alfieri, weil ihm das aus Bildung Abgeleitete, die programmatische Rückbeziehung auf die Antike abgeht, welche den literarischen Klassizismus beherrscht; Mozarts Klassizität ist um so wörtlicher zu nehmen, je weniger sie als solche sich selber reflektierend setzt. Gleichwohl bleiben die Stilkategorien klassisch und romantisch in der Musik fragwürdig. Zur musikalischen Klassizität gehört essentiell, keineswegs als bloßes Akzidens, hinzu, daß Impulse ihres Typus nicht in starr vorgegebene, sogenannte objektive Formen willfährig sich hinein ergießen, sondern daß die Formen von der ihnen widerstreitenden, ungebärdigen Subjektivität mitkonstituiert werden. Verbindlich geraten sie nur, wo tradierte und dem Bewußtsein entfremdete Formobjektivität sich durchdringt mit kritischer Subjektivität, mit eben jenem Gehalt, welchen das Stilcliché der Romantik zuschreibt. Das romantische Moment ist selber im strikten Sinn ein Apriori von Klassizität. Wie die Entäußerung des Wilhelm Meister keine Gewalt hätte ohne die Gegenfigur der Mignon; wie die Hegelsche Phänomenologie das romantische Bewußtsein zugleich in sich trägt und an Schelling kritisiert, so verhält sich die große Musik zumal Beethovens. Das handgreiflichste, wenngleich nicht das bedeutendste Beispiel ist der erste Satz der als Mondscheinsonate berühmten cis-moll-Sonate. Er definiert den Charakter der späteren Chopinschen Nocturnes ein für allemal und läßt es damit sein Bewenden haben. Subtiler und sublimierter aber bleibt dies Moment dem gesamten Beethovenschen œuvre beigemischt. Es überlebt selbst im schroffen und unversöhnlichen Spätwerk. Wagnerianische Beethovenbiographen wie Ludwig Nohl haben Kurzformen, so der Cavatina aus dem großen B-Dur-Quartett, den Vorwurf nicht erspart, sie näherten sich dem romantischen Genrestück vom Schlage der Lieder ohne Worte. Sicherlich war das ein Mißverständnis des übereifrigen Partisanen. Unverkennbar aber bringt das Andante con moto quasi Allegretto des C-Dur-Quartetts op. 59, No. 3 an seiner charakteristischesten Stelle eine thematische Gestalt, die wie ein Schubertischer Einfall klingt; überhaupt sind die intimen Mittelsätze der Quartette – auch das Adagio des op. 74 – besonders reich an solchen Wendungen. Spezifisch romantisch wäre weiter die Lyrik von Klavierwerken wie dem ersten Satz der A-Dur-Sonate op. 101, selbst das Rondo der kleinen E-Dur-Sonate op. 90, verharrte sie selbstgenügsam bei sich selber; würde sie nicht in der subjektiv erzeugten Objektivität der Formtotale aufgehoben. Der Zyklus ›An die ferne Geliebte‹ durchmißt den Weg vom romantischen Lied zur Symphonie des Nachspiels.

Daraus folgt für die Deutung der neuen Musik als eines Gegenschlags gegen die Romantik ein sehr Wesentliches. Jene Deutung stutzt den Begriff des Klassischen zurecht, beraubt ihn eines entscheidenden Elements, um ihn für die polemische Antithese brauchbar zu machen. Das wohl erklärt, warum der musikalische Neoklassizismus im weitesten Sinn sich an die sogenannte Vorklassik – das Wort selber ist ein täppischer Notbehelf – anschloß und nicht an den Wiener Klassizismus. Von Anbeginn hatte jener Neoklassizismus eine anachronistische Farbe, die passieren mochte, solange sie selber sich polemisch und ironisch auslegte, die aber in dem Augenblick unerträglich wurde, in dem man im Ernst versuchte, eine Objektivität daraus herauszulesen, welche über das unabdingbare: über das geschichtlich emanzipierte Subjekt mit dem Gestus des Als ob frischfröhlich sich hinwegsetzte. Die letzthin rührend harmlos hantierte Stilmarke Neubarock sollte genügen, all das ins Licht zu rücken: die Spuren der Wilhelminischen Neugotik schrecken.

Umgekehrt aber versagt auch der Begriff musikalischer Romantik vor dem, was er meint. Einige der größten Instrumentalsätze des reifen Schubert – als unmittelbar einleuchtendes Beispiel sei das Andante der C-Dur-Symphonie genannt – könnten ebensogut klassisch heißen. Wiederum bezeugt das keine gelegentliche Berührung gleichwohl auseinander weisender Ideen von Musik, sondern wie sehr sie, auch als unterschiedene, durcheinander vermittelt sind. Daß in der an Schumann anschließenden Entwicklung die musikalische Romantik, gerade in ihrer spezifisch Schumannischen Richtung, zu dem wurde, was die neudeutsche Schule als Akademismus angriff, widerfuhr der Romantik nicht bloß von außen, ist auch kein Erstarrungsphänomen: heute steht auf des Messers Schneide, ob wirklich das Werk Brahmsens – ähnlich wie vielleicht die Malerei Ingres' – unter jenes Verdikt des Akademischen fällt, oder ob es vielmehr durch seine konstruktiv-objektiven Momente über die romantische Sphäre hinausweist, wie es die zentrale Rolle vermuten läßt, die Brahms für die innere Formation von Schönbergs Kompositionsweise, nach dessen Zeugnis, spielte. Bei Brahms ist die Anstrengung, Musik durch ihr eigenes Gefüge, die Dichte ihrer Formung zu objektivieren und nicht durch Transplantation ihr äußerlicher Kategorien, am weitesten fortgeschritten; die Modernität des lange vom approbierten Fortschritt als reaktionär Mißachteten enthüllt die Unzulänglichkeit des musikalischen Stilbegriffs. Durchweg gewinnt die ihren subjektiv-expressiven Impulsen nach romantische Musik Verbindlichkeit, skelettiert sich durchs Gerüst eines musikalischen Klassizismus, dem schon Schumanns Davidsbündler verpflichtet waren, als sie mit Mißverständnis sich Beethovener nannten, und der dann zur Wiederaufnahme und Steigerung des Beethovenschen Prinzips der durchbrochenen, motivisch-thematischen Arbeit bei Brahms führte. Hochromantische Musik hat notwendig den Aspekt des Klassischen in sich. Dann ist aber auch die neue Musik mit ihren objektiven Konstruktionsprinzipien nicht vom Himmel gefallen, nicht nur der willkürliche Gegenschlag zu einer Romantik, der sie viele ihrer eigenen Formprinzipien, bis zu dem der Reihe, selber verdankt.

Überdies ist der Begriff der Romantik, wie er sich in der Musik einbürgerte, viel zu unspezifisch und weit. Die Unstofflichkeit der Musik, welche eigentlich die krude Alternative romantisch oder realistisch vorweg verbietet, hat diesen Mißbrauch befördert: Musik erscheint als ein von der Dingwelt reines Reich der Seele, und sobald sie mit dieser Vorstellung einigermaßen zu vereinbaren ist, wird sie als romantisch gestempelt. Sehr vieles jedoch aus dem Gesamtumfang dessen, was dergestalt als Romantik geht, rechnet, genauer gehört, eher den Strömungen des unter der Hülle von Romantik selber heranreifenden antiromantischen, wenn man will, realistischen Geistes zu als der Romantik. Berlioz war der Gesinnung nach Byronianer, stilisierte sich als phantastischer Träumer: romantisch auch einem gewissen irrationalen musikalischen Gestus nach. Die Emanzipation des Orchesters jedoch, die er verfolgte, die beginnende Tendenz zur Technifizierung war antiromantisch. Auf dem neudeutschen Flügel der sogenannten romantischen Musik hat dieser Aspekt immer größere Gewalt angenommen. Das Wagnerische Gesamtkunstwerk, als Phantasmagorie romantischen Wesens, ist zugleich auch technologisch, selbst positivistisch. »Manche von Wagners kulturgläubigen und zivilisationsfeindlichen Gegnern ... machen ihm einen Vorwurf daraus, daß er, bei allem angeblichen ›Kampf gegen das neunzehnte Jahrhundert‹, dessen technische Errungenschaften bedenkenlos übernommen habe. Sie rechnen ihm die Bedeutung des ›Maschinenmeisters‹ in Bayreuth vor, und kämen gewiß zu weit bestürzenderen Ergebnissen, könnten sie Partitur lesen. Wagners Intention, die einzelnen Künste dem Gesamtkunstwerk einzuordnen, erzwingt mit der Organisation solcher Einheit eine Teilung des Arbeitsprozesses, die alles hinter sich läßt, was vor ihm Musik kannte. ›Die Wunde schließt der Speer nur, der sie schlug‹: das gilt zumindest für Wagners kompositorisches Verfahren. Gerade der sakrale Parsifal, der die filmähnliche Technik der Wandeldekoration verwendet, bezeichnet die Höhe solcher Dialektik: das magische Kunstwerk träumt sein vollkommenes Gegenbild, das mechanische.« 1 Bei Strauss vollends, bei dem das Kunstwerk sich rational organisiert als eine Totalität genau geplanter und kalkulierter Wirkungen, Effekte, scheiden sich romantisch-expressive Elemente – eher freilich neuromantischer Jugendstil, Romantik der Romantik, in sich selbst gebrochen – von durchaus antiromantischen. Dieser der neudeutschen Schule von je immanente Bruch verleiht dem Straussischen Werk sein Schockierendes und seine Dignität. Sogar das expressive Element, das schematisches Denken heute einfach mit dem romantischen zusammenwirft, hat in sich selbst eine Entwicklung erfahren, die es in Gegensatz zum älteren romantischen Ausdrucksideal rückt. Der Schumannsche Überschwang, das sich selbst als unendlich bestimmende, verströmende Subjekt wird gleichsam verdinglicht zu der psychologischen Person, deren einzelne Regungen – exemplarisch in der ›Elektra‹ – von der Musik registriert und gespiegelt werden. Jenes Moment des Ausdrucksprotokolls, das dann in der neuen Musik den endgültigen Umschlag bewirkte, rechnet schon zur Physiognomik Straussens; unter Stilkategorien, wie übrigens auch unter solchen des klanglichen Materials, sind die ›Elektra‹ und Schönbergs etwa gleichzeitige ›Erwartung‹ gar nicht so sehr weit voneinander. Eine Musikhistorie aber, die daraus jubelnd die Folgerung zöge, also sei eigentlich die ›Erwartung‹ keine neue Musik, wohl aber die gemäßigten, neoklassizistischen Produkte, hätte diesen Jubel schnell zu bereuen. Sie müßte das der materialen Entwicklung nach Fortgeschrittene gewaltsam in die Romantik zurückdatieren und sophistisch den bloßen Rückgriff aufs Vorvergangene als das Moderne einschmuggeln. Die kompositorische Entwicklung des letzten Jahrzehnts, welche Schluß machte mit der Gesinnungsklassizität und sich auf die konstruktive Behandlung des Materials konzentrierte, hat solchen ideologischen Versuchen den Bescheid erteilt.

Daß die sogenannte romantische Musik nur so unzulänglich unter die Kategorie des Romantischen sich subsumieren läßt, ist die immanente Rache dafür, daß alle romantische Ästhetik in entscheidenden Stücken am Modell der Musik gebildet ward. Aus der Musik einen Sektor des Romantischen triftig herauszugliedern, fällt so schwer, weil die Idee des Romantischen selber Musik insgesamt zum Vorbild sich wählte. An ihm gemessen hat alle Musik romantische Züge; von der romantischen Poetik her Bach nicht weniger als Beethoven; anders wäre Schumanns produktive Liebe zu Bach unbegreiflich. Nicht umsonst hat die Schopenhauersche Ästhetik des dritten Buchs der Welt als Wille und Vorstellung die Musik als höchste der Künste verherrlicht; nicht umsonst ist das Programm der Frühromantik, seit Tieck, der auf Wackenroder zurückging, musikhaft, Jean Paul ohne Musikideal undenkbar. Die romantische Konzeption des unmittelbaren, durch nichts Dinghaftes, Gegenständliches gehemmten Laut Werdens von Subjektivität war an der musikalischen Erfahrung der Generation um 1800 gewonnen; ihr verschwistert ist die des Transzendierenden, an keiner Einzelbestimmung starr Haftenden, Schwebenden; schließlich das Irrationalitätsideal selbst, das die Romantik dem achtzehnten Jahrhundert entgegenhielt. Wohl läßt sie nicht auf dergleichen Formeln sich abziehen, wie sie denn überhaupt, gleich allem geistig Substantiellen, der einfachen Definition sich versagt und nur als bestimmte Konfiguration einer Vielfalt von Momenten zu begreifen ist. Manches in ihr, so der Historismus, war primär antimusikalisch und drang seinerseits nur durch die geistesgeschichtliche Vermittlung der romantischen Gesamtbewegung in die Musik ein. Wenn aber, wahrhaft nun in der Spätromantik, Verlaine in der Art poétique »de la musique avant toute chose« verlangt, so trifft er retrospektiv bereits etwas, was keinem irgend romantischen Kunstwerk abgeht. Ist jedoch für die Stilidee der Romantik zentral eine Musikalisierung aller Kunst, dann läßt die Vorstellung romantischer Musik gegenüber anderer kaum als Stilklasse sich durchhalten. Die romantische Musik – obwohl selbst von der romantischen Gesamtbewegung wiederum tangiert – und die spezifische Idee Romantik sind insofern disparat, als jener Charakteristiken eignen, in denen das musikalische Material überhaupt vorweg mit Romantik übereinkommt. So der nicht eindeutig lokalisierte Klang, auf den kein Finger sich legen läßt, die Ungegenständlichkeit; zutiefst der Sachverhalt, daß in entfalteter Musik kein Ereignis je bloß es selber ist, sondern seinen Sinn empfängt aus dem Nichtgegenwärtigen, dem Vergangenen und Kommenden, das es selber wieder affiziert. Vor aller Spezifikation des Stils ist etwas an Musik, was dann die Romantik als ihr spezifisch reklamierte, ohne daß es an sich etwas zu tun hätte mit jener Auswahl, die ein jeder Stilbegriff befiehlt; und dies romantische Apriori der Musik kann keine wie immer auch fanatische Stilgesinnung ausrotten. Das Fragwürdige der heute freilich bereits vergehenden objektivistischen Bachmode läßt sich genau unter diesen Gesichtspunkt bringen: unter dem Vorwand, Bach zu entromantisieren, entmusikalisiert man ihn, versucht also, ihn jener Momente zu entäußern, ohne die kein sinnvoller musikalischer Zusammenhang sich zusammenfügt. Man unterwirft ihn der Norm eines Zähl- und Meßbaren, die durch das im buchstäblichen Sinn Ephemere, nur im eigenen Untergang sich Konstituierende der Musik hinfällig wird. Anders wäre wahrscheinlich schon jenes Glück nicht vorzustellen, das die mittelalterlichen Mönche empfunden haben müssen, die dem erklingenden Ton zum ersten Mal simultan seine Quint hinzufügten. Der reine Klang selbst bereits hat – und es ist ein großes Verdienst der seriellen Komponisten, das mit Nachdruck hervorgehoben zu haben – ein Moment des Zeitlichen, Dynamischen in sich, etwas von der Nicht-Identität der Identität, sagte die Philosophie, und wer im Namen transsubjektiven Seins glaubt, das ignorieren, Musik absolut verräumlichen zu können, wird Opfer ohnmächtiger Pseudomorphose.

Nach alldem stehen die mehr oder minder unreflektiert von der Kunst- und Literaturgeschichte bezogenen Stilkategorien nicht nur schief zur Musik, sondern sind mit ihr unvereinbar schlechthin. Daß die Künste nicht einfach zusammen die Kunst sind, sagt konkret, daß die Stilkategorien der einen Kunst der andern durchaus unangemessen sind. Darum haben bedeutende Musiker der Gegenwart wie Schönberg gegen den Begriff des Stils so heftig aufbegehrt und ihm den der ›Idee‹, der objektiv verbindlichen Wahrheit des je einzelnen Werkes entgegengesetzt. Man muß nicht nominalistisch die Augen zusperren gegen die Stileinheiten gewisser Epochen und wird doch dem zumindest gegenwärtig überanstrengten Begriff des musikalischen Stils seine Pause gönnen. Er lebt von der falschen, schlecht kontemplativen Distanz, einer Überschau, die auf Kosten der Beziehung zum Gegenstand geht. Meist taugt der Stilbegriff heute dazu, mit subalterner Arroganz von oben her, durch kulturhistorische Raisonnements, die den Wunsch nach Verbindlichkeit mit der geglückten der Sache verwechseln, Unbequemes abzufertigen. In neuerer Zeit verdankte die Musik, die, auch dem eigenen Bewußtsein nach, einem Stil am nächsten kam, die des reifen Wagner, diesen selber dem polemischen Willen, der Kritik an jenem historischen Synkretismus, den Wagner wie Nietzsche gleichzeitig dem neunzehnten Jahrhundert vorwarfen. Wagners Stil war, gleich dem Jugendstil, mit dem jener so viel gemein hat, Funktion einer Stillosigkeit, deren der abtrünnige Nietzsche ihn später denn auch bezichtigte: Stilwille ist damals wie heute der vollkommene Widerspruch zum Stil. Umgekehrt scheint Musik dort, wo sie sich ohne Stilisierungsabsichten, ohne gleichsam über ihre immanenten Gestaltungsprobleme hinauszuäugen, den Desideraten ihres geschichtlichen Materials vorbehaltlos überläßt, am ehesten etwas Stilähnliches, dem auch jetzt noch herrschenden Stilgemenge authentisch Enthobenes zu erlangen. Die drei ihrem Ton und Charakter nach so sehr verschiedenen Komponisten Schönberg, Berg und Webern teilen wirklich etwas dergleichen miteinander, obwohl sie den Gedanken daran verschmähten.

Das greift nun tief ein in die Idee der neuen Musik. Sie ist nicht länger als eine wie immer auch zu beschreibende klassizistische Welle nach einer Romantik zu interpretieren, die in sich selbst viel zu dialektisch ist, als daß sie zu solcher Antithesis die blanke Thesis hergäbe. Übrigens spricht die flüchtigste Besinnung auf die gleichzeitige, in nichts Entscheidendem klassizistische bildende Kunst gegen jenes in der Musikhistorie eingeschliffene Schema. Die Kritik daran begegnet sich mit der gesellschaftlichen Einsicht, daß die realen Voraussetzungen alles dessen, was man irgend mit Grund Klassizität nennen könnte, heute wie im neunzehnten Jahrhundert mangeln. Jeglicher klassizistische Stil bliebe kulturphilosophisch veranstaltet. Weder gibt es eine sinnvolle Ordnung der menschlichen Verhältnisse, die vom ästhetischen Subjekt so sehr als die seine erfahren werden könnte, daß sie substantiell, vor seiner Anstrengung, bestätigte, was ihm vor Augen steht. Noch ist ein höherer Bewußtseinsstand erreicht als jener subjektive, in dem die sogenannte romantische Musik entsprang: allenfalls ward hinter ihn regrediert. Die neue Kunst hat ihre Utopie nicht daran, solche Subjektivität zu verdrängen; eher kommt der Eifer der Selbstauslöschung der Regression zugute. In einem klassizistischen Stil heute wäre das Subjekt nicht positiv, als versöhntes aufgehoben, sondern zugunsten blinder und heteronomer kollektiver Mächte unterdrückt. Neue Klassizität empfinge nicht das Subjekt in sich, dessen eigene Sache sie wäre, sondern beschiede sich bei seiner abstrakten Negation, bei der bloßen Polemik gegen jenes Moment des Scheins am Subjekt, das freilich in der Gesamtentwicklung seit dem neunzehnten Jahrhundert immer offenbarer ward. Vielleicht ist es der Vorrang Strawinskys vor anderen musikalischen Neoklassizisten, daß er dies abstrakt-polemische Wesen des eigenen Stilideals als Ferment der Wirkung pointierte, anstatt zu unterstellen, der verbindliche Stil wäre jetzt und hier konkret zugegen. Darf in der Musik etwas romantisch heißen, dann ist es die Sehnsucht danach. Wem heute musikalisch ordo und Zunftwesen vorschwebt, der ist, bewußtlos, im Bann jenes Novalis, der in der Abhandlung über die Christenheit und Europa das Mittelalter verherrlichte; hörig dem, was Neoklassizisten am meisten verabscheuen. Nur freilich bringen sie den Novalis um seine Wahrheit, den Traum eines Nichtgegenwärtigen und Nichtrekonstruierbaren, den sie auf ihre verwaltete Erde herabziehen, gefrieren lassen im Bereich bloßer Vorfindlichkeit.

Auch zum neunzehnten Jahrhundert setzt die neue Musik nicht einfach den Kontrast. Ohnehin ist der summarische Eifer dazu verdächtig. Daß von vergangenen Phänomenen beteuert wird, sie seien veraltet und überholt, ohne Begründung aus der Sache, so als wäre der bloße abstrakte Zeitverlauf für geistige Entwicklungen verantwortlich, verrät stets fast ein Unerledigtes, vielfach ein Traumatisches. Das angestrengt betriebene Vergessen des neunzehnten Jahrhunderts will darüber täuschen, daß das Versprechen der Emanzipation der Menschen, das einmal in dem seit dem Vorfaschismus so übel beleumundeten Subjektivismus bis in hinfällige Regungen wie die Frauenemanzipation hinein sich meldete, nicht eingelöst wurde; man möchte heutzutage den unablässig denunzierten individualistischen Zustand im Geist, wie das fatale Wort lautet, deshalb überwinden, weil seine realen Voraussetzungen, der Interessenantagonismus zwischen den einander entfremdeten und zugleich aneinander geketteten Individuen fortdauert, während sie es umgekehrt zur Individuation unter dem herrschenden Druck nicht mehr recht bringen und gar zu gern die Schwäche dazu als Tugend verbuchten. Unter den hochtönenden Proklamationen neuer Ordnung und Bindung, die im Geist fällig sei, verbirgt sich die Rechtfertigung verzweifelter Schwäche. Mit Überwindung rationalisiert man die Verdrängung. Was gegenüber dem neunzehnten Jahrhundert sich änderte, läßt nicht als ein veränderter Stil des Denkens oder Fühlens sich deuten, der nun auch veränderten geistigen Ausdruck erheischt, sondern legitimiert sich allein durch Kritik an der Sache, an der vergangenen Ideologie, wofern der Gedanke nicht beflissen vorm angeblichen Zeitgeist sich verbeugen will. Abzustoßen wäre nicht von der Überkompliziertheit und Zerfasertheit der sogenannten spätromantischen Musik, die nur plumpen Ohren so klingt. Der Korrektur bedürfen vielmehr immanente Unzulänglichkeiten wie die, daß bei Brahms das Konstruktionsprinzip das Material der Musik eigentlich unberührt ließ, so daß beide Momente auseinanderklaffen; oder daß vielfach dort, wo das Material revolutioniert ward, die Verfahrungsweisen dem nicht voll Rechnung tragen, sondern gegenüber dem hochdifferenzierten Material so primitiv bleiben, wie etwa die Wagnerische Sequenztechnik gegenüber seinen harmonischen und instrumentalen Entdeckungen. Mit anderen Worten, wenn die neue Musik aus technischen Problemen des späteren neunzehnten Jahrhunderts aufstieg, so ist sie zugleich auch die Antwort auf Fragen, die dort keine fanden. Gewiß hat all das seinen übertechnischen Gehalt. Die subjektivistische Position der sogenannten romantischen Musik wurde insofern als Schein durchsichtig, als noch hinter jener Einsamkeit, die der Gesinnungsromantiker Pfitzner im ›Palestrina‹ das Innerste der Welt nannte, Objektivität waltet: das Individuationsprinzip selbst ist auch ein gesellschaftliches. Aber die Bewegung über diesen Schein hinaus vollzieht sich nicht durch einen Wechsel der Gesinnung und der künstlerischen Gebärde. In der künstlerischen Realisierung ist auszutragen, was im neunzehnten und früheren zwanzigsten Jahrhundert, unterm Druck der Tradition, nicht ausgetragen wurde. Dies Unausgetragene war das Scheinhafte, Schmückende, der Überschuß sinnlicher Effekte über ihre konstruktive Rechtfertigung; das, wofür inmitten des neunzehnten Jahrhunderts kein anderer als Wagner die schlagende Formel von der Wirkung ohne Ursache gefunden hatte. Demgegenüber kehrt sicherlich alle qualitativ neue Musik ein ikonoklastisches, antiromantisches Moment hervor. Die Reduktion auf das von der Konstruktion her Notwendige, die Beseitigung des aufgebläht Zusätzlichen, selbst ein Aspekt polemischer Primitivität ist an ihr nicht zu durchstreichen. Aber sie konnte so wenig darin häuslich sich einrichten, ihre Primitivität hüten wie der Fauvismus in der Malerei. Sie mußte das vermeintlich Elementare selbst als ein Vermitteltes, als Ausdrucksträger und als Bedingung jener neuen Konstruktion bestimmen, deren es zugleich bedurfte. Durch ihre eigene Logik ist sie über eben die Primitivität hinausgetrieben worden, welche das Cliché vom Gegensatz zum neunzehnten Jahrhundert konservieren möchte. Der Unterschied zwischen polemisch reduzierter Musik wie Schönbergs ersten atonalen Klavierstücken, op. 11, und der selbstgefälligen Versimpelung neoklassischer Gebilde wie des ›Apollon Musagète‹ oder der Klavierserenade von Strawinsky ist einer ums Ganze; nämlich ob der Reduktionsvorgang in sich die einmal gewonnene Differenziertheit, indem er sie temporär aufhebt, zugleich bewahrt, oder ob buchstäblich, positiv arme, leere, vorindividualistische Stile, deren der Geist mit Recht sich geschämt hatte, als neu proklamiert werden, weil sie jene Scham verletzen. Kein Zufall, daß die Emanzipation der neuen Musik mit der Psychoanalyse zeitlich zusammenfiel, einer Theorie, in der der schmerzhafte Konflikt mit den Eltern und die Ablösung von ihnen ins Bewußtsein fand. Aber künstlerisch so wenig wie psychologisch wird der Ablösungsprozeß dadurch geleistet, daß man das Gedächtnis an die Eltern verdrängt und sich zu den guten Großeltern flüchtet wie ein Kind. Musikalisch wäre das kaum minder infantil als in der Realität. Die neue Musik hat, als Widerspruch zur spätromantischen, als Aufgabe doch geerbt, was in dieser selber sich auskristallisierte: einen Bewußtseinsstand, der auf keinen objektiv gültigen Formenkanon mehr sich verlassen kann und aus sich selbst, aus der eigenen Schwerkraft, aus den eigenen Gesetzen von Subjektivität heraus sich objektivieren muß. Jeder andere, und das will sagen, jeder stilistische Versuch zur musikalischen Objektivierung wäre hoffnungslos, Opfer genau der Willkür, deren man jene bezichtigt, über die man sich hinaus wähnt.

Das Verhältnis neuer Musik zu den überlieferten Stilbegriffen Klassik und Romantik ändert sich prinzipiell mit der Revision, deren jene Stilbegriffe selbst bedürfen. An beiden hat die neue Musik teil als an dem, was ihr voraufging, aber nicht dadurch, daß sie unmittelbar darauf rekurriert, es nachahmt, weil es gut wäre, etwas zu haben wie umhegenden Stil, sondern nur, indem sie in der Besinnung auf sich selbst und in ihren eigenen spezifischen Bedingungen die latente Kraft entbindet, die jene Stile in sich aufgespeichert haben. Ohnehin haben sie die Versöhnung der künstlerischen Elemente niemals erreicht, die insgeheim als Ideal integralen Komponierens seit Beginn der Neuzeit gemeint war. Was hinüber zu retten wäre von dem, was dem Sprachgebrauch für musikalische Klassik gilt, ist nicht der vorklassische Habitus mit seiner scheinhaft architektonischen Symmetrie und Ornamentik. Wie einer solchen Ordnung die Gemeinde fehlt, so fehlt ein musikalisches Material und ein Formenkanon, der sie trüge. Als ein dem Subjekt Fremdes, Äußerliches, Repressives wäre nicht sie zu wünschen sondern ihr Gegenteil. Unverloren aber ist das Postulat einer durchs Subjekt selbst hindurchgehenden, durch es vermittelten und es wiederum in sich empfangenden Objektivität, dem der Wiener Klassizismus zu genügen hoffte. Was die großen Komponisten der Wiener Schule von Haydn bis Schubert wollten, eine Musik, die ganz und gar in sich gefügt, ganz richtig, ganz verbindlich und doch in jedem Augenblick Subjekt, eigentlich befreite Menschheit ist, hat bis heute noch nicht seine Stimme finden können. Dennoch bleibt sie aufgegeben als Vorwegnahme des Bildes einer Gesellschaft, in der wahrhaft das Gesamtinteresse mit dem aller Einzelnen koinzidierte, in der es keine Gewalt und Unterdrückung mehr gäbe.

Andererseits aber tritt jene Idee der neuen Musik dadurch, daß die reale Versöhnung immer weiter entrückt, immer utopischer sich darstellt, in entschiedenen Gegensatz zu allem Affirmativen, positiv Verklärenden, geistige Ordnung als hier und jetzt verbindlich Unterstellenden. Sie ist durchfurcht von dem Schmerz und der Negativität, die das Cliché der Romantik zuschiebt. Daß die neue Musik an die Wunde rührt, anstatt das Daseiende zu bejahen, trägt ihr den verbissenen Haß ein, der sich sophistisch darauf beruft, in ihren im wörtlichen und übertragenen Sinn dissonanten Momenten, im ohrenfällig Modernen, sei sie überholt und veraltet; ein Vorwurf, der freilich selbst von einer mächtigen realen Tendenz gedeckt wird, der der gewalttätigen Integration, die dem, was sich nicht einfügt, mehr stets Lebensrecht und Stimme abschneidet. Insofern ist in der neuen Musik als ihr unbeirrbarer Impuls jenes Romantische lebendig, das die Stiltheoretiker für tot erklären. Sie muß an jener perennierenden Situation sich messen, anstatt sie fortzudekretieren. Das historische Material, mit dem sie zu rechnen hat, die zwölf einander gleichwertigen und für jegliche Kombination verfügbaren Halbtöne, resultierte aus dem Differenzierungsprozeß, der unter der sogenannten Romantik als Chromatisierung sich zutrug. Dies Ergebnis ist nicht zurückzudrehen; keine, etwa mit Kirchentönen versetzte neue Tonalität wäre möglich, jede verordnete Musiksprache hätte etwas Fiktives, nichts anderes als die nackten zwölf Töne sind der Musik gelassen. Aber diese selber sind doch nicht jenseits des Prozesses, der ihre Emanzipation erwirkte: er hat in ihnen seine Spur hinterlassen und treibt weiter. Was mit den zwölf Tönen geschieht, hat immer noch etwas von jenen Spannungsverhältnissen, die die romantische Chromatik einmal trug. Ob avancierte Musik mehr ist als Bastelei, entscheidet sich danach, ob sie diese Spannungsverhältnisse radikaler ausformt denn das neunzehnte Jahrhundert. Zugleich jedoch hat der historische Prozeß gerade gegen das Unartikulierte der damaligen Chromatik, das Einerlei der kleinsten Schritte eine spezifische Empfindlichkeit erzeugt. Der Intervallreichtum gut verwendbarer Zwölftonreihen, im Gegensatz zur chromatischen Skala als der ›Reihe‹ des Tristan, ist vielleicht der wichtigste aus dem romantischen Material selbst erwachsene Unterschied von diesem. Erst die fortschreitende Verfeinerung des Intervallbewußtseins hat über das romantische Chroma hinausgeführt; aber nicht zur Restauration der Diatonik, sondern zu einem Ausstufen, Selbständigwerden der zwölf Töne kraft des ganzen Reichtums der zwischen ihnen möglichen Intervallbeziehungen. Wie in dieser Grundschicht des Komponierens, so hat insgesamt die musikalische Romantik eine Sensibilität, Beweglichkeit und Komplexität gezeitigt, eine Freiheit und Ungebundenheit des Hörens, an der das Glücksversprechen allen Komponierens seitdem haftet und die ungeschmälert bleiben muß, soll der Drang zur Objektivierung der emanzipierten Musik nicht leerlaufen oder enden im Obskurantismus. Nur wo all jenes Differenzierte dem Formprinzip zugleich widerstrebt, das sein eigenes Wesen herbeizitiert; nur wo das Komplexe, um sich selber rein darzustellen, der konstruktiven Artikulation wahrhaft bedarf; nur wo die Dynamik so gekräftigt ist, daß sie, um Dynamik überhaupt zu bleiben, ein Festes sich gegenüber haben muß, das doch wiederum nur sie selber ist – nur unter all diesen von oberflächlicher Ansicht der Romantik zugerechneten Bedingungen ist es sinnvoll und keine überflüssige Anstrengung, Musik zu objektivieren.

Romantik ist von der neuen Musik nicht einfach abzustoßen: so mochte es im Augenblick des Umschlags flüchtig scheinen, nicht länger aber heute, da in der neuen Qualität längst wieder das Alte sichtbar geworden ist, das sie in sich verkapselte. Soweit die neue Musik zur romantischen in Antithese steht, will sie diese zu sich selber bringen. Vor allem also: das Subjekt vollends entfesseln, das durch die bürgerlichen Kontrollen des romantischen Komponierens, bis in Strauss hinein, noch im Ausdruck des Leidens von Ausdruckskonventionen behindert, dessen Musiksprache bis in die jüngste Vergangenheit mit heterogenen Residuen durchsetzt war. Was wahr ist an der Sachlichkeit der neuen Musik, der Widerstand gegen den Schein, ist Widerstand gegen solchen Konventionalismus. Er steht eher dem Subjekt bei, als daß er es, wie es manchen paßte, aus sich ausschlösse. Das emanzipierte ästhetische Subjekt ist dadurch, daß die Musik es beim Namen nennt, also unvermittelt ausdrückt, zu seiner eigenen Objektivität zu steigern, aus sich selbst heraus, im Aussprechen dessen, was es in Wahrheit ist. Dazu bedarf es keiner Mäßigung der Romantik durchs Einverständnis, sondern der ihrer selbst mächtigen Steigerung derjenigen ihrer Impulse, die vom mittleren bürgerlichen Maß tabuiert wurden.

Schwer ist es, nach all dem den arg kompromittierten Begriff einer Synthese fortzuweisen, die für die neue Musik, dem klassizistischen wie dem romantischen Erbe gegenüber, an der Zeit sei. Nimmt man aber das glättende und beruhigende Wort, das vorweg verleugnet, was eigentlich die neue Musik inspiriert, einmal auf, dann nur in dem dialektischen Sinn, daß Romantik in sich selbst, als zu ihrem Potential, ihrer integralen Gestalt, zur Klassik vermittelt sei; nicht von außen her mit dieser zu verbinden. Nichts ist zu erwarten von einem Zusammenbiegen der Stile, wie es versatilen Komponisten, auch berühmten unter ihnen, behagte. Versöhnbar wären Klassik und Romantik, wenn überhaupt, einzig durch ihre Extreme hindurch. Aber selbst dabei behält die Idee einer Synthese ihr Abstoßendes, die Hoffnung, es möchte in der Kunst zur Einheit und zur Ruhe kommen, was in der Realitat seine Stunde versäumte. Musik, welche Versöhnung meint, ist am empfindlichsten gegen deren Schein: das zeigen die Artistennerven an, wenn sie Kitsch registrieren. Erheischt wäre nicht das Friedliche über den Gegensätzen sondern die reine, kompromißlose Darstellung des absoluten Gegensatzes selber.

 
Fußnoten

 

1 Theodor W. Adorno, Versuch über Wagner, Berlin, Frankfurt a.M. 1952, S. 138f. [GS 13, s. S. 104].

 

 

Die Funktion des Kontrapunkts in der neuen Musik

Für Rudolf Kolisch

in treuer Freundschaft

 

Wie das spekulative Auge zusammensieht,

so hört das spekulative Ohr zusammen.

 

Kierkegaard, Entweder/Oder I

 

Die Wahl eines kunsttechnischen, dem Ansatz nach handwerklichen Gegenstandes an Stelle eines geradeswegs philosophischästhetischen ist selber Ausdruck einer philosophischen Intention. Arnold Schönberg, dessen Werk den eigentlichen Schauplatz des ›funktionellen Kontrapunkts‹ abgibt, der seiner Deutung noch harrt, hat in seinem Buch über Harmonielehre diese, als eine Handwerkslehre, von der Ästhetik kategorisch unterschieden. Das war möglich, weil jenes Buch eine wie immer auch neue und produktive Darstellung der traditionellen tonalen Harmonik bot. Er setzte deren Kenntnis fürs Komponieren ähnlich voraus, wie ein Maler das Aktzeichnen verlangt. Aber für die aktuelle kompositorische Praxis konnte sie so wenig normative Ansprüche erheben wie die treue Wiedergabe der menschlichen Anatomie für das gegenwärtige Malen. Durch seinen retrospektiven Charakter unterschied sein Lehrbuch sich von einem ästhetischen Traktat. Es hatte alles Interesse daran, das zu unterstreichen. Denn die Entwicklung der kompositorischen Produktivkräfte und des geschichtlichen Materials des Komponierens hatte zu jener Zeit – der des Kubismus – nicht nur die überkommene tonale Harmonik überholt, sondern auch eine Ästhetik, welche bis dahin unbedenklich die geschichtlich bedingten tonalen Verfahrungsweisen als mehr oder minder invariante Gesetze aufrichtete. Fünfzig Jahre später erlaubt die kompositorische Situation nicht länger der Theorie die von Schönberg aus dem spontanen künstlerischen Bedürfnis verlangte Trennung von Handwerk und Ästhetik. Einerseits neigen heute gerade die entschiedenen und fortgeschrittenen jüngeren Komponisten dazu, ihre technischen Probleme, vor allem also die Fragen des musikalischen Materials und seiner Durchorganisation, normativ zu wenden, als künstlerischen Zweck zu behandeln, ästhetische Kriterien umstandslos durch technologische zu ersetzen. Andererseits ist unterdessen die philosophische Ästhetik noch weiter hinter der künstlerischen Praxis zurückgeblieben als zur Epoche Debussys, der ohne die Lehren des Impressionismus wie des Symbolismus nicht vorzustellen wäre. Darum ist das Verhältnis von musikalischer Ästhetik und musikalischem Handwerk erneut zu durchdenken. Weder wäre es legitim, etwa mit dem Anspruch von Ontologie eine Ästhetik von oben her zu entwerfen, die sich nicht kümmerte um die Bewegungsgesetze des künstlerischen Materials und die konkreten Gebilde, in denen einzig jene Gesetze sich kristallisieren. Noch würde genügen, was technisch der Fall ist, gewissermaßen positivistisch zu verzeichnen und einordnend mit einer Theorie hinterherzulaufen, die den Begriff ihrer eigenen Sache verliert, sobald sie deren Wahrheit oder Falschheit nicht mehr begreift. Nur der Banause hält in Schubfächern technische Immanenz und ästhetische Betrachtung von Musik auseinander; nur der sture Bastler oder der unentwegte Idealist verwechselt beides. So wenig wie sachfremdes Drauflosdenken hier und beflissene Handwerkerei dort wird aber auch ein Mittleres zwischen beiden ausreichen. Der Feinsinnige zumal, der von außen mit Geschmack an die Werke herangeht, sich in sie ohne Widerstand der Erkenntnis einfühlt und doch niemals ihrer Disziplin sich unterwirft, ist nicht umsonst gerade den Künstlern verhaßt. Wie gesellschaftlich seine Zeit – Prototypen waren Sammler und Amateur – unwiederbringlich dahin ist, so auch der Sache nach. Nicht der Ausgleich zwischen den Extremen des Innen und Außen zum Kunstwerk wird diesem, als einem zugleich Technischen und Geistigen, gerecht, sondern die Vermittlung kann einzig durch die Extreme hindurch geraten. Der theoretische Gedanke muß in die blindesten Stellen der Monaden, welche die Kunstwerke sind, in ihre geistferne Komplexion dringen und gleichwohl seiner als Geist mächtig bleiben. Der Ort der Philosophie der Kunst sind deren technologische Kraftfelder: die Spannungen, die jedes Kunstwerk objektiv in sich verschließt, sind zugleich das Medium seiner Wahrheit und damit der philosophischen Interpretation.

Triftige musikalische Ästhetik hätte zu entwickeln, wie der geistige Gehalt eines Kunstwerks – das, was in der Sprache der traditionellen Philosophie künstlerische Idee hieß – sich konstituiert im Leben seiner aneinander sich abarbeitenden und in Konstellation tretenden Elemente. Als Modell dafür die Dimension des Kontrapunkts, also der gleichzeitigen Führung und Fügung relativ selbständiger Stimmen auszusuchen, mag befremden. Denn die neue Musik hat es ihrer objektiven Tendenz nach seit Schönberg auf Durchkonstruktion, auf integrale Gestalt abgesehen. Daher beläßt sie den einzelnen Materialdimensionen, wie Harmonik, Kontrapunkt, Form, Farbe nicht länger jene Unabhängigkeit voneinander, welche ihnen die traditionellen Fächer der musikalischen Schuldisziplin zuwiesen. Sie trachtet, alle diese Dimensionen, vor allem aber Horizontale und Vertikale, zu vereinheitlichen, womöglich aus einem identischen Kern abzuleiten. Der Zug dazu beschränkt sich keineswegs auf die Schönbergische Zwölftontechnik und die von dieser herstammenden Bestrebungen zu einer seriellen, auch die Zeit in die totale Organisation einbeziehenden Gestaltung. Zumindest das Bewußtsein der Unzulänglichkeit der alten, säuberlich voneinander gesonderten Kategorien ist heute allgemein. Auch Hindemith, der innerhalb der neuen Musik zum äußersten konservativen Flügel rechnet, hat in der ›Unterweisung im Tonsatz‹ die alten Teilungen vermieden und stattdessen mit übergeordneten Kategorien wie Stufengang und Gefälle operiert. So genuin aber das Bedürfnis nach einer Musiktheorie ist, die dem Gefüge der Werke als ganzem gerecht wird und es nicht aus Melos, Harmonik, Kontrapunkt, Rhythmus, Instrumentation und Form zusammenaddiert, so sehr wird die unartikulierte Vereinheitlichung mit schlechter Vereinfachung erkauft. Die Aufgabe, das in Musik latente Kräftespiel zum Bewußtsein zu erheben, bezieht sich gerade auf das Verhältnis jener Dimensionen zueinander. Synthesis ist kein bloßes auf eine gemeinsame Formel Bringen – sie dazu zu degradieren, ist eines der Verhängnisse der gegenwärtigen Praxis –, sondern hat ihre Substantialität einzig daran, daß Widersprüche und Gegensätze, die zwischen verschiedenen Bereichen oder Schichten der Musik walten, ausgetragen werden. Überhaupt sollte der Begriff des musikalischen Materials in der ›Philosophie der neuen Musik‹ kein Naturmaterial umreißen, keine physikalisch und technologisch schlechterdings und zeitlos verfügbaren Möglichkeiten, sondern war durchaus vermittelt gedacht: in jeglichem musikalischen Material steckt die gesamte musikalische Geschichte, schließlich die ganze Gesellschaft. Die einfachste Besinnung lehrt, daß historisch Vertikale und Horizontale auseinander wiesen, daß das gleichzeitig und das nacheinander Erklingende nicht identisch, daß beides nicht nach den gleichen Gesetzen organisiert war, wie eng sie sich auch in bedeutenden Werken verbinden mochten, und dem war die Unterscheidung von Harmonik und Kontrapunkt angemessen. Zu glauben, es wäre damit getan, daß man Melodien zu Harmonien zusammenklappt oder Harmonien in Melodien auseinanderfaltet, wäre mechanistisch und reduzierte das Zwölftonverfahren auf ein vorkünstlerisches, abstraktes Ordnungsschema. Erkenntnis der Funktion des Kontrapunkts als der kompositorischen Schicht, in der Vertikale und Horizontale aufs innigste sich durchdringen, mag helfen, der Flachheit solcher Deutungen und solchen Komponierens entgegenzuwirken. Dabei ist vielleicht nach einer von Heinrich Jalowetz angeregten Terminologie zwischen Polyphonie und Kontrapunkt zu unterscheiden, wenn auch nicht ganz ohne Willkür. Polyphonie soll das Verhältnis mehrerer voneinander unabhängiger und nach Gewicht und melodischer Profiliertheit einigermaßen gleichgestellter Stimmen heißen, Kontrapunkt die Verfahrungsweise, welche einer oder mehreren Hauptstimmen eine oder mehrere ebenfalls selbständige, aber ihnen gegenüber doch sekundäre, dem Rang nach abgestufte Stimmen hinzufügt. Der zweite Typus, mittelalterlichen Ursprungs wie der erste, ist darum für die gegenwärtige Praxis wesentlicher, weil er die Monodie, wie sie seit dem Beginn des harmonischen Zeitalters, also seit etwa vierhundert Jahren herrscht, das Prinzip einer begleiteten Hauptmelodie, in sich aufbewahrt, anstatt es einfach einer älteren Praxis zu opfern. Grob könnte man sagen, das kontrapunktische Verfahren halte inmitten real auskomponierter Mehrstimmigkeit die Idee der liedhaften Melodie und damit eines autonomen Subjekts fest, unterdrücke es nicht durchs Wunschbild vorbürgerlicher Kollektivität.

Daß, neben der Emanzipation der Harmonik vom Schema und komplementär dazu, die kontrapunktische Gestaltung die im prägnanten Sinn Neue Musik von der vorhergehenden abhebt, etwa so wie die neue Malerei vom Vorrang des Konstruktionsprinzips her datiert, ist unbestritten und gilt für alle verantwortlichen Träger der neuen Musikbewegung, allenfalls mit der Ausnahme Strawinskys. In seinen Frühwerken fehlt eigentlich polyphone Gestaltung; später tritt sie nur intermittierend auf. Seine bis vor kurzem offizielle Trennung von der neuen Musik rührt vielleicht im tiefsten von seinem Mangel an kontrapunktischem Geist her: darin ist er, was er am letzten sein möchte, neunzehntes Jahrhundert. Aber die bisherigen Erklärungen der neuen Tendenz zur Kontrapunktik sind ganz unzulänglich. Besserer bedürfte es um so dringender, als die alten Voraussetzungen kontrapunktischen Verfahrens, eine in sich relativ homogene, statische und geschlossene Gesellschaft, die sich im vielstimmigen Gesang repräsentiert und diszipliniert, am Ende des bürgerlichen Zeitalters so wenig gelten wie zu dessen Beginn. Das Subjekt, das einsam und offen der Idee einer in sich runden und geschlossenen Vielheit sich entgegensetzte, ist stets noch geschichtsphilosophisch der Bezugspunkt allen Produzierens: kein kontrapunktischer Kosmos wäre heute das Echo eines sozialen, und sobald sogenannte Belebungen der Polyphonie darauf abzielen, wird diese nichtig; ohnmächtig und gewaltsam in eins. Die zeitgenössische Evolution des kontrapunktischen Geistes bietet das Paradoxon einer Vielstimmigkeit ohne Gemeinde.

Anstatt dem sich zu stellen, hat man, wofern man nicht seinen bescheidenen Stolz in die Beteuerung vom Wiedererwachen jenes polyphonen Geistes setzte, eine bloße Konstatierung, welche die Frage einzig aufschiebt, historische Ableitungen gegeben. Unter ihnen ist die bekannteste, wohl auch gewichtigste, die aus der motivisch-thematischen Arbeit. In den Durchführungspartien der prinzipiell homophonen Werke des Wiener Klassizismus, dort, wo eigentlich thematisches Material ›verarbeitet‹ wird, wo in der Musik etwas geschieht, wo sie nicht bloß Teile aneinanderreiht, sondern sie und das Ganze dialektisch erzeugt, griff man auf die mehrstimmige Behandlung sogenannter thematischer Modelle zurück, wie sie nach langer Vorgeschichte die reife Fugenform beherrschte. Darin allein ist das rasch verschüttete Bachische Erbe dem Wiener Klassizismus zugute gekommen. Als, etwa in Brahms, bei steigender Differenzierung des Kompositionsverfahrens die Kunst der thematischen Arbeit von der Durchführung über den ganzen Satz sich ausdehnte, begann auch die Kontrapunktik stärker sich zu regen. Brahms beschäftigte sich, mehr oder minder außerhalb seiner eigentlichen Produktion, mit kontrapunktischen Aufgaben. Hinzu kam freilich ein der sogenannten durchbrochenen Arbeit genau Entgegengesetztes; die Entwicklung jener Materialschicht, durch welche seit dem siebzehnten Jahrhundert die Kontrapunktik verdrängt worden war, der Harmonik. Je mehr diese von dem Schema des Dreiklangs oder, allgemeiner, der übereinander geschichteten Terzen sich löste; je mehr gleichzeitig erklingende Töne die Akkorde brachten und vor allem, in je höherem Grad innerhalb des Akkordes jeder einzelne Ton als selbständiges Teilmoment sich behaupten konnte, anstatt in dem Ganzen der homogenen Klänge zu verschwinden, die mit den einfachsten Obertonkombinationen haushalten, um so polyphoner sind gleichsam die Akkorde in sich selbst geworden. Mit dem dissonanten Charakter der Harmonik wuchs auch die Spannung im je einzelnen Klang; keiner ruht mehr in sich wie die alte Konsonanz, die ›Auflösung‹; jeder Klang scheint bereits in sich kräftegeladen, weist über sich hinaus, und jeder der in ihm enthaltenen distinkten Einzeltöne erheischt für sich eine selbständige ›melodische‹ Fortsetzung, anstatt daß ein verschmolzener Gesamtklang an den andern sich reihte. Diese Emanzipation der Einzeltöne von ihrem Akkord war es wohl, worauf einmal Schönbergs Rede vom Triebleben der Klänge ging.

Im übrigen muß man gar nicht die harmonischen Emanzipationstendenzen von der Spätphase her verfolgen, um der inmitten des Generalbaß-Denkens heranreifenden Gegenkräfte gewahr zu werden. Je mehr gerade auf dem konservativen Flügel im späteren neunzehnten Jahrhundert, bei Brahms also, der harmonische Verlauf, anstelle eines bloßen leitton- und dominanthaften Gleitens, sich zum energischen Fortschreiten voneinander unterschiedener und gegeneinander ausgewogener Stufen gefestigt hatte, um so mehr gewannen die Fundamentstimmen – schlicht gesagt der Baß – eine gewisse Selbständigkeit, Ausgeprägtheit, den Zug von ›Melodie‹. Brillenbässe und ihresgleichen werden tabu. Weit vorwärtsgetrieben ist die Tendenz schon in einem Frühwerk von Schönberg wie dem Ersten Quartett, wo der begleitende Baß zum Hauptthema, um es harmonisch mit Nachdruck zu stützen, selbst so profiliert geführt ist, daß er unwillkürlich zum Kontrapunkt sich verdichtet und dann auch als solcher, als selbständiges Gegenthema, im ganzen Werk seine große Rolle spielt. Eine solche Profilierung dessen, was früher gleichgültig, mehr oder minder unbemerkt war, verlangt nun aber auch wieder ihrerseits stärkere Profilierung alles dessen, was gleichzeitig sich abspielt, damit kein Mißverhältnis zwischen der Relevanz der gleichzeitig auftretenden Stimmen sich herstellt. Allgemein tangiert jede Verselbständigung und Intensivierung eines musikalischen Mittels alle anderen, damit zwischen ihnen jenes Gleichgewicht, jene Homöostase sich bildet, die der späte Schönberg einmal als das in jeder Komposition aufs neue zu erreichende Ziel definierte. Wenn also etwa die vieltönigen, komplexen, in sich artikulierten Einzelklänge aus sich heraus artikulierte Stimmen entlassen, so bedürfen umgekehrt die Akkorde zu ihrer eigenen Rechtfertigung auch konsequenter Stimmführung, als deren Resultat sie sich logisch hören lassen. In einem nach platt herkömmlicher Anschauung Wagnerischen Jugendwerk von Schönberg, den ›Gurreliedern‹, sind im Geisterchor des dritten Teiles die Dissonanzen derart in den tonalen Fluß hineingezogen, daß die einzelnen Stimmen wie unwillkürlich in jene Klänge münden. Seit der Frühzeit der neuen Musik reiben sich Harmonik und Polyphonie aneinander, und das eine Element steigert sich kraft der Forderungen des anderen.

Die Bestimmung des neuen kontrapunktischen Denkens als eines vom Verhältnis der kompositorischen Momente zueinander geforderten reicht bis in handfest praktische Faustregeln des Komponierens hinein. So fügte Richard Strauss in seiner Bearbeitung der Berlioz'schen Instrumentationslehre die Bemerkung hinzu, es sei die Entbindung der farblichen Kräfte des Orchesters, der Straussens oberstes Interesse galt, überhaupt nur bei sinnvoller Polyphonie möglich, wie er sie, mit relativem Recht gegenüber dem Wiener Klassizismus, bei Richard Wagner konstatierte. Jedes Instrument, jede Instrumentengruppe muß etwas musikalisch Ausschwingendes, eine wirkliche ›Stimme‹ und nicht, außer der Melodie, bloße Fundament- oder Füllnoten zu spielen haben, damit es zum Klingen komme. Selbst die späteste Errungenschaft der traditionellen Musik, die Emanzipation der Farbwerte, kann sich realisieren nur bei frei im Tonraum sich entfaltender Behandlung der Simultanstimmen. Sie bedarf damit des Kontrapunkts, wie sehr im übrigen dieser auch noch durch die Beziehung auf ein prinzipiell tonal-harmonisches Bezugsschema gefesselt und daher bloß ornamental sein mag. Man begegnet einem verwandten Moment bei Schönberg. Je komplexer das Komponieren von seinen eigenen Impulsen, von innen her sich anläßt, um so dringlicher wird, als Korrektiv, die Forderung kompositorischer Deutlichkeit. Soweit die abendländische ästhetische Erfahrung reicht, ist es dem Kunstwerk wesentlich, daß, was in seinem geistigen Kern sich zuträgt, auch zur Erscheinung finde. Schönberg hat die Forderung der kompositorischen wie der interpretativen Deutlichkeit stets aufs nachdrücklichste bewährt; sie gehörte zu seinen entschiedensten Kriterien und in ihr besteht, nebenbei gesagt, jene Affinität seiner Schule zu Mahler, deren Behauptung den Neuling, der sich an die Unterschiede der Klangfassade hält, so sehr befremdet. Der kompositorische Drang Schönbergs richtete sich nicht, wie der so vieler seiner jüngeren Zeitgenossen, auf die bloße Herstellung einer sinnfälligen Einheit auf Kosten der im späten neunzehnten und frühen zwanzigsten Jahrhundert vorwaltenden Differenziertheit. Ihn leitete vielmehr von Anbeginn das unbewußte Wissen, daß eben im Kunstwerk die Einheit substantiell ist nur als sich entringende; wenn sie nicht stur, widerstandslos, wie etwa in der motorischen Musik sich selber setzt und leerläuft. Die unbeschreibliche Anspannung der musikalischen Kräfte im œuvre Schönbergs und seiner engeren Schule rührt daher, daß bei ihnen die Organisation der Werke bei deren vollkommener konstruktiver Einheit zugleich alle Nuancen und Kontraste der wie mit der Welt so mit sich selber entzweiten Seele in sich birgt; daß dies Erbe des heute allzu billig verfemten Subjektivismus in ihr im Hegelschen Doppelsinn aufgehoben wird, nicht abstrakt negiert. Während alle Momente zur integralen Einheit sich durchdringen, bleiben sie gleichwohl voneinander unterschieden, und erst durch die Funktion, die ein jegliches von ihnen ausübt und mit der es die anderen affiziert, wird die Einheit gestiftet. Sie ist eine in den Gegensätzen, durch sie vermittelt, keine unmittelbare. Gerade das aber weckt die stete Sorge um Verdeutlichung. Nur wenn jeder Formteil, jede Phrase, jede Halbphrase, jede Note unmißverständlich bekundet, wozu sie im Ganzen da ist, wird das durchorganisierte Werk vorm Rückschlag in sein eigenes Gegenteil, ins Chaos behütet. Daher darf auch im Verhältnis der Stimmen zueinander nichts unartikuliert bleiben, sie müssen klar und distinkt voneinander sich abheben, volle Plastik erlangen. Gleichermaßen bedarf es eines in jedem Augenblick wachen polyphonen Denkens wie jener Fähigkeit zur Transparenz, zur Stufung der Gewichte der einzelnen Stimmen nach Hauptereignis, Nebenereignis und bloßem Hintergrund, die den Polyphoniker Schönberg als Kontrapunktiker im engeren Sinn ausweist. Aller Kontrapunkt hat auch eine analytische Funktion, die Zerlegung des Komplexen in distinkte Teilmomente, die Artikulation des Gleichzeitigen nach dem Gewicht seiner Bestandstücke und nach Ähnlichkeit und Kontrast. Ihr äußeres Zeichen ist die von Schönberg eingeführte Bezeichnung von Haupt-, Neben- und ganz zurücktretenden Stimmen. In seinem Satz wird die Pause zum Kunstmittel, Luft hereinzulassen, damit die Stimmen sich nicht gegenseitig ersticken; die am Streichquartett orientierte Technik der durchbrochenen Arbeit will verdeutlichen so gut wie verdichten. Stets schon war der unabgesetzte, auch der allzu üppige, an falscher Stelle vordringliche Kontrapunkt so schlecht wie der schlechte, verwaschene; das wird bei Schönberg zum regulativen Prinzip. Kontrapunktik ist nicht nur ein strukturell notwendiges Mittel der konsequenten Durchformung neuer Musik, sondern auch, wenn man so sagen darf, eines ihrer Darstellung. Das Bedürfnis danach entspringt wie in den Zentren der Sache im Gebot, diese Zentren in die Peripherie zu setzen, sie Erscheinung werden zu lassen. Insofern ist Polyphonie heute das genaue Gegenteil dessen, als was die reaktionäre Phrase sie beschimpft, von Papiermusik. All das belegt, wie unabweislich die Kontrapunktik aus den Bedürfnissen der sogenannten Spätromantik hervorging, gegen die das kindische Cliché eines bloßen Gegensatzes von Romantik und Neuklassik, von subjektiv und objektiv sie starr und äußerlich ausspielt. Die Resurrektion des Kontrapunkts ist keine Ausgeburt des Historismus, keine Ausgrabung vor- und frühbürgerlicher Musik; auch mit dem zweiwertigen Schema des Generationswechsels macht man es sich allzu bequem. Vollends wäre nichts damit erklärt, daß plötzlich eine Reihe besonders kontrapunktisch begabter Komponisten vom Himmel fiel. Talente werden nach dem objektiven Stand der Produktivkräfte geschaffen. Kontrapunktik wird beschworen vom immanenten Bewegungsgesetz eben jener Kompositionssphäre, in deren Antithese dann die kontrapunktische neue Musik umschlug. Der Übergang steht nicht beim Talent, nicht bei der Gesinnung, nicht beim sogenannten Stil, der ja ohnehin in der Musik so wenig wie in der bildenden Kunst heute irgendeinem mehr vorgegeben ist, sondern in der Logik, nach der die Sache selbst, der Zwang zur Organisation der Kunstwerke, fortschreitet. Geschichtlich ist das Verhältnis der eigentlich neuen Musik zu der ihr vorhergehenden weder das eines bloßen unvermittelten Gegenschlags derer, die des Bisherigen satt geworden wären, noch das eines stetigen Übergangs, sondern dialektisch. Eine ältere Verfahrungsweise zeitigt ihr Gegenteil kraft ihrer Bestimmung in sich selbst.

Die Genealogie der neuen Kontrapunktik wird darum zur Frage nach der Funktion: die historisch erzeugten Probleme sedimentieren sich in denen der ästhetischen Geltung, von Wahr und Falsch, in der kompositorischen Logik. Aber die Erhellung der Schwierigkeiten neuer Musik, die fraglos weithin die Kontrapunktik bereitet, also die Anstrengung des Ohrs, das mehrere in sich selbständige Stimmen auseinander hören und zugleich ihr Aufeinanderbezogensein wahrnehmen soll, kann sich nicht bei dem Nachweis beruhigen, wieso es dazu kam. In der Kunst so gut wie in der Realität kommt es zuweilen historisch folgerecht auch zu Absurdem. Das Erfragte muß also auch an der historisch wie immer determinierten Sache als solcher aufgehen; an dem, was sie von sich aus braucht. Dazu ist der Begriff der thematischen Arbeit schärfer ins Auge zu fassen, deren subkutane Ausbreitung und Erweiterung sich bei Brahms vollzog. Er spielt, so sonderbar das bei einem als akademisch abgestempelten Komponisten klingen mag, für den Ursprung der neuen Musik eine ähnliche Rolle wie Cézanne für die neue Malerei. Die durchgehende Thematisierung seiner Kompositionen war selber nicht Resultat rückwärts gewandter Gelehrsamkeit. Sie sollte, Beethoven treu, den Bruch der Faktur zwischen mehr oder minder lose gereihten Expositions-und Reprisenteilen und einer dynamisch dichten, dabei aber vielfach rudimentären Mittelpartie, in der das Eigentliche sich zuträgt, schließen. Schon bei Brahms, in dessen verantwortlichsten Werken kaum eine Note nicht thematisch, nicht auf ein dem Ganzen zugrunde liegendes Themenmaterial bezogen ist, wird die Durchführungsidee des älteren Klassizismus total, obwohl er, wie übrigens auch Schönberg in den meisten Werken bis ins Alter hinein, den traditionellen Unterschied von Exposition, Durchführung und Reprise respektierte.

Die thematische Arbeit ist aber auch noch bei Brahms selten radikal kontrapunktisch. Von der neuen unterscheidet sie sich zentral in ihrem Verhältnis zum musikalischen Raum. Der ist, in Erweiterung des Sprachgebrauches der Musiker, die von Klangraum reden, das Einheit gewährende Bezugssystem alles Gleichzeitigen, in dem etwa, so wenig wie im Raum des äußeren Sinnes, nicht zweierlei dieselbe Stelle einnehmen darf; und dann auch der funktionale Zusammenhang in der Abfolge des gleichzeitig Erklingenden, die ›Perspektive‹. Dieser Raum war noch bei Brahms fest etabliert und unproblematisch. Die Einzelklänge waren Vokabeln, identisch wiederholbare Spielmarken, sogar noch im überwiegenden Teil des œuvre von Richard Strauss, dessen harmonische Funde das harmonische Bezugssystem kaum veränderten, in dem sie nur wie Ausweichungen, Kleckse erscheinen, die auf den Triumph des Bezugssystems warten. Die Unstimmigkeit, die bei Strauss obenauf liegt, aber Jahrhunderte zurückdatiert, ist jedoch bloßes Symptom eines Tieferen, der Inkongruenz der Schichten musikalischer Sprache. Das Reich der Freiheit, der Subjektivität, der spezifischen, konventionslosen Gestaltung war das der Horizontale, das nur eben in harmonischen Brechungen und Differenzierungen sich spiegelt, die Harmonik selbst aber nicht prinzipiell einschließt. Diese blieb das Residuum gleichsam apriorischer Allgemeinheit. In früheren Phasen, wenigstens von Bach bis zum Wiener Klassizismus, hat sie selber ihre entscheidende Funktion erfüllt, womöglich die bedeutendsten Lösungen erst erlaubt. Gegenüber der seitdem errungenen Freizügigkeit der Horizontale jedoch ist sie versteinert, hat versäumt, der inneren Beschaffenheit der Hauptereignisse sich anzumessen. Nie waren Horizontale und Vertikale in der Musik wahrhaft homogen; schließlich wurden sie disparat. Schema und Gestaltung des spezifisch Einzelnen klafften auseinander. Das nun zu korrigieren ist die Funktion der Kontrapunktik. In der tonalen, harmonisch noch nicht emanzipierten Musik trägt sich die thematische Arbeit, jenes Werden der Musik, das ihr Sein ist, im garantierten, gleichsam an sich seienden Raum zu. Artikuliert durch seine Verhältnisse, kann die Arbeit meist mit der Gestaltung des Sukzessiven sich zufrieden geben. Einzelne Modelle werden aufgestellt, dann in Sequenzen ausgesponnen, verkürzt, erweitert, gesteigert, aufgelöst. Die neue Musik muß ihren Raum jeweils erst aus sich konkret produzieren. Er ist nicht länger Bezugssystem der thematischen Arbeit sondern deren Resultat. Das drängt sie in die Simultaneität, zur Polyphonie. Einmal gelang selbst thematisch hochorganisierte Musik wesentlich homophon; im gesamten Wiener Klassizismus, trotz aller entgegenlautenden Behauptungen auch beim späten Beethoven, sind die polyphonen Partien Ausnahmen und auch diese selten wirklich komplex gedacht. Vielfach wird in der durchbrochenen Arbeit, beim Springen des Hauptmotivs von einem Instrument zum anderen, eine Art Scheinpolyphonie erzielt, ohne daß die volle Durchbildung der einzelnen Stimmen im Ernst angestrebt ist; analog etwa der Neigung der barocken Architektur, konstruktive Lösungen durch dekorative Veranstaltungen vorzutäuschen. Solcher Schein wird aber mit der Integrität des Gebildes bezahlt; nicht nur mit Unreinheiten des Satzes, an denen es selbst bei Beethoven nicht fehlt, sondern vorab damit, daß die Verpflichtung, die jeder kontrapunktische Ansatz eingeht, nicht erfüllt wird; daß ephemere Episode bleibt, was ausgetragen werden müßte. Wahrhaft sachlich ist neue Musik insofern, als sie das nicht mehr duldet. Im Augenblick, da sie nicht mehr mit dem harmonischen Strom schwimmen, nicht mehr wenigstens in festen harmonischen Geleisen verlaufen kann, muß sie jenen Zwang zur Durchkonstruktion anerkennen, der schließlich zur allseitigen Beziehung der Stimmen aufeinander und damit zur radikalen Vorherrschaft des Kontrapunkts treibt.

Daran ist aber die Gestalt der Themen selber, das melodisch Einzelne, wesentlich mitbeteiligt. Im Wiener Klassizismus bestanden, wie man weiß, die Themen selbst weithin teils aus Dreiklängen, teils aus Sekundschritten, welche die Lücken der Dreiklangintervalle kantabel überbrückten. Diese relativ einfachen Themenmodelle konnten in jeder Hinsicht, auch simultan, etwa bei gelegentlichen Engführungen, leicht so behandelt werden, daß sie ins harmonische Schema paßten. Sie waren selbst schon so sehr an den harmonischen Formeln orientiert, daß sie diesen kaum widersprachen; derlei Melodien meldeten den Anspruch voller melodischer Plastik und Selbständigkeit kaum je an. Solche Bescheidung, der Verzicht auf unbedingte subjektive Profilierung der für jedes Stück subjektiv gewählten Grundgestalten, hat der Wiener Schule um 1800 die entsagungsvolle Rundheit verschafft und den Ruhm bruchlosen Gelingens, den der Begriff ihrer Klassizität meint. Die durchbrechende Subjektivität der Romantik hat jener Bescheidenheit sich entschlagen. Nach dem Lied zumal von Schubert und Schumann wurden auch die Instrumentalthemen selbst wahrhaft Melodien. Das blieben sie bei Schönberg in all seinen Phasen. Die Kombination profilierter Linien ist aber außerordentlich viel schwieriger und zugleich auffälliger als die Hantierung bloßer zerlegter Dreiklänge und interpolierter Sekundschritte. Jetzt erst wird thematische Arbeit aus dem Spiel zum kontrapunktischen Ernst. Je ausgeprägter die Hauptstimmen, desto selbständiger müssen auch die Nebenstimmen werden, wenn sie nicht abfallen, wenn nicht Mißverhältnisse zwischen den Intensitätsgraden der einzelnen Linien sich herstellen sollen. Der Primat des Kontrapunkts soll also nicht weniger leisten, als der einzelnen Komposition rein aus sich, ihrem spezifischen Verlauf heraus jene Verbindlichkeit, Geschlossenheit und Objektivität zueignen, die ihr vordem von außen her, durch die eingeschliffene musikalische Sprache versprochen war. In der neuen Musik, die zählt, hat so wenig das Subjekt bloß sich emanzipiert, wie sie umgekehrt Objektivität bloß beschwört. Ihre Idee ist Autonomie. Sie hält sich an nichts, was ihrem eigenen Impuls, ihrer eigenen Stimmigkeit, bloß auferlegt wäre und fremd; sie will durch rückhaltlose Versenkung in ihr je Einmaliges, ohne Stütze und Anleihe, aus Subjektivität heraus objektiv werden.

Eduard Steuermann überliefert einen Ausspruch Schönbergs: bei gutem Kontrapunkt vergesse man eigentlich die Harmonik. Schönberg hatte dabei fraglos ebenso Bach im Auge wie das eigene Verfahren. Eingewandt könnte werden, bei dem urtonalen Bach wären auch in den dichtesten und gedrängtesten kontrapunktischen Stücken, wie der Engführungsfuge in D-Dur aus dem zweiten Band des Wohltemperierten Klaviers, die harmonischen Stufen und Akkordverhältnisse so unverkennbar, daß man nur deshalb die Harmonik vergäße, weil sie von selbst sich versteht. Der Einwand beschreibt eher das sinnfällige Verhältnis von Harmonik und Kontrapunkt bei Bach, als daß er es enträtselte. Weiter hilft die Besinnung auf die relative harmonische Unbekümmertheit beim volkstümlichen Kanonsingen. Die Kraft, mit der eine Stimme in die andere hineinwirkt, zur gegenwärtigen kontrastierend und die vergangene spiegelnd zugleich, hebt jene Kraft auf, welche die Stimmen zu einem unterschiedslos simultanen Klang verschmilzt, und je dichter die Beziehung des Unterschiedenen zusammenschießt, um so überflüssiger wird die Betonung der abstrakten harmonischen Einheit des gleichzeitig Erklingenden, und auch die einer fortschreitenden Akkordfolge. Dem entspricht, beim Hörer, die notwendige Konzentration der Aufmerksamkeit auf den Zug der Stimmen und ihr Verhältnis zueinander, die das bloße harmonische Bewußtsein in den Hintergrund bannt. Diese Verschiebung aber ist nicht bloß ›psychologisch‹; weil nur das künstlerisch gestaltet ist, was ins Phänomen fand, treffen im Primat des Kontrapunkts objektive Konstruktion und Wahrnehmung zusammen. Nichts anderes will Schönbergs Satz sagen, die Harmonik stehe derzeit nicht zur Diskussion. Sie ist nicht mehr konstitutiv, lenkt nicht mehr die Komposition, sondern waltet nur noch als negative Größe. Wohl darf nichts harmonisch Sinnwidriges in der Komposition stehen; der harmonische Fluß darf nicht stecken bleiben, nicht automatisch gleiten, nichts darf beziehungslos springen, nichts in einem Sinn, der dem kompositorischen Ohr unmittelbar vertraut ist, ›falsch‹ klingen. Aber die Harmonik gibt nicht länger die positive Bestimmung des kompositorischen Verlaufs ab wie im Generalbaßschema, wie das, was Schönberg den ›Choral‹ nannte. Recht wohl mag man die kontrapunktischen Künste, die in der neuen Musik zu einer viele befremdenden Ubiquität gediehen sind, mit Kunststücken vergleichen, wie sie denn auch Kunststücke nach Art der mittelalterlichen Krebs- und Spiegelkanons zitieren: neue Musik teilt mit dem Kunststück des Jongleurs, daß sie die Schwerkraft aufhebt, die des lastenden harmonischen Schemas, des Gefälles der bloßen Akkordverbindungen. In der Kurthschen Parole vom linearen Kontrapunkt war davon etwas notiert, nur daß die Komponisten, die sie naiv befolgten, dabei die Harmonik als negatives Kriterium vernachlässigten und Stimmen zusammenkleisterten ohne Rücksicht auf die Logik des daraus resultierenden harmonischen Verlaufs. Solche Stimmen sind immer zugleich auch schlechter Kontrapunkt. Die gelingende, ob auch keineswegs vordringliche harmonische Stimmigkeit bleibt die Probe aufs Gelingen der Kontrapunktik selber.

Daß es dabei in der Tat um die Überwindung der harmonischen Schwerkraft, die Suspension des harmonischen Raums geht, hat bereits die ältere kontrapunktische Praxis selbst im Verfahren des doppelten und mehrfachen Kontrapunkts bezeugt, auf dem die Fugenform insgesamt beruht. In den höheren kontrapunktischen Techniken können die nach dem Generalbaßschema verlaufenden Stimmen ihrer Lage im Klangraum nach miteinander vertauscht werden; was oben ist, kann unten liegen, in der Mitte und umgekehrt. Hat Bach auch dies Prinzip ins Generalbaßschema eingebaut, widerspricht es diesem doch zuinnerst; ein bezifferter Baß, der Akkordfolgen als Fundament trägt, ist dem Sinn nach unvereinbar mit einem Verfahren, in dem der Begriff des Fundaments selbst und damit der komplementäre der melodieführenden Oberstimme entwertet wird, weil das eine jeweils zum anderen werden kann. Bekannt ist, daß im Gegensatz zu all seiner von Tanztypen derivierten Musik die Bachischen Fugendurchführungen selten symmetrisch gebaut sind und nur sehr künstlich dem Riemannschen Schema der Achttaktigkeit sich einordnen lassen; auch die Schulregel warnt davor, als Fugenthema eine reguläre Periode mit einem Halbschluß in der Mitte zu verwenden. Solche Irregularität ist aber bei Bach kein bloßer archaischer Rückstand sondern kompositorisch höchst sinnvoll: die Vormacht des Generalbaßdenkens, das die harmonisch-tonal naheliegende Gliederung nach Halb- und Ganzschluß durch rhythmische Symmetrie unterstreicht, wird weise zurückgedrängt; nicht soll in jener harmonischen Manier gehört werden, die nach der Frage des Vordersatzes automatisch die Antwort eines Nachsatzes antezipiert. Die Ohnmacht späterer Fugen, bei Schumann und Mendelssohn, gelegentlich auch schon bei Mozart, ist dadurch bedingt, daß bei homophon empfindenden Komponisten jener harmonische Raum samt seinen rhythmischen Äquivalenten unangefochten sich behauptet, dessen Kritik dem kontrapunktischen Prinzip selbst immanent ist. Der Idee nach wird zumindest im mehrfachen Kontrapunkt bereits die Vertikale dem Primat der Horizontale unterworfen. Schönbergs Kontrapunkt hat sich von jeher, keineswegs erst in der Zwölftontechnik, an diesem Verfahren und anderen, ähnlich strikten, ausgerichtet. Schon in der relativ frühen, noch in E-Dur beheimateten Ersten Kammersymphonie, op. 9, beginnt bei Ziffer 27 eine Stelle im dreifachen Kontrapunkt, die zweimal auf den Kopf gestellte Kombination einer melodisch profilierten, thematischen Hauptstimme, einer ebenfalls thematisch wichtigen Figur in Sechzehnteln und einer Begleitstimme in Achteln. Später bringt die große Durchführung in ihrer Mitte bei Ziffer 68 einen dreistimmigen Kanon mit einer vierten selbständigen, wiederum thematisch gebildeten Stimme, der sogleich bei Ziffer 69 im vierfachen Kontrapunkt wiederholt wird. Nicht weniger als der Technik der ›entwickelnden Variation‹ verdankt die Zwölftontechnik dem Prinzip des mehrfachen Kontrapunkts, das grundsätzlich bereits jene Vereinheitlichung von Horizontale und Vertikale visiert, die dann in der Zwölftontechnik, wo jede Reihe sowohl horizontal wie vertikal verwandt ist, zur Voraussetzung des Komponierens überhaupt wird. Eng aneinander rückten ›entwickelnde Variation‹ und Kontrapunktik schon während der Ära der freien Atonalität, als Schönberg, nach der harmonischen Emanzipation, zum ersten Mal wieder auf Motivökonomie bedacht war. Den Mittelsatz des zweiten Orchesterstücks aus op. 16 bestreitet eine Gestalt, die sogleich frei imitiert und mit einer Gegenstimme im Sinn des doppelten Kontrapunkts thematisch verarbeitet wird, aber derart, daß sie zahllose Variationen der Intervalle, Notenwerte und Rhythmen erfährt. Während sie stets kenntlich bleibt, kommt es nicht zu einer definitiven Prägung des Themas, sondern es hält sich kunstvoll unverbindlich, improvisatorisch; darum kann es dann auch ohne Gewaltsamkeit in die Reprise des homophonen Expositionsteils übergeführt werden.

Schönberg hat als Kontrapunktiker durchweg die sogenannten höheren kontrapunktischen Formen bevorzugt1. Seine unbotmäßige Phantasie entzündet sich von Anbeginn am Moment des Disziplinierenden, Strengen, und die Formulierung der Zwölftontechnik wäre ganz wohl als Versuch anzusprechen, Erfordernisse des strengen mehrfachen Kontrapunkts im Bereich der einander prinzipiell gleichwertigen zwölf Töne der chromatischen Skala zu realisieren. In keinem Betracht ist die Schönbergische Revolution des musikalischen Materials bloßes Ausbrechen aus der Schule; eher die nie erlahmende Anstrengung, deren eigene Ansprüche so ernst zu nehmen und zu radikalisieren, bis sie dadurch gesprengt wird. Seine Behandlung der Tonalität zeigt Analoges, und die paradoxe Gefährdung des Schönbergischen œuvre, die akademische, rührt wohl daher. Kontrapunktik und thematische Arbeit werden ohne Rest verschmolzen: ein Verfahren, das dahin drängt, ein jegliches Ereignis thematisch zu determinieren, muß auch die Beziehungen der Stimmen zueinander als thematische gestalten, ohne Exterritoriales, nicht auf den identischen thematischen Kern Bezogenes zu dulden. Außer dem mehrfachen Kontrapunkt dient dazu das Mittel der Themenkombination. In neuerer Zeit wurde es erst bei Wagner – das berühmteste, wenn auch keineswegs gewichtigste Beispiel ist das gegen Schluß des Meistersingervorspiels – wieder angewandt, dann aber in der gesamten neudeutschen Schule, vor allem bei Strauss, im Sinn programmusikalischer Illustration von Komplexem, und bei Reger als Knalleffekt der Fugen unablässig bemüht. Schönberg hat die Themenkombination der konstruktiven Formbildung früh zugänglich gemacht; sie ist dem mehrfachen Kontrapunkt nächstverwandt, dessen Idee zufolge ebenfalls mehrere Stimmen gleiche thematische Rechtsansprüche erheben. So treten an einer späten Stelle des langen einsätzigen Ersten Quartetts, wo es der Form zuliebe bereits der Verdichtung und Verkürzung bedarf, das Hauptthema des langsamen und das des Rondoteils gleichzeitig auf. Ähnliches findet sich in der Ersten Kammersymphonie bei der Wiederholung des Scherzoteils nach dem Trio. Gegenüber derlei thematisch strengen kontrapunktischen Veranstaltungen tritt bei Schönberg der sogenannte freie Kontrapunkt, das Hinzuerfinden ganz neuer Melodien zu bereits exponierten, so produktiv bei Mahler, zurück. Eine der seltenen Ausnahmen ist der Beginn der Reprise im ersten Satz des Vierten Quartetts (Takt 165). Sie belegt den Zusammenhang kontrapunktischer und formaler Gestaltung, für den Schönberg durchweg behutsam Sorge trug, indem er die architektonischen Gliederungen, von den kleinsten Phrasen bis zu den großen Teilkomplexen, in präzise Reihenvorgänge übersetzte. Der Augenblick jener Reprise meint erkennbare Wiederkehr des Gleichen, hier des ursprünglichen Themenrhythmus. Aber solche Wiederkehr, wie alle getreue Repetition, ist illegitim, wo keine harmonischen Symmetrieverhältnisse sie tragen. Schönberg hilft sich dadurch, daß er das Identische durch Zusatz eines ganz Neuen, des frischen Kontrapunkts der zweiten Geige, wie in fortwirkender Dynamik der Durchführung dem Formsinn nach modifiziert. Daß es aber zu solchen Erfindungen nur gelegentlich kommt, ist kein Zufall. Will der Kontrapunkt wirklich dem Werk aus sich, seinem thematischen Inhalt heraus jene Verbindlichkeit schaffen, die es nirgend woanders hernehmen kann, dann muß der Kontrapunkt selbst verbindlich: gänzlich thematisch sein. Die Kategorie der Verbindlichkeit wertete Schönberg in der Tat, nach Kolischs Angabe, unter den kontrapunktischen auch im Unterricht als höchste. Schönbergs Rang vor fast allen anderen zeitgenössischen Komponisten – auch einigen der bedeutendsten – wird etabliert durch eben dies So und nicht anders sein Können im puren Verhältnis der Stimmen zueinander. Sein Authentisches ist der verbindliche Kontrapunkt, schließlich in dem obersten Sinn, daß aus der Relation der Stimmen zueinander, dem Verlauf der kontrapunktischen Verhältnisse, dem Stimmenzug die Form resultiert; Form selbst wird zur Funktion des Kontrapunkts, so wie sie es seit Bach nicht war, dessen Fugenform einmal die Allheit des kontrapunktischen Verfahrens bekundete.

Die Verbindlichkeit des Schönbergischen Kontrapunkts läßt sich vielleicht am ehesten bezeichnen durch zwei antagonistische Forderungen, welche in seiner Praxis sich durchdringen und zum Ausgleich finden. Auf der einen Seite gebietet Kontrapunktik von jeher die Unabhängigkeit der gleichzeitig erklingenden Stimmen voneinander. Ist eine der bloße Schatten der anderen oder auch nur ihr allzu ähnlich, so wird die Kontrapunktik, in der jede Stimme von sich aus behauptet, selbständige Stimme zu sein, zum Trug. Sie verliert jene Kraft der Entgegensetzung, an der die Integration des kontrapunktischen Gebildes erst sich bewährt; übrigens sind, nach dem Kriterium der Deutlichkeit, zwei nicht prägnant voneinander abgehobene Stimmen als kontrapunktische gar nicht aufzufassen. Umgekehrt aber müssen die voneinander unterschiedenen Stimmen doch auch wiederum zur Einheit sich ergänzen; schlicht gesagt, zueinander passen, sich ineinander fügen. Vermöge ihrer konsequenten Unterscheidung muß eine jegliche dort sinnfällig werden, wo die andere es nicht ist. Das äußerliche Kennzeichen dafür ist die komplementäre Rhythmik: der neue Kontrapunkt ist gerade nicht ein Komponieren punctum contra punctum, sondern ein lucus a non lucendo; die Länge der Notenwerte in den verschiedenen Stimmen, meist sogar der vernehmbare Eintritt der einzelnen Töne, schließlich die Akzente sollen nicht zusammenfallen. Früh schon ist der ungarische Komponist Alexander Jemnitz darauf gestoßen, daß eben die rhythmische Vielfalt der Kontrapunktik, die Besetzung eines jeglichen Taktteils mit einem einsetzenden Ton, rhythmische Monotonie heraufbeschwört. Dennoch ermöglicht bloß dies lückenlose Ineinander-Gefügtsein die Synthesis des Kontrastierenden. Indem die Stimmen dadurch sich verbinden, daß sie sich gegenseitig aussparen, tastet das kontrapunktische Prinzip selber danach, aus den verschiedenen Stimmen mitsammen schließlich eine einzige Melodie zu bilden. Damit aber droht das Prinzip des lückenlosen polyphonen Ineinander-Passens in der Zwölftontechnik, die vollkommene Vielfalt, zur Einfalt zu regredieren. Bruchlos herrscht die Totale über jene Einzelmomente, aus denen sie zusammenschoß und in denen sie ihr eigenes Leben hat. Die Zwölftontechnik, in welcher der Geist des Kontrapunkts sich vollendet, enthält auch das Potential von dessen Tod. Die vollkommene Determiniertheit der selbständig gegeneinander gesetzten, gänzlich komplementären Stimmen dementiert deren eigene Selbständigkeit. Die äußerste Grenze kontrapunktischen Denkens wird absehbar. Indem der Begriff des Kontrapunkts alles umspannt; indem alles nicht Kontrapunktische aus der Komposition verschwindet, verändert sich etwas in dessen Begriff selbst; daß er seines Gegensatzes sich entledigt, ficht auch seine eigene Geltung an. Als Synthesis des Mannigfaltigen war die Idee des Kontrapunkts wesentlich, im eigentlich Hegelschen Sinn, Identität des Nicht-Identischen. Beim totalen Kontrapunkt nun schickt das nicht-identische Moment sich an, sich zu verflüchtigen. Wohl sind die gleichzeitig erklingenden Stimmen, deren simultane Töne und Rhythmen niemals zusammenfallen, dadurch absolut voneinander unterschieden. Aber gerade als absolute wird diese Unterschiedenheit problematisch. Nicht nur geht alles auf ein einheitliches, identisches Grundmaterial zurück, so daß die Verschiedenheit vorweg in die Gleichheit fällt; sondern im Allumfassenden des unterscheidenden Prinzips wird alles zu bloß Einem. Die Differenzen werden zu Komplementärverhältnissen gemindert; das antithetische Wesen des Kontrapunkts, Repräsentant von Freiheit, geht in dem synthetischen unter, ohne darin bewahrt zu sein. Die künstlerisch-ökonomische Leistung des Kontrapunkts aber – eben das, was den auf kontrapunktische Künste bedachten Komponisten von jeher das Verdienstliche ihrer Mühe dünkte – war gerade, freie, im eigentlichen Sinn selbständige Gestalten durch die Kraft der künstlerischen Organisation zusammenzubringen. Hat Schönberg stets den ›freien‹ Kontrapunkt geringgeschätzt, so wird nun der Rest kontrapunktischer Freiheit getilgt. Es ist, als befände sich alle Kontrapunktik vorweg unter einem Dach, anstatt daß sie den Bau spontan schüfe. Wohl hat auch beim Kontrapunkt, ästhetisch gesprochen, das Ganze allemal den Primat über die einzelnen Momente. Diesem Primat, der Einheit der Idee gegenüber, war die Selbständigkeit der Stimmen von je Schein. Aber ästhetischer Schein und ein technisch illusorisches, nicht in kompositorischem Ernst vollzogenes Verfahren sind nicht dasselbe. Die Legitimität des Gebildes hängt davon ab, ob innerhalb des ästhetischen Scheins, des von der Komposition abgesteckten Bezirks, ob im Bilde das Wechselspiel von Momenten und Ganzem tatsächlich sich ereignet, oder ob es gar nicht mehr statthat: dann nämlich zerbricht gerade der ästhetische Schein. Er wird als Schein selber nochmals scheinhaft, sobald er nicht länger jene Dialektik umfängt. Terminiert die immanente Logik verbindlichen kontrapunktischen Denkens in totaler Konstruktion, so liquidiert am Ende die totale Konstruktion den Kontrapunkt, ihre lebendige Substanz. Der unausweichliche Widerspruch ist wohl zutiefst bedingt von dem Moment der Willkür, des Selbstgesetzten, der Gewalt, das inmitten aller Konsequenz der Reihenkomposition innewohnt. Es ist ihr Negatives: daß unterm Bann von Unfreiheit keine Kunst unbeschädigt eine Verbindlichkeit finden kann, die eins wäre mit der Freiheit.

Auch die Mittel der Imitatorik und Kanonik, die der Zwölftonkontrapunkt vielfach benutzt, führen Aporien mit sich. Sie wurden ebenfalls gewählt um der Verbindlichkeit willen; um die Beziehung zwischen den Stimmen nicht nur latent, durch die Reihe, sondern auch manifest, durch thematische Arbeit im drastischesten und genauesten Sinn, werden zu lassen. Zwölftonkontrapunkte, die lediglich aus der Reihe folgen, meist ohne daß sie einander nachahmten, wie im sehr schwer faßlichen ersten Satz von Schönbergs Bläserquintett, entrieten offenbar für sein kritisches Ohr noch jenes unausweichlichen Aufeinander-Bezogenseins, das die Verbindlichkeit des traditionellen harmonischen Verlaufs substituieren soll. Aber weil die universalen Beziehungen alles Erscheinenden auf die Reihe selbst bereits latent thematische Arbeit sind, verdoppeln die hinzu tretenden, hörbaren Imitationen die sinnfällige thematische Arbeit, das, was die Komposition bereits leistete: sie beweisen ein schon Bewiesenes. Im Rondo des Bläserquintetts hat Schönberg den Widerspruch zwischen Zwölftontechnik und Imitatorik, oder thematischer Arbeit überhaupt, kunstvoll geschlichtet, indem er aus ihm selber künstlerische Wirkung zog. ›Thema‹ ist hier eine bloß rhythmisch, aber fast überdeutlich definierte Gestalt. Sie erfüllt sich mit jeweils verschiedenen Tönen und Intervallen, dem folgend, was gerade die Reihe und ihre Abwandlungen darbieten. Der Effekt ist parodistisch: so als sagte unermüdliche Phantasie stets dasselbe mit anderen Worten, und solche Parodie bekundet der Ton des gesamten Satzes. Sie wird um so eklatanter, je näher verschiedene melodische Konkretisierungen des absichtsvoll starren Themenrythmus aneinanderrücken: dann sorgt gerade die Reihengesetzmäßigkeit dafür, daß das, was mit dem Anspruch äußerster Treue sich geriert, die Imitation, ›frei‹ ausfällt, als hätte die imitierende Stimme ihr Vorbild nicht genau im Ohr. Das Prinzip entwickelnder Variation in der Zwölftontechnik legt eine Art freier Imitatorik nahe; Imitatorik selber aber verspottet diese Freiheit durch den Anspruch von Strenge: das Verbindliche klingt unverbindlich.

Der Zwölftonkontrapunkt ist zwischen die Alternativen eines zwar von der Reihe vorgeschriebenen, aber in seiner Gesetzmäßigkeit nicht unmittelbar einsichtigen, im Phänomen selbst beliebig wirkenden, sozusagen freien Kontrapunktierens und eines strengen, kanonischen, aber dem inneren Konstruktionsprinzip nach gar nicht mehr erheischten geraten. Schönberg begegnete der Schwierigkeit damit, daß er bei wachsender Vertrautheit mit der Zwölftontechnik manifeste Imitationen, von Ausnahmen wie dem späten Präludium für Orchester abgesehen, hochstilisierten Tanztypen vorbehielt, wie er sie seit dem Scherzo des Bläserquintetts kultivierte und wie sie von vornherein weniger verbindlich sich gebärden. Die Imitationen stellen spielerisch her, was in den herkömmlichen Tänzen die rhythmisch-harmonischen Symmetrieverhältnisse verbürgten.

Konflikte wie die eines von allen ihm äußerlichen Formkategorien gereinigten, aufs neue ganz ›freien‹ Zwölftonkomponierens mit der Konservierung der traditionellen Imitatorik sind nicht aus naivem oder alexandrinischem Überwuchern des konstruktiven Artistenehrgeizes zu erklären; sie sind auch kein Symptom mangelnden Stilgefühls, das bloß der Läuterung durch souveränen Kunstverstand bedürfte. Vielmehr blieb die Leistung, die ästhetisch dem Kontrapunkt zugemutet wird: die Schaffung eines spezifischen Zusammenhangs, der so authentisch wäre wie der alte allgemeine, harmonisch-tonale, prekär. Die Zwölftonorganisation des Kontrapunkts allein reicht bei aller Strenge, als ein dem kompositorischen hic et nunc jeweils Vorausgehendes, nicht stets hin, um das hic et nunc, das real Erklingende so zu prägen, daß seine Erscheinung als notwendig evident wird. Die zusätzlichen kontrapunktischen Künste werden bemüht, die Zufälligkeit zu bannen, welche in der emanzipierten Musik, wie sehr sie auch ihr Material prädisponieren mag, stets noch lauert. Die Not des Besonderen in seiner Beziehung aufs Allgemeine aber, die darin durchschlägt, ist heute selber weit essentieller als ihre technische Zuspitzung in der neuen Musik. Sie wäre grundsätzlich zu formulieren als die Frage, wie das Besondere, ohne irgendein Allgemeines, Objektives sich vorzugeben, das nicht selber subjektiv reflektiert wäre, verbindlich werden kann: wie vermag Subjektives, ohne Gewalt und Erschleichung, sich zu objektivieren? Die Antinomie, welche diese Frage umschreibt, ist diktiert vom Verhältnis der Kunst, ja allen Geistes zur Gesellschaft. Eine verbindliche Ordnung von Kunst scheint nicht möglich ohne eine gesellschaftlich bestehende, konstitutive, der die künstlerische gliche; Subjekt und Objekt sind in der Kunst nicht zu versöhnen, solange sie es nicht in der realen Verfassung des Daseins sind, und der gegenwärtige Zustand ist das bloße Gegenteil davon, anwachsend antagonistisch trotz der Illusion von Einheit, welche die überwältigende Macht der objektiven Verhältnisse über jedes einzelne Subjekt bereitet. Andererseits aber ist es, gerade gegenüber dem Trug solcher Positivität, die Idee von Kunst heute, über die bestehende Gesellschaft kritisch hinauszugehen und ihr, durch Abweichung und Sinn, das Bild der Möglichkeit konkret entgegenzuhalten. Je mehr die Realität gegen die Möglichkeit sich verhärtet, um so dringlicher, realer wird jene Idee der Kunst. Diese findet sich, am Ende des bürgerlichen Zeitalters, in die Rolle gedrängt, die Don Quixote an dessen Beginn bezog: sie ist unmöglich und notwendig zugleich. Das wird von der Arbeit des Komponisten vermerkt, ohne daß er reflektierend darum zu wissen brauchte. Neue Musik hat ihr Unlösbares und in ihrem offenen Horizont zugleich ihr Glück daran, daß sie unablässig ohne irgendwelche von außen gesetzten Maßstäbe wie mit geschlossenen Augen über Richtig und Falsch eines jeden Zuges, einer jeden Note bündig entscheiden muß; alles andere Verfahren wäre heute barbarisch. Mit der Einwanderung des Objektivitätsanspruchs in eben jenes Bereich, das durch die Auflehnung gegen die Heteronomie des Objektiven entdeckt ward, hat der starre, selber weithin stets schon ideologische Gegensatz des Produktiven und Kritischen sich verflüssigt. Gutes Komponieren ist zum Prozeß der permanenten Kritik der Komposition an sich selber geworden, und das Vermögen dazu zum produktiven; alles unvermittelt Produktive, aller ›Einfall‹ muß das kritische Moment in sich schon enthalten, wofern er produktiv sein will, nicht bloß der sich selbst verborgene Abklatsch von unbestätigten Typen, von Schablonen. Solche produktive Kritik, das Wort buchstäblicher genommen als in Lessings Sprachgebrauch, eröffnet die einzige Möglichkeit, ohne Trug die Schranke des Zufälligen zu überschreiten. Sie ist die ästhetische Manifestation dessen, was die große Philosophie mit dem Namen der positiven Negation bedachte. Kein ›Leitbild‹ ist der neuen Musik gewährt, und wo sie eines sich sucht, bekennt sie bloß die eigene Schwäche; immer noch ist der gute Mensch in seinem dunklen Drange sich des rechten Weges wohl bewußt; aber nicht irgendwelcher historischer Modelle oder probater Rezepte, denen er nachzueifern hätte. Das Halt Suchen als solches ist schon eins mit der Haltlosigkeit. Evident aber ist das konkrete Bewußtsein des Falschen. Der dunkle Drang im Komponieren kommt überein mit dem vorbehaltlosen sich Überlassen an die Gestalt des Problems, das jede Komposition in jedem Augenblick setzt. Daß jedoch, ohne schlechte Utopie, Musik im Medium der positiven Negation – und das ist technisch genau der Kontrapunkt, an sich selbst zugleich Negation und Affirmation der Stimme, zu der er hinzu gesetzt wird – hoffen darf, durch spontane Rezeptivität, durch Versenkung ins Einmalige aus sich heraus mehr zu werden als das bloße Da, ermangelt nicht allen Rechtsgrundes. Das Verfahren der Künstler hat nicht bloß den ohnmächtigen Wunsch ihrer Einsamkeit zum Gehalt. Auf tief verschlossene Weise ist alles musikalisch Subjektive, noch das pure Da der individuellen Komposition, selbst objektiv vermittelt. Je selbstvergessener das Werk vorgegebener und gerade darum unverbindlicher Formkategorien sich entäußert, um so gewisser stößt es auf verbindliche Formkategorien im eigenen Gefüge: darin bewahrheitet sich die Rede von der Monade. In den verborgensten, flüchtigsten Regungen des Subjekts, welche die Komposition in sich aufzufangen trachtet, haben, sublimiert und bis zur Unkenntlichkeit verwandelt, allgemeine Begriffe des musikalischen Zusammenhangs sich niedergeschlagen. Durch sie erst wird die ephemere subjektive Regung zum Sinn; sie erst gestatten ihr die Teilhabe an einem Umfassenden, das sie zugleich erzeugen. Neue Musik, die gilt, hat zum Geheimnis und zum Kriterium, daß die Bahn ihrer Spezifikation in einen Kern des Allgemeinen führt; daß im Zentrum ihres Individuiertseins das Kräftespiel von Allgemeinem und Besonderem wieder auflebt, das als Verhältnis zu einer bloß auswendigen Norm gestürzt ward. Das mochte Anton von Webern vorschweben, als er erklärend einmal von einem beispiellos aufgelösten Stück, als handle es sich um das Allerplausibelste, sagte: das ist ein Walzer. Nennt man, analog zur philosophischen Terminologie, Realismus den Bewußtseinsstand der Musik, der das allgemeinbegriffliche Wesen als ein an sich Seiendes konzipiert, und Nominalismus den, welcher es bloß noch als eine vom Subjekt gesetzte Bestimmung erfährt, so ist der neuen Musik, wie allem neuzeitlichen Geist, die nominalistische Situation unausweichlich. Sie als erste hat sie ohne Mentalreservat zur eigenen gemacht und vermag aus ihr nicht herauszuspringen. Verbindlich sind ihr nicht Bindungen, sondern nur was aus ihr selber, von unten her gleichsam, aufsteigt. Das aber reicht über die nominalistische Situation hinaus und verspricht Versöhnung. Denn die absolute Vereinzelung ist Trug so sehr wie die äußerliche Allgemeinheit: Versöhnung wäre demgegenüber die Wahrheit. Die Utopie solcher ästhetischen Aufgabe ist Urbild eines künftigen realen Zustands, und gerade weil heute der reale Zustand die Versöhnung verweigert, ist ihre Idee im Bilde festzuhalten.

 
Fußnoten

 

1 Ein nachgelassener Aufsatz Schönbergs vom Februar 1931, den Josef Rufer im Dezemberheft 1957 des ›Melos‹ publiziert hat, bestätigt das. Er sagt darin, von Bach habe er gelernt, »das kontrapunktische Denken, d.i. die Kunst, Tongestalten zu erfinden, die sich selbst begleiten können« – also nicht, zu einer gegebenen Stimme eine selbständige, von ihr absolut unabhängige hinzuzufügen. Demnach wäre Schönbergs kontrapunktisches Denken stets schon auf die Idee integralen Komponierens gerichtet gewesen, nach Schönbergs Worten aus demselben Aufsatz auf »die Kunst, alles aus einem zu erzeugen«.

 

 
Gesammelte Werke
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