Die stabilisierte Musik

 

Zum fünften Fest der I.G.N.M. in Frankfurt am Main

»Ich bild' mir ein, es geht mir besser.«

 

Anstatt mit der Jury zu rechten, der vorgeworfen wird, sie habe diesmal eine besonders hohe Zahl indiskutabler Werke zur Diskussion gestellt, sollte man lieber bedenken: ob nicht das Ergebnis des diesjährigen Festes, wenn schon nicht verbindlich für die personalen Leistungen der einzelnen Komponisten, wenigstens doch vorgezeichnet ist von der allgemeinen Situation, die sich ja nicht aus einer Summation der Einzelleistungen ergibt, sondern überwiegend dem Zwang der gesellschaftlichen Verhältnisse unterliegt, die stärker sind als die meisten Komponisten, denen sich gewiß keiner beliebig entwinden kann und deren Diktat zu tilgen den stärksten allein die Möglichkeit bleibt: mit ihrem Werk auf die wirkliche Veränderung der wirklichen Gesellschaft hinzudeuten. Die Form von Jurybeschlüssen ist der Kompromiß und nicht die Auswahl des Besten. Damit ist nichts gegen die bona fides der Richter ausgesagt, sondern allein, daß angesichts der völligen Diffusion des musikalischen Stils dieser Tage die Werke zunächst nicht ihrer Eigengesetzlichkeit nach gegeneinander ausgewogen werden können, sondern auf Richtungen bezogen werden, die ein objektives Kriterium der Selektion abgeben sollen; und daß diese Richtungen wieder es sind, die die Werke selbst verstellen und den Kompromiß erzwingen, weil keine Richtung als Richtung verbindlich ist, während die als Werk verbindlichen Werke, um nur irgend vergleichbar miteinander zu werden, auf Richtungen gerade bezogen werden müssen, denen das Verbindliche an ihnen widerstreitet. Dieser Mechanismus des Kompromisses wird um so offenkundiger, je mehr die Macht der Richtungen erstarkt. Als die Internationale Gesellschaft für Neue Musik gegründet wurde, hatte sie den Charakter der Sezession, wie sehr auch jener Charakter durch die vierzig Jahre, die sie hinter den Sezessionen der Malerei herkam, sich trübte: es galt, die Werke herauszustellen, die dem herrschenden Musikbetrieb sich entzogen, die Werke vor allem, die ihr immanenter Zwang vom Bedürfnis des genießenden Publikums losriß. Kein Zufall war es, daß die Gesellschaft aus dem chaotischen Wien der Inflationszeit ihre Impulse zog; die Möglichkeit der sozialen Revolution erhellte den Horizont der ästhetischen. Aber Europa hat Ruhe, und die Sezession ging den Weg aller Sezessionen im Raum der bestehenden Ordnung, sie verfestigte sich, rezipierte die Bedürfnisse der bestehenden Gesellschaft und wurde zum Lohn von ihr rezipiert. Fast will es scheinen, als gedächte sie zeitgemäß das Erbe des Allgemeinen Deutschen Musikvereins anzutreten, der sich ja auch um Aktualität bemüht; als liefe ihre revolutionäre Absicht darauf hinaus, eine friedliche Internationale des musikalischen Weltverkehrs zu stiften, so wie sie der weltwirtschaftlichen Tendenz im gegenwärtigen Stadium des Imperialismus entspricht, und wer wird schon von einem musikalischen Locarno viel Revolution erwarten? Kurz, mit dem Kompromiß hat es schon seine Richtigkeit, wenn auch eine falsche Richtigkeit. Das Europa und Amerika, das die Gesellschaft vertritt, kann sich bereits wieder den Luxus eines Stils leisten; eines Stils, der zwar, wenn es um Wahrheit geht, auch genauso gut anders sein könnte, der aber doch besonders praktisch, handlich, faßlich ist; die Ideologien sind ihm längst gemacht, und wer sich ihnen entzieht, isoliert sich. Die Richtungen richten sich auf, und siehe, sie fallen nicht sogleich wieder zusammen; die jungen faschistisch inspirierten Nationalstaaten können sich mit allen Mitteln und auch dem des musikalischen Folklore beweisen, daß sie aus Natur und Blut kommen, was man ihnen freilich auch ohnedies glaubte; und die minder blutigen und minder natürlichen Großmächte haben in der Neuen Klassizität, dem Spiel, das sie miteinander spielen, ein leidlich kollektives Mittel, von der Not abzulenken, die sie nicht vermindern können. Die Musik stabilisiert sich mit der Welt; soll man erstaunt sein, daß sie schlechter darüber wird? Die Jury hat ihre Schuldigkeit getan, ihre Kompromisse sind nur schmächtige Abziehbildchen der größeren, denen die Komponisten gehorchen müssen, und Arnold Schönberg ist aus der Internationalen Gesellschaft ausgetreten. Europa hat Ruhe, Coué hat recht, und die allerorten kräftig sprossende Gemeinschaftskultur wächst proportional mit der Prosperität der privaten Betriebe.

Es versteht sich danach fast von selbst, daß die singulären Leistungen, banal gesagt: die großen Komponisten, zurückgedrängt werden. Zwar könnte man meinen, daß die Ideologie der großen Führerpersönlichkeit, die politisch wirksam ist, auch die musikalische Politik beschatte. Allein man darf sich das Verhältnis von Kunst und Politik nicht allzu schlicht vorstellen, wenn man es nicht verfehlen und leere Analogien herstellen will. Es ist eine geschichtlich sehr genau vorgezeichnete Paradoxie, daß zur heutigen Stunde des Zerfalls objektiv bestätigter geistiger Gehalte in der Gesellschaft die sozial erheblichen, in zwangvoller geschichtlicher Dialektik geforderten Leistungen Leistungen der Einzelnen sind, vereinzelt oftmals bis zum Geheimnis; während die scheinbar kommunikative, verständliche, minder isolierte Produktion tatsächlich der sozialen Realität weit fremder ist, weil sie sie als bestehend hinnimmt, während sie doch als Macht über geistige Ereignisse längst nicht mehr besteht. Daß aber das Dekorum ihrer geistigen Macht gewahrt werde, liegt im Interesse der herrschenden Ordnung, und sie ist, wie sehr auch individualistisch ihrem ökonomischen Grunde nach, sehr geneigt, ästhetische Unternehmungen einer präsumtiven Gemeinschaft zu fördern, die sie darum nicht zu fürchten hat, weil es jene Gemeinschaft ernsthaft ja gar nicht gibt. So schützt die Volkskunst das Privateigentum, während man von Schönbergs Musik immerhin nicht wissen kann, ob sie nicht ein Bild der Wirklichkeit in sich trägt, das dem daseienden hart entgegen ist. Es kommt hinzu, daß jene Führerpersönlichkeiten, die es sind, will sagen: die die Musik machen, die man gerade jetzt und heute von ihnen braucht, der Vermittlung der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik gar nicht mehr bedürfen, um vernommen zu werden; sie sind eine Sache der gesellschaftlichen Internationale schlechthin, und Strawinsky, der Mussolini der Töne, wird sich schwerlich einer sozusagen demokratischen Institution wie der Jury der I.G.N.M. unterwerfen. Da die einen nicht mehr hineinpassen und die anderen es nicht mehr nötig haben, geschah es, daß von prominenten Namen internationaler Dignität diesmal nur zwei vertreten waren: Alban Berg und Béla Bartók. Beide gaben Werke konzertanten Charakters her: Berg das Kammerkonzert für Klavier, Violine und dreizehn Bläser; Bartók das Klavierkonzert. Man könnte darin die Gemeinsamkeit des konzertanten Willens aufspüren und fröhlich mit Richtungen operieren. Aber nähere Betrachtung wird sofort der radikalen Unterschiede gewahr, vor denen jede Aussage einer Stilgemeinsamkeit sich als Phrase sogleich enthüllt.

Daß Bergs Kammerkonzert ins Festprogramm geriet, ist Zeichen der Gewalt einer Musik, die sich Hörer erzwingt, die sie ihrer gesamten Disposition nach kaum hören mögen und gewiß nicht verstehen können; ist aber, von der Situation der Gesellschaft aus gesehen, Zufall und zugleich der große Glücksfall des Festes insgesamt: seine moralische Rettung. Mit den bequemen Richtungen, mit Folklore, Spiel und Gemeinschaftskultur hat dies Stück nichts zu tun; es ist das Wagestück eines Einzelnen, ein Bauwerk aus dem Traum, ohne Rücksicht aufs bloß Bestehende und aufs Vernommenwerden, ins Unbekannte zielend und dennoch nicht privat sondern getrieben von der Dialektik der großen Formen, über die allein der Einzelne legitim noch wachen kann. Genetisch kommt die Formdialektik des Konzertes aus dem Wozzeck; die Mittel der kombinatorischen Konstruktion, die dort halfen, die musikalische Kontingenz des szenischen Verlaufs in einer Gesetzlichkeit zu empfangen, die zugleich musikeigen und dramatisch autonom ist; die aus der Musik keimen, ohne als fremde Fertigformen ins Drama geworfen zu werden; diese Mittel werden im Kammerkonzert, das die Dimensionen des Wozzeck hat, von der Bühne losgerissen und ins instrumentelle Bereich zurückgeführt, aus dem sie kamen; verwandelt zurückgeführt, geschärft mit der Präzision des Augenblicks, der Freiheit vom fixierten Formwesen, die die Oper Berg geschenkt hatte. Mit ihr sind Zusammenhänge deutlich, die zum Verständnis des neuen Werkes leiten mögen: der getrübte Ländlerton der ersten Wirtshausszene, die Sekunden vom zweiten Thema der Schmuckszene, der gurgelnde Ton von Wozzecks Todesmusik sind erinnert und liegen über der Atmosphäre der Musik, die nicht spielt, sondern treu an den Menschen sich heftet. Zugleich aber ergibt die aufgelöste Konstruktionsweise des Wozzeck im instrumentalen Bereich die bis heute kaum auch nur geahnte Möglichkeit, zugleich ganz gebunden und ganz aufgelöst zu schreiben, die totale Architektur und das Recht der triebmäßigen Partikel vollständig gegeneinander auszuwägen. Es ist für die Art der Formbildung des heutigen Berg symbolisch, daß seine Formen sämtlich höchst ambivalent, höchst verschieden zu analysieren sind, wie nur die Mahlers. Indem in jedem Satz verschiedene Formtypen sich überschneiden, jeder Typus zugleich streng in sich durchgeführt und mit anderen kombiniert wird, ergibt sich eine Kontrapunktik von Formen, die die nach eigenem Trieb sich auslaufenden, asymmetrischen Details erzeugt und die Details zugleich umfängt. So ist der erste Satz eine Variation über ein weit geschwungenes, an Gestalten reiches Thema, das unter Einbeziehung seiner Versetzungsformen, der Umkehrung und des Krebses zumal, verarbeitet wird; zugleich aber ein Sonatensatz mit Exposition, Wiederholung der Exposition, großer Durchführung und Reprise; wobei in der Durchführung das äußerste an kanonischen Künsten geleistet wird. So ist weiter das Adagio ein vielthematisch sich ausbreitender langsamer Satz im Sinne der steigernden Variationstechnik des späten Mahler; zugleich aber ein in sich selbst rückläufiges, völlig gesetzmäßiges Gebilde, über weite Strecken streng krebsartig gefügt, nach dem Wendepunkt aber doch entschieden und in allen Partien zentral verändert. So kombiniert endlich das Rondofinale die beiden ersten Sätze, den vorwärtsschreitenden und den rückläufigen; kontrapunktiert sie, der Idee nach und vielfach tatsächlich, miteinander und bindet sie durch einen neuen, energisch durchgeführten Rhythmus. Und es resultiert aus dieser Kombinatorik nicht etwa starre Polyphonie sondern gerade eine kühne Beweglichkeit des musikalisch Einzelnen, wie sie der Zufall kaum je zu gewinnen vermöchte, der, da ihm die geheimen und wechselfältig sich durchdringenden Formmittel Bergs abgehen, mit sinnfälligeren sich begnügen muß, die dem Einzelereignis den Schwingungsraum verkürzen. Stellen wie jene kurz vorm Ende des ersten Satzes, wo das Klavier unter ausspielenden Kontrapunkten der Bläser den dritten Hauptgedanken – die Schlußgruppe des Themas – in Wärme wiederfindet; oder wie der Beginn des langsamen Satzes, die schwebende Violinmelodie über den fernen Akkorden des gedämpften Blechs; oder die Stille beim Wendepunkt dieses Satzes, über dem Cis des Klaviers; oder der kurze, sprengende Violinausbruch vor der Generalpause des Finales; solche Stellen sind von singulärer Größe, heute nicht entfernt ausmeßbar, kaum nur der Ort ihrer Intention zu bezeichnen. Irre ich mich nicht, so wird dies Kammerkonzert einmal mit Mahlers und Schönbergs Zeugnissen dafür einstehen, daß selbst die Musik dieser Tage, der kein sichtbarer Stern mehr leuchtet, im Bewußtsein von Menschen Hoffnung bewahrt, die durch das Dunkel dringt. Heute umgibt das Kammerkonzert noch eine Isolierschicht, die es rein erhält und die Geschichte erst zu durchdringen vermag. Wenn gleichwohl den Hörern Betroffensein und Ehrfurcht vor der verhüllten Realität blieb, so ist das wesentlich der Aufführung zu verdanken, deren leidenschaftliche Strenge den Abgrund überflog, der sich nicht überbrücken läßt, sondern tilgen allein. Unter der hingebenden Direktion Hermann Scherchens, der trotz begrenzter Probenzahl die völlig neuen Probleme des Zusammenspiels im Kammerkonzert zwang, musizierten Eduard Steuermann und Rudolf Kolisch in jenem Sinne musikalischer Darstellung, der heute vom Wien Schönbergs seinen Ausgang nimmt und der mir der allein aktuelle erscheint: die Interpretation wird zur Konstruktion des musikalischen Organismus. In beiden, Steuermann wie Kolisch, ist die Natur so stark, daß sie die Belastung durch die volle Spiritualität erträgt, ohne sich auf Instinkt und Musikantentum feig berufen zu müssen; und welcher musikalischen Natur wäre das sonst wohl nachzurühmen? Es steht außer Frage, daß jener Interpretationsstil, den hier exakt zu charakterisieren keine Möglichkeit ist, das musikalische Bewußtsein der Reproduktion von Grund auf verändern und auf den Stand der fortgeschrittensten Produktion bringen wird. In Steuermann und Kolisch stellt er sich bereits ganz explizit und konsequent dar.

Zum Berg-Konzert stellt das Werk Bartóks den vollständigen Kontrast; einen negativen Kontrast, muß gesagt sein. Bartók ist mit Schönberg und Strawinsky der einzige jener Generation, der aus der Sphäre der romantischen Ausdrucksmusik und dann des Impressionismus in ein fremdes, dem gewohnten Komponieren inkommensurables Musizieren eindrang; war auch Format, produktives Vermögen, Gewalt der Intentionen mit Schönberg nie ernstlich zu vergleichen; blieb auch das Talent weit hinter Strawinskys proteischen Begabungen zurück. Er hatte doch Drang genug und eine große Lauterkeit, die ihn im schmalen Bereich wieder und wieder zum Echten befähigte. Man dankt ihm das Zweite Quartett und die beiden Violinsonaten, Stücke, in denen ein harter Wille das nationale Material zerschlug und dem subjektiven Zwang gefügig machte. Die Dankbarkeit für jene Stücke und der Respekt vor dem kühnen Meister zwingt zur offenen Rede; das hohe und reine Komponierniveau Bartóks setzt sie als selbstverständlich voraus. Hat Strawinsky den Anschluß beim Bestehenden rechtzeitig gefunden, so folgt ihm Bartók heute offenbar nach. Von den Folkloristen jeglicher Art unterschied er sich, zu seiner besten Zeit, dadurch, daß ihm das Folklore allein das Ausgangsmaterial bot, an dem sich seine kompositorische Dialektik entzündete und das seine Intention durchdrang; er besaß es, anstatt darauf zu zielen; er richtete sich dagegen und zum Dank mochte es ihn ein Stück weit tragen. Das hat sich geändert. Als mir vor ein paar Jahren die lose aufgereihte Tanzsuite begegnete, dachte ich, die Gelegenheit habe Bartók ein leichtes Spiel erlaubt, das er sicher führte, ohne sich lange dabei aufzuhalten. Aber schon die Klaviersonate zeigte, wie ernst es ihm mit dem Spiel war und welchen Preis er dafür bezahlte, und nach dem Konzert ist kein Zweifel mehr. Bartók ist in ein naiv folklorisierendes Musizieren zurückgefallen, das er eigentlich längst hinter sich ließ; ist zugleich der Faszination des Strawinskyschen Klassizismus erlegen, der zu seiner Substanz nicht stimmen will. In dem Konzert werden nationale Themen mit Dissonanzen geschmückt, ohne von ihnen zerbrochen zu werden, schwimmen oberhalb der diffusen Harmonik fast so unbehelligt wie bei Kodály, und die Form wird von einer pseudobachischen Motorik entwickelt, die wieder von den Themen dementiert wird und deren Objektivismus ganz in der Gebärde befangen bleibt. Dabei ist nicht zu verkennen, daß Bartók von außen seinen Umfang erweitern möchte. Einmal sind die Sätze reicher und kühner disponiert als alles Frühere, und dann ist dem Problem der Farbe sehr ernstlich nachgegangen. Man weiß, daß die Stärke des früheren Bartók nicht eben im Orchestralen lag; daß selbst seine besten Orchesterstücke sehr geschickt instrumentierten Klavierauszügen glichen. Hier hat seine kritische Fähigkeit eingesetzt und im langsamen Satz ein ganz nur auf Farbe gestelltes Stück geliefert, dem Originalität des Klanges keinesfalls bestritten werden kann. Aber dies Stück ist so hoffnungslos in die orientalische Monotonie verliebt und so ungebrochen arabisch getönt, daß es schließlich nicht viel mehr gilt als eine aparte Impression, eine sehr späte, sehr souveräne, sehr extreme Stimmungsmusik. Die Ecksätze bringen es freilich kaum zur Stimmung, sondern rollen grau dahin. Es mangelt ihnen sogar die Schlußgewalt, die einmal die Stretta des Zweiten Quartetts beflügelte. Es mangelt ihnen der Funke. Vielleicht ist Bartók im Stadium der Pause, der Umgruppierung seiner Kräfte. Dann käme jedenfalls die Veröffentlichung der letzten Arbeiten zu früh. Und auf der breiten Rückzugsstraße ist für den Abenteurer des schmalen Wegs wenig Ruhm zu gewinnen. Er ist belastet mit einer höchst verantwortlichen Vergangenheit. Das Stück fand einen starken Achtungserfolg; mit Recht, wenn man es mit dem Gesamtniveau des Festes vergleicht, womit man freilich Bartók zu beleidigen fürchtet. Furtwängler dirigierte es authentisch und mit sichtlicher Überzeugung, und Bartók selbst spielte den keineswegs dankbaren Klavierpart mit der trockenen Glut, die seinem Pianistentum eignet und stets noch den Dämon durchläßt, dem der Komponist zu wirken diesmal verwehrte.

Zunächst den beiden Führern sind zwei Outsider des Festes zu nennen. Alexander Jemnitz, dessen jüngste Sonate für Violine und Klavier zur Uraufführung kam, ist am Rande des Schönbergbezirkes zuhause, gleichzeitig mit einem kuriosen Reger belastet und als Ungar an die Probleme des Folklore gefesselt. Das ergibt keine einfache Situation und keinen einfachen Weg, und Jemnitz brauchte viel Zeit, sich durchzuschreiben. Mit dieser Sonate, nach dem Bergkonzert fraglos dem eigensten und stärksten Stück des Festes, ist es ihm gelungen. Vor allem im ersten Satz, der sich mit sehr scharfen Ohren harmonische Probleme stellt, ohne nach der harmonisch rettenden Tonalität auszulugen; zugleich einem Stück von ganz spezifischem, ungemein intensivem Charakter; dabei voller neuer satztechnischer Ideen, so der der freien Melodiebildung in den höchsten Geigenlagen. Öffnet sich im langsamen Satz der ungarische Horizont und weist die Geschlossenheit des Rondothemas deutlicher auf Reger, als es der aufgelockerten Satzweise ganz gemäß ist, so bleibt doch auch hier übergenug des Konsistenten stehen. Es ist nach dieser Sonate mit Jemnitz nicht mehr als mit einem Experimentator zu rechnen, als einem, der weiß, was er will, sondern auch als einem, der es kann. Des ungemein schwierigen Werkes nahmen sich Claudio Arrau und Stefan Frenkel verdienstlich an. – Nimmt man bei Musikfesten die schlechte Angewohnheit an, voraussichtliche Erfolge mit Totalisatorkategorien zu messen, so brachte der Sieg des Joseph Matthias Hauer mit seiner Siebenten Suite op. 48 zumindest die Quote 300:10. Es ist auch gar nicht zu leugnen, daß dieser Erfolg in erster Linie Hermann Scherchen zuzuschreiben ist, dessen Leistung nur der ermessen kann, der die immerhin reichlich fragwürdige Partitur zu Gesicht bekam. Von ihr, die nicht allein jeder dynamischen und agogischen Vorschrift enträt, sondern auch jeglicher innerkompositorischer Plastik. Von Scherchen wurde sie so subtil gefärbt und im Tempo differenziert, daß die Mängel ganz zurücktraten und ein metallheller, neuer, vom Dirigenten erstaunlich sicher gehörter Klang die Hörer überzeugte. Aber es wäre leichtsinnig, wollte man den Komponisten ganz um sein Verdienst dabei bringen. Man kann sich über die Schwäche Hauers sehr wohl klar sein; darüber, daß seiner geistigen Triebkraft das primär musikalische Vermögen keineswegs angemessen ist, daß er kaum recht über die Mittel verfügt und in der Wahl seiner eigenen Mittel ganz unkontrollierbar ist; daß er es sich als Theoretiker wie als Komponist mit dem Naturalen, das er der Spiritualität unterwerfen möchte, doch gar zu leicht macht, da man es schließlich haben muß, um es zu tilgen; das sich nur dialektisch angreifen läßt, wie es bei Schönberg geschah. Trotz allem jedoch offenbart diese Musik in manchem Teil einen richtigen Erkenntnisstand, durchwegs Konsequenz und stets die Macht der Irritation; und das ist nicht wenig. War der Erfolg ein Mißverständnis des Publikums, so mochte dafür entschädigen, daß Hauers bisherige Isoliertheit ebenso mißverständlich ist. Und schließlich ist es nicht einmal ausgemacht, ob es sich wirklich um einen Mißerfolg handelte, ob nicht aus Hauer malgré lui plötzlich echte Musik herauskommt. Jedenfalls wäre sein Dilettantismus gegen sehr vieles übliche Können zu verteidigen.

Die Nationalkomponisten aller Länder vereinigten sich. Sie haben nichts zu verlieren und ihre Ketten zu gewinnen, die sie Bindungen heißen. Die Internationale des Nationalismus ist dafür die beste Organisation. Nächst Bartók, den sie mit einigem Recht beanspruchen dürfen, führte sie diesmal Janácek an mit dem Klavierconcertino. Das Stück wird vom öfteren Hören nicht besser, seine Kanten schleifen sich aus, und ein Literatenprogramm mit Igeln und Käuzchen und »meiner Klarinette« (ob das wohl Janácek geschrieben hat?) kompromittiert es bedenklich. Kompositorisch geht es sehr bescheiden darin zu, und nur ein Echtes im Ton und ein schönes Ungeschick unterscheidet es vom üblichen mythischen Betrieb. Frau Stepánowá-Kurzowá spielte es sehr schön. – Das a cappella-Oratorium »Leben und Gedächtnis der heiligen Brüder und Slavenapostel Cyrill und Methodius« des Südslawen Bozidar Sirola sucht romantisch den Stil slawischer Liturgie zu erneuern durch eine Synthese aus kirchentonalen Bildungen und traditionaler Volksmusik. Man kann sich denken, daß das, an die kontrastarme Materie des Chorklanges gebunden und kontrapunktisch unentfaltet, nicht über viele Stunden zu fesseln vermag und wohl überhaupt wenig Aussichten gibt. Immerhin ist sympathisch an dem Stück eine Reinlichkeit der menschlichen Haltung, der die Koketterie mit dem Nationalen fern liegt, die vielmehr gutgläubig darauf sich stützt. Wenn es damit sein Bewenden hat, so liegt es am Nationalen. Man konnte, unter der Direktion von Srecko Kumar, den profunden Klang der Bässe des Zagreber Gesangvereins »Kolo« bestaunen. – Die beiden Werke des Festes, die sich Symphonien nannten, bekennen sich ebenfalls zum Folklore. Die zweisätzige Fünfte Symphonie von Carl Nielsen hat dabei den besseren Stand. Im Grundhabitus durchaus der älteren Generation zuzählend und ganz im landschaftsmalenden Impressionismus verhaftet, hat sie musikalisch Substanz in sich, die es im Gewohnten nicht duldet. Das nordisch Herbe ist in dieser Symphonie nicht nur Phrase, sondern prägt doch manchmal die Musik. Eigentlich symphonische Spannungen gibt es in dem abgesteckten Phantasiemilieu nicht, aber manchmal unverbrauchten Klang. Technisch sind die Sätze, wenn man von der symphonischen Prätention absieht, durchaus respektabel, und der erste Satz fällt nicht in die Konvention. So ist es zu begreifen, daß das Stück, nachdem Furtwängler es unter seinen starken Schutz nahm und in völliger Beseeltheit darbot, starken Erfolg fand. – Dagegen ist die Zweite Symphonie von Emil Axman ganz unerfreulich. Absichtlich musikantisch aufgezogen, mit Smetana-Ambitionen, die sich keinen Augenblick erfüllen, technisch offenbar sehr wenig fundiert und viel zu lang, kann sie als Schulbeispiel für die ideologische Funktion der national affichierten Musik stehen. – Zu den folkloristischen Arbeiten muß auch das Streichquartett des jungen Russen A. Mossolow rangieren, so schade es darum ist. Das Stück, sehr unfertig noch, zeigt viel Klangsinn und harmonische Courage; dem Bartók des Zweiten Quartetts steht es am nächsten. Aber die Scholle hat es ihm noch angetan. Immerhin ist die Erkenntnis schon wach, daß es der Scholle an Tragfähigkeit mangelt, und anstelle von Schlüssen treten jedesmal Pointen, die dann stets alles Vorangegangene dementieren. Jedenfalls ist das Stück ausnehmend begabt. Die Aufführung durch das Kolisch-Quartett war von einer kaum vorstellbaren Vollkommenheit des Klanges. – Die romanischen Versuche nationaler Absicht präsentierten sich diesmal als Kostümstücke. Die »Danze del Re David« des ursprünglich sehr talentierten Mario Castelnuovo-Tedesco haben es diesmal nicht mit Italien, sondern mit Palästina zu tun; es scheint für einen Folkloristen keinen gar zu großen Unterschied zu machen, welches Volk er gerade komponiert. Die Danze sind erschreckend hohle Festmusik, wurden erträglich allein durch die meisterliche Interpretation Giesekings und dankten ihr sogar einen großen Publikumserfolg. Ein langatmiges Klaviertrio des Spaniers Joaquín Turina unterscheidet sich von echtbürtiger Café-Musik allein durch die Langeweile und hätte wirklich nicht aufgeführt werden sollen. Dafür wurde es sehr gut aufgeführt durch Arrau, Frenkel und Maurits Frank.

Es ist nicht alles Dreck, was glänzt, und ein Musikfest will seinen Clou haben. Daß es diesmal Ernst Toch träfe, ließ sich unschwer prophezeien; von allen aufgeführten Stücken ist sein Klavierkonzert das wirkungssicherste und hält zugleich ein so achtbares Niveau, daß die Musiker sich nicht zu genieren brauchen, es gut zu finden. Die Schwäche liegt, wie stets bei Toch, in den Themen; die entweder, im ersten Satz, unplastisch und zufällig sind, derart, daß man genau das gleiche Stück auf anderen Themen aufgebaut denken könnte; oder deren Plastik durch Banalität erkauft ist; das Rondo disturbato ist nicht eben gewählt. Auch ist nicht recht die Notwendigkeit einzusehen, warum der Straussische Orchesterklang auf eine dissonante Harmonik und das Hindemithsche Dynamo übertragen wird. Man könnte sogar die Notwendigkeit der neuen Mittel in dieser Spielmusik noch tiefer bezweifeln als die der alten. Aber wie es sich damit auch verhalte, es ist alles mit so überlegener Virtuosität hingesetzt, daß man, wenn es schon durchaus neue Klassizität sein muß, dem Stück seinen Erfolg gerne läßt. Es gibt nicht gar so viele Unterhaltungsmusik, die tatsächlich unterhält. In die Ehren der Aufführung teilten sich Scherchen und Walter Frey. – Nicht minder objektivistisch gedacht als das Toch-Konzert, aber aus ganz anderen Quellen gespeist ist das Magnificat von Kaminski. Wenn es mich trotz seines manifesten Ernstes und starker musikalischer Details wiederum nicht überzeugte, so darum, weil mir die Voraussetzungen unstimmig erscheinen, die das Werk macht, ehe es nur anhebt, die Voraussetzung einer liturgisch erfaßbaren Gemeinde und die zweite, daß die Mittel der alten religiösen Musik, romantisch getönt nur, heute noch die gleiche Macht der Realität haben wie zu Bachs Zeit; während sie jede Sekunde in Widerspruch mit einem sehr funktionellen, den ontologischen Haftpunkten entfremdeten Bewußtsein geraten, das sie selber sogar, ohne es zu wissen, als subjektiven Reiz nutzt. Wiederum setzte sich Scherchen für das Werk mit überredender Leidenschaft ein.

Folgt die Revue der neuen Klassizität. Es hebt sich heraus: ein Quartett von Wladimir Vogel, der Busonischule zugeordnet, im Stil etwa Kurt Weill verwandt, sichtlich begabt, wenn auch etwas unkonturiert und den Mangel an Kontur objektivistisch ausnutzend, schwer abzuschätzen nach einmaligem Hören, aber doch mit originalem Antrieb. Dann ein sehr graziöses, lustiges, gut gehörtes Holzbläsertrio des Dänen Jørgen Bentzon, von Mitgliedern des Kopenhagener Bläserquintetts vorbildlich gespielt. – Die Sonate für Flöte und Klavier von Willem Pijper ist wieder sehr geschickt und wieder ganz hohl; der Flötenklang von Joh. Feltkamp adelt das schwüle und allseitig versierte Stück. Das Dritte Quartett des Schweizers Conrad Beck scheint ebenfalls in der Busoniluft gewachsen, kennt aber auch Ravel, im langsamen Satz sind schöne Stellen, sonst wirkt es etwas amateurhaft. Ein schwächeres Werk weiter das Vierte Quartett von Bernard van Dieren, das den satten Quartettklang durch Vertauschung des Cellos mit einem Kontrabaß versachlichen möchte, in Wahrheit aber einzig dessen Homogenität auflöst. All diesen Arbeiten wird der Klassizismus und das Spiel zum Vorwand, auf die dialektische Exposition und Durchführung gezeichneter Themen zu verzichten.

Der Rest ist Schweigen. Besonders ungünstig waren die Franzosen vertreten. »L'offrande à Siwa« von Claude Delvincourt ist eine umständliche Gebrauchsmusik aus der Gefolgschaft des Sacre du printemps, dessen Rhythmik in impressionistischer Feuchte schwimmt; natürlich ist Indien nicht gespart. Völlig zurückgeblieben wirkt der Sonnengesang des unvermeidlichen Franz von Assisi, an den sich diesmal Raymond Petit gewagt hat; ein Stück, dessen Absichten unverkennbar auf Puccini zielen, ohne es ihm an Talent gleichzutun. Frau Mac Arden sang das sehr gut, und Walter Straram mühte sich als Dirigent vergebens um Delvincourt und Petit. Hätte man nicht Ravels neue Sonate herausstellen können? – Ganz fehl am Ort wirkte eine fossile symphonische Dichtung des Amerikaners Henry F. Gilbert »The Dance in Place Congo«, der man nichts Böses nachsagen soll. Gar nicht fossil, sondern höchst zeitgemäß gibt sich die »Music for the Theatre« von Aron Copland, wieder eine Gebrauchsmusik, wieder mit Strawinsky, außerdem mit Jazz und vor allem, was sie am letzten sein dürfte: ehrlich langweilig. Endlich gab es aus England einen Psalm von Whittaker; wenn ich mich recht an die Partitur entsinne, eine gelehrt archaistische Arbeit; nach der Aufführung infolge anhaltender Distonation kaum zu verstehen und nicht eben aktuell.

Als Festoper hatte man Busonis Faust gewählt; nicht zufällig vielleicht angesichts der auffällig hohen Zahl der an Busoni orientierten Werke. Es steht nicht an, nach einmaligem Hören von dem Werk zu reden. Zumal ganz unausgemacht ist, was dem Ergebnis der Aufführung, was der Oper gebührt. Immerhin setzte vieles einzelne sich lebendig durch, und deutlich wurde auch die romantische Unzulänglichkeit des Wunschbildes in seiner Totalität.

Das Ergebnis des Festes entzieht sich abstrakter Benennung. Es gibt keine Einheit der musikalischen Produktion heute und darum kein einheitliches Resultat eines Festes. Die Gefahr der Verfestigung von Gehalten, die ihrem Wahrheitscharakter nach sich nicht mehr verfestigen dürften, wurde freilich sehr evident. Aber damit ist ohnehin zu rechnen und im Rahmen der Internationalen Gesellschaft ist ein anderes Ergebnis kaum denkbar. Daß das Fest dem Kammerkonzert von Berg allgemeines Gehör erwirkte, ist bereits übergenug für eine Veranstaltung, die von sich aus mit allem Bestehenden paktieren will und dem Zwang zu paktieren nicht ausweichen kann.

 

SEPTEMBER 1927

 

Es muß darauf verzichtet werden, von den Ereignissen dieses Frankfurter »Sommers der Musik« mit dem Anspruch selbst nur fragmentarischer Vollständigkeit zu reden. Denn mit der Aufführung der Geschehnisse allein ist nichts geschehen und die kritische Auseinandersetzung müßte bei bescheidenster Anlage bereits den Rahmen sprengen, der dem Referat gesetzt ist. Mag also das Kleine und Einzelne fürs große Ganze stehen. Nicht einmal völlig zu Unrecht sogar. Denn die Ausstellung »Musik im Leben der Völker« gibt in ihrer weitläufigen Vollständigkeit recht eigentlich die Totalität des Vereinzelten: den zerfallenen Kosmos fürs Ohr ersetzt sie durch eine stumme Realenzyklopädie fürs Auge. Daß Musik, die gehört werden will, ausgestellt wird; daß man alle Dinge, die aus ihrer musikalischen Verwendung Sinn empfangen und deren Verwendung insgesamt Musik ausmacht, von dieser Verwendung abspaltet und sie bar der Möglichkeit konkreter Handhabung zusammenfügt zu einem Potpourri der Bilder und Namen – zeigt es nicht an, daß der Sinn jener musikalischen Wirklichkeit, deren Stelle hier abstrakte Synthesis des Mannigfaltigen einnimmt, verging und übrig blieb allein seine unlesbare Lineatur, aufgezeichnet im Labyrinth der Ausstellungsgänge; weiter nur das verstummende Einzelne, das der Sinn verließ? Wer die Erkenntnisse der Ausstellung sich nicht mit gebildetem Respekt versperrt, wer das aufgeblätterte Scherzo der g-moll-Symphonie im österreichischen Saal wahrhaft unter Glas gewahrt, eine Seite bloß des atemlosen Manuskripts, die unter dem Auge zu versteinen scheint; wer dies gewahrt und vielleicht gerade von den leeren Stühlen eines aufgebahrten Jazzorchesters kommt oder von der dämonisch vollkommenen Welte-Orgel, der wird vielleicht für eine Sekunde die geheimen Zeichen der Ausstellung entziffern und in ihr das bestätigte Werk von Geschichte finden, verwandt den fortgeschrittensten Intentionen musikalischer Wiedergabe und angemessen dem heutigen Stand von Wahrheit in vergangenen musikalischen Gebilden. So ist die Ausstellung in der Tat repräsentativ; in anderem und strengerem Verstande freilich als geplant: sie stellt die Dissoziation von Wahrheit in der heutigen musikalischen Situation dar und die Trauer um die Verlassenheit aller Musik, zitierende Allegorie einer imaginären Realität des Gesanges von Menschen. Sie richtet sich nicht, wie sie möchte, nach dem Niveau der vermeintlichen Gesamtkultur des Musikalischen, die sie spiegelte; sondern was heute musikalische Kultur heißt, ist organische Wucherung um den konstruktiven Plan jener Ausstellung und bestimmt tatsächlich von der gleichen Macht der blinden Rationalität, die sich als sichtbare Macht der Ausstellung bekennt. Die bürgerliche Musikübung dieser Zeit erblickt in ihr sich selbst; nicht buchstäblich allein, sondern damit auch bedeutend: die manifesten Regeln der Ausstellung sind ihre latenten, die Ausstellung ist ihr mächtiger Tagtraum. Damit ist ihr höchste erhellende Dignität zugeschrieben; höhere als allem zeitgenössischen Musizieren, das nicht auf die Veränderung des Bestehenden abzielt; höhere allerdings auch als ihren eigenen positiven Absichten, an denen sich gewiß vom vibrierenden, wenngleich zu spielen verbotenen Cembalo bis zu Delacroix' irritativem Chopin, vom modischen Folklore, dem auch die russische Abteilung nicht ausweicht, bis zur guten Rationalität der mechanischen Instrumente alle erdenkliche Lehre und Förderung gewinnen läßt; Absichten, die in erstaunlichem Umfang und mit stimmiger Konsequenz durchgeführt wurden, die aber immanent bleiben jener verstummenden Realität, die zugleich die der Ausstellung ist. Ihr positives und konkretes Maximum findet die Ausstellung, wie gesagt, in den abstrakten und toten Dingen, den Manuskripten und mechanischen Instrumenten. Von diesen sei hier nochmals Jörg Magers Sphärophon erwähnt, dem die unmittelbar elektrische Tonerzeugung gelingt, mit Elementen der Radiotechnik vereint; sowohl für die Teilungen der Skala wie vor allem für die Bildung aller naturgegebenen Klangfarben tut das Sphärophon radikal neue und vermutlich revolutionäre Möglichkeiten auf. – Der »Sommer der Musik« ist, wenn man will, eine vollendet gegebene Unendlichkeit und gleich jeder solchen antinomischen Charakters. Am meisten Interesse fanden bislang zwei Konzerte der Wiener Philharmoniker unter Krauss und die Woche für evangelische Kirchenmusik mit den Thomanern unter Straube; mit der h-moll-Messe, aufgeführt vom Hamburger Michaelis-Chor unter Sittard. Frankreich im übrigen war im Konzertsommer glücklicher vertreten als auf dem Fest der Internationalen: durch das Orchestre du Conservatoire mit seinen transzendenten Holzbläsern, am wirksamsten in der Fantastique unter Gaubert; durch Cortot, der ein unrettbares Konzert von Saint-Saëns rettete und mit Thibaud zusammen nicht allein die Debussy-Sonate authentisch interpretierte, sondern auch die Schätzung, die in Frankreich Franck und Fauré genießen, einigermaßen verständlich machte. Orchesterwerke freilich von Roussel und Florent Schmitt vermochten nicht zu erregen. Es ist zu erinnern weiter an einen Vortrag von Hába, der über den Stand der Vierteltondinge informierte, ohne mit den Arbeiten der Schüler allzuviel gute Musik zu zeigen; an das Gastspiel eines javanischen Gamelan-Orchesters, das Heptatonik demonstrierte; an das italienische Teatro dei Piccoli. Die Buntheit der Namen verblaßt vor der der Ereignisse.

 

OKTOBER 1927

 

Von den Strauss-Festspielen hörte ich mir die »Frau ohne Schatten« an. Sie ist nun wirklich, nach der Distanz von ein paar Jahren, erkennbar als das, was sie schien: als ein Gebilde, aus dem alles Leben entwich, das die starren Züge seines Schöpfers maskenhaft prägt, ohne daß der Mund noch einmal beredt wäre; welcher Kaiser hier versteinte, ist nicht schwerer zu sagen, als welcher Held vordem in der Sendlingergasse triumphierte. Dabei ist das Erstaunliche und weiterhin Aufschlußreiche, daß die Erstarrung nicht, wie man sich das so denkt, Gefühl und Einfall betrifft, während die ›Technik‹ selbsttätig weiterarbeitet; sondern daß die Technik selber und damit Straussens Zentrum ausgehöhlt ist. Die wuchernde harmonische Polyphonie, die einmal den luftigen Glanz des Straussischen Orchesters hervorzauberte, ist in der »Frau« abgefallen, die grobe und banale Akkordik ist übrig und die lockere Beweglichkeit der Instrumente reduziert sich zum figurativen Geklimper. Dieser Partitur läßt sich das schlimmste nachsagen, was man einer Straussischen überhaupt nachsagen kann: sie klingt nicht; neu an keiner Stelle und arm durchwegs. Womit bewiesen wird, daß es mit der Technik, die man hat, doch eine riskierte Sache ist; selbst wenn man sie, wie Strauss, wirklich hat. Immerhin bleibt der Monolog des Kaisers, in dem noch einmal die tektonische Härte und Großlinigkeit der Elektra waltet, und die Szene im Schlafgemach der Kaiserin: kurz die Stellen, in denen die Angst gestaltet wird und größer als geplant aus der toten Musik aufsteigt. Vielleicht bringt die Einsicht in das manifeste Wesen jener Musik der Dichtung einige Gerechtigkeit, die keine Schuld hat an dem Mißlingen der Oper und heute aus deren Gehäuse in reinerem Umriß schon sich hebt. Die Aufführung hatte ihre besondere Bedeutung durch Straussens Direktion, deren souveräne Meisterschaft, die Meisterschaft des kleinsten Mittels, dem geheimnislosen Mysterium gab, was es nicht ist. Die ganze Aufführung stand auf besonderer Höhe. Frau Gentner-Fischer als Kaiserin und Frau Spiegel als Amme boten gesanglich Außerordentliches. Und wie schön das Frankfurter Opernorchester unter Straussens Hand klang, ausspielte, sich sammelte, läßt sich schwer beschreiben.

 

NOVEMBER 1927

 

Es soll hier kurz von zwei jungen Dirigenten die Rede sein. Jascha Horenstein ist in Berlin kein neuer Mann mehr; an dieser Stelle hat kürzlich erst Adolf Weißmann nachdrücklich auf ihn hingewiesen*. Ein Konzert in Frankfurt zeigte ihn als die exzeptionelle Dirigierbegabung in der Tat, die man versprochen hatte; als einen Dämon unter Routinierten, einen, dem die Musik zum Explosivstoff wird, und einen, der an den bestehenden Musiziernormen kein Maß hat; zugleich bereits als einen großen und sicheren Könner. Schon der Straussische Don Juan hatte unter ihm einen Funken, den man in dem auswendigen Stück kaum je gewahrte, und vollends die Interpretation der Ersten von Mahler fand im Zarten und Grellen und in der Gewalt des Durchbruchs einen Zeugen, der sie im letzten Satz über die Brüche des kompositorischen Materials hinwegtrug, den Sieg der Intention über das Gebilde durchsetzte, so daß man verstehen konnte, daß der Dirigent mit dem jungen Mahler selber verglichen wird von solchen, die jenen noch hörten. Man wagt wohl kaum viel als Prophet, wenn man Horenstein bald an autoritärer Stelle erwartet. – Ganz anders der Frankfurter Walter Herbert, Schönberg-Schüler, um die reproduktive Plastik, die reine Darstellung der Werke klar, energisch und sehr sensibel bemüht, den Stoff luzid beherrschend und selbst überaus beherrscht. Er brachte einen Abend Schweizer Musik. Othmar Schoecks Zyklus »Lebendig begraben« nach Kellers mächtigen Gedichten zeigte in der vorzüglichen Interpretation von Löffel Willen und Vermögen zum neuen Beginn bei einem Musiker aus Regerscher Schule und blieb von den Stücken des Abends weitaus das stärkste; eine kleine Suite von Volkmar Andreae setzt hübsch ein, verliert sich aber rasch ins Ungefähre. Honeggers Chant de joie endlich ist nicht repräsentativ, sondern recht wahllos in der Thematik, in der Scheinpolyphonie der Arbeit wenig gediegen und fatal pomphaft insgesamt. Honegger hätte seinen Ruhm endlich einmal ernsthaft zu legitimieren.

 
Fußnoten

 

* Vgl. Adolf Weißmann, [Berliner Konzertkritik], in: Die Musik 19 (1926/27), Bd. 2, S. 678 (Juni '27).

 

DEZEMBER 1927

 

Kreneks Orchester hat zur klanglichen Realität gefunden. Die Partitur des Jonny ist von der ersten bis zur letzten Note gehört, sicher gehört; darin scheint mir vor sichtbareren Ergebnissen der Wert der Oper zu ruhen. Die Erfahrung Strawinskys und die Anforderungen der Gebrauchsmusik, die weithin das Formprinzip im Jonny abgeben mag, haben instrumental zur vollen sinnlichen Konkretion geführt; die Einbeziehung des Jazz erzeugt sehr originale Effekte, ohne daß sie billig als kunstgewerbliches Ferment wirkten. Es ist darüber freilich die Musik von Kreneks Art beträchtlich abgelenkt. Nicht daß die Einbeziehung der Tonalität ohne weiteres als reaktionär zu gelten hätte, dazu sind die tonalen Akkorde doch zu fremd und konstruktiv eingestellt, nicht die Kadenzbeziehung herrscht organisch unter ihnen, sondern sie sind kahlen Flächen gleich aneinandergefügt; die Jazzharmonik spielt insgesamt keine so durchaus andere Rolle als etwa beim jüngsten Strawinsky die vorklassischen Durchgangsnoten ohne Durchgang. Aber trotzdem fehlt diesem Jonny die Gewalt des Absurden, die einmal jenes furchtbare Fortissimo an den Schluß der Zweiten Symphonie setzte und die dann immer wieder selbst in den schwächsten Werken durchdrang. Der Jonny ist eines der besten Werke dem Gesamtniveau nach, jedoch das Bild möglicher Musik, das in den schwächeren lebte, ist mehr wert als seine Wirklichkeit. Es ist, als hätte die Gebrauchsmusik das höhlenhafte Ungetüm gezähmt, das Krenek früher auf die Hörer losließ. Gewiß: der Jonny ist als Oper geplant im Sinne eines sehr entschlossenen Opernprogrammes, dem die Musik so wenig bedeutet wie das Buch: nämlich nichts als Mittel zur Wirkung der Szene als solcher. Allein es darf im Zeitalter des Zerfalls der geschlossenen Opernrealitäten füglich bezweifelt werden, ob ein solches reines opernhaftes Wesen überhaupt besteht und ob es sich mit dem subjektiven Willen allein durchsetzen läßt. Daß die Musik, der Absicht zuliebe, sich derart verkürzen muß wie im Jonny, wo sie niemals in den Vordergrund des Bewußtseins zu dringen vermag, sondern am liebsten wie eine vorzügliche Filmmusik verschwinden möchte, spricht dagegen und bestätigt die zwangvolle Problematik aller Gebrauchsmusik. Und auch der Text rettet nicht die Operngattung. Es ist allerdings einem Buch nicht literarisch nachzufragen, das bloß Menschen in tönende Aktion setzen will. Aber dabei bleibt es eben nicht. Denn nochmals wieder ist hier Kunst zum Gegenstand von Kunst geworden und nochmals wird ein Künstler erlöst aus seinen privaten Belangen, wenn auch zum Glück nach Amerika. Und ein Künstler repräsentiert die ach so neue Welt, ein schwarzer Palestrina. Auch herrscht eine Romantik der Gebirgshotels und Hauptbahnhöfe, die Kreneks fortgeschrittene Intentionen gewiß längst hinter sich ließen, und ein Auto fährt in seine Zeit, ohne völlig hinzukommen. Schließlich: daß dem Komponisten mit der abgestandenen Innerlichkeit die Freundin abgejagt wird, ist recht und billig, den Tod des Kitschgeigers von anno dazumal muß man begrüßen; jedoch Amerika als Wunschbild zukünftiger Gesellschaft bleibt suspekt, selbst wenn es gar kein Wunschbild, sondern bloß ein verspielter Tagtraum sein sollte. Zumindest wird mit solchen Spielen am Bestehenden nicht gar so viel geändert. Daß freilich dem Bestehenden, der Oper zunächst und endlich doch auch der Gesellschaft, nachgefragt ist, muß als große Leistung des Jonny anerkannt werden; und daß in Krenek genug dämonische Kräfte zum Generalangriff stecken, braucht er nicht erst zu beweisen. Es ist nur zu hoffen, daß er sie nicht zur Versöhnung mit einer vorgeblich gemeinschaftsmäßigen Musikübung dämpfe, die unter dem Mantel neuer Sachlichkeit die herrschenden Bedingungen der Existenz verklären möchte. Die ratio jedenfalls, deren Dienst er heute auf sich nimmt, ist zweideutig: die Kraft zur Entlarvung des Ideologischen wohnt ihr inne, aber sie kann selber Ideologie werden eben jener Ordnung der Dinge, die getilgt werden müßte. Die Möglichkeit solchen Kompromisses dementiert allerdings eine Art sprengender Schnödheit, die sich Krenek diesmal mehr im Text als in der Musik bewahrt hat. Yvonne, die beste Figur des Jonny, singt einmal: »Jonny bin ich losgeworden und den andern hab' ich nicht gehabt – schade um die Nacht«. Das singt ihr keine Jugendgemeinde und Schollengilde nach, keine Bewegungsgruppe wird einen Reigen darauf finden – und das ist gut. – Die Aufführung, erfreulich als Ereignis, mochte dem Werke nicht durchaus angemessen sein. Der Inszenator Brügmann ist als Opernregisseur Mann der liebenswürdig bunten Phantasieeinfälle, hat aber schwerlich für den Zauber der Entzauberung, der hier gefordert wäre, die Härtegrade. Piscatorzüge waren nicht zu fürchten, unter der leichten Hand gewannen Menschen und Dinge die Harmlosigkeit, die ihnen eben genommen werden müßte. Gut und wachsam die Direktion von Claus Nettstraeter, von Solisten anzuerkennen vor allem der gewandte Jonny von Herrn Ziegler und die Yvonne von Fräulein Bößnicker, ein entfesseltes Kammerkätzchen.

 

Im Museum gab es als Novität die Serenade von Milhaud; ein schwächerer Milhaud, leicht und leichtsinnig komponiert wie vieles aus jener Hand und weniger plastisch als das Gute. Der erste Satz ist ohne Themen immerhin sehr präzis und lustig in der Form, der zweite verschwimmt nach Anlage und Intention, die absichtliche Banalität des Finales hat ihre Meriten, und eine beneidenswerte Trompetenstelle steht darin. Das Publikum meinte wieder einmal an der verkehrten Stelle, es hätte mit der Revolution zu tun. Danach als Trost vier Orchesterlieder von Joseph Marx, die Elisabeth Rethberg vorzüglich sang. Gegen die Lieder soll hier nicht polemisiert werden, sie mögen in ihrer Sphäre sehr zuständig sein; aber daß 1927 in einer repräsentativen Konzertgesellschaft unter einem repräsentativen Dirigenten vor einem repräsentativen Publikum »Und gestern hat er mir Rosen gebracht« passieren konnte, verdient immerhin notiert zu werden. Vorher hatte man die D-Dur-Suite von Bach gehört!

 

JANUAR 1928

 

Es kam Verdis »Forza del destino« in der Bearbeitung von Werfel heraus. Das Verdi-Publikum blieb etwas ratlos, nicht des Werkes wegen, sondern weil ihm sein Verdi-Horizont durch die vier oder fünf gewohnten Opern abgesteckt ist und eine Störung des Horizontes Beschwerde macht. Tatsächlich will die Forza zu den fixierten Typen der hierzulande beliebten Verdi-Opern sich nicht schicken und hat so wenig die theatralische Evidenz des Trovatore wie die partikulare Konzentrationskraft der Aida und des Otello. Wem es also um die Reinheit der Verdischen Opernformen geht, der mag die Forza ablehnen als unentschiedenes Zwischenwerk. Frage nur, ob die stilgeschichtliche Kritik Verdis die Gehalte seines Werkes zentral erfaßt. Denn sie setzt voraus, daß die Werke, jedes in sich, als Einheit verstanden werden müßten, die sich zusammen der höheren Einheit einer aufsteigenden Entwicklung einfügen. Es will aber vielmehr scheinen, als ob der Bestand jener Werke gerade an den Zerfall ihrer Einheit gebunden wäre und die große, wie sicher auch gestaltete Opernform nur das Mittel, die einzelnen Teile mit eben der theatralischen Sprengkraft zu laden, die sie in die Geschichte trägt. Nicht zufällig leben von Verdi Arien und Ensembles zumal; daß sie freilich leben, bedarf es der Werke, die absterben, um die Stücke freizusetzen. Von hier aus gesehen gewinnt auch das Problem von Verdis Texten, dem immer noch allzu musikdramatisch nachgefragt wird, einen völlig anderen Aspekt. Es sind jene Texte allein die blinkend geschlossene Klaviatur, die die Saiten der Affekte bewegt, deren jeder vom anderen übergangslos getrennt ist. Nur die psychologistische Umdeutung der Opernintention vermag dies bestimmende Verhältnis zu verkennen. Gegen das schicksalswütige Forza-Buch läßt sich dramaturgisch alles Erdenkliche einwenden, und seine Romantik ist in sich bereits so welk, daß zu seiner Beurteilung Marionettendramaturgie allein zuständig wäre. Aber wie dies Buch stumme Bewegungen über den Köpfen der Figuren vollführt, bringt es die Sterne zum Klingen, die in dürftiger Astrologie von den Figuren dargestellt werden. Kaum in einer anderen Oper Verdis hat das lyrische Selbst die objektiven Wahrheitscharaktere unvermittelter und konkreter getroffen als in der Forza; kaum anderswo ist die Gewalt der Nummer größer als hier: wie wenn die Nummer Zeichen wäre eines Ganzen, das nicht jene Oper ist. Man muß, ohne lang über das Stilgerechte sich zu ereifern, anerkennen, daß Werfel dies Zeichenhafte richtig gesehen und nach Kräften akzentuiert hat, wenn auch die drastische Anrede jener Gehalte sie zuweilen eher verstellt als aufdeckt. Allein es ist besser, wenn Alvaro sich immerhin an Dostojewskij orientiert, als wenn er zum dramatischen Individuum verfälscht worden wäre. Die Aufführung war besonders liebevoll, die Regie Wallersteins sparte nicht am Glanz des Auswendigen, der dem mythologischen Gebilde wohl ansteht, Krauss lieh sein Temperament, und Gläser als Alvaro sang ganz besonders schön. Man wünscht, daß die Aufführung dem Frankfurter Repertoire erhalten bleibt: wäre es auch gegen die Gewohnheit des Publikums. – Neu einstudiert wurden »Hoffmanns Erzählungen«, gewiß mit Recht, da der Geist und die Geistchen der vorgeblich romantischen Oper frisch geblieben sind, als wären sie verkapselt. Aber die Aufführung war nicht recht glücklich; musikalisch der breiten Tempi wegen, die die unausgeführte, in Pointen sich bewährende Musik in Operndimensionen exponierte, die ihr nicht angemessen sind; szenisch um der kunstgewerblichen Bemühungen willen, die im zweiten Akt sozusagen einen Veronese zustande brachten, in dem es vor lauter Bild keine Atmosphäre mehr gab, so daß ganz konsequent die entscheidende Spiegelarie fortblieb; und im dritten aus dem Mirakel, in völligem Mißverständnis des dämonischen Zwischenwesens der Figur, eine reichlich klappernde Todesallegorie machten. – Schließlich bleibt zu erwähnen ein Tanzabend der Karsawina, Absage an den Ausdruckstanz, als pures Ballett hinter jenem zurückgeblieben und einer vergangenen Gesellschaft zugeordnet, zugleich aber fortgeschrittener als der Ausdruckstanz, weil an Stelle der privaten Expression doch eine sehr verbindliche Verfügung über das Material steht. Es wäre Zeit, daß man auch im Tanz aufhörte, dies Können zu verachten. Bei der Karsawina triumphiert das Plusquamperfekt über das Perfekt und wird fast aktuell.

 

Clemens Krauss hat sich das Verdienst erworben, Strawinskys »Sacre du printemps« in Frankfurt bekannt zu machen. Wenn die Aufführung verspätet erscheint, so soll damit gewiß kein Vorwurf gegen den Dirigenten erhoben werden, der auch jetzt im Museum noch kein dankbares Publikum für das Stück fand, es bezeichnet nur den Stand der musikalischen Dinge in der deutschen Provinz. Es bezeichnet zugleich allerdings auch einiges am Werke selbst. Das Sacre du printemps ist schnell alt geworden. Die impressionistische Deszendenz des Elementarischen darin ist heute recht offenbar, und Scholle bleibt Scholle, auch wenn sie zu noch so massigen Erdklumpen geballt ist. Es herrscht eine Romantik der Frühe darin, die bei aller sachlichen Haltung der übel beleumundeten des endenden Subjektivismus nicht völlig fremd ist, und wenn in dies Irreale wirklich ein russisch Ursprüngliches einging, so wird es in seiner ideologischen Umgebung sogleich zweideutig. Der nächstliegende Vorwurf allerdings: daß es dem Werk einfach an musikalischer Substanz gebreche, besteht nicht zu Recht. Denn das explizite Melos ist mit großem und hellem Bewußtsein ausgespart, und die Musik, exemplarisches Urbild aller Gebrauchsmusiken, reduziert zum Motor der Bewegung von Körpern, an denen ihre Konkretion eigentlich haftet. Es bezeugt die Stimmigkeit von Strawinskys Ballettform, daß abgelöst vom Tanz dem Sacre durchweg ein Leerraum bleibt. Die Technik der Musik, die unter völliger Preisgabe nicht nur offener Melodik, sondern auch motivischer Polyphonie auf Rhythmus und Farbe sich beschränkt, tut das Ihre dazu. Das Sacre gehört aufs Theater. Immerhin ist die Virtuosität stets noch schlagend, und solange das Bewußtsein des Publikums so weit zurück liegt, daß es vom Sacre seine heiligen Belange angegriffen glaubt, hat man keinen Grund, die Überalterung des Werkes herauszukehren: sie wird sonst nur ein Vorwand, allein noch Älteres zu bieten. Voran ging eine sehr schöne Suite von Purcell. – Während das Folklore des Sacre seine individualistische Herkunft nicht verleugnen kann, ist Schönbergs Pierrot, Werk des einzelnen und aller kollektiven Bindung ledig, von solcher Macht der personalen Gehalte, so bestätigt von Geschichte, so mächtig in der Konstruktion, die noch halb verhüllt unter der expressiven Absicht bleibt, daß diese Musik, die isolierteste von allen, va banque eine verbindliche Würde gewinnt, die alle Pseudoobjektivität der stabilisierten Musik von heutzutage widerlegt. Die Melodramen wurden im Frankfurter Sender von Erwin Steins Wiener Ensemble unübertrefflich und authentisch aufgeführt. – Es ist zu gedenken eines Kammerkonzertes, in dem die ungemein musikalische Geigerin Edith Lorand Tänze der verschiedensten Sphären höchst lebendig wiedergab.

 

FEBRUAR 1928

 

Die Oper verzichtete im Dezember auf jegliche Eroberung mit eigenen Kräften. Dafür überließ sie zweimal ihre Räume einem Gastspiel des Diaghilew-Balletts, sehr dankenswerterweise. Man weiß, Diaghilew vermittelt zwischen dem Konstruktivismus Tairows etwa und der Ballettradition; aber seine Truppe hat soviel ursprüngliche Substanz zur Verfügung, daß trotzdem kein Kabarett herauskommt und wieder auch kein Tanzgruppensport. Das Vermittelnde deklariert sich offen als solches; die Statik hat konstruktiven Zug, die Dynamik hält es mit der Natur; die Dekorationen sind entweder richtig von Picasso und Derain oder wenigstens aus der Gegend von Braque; begleitet wird das von mehr oder minder gewohnten Gebrauchsmusiken, nach denen sich tanzen läßt. Das erste Stück, der Zauberladen, spielt vor einem phantastisch-klassizistischen Bild von Derain; täuschend normal anfangs, verwandelt es sich unter dem Blick in ein Gobelinmuster oder weiter in ein unlesbares Ornament, während Menschen und Figurinen darin agieren. Es läßt sich von einer Musik begleiten, die Respighi nach Rossini arrangiert hat und die wohl mit der Rossiniana-Suite identisch ist. Vorbild war offensichtlich Strawinskys Pulcinella, der die Faktur bis in Einzelheiten der – übrigens außerordentlich subtilen – Instrumentation entspricht, selbst darin, daß gegen das Ende die originale Harmonik immer energischer verstellt und durchkreuzt wird. Dabei ist aufschlußreich, wie schnell Strawinskys Verfahren in der Imitation seine schöne Gehässigkeit verliert und zum Maskenscherz schrumpft. – »La Chatte« ist eine nicht völlig durchsichtige, wiewohl silberne Angelegenheit mit sodomitischen Reflexen und jener frisch entdeckten Perversität des Technischen, die zwischen Leibern und Trichtern so wenig mehr unterscheidet wie zwischen Brunnen und Influenzmaschinen. Daran mag Cocteau gedacht haben, als er die elektrischen Lampen die neuen Orchideen nannte. Die Musik schrieb Henry Sauguet aus der Ecole d'Arcueil, sicherem Vernehmen nach ein radikaler Mann, dessen Radikalismus jedoch offenbar darin besteht, es der Harmlosigkeit möglichst gleichzutun, um sie aus der Nähe der nächsten Ähnlichkeit zu zersprengen; und er wird ihr schließlich so ähnlich dabei, daß man ihn nicht mehr unterscheiden kann; die Revolution findet in der Stille statt, man hört nur ein paar Akkorde, die auch bei Strawinsky stehen und also ohnehin nicht revolutionär sind. Aber eine wunderbar schmale, hochbeinige Tänzerin bewegte sich herrlich dazu, den Kopf wie eine Hohlplastik. – Zum Schluß de Fallas »Le Tricorne«. Sehr zweckmäßige, prätentionslose, immer anständige Musik, gegorener Nachimpressionismus. Das Ballett ganz frei, in der schlichteren Luft merkbar zu Hause. Das Schönste der spanische Prospekt von Picasso; mit geträumten Brückenbögen, Fensterchen, die wie Fahnen im Wind hängen und einem Grau, in dem mehr Sonne und südliche Essenz steckt als in allem strahlenden Gelb aller vernünftigen Regisseure.

 

Der österreichische Kapellmeister Clemens Krauss hat eine Schwäche für die österreichische Musik; keiner wird ihm das verargen. Anstatt nun aber für die großen zeitgenössischen Komponisten seiner Heimat: Schönberg, Berg, Webern einzutreten, fällt seine Wahl auf Heimatkomponisten und Zeitgenossen, die aufzuführen jenseits des Ringes Notwendigkeit nicht vorliegt. Diesmal stellte er im Museum die Tanzsymphonie von Reznicek vor. Reznicek hat bekanntlich Hebbels Judith komponiert, indem er die Dialektik wegließ. Nicht minder radikal verfuhr er in dem neuen Opus. Hier fällt des Tanzes wegen die Symphonie aus und der Symphonie wegen der Tanz. Jedoch selbst die Orchestersuite, die mit solchen Opfern erkauft wird, bleibt erschreckend dürftig insgesamt. Dem neudeutschen Orchesterklang ward nicht einmal das Minimum an Polyphonie zugemutet, das ihn beweglich erhält; den rhythmischen Charakteren zuliebe, die wieder so banal sind, daß sie die Musik von sich aus gewiß nicht tragen. Nach eigener Substanz sucht man völlig vergebens: es ist ein eingefrorener Strauss mit etwelchen Stimulantien. Die Polonaise ist wenigstens in der Form einigermaßen konzis; der Csárdás indessen bleibt stecken, als sollte er verhöhnt werden, und dem Ländler mangelt selbst der Charme aus siebenter Hand, den man erwarten dürfte. Eine völlig leerläufige Tarantella macht das Finale. Manche finden das Stück gut instrumentiert, und wenn gut instrumentieren heißt: einen allzu oft gehörten Klang sicher reproduzieren, dann ist es die Tanzsymphonie; aber wer wird noch so bescheiden sein? Wollte ein Dirigent gelegentlich seine Virtuosität an solchen Dingen ausleben, ohne sie weiter zu belasten, es wäre nicht viel dagegen einzuwenden; erscheinen sie aber gehäuft und mit Bedacht auf den Programmen, so ist doch nachdrücklich wieder einmal an die Verantwortung des Dirigenten in der Bildung der Programme zu erinnern. – Der Rest des Abends gehörte Mozart. Die Ivogün sang unvergleichlich drei Arien; so wie es ihr heut keine nachmacht. Und aus einem Fagottkonzert wurden zwei Sätze gespielt, die klangen, als wären sie in einem Lederetui sorgsam und ohne Licht hundertfünfzig Jahre aufgehoben worden; heitere Musik, die die Zeit traurig gemacht hat.

 

MÄRZ 1928

 

Rezniceks »Ritter Blaubart«, zu dem Text von Herbert Eulenberg, ist eine neudeutsche Oper insgesamt; so durchaus, daß bei ausreichendem Geschick jedes ihrer musikalischen Details exakt sich deduzieren ließe, gleichgültig, ob ein Becken den Dämon avisiert, ob gedämpfte Streicher einen Waldsommertag auftun oder ob am Schluß Feuerzauber mit anschließender Erlösung stattfindet. In dieser aus Überraschungen addierten Welt gibt es keine Überraschung mehr, sie ist durchsichtig wie eine Glaskugel geworden, in deren Innerem einiges an Farbe sich brechen mag, ohne doch dem Auge zu verwehren, die Wände des Zimmers zu treffen, dessen Schmuck die Glaskugel allein dient. Der bloße Name jenes Zaubers genügt bereits, ihn zu entzaubern und nüchtern in der bürgerlichen Wohnung zu lokalisieren; Strauss, von jenen Zauberkünstlern der sicherste, hat denn auch zum Schluß der Vorstellung sein Publikum hinter die Szene geladen und ist der Entlarvung glücklich zuvorgekommen, indem er die Skatkarten selber aufdeckte, mit denen er stets schon spielte. Nach dem »Intermezzo« kommt jede schlankweg neudeutsche Oper zu spät, gleichgültig wann sie geschrieben ward; zu spät selbst für ihr Publikum; der kritische Richter sieht sich auf das rohe und antipathische Amt des Nachrichters zurückgeworfen, der nur noch den Spruch zu vollziehen hat, den Geschichte aussprach. Immerhin kann er, vor staatlichen Scharfrichtern bevorzugt, sein blutiges Handwerk mildern, indem er fragt, wie das Werk etwa in seiner Sphäre stehe. Es ist das freilich eher schon historische als kritische Frage. Aber getrost läßt sich antworten, als neudeutsche Oper sei der Blaubart gut. Strauss-Epigonentum, gewiß, und anständig als solches deklariert; indessen ist es der bessere Strauss, dem gefolgt ward; dessen abbildnerische Leidenschaft die Tür der Dissonanz aufstieß; und Reznicek folgt ihm ebendahin. Zwar was hier Dissonanz heißt, ist uns längst zur zweiten Konsonanz geworden; jedoch es gibt im »Blaubart« viel Elektra und keinen Rosenkavalier, und welcher neudeutschen Oper ließe sich schließlich soviel Haltung attestieren? Illustrationsmusik, gewiß; aber stets mit wirklichem Sinn für den auswendigen oder psychologischen Gegenstand illustriert, nirgends außer etwa am Schluß ungefähr; prompt so, wie man es erwartet, aber auch wirklich so, nicht hinter dem fertigen Schema zurückbleibend; und schließlich mit österreichischen, oftmals recht feinen Ohren gehört und instrumentiert. Neudeutsche Oper insgesamt, gewiß, nirgends den Umkreis sprengend, aber auch geschlossen darin, balanciert, abgeschliffen und rund; wenig Puccini, nicht viel Wagner, ein eigener Stil beinahe kraft dessen, was an fremdem Stil sorgfältig wegblieb. Nur der Text von Eulenberg: da gibt es kein Pardon, der gehört in die Hölle zerbrochener Marionetten, und im dritten Akt, an dem auch die Musik zerplatzt, installiert jene Hölle sich bereits sichtbarlich auf der Bühne. Allein jedenfalls, man muß, wenn man mit dem Blaubart Bescheid weiß, zugestehen, daß die Distanz etwa zu »Irrelohe« nicht gar so groß ist. – Die Aufführung unter Nettstraeter wäre vielleicht weniger massiv ausgekommen; im Zentrum stand der ausgezeichnete Blaubart des Herrn Stern; als mittelalterliche Geschwistermädchen machten die Damen Ursuleac und Kandt gute Figur. Es gab einen Premierenerfolg.

 

MAI 1928

 

Stets noch hält die Frankfurter Oper mit der Aufführung diskussionsmöglicher, zeitgenössischer Werke zurück. Kann von Zurückhaltung überhaupt noch die Rede sein? In der letzten Zeit gab es gar keine Novität; außer einer nicht durchwegs glücklichen, wenn auch von der Regie sehr belebten Neueinstudierung des Zigeunerbaron nur Così fan tutte, in einer allerdings durchwegs sorgsamen Aufführung, mit sehr anmutigen Bildern von Sievert, hübschen Einfällen von Wallerstein und guten Tempi von Clemens Krauss. Es geht nicht an, die mangelnde Popularität des Werkes allein auf die spannungslose Durchsichtigkeit der Handlung, die eher musikalische denn szenische Extension, die klangliche Kontrastarmut der Sextettoper zu schieben; denn all dies sollte die Vollkommenheit der Musik spielend paralysieren, deren Form in der schmerzlichen Distanz des Spätwerks sich völlig in sich verschließt. Viel eher wäre zu fragen, ob nicht eben jene Vollkommenheit vom Werke abschrecke, in dessen klarem Spiegel der Hörer sich selbst als sterblich erkennt; ein Weniges an Niedrigem, Papagenohaftem, Leporellohaftem mangelt der Oper, die Trauer ihrer Vergeistigung durch den Reflex von Wirklichkeit zu versöhnen. So lebt nicht Così fan tutte, sondern dauert; aber immer wieder hat davor das Staunen zu beginnen und keiner kann unverändert am Denkmal vorüberschreiten, auch wenn dessen Sprache die der Hieroglyphen ist. Frau Gentner-Fischer sang sehr schön als Fiordiligi, die Despina lag bei Frau Kern in den graziösesten Händen und Herr Ziegler stellte ein gutes Zwischenwesen von Intrigant und Buffo.

 

Die Ausbeute von zwei Museumskonzerten war nicht erheblich. Die ausgegrabene frühe C-Dur-Symphonie von Schubert ist ein schwaches Stück; so erschrickt der Funke vor sich selber, kommt sich dilettantisch vor, sucht zu lernen und vermag nicht anders den Komponiernoten zu folgen, die er sich gegenüber findet, als indem er sich braver gibt als der bravste Konservatorist, der in solchen Fällen eher genial sein möchte; gewiß dokumentarisch von viel Interesse, aber aufzuführen nicht durchaus notwendig und jedenfalls nur dann möglich, wenn die Interpretation mit mehr Raffinement und Zärtlichkeit ans Werk geht, als es hier geschah. – Ravel, gewiß einer der repräsentativen Komponisten der älteren Generation, wird in Frankfurt selten glücklich vertreten. Diesmal sang Vera Janacopoulos drei Lieder mit Orchester, Scheherazade, deren Texte wahrer Abhub der französischen Neuromantik sind; die Musik dazu malt Klang in einer Weise, wie man sie, gröber nur, im neudeutschen Revier allzu gewohnt ist; ihre weiche Verschwommenheit verrät nichts von der Ravelschen clarté und das ganze könnte von Florent Schmitt sein: Musikfest-Musik. Der Franck-Schüler H. Duparc hat es zwar mit zwei der schönsten Baudelaire-Gedichten zu tun, mauert sie aber in einen unausstehlich gediegenen Akademismus ein, daraus kein Ton ihrer Sprachmelodie mehr frei wird. Die Ehre des Abends rettete Strawinsky mit zwei kleinen Orchesterliedern präzisester Sicherheit; darunter das höchst virtuos instrumentierte »Tilimbom«. Die »Fee Mab« von Berlioz endlich, Prunkstück der Instrumentationslehren, erwies sich nicht mehr als ganz wetterfest! – Im nächsten Konzert gab es nach den matten Haydn-Variationen von Brahms den neuen »Panathenäenzug« von Strauss, Programmusik, symphonische Etüden und Passacaglia in einem; trotz der dreifachen Nomenklatur indessen nicht bloß für die linke Hand, sondern auch mit der linken Hand komponiert. Von allen Stücken des späten Strauss scheint mir dies denn doch die traurigste Angelegenheit; nicht allein mangelt es an jeglicher musikalischen Substanz: selbst das Orchesterkolorit, das in einer Gebrauchsmusik waschecht sein müßte, ist von völlig frappanter Dürftigkeit. Bleibt nur zu hoffen, daß die antikische Niaiserie kein Parergon zur ägyptischen Helena ist und Rückschlüsse auf jene erlaubt. Paul Wittgenstein spielte souverän. – – Die Sängerin Wally Kirsamer brachte in einem Konzert, vom Orchester des Hochschen Konservatoriums unter Schmeidel frisch begleitet, außer den archaistisch beschwörenden, aber anständig gemachten geistlichen Liedern von Kaminski (mit Geige und Klarinette) verdienstlicherweise eine Reihe Kammerlieder des jungen Frankfurter Komponisten Erich I. Kahn, die im klaren Satz und der exakten Form ernstliche Begabung verrieten.

 

Veristisches Ende

 

Zum Schluß der Spielzeit wurde noch die Cavalleria erneut, bekam ein frisches Bühnenbild und frische Sänger, darunter Herrn Völker mit der schönen Stimme des Turridù. Daß eine Erneuung der Cavalleria nicht allzu viele Horizonte aufzureißen vermag, läßt sich denken. Immerhin konnte man sehen, warum überhaupt die staubige Naturgewalt der blauen Reiseandenken sich nach bald vierzig Jahren noch zeigen kann, anstatt sogleich in Asche zu zerfallen. Die Auswanderer, die sich von Süditalien nach Argentinien begeben und von dort bereichert heimkehren, bauen sich zuhause Villen, weiß wie der Palast der Kirke überm Azur des beständigen Meeres, Tempeln gleich, mit vielen Säulen geschmückt: strahlender Kitsch, wahllos eingesprengt in die Geschichte der Landschaft, an gewalttätiger Barbarei weit noch allen Glanz der Riviera übertreffend. Gleichwohl indessen sind jene Bauten, mit Kartoffelwucher bezahlt und gänzlich scheinhaft, erträglicher als ihre sanfteren Geschwister an der ligurischen Küste: die ewige Drohung des vulkanischen Bodens, was auf ihm ist zu vernichten, so wie sie sich in Formation und Farbe kundgibt, rechtfertigt für den Augenblick den Schein des bestätigt Seienden, den hier die Architektur aus ausgelebten Formen zieht; der Schein wird vom Tod grundiert; für den kurzen Augenblick ihres Bestandes dürfen die Bauten wie Meßbuden alle Embleme der Mythologie ausleihen, die der nahe Tod erweckt; die Vergänglichkeit der Landschaft verewigt die vergängliche Glasur, mit der Menschen sie überziehen. Nicht anders mag es mit der Cavalleria sich verhalten. Die ständige Todesnähe der scheinhaften, über alles Maß unsoliden und dilettantischen, aber vom vulkanischen Drohen der rebellischen Natur selber begleiteten Musik verleiht ihr eine Leuchtkraft, die jedenfalls vom Widerspiel der Kategorien Kultur und Kitsch nicht getilgt werden kann. Sie aber wird evident erst, nachdem der Glaube an die unmittelbare Aktualität des Opernverismo gründlich verging: denn was an der Cavalleria heute noch wirkt, hat mit Geschichte so wenig zu tun wie eben der Kontrast von weißen Häusern und blauem Meer, dem es nichts verschlägt, ob das Weiß echt ist oder nicht. Die Cavalleria ist eine improvisatorische Insel, darauf Mythologie, wie sehr auch entstellt, aus Geschichte sich hebt, vielleicht um im nächsten Augenblick schon darin zu versinken. Sie ist darin inselhaft-singulär; der Bajazzo, mit dem man sie gewohnheitsmäßig heute noch verkuppelt, hält dagegen bloß die grauen neunziger Jahre. – Daß die Protuberanzen der Cavalleria erglühen, muß sie freilich mit mehr Gewalt des Durchbruchs musiziert werden, als es jüngst in Frankfurt geschah. Denn unbelichtet sind ihre Konturen bloß die einer leeren und schlechten Oper.

 

1928

 

 

AUGUST 1928

Mit der ortsüblichen Verspätung ist Hindemiths »Cardillac« nach Frankfurt gekommen; immer noch rechtzeitig genug, dem Stück allen schuldigen Respekt zu erwirken. Allein es wäre ungerecht, wollte man sich Hindemith gegenüber mit solchem Respekt bescheiden. Der Cardillac ist nicht nach dem Komponierniveau zu werten, das jenseits der Frage steht und kaum je bei Hindemith so gesichert sein mochte wie in der repräsentativ intendierten Oper: man hat zu fragen, wie sie ihrem Wahrheitsgehalt nach sich darstelle: ob sie Hindemiths Rang, wie ihn die deutsche Öffentlichkeit unermüdlich deklariert, tatsächlich bestätige und ob sie im Umfang seines Gesamtwerkes die zentrale Stelle einnehme, die sie beansprucht. Vor so radikaler Fragestellung will sich der Cardillac, rund heraus gesagt, nicht behaupten. Das große Hauptwerk, das sich vom Tage scheidet, um Dauer zu gewinnen, ist unter den Händen dem Komponisten zu einer Normalpartitur geworden, deren Zeitlosigkeit nichts anderes ist als Flucht aus der Zeit in eine trügende Region ewigen Spiels, die Hindemith um sein bestes, die helläugige Aktualität betrügt und ihn doch nicht unter die Sterne versetzt, da der winzige konkrete Ansatz mangelt, daran sein spezifisches Wesen sich entzünden könnte. Zufällig erscheint die Textwahl: als habe man ein Opernbuch gesucht für eine große abendfüllende Oper und dann dies praktikabel gefunden, ohne daß ein Zwang wäre, daß Hindemith dem Hoffmannischen Dämon Cardillac eine Begleitmusik machte oder gar dem weniger dämonischen Lion zu dem kunstgewerblich versierten Buch die große Ideologie liefere, seine psychologisch frisierten Puppen seien Spielfiguren strahlend neuer Sachlichkeit, die sie mit der Weihe ungezählter Fugatos und Inventionen beglänzt. Diesen polyphonen Stücken, die als selbständige Musikformen den musikdramatischen Vorwurf zur Oper erhöhen sollen, läßt sich nicht durchwegs vertrauen. Sie bieten eine ungebrochene Restitution des längst Gewesenen, nicht viel anders, als der romantische Reger sich um seinen Bach bemühte; dem Regerschen Ton sind sie in der Wahllosigkeit des Thematischen oftmals ähnlich genug und auch die undialektische, bei aller Beweglichkeit in der konsequenzlosen Wiederholung des gleichen Materials durchs Stimmengefüge hindurch eigentlich statische Struktur der Formen selber läßt an Reger denken: vom ersten bis zum letzten Ton gibt es nicht Geschichte in jener Musik, sondern was immer aufeinanderfolgt, ist gleichzeitig insofern, als es beliebig vertauschbar wäre. Die Formen der ›absoluten‹ Musik, auf die geflissentlich rekurriert ist, werden in der völligen Geschlossenheit des durchgehaltenen imitatorischen Stiles als solche manifest. Da aber ihr realer Grund – und die Macht des technischen Organisationsprinzips ihrer Wirklichkeit, der Tonalität – längst verging, so reduzieren die Musikstücke des Cardillac zu einer Fassadenarchitektur herab, die die echten Formprobleme um so weiter zurückschiebt, je heftiger sie sie negiert. Denn dann allein hätte die Formkonstruktion Macht, wenn sie hinter die musikalische Front verlegt würde, wenn jede kleinste musikalische Monade ungebunden und ohne Rücksicht auf einen vorgesetzten Oberflächenzusammenhang lebendig wäre und die Formtotalität unvermittelt aus der Konstellation der Monaden aufstiege. Indem aber Hindemith überall einen abstrakten Oberflächenzusammenhang sich vorgibt, seinen Formwillen ungehemmt von dem Zwang eines jeglichen sprengenden Details plan- und faßlich auslebt, verfällt er der puren klassizistischen Reaktion, die durch die Spielideologie, die schmucklose Objektivität der Attitüde nicht besser wird und übrigens nicht einmal gegen die neudeutsche Stimmungsoper sich so scharf distanziert, wie es in ihrer eigenen Absicht gelegen wäre. Dies reaktionäre Wesen des jüngsten Hindemith ist es denn auch, das die Eile begreiflich macht, mit der ihn die öffentliche Meinung der stabilisierten Musik beschlagnahmt. Einzig die großartig klare, dunstfreie Landschaft des Orchesterklangs verrät etwas von dem Hindemith, vor dem es einmal allen Angst war: dem Konstrukteur, der das ausgelebt Organisatorische unbarmherzig einstampfte, während er es heute, ein gezähmter Strawinsky, freundlich ernsthaft im Bilde zitiert. – Die Aufführung unter Krauss, nach dem Stand der Dinge eine Tat für die Moderne, war mit Herrn Stern in der Hauptpartie, Frau Gentner-Fischer und Herrn Gläser an sichtbarer Stelle musikalisch sehr achtbar.

 

Hindemiths »Cardillac« ist spät nach Frankfurt gekommen, wo man es nicht eilig hat, selbst da es um einen Komponisten geht, den man bei gelegener Zeit wieder für den Ruhm der Vaterstadt beanspruchen möchte. Allein selbst wenn man Bescheid weiß mit der Zurückhaltung der Frankfurter Oper neuen Werken gegenüber, die kaum ernstlich die Abneigung versteckt: beim Cardillac wird jene Zurückhaltung unverständlich. Keine Tradition wird da gefährdet und kein Publikum braucht vor der Oper zu erschrecken. Sie gibt sich vielmehr als das gründlich konsolidierte standard work eines Angelangten und zeigt sich nicht bloß aller akademischen Ehren, sondern auch der freundlichen Zustimmung von Hörern wert, die in neuer Sachlichkeit und Werkgemeinschaft von Kopf und Hand – die hier durch die Einheit von organisierendem Kunstverstand und handlicher Instrumentalerfahrung repräsentiert wird – einen vorläufig gesicherten Nachkriegsbesitz gefunden haben. Nun bleibt es freilich merkwürdig genug, daß Hindemith, der einmal ein weites Stück Musik in gute Unordnung brachte, so schnell zur Ordnung gefunden hat, und die irrige Angst, er brüskiere mit einem revolutionären Stück, ist entschuldbarer als das Faktum, daß Hindemith ein solches Stück eben nicht schrieb. Denn der Mann, der den entrain des C-Dur-Quartetts, das unerbittlich nüchterne Ohr der Kammermusik Nr. 1, den grellen Pfiff des Nusch-Nuschi und die todtraurige Gebundenheit der Jungen Magd zwangvoll und disparat aus einem wahrhaft unberechenbaren Naturell hergab, ist jetzt und stets zu schade für die stabilisierte Spielfreudigkeit, mag er immer mit ihr zum erzprominenten reichsdeutschen Jungkomponisten avancieren. Es bestätigt insgeheim die echte Anlage des Unberechenbaren, daß ihm das Berechenbare trotz allen offiziellen Erfolges nicht ebensowohl geraten will. Schon die dezidierte Absicht, ein standard-work zu schreiben, wie sie in jedem einzelnen Takt des Cardillac nicht anders als im Umfang des Ganzen sich kundtut, scheint unhindemithisch: der Glaube an ein Werk, das ihn zeitlos und schlechterdings darstelle, stimmt schlecht zu seiner Skepsis gegen ein Pathos, das den Begriff des Lebenswerkes nicht minder umwölkt als die neudeutsche Musik, der Hindemith vordem so gründlich Valet zu geben gedachte. Und da es durchaus ein standard-work im großen Maß sein soll, ehe eine kleinste konkrete Zelle existiert, die vielleicht dauern möchte, so kann es nicht fehlen, daß die Textwahl versagt. Zwischen dem Buch des Cardillac und Hindemith gab es keine Affinität als die, daß sich dazu musizieren läßt und daß es dramaturgisch einiges verspricht. Das sollte für Hindemith nicht genügen, es fehlt die aktuelle Einsatzstelle, an der er ganz frei werden könnte, und statt dessen wird ihm der Zwang zur Stilisierung beharrlich nahegelegt. Zudem widerstreitet der Text den Hindemithschen Intentionen selber. Daß der ingrimmige Unromantiker nicht zu E.T.A. Hoffmann paßt, sieht jeder; noch weniger aber paßt zu ihm die gehoben poetisierende und kunstgewerblich prätentiöse Art des Literaturlibrettos, während er doch einen Text nötig hätte oder eine Dichtung und keine gebrauchsfertige Mischung von beidem. Dies kunstgewerbliche Wesen nun wirkt tief in die Musik hinein. Wie der Text die fiktive Realität von Porzellanpuppen mit einigen psychologischen Sensibilitäten aufzufüllen sich bemüht, so sucht die Musik den Rahmen der unverrückbar vorgezeichneten Stilisation vergebens zu sprengen. Vergebens: so weit nämlich reicht der Zwang der Stilisation, daß die Musik sich nicht genügend zu substantiieren vermag. Jedes Thema bereits des Cardillac muß in die Stilisation sich einfügen, keines ist darum zureichend geprägt. Die Thematik könnte durchwegs von Reger sein, und wie bei jenem ist das thematisch Einzelne gegenüber der Totalität entwertet. Die Totalität indessen steht nicht dafür ein. Es ist, grob gesprochen, die des Fugatos. An Stelle der drastischen Sequenzen von ehedem ist eine Imitatorik getreten, die deren Banalität mildert, ohne vom Motorischen etwas zu opfern. Sie ist auf die Wiederholbarkeit des thematisch Einzelnen gestellt und macht es doch gerade unwiederholbar, indem sie es verwehrt, daß jemals aus einem Thema in Freiheit die Konsequenzen gezogen werden, die es allein gültig machten, die aber, einmal gezogen, das Stilisationsprinzip des Fugatos nicht duldeten. Die Stunde, da ein thematisch Einzelnes substantiell und gleichwohl wiederholbar war, schwand längst mit der Tonalität; Hindemith, erklärter Feind des Individualismus, sucht in der Stilisation objektiver Spielcharaktere die Wiederholbarkeit zu erretten, kann jedoch ihrer puren Willkürlichkeit – die bereits bei Reger aufbrach – nicht anders entrinnen, als indem er das Thematische so reduziert, daß mit ihm alles geschehen kann, was nur Bewegung ist. Darum verwandelt sich ihm die hartnäckige Dynamik seines vielberufenen Bewegungswillens unter der Hand in Statik: alles bleibt ohne Konsequenz, und die ewige Bewegung ist stete Wiederkehr des Gleichen, Scheinbewegung also, bar aller dialektischen Gewalt des variierenden Eindringens. Es finden sich Partien, die trotz Vermeidung der blanken Sequenzen schlechtweg leerlaufen. In heilloser Immanenz schichtet sich die Form, aus dem hartnäckigen Spiel wird grausamer Ernst, kein Funke des Unmittelbaren schlägt mehr durch und keine Ironie wagt mehr zu blinzeln. Die Teufel des neunzehnten Jahrhunderts, die immerhin zuweilen leibhaft waren, sind ausgetrieben von Engeln des achtzehnten im Bilde. Dabei ist der Vorwurf wider die Musik, sie verfehle den Text und vollends die Bühne, nicht stichhaltig. Selbst die musikeigenen Formen sind so durchaus gesänftigt, daß sie nirgends gegen die szenischen Begebenheiten rebellieren. Sie schmiegen sich vielmehr nach frühromantischem Brauch der ungefähren ›Stimmung‹, mit großer Sicherheit und oftmals gutem Effekt, an, ohne wieder sich so weit mit dem psychischen Detail einzulassen, daß den Formen etwas passieren könnte, während doch gerade der Bezug aufs Kleinste des Vorwurfs, wie im »Wozzeck«, jenseits alles Programmusizierens der Musik selber in der Destruktion ihres Oberflächenzusammenhanges mächtige Impulse liefern könnte. Im Cardillac aber stimmt es stets und unproblematisch; beiläufig registriert die Musik die Kurve eines Gefühlsverlaufs, weder dämonisch ihn unterdrückend noch radikal in ihn einstürzend. Im Kunstgewerbe gibt es Gefühle als Schmuck an Stelle der Ornamente, die fortfielen.

Erstaunlich und aller Bewunderung wert bleibt auch im Cardillac Hindemiths Orchesterkunst. Wie hier der saugende und sehrende Streichertuttiklang aller irgend mit Wagner verknüpften Musik nicht überwunden, sondern ignoriert und durch das Gegenbild eines unverstellten, scheinlosen Klanges widerlegt wird, das allein könnte die Partitur des Cardillac rechtfertigen. Die Sicherheit im Einsatz jeder Farbe, die Ausnutzung jedes Instrumentes nach seinen engsten, spezifischesten Klangbedingungen, die expansive Kraft des kleinen Apparates – ähnlich nur bei Strawinsky vorgebildet – haben tatsächlich heute kaum ihresgleichen. Sind es auch mehr die beherrschten Geheimnisse des Stimmzimmers als die beherrschenden der Imagination, die diesen Klang erzeugen: das Stück Handwerk, das in ihm sich wiederfindet, deutet über alle Reaktion hinweg auf das Konkrete selber, daß Hindemiths Musik heute noch erreichbar ist wie je.

 

SEPTEMBER 1928

 

Kurz vorm Ende der Saison macht sich stärkere Aktivität in der Bestellung des modernen Spielplans bemerkbar; offenbar dem Einfluß des neuen Oberregisseurs Mutzenbecher zu verdanken, der in einem programmatischen Aufsatz ernstliche Berücksichtigung der zeitgenössischen Produktion versprach. Wenige Wochen nach dem »Cardillac« kamen die beiden Georg Kaiser-Einakter von Kurt Weill heraus. Man hat für die Bekanntschaft sehr zu danken: in beiden Stücken zeigt eine Formgesinnung sich an, die sich unnachsichtig an die aktuellen Probleme begibt, kompositorisch nicht anders als in der Wahl des literarischen Gegenstandes, und die mit der neoklassizistischen Ideologie kaum mehr zu tun hat als mit romantischem Musikdrama von ehedem. Zugleich ist dem Komponisten genug musikalische Potenz zuzutrauen, seine Absicht zu realisieren. Es fällt schwer, solche Absicht, die noch nicht unvermittelt sich darstellt, abstrakt zu benennen. Mit dem Spielideal, das Weill aus der Busoni-Schule blieb und das die Textkonstruktionen mit ihrer Antithetik von Realität und Schein besonders nahelegen, ist wenig mehr gesagt als die strikte Abweisung des romantischen Psychologismus. Ihrem szenischen Gegenstand wendet sich Weills Musik in einer eigentümlichen Motorik zu: einer Motorik, die sich weniger von den geschwungenen Kurven des psychischen Totalverlaufs inspirieren läßt als von der sichtbaren Geste des theatralischen Augenblicks; die sich auch nicht auf vorgegebene Musizierformen stützt, sondern ihre Impulse unvermittelt der Bühne verdankt. Es führt also doch ein Weg von Weill zu Strawinsky, aber da ja die Komponisten, die sich von Strawinsky anregen lassen, dort die reiche Wahl haben, so ist es allein schon als Zeichen sehr guten und echten Instinktes zu notieren, an welchen Strawinsky Weill anknüpft: die Bodenständigkeit des Sacre und das dix-huitième von heutzutage bleiben rechts liegen und bloß der Soldat wird erinnert, einmal im »Protagonisten« an der musikalischen Oberfläche und durchwegs im Geiste. Das legt nun auch den Zugang zu den tiefer liegenden Intentionen der Weillschen Dramatik frei. Es ist hier keinesfalls um die Spiegelung des Dramas zu tun, sondern um dessen Dissoziation in Partikeln; einzig aus den Bruchstücken der geschlossenen Handlung komponiert sich die Weillsche Oper. Wenn er heute ein darstellendes, kein handlungsmäßiges Theater verlangt und sich seine Texte danach sucht, so zieht er damit lediglich die literarische Konsequenz aus seiner musikalischen Verfahrungsweise. Die Einheit des dramatischen Individuums, die bis heute fast stets noch als Bezugskraft dramatischer Musik fungierte, wird zerschlagen und das pantomimische Spiel ist eher Mittel ihrer Vernichtung als Transposition in jene vorgeblich reinere Region zweiter Wirklichkeit, mit der in der Musik wenig Ehre mehr eingelegt werden mag. Besonders gut kommt das alles im »Zaren« heraus, der denn auch trotz aller szenischen Meriten dem Publikum nicht recht gefallen wollte: jener schizophrenische Chor, der, Weills Erfindung, die Handlung destruktiv begleitet, in dem er jeden Moment vergißt, was er im vorigen sich wünschte, ist drastisches Ingrediens einer entschlossenen Destruktion der Handlungs- und Personeneinheit, der die Musik im Verfolg des Einzelnen zustrebt und zu der ihr überdies der Text bereits die schönsten Handhaben bietet, da er Menschen vertauschbar sein läßt wie musikalische Figuren. Wenn, zumal im »Protagonisten«, nicht alles so gelungen scheint, so ist man geneigt, vorweg der Schule die Schuld zuzumessen: denn bei aller anregenden Kraft hat Busonis Mißtrauen gegen die musikalische Konstruktion und sein Widerstand gegen jegliche plastische Profilierung einige Verwirrung geworfen in eine Generation, die an der ästhetizistischen Wiederholung verlorener serenitas kein Genügen mehr hat. Vor allem ist Gefahr, daß die Busoni-Doktrin der energischen technischen Selbstbesinnung im Wege ist, wie denn Busonis kompositorische Technik sich niemals ganz konsolidiert hat. So ist auch im »Protagonisten« manche Lösung technisch nicht von höchster Dignität; es mangelt gelegentlich an kontrastierenden Charakteren, die gegeneinander auskonstruiert wären, und der Orchestersatz wirkt bei aller Sauberkeit und Deutlichkeit des Stimmenverlaufs in der instrumentalen Phantasie nicht ganz sicher. Im »Zaren«, der als technischer Fortschritt gegenüber dem »Protagonisten« sehr evident wird, meldet sich gelegentlich die Gefahr, es möchte die Musik im Szenischen untergehen und allein als Gebrauchsmusik von dort auftauchen, während sie sich eben anschickte, die Dichtung aufzulösen. Aber wer so viel an sich selbst zu lernen vermag wie Weill, wird desto gewisser all dem entgehen, je energischer er sich im Verfolg seiner guten Erkenntnis vom herkömmlichen Theater distanziert. Bereits der »Zar« ist nicht als eines jener ominösen ›Versprechen‹ auf die Zukunft abzuschieben, sondern legitimiert sich bereits sehr verbindlich heute und hier. Man stelle ihn einmal mit Strawinskys Soldaten oder allenfalls mit dem Renard zusammen, und er wird sein wahres Gesicht enthüllen: ein Gesicht, vor dem es schon ungemütlich werden kann. – Die Aufführungen unter der lebendigen Direktion von Nettstraeter, der einfallsreichen Regie von Mutzenbecher sehr anständig; nur hätten manche Sänger, etwa der darstellerisch gewandte Protagonist, sich mehr aussingen dürfen. – Ob eine Neueinstudierung der »Cavalleria« zu den Notwendigkeiten rechnet, darüber läßt sich streiten. Da sie schon einmal geschah, so konnte man sich an dem wirklich sehr schönen Tenor des Herrn Völker und einem praktischen Bühnenbild freuen; weniger an der schleppenden Direktion des Herrn Martin.

 

DEZEMBER 1928

 

»Nur im Schlaf kehren Menschenkinder zur Heimat zurück.« – Tun sie das wirklich? Das ist die Grundfrage, die gegenüber den drei Einaktern von Ernst Krenek gestellt werden muß. Denn so verhalten sich diese Opern: als ob man nur zu schlafen habe, um mit der Wiederkunft des Vergangenen belohnt zu werden; darum belohnt, weil dies Vergangene, mit Märchen und Dreiklang Bild der musikalischen Natur, doch nicht unverändert erscheine als romantisches Fluchtziel, sondern mit der Aktualität des frischen Traumes, verschoben und berichtigt im Lichte des Absurden. Wie der Surrealismus die abgelebten Dinge aus dem Traum zitiert, so wollen Kreneks kleine Opern vergangene Oper aus dem Traum heimbringen. Aber hier hebt die Frage an. Wir haben mit dem Traum zu rechnen und über allem Sicheren, Vorgeformten immer wieder uns in die Wildnis des Traumes zu wagen; jedoch wenn unsere Kunst an Wahrheit teilhaben will, muß sie den Traum deuten, anstatt hinter ihm und der träumerischen Natur sich zu verschanzen. Sonst geschieht es, daß, was als Traum gesucht wird und worin die Dreiklänge als Tagesreste aus weiter Ferne anklingen sollen, dem hellen Tage verzweifelt ähnlich wird und nicht dem von heute, wie es zu wünschen wäre, sondern dem von vorgestern. Die Wildnis des Traumes wird in den Einaktern nicht betreten. Erst gibt es eine veristische Oper; eine, die sich als Spiel durchschaut, gewiß, und ihre Theatercoups so bringt, wie ein Träumender im Schlaf auffährt; allein die handgreifliche Szene verdeckt die Intention und ist doch wieder so traumhaft überdeutlich, grell, unwahrscheinlich, daß sie sich ums naive Publikum ebenso bringt wie um das surrealistische, das es doch nicht gibt. Zudem ist hier die Musik recht beiläufig, wie von einem Puccini ohne Sinne. – Das Märchen vom geheimen Königreich, weit besser gehört, hat oft wirklich eine merkwürdige Fähigkeit, altes, abgelebtes Klanggut transparent herzuzaubern; dies indessen nur einem Textbuch zuliebe, das verworren bleibt, wenn man ihm nicht die banale Ehrfurcht vorm gerade Gegebenen unterlegt und den immerhin anfechtbaren Glauben, jeder habe mit der Stelle des Lebens sich abzufinden, an die er gerade gestellt sei; woraus dann die Oper ihre politischen Konsequenzen zieht im Sinne einer Kritik an der Revolution aus Sommerfrischenperspektive. Solche handfeste Bürgerlichkeit ist wenig märchenhaft und träumen hätte man es sich auch nicht lassen; wenigstens bei Krenek, der nicht bloß seine Musik stabilisiert hat. Bleibt als bestes der Sketch vom Boxer: hier begibt sich die Musik ins völlig Niedrige, aller Prätentionen ungedenk, und findet im Sturz in bodenlose Banalität tatsächlich etwas vom unverwandelten mythischen Grundstoff der Oper: so, wie es veredelter Jazz, synkopiertes Kunstgewerbe niemals vermöchte. Dazu spielen Einflüsse aus der älteren amerikanischen Filmgroteske – Fatty – wohltuend herein und die Luft der unschuldig verboxten Studentin, die sich neurotisch ins böse Zauberland der Excentrics verirrte, hat mehr vom Märchen als der gar zu vernünftige Narr von vorher. – Wie also? Mit dem Traum und der Heimat ist es insgesamt nicht gelungen; eher scheint es, als sei Krenek aus seiner Traumwelt, den Angstphantasien der Zweiten Symphonie, der unberührbaren Stille vom Adagio der Ersten Symphonischen Musik, gründlich zum Tage erwacht, habe sie verdrängt und vergessen; und mühe sich jetzt um den Traum wie ein Wacher, dem das Geträumte nicht mehr einfällt. Die Aufführung unter Martins Direktion und Mutzenbechers Regie durchaus respektabel, obschon nicht auf dem Gesamtniveau der Wiesbadener Premiere. Gut Viorica Ursuleac als Maria im »Diktator«: ein Mensch in der Farce; gut Herr vom Scheidt als Boxer und Frau Martin-Bößnicker als Studentin; schön anzuschauen Clara Ebers als Königin. – Weit stärkerer Impuls kam diesmal von der Sprechbühne; im Neuen Theater gab es Brechts Dreigroschenoper mit der Musik von Weill. Von den Verdiensten der Dichtung ist hier nicht zu reden; wohl aber von den grauen, verräucherten Songs, die hinter ein paar Tönen vermauert bleiben; von den Balladen, grau verräuchert und überschrieen, wie sie die amorphe, drängende, aufrührerische Masse des Lumpenproletariats rufen. Wie fern mir zunächst eine Musik liegt, die nicht aus dem aktuellen Stande des musikalischen Materials die Konsequenzen zieht, sondern durch die Verwandlung des alten geschrumpften Materials zu wirken sucht: bei Weill ist solche Wirkung so schlagend und original gewonnen, daß vor der Tatsache der Einwand verstummt. Gewiß, auch bei Weill eine Wiederkehr; aber keine um der Stabilisierung willen, sondern eine, die die dämonischen Züge der abgestorbenen Klänge aufdeckt und nutzt. So falsch also sind die Dreiklänge geworden, daß wir, wenn wir welche schreiben, sie gleich selber falsch setzen müssen, damit sie sich enthüllen. Das alles ist mit einer Kultur, einer technischen Sicherheit und Ökonomie und – neue Errungenschaft Weills – mit einem instrumentalen Vermögen gebracht, daß mit der Gemütlichkeit auch der letzte Zweifel an das aufrührerische Recht solcher Gebrauchsmusik schwindet: Gebrauchsmusik, die sich auch wirklich gebrauchen läßt. Weill hat eine Region, die Strawinsky erschloß, um sie scheu alsogleich wieder zu verlassen, mit Mut und Sicherheit betreten: die, darin Musik aus der Nachbarschaft des Wahnsinns ihre sprengende, erhellende Macht gewinnt. Die völlige Destruktion der Opernform in Nummernbrocken ist dem höchst angemessen. Seit Bergs Wozzeck scheint mir die Dreigroschenoper, nach einmaligem Hören, das wichtigste Ereignis des musikalischen Theaters: tatsächlich beginnt so vielleicht die Restitution der Oper durch Wahrheit.

 

Es läßt sich bei bestem Willen nicht sagen, das Konzertleben habe erregend begonnen. Als erfreulich ist zu buchen, daß Hermann Scherchen für Frankfurt wiedergewonnen wurde; allein die Freude trübt sich, wenn man bedenkt, daß man Scherchen, die stärkste anregende Kraft hier, von dem Platz verdrängte, der ihm allein gebührte. Er leitet jetzt einen Konzertzyklus des Symphonieorchesters, neben den Wendel-Konzerten, die fortbestehen, und findet so das Gros der Hörerschaft zunächst durch die Museums- und die Montagskonzerte absorbiert. Immerhin ist bestimmt anzunehmen, daß Scherchens Gewalt auch das eingesessene Publikum herbeizwingen wird: zumal er heute auch der technischen Dirigentenqualität nach auf einer Höhe ist wie kaum ein anderer in Deutschland und gewiß keiner seiner geistig-musikalischen Originalität. Am ersten Abend wurde das evident genug. Scherchens Programm für die kommenden Konzerte verspricht endlich einiges von dem gutzumachen, was die anderen mit Versäumnissen gefrevelt haben. Die Museumskonzerte begannen mit Straussens Domestica, und fast scheint es, als ob die Krise des heutigen Strauss auch den älteren suspekt mache: der Glaube an seine artistische Unfehlbarkeit wird von der gediegeneren handwerklichen Erfahrung gegenwärtigen Musizierens sehr gestört, und daß etwa das Finalproblem in der Domestica nicht einmal gesehen, geschweige denn bewältigt wurde, läßt sich auch durch die virtuose Interpretation von Clemens Krauss nicht verdecken. Am gleichen Abend spielte Adolf Busch das A-Dur-Konzert von Mozart, wieder mit der hohen geigerischen Qualität, die man an ihm kennt, aber doch nicht aus so originaler und aktueller musikalischer Anschauung, wie sie gerade von einem Geiger seines Ranges zu erwarten wäre. Das zweite Konzert brachte Ravels Rhapsodie espagnole: mit der Ungerechtigkeit der Verspätung; dazu Mahlers Erste, deren Substanz gerade über dem Zerfall der kompositorischen Oberfläche sich behauptet; Rosette Anday sang Hugo Wolf. – Noch gemächlicher setzten die Montagskonzerte ein: mit Tschaikowskys Pathétique, der Achten von Beethoven, der Böcklin-Suite von Reger, die ich nicht hören konnte. In traditionalistisch gerichteten Konzerten wäre zumindest strengste Auswahl der Solisten geboten; aber man ließ das Schumann-Konzert von einer Pianistin spielen, die keinesfalls schon legitimiert ist, bei repräsentativen Orchesterveranstaltungen solistisch mitzuwirken. Von Solistenkonzerten notiere ich: einen Abend des Wunderkindes Esra Rachlin, sicher sehr begabt, aber nicht so, wie man ein Wunderkind denkt, mit der Vollkommenheit der Verkleinerung, sondern durchaus bereits auf die großen Dimensionen des Klanges gerichtet; – es wäre schade, wenn es keine echten Wunderkinder mehr geben sollte. Weiter einen Kammermusikabend von Willy Renner und Joh. Friedrich Hoff, mit Kompositionen von Hoff, sehr sauber gefühlter und gehörter Musik spätromantischer Provenienz, der man nur wünschte, daß sie zur Entwicklung bringt, was an frischeren Keimen fraglos in ihr angelegt ist. Schließlich der Schubert-Zyklus von Heinz Jolles, mit einem ausgezeichneten Programm, das höchst musikalisch differenziert geboten wurde, mit improvisatorischen Impulsen und sicher geschultem Klangsinn.

 

JANUAR 1929

 

Im November wurde auf alles Neue verzichtet: gewiß bedauerlich, zumal wenn man praktisch bedenkt, wie notwendig es für neue Werke ist, zu Saisonbeginn präsentiert zu werden, damit sie nicht, eilig am Ende geboten, sogleich wieder verschwinden. Überhaupt war die Quantität des Aufgeführten im letzten Monat außerordentlich gering. Man wurde jedoch entschädigt durch die wirklich vorzügliche Qualität einer Neueinstudierung der Aida; eines Repertoirestückes also, das mehr als alle anderen nötig hat, stets und stets korrigiert, vom Staub des Theaterbetriebs gereinigt zu werden, damit es seine für lange noch unangegriffene Schönheit behaupte. Daß das diesmal so gut gelang, ist zunächst Clemens Krauss zu danken, der nicht bloß mit dem Einsatz von Temperament und Dirigierimpuls das Werk herausbrachte, sondern – was höher noch anzurechnen – auch die Einstudierung mit der größten Sorgfalt und Genauigkeit durchführte; man wird darüber gern eine gewisse Drastik der Klanggebung überhören, die zu der sehr ökonomischen Technik der Aida nicht recht paßt, in der bereits schon das Weggelassene fast ebensoviel gilt wie das, was erklingt. Die Regie führte als Gast Wallerstein, und führte sie souverän; freilich mit einer Neigung zur dekorativen Fülle und zum kunstgewerblich pointierten Symbolornament, die insgesamt heute, da sie erst gegenüber dem Illusionstheater der alten Opernregie sich durchsetzt, zugleich schon nicht mehr recht glaubhaft ist und die zellenhafte Verschlossenheit der Aida-Musik gerade an deren tiefsten Stellen zu erdrücken droht. (Doch muß man sich darüber klar bleiben, daß solche Einwände bereits nicht mehr der individuellen Regieleistung, sondern der Situation der Opernregie schlechthin gelten: der echte Zauber der Aida-Musik erwächst auf dem scheinhaften des Buches, von dem sie sich nicht trennen läßt: radikale Vereinfachung führte zum konstruktiven Kunstgewerbe wie nur das symbolische Ornament zum Wienerischen; ohne Zauber will Aida nicht gedeihen, Illusionstheater ist völlig zurückgeblieben: was also soll der Regisseur besseres tun? Vielleicht geschieht die szenische Rettung von Werken wie Aida erst, wenn einmal die Immanenz des szenischen Gefüges gesprengt, mit Intentionen aus anderen aktuelleren Sphären durchsetzt wird, wie es die Russen versuchen: die Neigung zur Revue, die auch Wallersteins Aida charakterisiert, deutet darauf ebenso wie umgekehrt auch auf die romantische Sehnsucht nach der vergangenen großen Oper – man ist hier in einer ganz noch ungeklärten Schicht, in der kritischer Radikalismus kaum das Recht hat, der Konkretion der Bühne allzuweit vorzugreifen.) Gesanglich stand im Zentrum die reife, höchst disziplinierte Kunst von Frau Gentner-Fischer, der spezifische Alt von Frau Spiegel, der klug disponierte und kultivierte Radames des Herrn Gläser. Aber das schönste war doch die Musik der Aida. Dies Äthiopien! Das klingt, als wäre man vor tausend Jahren dort gewesen, so fern und sicher, wie nur Erinnerung, und wer von dort kommt, kann in keinem Ägypten mit Hohepriestern und Pyramiden und Feldherrn leben, sondern ist lebendig begraben dort, ehe er zu leben beginnt.

 

Vorweg ist der Musikpolitik zu gedenken. Karl Holl, den Lesern der »Musik« vertraut als verantwortungsvoller, bedächtig wägender Kritiker, hat in der Frankfurter Zeitung eine Folge von Aufsätzen veröffentlicht, in denen maßvoll, aber klar der zerfahrene Zustand des Frankfurter Musiklebens dargelegt und die Möglichkeit gründlicher Änderung positiv erwogen wird. Die Artikelreihe hat das größte Aufsehen gemacht und es ist anzunehmen, daß endlich auch die maßgebenden Stellen zu der Einsicht gelangt sind, daß es so wie bisher nicht weitergeht. Organisatorische Vereinfachung des im alten Sinne gesellschaftlichen und durch gesellschaftliche Motive aller Art gespaltenen Musiklebens, qualitative Revision der maßgebenden Positionen darin sind die Hauptforderungen Holls und sein Vorschlag, das beste Orchester der Stadt, das Opernorchester, für die Allgemeinheit fruchtbar zu machen, anstatt es einseitig in den Dienst der konservativen Exklusivität der Museumsgesellschaft zu stellen, scheint für alle Teile akzeptabel – auch für das Museum selber, das sich für die Dauer der Forderung des Tages nicht wird entziehen wollen. Was die Kritik der künstlerischen Einzelleistungen anlangt, so habe ich seit Jahren in der »Musik« die gleichen Einwände machen müssen, die auch Holl erhebt und notiere seine Übereinstimmung für diejenigen, die in meiner kritischen Haltung den Ausdruck eines theoretischen Radikalismus sehen mochten, dessen es wahrhaft nicht erst bedarf, um zu durchschauen, wie die Dinge liegen. Die Möglichkeit der Reform des Frankfurter Musiklebens wird gefördert von zwei Tatsachen: der erneuten, wenn auch einstweilen noch allzu losen Bindung von Scherchen an Frankfurt und der Gründung einer Ortsgruppe der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik, die aller Wahrscheinlichkeit nach in ihrer Wirkung nicht auf einen engen Fachkreis beschränkt bleibt, sondern tätigen Anschluß an das öffentliche Frankfurter Musikleben findet. Scherchen hatte einen ganz großen Erfolg, seinen größten hier, mit einer erstaunlichen Aufführung der Kunst der Fuge in Graesers Bearbeitung. Es wäre unziemlich, hier auf das Werk einzugehen, dem nur in genauester Erörterung Gerechtigkeit widerfahren könnte; aber wenn nicht alles trügt, so bedeutet seine Erweckung die wesentlichste Leistung bewahrenden musikalischen Geistes seit der Wiederaufführung der Matthäus-Passion, und fast könnte man glauben, sinnvoll sei das Werk solange verborgen geblieben, um dann erst sich zu erheben, da alles abzusterben beginnt, was solange es überdeckte, während es jetzt erst in seine Geschichte eintritt. Daß sich das unmittelbar am Phänomen, keinesfalls in der historischen Reflexion kundtut; daß bei der Kunst der Fuge jeder Gedanke an Fugenkunst und archaisches Formspiel vergeht vor der Realität dessen, was an Musik erscheint, ist mit besonderem Nachdruck zu betonen. Von der Musikwissenschaft werden gegen Graesers Bearbeitung Einwände erhoben, die sehr plausibel klingen, zumal sie von der Forderung ausgehen, aufs Bachsche Autograph anstatt auf die verstümmelte erste Ausgabe zurückzugreifen; fraglos wird man bei Graeser nicht stehenbleiben können, und es ist wohl möglich, daß die neue Bearbeitung von David der wahren Gestalt des Werkes weit näher kommt. Das Verdienst Graesers, daß er das Werk überhaupt in die aktuelle Diskussion warf und dem fälschenden Klavierklang entriß, bleibt gleichwohl außerordentlich und unvergessen. Die Leistung Scherchens nach dem Bau des Einzelnen und der Dynamik des Ganzen kaum hoch genug zu werten, dabei rein dem musikalisch Konstruktiven zugewandt, ohne Feierlichkeit der Gebärde und ohne gelahrte Explikation der Fugentechnik. Besonders zu gedenken ist noch des ausgezeichneten Organisten Matthaei. – Novitäten in einem Montagskonzert. Die Aufführungen von Variationen und Rondo von Günter Raphael wichtig als Beweis e contrario: wer weiß, daß aus der musikalischen Situation Folgerungen gezogen werden müssen von der Art, daß das bloß gilt, was dem fortgeschrittensten Stande aktuellen Bewußtseins angemessen ist, der findet das hier bestätigt durch die Unmöglichkeit, mit Talent selbst und einiger handwerklichen Geläufigkeit die gewohnten Mittel überhaupt noch zur Wirkung zu bringen. Es ist dafür sehr bezeichnend, daß Raphael dort überall, wo seine Musik überhaupt mehr will als einfach einen akademischen Reger und einen verbürgerlichten Strauss vermischen, Anleihen bei eben der Moderne macht, deren zersetzendem Geist er so bieder widerstehen möchte; bei Hindemith etwa, der dann in der Konservatoriumsluft des übrigen neckisch genug ausschaut. Originale Begabungsimpulse lassen sich bei bestem Willen nicht aufspüren. Es ist notwendig, darauf besonders zu verweisen, da Raphael von einem der verehrungswürdigsten Meister der älteren Generation sehr gefördert wird, so daß man annehmen muß, hier handle es sich tatsächlich um den besten jungen Komponisten konservativer Absicht; trifft das zu, so ist über die konservative Absicht selber entschieden; grob läßt sich sagen, es sei heute die reaktionäre Musik schlecht, ehe sie nur anhebt. Mit der leichten Hand ist es bei ehrbarer Wohlanständigkeit der Gesinnung noch weniger getan als bei leichtem Sinn. – Weiter hörte man von Bernhard Sekles den »Dybuk«, ein kurzes, gut instrumentiertes Stück, das Stimmung und poetischen Plan des Tristan-Vorspiels in den gedrückten Ton des östlich Jüdischen zu übertragen sich vornimmt, dabei aber doch technisch auf Ökonomie und Kontur ebensowohl ausgeht wie auf Stimmung: das Werk ist eine Passacaglia über drei Töne, zwischen denen die übermäßige Sekunde nicht fehlt. Charakteristisch die Verkleinerung des Passacagliamaterials im Sinne fortschreitender motivischer Auflösung des Thematischen in Motivisches, wie sie aus der impressionistischen Zeit stammt; richtig die Erkenntnis, daß Passacaglien im alten Sinne, über einen ausgedehnten Grundbaß, nicht mehr möglich sind, unverkennbar aber auch, daß mit der Aufteilung des konstanten Variationsstoffes dessen bindende Kraft sich mindert, solange er kennbar an der musikalischen Oberfläche bleibt; nur hinter den Kompositionskulissen, wie in Schönbergs Zwölftontechnik, vermag solche Motivökonomie zu wirken, ohne der Monotonie zu verfallen. Doch ist es höchst bemerkenswert, daß derart aktuelle Kompositionsprobleme aus dem Werk eines spätromantischen Impressionisten zwangvoll sich ergeben mit der strengeren Rechenschaft, die er sich über seinen Kompositionsstoff ablegt. – Schließlich der Prometheus von Skrjabin, der doch bei aller Absicht weder die erwünschte Ekstase liefert noch als musikalische Gestalt zwingt, noch auch nur die Form füllt; übrig ist da nur noch eine starke koloristische Fähigkeit, die sich allerdings zu einem Klanggebräu verwendet, wie es sich nicht mehr ertragen läßt. – Sonst viel Schubert, die beiden repräsentativen Symphonien im Museum und bei Wendel, im Museum mit größerer Wirkung, dank dem Orchester zumal. Edwin Fischer spielte die Wanderer-Phantasie mit seiner expressiven Dynamik und seinem Reichtum an Farbe, aber in der unausstehlichen Orchesterbearbeitung von Liszt; Lula Mysz-Gmeiner sang Lieder mit großem Können, doch allzu literarisch vom ›Vortrag‹ aus. – Ob man nicht Schubert am besten geehrt hätte durch den Beschluß, für eine Saison seine Werke dem Konzertbetrieb ganz zu entziehen und bei sich zu lassen?

 

FEBRUAR 1929

 

Das Konzert für Viola d'amore von Hindemith, das man im Museum einem verstockten Publikum vorsetzte, ist ein gutes Stück. Ich kenne die Partitur nicht und vermag nach einmaligem Hören die Konsistenz der Gestaltung nicht verbindlich zu beurteilen; die Themen scheinen nicht einmal sonderlich plastisch; aber das Stück hat einen so merkwürdig verschlossenen, trüben, realen Ton, daß es unmittelbar angreift und an die besten Stücke des frühen Hindemith: die Junge Magd, die Erste Kammermusik erinnert, vor denen es die differenzierte Technik voraus hat. Zumal in den langsamen Teilen sind Stellen von großer, todtrauriger Stille: so wie es abends am Rande einer großen Stadt wird. Das kurze Finale dann bläst er ohne Geste aus: bezwingend. Darf man hoffen, daß seine naturale Substanz endlich wieder durchschlägt und die klassizistische Ideologie, den offiziellen Optimismus verjagt? Man müßte für alle Musik dankbar darum sein. Er selber spielte das Werk mit jener außerordentlichen Vertrautheit mit dem Instrument, die zugleich die Behandlung des Kammerorchesters bezeugt. – Die Bourgeois gentil'-homme-Suite von Strauss, die es danach gab, ist von der rückwirkenden Strauss-Krise sehr in Mitleidenschaft gezogen. Was da vor fünf Jahren noch witzig klang, klingt bereits fad; der Glanz schmeckt nach Zucker, hinter der verblaßten Fassade der Reize ist die substantielle Armut nicht länger zu verbergen. Dabei führte Krauss die lange Suite sehr schön auf. Ihre Dürftigkeit wurde doppelt evident durch den Vergleich mit der kurz vorher, übrigens keineswegs splendid, von Wendel dargebotenen Pulcinella-Suite von Strawinsky; Kunstgewerbe auch dies, gewiß, aber doch von der fortgeschrittensten, hellsten Art, farbecht ganz und gar, und schließlich mit soviel ursprünglichem Fond, so grellen dämonischen Reflexen in den Hohlräumen zwischen den zerbrochenen Themen, daß es der eigenen Sphäre schon sehr gefährlich wird. – Scherchen brachte, ebenfalls mit dem Symphonieorchester, das Adagio aus Mahlers nachgelassener 10. Symphonie. Das Unfertige des Satzes ist augenfällig: wohl ist Form und Thematik völlig ausgeführt, die Nebenstimmen jedoch, beim späten Mahler in ihrer dichten Verschlingung entscheidend als pflanzenhafter Hintergrund der frei ausschwingenden, transzendierenden Melodik, bleiben über weite Strecken nur angedeutet. Allein das verschlägt nichts bei der Macht, die hier dem Kern gegeben ist, auch wenn ihm keine Hülle zuteil ward, sich zu bewähren. Dem ersten Satz der Neunten verwandt, dabei aber gesammelter, undynamischer in der Form, epilogisch durchaus, stellt das Stück gewaltiger als jedes andere den schmerzlichen Überschwang dar, der beim letzten Mahler fordernd den Laut herbeiruft, der einzig gemeint und doch stets wieder uns verstellt ist. Scherchens Interpretation war exemplarisch. – Frische Initiative gibt es nun auch im Tonkünstlerbund. Im letzten Konzert dort sang Hilda Crevenna selten gehörte Mussorgskij-Lieder und die herrlichen Ariettes oubliées von Debussy, die endlich auf den Konzertprogrammen die Strauss-Lieder etwas verdrängen sollten. Heinz Hirschland spielte ausgezeichnet die Sechs kleinen Klavierstücke von Schönberg, die heute über der Diskussion stehen; zwei schöne, romantisch zwar noch prädisponierte, aber mit viel neuer Phantasie und konstruktiver Zucht geformte Klavierstücke von Jarnach, endlich die Sonate von Bartók, bei der man zwar nicht recht weiß, ob die Themen ausgespart sind oder nur schlicht fehlen, die aber doch durch ihren wilden, feindlichen Impuls, den grausam gehärteten Klang, die reife kompositorische Ökonomie stark wirkt.

 

MÄRZ 1929

 

Durch die Verschiebung der Premiere von Janáceks »Sache Makropulos« blieb die Frankfurter Oper im zweiten Monat der Hauptspielzeit ohne Novität – äußeres Anzeichen der Krise, die längst latent bestand und nun endlich durch die Berufung von Clemens Krauss an die Spitze der Wiener Staatsoper in ihr akutes Stadium tritt. Man mag den Weggang des außerordentlich fähigen Dirigiervirtuosen, des wirkungssicheren und temperamentvollen Theaterkapellmeisters bedauern, zumal wenn man die Chancen der Entwicklung bedenkt, die er fraglos hat und damit einem Institut gewährt. Aber man wird nicht verkennen dürfen, daß ein Kapellmeister-Starsystem, wie es organisatorisch und auch künstlerisch von Krauss in Frankfurt begonnen wurde, für die Dauer dem Musikleben einer Stadt nicht hilft, die zu groß ist, ihr sachliches Bedürfnis auf den Kultus eines Lieblingskapellmeisters umzustellen, zu klein wieder, um den Dirigiervirtuosen unter anderen Kräften als Anreger richtig einzusetzen. Man wird das um so weniger verkennen dürfen, als ja die tatsächliche musikalische Leistung von Krauss der virtuosen Prätention nicht durchaus entsprach. Es ist zu hoffen, daß es jetzt endlich zur längst fälligen radikalen Umorganisation des Frankfurter Musiklebens kommt. Die Wahl des Nachfolgers von Professor Krauss wird zur Entscheidung wesentlich beitragen. Sie sollte verantwortlich vollzogen werden und nicht wieder unter bürokratischer Ausschaltung der Instanzen, die die künstlerische Situation wirklich übersehen können.

 

Im Museum Strawinskys Petruschka, endlich, und schon zu spät – zumal gerade die Ballettwerke des früheren Strawinsky gefälscht werden, wenn man sie als absolute Musik gibt, während sie doch eben ihre erstaunliche innerkompositorische Ökonomie aus der Beschränkung ziehen, die die Notwendigkeit ihnen diktiert, Tänze zu begleiten bloß und unterhalb der Tänze zu bleiben. Was an dieser Stelle von Konzertaufführungen des Sacre du Printemps gesagt wurde, gilt in vollem Umfang auch für Petruschka, und man darf nicht erstaunt sein, wenn einem Publikum die zeitgenössischen Fakten fremd bleiben, die man ihm unter sinnwidrigen Voraussetzungen bietet. – Hauptereignis des Monats: Beginn der Tätigkeit der Frankfurter Ortsgruppe der »Internationalen Gesellschaft für neue Musik«. Ihr erstes Konzert dirigierte Jascha Horenstein; mit jener außerordentlichen, in einem überpsychologischen, musikhaften Sinne leidenschaftlichen Intensität, auf die kaum mehr eigens hinzuweisen sein sollte. Das Programm: Krenek, Jemnitz, Strawinsky. Von Krenek das 2. Concerto grosso; Werk des Überganges zwischen dem Dunkel der Zweiten Symphonie und dem blanken Klassizismus. Es sind noch Stellen von der inkommensurablen, schlechthin unableitbaren Gewalt jener frühen Werke darin; aber Bassi ostinati, Sequenzen, eine rhythmisch-faßliche Oberflächenstruktur überspinnt das bereits und will die Brücke zum Hörer schlagen. Dabei findet es sich indessen, daß beide Intentionen oder vielmehr: das intentionslose, unerhellte va banque-Musizieren und die erhellende, ob auch allzu leicht erhellende Intention sich an gutem Ort begegnen. Das Stück, das zustande kommt, hat die Fülle des Elementaren noch und gleichwohl, im handgreiflichen Sinne jedenfalls, seine Form. – Mit dem uraufgeführten »Konzert für Salonorchester« sucht Alexander Jemnitz dem eigenen Problembezirk zu entweichen und mit einem Handstreich die Region des Gebrauchs, der Kommunikation mit dem tatsächlich vorfindlichen Hörer zu gewinnen. Allein zu real und ernstlich ist er bei seinen Problemen zu Hause, als daß ihm der Ausbruch allzu gründlich gelingen könnte. Anders als behende Leute, die noch im Kunstgewerbe ein Stückchen Selbst bleiben, weil sie in Wahrheit kein Selbst haben, muß er um des Gebrauchs willen sich völlig verleugnen; und so durchaus aller personalen Züge entäußerte Gebrauchskunst mag ja der gehobene Bildungsgeschmack der Konsumenten gerade nicht leiden. Immerhin wahren die drei Sätze: Foxtrott, Csárdás und Walzer, technisch durchaus das Niveau reifer Komponiererfahrung. – Zum Schluß das Strawinsky-Oktett, in solcher Nachbarschaft als Meisterstück fraglos kennbar, mag es mit dem neuen Klassizismus sich verhalten wie es wolle. – Einen besonderen Erfolg erzielte das Kolisch-Quartett mit seiner neuen, dem fortgeschrittensten Stande musikalischen Bewußtseins angemessenen, darum radikal richtigen Interpretation von Mozart, Beethoven, Brahms. – Zwei Bachsche Choralvorspiele, instrumentiert von Vittorio Gui, zeigten sich im jüngsten Montags-Konzert als matt und ungeschickt. Warum spielte man nicht die beiden von Schönberg bearbeiteten?

 
Gesammelte Werke
adorno-theodor-w.xml
adorno-theodor-w-0000001-0000001.xml
adorno-theodor-w-0000002-0000023.xml
adorno-theodor-w-0000024-0000024.xml
adorno-theodor-w-0000025-0000025.xml
adorno-theodor-w-0000026-0000028.xml
adorno-theodor-w-0000029-0000037.xml
adorno-theodor-w-0000038-0000124.xml
adorno-theodor-w-0000125-0000130.xml
adorno-theodor-w-0000131-0000147.xml
adorno-theodor-w-0000148-0000148.xml
adorno-theodor-w-0000149-0000151.xml
adorno-theodor-w-0000152-0000187.xml
adorno-theodor-w-0000188-0000271.xml
adorno-theodor-w-0000272-0000342.xml
adorno-theodor-w-0000343-0000382.xml
adorno-theodor-w-0000383-0000457.xml
adorno-theodor-w-0000458-0000515.xml
adorno-theodor-w-0000516-0000553.xml
adorno-theodor-w-0000554-0000632.xml
adorno-theodor-w-0000633-0000638.xml
adorno-theodor-w-0000639-0000646.xml
adorno-theodor-w-0000647-0000647.xml
adorno-theodor-w-0000648-0000652.xml
adorno-theodor-w-0000653-0000701.xml
adorno-theodor-w-0000702-0000755.xml
adorno-theodor-w-0000756-0000803.xml
adorno-theodor-w-0000804-0000844.xml
adorno-theodor-w-0000845-0000888.xml
adorno-theodor-w-0000889-0000927.xml
adorno-theodor-w-0000928-0000971.xml
adorno-theodor-w-0000972-0001004.xml
adorno-theodor-w-0001005-0001039.xml
adorno-theodor-w-0001040-0001079.xml
adorno-theodor-w-0001080-0001084.xml
adorno-theodor-w-0001085-0001086.xml
adorno-theodor-w-0001087-0001088.xml
adorno-theodor-w-0001089-0001092.xml
adorno-theodor-w-0001093-0001104.xml
adorno-theodor-w-0001105-0001175.xml
adorno-theodor-w-0001176-0001244.xml
adorno-theodor-w-0001245-0001315.xml
adorno-theodor-w-0001316-0001400.xml
adorno-theodor-w-0001401-0001476.xml
adorno-theodor-w-0001477-0001576.xml
adorno-theodor-w-0001577-0001577.xml
adorno-theodor-w-0001578-0001641.xml
adorno-theodor-w-0001642-0001643.xml
adorno-theodor-w-0001644-0001645.xml
adorno-theodor-w-0001646-0001653.xml
adorno-theodor-w-0001654-0001751.xml
adorno-theodor-w-0001752-0001795.xml
adorno-theodor-w-0001796-0001894.xml
adorno-theodor-w-0001895-0001955.xml
adorno-theodor-w-0001956-0002055.xml
adorno-theodor-w-0002056-0002146.xml
adorno-theodor-w-0002147-0002177.xml
adorno-theodor-w-0002178-0002178.xml
adorno-theodor-w-0002179-0002179.xml
adorno-theodor-w-0002180-0002246.xml
adorno-theodor-w-0002247-0002326.xml
adorno-theodor-w-0002327-0002385.xml
adorno-theodor-w-0002386-0002485.xml
adorno-theodor-w-0002486-0002583.xml
adorno-theodor-w-0002584-0002587.xml
adorno-theodor-w-0002588-0002666.xml
adorno-theodor-w-0002667-0002717.xml
adorno-theodor-w-0002718-0002817.xml
adorno-theodor-w-0002818-0002822.xml
adorno-theodor-w-0002823-0002823.xml
adorno-theodor-w-0002824-0002824.xml
adorno-theodor-w-0002825-0002828.xml
adorno-theodor-w-0002829-0002919.xml
adorno-theodor-w-0002920-0002981.xml
adorno-theodor-w-0002982-0003041.xml
adorno-theodor-w-0003042-0003120.xml
adorno-theodor-w-0003121-0003162.xml
adorno-theodor-w-0003163-0003163.xml
adorno-theodor-w-0003164-0003198.xml
adorno-theodor-w-0003199-0003298.xml
adorno-theodor-w-0003299-0003311.xml
adorno-theodor-w-0003312-0003410.xml
adorno-theodor-w-0003411-0003414.xml
adorno-theodor-w-0003415-0003499.xml
adorno-theodor-w-0003500-0003518.xml
adorno-theodor-w-0003519-0003519.xml
adorno-theodor-w-0003520-0003524.xml
adorno-theodor-w-0003525-0003526.xml
adorno-theodor-w-0003527-0003626.xml
adorno-theodor-w-0003627-0003720.xml
adorno-theodor-w-0003721-0003726.xml
adorno-theodor-w-0003727-0003727.xml
adorno-theodor-w-0003728-0003811.xml
adorno-theodor-w-0003812-0003911.xml
adorno-theodor-w-0003912-0004007.xml
adorno-theodor-w-0004008-0004013.xml
adorno-theodor-w-0004014-0004113.xml
adorno-theodor-w-0004114-0004196.xml
adorno-theodor-w-0004197-0004241.xml
adorno-theodor-w-0004242-0004341.xml
adorno-theodor-w-0004342-0004371.xml
adorno-theodor-w-0004372-0004465.xml
adorno-theodor-w-0004466-0004540.xml
adorno-theodor-w-0004541-0004611.xml
adorno-theodor-w-0004612-0004626.xml
adorno-theodor-w-0004627-0004715.xml
adorno-theodor-w-0004716-0004735.xml
adorno-theodor-w-0004736-0004742.xml
adorno-theodor-w-0004743-0004743.xml
adorno-theodor-w-0004744-0004744.xml
adorno-theodor-w-0004745-0004762.xml
adorno-theodor-w-0004763-0004800.xml
adorno-theodor-w-0004801-0004877.xml
adorno-theodor-w-0004878-0004890.xml
adorno-theodor-w-0004891-0004941.xml
adorno-theodor-w-0004942-0004983.xml
adorno-theodor-w-0004984-0005035.xml
adorno-theodor-w-0005036-0005068.xml
adorno-theodor-w-0005069-0005108.xml
adorno-theodor-w-0005109-0005145.xml
adorno-theodor-w-0005146-0005158.xml
adorno-theodor-w-0005159-0005218.xml
adorno-theodor-w-0005219-0005250.xml
adorno-theodor-w-0005251-0005347.xml
adorno-theodor-w-0005348-0005375.xml
adorno-theodor-w-0005376-0005376.xml
adorno-theodor-w-0005377-0005409.xml
adorno-theodor-w-0005410-0005444.xml
adorno-theodor-w-0005445-0005452.xml
adorno-theodor-w-0005453-0005471.xml
adorno-theodor-w-0005472-0005517.xml
adorno-theodor-w-0005518-0005528.xml
adorno-theodor-w-0005529-0005543.xml
adorno-theodor-w-0005544-0005571.xml
adorno-theodor-w-0005572-0005608.xml
adorno-theodor-w-0005609-0005635.xml
adorno-theodor-w-0005636-0005643.xml
adorno-theodor-w-0005644-0005698.xml
adorno-theodor-w-0005699-0005709.xml
adorno-theodor-w-0005710-0005724.xml
adorno-theodor-w-0005725-0005757.xml
adorno-theodor-w-0005758-0005787.xml
adorno-theodor-w-0005788-0005788.xml
adorno-theodor-w-0005789-0005789.xml
adorno-theodor-w-0005790-0005838.xml
adorno-theodor-w-0005839-0005923.xml
adorno-theodor-w-0005924-0005975.xml
adorno-theodor-w-0005976-0006025.xml
adorno-theodor-w-0006026-0006026.xml
adorno-theodor-w-0006027-0006086.xml
adorno-theodor-w-0006087-0006092.xml
adorno-theodor-w-0006093-0006129.xml
adorno-theodor-w-0006130-0006169.xml
adorno-theodor-w-0006170-0006176.xml
adorno-theodor-w-0006177-0006185.xml
adorno-theodor-w-0006186-0006204.xml
adorno-theodor-w-0006205-0006212.xml
adorno-theodor-w-0006213-0006217.xml
adorno-theodor-w-0006218-0006309.xml
adorno-theodor-w-0006310-0006335.xml
adorno-theodor-w-0006336-0006344.xml
adorno-theodor-w-0006345-0006444.xml
adorno-theodor-w-0006445-0006449.xml
adorno-theodor-w-0006450-0006511.xml
adorno-theodor-w-0006512-0006552.xml
adorno-theodor-w-0006553-0006571.xml
adorno-theodor-w-0006572-0006615.xml
adorno-theodor-w-0006616-0006653.xml
adorno-theodor-w-0006654-0006654.xml
adorno-theodor-w-0006655-0006655.xml
adorno-theodor-w-0006656-0006661.xml
adorno-theodor-w-0006662-0006670.xml
adorno-theodor-w-0006671-0006676.xml
adorno-theodor-w-0006677-0006681.xml
adorno-theodor-w-0006682-0006697.xml
adorno-theodor-w-0006698-0006716.xml
adorno-theodor-w-0006717-0006727.xml
adorno-theodor-w-0006728-0006738.xml
adorno-theodor-w-0006739-0006750.xml
adorno-theodor-w-0006751-0006783.xml
adorno-theodor-w-0006784-0006790.xml
adorno-theodor-w-0006791-0006817.xml
adorno-theodor-w-0006818-0006848.xml
adorno-theodor-w-0006849-0006849.xml
adorno-theodor-w-0006850-0006855.xml
adorno-theodor-w-0006856-0006873.xml
adorno-theodor-w-0006874-0006878.xml
adorno-theodor-w-0006879-0006884.xml
adorno-theodor-w-0006885-0006896.xml
adorno-theodor-w-0006897-0006933.xml
adorno-theodor-w-0006934-0006977.xml
adorno-theodor-w-0006978-0007003.xml
adorno-theodor-w-0007004-0007045.xml
adorno-theodor-w-0007046-0007107.xml
adorno-theodor-w-0007108-0007152.xml
adorno-theodor-w-0007153-0007177.xml
adorno-theodor-w-0007178-0007215.xml
adorno-theodor-w-0007216-0007224.xml
adorno-theodor-w-0007225-0007225.xml
adorno-theodor-w-0007226-0007288.xml
adorno-theodor-w-0007289-0007311.xml
adorno-theodor-w-0007312-0007317.xml
adorno-theodor-w-0007318-0007346.xml
adorno-theodor-w-0007347-0007354.xml
adorno-theodor-w-0007355-0007385.xml
adorno-theodor-w-0007386-0007386.xml
adorno-theodor-w-0007387-0007387.xml
adorno-theodor-w-0007388-0007421.xml
adorno-theodor-w-0007422-0007447.xml
adorno-theodor-w-0007448-0007490.xml
adorno-theodor-w-0007491-0007533.xml
adorno-theodor-w-0007534-0007577.xml
adorno-theodor-w-0007578-0007603.xml
adorno-theodor-w-0007604-0007629.xml
adorno-theodor-w-0007630-0007679.xml
adorno-theodor-w-0007680-0007702.xml
adorno-theodor-w-0007703-0007782.xml
adorno-theodor-w-0007783-0007808.xml
adorno-theodor-w-0007809-0007870.xml
adorno-theodor-w-0007871-0007871.xml
adorno-theodor-w-0007872-0007889.xml
adorno-theodor-w-0007890-0007901.xml
adorno-theodor-w-0007902-0007922.xml
adorno-theodor-w-0007923-0007930.xml
adorno-theodor-w-0007931-0007936.xml
adorno-theodor-w-0007937-0007947.xml
adorno-theodor-w-0007948-0007962.xml
adorno-theodor-w-0007963-0007973.xml
adorno-theodor-w-0007974-0007989.xml
adorno-theodor-w-0007990-0007996.xml
adorno-theodor-w-0007997-0008013.xml
adorno-theodor-w-0008014-0008049.xml
adorno-theodor-w-0008050-0008056.xml
adorno-theodor-w-0008057-0008094.xml
adorno-theodor-w-0008095-0008108.xml
adorno-theodor-w-0008109-0008145.xml
adorno-theodor-w-0008146-0008232.xml
adorno-theodor-w-0008233-0008313.xml
adorno-theodor-w-0008314-0008381.xml
adorno-theodor-w-0008382-0008385.xml
adorno-theodor-w-0008386-0008401.xml
adorno-theodor-w-0008402-0008419.xml
adorno-theodor-w-0008420-0008457.xml
adorno-theodor-w-0008458-0008467.xml
adorno-theodor-w-0008468-0008485.xml
adorno-theodor-w-0008486-0008515.xml
adorno-theodor-w-0008516-0008544.xml
adorno-theodor-w-0008545-0008563.xml
adorno-theodor-w-0008564-0008625.xml
adorno-theodor-w-0008626-0008707.xml
adorno-theodor-w-0008708-0008732.xml
adorno-theodor-w-0008733-0008762.xml
adorno-theodor-w-0008763-0008789.xml
adorno-theodor-w-0008790-0008806.xml
adorno-theodor-w-0008807-0008807.xml
adorno-theodor-w-0008808-0008907.xml
adorno-theodor-w-0008908-0009001.xml
adorno-theodor-w-0009002-0009049.xml
adorno-theodor-w-0009050-0009145.xml
adorno-theodor-w-0009146-0009205.xml
adorno-theodor-w-0009206-0009255.xml
adorno-theodor-w-0009256-0009326.xml
adorno-theodor-w-0009327-0009396.xml
adorno-theodor-w-0009397-0009469.xml
adorno-theodor-w-0009470-0009534.xml
adorno-theodor-w-0009535-0009612.xml
adorno-theodor-w-0009613-0009613.xml
adorno-theodor-w-0009614-0009647.xml
adorno-theodor-w-0009648-0009661.xml
adorno-theodor-w-0009662-0009683.xml
adorno-theodor-w-0009684-0009716.xml
adorno-theodor-w-0009717-0009736.xml
adorno-theodor-w-0009737-0009762.xml
adorno-theodor-w-0009763-0009776.xml
adorno-theodor-w-0009777-0009789.xml
adorno-theodor-w-0009790-0009806.xml
adorno-theodor-w-0009807-0009807.xml
adorno-theodor-w-0009808-0009812.xml
adorno-theodor-w-0009813-0009825.xml
adorno-theodor-w-0009826-0009829.xml
adorno-theodor-w-0009830-0009841.xml
adorno-theodor-w-0009842-0009853.xml
adorno-theodor-w-0009854-0009859.xml
adorno-theodor-w-0009860-0009865.xml
adorno-theodor-w-0009866-0009875.xml
adorno-theodor-w-0009876-0009886.xml
adorno-theodor-w-0009887-0009893.xml
adorno-theodor-w-0009894-0009897.xml
adorno-theodor-w-0009898-0009905.xml
adorno-theodor-w-0009906-0009911.xml
adorno-theodor-w-0009912-0009924.xml
adorno-theodor-w-0009925-0009931.xml
adorno-theodor-w-0009932-0009941.xml
adorno-theodor-w-0009942-0009952.xml
adorno-theodor-w-0009953-0009957.xml
adorno-theodor-w-0009958-0009981.xml
adorno-theodor-w-0009982-0009982.xml
adorno-theodor-w-0009983-0009986.xml
adorno-theodor-w-0009987-0009991.xml
adorno-theodor-w-0009992-0010030.xml
adorno-theodor-w-0010031-0010109.xml
adorno-theodor-w-0010110-0010189.xml
adorno-theodor-w-0010190-0010289.xml
adorno-theodor-w-0010290-0010316.xml
adorno-theodor-w-0010317-0010321.xml
adorno-theodor-w-0010322-0010324.xml
adorno-theodor-w-0010325-0010332.xml
adorno-theodor-w-0010333-0010334.xml
adorno-theodor-w-0010335-0010335.xml
adorno-theodor-w-0010336-0010434.xml
adorno-theodor-w-0010435-0010528.xml
adorno-theodor-w-0010529-0010573.xml
adorno-theodor-w-0010574-0010672.xml
adorno-theodor-w-0010673-0010769.xml
adorno-theodor-w-0010770-0010864.xml
adorno-theodor-w-0010865-0010865.xml
adorno-theodor-w-0010866-0010868.xml
adorno-theodor-w-0010869-0010885.xml
adorno-theodor-w-0010886-0010941.xml
adorno-theodor-w-0010942-0010953.xml
adorno-theodor-w-0010954-0010966.xml
adorno-theodor-w-0010967-0010972.xml
adorno-theodor-w-0010973-0010980.xml
adorno-theodor-w-0010981-0010995.xml
adorno-theodor-w-0010996-0011008.xml
adorno-theodor-w-0011009-0011017.xml
adorno-theodor-w-0011018-0011041.xml
adorno-theodor-w-0011042-0011052.xml
adorno-theodor-w-0011053-0011078.xml
adorno-theodor-w-0011079-0011097.xml
adorno-theodor-w-0011098-0011111.xml
adorno-theodor-w-0011112-0011146.xml
adorno-theodor-w-0011147-0011149.xml
adorno-theodor-w-0011150-0011152.xml
adorno-theodor-w-0011153-0011184.xml
adorno-theodor-w-0011185-0011192.xml
adorno-theodor-w-0011193-0011193.xml
adorno-theodor-w-0011194-0011195.xml
adorno-theodor-w-0011196-0011202.xml
adorno-theodor-w-0011203-0011265.xml
adorno-theodor-w-0011266-0011292.xml
adorno-theodor-w-0011293-0011365.xml
adorno-theodor-w-0011366-0011401.xml
adorno-theodor-w-0011402-0011429.xml
adorno-theodor-w-0011430-0011470.xml
adorno-theodor-w-0011471-0011551.xml
adorno-theodor-w-0011552-0011640.xml
adorno-theodor-w-0011641-0011740.xml
adorno-theodor-w-0011741-0011816.xml
adorno-theodor-w-0011817-0011915.xml
adorno-theodor-w-0011916-0011935.xml
adorno-theodor-w-0011936-0011937.xml
adorno-theodor-w-0011938-0011938.xml
adorno-theodor-w-0011939-0011939.xml
adorno-theodor-w-0011940-0011943.xml
adorno-theodor-w-0011944-0011947.xml
adorno-theodor-w-0011948-0011976.xml
adorno-theodor-w-0011977-0011995.xml
adorno-theodor-w-0011996-0012017.xml
adorno-theodor-w-0012018-0012040.xml
adorno-theodor-w-0012041-0012080.xml
adorno-theodor-w-0012081-0012119.xml
adorno-theodor-w-0012120-0012152.xml
adorno-theodor-w-0012153-0012183.xml
adorno-theodor-w-0012184-0012187.xml
adorno-theodor-w-0012188-0012196.xml
adorno-theodor-w-0012197-0012198.xml
adorno-theodor-w-0012199-0012204.xml
adorno-theodor-w-0012205-0012248.xml
adorno-theodor-w-0012249-0012329.xml
adorno-theodor-w-0012330-0012417.xml
adorno-theodor-w-0012418-0012478.xml
adorno-theodor-w-0012479-0012531.xml
adorno-theodor-w-0012532-0012587.xml
adorno-theodor-w-0012588-0012589.xml
adorno-theodor-w-0012590-0012593.xml
adorno-theodor-w-0012594-0012596.xml
adorno-theodor-w-0012597-0012597.xml
adorno-theodor-w-0012598-0012696.xml
adorno-theodor-w-0012697-0012796.xml
adorno-theodor-w-0012797-0012871.xml
adorno-theodor-w-0012872-0012970.xml
adorno-theodor-w-0012971-0013005.xml
adorno-theodor-w-0013006-0013006.xml
adorno-theodor-w-0013007-0013015.xml
adorno-theodor-w-0013016-0013016.xml
adorno-theodor-w-0013017-0013059.xml
adorno-theodor-w-0013060-0013083.xml
adorno-theodor-w-0013084-0013101.xml
adorno-theodor-w-0013102-0013122.xml
adorno-theodor-w-0013123-0013123.xml
adorno-theodor-w-0013124-0013169.xml
adorno-theodor-w-0013170-0013198.xml
adorno-theodor-w-0013199-0013221.xml
adorno-theodor-w-0013222-0013268.xml
adorno-theodor-w-0013269-0013338.xml
adorno-theodor-w-0013339-0013406.xml
adorno-theodor-w-0013407-0013489.xml
adorno-theodor-w-0013490-0013526.xml
adorno-theodor-w-0013527-0013599.xml
adorno-theodor-w-0013600-0013660.xml
adorno-theodor-w-0013661-0013702.xml
adorno-theodor-w-0013703-0013720.xml
adorno-theodor-w-0013721-0013721.xml
adorno-theodor-w-0013722-0013816.xml
adorno-theodor-w-0013817-0013911.xml
adorno-theodor-w-0013912-0013974.xml
adorno-theodor-w-0013975-0013975.xml
adorno-theodor-w-0013976-0013978.xml
adorno-theodor-w-0013979-0014014.xml
adorno-theodor-w-0014015-0014029.xml
adorno-theodor-w-0014030-0014039.xml
adorno-theodor-w-0014040-0014049.xml
adorno-theodor-w-0014050-0014116.xml
adorno-theodor-w-0014117-0014125.xml
adorno-theodor-w-0014126-0014192.xml
adorno-theodor-w-0014193-0014201.xml
adorno-theodor-w-0014202-0014211.xml
adorno-theodor-w-0014212-0014217.xml
adorno-theodor-w-0014218-0014224.xml
adorno-theodor-w-0014225-0014235.xml
adorno-theodor-w-0014236-0014251.xml
adorno-theodor-w-0014252-0014282.xml
adorno-theodor-w-0014283-0014289.xml
adorno-theodor-w-0014290-0014290.xml
adorno-theodor-w-0014291-0014365.xml
adorno-theodor-w-0014366-0014366.xml
adorno-theodor-w-0014367-0014419.xml
adorno-theodor-w-0014420-0014436.xml
adorno-theodor-w-0014437-0014454.xml
adorno-theodor-w-0014455-0014465.xml
adorno-theodor-w-0014466-0014472.xml
adorno-theodor-w-0014473-0014482.xml
adorno-theodor-w-0014483-0014499.xml
adorno-theodor-w-0014500-0014508.xml
adorno-theodor-w-0014509-0014523.xml
adorno-theodor-w-0014524-0014572.xml
adorno-theodor-w-0014573-0014668.xml
adorno-theodor-w-0014669-0014768.xml
adorno-theodor-w-0014769-0014868.xml
adorno-theodor-w-0014869-0014964.xml
adorno-theodor-w-0014965-0015062.xml
adorno-theodor-w-0015063-0015162.xml
adorno-theodor-w-0015163-0015212.xml
adorno-theodor-w-0015213-0015213.xml
adorno-theodor-w-0015214-0015227.xml
adorno-theodor-w-0015228-0015238.xml
adorno-theodor-w-0015239-0015244.xml
adorno-theodor-w-0015245-0015253.xml
adorno-theodor-w-0015254-0015256.xml
adorno-theodor-w-0015257-0015264.xml
adorno-theodor-w-0015265-0015268.xml
adorno-theodor-w-0015269-0015275.xml
adorno-theodor-w-0015276-0015303.xml
adorno-theodor-w-0015304-0015336.xml
adorno-theodor-w-0015337-0015342.xml
adorno-theodor-w-0015343-0015347.xml
adorno-theodor-w-0015348-0015367.xml
adorno-theodor-w-0015368-0015375.xml
adorno-theodor-w-0015376-0015383.xml
adorno-theodor-w-0015384-0015424.xml
adorno-theodor-w-0015425-0015437.xml
adorno-theodor-w-0015438-0015441.xml
adorno-theodor-w-0015442-0015444.xml
adorno-theodor-w-0015445-0015463.xml
adorno-theodor-w-0015464-0015508.xml
adorno-theodor-w-0015509-0015509.xml
adorno-theodor-w-0015510-0015522.xml
adorno-theodor-w-0015523-0015608.xml
adorno-theodor-w-0015609-0015623.xml
adorno-theodor-w-0015624-0015625.xml
adorno-theodor-w-0015626-0015627.xml
adorno-theodor-w-0015628-0015634.xml
adorno-theodor-w-0015635-0015642.xml
adorno-theodor-w-0015643-0015651.xml
adorno-theodor-w-0015652-0015666.xml
adorno-theodor-w-0015667-0015670.xml
adorno-theodor-w-0015671-0015676.xml
adorno-theodor-w-0015677-0015684.xml
adorno-theodor-w-0015685-0015698.xml
adorno-theodor-w-0015699-0015701.xml
adorno-theodor-w-0015702-0015705.xml
adorno-theodor-w-0015706-0015708.xml
adorno-theodor-w-0015709-0015713.xml
adorno-theodor-w-0015714-0015717.xml
adorno-theodor-w-0015718-0015718.xml
adorno-theodor-w-0015719-0015817.xml
adorno-theodor-w-0015818-0015902.xml
adorno-theodor-w-0015903-0015996.xml
adorno-theodor-w-0015997-0016096.xml
adorno-theodor-w-0016097-0016193.xml
adorno-theodor-w-0016194-0016202.xml
adorno-theodor-w-0016203-0016245.xml
adorno-theodor-w-0016246-0016343.xml
adorno-theodor-w-0016344-0016365.xml
adorno-theodor-w-0016366-0016465.xml
adorno-theodor-w-0016466-0016523.xml
adorno-theodor-w-0016524-0016524.xml
adorno-theodor-w-0016525-0016536.xml
adorno-theodor-w-0016537-0016546.xml
adorno-theodor-w-0016547-0016551.xml
adorno-theodor-w-0016552-0016561.xml
adorno-theodor-w-0016562-0016573.xml
adorno-theodor-w-0016574-0016578.xml
adorno-theodor-w-0016579-0016581.xml
adorno-theodor-w-0016582-0016585.xml
adorno-theodor-w-0016586-0016588.xml
adorno-theodor-w-0016589-0016597.xml
adorno-theodor-w-0016598-0016605.xml
adorno-theodor-w-0016606-0016627.xml
adorno-theodor-w-0016628-0016629.xml
adorno-theodor-w-0016630-0016665.xml
adorno-theodor-w-0016666-0016672.xml
adorno-theodor-w-0016673-0016680.xml
adorno-theodor-w-0016681-0016689.xml
adorno-theodor-w-0016690-0016697.xml
adorno-theodor-w-0016698-0016704.xml
adorno-theodor-w-0016705-0016715.xml
adorno-theodor-w-0016716-0016732.xml
adorno-theodor-w-0016733-0016738.xml
adorno-theodor-w-0016739-0016746.xml
adorno-theodor-w-0016747-0016794.xml
adorno-theodor-w-0016795-0016813.xml
adorno-theodor-w-0016814-0016818.xml
adorno-theodor-w-0016819-0016851.xml
adorno-theodor-w-0016852-0016919.xml
adorno-theodor-w-0016920-0016970.xml
adorno-theodor-w-0016971-0017001.xml
adorno-theodor-w-0017002-0017006.xml
adorno-theodor-w-0017007-0017007.xml
adorno-theodor-w-0017008-0017008.xml
adorno-theodor-w-0017009-0017065.xml
adorno-theodor-w-0017066-0017160.xml
adorno-theodor-w-0017161-0017196.xml
adorno-theodor-w-0017197-0017225.xml
adorno-theodor-w-0017226-0017234.xml
adorno-theodor-w-0017235-0017249.xml
adorno-theodor-w-0017250-0017285.xml
adorno-theodor-w-0017286-0017325.xml
adorno-theodor-w-0017326-0017331.xml
adorno-theodor-w-0017332-0017333.xml
adorno-theodor-w-0017334-0017339.xml
adorno-theodor-w-0017340-0017344.xml
adorno-theodor-w-0017345-0017349.xml
adorno-theodor-w-0017350-0017352.xml
adorno-theodor-w-0017353-0017364.xml
adorno-theodor-w-0017365-0017367.xml
adorno-theodor-w-0017368-0017370.xml
adorno-theodor-w-0017371-0017373.xml
adorno-theodor-w-0017374-0017377.xml
adorno-theodor-w-0017378-0017390.xml
adorno-theodor-w-0017391-0017393.xml
adorno-theodor-w-0017394-0017395.xml
adorno-theodor-w-0017396-0017402.xml
adorno-theodor-w-0017403-0017405.xml
adorno-theodor-w-0017406-0017407.xml
adorno-theodor-w-0017408-0017410.xml
adorno-theodor-w-0017411-0017413.xml
adorno-theodor-w-0017414-0017425.xml
adorno-theodor-w-0017426-0017436.xml
adorno-theodor-w-0017437-0017445.xml
adorno-theodor-w-0017446-0017449.xml
adorno-theodor-w-0017450-0017545.xml
adorno-theodor-w-0017546-0017615.xml
adorno-theodor-w-0017616-0017705.xml
adorno-theodor-w-0017706-0017706.xml
adorno-theodor-w-0017707-0017709.xml
adorno-theodor-w-0017710-0017738.xml
adorno-theodor-w-0017739-0017757.xml
adorno-theodor-w-0017758-0017778.xml
adorno-theodor-w-0017779-0017799.xml
adorno-theodor-w-0017800-0017802.xml
adorno-theodor-w-0017803-0017813.xml
adorno-theodor-w-0017814-0017816.xml
adorno-theodor-w-0017817-0017822.xml
adorno-theodor-w-0017823-0017841.xml
adorno-theodor-w-0017842-0017855.xml
adorno-theodor-w-0017856-0017858.xml
adorno-theodor-w-0017859-0017862.xml
adorno-theodor-w-0017863-0017864.xml
adorno-theodor-w-0017865-0017869.xml
adorno-theodor-w-0017870-0017872.xml
adorno-theodor-w-0017873-0017875.xml
adorno-theodor-w-0017876-0017879.xml
adorno-theodor-w-0017880-0017888.xml
adorno-theodor-w-0017889-0017899.xml
adorno-theodor-w-0017900-0017903.xml
adorno-theodor-w-0017904-0017906.xml
adorno-theodor-w-0017907-0017907.xml
adorno-theodor-w-0017908-0017912.xml
adorno-theodor-w-0017913-0017913.xml
adorno-theodor-w-0017914-0017915.xml
adorno-theodor-w-0017916-0017918.xml
adorno-theodor-w-0017919-0017921.xml
adorno-theodor-w-0017922-0017933.xml
adorno-theodor-w-0017934-0017936.xml
adorno-theodor-w-0017937-0017940.xml
adorno-theodor-w-0017941-0017946.xml
adorno-theodor-w-0017947-0017950.xml
adorno-theodor-w-0017951-0017952.xml
adorno-theodor-w-0017953-0017957.xml
adorno-theodor-w-0017958-0017959.xml
adorno-theodor-w-0017960-0017963.xml
adorno-theodor-w-0017964-0017966.xml
adorno-theodor-w-0017967-0017973.xml
adorno-theodor-w-0017974-0017975.xml
adorno-theodor-w-0017976-0017993.xml
adorno-theodor-w-0017994-0017997.xml
adorno-theodor-w-0017998-0018001.xml
adorno-theodor-w-0018002-0018021.xml
adorno-theodor-w-0018022-0018022.xml
adorno-theodor-w-0018023-0018028.xml
adorno-theodor-w-0018029-0018090.xml
adorno-theodor-w-0018091-0018162.xml
adorno-theodor-w-0018163-0018181.xml
adorno-theodor-w-0018182-0018189.xml
adorno-theodor-w-0018190-0018206.xml
adorno-theodor-w-0018207-0018210.xml
adorno-theodor-w-0018211-0018216.xml
adorno-theodor-w-0018217-0018224.xml
adorno-theodor-w-0018225-0018233.xml
adorno-theodor-w-0018234-0018234.xml
adorno-theodor-w-0018235-0018268.xml
adorno-theodor-w-0018269-0018285.xml
adorno-theodor-w-0018286-0018302.xml
adorno-theodor-w-0018303-0018340.xml
adorno-theodor-w-0018341-0018342.xml
adorno-theodor-w-0018343-0018377.xml
adorno-theodor-w-0018378-0018420.xml
adorno-theodor-w-image-appendix.xml
adorno-theodor-w-image-appendix-0000000.xml