Exkurs II

 

Juliette oder Aufklärung und Moral

Aufklärung ist in Kants Worten »der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen.«1 »Verstand ohne Leitung eines anderen« ist von Vernunft geleiteter Verstand. Das heißt nichts anderes, als daß er vermöge der eigenen Konsequenz die einzelnen Erkenntnisse zum System zusammenfügt. »Die Vernunft hat ... nur den Verstand und dessen zweckmäßige Anstellung zum Gegenstande.«2 Sie setzt »eine gewisse kollektive Einheit zum Ziele der Verstandeshandlungen«3, und diese ist das System. Ihre Vorschriften sind die Anweisungen zum hierarchischen Aufbau der Begriffe. Bei Kant nicht anders als bei Leibniz und Descartes besteht die Rationalität darin, »daß man ... sowohl im Aufsteigen zu höheren Gattungen, als im Herabsteigen zu niederen Arten, den systematischen Zusammenhang ... vollende«4. Das »Systematische« der Erkenntnis ist »der Zusammenhang derselben aus einem Prinzip«5. Denken ist im Sinn der Aufklärung die Herstellung von einheitlicher, wissenschaftlicher Ordnung und die Ableitung von Tatsachenerkenntnis aus Prinzipien, mögen diese als willkürlich gesetzte Axiome, eingeborene Ideen oder höchste Abstraktionen gedeutet werden. Die logischen Gesetze stellen die allgemeinsten Beziehungen innerhalb der Ordnung her, sie definieren sie. Die Einheit liegt in der Einstimmigkeit. Der Satz vom Widerspruch ist das System in nuce. Erkenntnis besteht in der Subsumtion unter Prinzipien. Sie ist eins mit dem Urteil, das dem System eingliedert. Anderes Denken als solches, das aufs System sich richtet, ist direktionslos oder autoritär. Nichts wird von der Vernunft beigetragen als die Idee systematischer Einheit, die formalen Elemente festen begrifflichen Zusammenhangs. Jedes inhaltliche Ziel, auf das die Menschen sich berufen mögen, als sei es eine Einsicht der Vernunft, ist nach dem strengen Sinn der Aufklärung Wahn, Lüge, »Rationalisierung«, mögen die einzelnen Philosophen sich auch die größte Mühe geben, von dieser Konsequenz hinweg aufs menschenfreundliche Gefühl zu lenken. Die Vernunft ist »ein Vermögen ..., das Besondere aus dem Allgemeinen abzuleiten«6. Die Homogenität des Allgemeinen und Besonderen wird nach Kant durch den »Schematismus des reinen Verstandes« garantiert. So heißt das unbewußte Wirken des intellektuellen Mechanismus, der die Wahrnehmung schon dem Verstand entsprechend strukturiert. Der Verstand prägt die Verständlichkeit der Sache, die das subjektive Urteil an ihr findet, ihr als objektive Qualität schon auf, ehe sie ins Ich noch eintritt. Ohne solchen Schematismus, kurz ohne Intellektualität der Wahrnehmung, paßte kein Eindruck zum Begriff, keine Kategorie zum Exemplar, es herrschte nicht einmal die Einheit des Denkens, geschweige des Systems, auf die doch alles abzielt. Diese herzustellen ist die bewußte Aufgabe der Wissenschaft. Wenn »alle empirischen Gesetze ... nur besondere Bestimmungen der reinen Gesetze des Verstandes«7 sind, muß die Forschung stets darauf achten, daß die Prinzipien mit den Tatsachenurteilen richtig verbunden bleiben. »Diese Zusammenstimmung der Natur zu unserem Erkenntnisvermögen wird von der Urteilskraft ... a priori vorausgesetzt.«8 Sie ist der »Leitfaden«9 für die organisierte Erfahrung.

Das System muß in Harmonie mit der Natur gehalten werden; wie die Tatsachen aus ihm vorhergesagt werden, müssen sie es bestätigen. Tatsachen aber gehören der Praxis an; sie bezeichnen überall den Kontakt des einzelnen Subjekts mit der Natur als gesellschaftlichem Objekt: Erfahren ist allemal reales Handeln und Leiden. In der Physik zwar ist die Wahrnehmung, durch die eine Theorie sich prüfen läßt, gewöhnlich auf den elektrischen Funken reduziert, der in der experimentellen Apparatur aufleuchtet. Sein Ausbleiben ist in der Regel ohne praktische Konsequenz, es zerstört allein eine Theorie oder allenfalls die Karriere des Assistenten, dem die Versuchsanordnung oblag. Die Bedingungen des Laboratoriums aber sind die Ausnahme. Denken, das System und Anschauung nicht in Einklang hält, verstößt gegen mehr als gegen isolierte Gesichtseindrücke, es kommt mit der realen Praxis in Konflikt. Nicht allein bleibt das erwartete Ereignis aus, sondern das unerwartete geschieht: die Brücke stürzt, die Saat verkümmert, die Medizin macht krank. Der Funke, der am prägnantesten den Mangel an systematischem Denken, den Verstoß gegen die Logik anzeigt, ist keine flüchtige Wahrnehmung, sondern der plötzliche Tod. Das System, das der Aufklärung im Sinne liegt, ist die Gestalt der Erkenntnis, die mit den Tatsachen am besten fertig wird, das Subjekt am wirksamsten bei der Naturbeherrschung unterstützt. Seine Prinzipien sind die der Selbsterhaltung. Unmündigkeit erweist sich als das Unvermögen, sich selbst zu erhalten. Der Bürger in den sukzessiven Gestalten des Sklavenhalters, freien Unternehmers, Administrators, ist das logische Subjekt der Aufklärung.

Die Schwierigkeiten im Begriff der Vernunft, die daraus hervorgehen, daß ihre Subjekte, die Träger ein und derselben Vernunft, in realen Gegensätzen stehen, sind in der westlichen Aufklärung hinter der scheinbaren Klarheit ihrer Urteile versteckt. In der Kritik der reinen Vernunft dagegen kommen sie im unklaren Verhältnis des transzendentalen zum empirischen Ich und den anderen unversöhnten Widersprüchen zum Ausdruck. Kants Begriffe sind doppelsinnig. Vernunft als das transzendentale überindividuelle Ich enthält die Idee eines freien Zusammenlebens der Menschen, in dem sie zum allgemeinen Subjekt sich organisieren und den Widerstreit zwischen der reinen und empirischen Vernunft in der bewußten Solidarität des Ganzen aufheben. Es stellt die Idee der wahren Allgemeinheit dar, die Utopie. Zugleich jedoch bildet Vernunft die Instanz des kalkulierenden Denkens, das die Welt für die Zwecke der Selbsterhaltung zurichtet und keine anderen Funktionen kennt als die der Präparierung des Gegenstandes aus bloßem Sinnenmaterial zum Material der Unterjochung. Die wahre Natur des Schematismus, der Allgemeines und Besonderes, Begriff und Einzelfall von außen aufeinander abstimmt, erweist sich schließlich in der aktuellen Wissenschaft als das Interesse der Industriegesellschaft. Das Sein wird unter dem Aspekt der Verarbeitung und Verwaltung angeschaut. Alles wird zum wiederholbaren, ersetzbaren Prozeß, zum bloßen Beispiel für die begrifflichen Modelle des Systems, auch der einzelne Mensch, vom Tier zu schweigen. Dem Konflikt zwischen der administrativen, verdinglichenden Wissenschaft, zwischen dem öffentlichen Geist und der Erfahrung des Einzelnen ist durch die Umstände vorgebeugt. Die Sinne sind vom Begriffsapparat je schon bestimmt, bevor die Wahrnehmung erfolgt, der Bürger sieht a priori die Welt als den Stoff, aus dem er sie sich herstellt. Kant hat intuitiv vorweggenommen, was erst Hollywood bewußt verwirklichte: die Bilder werden schon bei ihrer eigenen Produktion nach den Standards des Verstandes vorzensiert, dem gemäß sie nachher angesehen werden sollen. Die Wahrnehmung, durch die das öffentliche Urteil sich bestätigt findet, war von ihm schon zugerichtet, ehe sie noch aufkam. Blickte die geheime Utopie im Begriff der Vernunft durch die zufälligen Unterschiede der Subjekte auf ihr verdrängtes identisches Interesse hin, so ebnet die Vernunft, wie sie im Zug der Zwecke bloß als systematische Wissenschaft funktioniert, mit den Unterschieden gerade das identische Interesse ein. Sie läßt keine andere Bestimmung gelten als die Klassifikationen des gesellschaftlichen Betriebs. Keiner ist anders, als wozu er geworden ist: ein brauchbares, erfolgreiches, gescheitertes Mitglied von Berufs- und nationalen Gruppen. Er ist der beliebige Repräsentant seines geographischen, psychologischen, soziologischen Typs. Die Logik ist demokratisch, in ihr haben die Großen vor den Kleinen dabei nichts voraus. Jene gehören zu den Prominenten wie diese zu den prospektiven Gegenständen der Wohlfahrtspflege. Wissenschaft im allgemeinen verhält sich zur Natur und zu den Menschen nicht anders als die Versicherungswissenschaft im besonderen zu Leben und Tod. Wer stirbt, ist gleichgültig, es kommt aufs Verhältnis der Vorfälle zu den Verpflichtungen der Kompanie an. Das Gesetz der großen Zahl, nicht die Einzelheit kehrt in der Formel wieder. Die Übereinstimmung des Allgemeinen und Besonderen ist in einem Intellekt auch nicht mehr verborgen enthalten, der das Besondere je nur als Fall des Allgemeinen wahrnimmt und das Allgemeine nur als die Seite des Besonderen, bei der es sich fassen und handhaben läßt. Wissenschaft selbst hat kein Bewußtsein von sich, sie ist ein Werkzeug. Aufklärung aber ist die Philosophie, die Wahrheit mit wissenschaftlichem System gleichsetzt. Der Versuch, diese Identität zu begründen, den Kant noch aus philosophischer Absicht unternahm, führte zu Begriffen, die wissenschaftlich keinen Sinn ergeben, weil sie nicht bloße Anweisungen zu Manipulationen gemäß den Spielregeln sind. Der Begriff des Sichselbstverstehens der Wissenschaft widerstreitet dem Begriff der Wissenschaft selbst. Kants Werk transzendiert Erfahrung als bloßes Operieren, weshalb es von der Aufklärung heute nach seinen eigenen Prinzipien als dogmatisch verleugnet wird. Mit der von Kant als Resultat vollzogenen Bestätigung des wissenschaftlichen Systems als Gestalt der Wahrheit besiegelt der Gedanke seine eigene Nichtigkeit, denn Wissenschaft ist technische Übung, von Reflexion auf ihr eigenes Ziel so weit entfernt wie andere Arbeitsarten unter dem Druck des Systems.

Die Morallehren der Aufklärung zeugen von dem hoffnungslosen Streben, an Stelle der geschwächten Religion einen intellektuellen Grund dafür zu finden, in der Gesellschaft auszuhalten, wenn das Interesse versagt. Die Philosophen paktieren als echte Bürger in der Praxis mit den Mächten, die nach ihrer Theorie verurteilt sind. Die Theorien sind konsequent und hart, die Morallehren propagandistisch und sentimental, auch wo sie rigoristisch klingen, oder sie sind Gewaltstreiche aus dem Bewußtsein der Unableitbarkeit eben der Moral wie Kants Rekurs auf die sittlichen Kräfte als Tatsache. Sein Unterfangen, die Pflicht der gegenseitigen Achtung, wenn auch noch vorsichtiger als die ganze westliche Philosophie, aus einem Gesetz der Vernunft abzuleiten, findet keine Stütze in der Kritik. Es ist der übliche Versuch des bürgerlichen Denkens, die Rücksicht, ohne welche Zivilisation nicht existieren kann, anders zu begründen als durch materielles Interesse und Gewalt, sublim und paradox wie keiner vorher, und ephemer wie sie alle. Der Bürger, der aus dem kantischen Motiv der Achtung vor der bloßen Form des Gesetzes allein einen Gewinn sich entgehen ließe, wäre nicht aufgeklärt, sondern abergläubisch – ein Narr. Die Wurzel des kantischen Optimismus, nach dem moralisches Handeln auch dort vernünftig sei, wo das niederträchtige gute Aussicht habe, ist das Entsetzen vor dem Rückfall in die Barbarei. Sollte, schreibt Kant im Anschluß an Haller10, eine dieser großen sittlichen Kräfte, Wechselliebe und Achtung, sinken, »so würde dann das Nichts (der Immoralität) mit aufgesperrtem Schlund der (moralischen) Wesen ganzes Reich wie einen Tropfen Wasser trinken«. Aber die sittlichen Kräfte sind ja Kant zufolge vor der wissenschaftlichen Vernunft nicht weniger neutrale Triebe und Verhaltensweisen als die unsittlichen, in die sie auch sogleich umschlagen, wenn sie anstatt auf jene verborgene Möglichkeit auf die Versöhnung mit der Macht gerichtet sind. Aufklärung verweist den Unterschied aus der Theorie. Sie betrachtet die Leidenschaften »ac si quaestio de lineis, planis aut de corporibus esset«11. Die totalitäre Ordnung hat damit ganz Ernst gemacht. Von der Kontrolle durch die eigene Klasse befreit, die den Geschäftsmann des neunzehnten Jahrhunderts bei der kantischen Achtung und Wechselliebe hielt, braucht der Faschismus, der seinen Völkern die moralischen Gefühle durch eiserne Disziplin erspart, keine Disziplin mehr zu wahren. Entgegen dem kategorischen Imperativ und in desto tieferem Einklang mit der reinen Vernunft behandelt er die Menschen als Dinge, Zentren von Verhaltensweisen. Gegen den Ozean der offenen Gewalt, der in Europa wirklich hereingebrochen ist, hatten die Herrschenden die bürgerliche Welt nur so lange abdämmen wollen, als die ökonomische Konzentration noch nicht genügend fortgeschritten war. Vorher waren nur die Armen und die Wilden den entfesselten kapitalistischen Elementen ausgesetzt. Die totalitäre Ordnung aber setzt kalkulierendes Denken ganz in seine Rechte ein und hält sich an die Wissenschaft als solche. Ihr Kanon ist die eigene blutige Leistungsfähigkeit. Die Hand der Philosophie hatte es an die Wand geschrieben, von Kants Kritik bis zu Nietzsches Genealogie der Moral; ein einziger hat es bis in die Einzelheiten durchgeführt. Das Werk des Marquis de Sade zeigt den »Verstand ohne Leitung eines anderen«, das heißt, das von Bevormundung befreite bürgerliche Subjekt.

Selbsterhaltung ist das konstitutive Prinzip der Wissenschaft, die Seele der Kategorientafel, auch wenn sie idealistisch deduziert werden soll wie bei Kant. Selbst das Ich, die synthetische Einheit der Apperzeption, die Instanz, die Kant den höchsten Punkt nennt, an dem man die ganze Logik aufhängen müsse12, ist in Wahrheit das Produkt sowohl wie die Bedingung der materiellen Existenz. Die Individuen, die selbst für sich zu sorgen haben, entwickeln das Ich als die Instanz des reflektierenden Vor- und Überblicks, es erweitert sich und schrumpft mit den Aussichten wirtschaftlicher Selbständigkeit und produktiven Eigentums durch die Reihe der Generationen hindurch. Schließlich geht es von den enteigneten Bürgern auf die totalitären Trustherrn über, deren Wissenschaft ganz zum Inbegriff von Reproduktionsmethoden der unterworfenen Massengesellschaft geworden ist. Sade hat ihrem Sinn fürs Planen ein frühes Denkmal gesetzt. Die Verschwörung der Machthaber gegen die Völker mittels ihrer unentwegten Organisation liegt dem aufgeklärten Geist seit Machiavelli und Hobbes so nahe wie die bürgerliche Republik. Feind ist er der Autorität nur dann, wenn sie nicht die Kraft hat, sich Gehorsam zu erzwingen, der Gewalt, die kein Faktum ist. Solange man davon absieht, wer Vernunft anwendet, hat sie nicht mehr Affinität zur Gewalt als zur Vermittlung, je nach der Lage von Individuum und Gruppen läßt sie Frieden oder Krieg, Toleranz oder Repression als das Gegebene erscheinen. Da sie inhaltliche Ziele als Macht der Natur über den Geist, als Beeinträchtigung ihrer Selbstgesetzgebung entlarvt, steht sie, formal wie sie ist, jedem natürlichen Interesse zur Verfügung. Das Denken wird völlig zum Organ, es ist in Natur zurückversetzt. Für die Herrschenden aber werden die Menschen zum Material wie die gesamte Natur für die Gesellschaft. Nach dem kurzen Zwischenspiel des Liberalismus, in dem die Bürger sich gegenseitig in Schach hielten, offenbart sich die Herrschaft als archaischer Schrecken in faschistisch rationalisierter Gestalt. »Man muß also«, sagt der Fürst von Francavilla in einer Gesellschaft beim König Ferdinand von Neapel, »die religiösen Schimären durch den äußersten Terror ersetzen; man befreie das Volk von der Furcht vor der zukünftigen Hölle, so wird es sogleich, nachdem sie zerstört ist, allem sich hingeben; aber man ersetze diese schimärische Furcht durch Strafgesetze von gewaltiger Strenge, die freilich nur es selber treffen, denn es allein stiftet die Unruhe im Staat: allein in der untersten Klasse werden die Unzufriedenen geboren. Was kümmert den Reichen die Vorstellung eines Zügels, den er niemals an sich selbst verspürt, wenn er mit diesem leeren Schein das Recht erhält, nun seinerseits alle jene auszupressen, die unter seinem Joch leben? Ihr werdet keinen in jener Klasse finden, der nicht erlaubte, daß man den dichtesten Schatten der Tyrannei auf ihn lege, solange sie in Wirklichkeit auf den anderen liegt.«13 Vernunft ist das Organ der Kalkulation, des Plans, gegen Ziele ist sie neutral, ihr Element ist die Koordination. Was Kant transzendental begründet hat, die Affinität von Erkenntnis und Plan, die der noch in den Atempausen durchrationalisierten bürgerlichen Existenz in allen Einzelheiten den Charakter unentrinnbarer Zweckmäßigkeit aufprägt, hat mehr als ein Jahrhundert vor dem Sport Sade schon empirisch ausgeführt. Die modernen Sportsriegen, deren Zusammenspiel genau geregelt ist, so daß kein Mitglied über seine Rolle einen Zweifel hegt und für jeden ein Ersatzmann bereit steht, finden in den sexuellen teams der Juliette, bei denen kein Augenblick ungenützt, keine Körperöffnung vernachlässigt, keine Funktion untätig bleibt, ihr genaues Modell. Im Sport wie in allen Zweigen der Massenkultur herrscht angespannte, zweckvolle Betriebsamkeit, ohne daß der nicht ganz eingeweihte Zuschauer den Unterschied der Kombinationen, den Sinn der Wechselfälle zu erraten vermöchte, der sich an den willkürlich gesetzten Regeln mißt. Die eigene architektonische Struktur des kantischen Systems kündigt wie die Turnerpyramiden der Sadeschen Orgien und das Prinzipienwesen der frühen bürgerlichen Logen – ihr zynisches Spiegelbild ist das strenge Reglement der Libertingesellschaft aus den 120 Journées – die vom inhaltlichen Ziel verlassene Organisation des gesamten Lebens an. Mehr noch als auf den Genuß scheint es in solchen Veranstaltungen auf seinen geschäftigen Betrieb, die Organisation anzukommen, wie schon in anderen entmythologisierten Epochen, dem Rom der Kaiserzeit und der Renaissance wie dem Barock, das Schema der Aktivität schwerer als ihr Inhalt wog. In der Neuzeit hat Aufklärung die Ideen der Harmonie und Vollendung aus ihrer Hypostasierung im religiösen Jenseits gelöst und dem menschlichen Streben unter der Form des Systems als Kriterien gegeben. Nachdem die Utopie, die der französischen Revolution die Hoffnung verlieh, mächtig zugleich und ohnmächtig in die deutsche Musik und Philosophie eingegangen war, hat die etablierte bürgerliche Ordnung Vernunft vollends funktionalisiert. Sie ist zur zwecklosen Zweckmäßigkeit geworden, die eben deshalb sich in alle Zwecke spannen läßt. Sie ist der Plan an sich betrachtet. Der totalitäre Staat handhabt die Nationen. »Das ist's, erwiderte der Fürst«, heißt es bei Sade, »die Regierung muß selbst die Bevölkerung regeln, sie muß in ihren Händen alle Mittel haben, um sie zu vertilgen, wenn sie sie fürchtet, um sie zu vermehren, wenn sie es für nötig hält, und es darf niemals ein anderes Gleichgewicht ihrer Gerechtigkeit geben, als das ihrer Interessen oder ihrer Leidenschaften, einzig verbunden mit den Leidenschaften und Interessen derer, die, wie wir gesagt haben, von ihr so viel Machtfülle erhalten haben als notwendig ist, um die eigene zu vervielfachen.«14 Der Fürst weist den Weg, den der Imperialismus, als die furchtbarste Gestalt der Ratio, seit je beschritten hat. »... Nehmt dem Volk, das ihr unterjochen wollt, seinen Gott und demoralisiert es; solange es keinen anderen Gott als euch anbetet, keine anderen Sitten als die euren hat, werdet ihr immer sein Herr bleiben ... laßt ihm dafür selbst die ausgedehnteste verbrecherische Fähigkeit; bestraft es niemals, als wenn seine Stacheln sich gegen euch selbst kehren.«15

Da die Vernunft keine inhaltlichen Ziele setzt, sind die Affekte alle gleich weit von ihr entfernt. Sie sind bloß natürlich. Das Prinzip, demzufolge die Vernunft allem Unvernünftigen bloß entgegengesetzt ist, begründet den wahren Gegensatz zwischen Aufklärung und Mythologie. Diese kennt den Geist nur als den in die Natur versenkten, als Naturmacht. Wie die Kräfte draußen sind ihr die Regungen im Inneren lebendige Mächte göttlichen oder dämonischen Ursprungs. Aufklärung dagegen nimmt Zusammenhang, Sinn, Leben ganz in die Subjektivität zurück, die sich in solcher Zurücknahme eigentlich erst konstituiert. Vernunft ist ihr das chemische Agens, das die eigene Substanz der Dinge in sich aufsaugt und in die bloße Autonomie der Vernunft selbst verflüchtigt. Um der abergläubischen Furcht vor der Natur zu entgehen, hat sie die objektiven Wirkungseinheiten und Gestalten ohne Rest als Verhüllungen eines chaotischen Materials bloßgestellt und dessen Einfluß auf die menschliche Instanz als Sklaverei verflucht, bis das Subjekt der Idee nach ganz zur einzigen unbeschränkten, leeren Autorität geworden war. Alle Kraft der Natur wurde zur bloßen, unterschiedslosen Resistenz für die abstrakte Macht des Subjekts. Die besondere Mythologie, mit der die westliche Aufklärung, auch als Calvinismus, aufzuräumen hatte, war die katholische Lehre vom ordo und die heidnische Volksreligion, die unter ihr noch fortwucherte. Von ihr die Menschen zu befreien, war das Ziel der bürgerlichen Philosophie. Die Befreiung aber reichte weiter, als es ihren humanen Urhebern in den Sinn kam. Die entfesselte Marktwirtschaft war zugleich die aktuelle Gestalt der Vernunft und die Macht, an der Vernunft zuschanden wurde. Die romantischen Reaktionäre sprachen nur aus, was die Bürger selbst erfuhren: daß die Freiheit in ihrer Welt zur organisierten Anarchie hintrieb. Die Kritik der katholischen Konterrevolution behielt gegen die Aufklärung recht, wie diese gegen den Katholizismus. Die Aufklärung hatte sich auf den Liberalismus festgelegt. Wenn alle Affekte einander wert sind, so scheint die Selbsterhaltung, von der die Gestalt des Systems ohnehin beherrscht ist, auch die wahrscheinlichste Maxime des Handelns abzugeben. Sie sollte in der freien Wirtschaft freigegeben werden. Die dunklen Schriftsteller der bürgerlichen Frühzeit, wie Machiavelli, Hobbes, Mandeville, die dem Egoismus des Selbst das Wort redeten, haben eben damit die Gesellschaft als das zerstörende Prinzip erkannt, die Harmonie denunziert, ehe sie von den hellen, den Klassikern, zur offiziellen Doktrin erhoben war. Jene priesen die Totalität der bürgerlichen Ordnung als das Grauen an, das am Ende beides, Allgemeines und Besonderes, Gesellschaft und Selbst verschlang. Mit der Entfaltung des Wirtschaftssystems, in dem die Herrschaft privater Gruppen über den Wirtschaftsapparat die Menschen spaltet, erwies die von Vernunft identisch festgehaltene Selbsterhaltung, der vergegenständlichte Trieb des individuellen Bürgers sich als destruktive Naturgewalt, die von der Selbstzerstörung gar nicht mehr zu trennen war. Sie gingen trübe ineinander über. Die reine Vernunft wurde zur Unvernunft, zur fehler- und inhaltslosen Verfahrungsweise. Jene Utopie aber, die zwischen Natur und Selbst die Versöhnung ankündigte, trat mit der revolutionären Avantgarde aus ihrem Versteck in der deutschen Philosophie, irrational und vernünftig zugleich, als Idee des Vereins freier Menschen hervor und zog alle Wut der Ratio auf sich. In der Gesellschaft wie sie ist bleibt trotz der armseligen moralistischen Versuche, die Menschlichkeit als rationalstes Mittel zu propagieren, Selbsterhaltung frei von der als Mythos denunzierten Utopie. Schlaue Selbsterhaltung bei den Oberen ist der Kampf um die faschistische Macht, und bei den Individuen die Anpassung ans Unrecht um jeden Preis. Die aufgeklärte Vernunft findet so wenig ein Maß, einen Trieb in sich selbst und gegen andere Triebe abzustufen, wie das Weltall in Sphären zu ordnen. Hierarchie in der Natur ist von ihr zu Recht als ein Reflex der mittelalterlichen Gesellschaft aufgedeckt, und die späteren Unternehmen, eine neue objektive Wertrangordnung nachzuweisen, tragen den Stempel der Lüge an der Stirn. Der Irrationalismus, wie er in solchen nichtigen Rekonstruktionen sich bekundet, ist weit davon entfernt, der industriellen Ratio zu widerstehen. Hatte, mit Leibniz und Hegel, die große Philosophie auch in solchen subjektiven und objektiven Äußerungen, die nicht selbst schon Gedanken sind, in Gefühlen, Institutionen, Werken der Kunst, den Anspruch auf Wahrheit entdeckt, so isoliert der Irrationalismus, darin wie in anderem dem letzten Abhub der Aufklärung, dem modernen Positivismus verwandt, das Gefühl, wie Religion und Kunst, von allem was Erkenntnis heißt. Er schränkt zwar die kalte Vernunft zugunsten des unmittelbaren Lebens ein, macht es jedoch zu einem dem Gedanken bloß feindlichen Prinzip. Im Scheine solcher Feindschaft wird Gefühl und schließlich aller menschliche Ausdruck, ja Kultur überhaupt der Verantwortung vor dem Denken entzogen, verwandelt sich aber dadurch zum neutralisierten Element der allumspannenden Ratio des längst irrational gewordenen ökonomischen Systems. Sie hat sich seit den Anfängen auf ihre Anziehungskraft allein nicht verlassen können und diese durch den Kultus der Gefühle ergänzt. Wo sie zu diesen aufruft, richtet sie sich gegen ihr eigenes Medium, das Denken, das ihr selbst, der sich entfremdeten Vernunft, immer auch verdächtig war. Der Überschwang der zärtlich Liebenden im Film fungiert schon als Hieb auf die ungerührte Theorie, er setzt sich fort im sentimentalen Argument gegen den Gedanken, der das Unrecht attackiert. Indem so die Gefühle zur Ideologie aufsteigen, wird die Verachtung, der sie in der Wirklichkeit unterliegen, nicht aufgehoben. Daß sie, verglichen mit der Sternenhöhe, in welche die Ideologie sie transponiert, stets als zu vulgär erscheinen, hilft noch zu ihrer Verbannung mit. Das Verdikt über die Gefühle war in der Formalisierung der Vernunft schon eingeschlossen. Noch Selbsterhaltung hat als Naturtrieb wie andere Regungen ein schlechtes Gewissen, nur die Betriebsamkeit und die Institutionen, die ihr dienen sollen, das heißt verselbständigte Vermittlung, der Apparat, die Organisation, das Systematische, genießt wie in der Erkenntnis auch in der Praxis das Ansehen, vernünftig zu sein; die Emotionen sind darin eingegliedert.

Die Aufklärung der neueren Zeit stand von Anbeginn im Zeichen der Radikalität: das unterscheidet sie von jeder früheren Stufe der Entmythologisierung. Wenn mit einer neuen Weise des gesellschaftlichen Seins eine neue Religion und Gesinnung in der Weltgeschichte Platz griff, wurden mit den alten Klassen, Stämmen und Völkern in der Regel auch die alten Götter in den Staub geworfen. Besonders aber wo ein Volk auf Grund des eigenen Schicksals, zum Beispiel die Juden, zu einer neuen Form gesellschaftlichen Lebens überging, wurden die altgeliebten Gewohnheiten, die heiligen Handlungen und Gegenstände der Verehrung in abscheuliche Untaten und Schreckgespenster verzaubert. Die Ängste und Idiosynkrasien heute, die verhöhnten und verabscheuten Charakterzüge können als Male gewaltsamer Fortschritte in der menschlichen Entwicklung entziffert werden. Vom Ekel vor den Exkrementen und dem Menschenfleisch bis zur Verachtung des Fanatismus, der Faulheit, der Armut, geistiger und materieller, führt eine Linie von Verhaltensweisen, die aus adäquaten und notwendigen in Scheußlichkeiten verwandelt wurden. Diese Linie ist die der Zerstörung und der Zivilisation zugleich. Jeder Schritt war ein Fortschritt, eine Etappe der Aufklärung. Während aber alle früheren Veränderungen, vom Präanimismus zur Magie, von der matriarchalen zur patriarchalen Kultur, vom Polytheismus der Sklavenhalter zur katholischen Hierarchie, neue, wenn auch aufgeklärte Mythologien an die Stelle der älteren setzten, den Gott der Heerscharen an Stelle der großen Mutter, die Verehrung des Lammes an Stelle des Totems, zerging vor dem Licht der aufgeklärten Vernunft jede Hingabe als mythologisch, die sich für objektiv, in der Sache begründet hielt. Alle vorgegebenen Bindungen verfielen damit dem tabuierenden Verdikt, nicht ausgenommen solche, die zur Existenz der bürgerlichen Ordnung selbst notwendig waren. Das Instrument, mit dem das Bürgertum zur Macht gekommen war, Entfesselung der Kräfte, allgemeine Freiheit, Selbstbestimmung, kurz, die Aufklärung, wandte sich gegen das Bürgertum, sobald es als System der Herrschaft zur Unterdrückung gezwungen war. Aufklärung macht ihrem Prinzip nach selbst vor dem Minimum an Glauben nicht halt, ohne das die bürgerliche Welt nicht existieren kann. Sie leistet der Herrschaft nicht die zuverlässigen Dienste, die ihr von den alten Ideologien stets erwiesen wurden. Ihre anti-autoritäre Tendenz, die, freilich bloß unterirdisch, mit jener Utopie im Vernunftbegriff kommuniziert, macht sie dem etablierten Bürgertum schließlich so feind wie der Aristokratie, mit der es sich denn auch recht bald verbündet hat. Das anti-autoritäre Prinzip muß schließlich ins eigene Gegenteil, in die Instanz gegen die Vernunft selber umschlagen: die Abschaffung alles von sich aus Verbindlichen, die es leistet, erlaubt es der Herrschaft, die ihr jeweils adäquaten Bindungen souverän zu dekretieren und zu manipulieren. Nach Bürgertugend und Menschenliebe, für die sie schon keine guten Gründe hatte, hat denn auch die Philosophie Autorität und Hierarchie als Tugenden verkündigt, als diese längst auf Grund der Aufklärung zu Lügen geworden waren. Aber auch gegen solche Perversion ihrer selbst besaß die Aufklärung kein Argument, denn die lautere Wahrheit genießt vor der Entstellung, die Rationalisierung vor der Ratio keinen Vorzug, wenn sie nicht etwa einen praktischen für sich aufzuweisen hat. Mit der Formalisierung der Vernunft wird Theorie selbst, soweit sie mehr als ein Zeichen für neutrale Verfahrungsweisen sein will, zum unverständlichen Begriff, und Denken gilt als sinnvoll nur nach Preisgabe des Sinns. Eingespannt in die herrschende Produktionsweise löst die Aufklärung, die zur Unterminierung der repressiv gewordenen Ordnung strebt, sich selber auf. In den frühen Angriffen auf Kant, den Alleszermalmer, welche die gängige Aufklärung unternahm, ist das schon ausgedrückt. Wie Kants Moralphilosophie seine aufklärerische Kritik begrenzte, um die Möglichkeit der Vernunft zu retten, so strebte umgekehrt das unreflektiert aufgeklärte Denken aus Selbsterhaltung stets danach, sich selbst in Skeptizismus aufzuheben, um für die bestehende Ordnung genügend Platz zu bekommen.

Das Werk Sades, wie dasjenige Nietzsches, bildet dagegen die intransigente Kritik der praktischen Vernunft, der gegenüber die des Alleszermalmers selbst als Revokation des eignen Denkens erscheint. Sie steigert das szientifische Prinzip ins Vernichtende. Kant hatte freilich das moralische Gesetz in mir schon so lang von jedem heteronomen Glauben gereinigt, bis der Respekt entgegen Kants Versicherungen bloß noch eine psychologische Naturtatsache war, wie der gestirnte Himmel über mir eine physikalische. »Ein Faktum der Vernunft« nennt er es selbst16, »un instinct général de société« hieß es bei Leibniz17. Tatsachen aber gelten dort nichts, wo sie nicht vorhanden sind. Sade leugnet ihr Vorkommen nicht. Justine, die gute der beiden Schwestern, ist eine Märtyrerin des Sittengesetzes. Juliette freilich zieht die Konsequenz, die das Bürgertum vermeiden wollte: sie dämonisiert den Katholizismus als jüngste Mythologie und mit ihm Zivilisation überhaupt. Die Energien, die aufs Sakrament bezogen waren, bleiben verkehrt dem Sakrileg zugewandt. Diese Verkehrung aber wird auf Gemeinschaft schlechthin übertragen. In all dem verfährt Juliette keineswegs fanatisch wie der Katholizismus mit den Inkas, sie besorgt nur aufgeklärt, geschäftig den Betrieb des Sakrilegs, das auch den Katholiken von archaischen Zeiten her noch im Blute lag. Die urgeschichtlichen Verhaltensweisen, auf welche Zivilisation ein Tabu gelegt, hatten, unter dem Stigma der Bestialität in destruktive transformiert, ein unterirdisches Dasein geführt. Juliette betätigt sie nicht mehr als natürliche, sondern als die tabuierten. Sie kompensiert das Werturteil gegen sie, das unbegründet war, weil alle Werturteile unbegründet sind, durch seinen Gegensatz. Wenn sie so die primitiven Reaktionen wiederholt, sind es darum nicht mehr die primitiven sondern die bestialischen. Juliette, nicht unähnlich der Merteuil aus den ›Liaisons Dangereuses‹18, verkörpert, psychologisch ausgedrückt, weder unsublimierte noch regredierte libido, sondern intellektuelle Freude an der Regression, amor intellectualis diaboli, die Lust, Zivilisation mit ihren eigenen Waffen zu schlagen. Sie liebt System und Konsequenz. Sie handhabt das Organ des rationalen Denkens ausgezeichnet. Was die Selbstbeherrschung angeht, verhalten sich ihre Anweisungen zu denen Kants zuweilen wie die spezielle Anwendung zum Grundsatz. »Die Tugend also«, heißt es bei diesem19, »sofern sie auf innere Freiheit begründet ist, enthält für die Menschen auch ein bejahendes Gebot, nämlich alle seine Vermögen und Neigungen unter seine (der Vernunft) Gewalt zu bringen, mithin der Herrschaft über sich selbst, welche(s) über das Verbot, nämlich von seinen Gefühlen und Neigungen sich nicht beherrschen zu lassen, (der Pflicht der Apathie) hinzukommt: weil, ohne daß die Vernunft die Zügel der Regierung in die Hände nimmt, jene über den Menschen den Meister spielen.« Juliette doziert über die Selbstzucht des Verbrechers: »Erwägen Sie zuerst Ihren Plan einige Tage im voraus, überlegen Sie alle seine Folgen, prüfen Sie mit Aufmerksamkeit, was Ihnen dienen kann ... was Sie möglicherweise verraten könnte, und wägen Sie diese Dinge mit derselben Kaltblütigkeit ab, wie wenn Sie sicher wären, entdeckt zu werden.«20 Das Gesicht des Mörders muß die größte Ruhe verraten. »... lassen Sie auf Ihren Zügen Ruhe und Gleichgültigkeit sich zeigen, versuchen Sie, die größtmögliche Kaltblütigkeit in dieser Lage zu erwerben ... wären Sie nicht sicher, keinerlei Gewissensbisse zu haben, und Sie werden es nur durch die Gewohnheit des Verbrechens sein, wenn, sage ich, Sie darüber nicht sehr sicher wären, würden sie erfolglos daran arbeiten, Meister Ihres Mienenspiels zu werden ...«21 Die Freiheit von Gewissensbissen ist vor der formalistischen Vernunft so essentiell wie die von Liebe oder Haß. Reue setzt das Vergangene, das dem Bürgertum entgegen der populären Ideologie seit je für Nichts galt, als ein Sein; sie ist der Rückfall, vor dem zu bewahren ihre einzige Rechtfertigung vor der bürgerlichen Praxis wäre. Spricht es doch Spinoza den Stoikern nach: »Poenitentia virtus non est, sive ex ratione non oritur, sed is, quem facti poenitet, bis miser seu impotens est.«22 Ganz im Sinne jenes Fürsten von Francavilla fügt er freilich sogleich »terret vulgus, nisi metuat«23 hinzu und meint daher als guter Machiavellist, daß Demut und Reue wie Furcht und Hoffnung trotz aller Vernunftwidrigkeit recht nützlich seien. »Zur Tugend wird Apathie (als Stärke betrachtet) notwendig vorausgesetzt«, sagt Kant24, indem er, Sade nicht unähnlich, diese »moralische Apathie« von der Fühllosigkeit im Sinn der Indifferenz gegen sinnliche Reize unterscheidet. Enthusiasmus ist schlecht. Ruhe und Entschlußkraft bilden die Stärke der Tugend. »Das ist der Zustand der Gesundheit im moralischen Leben; dagegen der Affekt, selbst wenn er durch die Vorstellung des Guten aufgeregt wird, eine augenblickliche glänzende Erscheinung ist, welche Mattigkeit hinterläßt.«25 Juliettes Freundin Clairwil stellt ganz dasselbe vom Laster fest26. »Meine Seele ist hart, und ich bin weit davon entfernt, Empfindsamkeit der glücklichen Apathie, der ich mich erfreue, vorzuziehen. Oh Juliette ... du täuschst dich vielleicht über die gefährliche Empfindsamkeit, auf die sich so viele Toren etwas zugute tun.« Apathie tritt an jenen Wendestellen der bürgerlichen Geschichte, auch der antiken auf, wo angesichts der übermächtigen historischen Tendenz die pauci beati der eigenen Ohnmacht gewahr werden. Sie bezeichnet den Rückzug der einzelmenschlichen Spontaneität aufs Private, das dadurch erst als die eigentlich bürgerliche Existenzform gestiftet wird. Stoa, und das ist die bürgerliche Philosophie, macht es den Privilegierten im Angesicht des Leidens der anderen leichter, der eigenen Bedrohung ins Auge zu sehen. Sie hält das Allgemeine fest, indem sie die private Existenz als Schutz vor ihm zum Prinzip erhebt. Die Privatsphäre des Bürgers ist herabgesunkenes Kulturgut der Oberklasse.

Juliette hat die Wissenschaft zum Credo. Scheußlich ist ihr jede Verehrung, deren Rationalität nicht zu erweisen ist: der Glaube an Gott und seinen toten Sohn, der Gehorsam gegen die Zehn Gebote, der Vorzug des Guten vor dem Bösen, des Heils vor der Sünde. Angezogen wird sie von den Reaktionen, die von den Legenden der Zivilisation mit einem Bann belegt waren. Sie operiert mit Semantik und logischer Syntax wie der modernste Positivismus, aber nicht wie dieser Angestellte der jüngsten Administration richtet sie ihre Sprachkritik vornehmlich gegen Denken und Philosophie, sondern als Tochter der kämpfenden Aufklärung gegen die Religion. »Ein toter Gott!« sagt sie von Christus27, »nichts ist komischer als diese zusammenhanglose Wortfolge des katholischen Wörterbuchs: Gott, will heißen ewig; Tod, will heißen nicht ewig. Idiotische Christen, was wollt ihr denn mit eurem toten Gott machen?« Die Umwandlung des ohne wissenschaftlichen Beweis Verdammten in Erstrebenswertes wie des beweislos Anerkannten in den Gegenstand des Abscheus, die Umwertung der Werte, der »Mut zum Verbotenen«28 ohne Nietzsches verräterisches »Wohlan!«, ohne seinen biologischen Idealismus, ist ihre spezifische Leidenschaft. »Bedarf es denn der Vorwände, um ein Verbrechen zu begehen?« ruft die Fürstin Borghese, ihre gute Freundin, ganz in seinem Sinne aus29. Nietzsche verkündigt die Quintessenz ihrer Doktrin30. »Die Schwachen und Mißratnen sollen zugrunde gehen: erster Satz unsrer Menschenliebe. Und man soll ihnen noch dazu helfen. Was ist schädlicher als irgendein Laster? – das Mitleiden der Tat mit allen Mißratnen und Schwachen – das Christentum ...«31 Dieses, »merkwürdig daran interessiert, die Tyrannen zu meistern und sie auf Prinzipien der Brüderlichkeit zu reduzieren ... spielt dabei das Spiel des Schwachen; es vertritt ihn, es muß sprechen wie er ... Wir dürfen überzeugt sein, daß jenes Band in Wahrheit vom Schwachen, wie es auch vorgeschlagen, so in Kraft gesetzt wurde, als der Zufall ihm einmal die Gewalt des Priesters in die Hände spielte.«32 Das trägt Noirceuil, Juliettes Mentor, zur Genealogie der Moral bei. Bösartig feiert Nietzsche die Mächtigen und ihre Grausamkeit »nach außen hin, dort, wo ... die Fremde beginnt«, das heißt gegenüber allem, was nicht zu ihnen selbst gehört. »Sie genießen da die Freiheit von allem sozialen Zwang, sie halten sich in der Wildnis schadlos für die Spannung, welche eine lange Einschließung und Einfriedigung in den Frieden der Gemeinschaft gibt, sie treten in die Unschuld des Raubtier-Gewissens zurück, als frohlockende Ungeheuer, welche vielleicht von einer scheußlichen Abfolge von Mord, Niederbrennung, Schändung, Folterung mit einem Übermute und seelischen Gleichgewichte davongehen, wie als ob nur ein Studentenstreich vollbracht sei, überzeugt davon, daß die Dichter für lange nun wieder etwas zu singen und zu rühmen haben ... Diese ›Kühnheit‹ vornehmer Rassen, toll, absurd, plötzlich, wie sie sich äußert, das Unberechenbare, das Unwahrscheinliche selbst ihrer Unternehmungen ... ihre Gleichgültigkeit und Verachtung gegen Sicherheit, Leib, Leben, Behagen, ihre entsetzliche Heiterkeit und Tiefe der Lust in allem Zerstören, in allen Wollüsten des Siegs und der Grausamkeit«33, diese Kühnheit, die Nietzsche herausschreit, hat auch Juliette hingerissen. »Gefährlich leben« ist auch ihre Botschaft: »... oser tout dorénavant sans peur«34. Es gibt die Schwachen und die Starken, es gibt Klassen, Rassen und Nationen, welche herrschen, und es gibt die, welche unterlegen sind. »Wo ist, ich bitte Sie«, ruft Herr von Verneuil aus35, »der Sterbliche, der dumm genug wäre, um entgegen allem Augenschein zu versichern, die Menschen würden nach Recht und Tatsache gleich geboren! Es war einem Menschenfeind wie Rousseau vorbehalten, ein solches Paradox aufzustellen, weil er, höchst schwach, wie er selbst war, die zu sich herabziehen wollte, zu denen er sich nicht erheben konnte. Aber mit welcher Stirn, frage ich Sie, könnte der vier Fuß zwei Zoll hohe Pygmäe sich dem Modell an Wuchs und Stärke vergleichen, dem die Natur die Kraft und Gestalt eines Herkules verleiht? Hieße das nicht dasselbe, wie daß die Fliege dem Elefanten gleicht? Stärke, Schönheit, Wuchs, Beredsamkeit: das waren die Tugenden, die im Beginn der Gesellschaft beim Übergang der Autorität an die Herrschenden bestimmend waren.« – »Von der Stärke verlangen«, fährt Nietzsche fort36, »daß sie sich nicht als Stärke äußere, daß sie nicht ein Überwältigen-Wollen, ein Niederwerfen-Wollen, ein Herrwerden-Wollen, ein Durst nach Feinden und Widerständen und Triumphen sei, ist gerade so widersinnig, als von der Schwäche verlangen, daß sie sich als Stärke äußere.« – »Wie in der Tat wollen Sie«, sagt Verneuil37, »daß der welcher von der Natur die höchste Anlage zum Verbrechen erhalten hat, sei es durch die Überlegenheit seiner Kräfte, die Feinheit seiner Organe, sei es infolge seiner standesgemäßen Erziehung oder seiner Reichtümer; wie wollen Sie, sage ich, daß dieses Individuum nach demselben Gesetz gerichtet werde, wie jenes, das alles zur Tugend oder zur Mäßigung verhält? Wäre das Gesetz gerechter, das beide Männer gleich bestrafte? Ist es natürlich, daß der, den alles einlädt Übles zu tun, wie jener behandelt wird, den alles dazu treibt, sich mit Vorsicht zu betragen?«

Nachdem die objektive Ordnung der Natur als Vorurteil und Mythos sich erledigt hat, bleibt Natur als Masse von Materie übrig. Nietzsche weiß von keinem Gesetz, »welches wir nicht nur erkennen, sondern auch über uns erkennen«38. Soweit Verstand, der am Richtmaß der Selbsterhaltung groß wurde, ein Gesetz des Lebens wahrnimmt, ist es das des Stärkeren. Kann es für die Menschheit wegen des Formalismus der Vernunft auch kein notwendiges Vorbild abgeben, so genießt es den Vorzug der Tatsächlichkeit gegenüber der verlogenen Ideologie. Schuldig, das ist Nietzsches Lehre, sind die Schwachen, sie umgehen durch ihre Schlauheit das natürliche Gesetz. »Die Krankhaften sind des Menschen große Gefahr: nicht die Bösen, nicht die ›Raubtiere‹. Die von vornherein Verunglückten, Niedergeworfnen, Zerbrochnen – sie sind es, die Schwächsten sind es, welche am meisten das Leben unter Menschen unterminieren, welche unser Vertrauen zum Leben, zum Menschen, zu uns, am gefährlichsten vergiften und in Frage stellen.«39 Sie haben das Christentum über die Welt gebracht, das Nietzsche nicht weniger verabscheut und haßt als Sade. »... nicht die Repressalien des Schwachen über den Starken sind wahrhaft in der Natur; sie sind im Geistigen, aber nicht im Körperlichen; um solche Repressalien anzuwenden, muß er Kräfte gebrauchen, die er nicht erhalten hat; er muß einen Charakter annehmen, der ihm keineswegs gegeben ist, in gewisser Weise der Natur Zwang antun. Aber was wahrhaft in den Gesetzen dieser weisen Mutter ist, das ist die Verletzung des Schwachen durch den Starken, weil, um zu diesem Verfahren zu kommen, er nur die Gaben benutzen muß, die er erhalten hat; er bekleidet sich nicht wie der Schwache mit einem anderen Charakter als dem eigenen; er setzt nur die Äußerungen dessen, den er von Natur erhalten hat, in Aktion. Alles, was daraus resultiert, ist also natürlich: seine Unterdrückung, seine Gewalttaten, seine Grausamkeiten, seine Tyranneien, seine Ungerechtigkeiten ... sind rein wie die Hand, die sie ihm aufprägte; und wenn er von all seinen Rechten Gebrauch macht, um den Schwachen zu unterdrücken und zu berauben, begeht er nur die natürlichste Sache der Welt ... Wir sollten also niemals Skrupel über das haben, was wir dem Schwachen nehmen können, denn nicht wir begehen das Verbrechen, dieses wird vielmehr durch die Verteidigung oder Rache des Schwachen charakterisiert.«40 Wenn der Schwache sich wehrt, so begeht er damit ein Unrecht, »das nämlich, aus seinem Charakter der Schwäche herauszutreten, den die Natur ihm einsenkte: sie schuf ihn, um Sklave und arm zu sein, er will sich nicht unterwerfen, das ist sein Unrecht«41. In solchen magistralen Reden entwickelt Dorval, das Haupt eines respektablen Pariser Gangs, vor Juliette das geheime Credo aller Herrscherklassen, das Nietzsche, um die Psychologie des Ressentiments vermehrt, der Gegenwart vorhielt. Er bewundert wie Juliette »das schöne Schreckliche der Tat«42, wenn er auch als deutscher Professor von Sade sich dadurch unterscheidet, daß er den Kriminellen desavouiert, weil dessen Egoismus »sich auf so niedere Ziele richtet und auf sie beschränkt. Sind die Ziele groß, so hat die Menschheit einen anderen Maßstab und schätzt ›Verbrechen‹ nicht als solche, selbst die furchtbarsten Mittel.«43 Von solchem Vorurteil fürs Große, das in der Tat die bürgerliche Welt kennzeichnet, ist die aufgeklärte Juliette noch frei, ihr ist der Racketeer nicht deshalb weniger sympathisch als der Minister, weil seine Opfer der Zahl nach geringer sind. Dem Deutschen aber geht die Schönheit von der Tragweite aus, er kann inmitten aller Götzendämmerung von der idealistischen Gewohnheit nicht lassen, die den kleinen Dieb hängen sehen, aus imperialistischen Raubzügen welthistorische Missionen machen möchte. Indem der deutsche Faschismus den Kultus der Stärke zur welthistorischen Doktrin erhob, hat er ihn zugleich zur eigenen Absurdität geführt. Als Einspruch gegen die Zivilisation vertrat die Herrenmoral verkehrt die Unterdrückten: der Haß gegen die verkümmerten Instinkte denunziert objektiv die wahre Natur der Zuchtmeister, die an ihren Opfern nur zum Vorschein kommt. Als Großmacht aber und Staatsreligion verschreibt sich die Herrenmoral vollends den zivilisatorischen powers that be, der kompakten Majorität, dem Ressentiment und allem, wogegen sie einmal stand. Nietzsche wird durch seine Verwirklichung widerlegt und zugleich die Wahrheit an ihm freigesetzt, die trotz allem Jasagen zum Leben dem Geist der Wirklichkeit feind war.

Wenn schon die Reue als widervernünftig galt, so ist Mitleid die Sünde schlechthin. Wer ihm nachgibt, »pervertiert das allgemeine Gesetz: woraus folgt, daß das Mitleid, weit entfernt, eine Tugend zu sein, ein wirkliches Laster wird, sobald es uns dazu bringt, eine Ungleichheit zu stören, die durch die Naturgesetze gefordert ist«44. Sade und Nietzsche erkannten, daß nach der Formalisierung der Vernunft das Mitleid gleichsam als das sinnliche Bewußtsein der Identität von Allgemeinem und Besonderem, als die naturalisierte Vermittlung, noch übrig war. Es bildet das zwingendste Vorurteil, »quamvis pietatis specimen prae se ferre videatur«, wie Spinoza sagt45, »denn wer anderen Hilfe zu bringen weder durch Vernunft, noch durch Mitleid bewogen wird, der wird mit Recht Unmensch genannt«46. Commiseratio ist Menschlichkeit in unmittelbarer Gestalt, aber zugleich »mala et inutilis«47, nämlich als das Gegenteil der männlichen Tüchtigkeit, die von der römischen virtus über die Medicis bis zur efficiency unter den Fords stets die einzig wahre bürgerliche Tugend war. Weibisch und kindisch nennt Clairwil das Mitleid, ihres »Stoizismus« sich rühmend, der »Ruhe der Leidenschaften«, die ihr erlaube, »alles zu tun und alles durchzuhalten ohne Erschütterung«48. »... das Mitleid ist nichts weniger als eine Tugend, es ist eine Schwäche, geboren aus Angst und Unglück, eine Schwäche, die man vor allem dann überwinden muß, wenn man daran arbeitet, die zu große Feinnervigkeit zu überwinden, die mit den Maximen der Philosophie unvereinbar ist.«49 Vom Weibe stammen die »Ausbrüche von unbegrenztem Mitleid«50. Sade und Nietzsche wußten, daß ihre Lehre von der Sündhaftigkeit des Mitleids altes bürgerliches Erbgut war. Dieser verweist auf alle »starken Zeiten«, auf die »vornehmen Kulturen«, jener auf Aristoteles51 und die Peripatetiker52. Das Mitleid hält vor der Philosophie nicht stand. Auch Kant selbst hat keine Ausnahme gemacht. Es sei »eine gewisse Weichmütigkeit« und habe »die Würde der Tugend nicht an sich«53. Er übersieht jedoch, daß auch der Grundsatz der »allgemeinen Wohlgewogenheit gegen das menschliche Geschlecht«54, durch den er im Gegensatz zum Rationalismus der Clairwil das Mitleid zu ersetzen trachtet, demselben Fluch der Irrationalität anheimfällt, wie »diese gutartige Leidenschaft«, die den Menschen leicht dazu verführen kann, »ein weichmütiger Müßiggänger« zu werden. Aufklärung läßt sich nicht täuschen, in ihr hat das allgemeine vor dem besonderen Faktum, die umspannende Liebe vor der begrenzten, keinen Vorzug. Mitleid ist anrüchig. Wie Sade zieht auch Nietzsche die ars poetica zur Beurteilung heran. »Die Griechen litten nach Aristoteles öfter an einem Übermaß von Mitleid: daher die notwendige Entladung durch die Tragödie. Wir sehen, wie verdächtig diese Neigung ihnen vorkam. Sie ist staatsgefährlich, nimmt die nötige Härte und Straffheit, macht, daß Heroen sich gebärden wie heulende Weiber usw.«55 Zarathustra predigt: »Soviel Güte, soviel Schwäche sehe ich. Soviel Gerechtigkeit und Mitleiden, soviel Schwäche.«56 In der Tat hat Mitleid ein Moment, das der Gerechtigkeit widerstreitet, mit der Nietzsche freilich es zusammenwirft. Es bestätigt die Regel der Unmenschlichkeit durch die Ausnahme, die es praktiziert. Indem Mitleid die Aufhebung des Unrechts der Nächstenliebe in ihrer Zufälligkeit vorbehält, nimmt es das Gesetz der universalen Entfremdung, die es mildern möchte, als unabänderlich hin. Wohl vertritt der Mitleidige als Einzelner den Anspruch des Allgemeinen, nämlich den zu leben, gegen das Allgemeine, gegen Natur und Gesellschaft, die ihn verweigern. Aber die Einheit mit dem Allgemeinen, als dem Inneren, die der Einzelne betätigt, erweist an seiner eigenen Schwäche sich als trügerisch. Nicht die Weichheit sondern das Beschränkende am Mitleid macht es fragwürdig, es ist immer zu wenig. Wie die stoische Apathie, an der die bürgerliche Kälte, das Widerspiel des Mitleids, sich schult, dem Allgemeinen, von dem sie sich zurückzog, noch eher die armselige Treue hielt, als die teilnehmende Gemeinheit, die dem All sich adaptierte, so bekannten, die das Mitleid bloßstellten, negativ sich zur Revolution. Die narzißtischen Deformationen des Mitleids, wie die Hochgefühle des Philanthropen und das moralische Selbstbewußtsein des Sozialfürsorgers, sind noch die verinnerlichte Bestätigung des Unterschieds von arm und reich. Daß freilich Philosophie unvorsichtig die Lust an der Härte ausplauderte, hat sie für jene verfügbar gemacht, die ihr das Geständnis am wenigsten verziehen. Die faschistischen Herren der Welt haben die Perhorreszierung des Mitleids in die der politischen Nachsicht und den Appell ans Standrecht übersetzt, worin sie sich mit Schopenhauer, dem Metaphysiker des Mitleids, trafen. Diesem galt die Hoffnung auf die Einrichtung der Menschheit als der vermessene Wahnsinn dessen, der nur auf Unglück hoffen darf. Die Mitleidsfeinde wollten den Menschen mit Unglück nicht identisch setzen. Ihnen war die Existenz des Unglücks Schande. Ihre feinfühlige Ohnmacht litt es nicht, daß der Mensch bedauert werde. Verzweifelt schlug sie um ins Lob der Macht, von der sie doch in der Praxis sich lossagten, wo immer sie ihnen Brücken baute.

Güte und Wohltun werden zur Sünde, Herrschaft und Unterdrückung zur Tugend. »Alle guten Dinge waren ehemals schlimme Dinge; aus jeder Erbsünde ist eine Erbtugend geworden.«57 Damit macht Juliette nun auch in der neuen Epoche ernst, sie betreibt die Umwertung zum erstenmal bewußt. Nachdem alle Ideologien vernichtet sind, erhebt sie, was der Christenheit in der Ideologie, freilich nicht stets in der Praxis, als scheußlich galt, zu ihrer eigenen Moral. Als gute Philosophin bleibt sie dabei kühl und reflektiert. Alles geschieht ohne Illusion. Auf einen Vorschlag Clairwils zu einem Sakrileg gibt sie zur Antwort: »Sobald wir nicht an Gott glauben, meine Liebe, sagte ich ihr, sind die Entweihungen, die du wünschst, nichts mehr als ganz unnütze Kindereien ... Ich bin vielleicht noch fester als du; mein Atheismus ist auf der Spitze. Bilde dir also nicht ein, daß ich der Kindereien bedarf, die du mir vorschlägst, um mich darin zu befestigen; ich werde sie begehen, weil sie dir Spaß machen, aber rein zum Amüsement« – die amerikanische Mörderin Annie Henry würde gesagt haben just for fun – »und niemals als etwas Notwendiges, sei es um meine Denkart zu stärken, sei es um die anderen davon zu überzeugen.«58 Verklärt durch die ephemere Freundlichkeit gegen die Komplizin läßt sie ihre Prinzipien walten. Selbst noch Unrecht, Haß, Zerstörung werden zum Betrieb, seitdem durch Formalisierung der Vernunft alle Ziele den Charakter der Notwendigkeit und Objektivität als Blendwerk verloren haben. Der Zauber geht aufs bloße Tun, aufs Mittel über, kurz, auf die Industrie. Die Formalisierung der Vernunft ist bloß der intellektuelle Ausdruck der maschinellen Produktionsweise. Das Mittel wird fetischisiert: es absorbiert die Lust. Wie Aufklärung die Ziele, mit denen alte Herrschaft sich verbrämte, theoretisch zu Illusionen macht, entzieht sie, durch die Möglichkeit des Überflusses, ihr den praktischen Grund. Herrschaft überlebt als Selbstzweck, in Form ökonomischer Gewalt. Genuß zeigt schon die Spur des Veralteten, Unsachlichen gleich der Metaphysik, die ihn verbot. Juliette spricht über die Motive des Verbrechens59. Sie selbst ist nicht weniger ehrgeizig und geldgierig als ihr Freund Sbrigani, aber sie vergöttert das Verbotene. Sbrigani, dieser Mann des Mittels und der Pflicht, ist fortgeschrittener. »Uns bereichern, darauf kommt es an, und wir machen uns höchst schuldig, wenn wir dieses Ziel verfehlen; nur wenn man schon richtig auf dem Weg ist, reich zu werden, kann man sich gestatten, die Vergnügungen zu ernten: bis dahin muß man sie vergessen.« Bei aller rationalen Überlegenheit hält Juliette noch einen Aberglauben fest. Sie erkennt die Naivität des Sakrilegs, zieht aber schließlich doch Genuß aus ihm. Jeder Genuß aber verrät eine Vergötzung: er ist Selbstpreisgabe an ein Anderes. Natur kennt nicht eigentlich Genuß: sie bringt es nicht weiter als zur Stillung des Bedürfnisses. Alle Lust ist gesellschaftlich in den unsublimierten Affekten nicht weniger als in den sublimierten. Sie stammt aus der Entfremdung. Auch wo Genuß des Wissens ums Verbot entbehrt, das er verletzt, geht er aus Zivilisation, der festen Ordnung erst hervor, aus der er sich zur Natur, vor der sie ihn beschützt, zurücksehnt. Erst wenn aus dem Zwang der Arbeit, aus der Bindung des Einzelnen an eine bestimmte gesellschaftliche Funktion und schließlich an ein Selbst, der Traum in die herrschaftslose, zuchtlose Vorzeit zurückführt, empfinden die Menschen den Zauber des Genusses. Das Heimweh des in Zivilisation Verstrickten, die »objektive Verzweiflung« derer, die sich zum Element gesellschaftlicher Ordnung machen mußten, war es, von der die Liebe zu Göttern und Dämonen sich nährte, an sie als die verklärte Natur wandten sie sich in der Anbetung. Denken entstand im Zuge der Befreiung aus der furchtbaren Natur, die am Schluß ganz unterjocht wird. Der Genuß ist gleichsam ihre Rache. In ihm entledigen die Menschen sich des Denkens, entrinnen der Zivilisation. In den ältesten Gesellschaften war solche Rückkehr als gemeinsame in den Festen vorgesehen. Die primitiven Orgien sind der kollektive Ursprung des Genusses. »Dieser Zwischenakt universeller Verwirrung, den das Fest darstellt«, sagt Roger Caillois, »erscheint damit wirklich wie der Augenblick, in dem die Weltordnung aufgehoben ist. Deshalb sind in ihm alle Exzesse erlaubt. Man muß gegen die Regeln handeln, alles soll verkehrt geschehen. In der mythischen Epoche war der Lauf der Zeit umgekehrt: man wurde als Greis geboren, man starb als Kind ... so werden alle Vorschriften, welche die gute natürliche und soziale Ordnung schützen, systematisch verletzt.«60 Man gibt sich den verklärten Mächten des Ursprungs hin; vom suspendierten Verbot her aber hat dieses Tun den Charakter der Ausschweifung und des Wahnsinns61. Erst mit zunehmender Zivilisation und Aufklärung macht das erstarkte Selbst und die gesicherte Herrschaft das Fest zur bloßen Farce. Die Herrschenden führen den Genuß als rationalen ein, als Zoll an die nicht ganz gebändigte Natur, sie suchen ihn für sich selbst zu entgiften zugleich und zu erhalten in der höheren Kultur; den Beherrschten gegenüber zu dosieren, wo er nicht ganz entzogen werden kann. Der Genuß wird zum Gegenstand der Manipulation, solange bis er endlich ganz in den Veranstaltungen untergeht. Die Entwicklung verläuft vom primitiven Fest bis zu den Ferien. »Je mehr die Kompliziertheit des sozialen Organismus sich geltend macht, desto weniger duldet sie den Stillstand des gewohnten Gangs des Lebens. Heut wie gestern und morgen wie heute muß alles weiter laufen. Das allgemeine Überwallen ist nicht mehr möglich. Die Periode der Turbulenz hat sich individualisiert. Die Ferien haben das Fest abgelöst.«62 Sie werden im Faschismus ergänzt vom kollektiven Talmirausch, erzeugt durch Radio, Schlagzeilen und Benzedrin. Sbrigani ahnt etwas davon. Er gestattet sich Vergnügung »sur la route de la fortune«, als Ferien. Juliette dagegen hält es mit dem Ancien Régime. Sie vergottet die Sünde. Ihre Libertinage steht unter dem Bann des Katholizismus wie die Ekstase der Nonne unter dem des Heidentums.

Nietzsche weiß, daß jeder Genuß noch mythisch ist. In der Hingabe an Natur entsagt der Genuß dem, was möglich wäre, wie das Mitleid der Veränderung des Ganzen. Beide enthalten ein Moment der Resignation. Nietzsche spürt ihn in allen Schlupfwinkeln auf, als Selbstgenuß in der Einsamkeit, als masochistischen in den Depressionen des Selbstquälers. »Gegen alle bloß Genießenden!«63 Juliette sucht ihn zu retten, indem sie die hingebende Liebe verwirft, die bürgerliche, die als Widerstand gegen die Klugheit des Bürgertums für sein letztes Jahrhundert charakteristisch ist. In der Liebe war Genuß verknüpft mit der Vergötterung des Menschen, der ihn gewährte, sie war die eigentlich humane Leidenschaft. Schließlich wird sie als durchs Geschlecht bedingtes Werturteil revoziert. In der schwärmerischen Adoration des Liebhabers wie der schrankenlosen Bewunderung, die ihm die Geliebte zollte, verklärte sich stets erneut die tatsächliche Knechtschaft der Frau. Auf Grund der Anerkennung dieser Knechtschaft söhnten die Geschlechter je und je sich wieder aus: die Frau schien die Niederlage frei auf sich zu nehmen, der Mann den Sieg ihr zuzusprechen. Durch das Christentum ward die Hierarchie der Geschlechter, das Joch, das die männliche Eigentumsordnung dem weiblichen Charakter auferlegt, zur Vereinigung der Herzen in der Ehe verklärt, die Erinnerung an die vorpatriarchale bessere Vergangenheit des Geschlechts beschwichtigt. Unter der großen Industrie wird die Liebe kassiert. Der Zerfall des mittleren Eigentums, der Untergang des freien Wirtschaftssubjekts betrifft die Familie: sie ist nicht länger die ehedem gerühmte Zelle der Gesellschaft, weil sie nicht mehr die Basis der wirtschaftlichen Existenz des Bürgers abgibt. Die Aufwachsenden haben die Familie nicht mehr als ihren Lebenshorizont, die Selbständigkeit des Vaters verschwindet und mit ihr der Widerstand gegen seine Autorität. Früher entzündete die Knechtschaft im Vaterhaus beim Mädchen die Leidenschaft, die in die Freiheit zu führen schien, erfüllte sie sich auch weder in der Ehe noch irgendwo draußen. Indem sich für das Mädchen die Aussicht auf den job eröffnet, versperrt sich ihr die Liebe. Je allgemeiner das System der modernen Industrie von jedem verlangt, daß er sich an es verdingen muß, um so mehr wird alles, was nicht zum Meer des white trash gehört, in das die unqualifizierte Arbeitslosigkeit und Arbeit übergeht, zum kleinen Experten, zur Existenz, die für sich selbst sich umschauen muß. Als qualifizierte Arbeit breitet die Selbständigkeit des Unternehmers, die vergangen ist, über alle als Produzierende Zugelassenen, und damit auch über die »berufstätige« Frau, als deren Charakter sich aus. Die Selbstachtung der Menschen wächst proportional mit ihrer Fungibilität. Trotz gegen die Familie ist so wenig mehr ein Wagnis, wie das Freizeitverhältnis zum boy-friend den Himmel aufschließt. Die Menschen gewinnen das rationale, kalkulierende Verhältnis zum eigenen Geschlecht, das in Juliettes aufgeklärtem Kreise als alte Weisheit längst verkündet wurde. Geist und Körper werden in Wirklichkeit getrennt, wie jene Libertins als die indiskreten Bürger gefordert hatten. »Noch einmal, es scheint mir«, dekretiert Noirceuil rationalistisch64, »daß es eine höchst verschiedene Sache ist, zu lieben und zu genießen ... denn die Gefühle der Zärtlichkeit entsprechen den Beziehungen von Laune und Schicklichkeit, aber sie entspringen keineswegs der Schönheit eines Halses oder der hübschen Rundung einer Hüfte; und diese Gegenstände, die je nach unserem Geschmack die physischen Affekte lebhaft erregen können, haben doch, so scheint mir, kein Recht auf die geistigen. Um meine Gedanken zu vollenden, Bélize ist häßlich, vierzig Jahre alt, hat keine Grazie in ihrer ganzen Person, keinen regelmäßigen Zug, nichts von Anmut; aber Bélize hat Geist, einen köstlichen Charakter, eine Million Dinge, die sich mit meinen Gefühlen und Vorlieben verknüpfen; ich werde keinen Wunsch haben, mit Bélize zu schlafen, aber ich werde sie trotzdem bis zum Wahnsinn lieben; Araminthe dagegen werde ich stark begehren, aber herzlich verabscheuen, sobald das Fieber des Wunsches vergangen ist ...« Die unvermeidliche Konsequenz, die mit der cartesianischen Aufteilung des Menschen in denkende und ausgedehnte Substanz schon implizit gesetzt war, wird in aller Klarheit als Destruktion der romantischen Liebe ausgesprochen. Diese gilt als Verhüllung, Rationalisierung des körperlichen Triebs, »eine falsche und immer gefährliche Metaphysik«65, wie der Graf von Belmor in seiner großen Rede über die Liebe erklärt. Juliettes Freunde fassen, bei aller Libertinage, die Sexualität gegen die Zärtlichkeit, die irdische gegen die himmlische Liebe nicht bloß als ein Gran zu mächtig sondern auch als zu harmlos auf. Die Schönheit des Halses und die Rundung der Hüfte wirken auf die Sexualität nicht als geschichtslose, bloß natürliche Fakten sondern als Bilder ein, in denen alle gesellschaftliche Erfahrung enthalten ist; in dieser Erfahrung lebt die Intention auf das, was anders ist als Natur, die nicht aufs Geschlecht beschränkte Liebe. Zärtlichkeit aber, die unkörperlichste noch, ist verwandelte Sexualität, das Streichen der Hand übers Haar, der Kuß auf die Stirn, die den Wahnsinn der geistigen Liebe ausdrücken, sind das befriedete Schlagen und Beißen beim Geschlechtsakt der australischen Wilden. Die Trennung ist abstrakt. Metaphysik verfälsche, lehrt Belmor, die Tatbestände, sie verhindere, den Geliebten zu sehen wie er ist, sie stamme aus Magie, sie sei ein Schleier. »Und ich soll ihn nicht von den Augen reißen! Das ist Schwäche ... Kleinmut. Wir wollen sie analysieren, wenn der Genuß vorbei ist, diese Göttin, die mich vorher blendete.«66 Die Liebe selbst ist ein unwissenschaftlicher Begriff: »... immer leiten uns falsche Definitionen in die Irre«, erklärt Dolmance im denkwürdigen 5. Dialog der Philosophie dans le Boudoir, »ich weiß nicht was das ist: das Herz. Ich nenne bloß die Schwäche des Geistes so.«67 »Laßt uns einen Augenblick, wie Lucrez sagt, zu den ›Hintergründen des Lebens‹ übergehen«, das heißt zur kaltblütigen Analyse, »und wir werden finden, daß weder die Erhöhung der Geliebten noch das romantische Gefühl der Analyse standhält. ... ... es ist der Körper allein, den ich liebe, und es ist der Körper allein, den ich beklage, obgleich ich ihn in jedem Augenblick wiederfinden könnte.«68 Wahr ist an all dem die Einsicht in die Dissoziation der Liebe, das Werk des Fortschritts. Durch solche Dissoziation, welche die Lust mechanisiert und die Sehnsucht in den Schwindel verzerrt, wird Liebe im Kern angegriffen. Indem Juliette das Lob der genitalen und perversen Sexualität zum Tadel des Unnatürlichen, Immateriellen, Illusionären macht, hat sich die Libertine selbst zu jener Normalität geschlagen, die mit dem utopischen Überschwang der Liebe auch den physischen Genuß, mit dem Glück der höchsten Höhe auch das der nächsten Nähe schmälert. Der illusionslose Wüstling, für den Juliette eintritt, verwandelt sich mittels des Sexualpädagogen, Psychoanalytikers und Hormonphysiologen in den aufgeschlossenen Mann der Praxis, der sein Bekenntnis zu Sport und Hygiene auch aufs Geschlechtsleben ausdehnt. Juliettes Kritik ist zwiespältig wie die Aufklärung selbst. Sofern die frevelnde Zerstörung der Tabus, die einmal der bürgerlichen Revolution sich verband, nicht zur neuen Realitätsgerechtigkeit geworden ist, lebt sie mit der sublimen Liebe zusammen fort als Treue zur nahe gerückten Utopie, die den physischen Genuß für alle freigibt.

»Der lächerliche Enthusiasmus«, der uns dem bestimmten Individuum als einzigem verschrieb, die Erhöhung des Weibs in der Liebe leitet hinter das Christentum auf matriarchale Stufen zurück. »... es ist gewiß, daß unser Geist der ritterlichen Werbung, der dem Gegenstand, der nur für unser Bedürfnis gemacht ist, lächerlicherweise unsere Huldigung bietet, es ist sicher, sage ich, daß dieser Geist der Ehrfurcht entstammt, die unsere Vorfahren ehemals für die Frauen hatten, infolge ihres Prophetinnenberufs, den sie in Stadt und Land ausübten: durch den Schrecken kam man von der Scheu zum Kult, und die Ritterlichkeit entstand im Schoß des Aberglaubens. Aber diese Ehrfurcht war niemals in der Natur, es wäre Zeitverlust, sie dort zu suchen. Die Inferiorität dieses Geschlechts gegen das unsere ist allzu fest begründet, als daß es jemals ein solides Motiv in uns erregen könnte, es zu respektieren, und die Liebe, die aus dieser blinden Ehrfurcht entsteht, ist nur ein Vorurteil wie sie selbst.«69 Auf der Gewalt, wie sehr sie legalistisch verhüllt sein mag, beruht zuletzt die gesellschaftliche Hierarchie. Die Herrschaft über die Natur reproduziert sich innerhalb der Menschheit. Nie hat die christliche Zivilisation, welche die Idee, den körperlich Schwachen zu schützen, der Ausnutzung des starken Knechts zugute kommen ließ, die Herzen der bekehrten Völker ganz zu gewinnen vermocht. Zu sehr wurde das Prinzip der Liebe vom scharfen Verstand und den noch schärferen Waffen der christlichen Herren desavouiert, bis das Luthertum den Gegensatz von Staat und Lehre tilgte, indem es Schwert und Zuchtrute zur Quintessenz des Evangeliums machte. Es hat die geistige Freiheit unmittelbar mit der Bejahung der realen Unterdrückung gleichgesetzt. Die Frau aber ist durch Schwäche gebrandmarkt, auf Grund der Schwäche ist sie in der Minorität, auch wo sie an Zahl dem Mann überlegen ist. Wie bei den unterjochten Ureinwohnern in den frühen Staatswesen, wie bei den Eingeborenen der Kolonien, die an Organisation und Waffen hinter den Eroberern zurückstehen, wie bei den Juden unter den Ariern, bildet ihre Wehrlosigkeit den Rechtstitel ihrer Unterdrückung. Sade formuliert die Reflexionen Strindbergs. »Zweifeln wir nicht, daß es einen so sicheren, so wichtigen Unterschied zwischen Mann und Weib gibt wie zwischen dem Menschen und dem Affen in den Wäldern. Wir hätten ebenso gute Gründe, den Frauen zu verweigern, einen Teil unserer Art zu bilden wie jenem Affen, unser Bruder zu sein. Man prüfe aufmerksam eine nackte Frau neben einem Mann ihres Alters, nackt wie sie, und man wird sich leicht von dem beträchtlichen Unterschied überzeugen, der (vom Geschlecht abgesehen) in der Struktur der beiden Wesen besteht, man wird klar sehen, daß die Frau nur einen niederen Grad des Mannes bildet; die Unterschiede bestehen gleichermaßen im Inneren, und die anatomische Zergliederung der einen wie der anderen Art, wenn man sie zugleich und mit peinlichster Aufmerksamkeit vornimmt, bringt diese Wahrheit ans Tageslicht.«70 Der Versuch des Christentums, die Unterdrückung des Geschlechts ideologisch durch die Ehrfurcht vor dem Weibe zu kompensieren und so die Erinnerung ans Archaische zu veredeln anstatt bloß zu verdrängen, wird durch die Rancune gegen das erhöhte Weib und gegen die theoretisch emanzipierte Lust quittiert. Der Affekt, der zur Praxis der Unterdrückung paßt, ist Verachtung, nicht Verehrung, und stets hat in den christlichen Jahrhunderten hinter der Nächstenliebe der verbotene zwangshaft gewordene Haß gegen das Objekt gelauert, durch das die vergebliche Anstrengung stets wieder in Erinnerung gerufen ward: das Weib. Es hat für den Madonnenkult durch den Hexenwahn gebüßt, der Rache am Erinnerungsbild jener vorchristlichen Prophetin, das die geheiligte patriarchale Herrschaftsordnung insgeheim in Frage stellte. Das Weib erregt die wilde Wut des halb bekehrten Mannes, der sie ehren, wie der Schwache überhaupt die Todfeindschaft des oberflächlich zivilisierten Starken, der ihn schonen soll. Sade macht den Haß bewußt. »Ich habe niemals geglaubt«, sagt Graf Ghigi, der Vorsteher der römischen Polizei, »daß aus der Verbindung von zwei Körpern jemals die von zwei Herzen hervorgehen könne. Ich sehe in dieser physischen Verbindung starke Motive der Verachtung ... des Abscheus, aber kein einziges der Liebe.«71 Und Saint-Fonds, der Minister, ruft, als ein von ihm, dem königlichen Vollzugsbeamten, terrorisiertes Mädchen in Tränen ausbricht: »Das ist es, wie ich die Frauen gern habe ... warum kann ich sie nicht auf Grund eines einzigen Wortes samt und sonders auf diesen Zustand reduzieren!«72 Der Mann als Herrscher versagt der Frau die Ehre, sie zu individuieren. Die Einzelne ist gesellschaftlich Beispiel der Gattung, Vertreterin ihres Geschlechts und darum, als von der männlichen Logik ganz Erfaßte, steht sie für Natur, das Substratum nie endender Subsumtion in der Idee, nie endender Unterwerfung in der Wirklichkeit. Das Weib als vorgebliches Naturwesen ist Produkt der Geschichte, die es denaturiert. Der verzweifelte Vernichtungswille aber gegen alles, was die Lockung der Natur, des physiologisch, biologisch, national, sozial Unterlegenen verkörpert, zeigt an, daß der Versuch des Christentums verunglückt ist. »... que ne puis-je, d'un mot, les réduire toutes en cet état!« Die verhaßte übermächtige Lockung, in die Natur zurückzufallen, ganz ausrotten, das ist die Grausamkeit, die der mißlungenen Zivilisation entspringt, Barbarei, die andere Seite der Kultur. »Alle!« Denn Vernichtung will Ausnahmslosigkeit, der Vernichtungswille ist totalitär, und totalitär ist nur der Wille zur Vernichtung. »Ich bin so weit«, sagt Juliette zum Papst, »wie Tiberius zu wünschen, oh hätte die ganze Menschheit nur einen einzigen Kopf, daß ich die Lust hätte, ihn mit einem Hiebe abzuschlagen!«73 Die Zeichen der Ohnmacht, die hastigen unkoordinierten Bewegungen, Angst der Kreatur, Gewimmel, fordern die Mordgier heraus. Die Erklärung des Hasses gegen das Weib als die schwächere an geistiger und körperlicher Macht, die an ihrer Stirn das Siegel der Herrschaft trägt, ist zugleich die des Judenhasses. Weibern und Juden sieht man es an, daß sie seit Tausenden von Jahren nicht geherrscht haben. Sie leben, obgleich man sie beseitigen könnte, und ihre Angst und Schwäche, ihre größere Affinität zur Natur durch perennierenden Druck, ist ihr Lebenselement. Das reizt den Starken, der die Stärke mit der angespannten Distanzierung zur Natur bezahlt und ewig sich die Angst verbieten muß, zu blinder Wut. Er identifiziert sich mit Natur, indem er den Schrei, den er selbst nicht ausstoßen darf, in seinen Opfern tausendfach erzeugt. »Die verrückten Geschöpfe«, schreibt der Präsident Blammont in ›Aline et Valcour‹ über die Frauen, »wie liebe ich es, sie in meinen Händen zappeln zu sehen! Es ist das Lamm unter dem Zahn des Löwen.«74 Und im selben Brief: »Es ist ähnlich wie bei der Eroberung einer Stadt, man muß der Anhöhen sich bemächtigen ... man richtet sich in allen beherrschenden Punkten ein, und von da fällt man über den Platz her, ohne den Widerstand noch zu fürchten.«75 Was unten liegt, zieht den Angriff auf sich: Erniedrigung anzutun macht dort die größte Freude, wo schon Unglück getroffen hat. Je weniger Gefahr für den oben, desto ungestörter die Lust an der Qual, die ihm nun zu Diensten steht: erst an der ausweglosen Verzweiflung des Opfers wird Herrschaft zum Spaß und triumphiert im Widerruf ihres eigenen Prinzips, der Disziplin. Die Angst, die einem selbst nicht mehr droht, explodiert im herzhaften Lachen, dem Ausdruck der Verhärtung des Individuums in sich selbst, das richtig erst im Kollektiv sich auslebt. Das schallende Gelächter hat zu jeder Zeit die Zivilisation denunziert. »Von aller Lava, die der menschliche Mund, dieser Krater, auswirft, ist die verzehrendste die Fröhlichkeit«, sagt Victor Hugo in dem Kapitel mit der Überschrift »Menschenstürme schlimmer als die des Ozeans«76. »Auf das Unglück«, lehrt Juliette77, »muß man, soweit es nur möglich ist, das Gewicht seiner Bosheiten fallen lassen; die Tränen, die man dem Elend entreißt, haben eine Schärfe, von der die Nervensubstanz übermächtig aufgerüttelt wird ...«78 Die Lust geht anstatt mit der Zärtlichkeit mit der Grausamkeit einen Bund ein, und aus der Geschlechtsliebe wird, was sie nach Nietzsche79 schon immer war, »in ihren Mitteln der Krieg, in ihrem Grunde der Todhaß der Geschlechter.« »Beim Männchen und Weibchen«, lehrt uns die Zoologie, »ist ›Liebe‹ oder geschlechtliche Anziehung ursprünglich und hauptsächlich ›sadistisch‹; zweifellos gehört zu ihr die Zufügung von Schmerz; sie ist so grausam wie Hunger.«80 So führt Zivilisation als auf ihr letztes Ergebnis auf die furchtbare Natur zurück. Die tödliche Liebe, auf die bei Sade alles Licht der Darstellung fällt, und Nietzsches schamhaft-unverschämte Großmut, die dem Leidenden um jeden Preis die Beschämung ersparen möchte: die Einbildung von Grausamkeit wie die von Größe verfährt in Spiel und Phantasie so hart mit den Menschen wie dann der deutsche Faschismus in der Realität. Während jedoch der bewußtlose Koloß des Wirklichen, der subjektlose Kapitalismus, die Vernichtung blind durchführt, läßt sich der Wahn des rebellischen Subjekts von ihr seine Erfüllung verdanken und strahlt so mit der schneidenden Kälte gegen die als Dinge mißbrauchten Menschen zugleich die verkehrte Liebe aus, die in der Welt von Dingen den Platz der unmittelbaren hält. Krankheit wird zum Symptom des Genesens. Der Wahn erkennt in der Verklärung der Opfer ihre Erniedrigung. Er macht sich dem Ungeheuer der Herrschaft gleich, das er leibhaft nicht überwinden kann. Als Grauen sucht Imagination dem Grauen standzuhalten. Das römische Sprichwort, demzufolge die strenge Sache die wahre Lust sei, ist nicht bloß Antreiberei. Es drückt auch den unauflöslichen Widerspruch der Ordnung aus, die Glück in seine Parodie verwandelt, wo sie es sanktioniert, und es schafft bloß, wo sie es verfemt. Diesem Widerspruch, den Sade und Nietzsche verewigten, haben sie doch damit zum Begriff verholfen.

Vor der Ratio erscheint die Hingabe ans angebetete Geschöpf als Götzendienst. Daß die Vergötterung zergehen muß, folgt aus dem Mythologieverbot, wie es im jüdischen Monotheismus erlassen ist und von seiner säkularisierten Form, der Aufklärung, in der Geschichte des Denkens an den wechselnden Gestalten der Verehrung vollzogen wurde. Im Zerfall der ökonomischen Realität, die jeweils dem Aberglauben zugrunde lag, wurden die spezifischen Kräfte der Negation freigesetzt. Das Christentum aber hat die Liebe propagiert: die reine Anbetung Jesu. Es hat den blinden Geschlechtstrieb durch Heiligung der Ehe zu erheben, wie das kristallhelle Gesetz durch himmlische Gnade der Erde näherzubringen gesucht. Die Versöhnung der Zivilisation mit Natur, die es durch die Lehre vom gekreuzigten Gott vorzeitig erkaufen wollte, blieb dem Judentum so fremd wie dem Rigorismus der Aufklärung. Moses und Kant haben nicht das Gefühl verkündigt, ihr kaltes Gesetz kennt weder Liebe noch Scheiterhaufen. Nietzsches Kampf gegen den Monotheismus trifft die christliche tiefer als die jüdische Doktrin. Er leugnet freilich das Gesetz, aber er will dem »höheren Selbst«81 angehören, nicht dem natürlichen sondern dem mehr-als-natürlichen. Er will Gott durch den Übermenschen ersetzen, weil der Monotheismus, vollends seine gebrochene, christliche Form, als Mythologie durchschaubar geworden sei. Wie aber im Dienste dieses höheren Selbst die alten asketischen Ideale als die Selbstüberwindung »zur Ausbildung der herrschenden Kraft«82 von Nietzsche gepriesen werden, so erweist sich das höhere Selbst als verzweifelter Versuch zur Rettung Gottes, der gestorben sei, als die Erneuerung von Kants Unternehmen, das göttliche Gesetz in Autonomie zu transformieren, um die europäische Zivilisation zu retten, die in der englischen Skepsis den Geist aufgab. Kants Prinzip, »alles aus der Maxime seines Willens als eines solchen zu tun, der zugleich sich selbst als allgemein gesetzgebenden zum Gegenstand haben könnte«83, ist auch das Geheimnis des Übermenschen. Sein Wille ist nicht weniger despotisch als der kategorische Imperativ. Beide Prinzipien zielen auf die Unabhängigkeit von äußeren Mächten, auf die als Wesen der Aufklärung bestimmte unbedingte Mündigkeit. Indem freilich die Furcht vor der Lüge, die Nietzsche in den hellsten Augenblicken selbst noch als »Don-Quixoterie«84 verschrieen hat, das Gesetz durch die Selbstgesetzgebung ablöst und alles so durchsichtig wird wie ein einziger großer aufgedeckter Aberglaube, wird Aufklärung selbst, ja Wahrheit in jeglicher Gestalt zum Götzen, und wir erkennen, »daß auch wir Erkennenden von heute, wir Gottlosen und Antimetaphysiker, auch unser Feuer noch von dem Brande nehmen, den ein Jahrtausende alter Glaube entzündet hat, jener Christenglaube, der auch der Glaube Platos war, daß Gott die Wahrheit ist, daß die Wahrheit göttlich ist.«85 Noch die Wissenschaft also verfällt der Kritik an der Metaphysik. Die Leugnung Gottes enthält in sich den unaufhebbaren Widerspruch, sie negiert das Wissen selbst. Sade hat den Gedanken der Aufklärung nicht bis an diesen Punkt des Umschlags weitergetrieben. Die Reflexion der Wissenschaft auf sich selbst, das Gewissen der Aufklärung, war der Philosophie, das heißt den Deutschen, vorbehalten. Für Sade ist Aufklärung nicht so sehr ein geistiges wie ein soziales Phänomen. Er trieb die Auflösung der Bande, die Nietzsche idealistisch durch das höhere Selbst zu überwinden wähnte, die Kritik an der Solidarität mit Gesellschaft, Amt, Familie86, bis zur Verkündigung der Anarchie. Sein Werk enthüllt den mythologischen Charakter der Prinzipien, auf denen nach der Religion die Zivilisation beruht: des Dekalogs, der väterlichen Autorität, des Eigentums. Es ist genau die Umkehrung der Gesellschaftstheorie, die Le Play nach hundert Jahren ausgesponnen hat87. Jedes einzelne der Zehn Gebote erfährt den Nachweis seiner Nichtigkeit vor der Instanz der formalen Vernunft. Sie werden ohne Rest als Ideologien nachgewiesen. Das Plädoyer zu Gunsten des Mordes hält der Papst auf Juliettes Wunsch hin selbst88. Er hat es leichter, die unchristlichen Taten zu rationalisieren, als je die christlichen Prinzipien, nach denen sie vom Teufel sind, durchs natürliche Licht zu rechtfertigen waren. Der »philosophe mitré«, der den Mord begründet, muß zu weniger Sophismen greifen als Maimonides und der heilige Thomas, die ihn verdammen. Mehr noch als der Preußengott hält es die römische Vernunft mit den stärkeren Bataillonen. Das Gesetz aber ist entthront und die Liebe, die es vermenschlichen sollte, als Rückkehr zum Götzendienst entlarvt. Nicht bloß die romantische Geschlechtsliebe verfiel der Wissenschaft und Industrie als Metaphysik, sondern jede Liebe überhaupt, denn vor Vernunft vermag keine standzuhalten: die der Frau zum Mann so wenig wie die des Liebhabers zur Geliebten, die Eltern- so wenig wie die Kindesliebe. Der Herzog von Blangis verkündigt den Untergebenen, daß die mit den Gebietern Verwandten, Töchter und Gattinnen, so streng, ja noch strenger behandelt würden als die anderen, »und das gerade deshalb, um euch zu zeigen, wie verächtlich in unseren Augen die Bande sind, an die ihr uns vielleicht gefesselt glaubt«89. Die Liebe der Frau wird abgelöst wie die des Manns. Die Regeln der Libertinage, die Saint-Fonds Juliette mitteilt, sollen für alle Frauen gelten90. Dolmance gibt die materialistische Entzauberung der Elternliebe. »Die letzteren Bande entstammen der Angst der Eltern, in ihrem Alter verlassen zu sein, und der interessierte Anteil, den sie an uns in unserer Kindheit nehmen, soll ihnen dieselben Aufmerksamkeiten in ihrem Alter einbringen.«91 Sades Argument ist so alt wie das Bürgertum. Demokrit schon hat die menschliche Elternliebe als ökonomisch denunziert92. Sade aber entzaubert auch die Exogamie, die Grundlage der Zivilisation. Der Inzest hat nach ihm keine rationalen Gründe gegen sich93, und das hygienische Argument, das dagegen stand, ist von der fortgeschrittenen Wissenschaft am Ende eingezogen worden. Sie hat Sades kühles Urteil ratifiziert. »... es ist keineswegs bewiesen, daß inzestuöse Kinder mehr als andere dazu tendieren, als Kretins, Taubstumme, Rachitische, usw. geboren zu werden.«94 Die Familie, zusammengehalten nicht durch die romantische Geschlechtsliebe, sondern durch die Mutterliebe, die den Grund aller Zärtlichkeit und sozialen Gefühle bildet95, gerät mit der Gesellschaft selbst in Konflikt. »Bildet euch nicht ein, gute Republikaner zu machen, so lange ihr die Kinder, die nur dem Gemeinwesen gehören sollen, in ihrer Familie isoliert ... Wenn es den größten Nachteil mit sich bringt, die Kinder so in ihren Familien Interessen einsaugen zu lassen, die häufig von denen des Vaterlands stark verschieden sind, so hat es also den größten Vorteil, sie davon zu trennen.«96 Die »Bande des Hymen« sind aus gesellschaftlichen Gründen zu zerstören, den Kindern ist die Kenntnis des Vaters »absolument interdite«, sie sind »uniquement les enfants de la patrie«97, und die Anarchie, der Individualismus, die Sade im Kampf gegen die Gesetze verkündigt hat98, mündet in die absolute Herrschaft des Allgemeinen, der Republik. Wie der gestürzte Gott in einem härteren Götzen wiederkehrt, so der alte bürgerliche Nachtwächterstaat in der Gewalt des faschistischen Kollektivs. Sade hat den Staatssozialismus zu Ende gedacht, bei dessen ersten Schritten St. Just und Robespierre gescheitert sind. Wenn das Bürgertum sie, seine treuherzigsten Politiker, auf die Guillotine schickte, so hat es seinen offenherzigsten Schriftsteller in die Hölle der Bibliothèque Nationale verbannt. Denn die chronique scandaleuse Justines und Juliettes, die, wie am laufenden Band produziert, im Stil des achtzehnten Jahrhunderts die Kolportage des neunzehnten und die Massenliteratur des zwanzigsten vorgebildet hat, ist das homerische Epos, nachdem es die letzte mythologische Hülle noch abgeworfen hat: die Geschichte des Denkens als Organs der Herrschaft. Indem es nun im eigenen Spiegel vor sich selbst erschrickt, eröffnet es den Blick auf das, was über es hinaus liegt. Nicht das harmonische Gesellschaftsideal, das auch für Sade in der Zukunft dämmert: »gardez vos frontières et restez chez vous«99, nicht einmal die sozialistische Utopie, die in der Geschichte von Zamé entwickelt ist100, sondern daß Sade es nicht den Gegnern überließ, die Aufklärung sich über sich selbst entsetzen zu lassen, macht sein Werk zu einem Hebel ihrer Rettung.

Die dunklen Schriftsteller des Bürgertums haben nicht wie seine Apologeten die Konsequenzen der Aufklärung durch harmonistische Doktrinen abzubiegen getrachtet. Sie haben nicht vorgegeben, daß die formalistische Vernunft in einem engeren Zusammenhang mit der Moral als mit der Unmoral stünde. Während die hellen das unlösliche Bündnis von Vernunft und Untat, von bürgerlicher Gesellschaft und Herrschaft durch Leugnung schützten, sprachen jene rücksichtlos die schockierende Wahrheit aus. »... In die von Gattinnen- und Kindermord, von Sodomie, Mordtaten, Prostitution und Infamien besudelten Hände legt der Himmel diese Reichtümer; um mich für diese Schandtaten zu belohnen, stellt er sie mir zur Verfügung«, sagt Clairwil im Resumé der Lebensgeschichte ihres Bruders101. Sie übertreibt. Die Gerechtigkeit der schlechten Herrschaft ist nicht ganz so konsequent, nur die Scheußlichkeiten zu belohnen. Aber nur die Übertreibung ist wahr. Das Wesen der Vorgeschichte ist die Erscheinung des äußersten Grauens im Einzelnen. Hinter der statistischen Erfassung der im Pogrom Geschlachteten, die auch die barmherzig Erschossenen einschließt, verschwindet das Wesen, das an der genauen Darstellung der Ausnahme, der schlimmsten Folterung, allein zutagetritt. Das glückliche Dasein in der Welt des Grauens wird durch deren bloße Existenz als ruchlos widerlegt. Diese wird damit zum Wesen, jenes zum Nichtigen. Zur Tötung der eigenen Kinder und Gattinnen, zur Prostitution und Sodomie, ist es bei den Oberen gewiß in der bürgerlichen Ära seltener gekommen als bei den Regierten, von denen die Sitten der Herren aus früheren Tagen übernommen wurden. Dafür haben diese, wenn es um die Macht ging, selbst in späten Jahrhunderten Berge von Leichen getürmt. Vor der Gesinnung und den Taten der Herren im Faschismus, in dem die Herrschaft zu sich selbst gekommen ist, sinkt die enthusiastische Schilderung des Lebens Brisa-Testas, an dem jene freilich sich erkennen lassen, zu familiärer Harmlosigkeit herab. Die privaten Laster sind bei Sade wie schon bei Mandeville die vorwegnehmende Geschichtsschreibung der öffentlichen Tugenden der totalitären Ära. Die Unmöglichkeit, aus der Vernunft ein grundsätzliches Argument gegen den Mord vorzubringen, nicht vertuscht, sondern in alle Welt geschrieen zu haben, hat den Haß entzündet, mit dem gerade die Progressiven Sade und Nietzsche heute noch verfolgen. Anders als der logische Positivismus nahmen beide die Wissenschaft beim Wort. Daß sie entschiedener noch als jener auf der Ratio beharren, hat den geheimen Sinn, die Utopie aus ihrer Hülle zu befreien, die wie im kantischen Vernunftbegriff in jeder großen Philosophie enthalten ist: die einer Menschheit, die, selbst nicht mehr entstellt, der Entstellung nicht länger bedarf. Indem die mitleidlosen Lehren die Identität von Herrschaft und Vernunft verkünden, sind sie barmherziger als jene der moralischen Lakaien des Bürgertums. »Wo liegen deine größten Gefahren?« hat Nietzsche sich einmal gefragt102, »im Mitleiden«. Er hat in seiner Verneinung das unbeirrbare Vertrauen auf den Menschen gerettet, das von aller tröstlichen Versicherung Tag für Tag verraten wird.

 
Fußnoten

 

1 Kant, Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung? Kants Werke. Akademie-Ausgabe. Band VIII. Berlin 1912. S. 35.

 

2 Kant, Kritik der reinen Vernunft (2. Aufl.) a.a.O. Band III. Berlin 1911. S. 427.

 

3 A.a.O.

 

4 A.a.O. S. 435f.

 

5 A.a.O. S. 428.

 

6 A.a.O. S. 429.

 

7 Kant, Kritik der reinen Vernunft (1. Aufl.) a.a.O. Band IV. Berlin 1903. S. 93.

 

8 Kant, Kritik der Urteilskraft a.a.O. Band V. Berlin 1908. S. 185.

 

9 A.a.O.

 

10 Kant, Metaphysische Anfangsgründe der Tugendlehre a.a.O. Band VI. Berlin 1907. S. 449.

 

11 Spinoza, Ethica, Pars III. Praefatio.

 

12 Kant, Kritik der reinen Vernunft (2. Aufl.) a.a.O. Band III. S. 109.

 

13 Sade, Histoire de Juliette. Hollande 1797. Band V. S. 319f.

 

14 A.a.O. S. 322f.

 

15 A.a.O. S. 324.

 

16 Kant, Kritik der praktischen Vernunft a.a.O. Band V. S. 31, 47, 55 u.a.m.

 

17 Leibniz, Nouveaux Essais sur L'Entendement Humain. Ed. Erdmann. Berlin 1840. Buch I. Kapitel II. § 9. S. 215.

 

18 Vgl. Heinrich Manns Einleitung zur Ausgabe im Inselverlag.

 

19 Kant, Metaphysische Anfangsgründe der Tugendlehre a.a.O. Band VI, S. 408.

 

20 Sade, Juliette a.a.O. Band IV. S. 58.

 

21 A.a.O. S. 60f.

 

22 Spinoza, Ethica. Pars IV. Prop. LIV.

 

23 A.a.O. Schol.

 

24 Kant, Metaphysische Anfangsgründe der Tugendlehre a.a.O. Band VI. S. 408.

 

25 A.a.O. S. 409.

 

26 Sade, Juliette a.a.O. Band II. S. 114.

 

27 A.a.O. Band III. S. 282.

 

28 Nietzsche, Der Wille zur Macht. Werke. Band VIII. Leipzig 1899. S. 213.

 

29 Sade, Juliette a.a.O. Band IV. S. 204.

 

30 E. Dühren hat in den »Neuen Forschungen« (Berlin 1904. S. 453ff.) auf die Verwandtschaft hingewiesen.

 

31 Nietzsche a.a.O. Band VIII. S. 218.

 

32 Sade, Juliette a.a.O. Band I. S. 315f.

 

33 Nietzsche, Genealogie der Moral a.a.O. Band VII. Leipzig 1910. S. 321ff.

 

34 Sade, Juliette a.a.O. Band I. S. 300.

 

35 Sade, Histoire de Justine. Hollande 1797. Band IV. S. 4. (Auch zitiert bei Dühren a.a.O. S. 452.)

 

36 Nietzsche, Genealogie der Moral a.a.O. Band VII. S. 326f.

 

37 Sade, Justine a.a.O. Band IV. S. 7.

 

38 Nietzsche, Nachlaß a.a.O. Band XI. Leipzig 1901. S. 214.

 

39 Nietzsche, Genealogie der Moral a.a.O. Band VII. S. 433.

 

40 Sade, Juliette a.a.O. Band I. S. 208ff.

 

41 A.a.O. S. 211f.

 

42 Nietzsche, Jenseits von Gut und Böse a.a.O. Band VII. S. 100.

 

43 Nietzsche, Nachlaß a.a.O. Band XII. S. 108.

 

44 Sade, Juliette a.a.O. Band I. S. 313.

 

45 Spinoza, Ethica. Pars IV. Appendix. Cap. XVI.

 

46 A.a.O. Prop. L. Schol.

 

47 A.a.O. Prop. L.

 

48 Sade, Juliette a.a.O. Band II. S. 125.

 

49 A.a.O.

 

50 Nietzsche contra Wagner a.a.O. Band VIII. S. 204.

 

51 Sade, Juliette a.a.O. Band I. S. 313.

 

52 A.a.O. Band II. S. 126.

 

53 Kant, Beobachtungen über das Gefühl des Schönen und Erhabenen a.a.O. Band II. Berlin 1905. S. 215f.

 

54 A.a.O.

 

55 Nietzsche, Nachlaß a.a.O. Band XI. S. 227f.

 

56 Nietzsche, Also Sprach Zarathustra a.a.O. Band VI. Leipzig 1910. S. 248.

 

57 Nietzsche, Genealogie der Moral a.a.O. Band VII. S. 421.

 

58 Sade, Juliette a.a.O. Band III. S. 78f.

 

59 A.a.O. Band IV. S. 126f.

 

60 R. Caillois, Théorie de la Fête. Nouvelle Revue Française. Jan. 1940. S. 49.

 

61 Vgl. Caillois a.a.O.

 

62 A.a.O. S. 58f.

 

63 Nietzsche, Nachlaß a.a.O. Band XII. S. 364.

 

64 Sade, Juliette a.a.O. Band II. S. 81f.

 

65 A.a.O. Band III. S. 172f.

 

66 A.a.O. S. 176f.

 

67 Sade, La philosophie dans le boudoir. Edition privée par Helpey. S. 267.

 

68 Sade, Juliette a.a.O.

 

69 A.a.O. S. 178f.

 

70 A.a.O. S. 188–99.

 

71 A.a.O. Band IV. S. 261.

 

72 A.a.O. Band II. S. 273.

 

73 A.a.O. Band IV. S. 379.

 

74 Sade, Aline et Valcour. Bruxelles 1883. Band I. S. 58.

 

75 A.a.O. S. 57.

 

76 Victor Hugo, L'Homme qui rit. Band VIII. Kapitel 7.

 

77 Sade, Juliette a.a.O. Band IV. S. 199.

 

78 Vgl. Sade, Les 120 Journées de Sodome. Paris 1935. Band II. S. 308.

 

79 Nietzsche, Der Fall Wagner a.a.O. Band VIII. S. 10.

 

80 R. Briffault, The Mothers. New York 1927. Band I. S. 119.

 

81 Nietzsche, Nachlaß a.a.O. Band XI. S. 216.

 

82 A.a.O. Band XIV. Leipzig 1904. S. 273.

 

83 Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten a.a.O. Band IV. S. 432.

 

84 Nietzsche, Die Fröhliche Wissenschaft, a.a.O. Band V. Leipzig 1908. S. 275. Vgl. Genealogie der Moral a.a.O. Band VII. S. 267–71.

 

85 Nietzsche, Die Fröhliche Wissenschaft a.a.O.

 

86 Vgl. Nietzsche, Nachlaß a.a.O. Band XI. S. 216.

 

87 Vgl. Le Play, Les Ouvriers Européens. Paris 1879. Band I. Besonders S. 133ff.

 

88 Sade, Juliette a.a.O. Band IV. S. 303ff.

 

89 Sade, Les 120 Journées de Sodome a.a.O. Band I. S. 72.

 

90 Vgl. Sade, Juliette a.a.O. Band II. S. 234. Anm.

 

91 Sade, La Philosophie dans le Boudoir a.a.O. S. 185.

 

92 Vgl. Demokrit. Diels Fragment 278. Berlin 1912. Band II. S. 117f.

 

93 Sade, La Philosophie dans le Boudoir a.a.O. S. 242.

 

94 S. Reinach, La prohibition de l'inceste et le sentiment de la pudeur, in: Cultes, Mythes et Religions. Paris 1905. Band I. S. 157.

 

95 Sade, La Philosophie dans le Boudoir a.a.O. S. 238.

 

96 A.a.O. S. 238–49.

 

97 A.a.O.

 

98 Sade, Juliette a.a.O. Band IV. S. 240–44.

 

99 Sade, La Philosophie dans le Boudoir a.a.O. S. 263.

 

100 Sade, Aline et Valcour a.a.O. Band II. S. 181ff.

 

101 Sade, Juliette a.a.O. Band V. S. 232.

 

102 Nietzsche, Die Fröhliche Wissenschaft a.a.O. Band V. S. 205.

 

 
Gesammelte Werke
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