Anhang

 

Zu einer Auswahl aus den »Klangfiguren«

Der folgende, Anfang Juli 1969 geschriebene Text ist einer der letzten des Autors. Er entstand für eine Auswahl aus den »Klangfiguren«, die im November 1969 in der Reihe »rowohlts deutsche enzyklopädie« unter dem Titel »Nervenpunkte der Neuen Musik« erschien. Dem in der Reihe üblichen Brauch, jedem Band eine »Zur vorherigen Lektüre empfohlene Einführung in den Problemkreis, dem das Thema entstammt«, beizugeben, entsprach Adorno mit diesem »Enzyklopädischen Stichwort ›Zur Auswahl der Texte‹«. Der Titel des vorliegenden Abdrucks wurde vom Herausgeber formuliert.

 

Die Abhandlungen, die der Enzyklopädieband zusammenstellt, sind diejenigen aus den ›Klangfiguren‹, die Fragen der neuen Musik gelten. Der Titel ›Nervenpunkte‹ will sagen, daß nicht systematische Vollständigkeit angestrebt, nicht einmal ein einstimmiger theoretischer Zusammenhang entfaltet, sondern vielmehr an einigen der Relevanz nach ausgewählten Einzelproblemen versucht wird, Licht auf den Gesamtkomplex der neuen Musik fallen zu lassen. Dem enzyklopädischen Verfahren steht dies Prinzip keineswegs fern. Vorausgesetzt freilich ist, als theoretische Grundkonzeption, die ›Philosophie der neuen Musik‹. Ihr gegenüber bemühen die einzelnen Abhandlungen großenteils sich um differenzierendes Weiterdenken. Sie mögen dazu helfen, zu berichtigen, was vielleicht an der ursprünglichen Theorie allzu bündig war.

Den Begriff der neuen Musik faßte die zehn Jahre zurückliegende Publikation einigermaßen weit. Nicht nur schloß sie die Meister der zweiten Wiener Schule ein, sondern griff historisch vielfach hinter diese zurück, um allerdings in dem Text ›Kriterien‹ dem unmittelbar aktuellen Stand des Komponierens sich zuzuwenden.

›Neue Musik, Interpretation, Publikum‹ dient, neben der Kritik an dem Mißverhältnis zwischen Wiedergabe und avancierten Stücken und der Begründung der Insuffizienz so vieler Aufführungen, auch der Abwandlung einer weit verbreiteten und plausiblen These: der von der radikalen Entfremdung zwischen neuer Musik und Publikum. Ohne daß die Tatsache solcher Entfremdung geleugnet würde, wird ihre theoretische Fixierung als Symptom des gleichen verdinglichten Bewußtseins betrachtet, das Publikum und qualitativ moderne Musik voneinander trennt. Die Möglichkeit wird visiert, durch Spontaneität der Aufführungspraxis das Publikum aus der allbekannten Lethargie zu erwecken: Interpretation als Moment verändernder Praxis. Auch die Entfremdung von Publikum und neuer Musik ist, als ein Gewordenes, nichts Definitives, Eingriffe sind nicht undenkbar; wie weit sie freilich im bestehenden gesellschaftlichen Rahmen führen, ist fraglich.

›Klassik, Romantik, neue Musik‹ kehrt sich ebenfalls wider ein Cliché; jenes vom einfachen Gegensatz der Moderne zur Romantik, das jahrzehntelang dem reaktionären Kultus des Vorvergangenen zugute kam. Nicht nur werden die einschlägigen Kategorien konkretisiert und, der Absicht nach, der Roheit bloßen Stildenkens entrissen: es wird auch auf die objektiv-kompositorischen Impulse gerade in der sogenannten Romantik verwiesen, welche die neue Musik auslösten und ebenso in ihr fortleben wie zur Antithesis drängten.

Ein Stück geschichtlicher Legitimation neuer Musik, und insofern noch ins Bereich von deren Apologetik gehörig, ist ›Zur Vorgeschichte der Reihenkomposition‹. Wesentlich war dabei nicht der wie immer auch unerwartete Befund, in welchem Maß die Reihenkomposition, die das vorherrschende Bewußtsein einem außermusikalischen Kalkül zuzählt, in der traditionellen Musik präformiert war. Wichtiger ist der Nachweis, daß die stets noch als intellektuell diffamierten Neuerungen aus zwingenden Nötigungen der kompositorischen Problematik selbst hervorgingen; daß sie immanent begründet sind, nicht im dubiosen Bedürfnis nach ›neueren Formprinzipien‹ im Stand der Auflösung der traditionellen Formen.

Die Abhandlungen über Berg und Webern beziehen Erfahrungen, die in den anderen Texten von der Komposition her entwickelt sind, auf spezifische Komponisten und bemühen sich um die Vermittlung zwischen deren Physiognomik und prinzipiellen Fragestellungen. Unterdessen ist das Buch des Autors über Berg erschienen. Der Zusammenhang zwischen dem objektiven Gehalt von dessen Werken und seinen technischen Verfahrungsweisen wird darin weiter verfolgt.

›Die Funktion des Kontrapunkts in der neuen Musik‹ gilt einem zentralen Problem der neuen Musik: ob und wie, nach dem Sturz der traditionellen Harmonik, rein aus der kompositorischen Textur heraus, jene Art von Verbindlichkeit zu gewinnen sei, die einmal, und weithin zum Schein, vom Generalbaßschema gewährt wurde. Sie konstituiert sich als kompositorischer Raum. Durch dichteste Beziehungen innerhalb der Werke greifen diese auch als absolute Einzelfälle über sich hinaus und erzeugen ein Medium, das strikt das ihre ist, aber zugleich mehr ihnen verleiht als ihr bloßes sie selbst Sein. Die Abhandlung, im wesentlichen dem Phänomen Schönberg gewidmet, ist in gewissem Sinn historischer geworden als die anderen; die serielle und dann aleatorische Entwicklung hat, wie es 1957 noch kaum abzusehen war, die kontrapunktische Dimension beseitigt. Dafür freilich mag die Abhandlung manches an Bach erhellen. Im übrigen kreist sie um ein Problem, das dem Autor bis heute von den Komponisten ungelöst erscheint: wie die kompositorische Einzelgestaltung ohne Zuflucht bei irgendwelchen Typen die Form produziert. Das wohl ist der zentrale Sinn des Verfahrens der großen Kontrapunktiker Bach und Schönberg. Ob die der Integration zuliebe betriebene Abschaffung des Kontrapunkts heute wahrhaft eine höhere Gestalt des Komponierens verkörpert, oder ob sie auf Rückbildung hinausläuft, mag unentschieden bleiben; jedenfalls ist noch keine Verfahrungsweise sichtbar, in der das Abgeschaffte zugleich auch bewahrt wäre.

Die letzte, umfangreichere Abhandlung [›Kriterien der neuen Musik‹] behandelt die Probleme der gegenwärtigen Musik genereller, unter dem Gesichtspunkt, wie über die Qualität von Kompositionen verbindlich zu urteilen sei, die aus der Situation des musikalischen ›Nominalismus‹ – also der grundsätzlichen Unverwendbarkeit aller vorgegebenen musiksprachlichen Typen – die volle Konsequenz zieht. Der Ansatz ist dialektisch, etwa wie eine allgemeine Theorie des radikal Besonderen. Die Fragestellung datiert bis auf die Kantische Kritik der Urteilskraft zurück, wurde aber erst jetzt von der künstlerischen Praxis ganz eingeholt. Zentral steht die Kategorie des musikalischen Sinnzusammenhangs samt den Schwierigkeiten, in die sie sich verwickelt hat. Die Thematik mag interpretiert werden auch derart, daß Musik nicht länger fähig ist, Sinn im ästhetischen Phänomen zu objektivieren, sondern umgekehrt dem Problem sich gegenübersieht, wie eine in sich objektiv determinierte musikalische Gestalt Sinn empfange. Das Verzweifelte der Fragestellung wird nicht verdeckt. Nur jedoch, indem es bewußt gemacht und ausgetragen wird: kraft unbeirrter Reflexion ist wohl überhaupt mit Komponieren fortzufahren, während doch die Nötigung dazu nicht praktizistisch als überholt abzutun ist. Die ›Kriterien‹ verharren indessen nicht in der Zone solcher allgemeiner Erwägungen, sondern trachten sie bis in sehr konkrete musikalische Begriffe wie den des ›Charakters‹ oder des Formniveaus hinein weiterzutreiben. Der Text, ähnlich wie der später geschriebene ›Vers une musique informelle‹, leitet von den immanent musikalischen Bemühungen des Autors zu denen um ästhetische Theorie; diese setzt ihn voraus.

Jeder einzelne der Versuche bildet in sich eine Einheit; nicht herrscht zwischen ihnen die Kontinuität eines Gedankengangs. Dennoch sind die Versuche auf einander zu beziehen. Die Konstellation, in welche sie treten, sollte lesbar werden als eine Idee der neuen Musik, welche ihre Selbstkritik einschließt.

 

Musik, Sprache und ihr Verhältnis im gegenwärtigen Komponieren

 

Musik ist sprachähnlich. Ausdrücke wie musikalisches Idiom, musikalischer Tonfall, sind keine Metaphern. Aber Musik ist nicht Sprache. Ihre Sprachähnlichkeit weist den Weg ins Innere, doch auch ins Vage. Wer Musik wörtlich als Sprache nimmt, den führt sie irre.

Sprachähnlich ist sie als zeitliche Folge artikulierter Laute, die mehr sind als bloß Laut. Sie sagen etwas, oft ein Menschliches. Sie sagen es desto nachdrücklicher, je höher die Musik geartet ist. Die Folge der Laute ist der Logik verwandt: es gibt Richtig und Falsch. Aber das Gesagte läßt von der Musik nicht sich ablösen. Sie bildet kein System aus Zeichen.

Die Sprachähnlichkeit reicht vom Ganzen, dem organisierten Zusammenhang bedeutender Laute, bis hinab zum einzelnen Laut, dem Ton als der Schwelle zum bloßen Dasein, dem reinen Ausdrucksträger. Nicht nur als organisierter Zusammenhang von Lauten ist die Musik analog zur Rede, sprachähnlich, sondern in der Weise ihres konkreten Gefüges. Die traditionelle musikalische Formenlehre weiß von Satz, Halbsatz, Periode, Interpunktion; Frage, Ausruf, Nebensätze finden sich überall, Stimmen heben und senken sich, und in all dem ist der Gestus von Musik der Stimme entlehnt, die redet. Wenn Beethoven den Vortrag einer Bagatelle aus op. 33 »mit einem gewissen sprechenden Ausdruck« verlangt, so hebt er dabei nur, reflektierend, ein allgegenwärtiges Moment der Musik hervor.

Man pflegt das Unterscheidende darin zu suchen, daß Musik den Begriff nicht kenne. Aber manches in ihr kommt den ›primitiven Begriffen‹ recht nahe, von denen die Erkenntnistheorie handelt. Sie benutzt wiederkehrende Sigel. Geprägt wurden sie von der Tonalität. Wenn nicht Begriffe, so zeitigte diese doch Vokabeln: vorab die stets wieder mit identischer Funktion einzusetzenden Akkorde, auch eingeschliffene Verbindungen wie die der Kadenzstufen, vielfach selbst melodische Floskeln, welche die Harmonie umschreiben. Solche allgemeinen Sigel vermögen je in den besonderen Zusammenhang einzugehen. Sie bieten Raum für die musikalische Spezifikation wie der Begriff für das Einzelne und werden zugleich, sprachähnlich, von ihrer Abstraktheit geheilt kraft des Zusammenhangs. Nur liegt die Identität dieser musikalischen Begriffe in ihrer eigenen Existenz, nicht in einem von ihnen Bezeichneten.

Ihre Invarianz hat sich gleichwie eine zweite Natur sedimentiert. Sie macht dem Bewußtsein den Abschied von der Tonalität so schwer. Aber die neue Musik lehnt sich auf gegen den Schein an solcher zweiten Natur. Die geronnenen Formeln und ihre Funktion beseitigt sie als mechanisch. Nicht jedoch die Sprachähnlichkeit überhaupt, sondern nur die verdinglichte, welche das Einzelelement als Spielmarke, als entqualifizierten Träger nicht minder starrer subjektiver Bedeutungen mißbraucht. Auch musikalisch entsprechen Subjektivismus und Verdinglichung einander. Aber ihre Korrelation umschreibt nicht ein für allemal die Sprachähnlichkeit von Musik überhaupt. Heute ist das Verhältnis von Sprache und Musik kritisch geworden.

Gegenüber der meinenden Sprache ist Musik Sprache nur als eine von ganz anderem Typus. In ihm liegt ihr theologischer Aspekt. Was sie sagt, ist in der Aussage bestimmt zugleich und verborgen. Ihre Idee ist die Gestalt des göttlichen Namens. Sie ist entmythologisiertes Gebet, befreit von der Magie des Einwirkens; der wie immer auch vergebliche menschliche Versuch, den Namen selber zu nennen, nicht Bedeutungen mitzuteilen.

Musik zielt auf eine intentionslose Sprache. Aber sie scheidet sich nicht bündig von der meinenden wie ein Reich vom anderen. Es waltet eine Dialektik: allenthalben ist sie von Intentionen durchsetzt, und gewiß nicht erst seit dem stile rappresentativo, der die Rationalisierung der Musik daran wandte, über ihre Sprachähnlichkeit zu verfügen. Musik ohne alles Meinen, der bloße phänomenale Zusammenhang der Klänge, gliche akustisch dem Kaleidoskop. Als absolutes Meinen dagegen hörte sie auf Musik zu sein und ginge falsch in Sprache über. Intentionen sind ihr wesentlich, aber nur als intermittierende. Sie verweist auf die wahre Sprache als auf eine, in der der Gehalt selber offenbar wird, aber um den Preis der Eindeutigkeit, die überging an die meinenden Sprachen. Und als sollte sie, die beredteste aller Sprachen, über den Fluch des Mehrdeutigen, ihr mythisches Teil, getröstet werden, strömen Intentionen in sie ein. Stets wieder zeigt sie an, daß sie meint, und daß sie bestimmt meint. Nur ist die Intention immer zugleich verhüllt. Nicht umsonst hat gerade Kafka in einigen denkwürdigen Texten ihr eine Stelle eingeräumt wie keine Dichtung zuvor. Er verfuhr mit den Bedeutungen der gesprochenen, meinenden Sprache, als wären es die der Musik, abgebrochene Parabeln; im äußersten Gegensatz zur ›musikalischen‹, musikalische Wirkungen imitierenden und dem musikalischen Ansatz fremden Sprache Swinburnes etwa oder Rilkes. Musikalisch sein heißt, die aufblitzenden Intentionen zu innervieren, ohne an sie sich zu verlieren, sondern sie zu bändigen. So bildet sich das musikalische Kontinuum.

Damit ist auf Interpretation verwiesen. Musik und Sprache verlangen diese gleichermaßen und ganz verschieden. Sprache interpretieren heißt: Sprache verstehen; Musik interpretieren: Musik machen. Musikalische Interpretation ist der Vollzug, der als Synthesis die Sprachähnlichkeit festhält und zugleich alles einzelne Sprachähnliche tilgt. Darum gehört die Idee der Interpretation zur Musik selber und ist ihr nicht akzidentell. Musik richtig spielen aber ist zuvörderst ihre Sprache richtig sprechen. Diese erheischt Nachahmung, nicht Dechiffrierung. Nur in der mimetischen Praxis, die freilich zur stummen Imagination sublimiert sein mag nach Art des stummen Lesens, erschließt sich Musik; niemals einer Betrachtung, die sie unabhängig in ihrem Vollzug deutet. Wollte man in den meinenden Sprachen einen Akt dem musikalischen vergleichen, es wäre eher das Abschreiben eines Textes als dessen signifikative Auffassung.

Im Gegensatz zum Erkenntnischarakter von Philosophie und Wissenschaften verbinden sich in der Kunst die zur Erkenntnis versammelten Elemente durchweg nicht zum Urteil. Aber ist Musik in der Tat urteilslose Sprache? Unter ihren Intentionen scheint eine der eindringlichsten ›Das ist so‹; die urteilende, selbst richtende Bestätigung eines dennoch nicht ausdrücklich Gesagten. In den höchsten, freilich auch den gewalttätigsten Augenblicken großer Musik wie dem Reprisenbeginn aus dem ersten Satz der Neunten Symphonie wird diese Intention, durch die schiere Kraft des Zusammenhangs, eindeutig sprechend. Parodiert hallt sie wider in niedrigen Stücken gleich jenem cis-moll-Prélude von Rachmaninoff, das vom ersten bis zum letzten Takt ›Das ist so‹ hämmert, ohne daß doch ein Werden hier in jenes Sein mündete, das abstrakt und vergebens bekräftigt wird. Musikalische Form, die Totalität, in der ein musikalischer Zusammenhang den Charakter des Authentischen gewinnt, läßt sich kaum trennen von dem Versuch, dem urteilslosen Medium den Gestus des Urteils zu verleihen. Zuweilen gelingt das so gründlich, daß die Schwelle der Kunst dem Ansturm des logischen Herrschaftswillens kaum mehr widersteht.

So stößt man denn darauf, daß die Unterscheidung von Musik und Sprache an keinem einzelnen ihrer Züge geraten will, sondern nur am Ganzen ihrer Zusammensetzung. Oder vielmehr an ihrer Richtung, ihrer ›Tendenz‹, das Wort in der äußersten Emphase des Telos von Musik schlechthin gebraucht. Die meinende Sprache möchte das Absolute vermittelt sagen, und es entgleitet ihr in jeder einzelnen Intention, läßt eine jede als endlich hinter sich zurück. Musik trifft es unmittelbar, aber im gleichen Augenblick verdunkelt es sich, so wie überstarkes Licht das Auge blendet, das das ganz Sichtbare nicht mehr zu sehen vermag.

Sprachähnlich zeigt Musik am Ende nochmals sich darin, daß sie als scheiternde gleich der meinenden Sprache auf die Irrfahrt der unendlichen Vermittlung geschickt wird, um das Unmögliche heimzubringen. Nur entfaltet ihre Vermittlung sich nach anderem Gesetz als dem der meinenden Sprache: nicht in den aufeinander verwiesenen Bedeutungen, sondern in deren tödlicher Absorption durch einen Zusammenhang, der erst die Bedeutung errettet, über die er in jeder einzelnen Bewegung hinwegträgt. Musik bricht ihre versprengten Intentionen aus deren eigener Kraft und läßt sie zusammentreten zur Konfiguration des Namens.

Um Musik zu unterscheiden von der bloßen Sukzession sinnlicher Reize, hat man sie einen Sinn- oder Strukturzusammenhang genannt, und soweit in ihr nichts isoliert steht, alles nur im leibhaften Kontakt mit dem Nächsten und im geistigen mit dem Fernen, in Erinnerung und Erwartung wird, was es ist, mag man jene Worte passieren lassen. Aber der Zusammenhang ist keiner des Sinnes von der Art, wie der von der meinenden Sprache gestiftete. Das Ganze realisiert sich gegen die Intentionen, integriert sie durch Negation einer jeden einzelnen, unfixierbaren. Musik als ganze birgt die Intentionen, nicht indem sie sie zu einer abstrakteren, höheren Intention verdünnt, sondern indem sie im Augenblick, da sie zusammenschießt, zum Anruf des Intentionslosen sich anschickt. So ist sie fast das Gegenteil eines Sinnzusammenhangs, auch wo sie gegenüber dem sinnlichen Da einen solchen abgibt. Daraus erwächst ihr die Versuchung, aus eigener Machtvollkommenheit allem Sinn sich zu entziehen: sich zu gebärden, als wäre sie in der Tat der Name unmittelbar.

Schenker hat den gordischen Knoten der alten Kontroverse zerhauen und gegen die Ausdrucks- wie gegen die Formalästhetik sich erklärt. Statt dessen hat er, übrigens wie der von ihm schmählich verkannte Schönberg, einen Begriff von musikalischem Inhalt visiert. Die Ausdrucksästhetik verwechselt die vieldeutig entgleitenden Einzelintentionen mit dem intentionslosen Gehalt des Ganzen; Wagners Theorie greift zu kurz, weil sie den Gehalt von Musik nach dem ins Unendliche ausgebreiteten Ausdruck aller musikalischen Augenblicke vorstellt, während das Sagen des Ganzen ein qualitativ Anderes ist als das einzelne Meinen. Die konsequente Ausdrucksästhetik endet bei der verführerischen Willkür, das ephemer und zufällig Verstandene für die Objektivität der Sache selber zu unterschieben. Die Gegenthese, die von den tönend bewegten Formen aber läuft auf den leeren Reiz oder das bloße Dasein des Erklingenden hinaus, der jenes Bezuges der ästhetischen Gestalt auf das enträt, was sie nicht selbst ist und wodurch sie erst zur ästhetischen Gestalt wird. Ihre simple und darum erneut beliebte Kritik an der meinenden Sprache bezahlt sie mit dem Preis des Künstlerischen. Wie Musik nicht in den Intentionen sich erschöpft, findet umgekehrt sich auch keine, in der nicht expressive Elemente vorkämen: noch Ausdruckslosigkeit wird in Musik zum Ausdruck. ›Tönend‹ und ›bewegt‹ sind in Musik fast dasselbe, und der Begriff ›Form‹ erklärt nichts vom Verborgenen, sondern schiebt bloß die Frage nach dem zurück, was sich im tönend bewegten Zusammenhang darstellt, was mehr ist als nur Form. Die spezifische Notwendigkeit, die immanente Logik jenes Vollzugs entgleitet: er wird bloßes Spiel, in dem buchstäblich alles anders sein könnte. Der musikalische Inhalt aber ist in Wahrheit die Fülle alles dessen, was der musikalischen Grammatik und Syntax unterliegt. Jedes musikalische Phänomen weist kraft dessen, woran es gemahnt, wovon es sich absetzt, wodurch es Erwartung weckt, über sich hinaus. Der Inbegriff solcher Transzendenz des musikalisch Einzelnen ist der ›Inhalt‹; was in Musik geschieht. Sollen musikalische Struktur oder Form aber mehr sein als didaktische Schemata, so umfangen sie nicht äußerlich den Inhalt, sondern sind dessen eigene Bestimmung als die eines Geistigen. Sinnvoll heißt Musik, je vollkommener sie derart sich bestimmt – nicht schon, wenn ihre Einzelmomente symbolisch etwas ausdrücken. Ihre Sprachähnlichkeit erfüllt sich, indem sie von der Sprache sich entfernt.

 

Musik und Sprache sind gespannt zueinander in der Musik selber. Weder ist sie aufs bloße An-sich-Sein ihrer Klänge reduzierbar noch auf ihr bloßes Sein fürs Subjekt. Musik ist eine sich selbst und den Erkennenden verhüllte Weise von Erkenntnis. Aber soviel jedenfalls hat sie mit deren diskursiver Form gemein, daß sie weder nach dem Subjekt noch nach dem Objekt hin sich auflösen läßt, daß beide in ihr durcheinander vermittelt sind. Wie jene Musiken die beredtesten scheinen, in denen am folgerechtesten das Sein des Ganzen die partikularen Intentionen in sich verschlingt und über sie hinweg sich durchsetzt, so ist musikalische Objektivität, als Inbegriff ihrer Logik, untrennbar von ihrem Sprachähnlichen, aus dem sie alles zieht, was überhaupt logischen Wesens ist. So durchaus komplementär sind jene Kategorien, daß sie nicht etwa in der Balance gehalten werden können, indem die Musik einen mittleren Abstand zwischen beiden einnimmt. Ihr Gelingen steht vielmehr bei der Rückhaltlosigkeit, mit der sie ihren extremen Polen sich überläßt. An der Geschichte der neuen Musik hat sich das eindringlich gezeigt. Wo sie der Spannung von Musik und Sprache ausweicht, wird sie von der Strafe ereilt.

Die unter dem Namen neuer Musik zusammengefaßte Bewegung wäre leicht unter dem Gesichtspunkt der kollektiven Allergie gegen den Primat von Sprachähnlichkeit darzustellen. Freilich folgten gerade ihre radikalsten Formulierungen eher einem Extrem von Sprachähnlichkeit als jenem sprachfeindlichen Impuls. Sie waren vom Subjekt wider das lastend konventionalisierte Eigengewicht des traditionellen Materials gerichtet. Aber heute zeigt sich, daß selbst jene nach herkömmlicher Anschauung subjektivistischen Aspekte der neuen Musik ein zweites Moment in sich haben, das dem Begriff entgegen ist, der den Titel musikalischer Sprachähnlichkeit im neunzehnten Jahrhundert abgibt, dem des Ausdrucks. Man pflegt die Emanzipation der Dissonanz mit dem entfesselten Ausdrucksbedürfnis gleichzusetzen, und die Triftigkeit dieses Zusammenhangs wird von der Entwicklung seit dem Tristan über die Elektra bis zur Schönbergschen ›Erwartung‹ bestätigt. Gerade in Schönberg jedoch meldet sehr früh schon das Konträre sich an. In einem seiner ersten Werke, der heute allbeliebten ›Verklärten Nacht‹, spielt ein Akkord seine Rolle, der vor sechzig Jahren heftig schockierte. Er ist nach den Regeln der Harmonielehre unerlaubt: der Nonenakkord in Dur in einer Umkehrung, welche die None in den Baß legt, so daß der Auflösungston, die Prim zu jener None, über diese zu liegen kommt, während die None doch angeblich als bloßer Vorhalt vor dem Grundton gehört wird. Dieser wechselnder Auflösungen fähige Akkord erscheint in der ›Verklärten Nacht‹ wiederholt, und zwar an entscheidenden Einschnitten der Form, absichtsvoll anorganisch. Er bewirkt Zäsuren im Idiom. Ähnlich verfährt dann Schönberg in der Ersten Kammersymphonie mit dem berühmt gewordenen, ebenfalls in der traditionellen Harmonielehre nicht verzeichneten Quartenakkord. Er wird zur Leitharmonie und markiert alle wichtigen Einschnitte und Verklammerungen der großen Form. An diesen Klängen ist aber im Zusammenhang gerade nicht ihr Ausdruckswert wesentlich. Expressiv und ›sprachähnlich‹ ist vielmehr jener Zusammenhang selbst. Solche Beredtheit tendiert zum Fließen, so sehr, daß es dem kritischen Formbewußtsein des Komponisten wie ein widerstandsloses Ineinanderfließen muß geklungen haben. Das musikalische Material der Chromatik enthielt nicht so starke Gegenkräfte der Artikulation, wie sie plastische Gestaltung, bauende ›Logik‹ verlangten. In der Tat war im Tristan die Artikulation der Chromatik technisch problematisch geblieben, und Wagner ist dem in seinen späteren Werken nur einigermaßen handfest und restaurativ gerecht geworden, indem er diatonische und chromatische Komplexe abwechseln ließ. Daraus resultierten dann schließlich Brüche wie der zwischen dem wilden Hauptteil der Strausschen Elektra-Musik und ihrem dreiklangseligen Schluß. Schönberg verschmähte solche Auskunft. Darum mußte er Kompositionsmittel finden, die übers chromatische Gleiten sich erheben, ohne dahinter ins Undifferenzierte zurückzufallen. Das waren aber jene exterritorialen, noch nicht mit musiksprachlichen Intentionen besetzten Akkorde, eine Art musikalischer Neuschnee, in dem das Subjekt noch keine Spur hinterlassen hatte. Sehr gut hat man einmal das ganz aus Quartenakkorden und deren melodischer Umschreibung komponierte Auflösungsfeld der großen Durchführung der Ersten Kammersymphonie einer Gletscherlandschaft verglichen. In den letzten Satz des fis-moll-Quartetts sind die neuen Akkorde buchstäblich als Allegorien eines »anderen Planeten« eingelassen. Die neue Harmonik entsprang demnach ebensosehr im Element des im emphatischen Sinne Ausdruckslosen wie in dem des Ausdrucks, im Sprachfeindlichen ebensosehr wie im Sprachlichen, wenngleich dies sprachfeindliche, dem Kontinuum des Idioms fremde Element immer wieder selbst einem Sprachlichen höheren Grades, der Artikulation des Ganzen, diente. Hätte die dissonante Harmonik nicht immer auch das Ausdruckslose gesucht, so wäre ihr Übergang zur Zwölftontechnik kaum möglich gewesen, in der ja gegenüber den konstruktiven die sprachlichen Valeurs zunächst sehr zurücktreten. So tief sind die antithetischen Momente ineinander verflochten.

Aber diese Verflochtenheit ist nicht in aller neuen Musik realisiert worden. Vieles hat mit Stilparolen von der dialektischen Anstrengung sich dispensiert und gegen das sprachliche Element bloß reaktiv aufbegehrt. Nicht bloß der banausischen Rancune muß die Musik des neunzehnten und frühen zwanzigsten Jahrhunderts so geklungen haben, als hätte sie das Beste vergessen; als wäre der Fortschritt der musikalischen Sprachähnlichkeit bezahlt worden mit der Authentizität der Musik selber. Die Schwächung der konstruktiven Kräfte und des Bewußtseins der Totalität gegenüber den beseelten Details in der Romantik wurde unmittelbar gleichgesetzt mit dem Anwachsen von Ausdruck und Sprachähnlichkeit. Man glaubte, durch deren bloße Exstirpation das Verlorene wiederzugewinnen, ohne eigentlich der Forderung sich zu stellen, aus dem irrevokabeln Stand von Bewußtsein und Material heraus jenes Beste zu ergreifen. Man verfiel dem, was Hegel abstrakte Negation genannt hätte, einer Technik veranstalteter Primitivierung, bloßen Weglassens. Kraft eines asketischen Tabus über alles Musiksprachliche hoffte man des reinen musikalischen An sich, einer musikalischen Ontologie gewissermaßen, als des Residuums habhaft zu werden, so als wäre was übrig bleibt die Wahrheit. Anders gewandt, man hat das neunzehnte Jahrhundert verdrängt, anstatt so darüber hinauszugehen, wie Platons Diotima die Dialektik beschreibt: »indem das Verschwindende und Alternde ein anderes Neues von der Art, wie es selbst war, zurückläßt« (Symposion, St. 208). Wenn wirklich die Sprachähnlichkeit der Musik dadurch sich erfüllt, daß sie von der Sprache sich entfernt, dann einzig vermöge ihrer immanenten Bewegung, nicht durch Subtraktion oder Anähnelung an vermeintlich vorsprachliche musikalische Modelle, die stets selbst nur wiederum sich als frühere Stufen des Prozesses zwischen der Musik und ihrer Sprachähnlichkeit erweisen.

Der Versuch, die musikalische Sprachänlichkeit abzuschaffen, wurde in zwei Richtungen unternommen. Die eine war die von Strawinsky. Durch archaisierenden Rückgriff auf musikalische Modelle, die sprachfern-architektonisch dünkten, und durch eine zusätzliche Verfremdung, die, was heute sprachähnlich an ihnen klingt, austreibt, soll von Intentionen gereinigte, pure Musik geraten. Dabei aber kann der intentionslose Charakter durchgehalten werden nur, indem den gesuchten Ursprüngen Gewalt widerfährt. Wo immer in den Modellen die Schwerkraft des musikalischen Idioms zutage tritt, wie in der regelmäßigen Sequenz oder in den Kadenzformen, werden die Modelle aufgezupft und verbogen, damit sie das Beginnen nicht desavouieren. Das reine Sein der Musik wird so selber zur subjektiven Veranstaltung. Die Narben, welche diese hinterläßt, führen Ausdruck mit sich, Fermente eines Idioms aus bejahter und wiederum negierter Konvention. Das parodische Element, und damit ein eminent Mimisches, durchaus Sprachähnliches ist solcher musikalischen Sprachfeindschaft unabdingbar. Auf der Spitze der eigenen Paradoxie, auf der sie einmal die erstaunlichsten equilibristischen Akte exekutierte, konnte sie sich nicht halten. Sie hat sich zum blanken Historismus gemäßigt und ist in ihrer Rezeption durchs breitere musikalische Bewußtsein zur frömmelnden Pseudomorphose, zur unbestätigten Gebärde des Bestätigten herabgesunken. Die Unterschiebung parodischer Negation als absolute, vom Überbau des Subjekts befreite Positivität endet in bloßer Ideologie.

In ihrer zweiten, späteren Gestalt möchte die Rebellion gegen die Sprachähnlichkeit von Musik nicht weniger als aus der Geschichte überhaupt herausspringen. Man kann die Wut gegen das musiksprachliche Element schwer überschätzen: Gefangene rütteln da an den Stäben ihres Gefängnisses, oder Verstummende werden zum Wahnsinn getrieben vom Gedächtnis an die Rede. Die untilgbar sprachähnlichen Züge der Musik werden als das der Musik Fremde, als bloße Ablenkung von ihrer immanenten Logik verfemt, wie wenn sie unmittelbar ihre Perversion zum Zeichensystem wären. In den heroischen Zeiten der neuen Musik hat die Vehemenz der Ausbruchsversuche – – vergleichbar der Neigung der früheren radikalen Malerei, Materalien in sich hineinzuziehen, die aller subjektiven Beseelung spotten, dem Urphänomen der Montage – sich als anarchischer Aufstand gegen musikalische Sinnzusammenhänge überhaupt deklariert, etwa in den Eruptionen des jungen Krenek um die Zeit von dessen Zweiter Symphonie. Während dieser Gestus sich später bei ihm nur noch in gewissen latenten Zügen eines gegen den Strich Komponierens manifestiert, haben junge Komponisten, ausgehend von Erfahrungen mit der Zwölftontechnik, nach dem Zweiten Krieg gerade jene Absicht heraufbeschworen und systematisiert. Aus der bereits in der ›Philosophie der neuen Musik‹ angemeldeten Beobachtung, daß bei Schönberg die eigentlich musiksprachlichen Elemente, als solche des musikalischen Zusammenhangs, wesentlich die überlieferten bleiben und insofern zu den Veränderungen des Materials in einen gewissen Widerspruch treten, wird nun die Konsequenz der tabula rasa gezogen. Sie möchten das musiksprachliche Element, den subjektiv vermittelten musikalischen Zusammenhang überhaupt liquidieren und Tonverhältnisse schaffen, zwischen denen ausschließlich noch objektive, nämlich mathematische Verhältnisse walten. Die Rücksicht auf einen irgend nachzuvollziehenden musikalischen Sinn, ja auf die Möglichkeit musikalischer Imagination überhaupt, entfällt. Der Rest soll das kosmisch übermenschliche Wesen der Musik sein. Der Kompositionsprozeß selber wird schließlich physikalisiert: Diagramme ersetzen die Noten, Gleichungen elektrischer Tonerzeugung den Akt des Komponierens, der am Ende selber als subjektive Willkür erscheint.

Aber dieser Objektivismus der Musik überschlägt sich. Was die Willkür des Subjekts, jenes offenbare Moment des Ebenso-gut-auch-anders-sein-Könnens zu überwinden wähnt, das, seit es in der Romantik hervortrat, die Musiker ängstigte, die es zugleich beförderten, ist identisch mit der vollendeten Verdinglichung: was reine Natur sein will mit dem rein Gemachten. Die ontologische Region jenseits subjektiver Zufälligkeit enthüllt sich als absolut gewordene subjektive Naturbeherrschung, als bloße Technik, in der einzig das Subjekt absoluter Herrschaft der eigenen Humanität sich entäußert und zugleich sich selber verkennt. Nichts kann beliebiger klingen als die Musik, welche das letzte Belieben ächtet; die elektronische Tonerzeugung, die sich für die sprachlose Stimme des Seins hält, hört sich einstweilen wie mechanisches Gedudel an. Die Utopie einer gleichsam überkünstlerischen Kunst, die freilich um den verdächtig billigen Preis der Substitution subjektiver Anstrengung durch entfremdete mechanische Prozeduren zu haben ist, stürzt zurück in banausische Bastelei, der Art nach ähnlich den vor dreißig Jahren einmal modischen Experimenten einer Farbtonmusik. Ästhetische Gesetzlichkeit, die ihr Wesen hat gerade an ihrem Gegensatz zur Kausalität, wird mit dieser verwechselt; Autonomie mit Heteronomie. Vom wörtlich genommenen und überdies mißverstandenen Naturgesetz wird erhofft, daß es die verlorene Verbindlichkeit der musikalischen Sprache, die ästhetische, ersetze. Durchs Verbot alles wie immer auch entfernt Sprachähnlichen, damit jeglichen musikalischen Sinnes aber wird das absolut objektive Produkt wahrhaft sinnlos; objektiv absolut gleichgültig. Der Traum einer gänzlich vergeistigten, der Befleckung durchs animalische Menschenwesen entrückten Musik erwacht im rohen, vormenschlichen Stoff und in der tödlichen Monotonie.

Musik leidet an der Sprachähnlichkeit und kann ihr nicht entrinnen. Darum darf sie bei der abstrakten Negation der Sprachähnlichkeit nicht stehen bleiben. Daß Musik, als Sprache, äfft; daß sie kraft ihrer Sprachähnlichkeit immerzu ein Rätsel aufgibt, auf das sie doch als die nicht meinende Sprache nie antwortet, darf nicht dazu verführen, jenes Moment als bloßen Trug wegzuwischen. Sie teilt mit aller Kunst den Rätselcharakter, etwas zu sagen, das man versteht und doch nicht versteht. Bei keiner Kunst läßt sich festnageln, was sie sagt, und dennoch sagt sie. Das bloße Ungenügen daran aber wird lediglich das Prinzip von Kunst antasten, ohne sie damit in ein Anderes, die diskursive Erkenntnis etwa, zu retten. Während der Kunst die Idee scheinloser Wahrheit unabdingbar bleibt, steht es doch nicht bei ihr, aus dem Schein herauszutreten. Sie kommt der Idee des Scheinlosen näher durch die Vollendung ihres Scheins hindurch als durch dessen eigenmächtig-ohnmächtige Suspension. Musik entfernt sich von der Sprache, indem sie deren eigene Kraft absorbiert.

Die Allergie gegen das sprachliche Element der Musik ist historisch nicht zu trennen von der Abkehr von Wagner. Sie bezieht sich, ein Gleichnis aus der Wagnerischen Sphäre zu gebrauchen, auf eine Wunde, die den heftigsten Affekt weckt, ein Ungeheiltes und zugleich Schuldhaftes. In der Tat hat Wagner nicht bloß durch die radikale Forderung nach sprachgerechter Deklamation des Gesanges die Vokalmusik unvergleichlich viel enger, und zwar auf mimetische Weise, an die Sprache angeschmiegt, als je zuvor der Fall war, sondern er hat die musikalische Faktur selber dem Sprachgestus bis zur Überdeutlichkeit angenähert. Was an autonomer Entfaltung die Musik darüber einbüßte und was sie durch wiederholende Aneinanderreihung sprachähnlicher Gesten surrogiert, bedarf keiner Worte mehr. Freilich empört sich der Antiwagnerianismus üblichen Stils weniger über regressive, kompositorisch amorphe Züge als über sprengende, die Entfesselung der musikalischen Sprache, deren Emanzipation von zahllosen konventionellen Elementen, die dem kritischen Ohr nicht mehr standhielten, während man heute vielfach jene Konvention gewaltsam, gleichsam von außen her als Bindung wieder zurückholen will.

Nach dem irreparabeln Einsturz des überlieferten Formenkosmos war es aber allein die Adaptation an die Sprache, welche der Musik etwas von jener Gewalt errettete, die sie auf der Höhe des Beethovenschen Versuchs besaß, das autonome Subjekt und die überlieferten Formen aus Subjektivität heraus nochmals zu versöhnen. Nicht nur hat die Versprachlichung der Musik bei Wagner ungeahnte Ausdrucksvaleurs gezeitigt; nicht nur hat sie damit dem musikalischen Material eine Fülle der differenziertesten Qualitäten zugeführt, auf die sie nicht mehr verzichten kann. Sondern die Versprachlichung der Musik hat dieser selber eine abgründige Tiefendimension verliehen. Wohl war sie mit auftrumpfender Tragik verquickt, einem Theatralischen und Selbstinszenierten. Leicht ist es, ihr als metaphysisch substantieller Bach, Beethoven, Mozart entgegenzuhalten. Damit wird man aber nur die Wahrheit ihrer Stunde mühsam übertönen. Die Preisgabe der positiven Setzung metaphysischen Sinns, die Wagners Verhältnis zu Schopenhauer entsprach, war dem gesellschaftlichen Bewußtseinsstand im Hochkapitalismus angemessen; was sein Unechtes heißt, die trübe und verzweifelte Vermengung solcher Negativität mit der Positivität von Erlösung, tat immer noch der tragenden geschichtlichen Erfahrung mehr Ehre an als die Fiktion, man wäre von jener Erfahrung verschont. Diese Erfahrung aber blieb bei Wagner keine unverbindliche der Weltanschauung, sondern prägte die musikalische Gestalt selbst. Die Idee großer Musik, Musik als Ernstfall anstatt als Ornament oder Privatvergnügen, überdauerte das neunzehnte Jahrhundert einzig dank der Wagnerischen Versprachlichung. Die jüngste Negation des Musiksprachlichen bekundet das Bedürfnis der Schwäche, jenem Ernstfall von Musik als einer »Entfaltung der Wahrheit« sich zu entziehen. Allein die Wagnerischen Funde erlaubten dem mittleren Strauss, und dann Schönberg, den Boden des musikalischen Materials so umzupflügen, bis es von sich selbst aus und nicht durch bloßen Entschluß einer autonomen Logik wiederum fähig ward. Nur Musik, die einmal Sprache war, transzendiert ihre Sprachlichkeit.

Gedacht sei der Opern Alban Bergs. In ihnen waltet autonome musikalische Logik neben dem Wagnerisch-Musiksprachlichen. Aber beide Prinzipien produzieren sich wechselfältig. Die rein musikalische Artikulation, die dialektisch-sonatenhafte Ausformung, durch welche Berg genau das einholt, was gegenüber dem Wiener Klassizismus bei Wagner geopfert war, gelingt gerade kraft der rückhaltlosen Versenkung der Musik in Sprache, im wörtlichen und übertragenen Sinn. Wenn Bergs Musik, gegenüber den in den verschiedensten Bezirken der neuen Musik konstatierbaren Nivellierungstendenzen, inmitten der konstruktiven Einheit jene Mannigfaltigkeit der einzelnen musikalischen Inhalte behauptete, welche die Einheit erst zum Resultat und substantiell macht, so nur, weil ein jeder Augenblick seiner Musik Intentionen des Textes gehorcht, um durch die Organisation des Zusammenhangs sie jenen Intentionen wiederum zu entreißen. Dadurch gewinnt sie etwas Eingreifendes, etwas vom ausgetragenen Prozeß zwischen Widerstrebenden, und eben das ist der Ernstcharakter.

Die Stellung der gegenwärtigen Musik zur Sprachähnlichkeit läßt immerhin so genau sich angeben, daß die Figur des Geforderten sich herstellt. Stets noch klafft die Differenz zwischen dem unter dem Namen der Zwölftontechnik rationalisierten und entqualifizierten Tonmaterial und den musiksprachlichen Strukturen – von der großen Form bis zu den kleinsten Einheiten, den typischen Motivgesten –, welche die unbeirrten und fortgeschrittensten Komponisten, Schönberg, Berg, Webern, mit jenem Material erzeugten, und deren Qualitäten aus der Tradition stammen. Das Problem aber – einmal das mißbrauchte Wort streng genommen – wäre, durch den weitergetriebenen Kompositionsprozeß jene Divergenz aufzuheben.

Das kann an beiden Polen begonnen werden. Auf der einen Seite drängt das rationalisierte Tonmaterial, ähnlich wie die Idee des Materialgerechten im Bereich der Architektur und der Zweckformen, nach Gestaltungsprinzipien, nach einer musikalischen Sprache eigener Art. Sie wurde bloß vernachlässigt, weil man die Aufbereitung jenes Materials als Selbstzweck betrieb. Das Überflüssigwerden von Durchführung und entwickelnder Variation etwa, die in die Prädisposition des Materials zurückgeschoben wurden, verweist auf ein abschnittweises, nach ›Intonationen‹ gegliedertes Komponieren, an eine Schichtung der großen Formen aus Teilen, deren jeder tendenziell gleich nahe zum Mittelpunkt ist. Das wäre eine Musik, in der die Gegenwärtigkeit eines jeden Augenblicks die musikalische Perspektive, die Gestaltung nach Erwartung und Erinnerung überwiegt. Vor der Entdeckung der Zwöftontechnik hatte Schönberg zuweilen ähnliches angestrebt. Wenn heute einer der begabtesten jungen Komponisten, Pierre Boulez, neben Webern sich auf Debussy beruft, so scheint ihn, der als einer der Hauptvertreter des Konstruktivismus von dessen Dogma stets eine gewisse Unabhängigkeit sich wahrte, sein Instinkt zum abschnittsweisen Komponieren zu geleiten. Eine solche Umorganisation des musikalischen Baus nach den immanenten Ablaufsgesetzen des Materials würde die gesamte Musiksprache mitverändern. Auch die subtilsten Untergliederungen würden aus feinsten Differenzen innerhalb der Reihe, und ebenso feinen Differenzen verschiedener Reihengestalten resultieren, und die Reihenmusik müßte nicht mehr sprechen, als wäre ihre Syntax noch die von der Tonalität ererbte.

Umgekehrt aber lassen sich die von ihrem Material losgetrennten musiksprachlichen Formen isolieren und für sich weiter verfolgen, gewissermaßen ›auskonstruieren‹. Das entspricht der Praxis von Berg und vor allem vom späten Schönberg, seltsam genug auch der musikalischen Zweckformen wie der Komposition für den Film. In bewußter Verfügung über die Musiksprache sind Charaktere sprachlicher Art an sich auszukristallisieren, platonische Ideen gleichsam von Themen, Überleitungen, Fragen und Antworten, Kontrasten, Fortsetzungen, entrückt dem früher durch die Tonalität vorgegebenen Tonmaterial. Übrigens hat ein solches Verfahren seine Vorgeschichte. Man könnte bei Beethoven, in dessen Kompositionstechnik es weit rationaler zugeht, als dem Irrationalismus des Bildungsglaubens lieb ist, sehr leicht atomistische, an ein Puzzlespiel gemahnende und immer wieder eingesetzte, dabei keineswegs konventionelle Typen musikalischer Gestalten entdecken. Sie treten relativ unabhängig vom Fluß der Tonalität, ja vom Verlauf der einzelnen Kompositionen auf, und ein Moment seiner Kunst war es, eben sie mit dem harmonischen und formalen Gefälle des Ganzen doch in Übereinstimmung zu bringen.

Die Versuche aber, dort dem Material die eigene Sprache abzuzwingen, und hier die Sprache selber wie ein Material zu behandeln und zu verselbständigen, konvergieren in der freien Verfügung über die kompositorischen Mittel. Sie erlangt, wer in einer Art von aktiver Rezeptivität dem sich überläßt, wohin die Mittel von sich aus wollen. Das wäre aber nichts anderes als die Vermittlung von Subjekt und Objekt: indem man aus dem bloßen Material die Sprache heraushört, die es in sich beschließt, wird man des Subjekts inne, das in jenem Material sich verbirgt, und indem man die sprachlichen Elemente, die allesamt sedimentierte subjektive Regungen sind, aus ihrem blinden, sozusagen naturwüchsigen Zusammenhang herausbricht und selber rein auskonstruiert, wird man der Idee von Objektivität gerecht, die aller Sprache inmitten ihres subjektiven Meinens eignet. So mögen am Ende Musik und Sprache in ihrer äußersten Dissoziation wiederum ineinander übergehen.

 

Nachschrift zu einer Wagner-Diskussion

 

Die Wochenzeitung »Die Zeit« druckte am 24. 7. 1964 (Nr. 30) aus Adornos Vortrag »Wagners Aktualität«, der im Programmheft der Bayreuther Festspiele 1964 zu »Tristan und Isolde« erschienen war, einige Auszüge nach; daran schloß sich in derselben Zeitung eine über sechs weitere Ausgaben sich erstreckende ›Wagner-Diskussion‹ an. Bei den in Adornos »Nachschrift« erwähnten Beiträgen handelt es sich um folgende Texte: Gerhard Szczesny, Wagner ohne Musik (Die Zeit, 28. 8. 1964, Nr. 35); Joachim Kaiser, Die Bayreuther Revolution in Permanenz (ebd., 21. 8. 1964, Nr. 34) und Johannes Jacobi, Das Bayreuth der Antiwagnerianer (ebd., 14. 8. 1964, Nr. 33). Abgeschlossen wurde die Diskussion in der »Zeit« vom 9. 10. 1964 (Nr. 41) mit Adornos »Nachschrift«; außerdem brachte diese Ausgabe einen Nachdruck seiner »Selbstanzeige des Essaybuches ›Versuch über Wagner‹« von 1952 (vgl. jetzt: Gesammelte Schriften, Bd. 13: Die musikalischen Monographien, 2. Aufl., Frankfurt a.M. 1977, S. 504–508).

 

Nachdem der Wagner-Diskussion in der ›Zeit‹ einige Passagen aus dem Vortrag ›Wagners Aktualität‹ vorangestellt waren, den ich im vergangenen Jahr bei den Berliner Festwochen hielt und der nun in einem Bayreuther Programmheft steht; und nachdem die Diskussion in weitem Maß, zustimmend oder kritisch, an jene Thesen und das von mir zu Wagner Gedachte anknüpfte, ist es vielleicht nicht ungebührlich, wenn ich zu der Kontroverse einiges Abschließende zu sagen versuche und zugleich meine eigene Position einigermaßen klarstelle.

Zum Verhältnis zwischen der Privatperson Wagner und dem Werk: sicherlich hat Gerhard Szczesny recht mit dem Satz »Aber Richard Wagners ›Privatleben‹ war eben nicht privat«. Nur deckt das sehr Verschiedenes. Bloße biographische Neugier ist steril, und wer sich in das eindrängt, was man heute mit dem Standardausdruck ›Intimsphäre‹ eines Künstlers selbst bereits zur Schnüffelei entwürdigt, bekommt klebrige Hände. Dieser Ausdruck war nicht gegen irgendeinen Autor gemünzt, sondern gegen die Substitution des Öffentlichen und Politischen durch Personalisierung im Geist eines Publikums, das von Indiskretionen über den indiskreten Wagner sich erregen läßt.

Legitim dagegen ist das Interesse an der Person, soweit es in die Sache hineinführt; soweit es um das sich handelt, was Walter Benjamin den Sozialcharakter nennt, und nicht um das Individuum in seiner Zufälligkeit. Mein Wagnerbuch, das ich keineswegs verleugne oder widerrufe, und das ich mit vollem Bedacht jüngst als Taschenbuch bei Droemer habe erscheinen lassen, gilt eben dem. Die Beziehung zwischen der Person und dem Werk sollte bis in die musikalische Gestik hinein erhellt werden, ohne daß mir ein Urteil darüber zustünde, wie weit das gelang, und ob ich nicht psychologistischer verfuhr, als den objektiven Gebilden gegenüber zu vertreten ist. Dabei ging es um Konstellationen, nicht um den Streit, was dabei Ursache und was Wirkung sei; jedenfalls hat das Buch, auch wo es an jenem Sozialcharakter die schärfste Kritik übte, vom Tratsch sich freigehalten. Wagner wird darin verteidigt etwa gegen die Spießbürger, die ihm seine Schulden und sein aufwendiges Leben vorwerfen, ohne zu bedenken, daß der Emigrant darben mußte, während die deutschen Theater am Tannhäuser sich reich verdienten.

Daß dabei der persönliche und der musikalische Habitus so eng verklammert wurden, hatte seinen Grund, der die gegenwärtige Diskussion betrifft. Es gibt keinen ›Wagner ohne Musik‹. Läßt der Betrachter diese weg, so ist alle Kritik ohnmächtig und verharrt auf der Peripherie; andererseits läßt die Musik selber in weitem Maß gesellschaftlich sich dechiffrieren. Zu all dem, und zu den Überlegungen, die das Buch zusammendrängt, stehe ich heute wie 1937, als das Buch konzipiert und niedergeschrieben wurde. Wie wenig ich revoziere, mag bezeugen, daß ich ein Kapitel, das über Instrumentation, 1963 unverändert in den Bayreuther Programmen abdrucken ließ. Wohl aber habe ich das Recht, damals Gesehenes und Gedachtes weiterzutreiben, zu differenzieren, Veränderungen zur Kenntnis zu nehmen, die mit dem geschichtlichen Verlauf im Werk Wagners selbst sich zutragen; der wäre eine schlechter Dialektiker, der die eigenen Motive stillstellte. Der Aufsatz über den Parsifal, jetzt in den ›Moments musicaux‹, und der Vortrag über Wagners Aktualität sind Stufen solcher Reflexion.

Tadel deswegen, oder auch das Lob, das Freundliche mir dafür spendeten, will mir nicht einleuchten. Das Werk Wagners selbst schließt in besonderem Maß jenes Entweder-Oder, oder vielmehr: Für oder gegen aus, welches verdinglichtes Bewußtsein heute allenthalben verlangt und mit geistiger Moral verwechselt. Bündige Urteile über Wagner werden erschwert nicht vom moluskenhaften oder dem Zeitgeist nachgiebigen Charakter des Betrachters sondern vom Gegenstand selbst. Nach jeglicher Dimension, vom Charakter bis in die Kompositionstechnik, die Enharmonik hinein, hat Wagner Ambivalenz zum Wesen. Ihn erkennen heißt, die Ambivalenz bestimmen und entziffern, nicht, dort Eindeutigkeit herstellen, wo die Sache zunächst sie verweigert. Joachim Kaiser hat mit Recht auf den Fehlschluß gedeutet, den Kritiker mit dem zu belasten, was im Objekt ist. Übrigens sind seine Vorschläge zur Aufführungspraxis höchst fruchtbar und bedenkenswert. Erinnert mag daran werden, daß schon 1929 Ernst Bloch in dem ersten Heft des ›Anbruch‹, das unter meiner Verantwortung erschien, einen Aufsatz unter dem Titel ›Rettung Wagners durch Karl May‹ publizierte, der die surrealistischen Perspektiven aufriß, in denen heute das Wagnersche œuvre sich darstellt. Bloch so wenig wie ich sind also im Fall Wagner ›ins andere Lager übergegangen‹.

Wer sich die Mühe macht, mein Buch zu lesen, wird finden, daß es alles andere ist als ein Verdikt. Eher gehört es in die literarische Gattung der ›Rettungen‹, die dem Finsteren eines Gegenstandes sein Wahres abzuzwingen versuchen. Wie sehr Jacobi das mißverstand, mag wenigstens an einem Detail dargetan sein, das fürs Ganze steht. Er sagt, ich hätte im ›Versuch über Wagner‹ »wie ein postumer Hanslick« mich »bemüht, den Komponisten Richard Wagner zu entlarven als einen musikalischen Dilettanten, dem es nur um donnernde Theaterwirkung gehe«. Der einschlägige Anfang meines zweiten Kapitels lautet jedoch: »Es lohnte den Versuch, die Haufen von Abfall, Schutt und Unrat zu betrachten, auf denen die Werke bedeutender Künstler sich zu erheben scheinen, und denen sie, knapp Entrinnende, etwas von ihrem Habitus doch verdanken. Zu Schubert gehört der Wirtshausspieler, zu Chopin der schwer dingfest zu machende Typus des ›Salons‹, zu Brahms der Musikprofessor: in der dichtesten Nachbarschaft der Parodie hat ihre Produktivkraft sich behauptet, und ihre Größe liegt in dem kleinen Abstand, den sie von jenen Modellen halten, aus denen ihnen zugleich kollektive Energien zuwachsen. Ein Modell solcher Art ist für Wagner nicht ebenso leicht zu finden. Aber der Chor der Entrüstung, der Thomas Mann antwortete, als er im Zusammenhang mit Wagners Namen den des Dilettanten nannte, zeigt an, daß er einen Nervenpunkt traf.« Ich hatte also geschrieben, daß Wagner die Sphäre des Dilettantischen gestreift habe, ihr entwachsen sei, aber eben doch entronnen – das Gegenteil dessen, was Jacobi aus dem Text herausliest. Das einzige, was ein Autor ohne Unbescheidenheit beanspruchen darf, und womit er nicht dreist in das Schicksal seiner Bücher eingreift, ist, auch Polemiker möchten sich gewissenhaft an den Text halten, den sie angreifen. Kaum nötig zu sagen, daß in dem Buch Wagners Produktivkraft, die Gewalt seiner Neuerungen, auch seine konstitutive Bedeutung für die neue Musik bereits eingehend dargestellt sind.

In einem freilich ist nach wie vor intransigent jede Verwirrung zu verhindern. Das ist die Scheidung des politischen und des ästhetischen Moments. Beide sind gewiß ineinander gewachsen und im Werk selbst nicht säuberlich voneinander abzuheben; mein Versuch und auch das Spätere hat um eben jene komplexe Zusammensetzung sich bemüht. Aber es gibt Wagner als Politikum, auch heute noch, in einem höchst handgreiflichen Sinn. Vom Ästhetischen muß es soweit getrennt werden, wie Kunstwerke als Schein nicht unmittelbar eins sind mit der Realität. Millionen von Juden sind ermordet worden. Das Werk Wagners – keineswegs nur die Prosaschriften – agitiert unverkennbar für völkischen Antisemitismus. Diesen Aspekt der Musikdramen heute weiter unverändert zu präsentieren, nach dem Unsäglichen, was geschah, ist nicht zu verantworten. Sonst wirkt Wagner weiter an jenem Schuldzusammenhang mit, aus dem herauszutreten die Verneinung des Willens zum Leben meinte, die er seinem Schopenhauer nachkomponierte. Abermals pflichte ich Kaiser bei: unvermeidlich über diese Dinge zu reden ist es nicht, sobald »Adorno ins Gespräch gezogen« wird, sondern einfach wegen der realen Wirkung von Wagners Werk. Nur soweit die Gestalt seiner Interpretation dem faschistischen Effekt entgegenarbeitet, wird sich erfüllen, was ich als geschichtsphilosophische Veränderung notierte: daß der Wagnersche Nationalismus sich überschlägt und sein Drohendes verliert. Die Aufführungspraxis muß dem beistehen. Wird aber an jene Nervenpunkte nicht gerührt, dann kann das demagogische Pathos jeden Augenblick wieder entfesselt werden. Wer nicht taub ist gegen einen gewissen dröhnenden Ton des Beifalls, weiß das.

Das Ästhetische bei Wagner aber ist dagegen nicht neutral. Seine eigene künstlerische Reaktionsweise markiert den Übergang des l'art pour l'art-Prinzips in die Lust am grandiosen Debakel. Bei Wagner erstmals wird der Weltuntergang zum noch nie dagewesenen Schauspiel. Der Witz von dem Soldaten aus dem ersten Weltkrieg, der während eines nächtlichen Trommelfeuers den Kopf aus dem Graben steckt und seinem Kameraden, der ihn zurückreißt, zubrüllt: »Mensch, so etwas siehst du in Berlin für zwanzig Mark nicht!«, entzaubert etwas vom Wagnerschen Feuerzauber. Die Verschränkung von Katastrophenpolitik und interesselosem Wohlgefallen fordert Eingriffe auch ins ästhetische Gefüge; in emphatischem Sinn ist das gesellschaftlich-politisch Falsche auch künstlerisch mißlungen. Die Aporie glaube ich deutlich genug benannt zu haben: während ästhetische Gestalt und gesellschaftlich Unwahres bei Wagner so innig miteinander verschwistert sind, daß das eine nicht ohne das andere zu haben ist, nötigt gleichzeitig diese Verschwisterung zu dem Schnitt, den sie verbietet. Es ist die Quadratur des Zirkels, jede Lösung eine Notlösung. Ich neige der Ansicht Kaisers zu, daß Änderungen wie die von Stuckenschmidt parodierte unmöglich sind, daß man das Schlimmste einfach streichen muß. Über weite Strecken wird die Akzentsetzung der Regie, die Wieland sich angelegen sein läßt, ausreichen.

Wahrscheinlich fällt das Wagnersche Werk entsühnt erst einer Welt zu, die selber entsühnt ist; in der nichts mehr von dem realen Verhängnis fortschwelt, das er im Bild verherrlicht, und in der es als Spiel der Erinnerung die Unschuld wiedergewinnt, die Wagner, nach dem Weltuntergang, von dem Augenblick sich erhoffte, da die Rheintöchter das Gold als Spielzeug zurückerlangen.

 
Gesammelte Werke
adorno-theodor-w.xml
adorno-theodor-w-0000001-0000001.xml
adorno-theodor-w-0000002-0000023.xml
adorno-theodor-w-0000024-0000024.xml
adorno-theodor-w-0000025-0000025.xml
adorno-theodor-w-0000026-0000028.xml
adorno-theodor-w-0000029-0000037.xml
adorno-theodor-w-0000038-0000124.xml
adorno-theodor-w-0000125-0000130.xml
adorno-theodor-w-0000131-0000147.xml
adorno-theodor-w-0000148-0000148.xml
adorno-theodor-w-0000149-0000151.xml
adorno-theodor-w-0000152-0000187.xml
adorno-theodor-w-0000188-0000271.xml
adorno-theodor-w-0000272-0000342.xml
adorno-theodor-w-0000343-0000382.xml
adorno-theodor-w-0000383-0000457.xml
adorno-theodor-w-0000458-0000515.xml
adorno-theodor-w-0000516-0000553.xml
adorno-theodor-w-0000554-0000632.xml
adorno-theodor-w-0000633-0000638.xml
adorno-theodor-w-0000639-0000646.xml
adorno-theodor-w-0000647-0000647.xml
adorno-theodor-w-0000648-0000652.xml
adorno-theodor-w-0000653-0000701.xml
adorno-theodor-w-0000702-0000755.xml
adorno-theodor-w-0000756-0000803.xml
adorno-theodor-w-0000804-0000844.xml
adorno-theodor-w-0000845-0000888.xml
adorno-theodor-w-0000889-0000927.xml
adorno-theodor-w-0000928-0000971.xml
adorno-theodor-w-0000972-0001004.xml
adorno-theodor-w-0001005-0001039.xml
adorno-theodor-w-0001040-0001079.xml
adorno-theodor-w-0001080-0001084.xml
adorno-theodor-w-0001085-0001086.xml
adorno-theodor-w-0001087-0001088.xml
adorno-theodor-w-0001089-0001092.xml
adorno-theodor-w-0001093-0001104.xml
adorno-theodor-w-0001105-0001175.xml
adorno-theodor-w-0001176-0001244.xml
adorno-theodor-w-0001245-0001315.xml
adorno-theodor-w-0001316-0001400.xml
adorno-theodor-w-0001401-0001476.xml
adorno-theodor-w-0001477-0001576.xml
adorno-theodor-w-0001577-0001577.xml
adorno-theodor-w-0001578-0001641.xml
adorno-theodor-w-0001642-0001643.xml
adorno-theodor-w-0001644-0001645.xml
adorno-theodor-w-0001646-0001653.xml
adorno-theodor-w-0001654-0001751.xml
adorno-theodor-w-0001752-0001795.xml
adorno-theodor-w-0001796-0001894.xml
adorno-theodor-w-0001895-0001955.xml
adorno-theodor-w-0001956-0002055.xml
adorno-theodor-w-0002056-0002146.xml
adorno-theodor-w-0002147-0002177.xml
adorno-theodor-w-0002178-0002178.xml
adorno-theodor-w-0002179-0002179.xml
adorno-theodor-w-0002180-0002246.xml
adorno-theodor-w-0002247-0002326.xml
adorno-theodor-w-0002327-0002385.xml
adorno-theodor-w-0002386-0002485.xml
adorno-theodor-w-0002486-0002583.xml
adorno-theodor-w-0002584-0002587.xml
adorno-theodor-w-0002588-0002666.xml
adorno-theodor-w-0002667-0002717.xml
adorno-theodor-w-0002718-0002817.xml
adorno-theodor-w-0002818-0002822.xml
adorno-theodor-w-0002823-0002823.xml
adorno-theodor-w-0002824-0002824.xml
adorno-theodor-w-0002825-0002828.xml
adorno-theodor-w-0002829-0002919.xml
adorno-theodor-w-0002920-0002981.xml
adorno-theodor-w-0002982-0003041.xml
adorno-theodor-w-0003042-0003120.xml
adorno-theodor-w-0003121-0003162.xml
adorno-theodor-w-0003163-0003163.xml
adorno-theodor-w-0003164-0003198.xml
adorno-theodor-w-0003199-0003298.xml
adorno-theodor-w-0003299-0003311.xml
adorno-theodor-w-0003312-0003410.xml
adorno-theodor-w-0003411-0003414.xml
adorno-theodor-w-0003415-0003499.xml
adorno-theodor-w-0003500-0003518.xml
adorno-theodor-w-0003519-0003519.xml
adorno-theodor-w-0003520-0003524.xml
adorno-theodor-w-0003525-0003526.xml
adorno-theodor-w-0003527-0003626.xml
adorno-theodor-w-0003627-0003720.xml
adorno-theodor-w-0003721-0003726.xml
adorno-theodor-w-0003727-0003727.xml
adorno-theodor-w-0003728-0003811.xml
adorno-theodor-w-0003812-0003911.xml
adorno-theodor-w-0003912-0004007.xml
adorno-theodor-w-0004008-0004013.xml
adorno-theodor-w-0004014-0004113.xml
adorno-theodor-w-0004114-0004196.xml
adorno-theodor-w-0004197-0004241.xml
adorno-theodor-w-0004242-0004341.xml
adorno-theodor-w-0004342-0004371.xml
adorno-theodor-w-0004372-0004465.xml
adorno-theodor-w-0004466-0004540.xml
adorno-theodor-w-0004541-0004611.xml
adorno-theodor-w-0004612-0004626.xml
adorno-theodor-w-0004627-0004715.xml
adorno-theodor-w-0004716-0004735.xml
adorno-theodor-w-0004736-0004742.xml
adorno-theodor-w-0004743-0004743.xml
adorno-theodor-w-0004744-0004744.xml
adorno-theodor-w-0004745-0004762.xml
adorno-theodor-w-0004763-0004800.xml
adorno-theodor-w-0004801-0004877.xml
adorno-theodor-w-0004878-0004890.xml
adorno-theodor-w-0004891-0004941.xml
adorno-theodor-w-0004942-0004983.xml
adorno-theodor-w-0004984-0005035.xml
adorno-theodor-w-0005036-0005068.xml
adorno-theodor-w-0005069-0005108.xml
adorno-theodor-w-0005109-0005145.xml
adorno-theodor-w-0005146-0005158.xml
adorno-theodor-w-0005159-0005218.xml
adorno-theodor-w-0005219-0005250.xml
adorno-theodor-w-0005251-0005347.xml
adorno-theodor-w-0005348-0005375.xml
adorno-theodor-w-0005376-0005376.xml
adorno-theodor-w-0005377-0005409.xml
adorno-theodor-w-0005410-0005444.xml
adorno-theodor-w-0005445-0005452.xml
adorno-theodor-w-0005453-0005471.xml
adorno-theodor-w-0005472-0005517.xml
adorno-theodor-w-0005518-0005528.xml
adorno-theodor-w-0005529-0005543.xml
adorno-theodor-w-0005544-0005571.xml
adorno-theodor-w-0005572-0005608.xml
adorno-theodor-w-0005609-0005635.xml
adorno-theodor-w-0005636-0005643.xml
adorno-theodor-w-0005644-0005698.xml
adorno-theodor-w-0005699-0005709.xml
adorno-theodor-w-0005710-0005724.xml
adorno-theodor-w-0005725-0005757.xml
adorno-theodor-w-0005758-0005787.xml
adorno-theodor-w-0005788-0005788.xml
adorno-theodor-w-0005789-0005789.xml
adorno-theodor-w-0005790-0005838.xml
adorno-theodor-w-0005839-0005923.xml
adorno-theodor-w-0005924-0005975.xml
adorno-theodor-w-0005976-0006025.xml
adorno-theodor-w-0006026-0006026.xml
adorno-theodor-w-0006027-0006086.xml
adorno-theodor-w-0006087-0006092.xml
adorno-theodor-w-0006093-0006129.xml
adorno-theodor-w-0006130-0006169.xml
adorno-theodor-w-0006170-0006176.xml
adorno-theodor-w-0006177-0006185.xml
adorno-theodor-w-0006186-0006204.xml
adorno-theodor-w-0006205-0006212.xml
adorno-theodor-w-0006213-0006217.xml
adorno-theodor-w-0006218-0006309.xml
adorno-theodor-w-0006310-0006335.xml
adorno-theodor-w-0006336-0006344.xml
adorno-theodor-w-0006345-0006444.xml
adorno-theodor-w-0006445-0006449.xml
adorno-theodor-w-0006450-0006511.xml
adorno-theodor-w-0006512-0006552.xml
adorno-theodor-w-0006553-0006571.xml
adorno-theodor-w-0006572-0006615.xml
adorno-theodor-w-0006616-0006653.xml
adorno-theodor-w-0006654-0006654.xml
adorno-theodor-w-0006655-0006655.xml
adorno-theodor-w-0006656-0006661.xml
adorno-theodor-w-0006662-0006670.xml
adorno-theodor-w-0006671-0006676.xml
adorno-theodor-w-0006677-0006681.xml
adorno-theodor-w-0006682-0006697.xml
adorno-theodor-w-0006698-0006716.xml
adorno-theodor-w-0006717-0006727.xml
adorno-theodor-w-0006728-0006738.xml
adorno-theodor-w-0006739-0006750.xml
adorno-theodor-w-0006751-0006783.xml
adorno-theodor-w-0006784-0006790.xml
adorno-theodor-w-0006791-0006817.xml
adorno-theodor-w-0006818-0006848.xml
adorno-theodor-w-0006849-0006849.xml
adorno-theodor-w-0006850-0006855.xml
adorno-theodor-w-0006856-0006873.xml
adorno-theodor-w-0006874-0006878.xml
adorno-theodor-w-0006879-0006884.xml
adorno-theodor-w-0006885-0006896.xml
adorno-theodor-w-0006897-0006933.xml
adorno-theodor-w-0006934-0006977.xml
adorno-theodor-w-0006978-0007003.xml
adorno-theodor-w-0007004-0007045.xml
adorno-theodor-w-0007046-0007107.xml
adorno-theodor-w-0007108-0007152.xml
adorno-theodor-w-0007153-0007177.xml
adorno-theodor-w-0007178-0007215.xml
adorno-theodor-w-0007216-0007224.xml
adorno-theodor-w-0007225-0007225.xml
adorno-theodor-w-0007226-0007288.xml
adorno-theodor-w-0007289-0007311.xml
adorno-theodor-w-0007312-0007317.xml
adorno-theodor-w-0007318-0007346.xml
adorno-theodor-w-0007347-0007354.xml
adorno-theodor-w-0007355-0007385.xml
adorno-theodor-w-0007386-0007386.xml
adorno-theodor-w-0007387-0007387.xml
adorno-theodor-w-0007388-0007421.xml
adorno-theodor-w-0007422-0007447.xml
adorno-theodor-w-0007448-0007490.xml
adorno-theodor-w-0007491-0007533.xml
adorno-theodor-w-0007534-0007577.xml
adorno-theodor-w-0007578-0007603.xml
adorno-theodor-w-0007604-0007629.xml
adorno-theodor-w-0007630-0007679.xml
adorno-theodor-w-0007680-0007702.xml
adorno-theodor-w-0007703-0007782.xml
adorno-theodor-w-0007783-0007808.xml
adorno-theodor-w-0007809-0007870.xml
adorno-theodor-w-0007871-0007871.xml
adorno-theodor-w-0007872-0007889.xml
adorno-theodor-w-0007890-0007901.xml
adorno-theodor-w-0007902-0007922.xml
adorno-theodor-w-0007923-0007930.xml
adorno-theodor-w-0007931-0007936.xml
adorno-theodor-w-0007937-0007947.xml
adorno-theodor-w-0007948-0007962.xml
adorno-theodor-w-0007963-0007973.xml
adorno-theodor-w-0007974-0007989.xml
adorno-theodor-w-0007990-0007996.xml
adorno-theodor-w-0007997-0008013.xml
adorno-theodor-w-0008014-0008049.xml
adorno-theodor-w-0008050-0008056.xml
adorno-theodor-w-0008057-0008094.xml
adorno-theodor-w-0008095-0008108.xml
adorno-theodor-w-0008109-0008145.xml
adorno-theodor-w-0008146-0008232.xml
adorno-theodor-w-0008233-0008313.xml
adorno-theodor-w-0008314-0008381.xml
adorno-theodor-w-0008382-0008385.xml
adorno-theodor-w-0008386-0008401.xml
adorno-theodor-w-0008402-0008419.xml
adorno-theodor-w-0008420-0008457.xml
adorno-theodor-w-0008458-0008467.xml
adorno-theodor-w-0008468-0008485.xml
adorno-theodor-w-0008486-0008515.xml
adorno-theodor-w-0008516-0008544.xml
adorno-theodor-w-0008545-0008563.xml
adorno-theodor-w-0008564-0008625.xml
adorno-theodor-w-0008626-0008707.xml
adorno-theodor-w-0008708-0008732.xml
adorno-theodor-w-0008733-0008762.xml
adorno-theodor-w-0008763-0008789.xml
adorno-theodor-w-0008790-0008806.xml
adorno-theodor-w-0008807-0008807.xml
adorno-theodor-w-0008808-0008907.xml
adorno-theodor-w-0008908-0009001.xml
adorno-theodor-w-0009002-0009049.xml
adorno-theodor-w-0009050-0009145.xml
adorno-theodor-w-0009146-0009205.xml
adorno-theodor-w-0009206-0009255.xml
adorno-theodor-w-0009256-0009326.xml
adorno-theodor-w-0009327-0009396.xml
adorno-theodor-w-0009397-0009469.xml
adorno-theodor-w-0009470-0009534.xml
adorno-theodor-w-0009535-0009612.xml
adorno-theodor-w-0009613-0009613.xml
adorno-theodor-w-0009614-0009647.xml
adorno-theodor-w-0009648-0009661.xml
adorno-theodor-w-0009662-0009683.xml
adorno-theodor-w-0009684-0009716.xml
adorno-theodor-w-0009717-0009736.xml
adorno-theodor-w-0009737-0009762.xml
adorno-theodor-w-0009763-0009776.xml
adorno-theodor-w-0009777-0009789.xml
adorno-theodor-w-0009790-0009806.xml
adorno-theodor-w-0009807-0009807.xml
adorno-theodor-w-0009808-0009812.xml
adorno-theodor-w-0009813-0009825.xml
adorno-theodor-w-0009826-0009829.xml
adorno-theodor-w-0009830-0009841.xml
adorno-theodor-w-0009842-0009853.xml
adorno-theodor-w-0009854-0009859.xml
adorno-theodor-w-0009860-0009865.xml
adorno-theodor-w-0009866-0009875.xml
adorno-theodor-w-0009876-0009886.xml
adorno-theodor-w-0009887-0009893.xml
adorno-theodor-w-0009894-0009897.xml
adorno-theodor-w-0009898-0009905.xml
adorno-theodor-w-0009906-0009911.xml
adorno-theodor-w-0009912-0009924.xml
adorno-theodor-w-0009925-0009931.xml
adorno-theodor-w-0009932-0009941.xml
adorno-theodor-w-0009942-0009952.xml
adorno-theodor-w-0009953-0009957.xml
adorno-theodor-w-0009958-0009981.xml
adorno-theodor-w-0009982-0009982.xml
adorno-theodor-w-0009983-0009986.xml
adorno-theodor-w-0009987-0009991.xml
adorno-theodor-w-0009992-0010030.xml
adorno-theodor-w-0010031-0010109.xml
adorno-theodor-w-0010110-0010189.xml
adorno-theodor-w-0010190-0010289.xml
adorno-theodor-w-0010290-0010316.xml
adorno-theodor-w-0010317-0010321.xml
adorno-theodor-w-0010322-0010324.xml
adorno-theodor-w-0010325-0010332.xml
adorno-theodor-w-0010333-0010334.xml
adorno-theodor-w-0010335-0010335.xml
adorno-theodor-w-0010336-0010434.xml
adorno-theodor-w-0010435-0010528.xml
adorno-theodor-w-0010529-0010573.xml
adorno-theodor-w-0010574-0010672.xml
adorno-theodor-w-0010673-0010769.xml
adorno-theodor-w-0010770-0010864.xml
adorno-theodor-w-0010865-0010865.xml
adorno-theodor-w-0010866-0010868.xml
adorno-theodor-w-0010869-0010885.xml
adorno-theodor-w-0010886-0010941.xml
adorno-theodor-w-0010942-0010953.xml
adorno-theodor-w-0010954-0010966.xml
adorno-theodor-w-0010967-0010972.xml
adorno-theodor-w-0010973-0010980.xml
adorno-theodor-w-0010981-0010995.xml
adorno-theodor-w-0010996-0011008.xml
adorno-theodor-w-0011009-0011017.xml
adorno-theodor-w-0011018-0011041.xml
adorno-theodor-w-0011042-0011052.xml
adorno-theodor-w-0011053-0011078.xml
adorno-theodor-w-0011079-0011097.xml
adorno-theodor-w-0011098-0011111.xml
adorno-theodor-w-0011112-0011146.xml
adorno-theodor-w-0011147-0011149.xml
adorno-theodor-w-0011150-0011152.xml
adorno-theodor-w-0011153-0011184.xml
adorno-theodor-w-0011185-0011192.xml
adorno-theodor-w-0011193-0011193.xml
adorno-theodor-w-0011194-0011195.xml
adorno-theodor-w-0011196-0011202.xml
adorno-theodor-w-0011203-0011265.xml
adorno-theodor-w-0011266-0011292.xml
adorno-theodor-w-0011293-0011365.xml
adorno-theodor-w-0011366-0011401.xml
adorno-theodor-w-0011402-0011429.xml
adorno-theodor-w-0011430-0011470.xml
adorno-theodor-w-0011471-0011551.xml
adorno-theodor-w-0011552-0011640.xml
adorno-theodor-w-0011641-0011740.xml
adorno-theodor-w-0011741-0011816.xml
adorno-theodor-w-0011817-0011915.xml
adorno-theodor-w-0011916-0011935.xml
adorno-theodor-w-0011936-0011937.xml
adorno-theodor-w-0011938-0011938.xml
adorno-theodor-w-0011939-0011939.xml
adorno-theodor-w-0011940-0011943.xml
adorno-theodor-w-0011944-0011947.xml
adorno-theodor-w-0011948-0011976.xml
adorno-theodor-w-0011977-0011995.xml
adorno-theodor-w-0011996-0012017.xml
adorno-theodor-w-0012018-0012040.xml
adorno-theodor-w-0012041-0012080.xml
adorno-theodor-w-0012081-0012119.xml
adorno-theodor-w-0012120-0012152.xml
adorno-theodor-w-0012153-0012183.xml
adorno-theodor-w-0012184-0012187.xml
adorno-theodor-w-0012188-0012196.xml
adorno-theodor-w-0012197-0012198.xml
adorno-theodor-w-0012199-0012204.xml
adorno-theodor-w-0012205-0012248.xml
adorno-theodor-w-0012249-0012329.xml
adorno-theodor-w-0012330-0012417.xml
adorno-theodor-w-0012418-0012478.xml
adorno-theodor-w-0012479-0012531.xml
adorno-theodor-w-0012532-0012587.xml
adorno-theodor-w-0012588-0012589.xml
adorno-theodor-w-0012590-0012593.xml
adorno-theodor-w-0012594-0012596.xml
adorno-theodor-w-0012597-0012597.xml
adorno-theodor-w-0012598-0012696.xml
adorno-theodor-w-0012697-0012796.xml
adorno-theodor-w-0012797-0012871.xml
adorno-theodor-w-0012872-0012970.xml
adorno-theodor-w-0012971-0013005.xml
adorno-theodor-w-0013006-0013006.xml
adorno-theodor-w-0013007-0013015.xml
adorno-theodor-w-0013016-0013016.xml
adorno-theodor-w-0013017-0013059.xml
adorno-theodor-w-0013060-0013083.xml
adorno-theodor-w-0013084-0013101.xml
adorno-theodor-w-0013102-0013122.xml
adorno-theodor-w-0013123-0013123.xml
adorno-theodor-w-0013124-0013169.xml
adorno-theodor-w-0013170-0013198.xml
adorno-theodor-w-0013199-0013221.xml
adorno-theodor-w-0013222-0013268.xml
adorno-theodor-w-0013269-0013338.xml
adorno-theodor-w-0013339-0013406.xml
adorno-theodor-w-0013407-0013489.xml
adorno-theodor-w-0013490-0013526.xml
adorno-theodor-w-0013527-0013599.xml
adorno-theodor-w-0013600-0013660.xml
adorno-theodor-w-0013661-0013702.xml
adorno-theodor-w-0013703-0013720.xml
adorno-theodor-w-0013721-0013721.xml
adorno-theodor-w-0013722-0013816.xml
adorno-theodor-w-0013817-0013911.xml
adorno-theodor-w-0013912-0013974.xml
adorno-theodor-w-0013975-0013975.xml
adorno-theodor-w-0013976-0013978.xml
adorno-theodor-w-0013979-0014014.xml
adorno-theodor-w-0014015-0014029.xml
adorno-theodor-w-0014030-0014039.xml
adorno-theodor-w-0014040-0014049.xml
adorno-theodor-w-0014050-0014116.xml
adorno-theodor-w-0014117-0014125.xml
adorno-theodor-w-0014126-0014192.xml
adorno-theodor-w-0014193-0014201.xml
adorno-theodor-w-0014202-0014211.xml
adorno-theodor-w-0014212-0014217.xml
adorno-theodor-w-0014218-0014224.xml
adorno-theodor-w-0014225-0014235.xml
adorno-theodor-w-0014236-0014251.xml
adorno-theodor-w-0014252-0014282.xml
adorno-theodor-w-0014283-0014289.xml
adorno-theodor-w-0014290-0014290.xml
adorno-theodor-w-0014291-0014365.xml
adorno-theodor-w-0014366-0014366.xml
adorno-theodor-w-0014367-0014419.xml
adorno-theodor-w-0014420-0014436.xml
adorno-theodor-w-0014437-0014454.xml
adorno-theodor-w-0014455-0014465.xml
adorno-theodor-w-0014466-0014472.xml
adorno-theodor-w-0014473-0014482.xml
adorno-theodor-w-0014483-0014499.xml
adorno-theodor-w-0014500-0014508.xml
adorno-theodor-w-0014509-0014523.xml
adorno-theodor-w-0014524-0014572.xml
adorno-theodor-w-0014573-0014668.xml
adorno-theodor-w-0014669-0014768.xml
adorno-theodor-w-0014769-0014868.xml
adorno-theodor-w-0014869-0014964.xml
adorno-theodor-w-0014965-0015062.xml
adorno-theodor-w-0015063-0015162.xml
adorno-theodor-w-0015163-0015212.xml
adorno-theodor-w-0015213-0015213.xml
adorno-theodor-w-0015214-0015227.xml
adorno-theodor-w-0015228-0015238.xml
adorno-theodor-w-0015239-0015244.xml
adorno-theodor-w-0015245-0015253.xml
adorno-theodor-w-0015254-0015256.xml
adorno-theodor-w-0015257-0015264.xml
adorno-theodor-w-0015265-0015268.xml
adorno-theodor-w-0015269-0015275.xml
adorno-theodor-w-0015276-0015303.xml
adorno-theodor-w-0015304-0015336.xml
adorno-theodor-w-0015337-0015342.xml
adorno-theodor-w-0015343-0015347.xml
adorno-theodor-w-0015348-0015367.xml
adorno-theodor-w-0015368-0015375.xml
adorno-theodor-w-0015376-0015383.xml
adorno-theodor-w-0015384-0015424.xml
adorno-theodor-w-0015425-0015437.xml
adorno-theodor-w-0015438-0015441.xml
adorno-theodor-w-0015442-0015444.xml
adorno-theodor-w-0015445-0015463.xml
adorno-theodor-w-0015464-0015508.xml
adorno-theodor-w-0015509-0015509.xml
adorno-theodor-w-0015510-0015522.xml
adorno-theodor-w-0015523-0015608.xml
adorno-theodor-w-0015609-0015623.xml
adorno-theodor-w-0015624-0015625.xml
adorno-theodor-w-0015626-0015627.xml
adorno-theodor-w-0015628-0015634.xml
adorno-theodor-w-0015635-0015642.xml
adorno-theodor-w-0015643-0015651.xml
adorno-theodor-w-0015652-0015666.xml
adorno-theodor-w-0015667-0015670.xml
adorno-theodor-w-0015671-0015676.xml
adorno-theodor-w-0015677-0015684.xml
adorno-theodor-w-0015685-0015698.xml
adorno-theodor-w-0015699-0015701.xml
adorno-theodor-w-0015702-0015705.xml
adorno-theodor-w-0015706-0015708.xml
adorno-theodor-w-0015709-0015713.xml
adorno-theodor-w-0015714-0015717.xml
adorno-theodor-w-0015718-0015718.xml
adorno-theodor-w-0015719-0015817.xml
adorno-theodor-w-0015818-0015902.xml
adorno-theodor-w-0015903-0015996.xml
adorno-theodor-w-0015997-0016096.xml
adorno-theodor-w-0016097-0016193.xml
adorno-theodor-w-0016194-0016202.xml
adorno-theodor-w-0016203-0016245.xml
adorno-theodor-w-0016246-0016343.xml
adorno-theodor-w-0016344-0016365.xml
adorno-theodor-w-0016366-0016465.xml
adorno-theodor-w-0016466-0016523.xml
adorno-theodor-w-0016524-0016524.xml
adorno-theodor-w-0016525-0016536.xml
adorno-theodor-w-0016537-0016546.xml
adorno-theodor-w-0016547-0016551.xml
adorno-theodor-w-0016552-0016561.xml
adorno-theodor-w-0016562-0016573.xml
adorno-theodor-w-0016574-0016578.xml
adorno-theodor-w-0016579-0016581.xml
adorno-theodor-w-0016582-0016585.xml
adorno-theodor-w-0016586-0016588.xml
adorno-theodor-w-0016589-0016597.xml
adorno-theodor-w-0016598-0016605.xml
adorno-theodor-w-0016606-0016627.xml
adorno-theodor-w-0016628-0016629.xml
adorno-theodor-w-0016630-0016665.xml
adorno-theodor-w-0016666-0016672.xml
adorno-theodor-w-0016673-0016680.xml
adorno-theodor-w-0016681-0016689.xml
adorno-theodor-w-0016690-0016697.xml
adorno-theodor-w-0016698-0016704.xml
adorno-theodor-w-0016705-0016715.xml
adorno-theodor-w-0016716-0016732.xml
adorno-theodor-w-0016733-0016738.xml
adorno-theodor-w-0016739-0016746.xml
adorno-theodor-w-0016747-0016794.xml
adorno-theodor-w-0016795-0016813.xml
adorno-theodor-w-0016814-0016818.xml
adorno-theodor-w-0016819-0016851.xml
adorno-theodor-w-0016852-0016919.xml
adorno-theodor-w-0016920-0016970.xml
adorno-theodor-w-0016971-0017001.xml
adorno-theodor-w-0017002-0017006.xml
adorno-theodor-w-0017007-0017007.xml
adorno-theodor-w-0017008-0017008.xml
adorno-theodor-w-0017009-0017065.xml
adorno-theodor-w-0017066-0017160.xml
adorno-theodor-w-0017161-0017196.xml
adorno-theodor-w-0017197-0017225.xml
adorno-theodor-w-0017226-0017234.xml
adorno-theodor-w-0017235-0017249.xml
adorno-theodor-w-0017250-0017285.xml
adorno-theodor-w-0017286-0017325.xml
adorno-theodor-w-0017326-0017331.xml
adorno-theodor-w-0017332-0017333.xml
adorno-theodor-w-0017334-0017339.xml
adorno-theodor-w-0017340-0017344.xml
adorno-theodor-w-0017345-0017349.xml
adorno-theodor-w-0017350-0017352.xml
adorno-theodor-w-0017353-0017364.xml
adorno-theodor-w-0017365-0017367.xml
adorno-theodor-w-0017368-0017370.xml
adorno-theodor-w-0017371-0017373.xml
adorno-theodor-w-0017374-0017377.xml
adorno-theodor-w-0017378-0017390.xml
adorno-theodor-w-0017391-0017393.xml
adorno-theodor-w-0017394-0017395.xml
adorno-theodor-w-0017396-0017402.xml
adorno-theodor-w-0017403-0017405.xml
adorno-theodor-w-0017406-0017407.xml
adorno-theodor-w-0017408-0017410.xml
adorno-theodor-w-0017411-0017413.xml
adorno-theodor-w-0017414-0017425.xml
adorno-theodor-w-0017426-0017436.xml
adorno-theodor-w-0017437-0017445.xml
adorno-theodor-w-0017446-0017449.xml
adorno-theodor-w-0017450-0017545.xml
adorno-theodor-w-0017546-0017615.xml
adorno-theodor-w-0017616-0017705.xml
adorno-theodor-w-0017706-0017706.xml
adorno-theodor-w-0017707-0017709.xml
adorno-theodor-w-0017710-0017738.xml
adorno-theodor-w-0017739-0017757.xml
adorno-theodor-w-0017758-0017778.xml
adorno-theodor-w-0017779-0017799.xml
adorno-theodor-w-0017800-0017802.xml
adorno-theodor-w-0017803-0017813.xml
adorno-theodor-w-0017814-0017816.xml
adorno-theodor-w-0017817-0017822.xml
adorno-theodor-w-0017823-0017841.xml
adorno-theodor-w-0017842-0017855.xml
adorno-theodor-w-0017856-0017858.xml
adorno-theodor-w-0017859-0017862.xml
adorno-theodor-w-0017863-0017864.xml
adorno-theodor-w-0017865-0017869.xml
adorno-theodor-w-0017870-0017872.xml
adorno-theodor-w-0017873-0017875.xml
adorno-theodor-w-0017876-0017879.xml
adorno-theodor-w-0017880-0017888.xml
adorno-theodor-w-0017889-0017899.xml
adorno-theodor-w-0017900-0017903.xml
adorno-theodor-w-0017904-0017906.xml
adorno-theodor-w-0017907-0017907.xml
adorno-theodor-w-0017908-0017912.xml
adorno-theodor-w-0017913-0017913.xml
adorno-theodor-w-0017914-0017915.xml
adorno-theodor-w-0017916-0017918.xml
adorno-theodor-w-0017919-0017921.xml
adorno-theodor-w-0017922-0017933.xml
adorno-theodor-w-0017934-0017936.xml
adorno-theodor-w-0017937-0017940.xml
adorno-theodor-w-0017941-0017946.xml
adorno-theodor-w-0017947-0017950.xml
adorno-theodor-w-0017951-0017952.xml
adorno-theodor-w-0017953-0017957.xml
adorno-theodor-w-0017958-0017959.xml
adorno-theodor-w-0017960-0017963.xml
adorno-theodor-w-0017964-0017966.xml
adorno-theodor-w-0017967-0017973.xml
adorno-theodor-w-0017974-0017975.xml
adorno-theodor-w-0017976-0017993.xml
adorno-theodor-w-0017994-0017997.xml
adorno-theodor-w-0017998-0018001.xml
adorno-theodor-w-0018002-0018021.xml
adorno-theodor-w-0018022-0018022.xml
adorno-theodor-w-0018023-0018028.xml
adorno-theodor-w-0018029-0018090.xml
adorno-theodor-w-0018091-0018162.xml
adorno-theodor-w-0018163-0018181.xml
adorno-theodor-w-0018182-0018189.xml
adorno-theodor-w-0018190-0018206.xml
adorno-theodor-w-0018207-0018210.xml
adorno-theodor-w-0018211-0018216.xml
adorno-theodor-w-0018217-0018224.xml
adorno-theodor-w-0018225-0018233.xml
adorno-theodor-w-0018234-0018234.xml
adorno-theodor-w-0018235-0018268.xml
adorno-theodor-w-0018269-0018285.xml
adorno-theodor-w-0018286-0018302.xml
adorno-theodor-w-0018303-0018340.xml
adorno-theodor-w-0018341-0018342.xml
adorno-theodor-w-0018343-0018377.xml
adorno-theodor-w-0018378-0018420.xml
adorno-theodor-w-image-appendix.xml
adorno-theodor-w-image-appendix-0000000.xml