Editorische Nachbemerkung

Über Entstehungs- und Publikationsgeschichte des 1944 gemeinsam mit Hanns Eisler geschriebenen Buches »Komposition für den Film« hat Adorno in seiner Notiz »Zum Erstdruck der Originalfassung« berichtet, welche er der 1969 im Verlag Rogner & Bernhard in München erschienenen Ausgabe beifügte. Die dort erwähnte englischsprachige Ausgabe (Hanns Eisler, Composing for the Films, New York: Oxford University Press, 1947) unterscheidet sich sowohl von der von Eisler verantworteten deutschen Ausgabe (Hanns Eisler, Komposition für den Film, Berlin: Verlag Bruno Henschel und Sohn, 1949) wie von der Erstausgabe der Originalfassung, die Adorno 1969 besorgte, durch eine Reihe von Textpassagen sowie zwei Fußnoten: sie haben in beiden deutschsprachigen Editionen keine Gegenstücke. Im vorliegenden Abdruck – der im übrigen der Ausgabe von 1969 folgt: von ihr hat Adorno die Umbruchkorrektur noch gelesen, erschienen ist das Buch erst nach seinem Tod – sind die bislang nur englisch zugänglichen Passagen an ihren respektiven Bezugstellen erstmals eingefügt worden. Es handelt sich dabei um Ergänzungen, die nach Abschluß des Hauptmanuskripts im Oktober 1944 geschrieben wurden. In dem Original des Schreibmaschinenmanuskripts aus Adornos Besitz – welches, nachdem eine Mitarbeiterin Adornos einige Zitatnachweise auf neuere Editionen umgestellt hatte, 1969 unmittelbar als Druckvorlage benutzt wurde – fehlen diese ergänzenden Passagen. Sie fanden sich dagegen in Adornos »Handexemplar«, einem maschinenschriftlichen Durchschlag, den der Autor bei der Vorbereitung der Ausgabe von 1969 übersehen hat. (Ähnlich äußerlich-zufällig dürfte zu erklären sein, warum auch Eisler eben dieselben Stellen, die er 1947 hatte drucken lassen, 1949 fortließ.) – Die Notiz »Zum Erstdruck der Originalfassung« bietet der vorliegende Abdruck gleichfalls zum erstenmal vollständig. 1969 mußte Adorno auf Veranlassung Stephanie Eislers einen Absatz streichen, dessen spätere Wiederherstellung er wünschte: »Der Zweck des Absatzes« sei »eine Art von Verteidigung von Eisler angesichts der einseitigen Änderungen, die er« in der Ausgabe von 1949 »vorgenommen hatte. Fällt der Absatz weg, so kann eher der Eindruck entstehen, ich beklagte mich über ihn, und das möchte ich ... nicht.« – Über die Verteilung der Arbeit am Filmmusikbuch hat Adorno öffentlich sich nie geäußert, wohl aber mündlich und brieflich. So heißt es in einem Brief von 1964: »I do not exaggerate by the statement that the book is, to 95 percent, my own work. The late Hanns Eisler confirmed this at various occasion.« Und ein Jahr später gegenüber einem anderen Korrespondenten: »Ich glaube nicht unfair zu sein – die Formulierung war die von Eisler selbst –, wenn ich sage, daß neun Zehntel des Buches von mir und höchstens ein Zehntel von ihm sind, nämlich die Liste der ›Vorurteile und schlechten Gewohnheiten‹ und der Grundstock der analytischen Bemerkungen über den ›Regen‹.«

»Der getreue Korrepetitor« wird im vorliegenden Band nach der bisher einzigen Ausgabe abgedruckt, die 1963 im S. Fischer Verlag, Frankfurt a.M., erschien. Einige wenige Änderungen, welche Adorno in sein Handexemplar des Buches eingetragen hat, sind übernommen worden. – Die in der »Vorrede« zum »Getreuen Korrepetitor« erwähnten Studien über die NBC Music Appreciation Hour und »The Radio Symphony« gehören in den Zusammenhang des geplanten Buches »Current of Music. Elements of a Radio Theory«, dessen Fragmente von Robert Hullot-Kentor in einem Band der »Nachgelassenen Schriften« Adornos ediert werden, der 2004 erscheinen soll.

März 1976