Vers une musique informelle

 

Wolfgang Steinecke zum Gedächtnis

 

dire cela, sans savoir quoi

Beckett, L'innommable

 

Ein Musiker und über Musik Denkender meines Alters und meiner Vergangenheit findet sich in einer lästigen Alternative. Ihre eine Seite ist die Haltung des ›Bis hierhin und nicht weiter‹: an die eigene Jugend sich klammern, als hätte man die Moderne gepachtet; sich verhärten gegen das, woran man mit Erfahrungen, oder wenigstens den primären Reaktionsformen, nicht mehr heranreicht. So benahmen sich einst die eingeschworenen Wagnerianer gegen Strauss, dann die Straussianer gegen die neue Musik Schönbergischer Observanz: modern sind wir selber; was wollen die uns erzählen. Zuzeiten freilich wird es meinem Narzißmus, der seine Macht behält, wenngleich ich ihn gründlich durchschaue, schwer, sich vorzustellen, daß die Ungezählten, die eine durch Diagramme erläuterte Musik schreiben, in der mir kein kompositorisches Licht aufgeht, wirklich allesamt soviel musikalischer, gescheiter und fortgeschrittener sein sollen als ich; oft schöpfe ich den Argwohn, daß ihr methodisch Betriebenes gar nicht so verschieden ist von der Willkür der falschen Noten in den neoklassizistischen Concerti und Bläserensembles auf den Musikfesten vor dreißig oder vierzig Jahren. Wer Musiker wird, ist dem Mathematiklehrer entlaufen; es wäre schrecklich, wenn er am Ende doch noch von ihm erwischt würde. Gerade der spekulative Künstler sollte sich eine Portion von Menschenverstand bewahren, die ihn daran mahnt, das Unverstandene müsse nicht notwendig entwickelter, es könne einfach nur so primitiv und stumpf sein, daß man auf eine solche Möglichkeit gar nicht verfällt. Einzig darum wird manches geistfremd Emsige nicht sogleich durchschaut, weil das Musikmaterial vorweg, von sich aus, Geist ist und den Glauben erweckt, Geist sei dort am Werk, wo das Werk bloß die Abdikation des Geistes feiert. – Umgekehrt hängen manche Älteren mehr oder minder forciert und hilflos sich ans jeweils Jüngste, um nicht zum alten Eisen geworfen zu werden. Was sie an Kompositionen vorzeigen, das belohnen die Jungen meist mit berechtigtem Spott; allenfalls lassen sie es dem propagandistischen Wert zuliebe passieren. Über diese Alternative ist hinauszukommen. Sie ist allzu abstrakt; bezieht sich auf die Situation des Urteilenden, wo lediglich Inhalt und Motivation des Urteils zählen. Auch die Vorgeschichte des musikalischen Urteils, die geistige Herkunft des Urteilenden, die gewiß für die Formation seines Denkens wichtig ist, entscheidet nicht. Aus meiner Zugehörigkeit zur Wiener Schule Schönbergs möchte ich darum keinen Anspruch des Eingeweihten ableiten, dem die Fragen tröstlich beantwortet sind. Womit man in der Entwicklung seit 1945 sich herumschlägt, das ist nicht vom Himmel gefallen, sondern geistert bereits in der – wie man heute verdächtig gern sagt – klassischen Zwölftontechnik. Von Werken der Kranichsteiner oder Darmstädter Schule wie Stockhausens ›Zeitmaßen‹, ›Gruppen‹, ›Kontakten‹, ›Carré‹, vom ›Marteau sans maître‹ von Boulez, von dessen Zweiter und Dritter Klaviersonate und der Flötensonatine habe ich bedeutende Eindrücke empfangen. Nach einmaligem Hören des Kölner Bandes hat auch das Klavierkonzert von Cage stark auf mich gewirkt, ohne daß ich die Wirkung zu präzisieren wagte; ohnehin geht es darum bei einer Musik dieses Typus schwerlich. Indessen habe ich auf die meisten jener Werke qualitativ anders angesprochen als auf die der gesamten Entwicklung, welche bis zum letzten Webern reicht und ihn wohl einbegreift. Meine produktive Einbildungskraft vollzieht sie nicht ebenso mit; ich vermöchte sie nicht hörend mitzukomponieren wie noch das Streichtrio von Webern, gewiß kein gar zu simples Stück. Aber was ich dabei zunächst als meine subjektive Unzulänglichkeit zu registrieren geneigt bin, ist vielleicht keine solche. Die serielle und postserielle Musik dürfte auf eine prinzipiell verschiedene Apperzeption angelegt sein, sofern man von Musik überhaupt sagen darf, daß sie auf Apperzeption angelegt ist. Das traditionelle Hören verläuft so, daß die Musik sich, gemäß der Ordnung der Zeit, von den Teilen zum Ganzen her entfaltet. Solche Entfaltung, also das Verhältnis der in der Zeit aufeinander folgenden musikalischen Inhalte zum puren fließenden Zeitverlauf, ist problematisch geworden und stellt sich in der Komposition selbst als zu durchdenkende und zu bemeisternde Aufgabe. Kein Zufall, daß Stockhausen in der theoretischen Arbeit ›Wie die Zeit vergeht‹1, wohl der wichtigsten über diesen Komplex, die zentrale Frage der Vereinheitlichung des Dauerparameters und des Tonhöhenparameters unter dem Gesichtspunkt der Teilung, also von oben nach unten und nicht von unten nach oben, erörtert. Mit seiner Theorie einer aus allseitiger Dynamik resultierenden Statik und auch der von der Kadenz haben meine ersten Reaktionen auf die ›Zeitmaße‹, bei denen ich nichts anderem vertraute als meinen Ohren, merkwürdig kommuniziert. Akustisch reales Hören mag nicht die obersten musikalischen Kriterien gewähren; sicherlich aber bessere als die abwegigen und törichten Kommentare, mit denen Partituren heute vielfach sich selbst begleiten, und zwar offenbar desto lieber, je weniger Kommentarbedürftiges musikalisch sich ereignet. Bei den besten der fortgeschrittenen Komponisten waltet Einheit von Theorie und Praxis. Am leibhaften Hören von Aufführungen dürfte am ehesten sich überprüfen lassen, ob ein Musiker, dessen eigene Voraussetzungen einigermaßen hinter den jüngsten zurückliegen, darum von der adäquaten Erfahrung ausgeschlossen bleibt. Die Erkenntnis von Grenzen ist zugleich die der Möglichkeit, sie zu überschreiten. Dem theoretischen Denken über Musik heute steht es ebenso an, nochmals auf sich selbst, auf die Reflexion zu reflektieren, wie die Musik unabweislich der Selbstreflexion bedarf. Es ist das bittere Glück des Denkens, daß es, wenn anders es seinen Namen verdient, über sich selbst hinaus denken kann, daß es weiter reicht als die eigene Nase; beinahe entscheidet das über die Authentizität des Gedankens. In solchem Geist spricht jemand, der nicht der Jüngste ist, über einen der exponiertesten Begriffe, den einer informellen oder, wie Metzger es nannte, aseriellen Musik.

Vielleicht ist nach dem Prestissimo der letzten Jahre die Stunde für einen solchen Versuch nicht ungünstig. Die Entwicklungstendenzen der Komposition selbst scheinen zu konvergieren mit dem Desiderat musikalischer Befreiung, das mich lockt. Die französische Parole ›musique informelle‹ habe ich erfunden als kleines Zeichen des Dankes an das Land, in dem die Tradition der Avantgarde eins ist mit der Zivilcourage zum Manifest. Ich halte Parolen, im Gegensatz zur muffigen Aversion gegen die Ismen in Dingen der Kunst, für ein stets noch Gutes, wie zu Apollinaires Zeiten. Nicht ist, nach positivistischer Wald- und Wiesenmanier, musique informelle zu definieren. Trifft das Wort tatsächlich eine Tendenz, etwas, was wird, dann spottet es der Definition, so wie Nietzsche, kein schlechter Zeuge in musicis, einmal sagte, alles Historische entziehe sich eigentlich dem semiotisch-definitorischen Verfahren. Um meine Vorstellung von informeller Musik zu verdeutlichen, kann ich weder mit einem Programm des Athematischen noch mit dem Wahrscheinlichkeitsgesetz der Punkte auf dem Schreibpapier noch mit irgend Derartigem aufwarten. Immerhin möchte ich wenigstens den Horizont jenes Begriffs abstecken. Gemeint ist eine Musik, die alle ihr äußerlich, abstrakt, starr gegenüberstehenden Formen abgeworfen hat, die aber, vollkommen frei vom heteronom Auferlegten und ihr Fremden, doch objektiv zwingend im Phänomen, nicht in diesen auswendigen Gesetzmäßigkeiten sich konstituiert. Darüber hinaus müßte eine solche Befreiung, soweit das ohne abermalige Unterdrückung möglich ist, auch der Niederschläge des Koordinatensystems im Innern der Phänomene sich zu entledigen suchen. Man gerät dabei in die Schwierigkeit, daß ganz ohne solche Residuen musikalischer Zusammenhang überhaupt kaum möglich dünkt, während zugleich diese Residuen die integrale Durchbildung des Phänomens wie Fremdkörper stören; dieser Widerspruch markiert wohl am prägnantesten, woran Musik sich abzuarbeiten hätte in einem Stadium, da der vollendete kompositorische Nominalismus, die Auflehnung gegen das musikalisch Allgemeine, seiner eigenen Beschränktheit innewird. Wie in der dialektischen Logik bilden in der Ästhetik Allgemeines und Besonderes keinen bloßen Gegensatz. Verzichtet informelle Musik auf abstrakte Formen, auf musikalisch schlechte Allgemeinheit der innerkompositorischen Kategorien, so kehren die allgemeinen im Innersten der Besonderung wieder und machen diese aufleuchten. Das war Weberns Größe2. Solche Allgemeinheit und Verbindlichkeit durch Spezifikation hindurch schließt aber die von der Tradition willentlich erborgte ebenso aus wie eine mathematisch reine der objektiven Tatbestände, die gleichgültig bliebe gegen das individuierte Phänomen. Die Perspektive auf solche informelle Musik war schon einmal offen, um 1910. Das Datum ist nicht irrelevant als Abgrenzung von den überstrapazierten zwanziger Jahren. Von den Ansätzen aber aus der Zeit, als Schönberg die Erwartung, die Glückliche Hand und die Herzgewächse, als Strawinsky die Japanischen Lieder schrieb, der des synthetischen Kubismus, ist bald danach einigermaßen abgelenkt worden. Bereits die Glückliche Hand benutzt, gewiß nicht ohne Anlaß, gegenüber der Erwartung recht handfeste Oberflächenstrukturen samt einer Art von Reprise. Sie helfen viel zur Artikulation des szenischen Werkes, stecken aber doch das Ideal der reprisenlos auf einen Abgesang hin komponierten Erwartung zurück. Vollends der Pierrot lunaire zitiert, wie immer auch ironisch gebrochen, zahlreiche traditionelle Einzelformen; darin berührte sich Schönberg, aus der heutigen Perspektive, mit Strawinsky. Der Pierrot wurde ein sozusagen populäres Stück wegen der Rudimente jener unangetasteten Typen, und von ihnen her vertrauter Konfigurationen, die von der Erwartung, dem Celestalied oder auch wieder den Orchesterliedern op. 22 sehr abstechen. Wie später in der Zwölftontechnik wird Deckung gesucht.

Was dem vor mehr als dreißig Jahren von Alois Hába so genannten Musikstil der Freiheit Einhalt gebot, war wohl gar nicht, wie Schönberg denken mochte, rein musikalisch, sondern eher soziologischer und ideologischer Art. Mit dem Revisionismus in der musikalischen Struktur sind Äußerungen Schönbergs zusammenzudenken gleich jener aus einem Brief von 1912, in dem er Richard Dehmel fragt, ob er zur Textierung eines ›abendfüllenden Werkes‹ bereit wäre; »... ich will seit langem ein Oratorium schreiben, das als Inhalt haben sollte: wie der Mensch von heute, der durch Materialismus, Sozialismus, Anarchie durchgegangen ist, der Atheist war, aber sich doch ein Restchen alten Glaubens bewahrt hat (in Form von Aberglauben), wie dieser moderne Mensch mit Gott streitet (siehe auch ›Jakob ringt‹ von Strindberg) und schließlich dazu gelangt, Gott zu finden und religiös zu werden. Beten zu lernen.«3 Das Bedürfnis nach Rückkehr zur theologischen Autorität verbindet sich in diesem naiven Passus mit der Absage an politischen Radikalismus. Dagegen konnte aber bei einem Künstler wie Schönberg die musikalische Verhaltensweise nicht indifferent bleiben. Das Moment des Abrupten und Gewaltsamen im Übergang von den Erfahrungen der freien Atonalität zur systematischen Formulierung der Zwölftontechnik, und die Konzeption von Religiosität als Rückkunft, mit dem drohenden Zeigefinger des Beten-Lernens, fallen nicht nur entwicklungsgeschichtlich zusammen sondern auch dem Inhalt nach; hier wie dort wird Ordnung aus dem Bedürfnis postuliert und nicht aus der eigenen Wahrheit der Sache. Die vulgäre Phrase vom Ursprung der Zwölftontechnik im Verlangen nach Ordnung notiert, trotz ihrer Blindheit gegen die kompositorische Logik, welche die Zwölftontechnik hervorbrachte, etwas Richtiges. Angesichts der fingierten musikalischen Objektivität ist der Prozeß wieder aufzunehmen, den Schönberg bremste, als er ihn scheinbar durch seine geniale Neuerung weitertrieb. Der Idee unrevidierter, konzessionsloser Freiheit hätte eine musique informelle aufs neue sich zu stellen. Aber nicht als Reprise des Stils von 1910. Man kann nicht unverdrossen so weiter komponieren wie die kühnsten Werke jener Epoche, Schönbergs produktivster. Wohl deckt die Phrase von der Irreversibilität der Geschichte, von dem unseligen Rad der Zeit, das sich nicht zurückdrehen lasse, alles und nichts. Bekannt ist den Psychologen, wie gern man dort, wo man in die Sachen selber nicht eindringt oder Verantwortung abschütteln will, als verantwortlich die Zeit anruft. Die Unmöglichkeit restaurierter Revolution jedoch ist konkret. Nachdem einmal die neuen Konstruktionsprinzipien sich kristallisierten, verpflichten sie zur Durchbildung, zur reinen Konsequenz, sogar wenn die Prinzipien selbst sehr abzuändern sind. Rückstände des Gewesenen wie die chromatischen in der freien Atonalität sind nicht mehr erträglich wie damals, als die immanenten Forderungen der Mittel noch gar nicht ganz gefühlt wurden. Valéry schrieb, daß, wer sich avantgardistische Leistungen der Vergangenheit ansieht – und die musikalische Avantgarde von 1910 liegt fünfzig Jahre zurück –, stets erstaune über die Ängstlichkeit; mit Cocteau zu sprechen, darüber, wie wenig zu weit man damals zu weit gegangen ist. Diese Ängstlichkeit war in Wahrheit keine. Jede Kunst enthält Elemente, die im Augenblick der Produktion natürlich dünken, selbstverständlich. Erst im Verlauf der weiter fortschreitenden Entwicklung werden sie als selber Gewordenes und Vergängliches, ihr Natürliches als ›zweite Natur‹ evident. Das aber verwandelt alles. Von Stockhausen stammt die Einsicht, es sei die gesamte rhythmisch-metrische Struktur auch der atonalen und der Schönbergischen Zwölftonmusik in gewissem Sinn tonal geblieben. Das ist nicht mehr zu vergessen; die Unstimmigkeit nicht mehr zu dulden. Daß seitdem die Verhältnisse aller kompositorischen Dimensionen durchpflügt wurden, daß eine jede alle anderen affiziert, ist so sehr ins Material eingesickert wie je zuvor kompositionstechnische Errungenschaften. Selbst die thematische Arbeit, im allerweitesten Sinn, zeigt heute, das Wort richtig verstanden, einen tonalen Aspekt. Zwar sind Bedeutung und Größe der Werke unmittelbar vor dem Ersten Krieg von ihrer Inkonsequenz nicht mehr zu sondern: sie griffen so tief ein, weil sie an einem ihnen selbst gegenüber noch Heterogenen, noch nicht ganz mit ihnen Identischen sich rieben. Aber auch Reibungskoeffizienten kann man nicht konservieren. In den letzten fünfzig Jahren sind die musikalischen Produktivkräfte: die technischen, schlicht die Fähigkeit zur Kontrolle von Richtig und Falsch, überaus angewachsen. Nicht als ob damit dem heute Geschriebenen in sturem Fortschrittsglauben höherer Wert als dem damals Entstandenen zugesprochen wäre. Nur ist der Fortschritt der Materialbeherrschung nicht rückgängig zu machen, selbst wenn das Resultat, das Komponierte, nicht fortschritt: das ist eine der Paradoxien der Geschichtsphilosophie von Kunst. Kein Bewußtsein kann naiver sich äußern, als es ist. Der Versuch, um der vermeintlich oder wirklich höheren Qualität des minder Fortgeschrittenen willen ins ehemals Substantielle sich zu verbeißen, als hätte man nichts dazu gelernt, hätte keine Chance. Das stärkste Argument für die Authentizität der Entwicklung ist, wie zwingend unmittelbar, trotz aller Vermittlung durch je vorgedachte Konstruktionen, die Niveau-Unterschiede jüngster Kompositionen beim Hören im Konzert sich präsentieren; im allgemeinen um so entschiedener, je eingreifender die Musik durchkonstruiert ward. Laxere Verfahren, in der Elektronik etwa kennbar an der Vorliebe für das, was altertümlich-impressionistisch Klangreiz heißt, verraten sich an einem eigentümlich Unkräftigen, zugleich Dumm-Schlauen, Spekulierenden4. Das Aporetische des Zustands, der einer wahrhaft informellen Musik bedarf, faßt sich zusammen in der Erkenntnis, daß zwar die strukturellen Veranstaltungen, je mehr sie durch ihre Gestalt die eigene Notwendigkeit urgieren, desto mehr auch ihres Zufälligen, dem Subjekt gegenüber Äußerlichen sich überführen; daß aber das Subjekt, das dem sich zu entwinden trachtet, sogar angesichts bloß veranstalteter Regeln zum ephemer Willkürlichen herabsinkt. Unvermeidlich fast wird seine vermeintliche Freiheit zurückgestaut auf eben das, wovon die gesamte Bewegung der neuen Musik abstieß. Auch hier spitzt eine Antinomie sich zu. Wer, pochend auf Redlichkeit, sich weigert, anders zu komponieren, als ihm seine spontane Reaktionsweise gestattet, oder wer gegen den Zwang der Konstruktionsprinzipien aufbegehrt, gelangte dadurch bislang nicht ins Offene, sondern wiederholte, ohne es zu ahnen, die Attitüde solcher, die, zur Zeit der freien Atonalität, stolz taten, keine Snobs zu sein, aber keineswegs unverwechselbar Eigenes produzierten, sondern Makulatur. Durchstreicht jedoch einer unbekümmert seine Reaktionsform und wähnt, mit hochgekrempelten Ärmeln, am Werkstoff zu arbeiten, so liefert er sich der Banausie verdinglichten Bewußtsein aus. Die strategische Aufgabe einer informellen Musik wäre es, aus dieser Klammer auszubrechen. – Schönberg selbst hat auf das Ideal der Totalität der Beziehungen, des panthematischen Komponierens in seiner Praxis nie sich vereidigt. Seit dem op. 10 pendelt seine gesamte Produktion zwischen den Extremen des total Thematischen und des Athematischen; mit großartiger Innervation hat er keinen Ausgleich gesucht, sondern beides in schroffer Opposition gehalten. Im dritten Satz des fis-moll-Quartetts, den Variationen, werden mit tonalen Mitteln die thematisch-motivischen Beziehungen verdichtet wie erst wieder im Reihenverfahren; der letzte Satz desselben Werkes jedoch nähert sich, trotz loser Motivreminiszenzen und drastischer Gliederung nach rezitativischem und arios-abgesanghaftem Teil, die dann beide wiederholt werden, dem nichtthematischen Musizieren. Die Folge von Schönbergs revolutionären Stücken bildet einen Rhythmus wie den zwischen angespanntem Einatmen und Ausatmen, zwischen Durchorganisiertem und Freigesetztem. Die Klavierstücke op. 11 wollen aufs Athematische hinaus, das letzte ist es wirklich, im zweiten schrumpft entwickelnde Variation zu kahlen Wiederholungen von Motiven und Feldern. Wie zur Kompensation ist die Großarchitektur traditionalistisch im ersten Stück, dreiteilige Liedform, mit einer allerdings durch den Satz eher verschleierten, schwer hörbar zu machenden Wiederholung des Teils a; im zweiten zeichnet sich unverkennbar eine längere Reprise ab. Die meisten der Orchesterstücke op. 16 dagegen sind thematisch; dichtes Orchestergewebe zitiert fast unwillkürlich thematische Beziehungen zwischen den Stimmen herbei. Abermals waltet ein kompensatorisches Verhältnis. Die Formen insgesamt sind freier: im ersten durch die Ostinato-Idee, die magnetisch gleichsam den Verlauf ablenkt, im letzten durch das konsequente Prosaprinzip; in den mittleren werden auch hier dreiteilige Formen zitiert, so im raschen vierten das Scherzo in den Augenblick des Ausbruchs umgedacht. Das nächste Werk dann, das Monodram Erwartung, ist, in Antezipation einer automatischen Niederschrift, wieder athematisch, der Pierrot jedoch thematisch, und das Bläserquintett bis zum äußersten. Das Streichtrio schließlich tendiert jedenfalls im Duktus nochmals zum Athematischen: verbindliche oder auch nur als solche faßliche Themen werden kaum gesetzt. Schönbergs Konzeption der real durchkonstruierten Totalität kreuzt sich mit dem entgegengesetzten Impuls; er rebelliert gegen das Gesetz, das er selbst sich aufgerichtet hat, vielleicht eben weil es ein aufgerichtetes ist, und möchte sich ganz laufen lassen. Diese Spannung müßte heute in jeder einzelnen Komposition sich entladen. Keineswegs trat anstelle der Expression des Subjekts, die bei Schönberg mit den Konstruktionen alterniert, eine musikalische Ordnung des Seins, Ontologie. Wohl hat die serielle und postserielle Musik, und auch die radikalen westlichen Versuche des jungen Strawinsky und Varèses, das Expressionsideal irreversibel überholt. Am letzten jedoch dürfte man das Unbehagen an der Expression zugunsten eines positiven Wunschbildes vom musikalischen Kosmos interpretieren, in dem die sich ausdrückenden Einzelsubjekte derart aufgehoben sind, daß der Ausdruck der Vereinzelten hinfällig und gleichgültig geworden wäre. Mit dem seit mehr als vierzig Jahren eingeübten, reaktionären Antisubjektivismus teilt die gegenwärtige Rebellion gegen das Subjekt nichts als die gerade von der offiziellen Ideologie heute zugeschminkte Erfahrung, daß der Mensch nicht in der Mitte steht. Das aber verklärt sie nicht als erreichten höheren Zustand. Keine Differenzierung opfert sie auf, erhebt aber tendenziell eine jede aus dem Ausdrucksbereich in den härteren technologischen. Die subjektiven Errungenschaften hält sie fest; in all ihren Repräsentanten tradiert sie die Technik der Schönbergschule und nicht die neoklassizistische. Repristination ist ihr weltfern und damit auch jegliche Weihe ihrer Objektivität. Wohl aber antwortet sie darauf, daß die jüngste Geschichte, die fortschreitende Entmächtigung des einzelnen Individuums bis zur drohenden Katastrophe des Ganzen, den unmittelbaren Ausdruck von Subjektivität mit Eitelkeit, mit Scheinhaftem und Ideologischem überzogen hat. Das Subjekt, in dem die Kunst den abendländischen Nominalismus hindurch ihr Unverlierbares, ihre Substanz zu besitzen wähnte, hat schließlich selber als ephemer sich entblättert. Während es so tut, als wäre es der Schöpfer der Welt, oder der Weltgrund, ist es, englisch gesagt, fake, bloße Veranstaltung dessen, der sich aufwirft, sich aufspielt, während an ihm real kaum mehr etwas liegt. Was in der Welt geschehen ist und was in jedem Augenblick erneut und schlimmer geschehen kann, hat Kunst, in der Subjektivität sich selbst als Positives behauptet, ebenso unterminiert wie die frömmelnde Gemeinschaftskunst. So wenig Musik, Kunst überhaupt, bar des subjektiven Moments gedacht werden kann – sie muß eben jener durch den Ausdruck sich bespiegelnden und damit allemal affirmativen Subjektivität sich entschlagen, die der Expressionismus geradewegs von der Neuromantik ererbte. Insofern ist die Situation unversöhnlich mit der klassisch-expressionistischen, in welcher Ausdruck und Individuum als musikalische Substanz nicht problematisch waren.

Was am subjektiven Pol geschah, erschüttert, mit steigender Materialbeherrschung, den Gegenpol, das musikalische Material selbst. Zum Mißverständnis verleitet der zähe Widerstand seines Begriffs gegen die abstrakte Benennung. Den aber leistet er als ein historischer. Das je zugängliche Tonmaterial ist zu verschiedenen Zeiten verschieden; und von seinen Verschiedenheiten läßt in der konkreten kompositorischen Gestalt nicht sich absehen. Material kann nicht anders gefaßt werden denn als das, womit ein Komponist operiert, arbeitet. Das ist jedoch nicht weniger als der vergegenständlichte und kritisch reflektierte Stand der technischen Produktivkräfte einer Epoche, dem die Komponisten jeweils sich gegenüber finden. Physikalische und geschichtliche Momente sind voneinander tingiert. In der Wiener Klassik etwa begreift das Material nicht nur die Tonalität, die temperierte Skala, die Möglichkeit der Modulation in vollkommenem Quintenzirkel ein, sondern ungezählte idiomatische Bestandteile, die musikalische Sprache jener Phase. Eher äußert sie sich in ihr, als daß sie darüber disponierte. Sogar Formtypen wie Sonate, Rondo oder Charaktervariation, syntaktische Formen wie die von Vordersatz und Nachsatz, waren ihr weithin Apriorien, nicht wählbare Modi der Gestaltung. Was bei Schenker Urlinie heißt, ist wohl in Wahrheit der zur Norm erhobene Inbegriff jener Idiomatik. Wirft er Wagner vor, dieser habe die Urlinie zerstört, so spiegelt darin sich das Richtige, daß bei ihm die formbildende Funktion der Idiomatik erstmals vom Prozeß der materialen Evolution angefressen wurde. Das große analytische Verdienst Schenkers bleibt, daß er als erster die konstitutive Bedeutung der im weitesten Sinn tonalen Verhältnisse für die konkrete kompositorische Gestalt – in sonderbarem Widerspruch zu seinem Geniekult – dargetan hat. Dogmatisch befangen jedoch, verkannte er die Gegenkraft, übersah, daß das tonale Idiom nicht nur selber ›komponiert‹, sondern auch der spezifischen Konzeption sich in den Weg wirft, sobald einmal der Augenblick der klassizistischen Einheit von beiden dahin ist. Verblendet hat er das Idiom hypostasiert und, trotz struktureller Einsichten, die mit der Schönbergischen Praxis sich berühren, der ästhetischen Reaktion den Schein eines gediegenen Fundaments in der musikalischen Logik zu erwirken getrachtet, der zu seinen abscheulichen politischen Ansichten nur allzu gut sich schickte. Gegenüber seinen Formeln, deren Dürre nicht dadurch korrigiert wird, daß er selbst auf sie gleichwie eine erhabene Invariante deutet, hat das kompositorische Verhältnis zu den aus der Tonalität entflossenen idiomatischen Momenten eminente Schwierigkeiten gezeitigt, die stets noch fortwirken. In Kranichstein habe ich einmal eine mir vorliegende, der Absicht nach alle Parameter vereinheitlichende Komposition des Mangels an musiksprachlicher Bestimmtheit geziehen mit der Frage: »Wo ist hier Vorder- und Nachsatz?« Das wäre zu berichtigen. Die gegenwärtige Musik ist selbst auf scheinbar so generelle Kategorien wie Vorder- und Nachsatz nicht festzulegen, als wären sie unabänderlich. Nirgends steht geschrieben, daß sie derlei Überkommenes, auch Spannungs- und Auflösungsfeld, Fortsetzung, Entwicklung, Kontrast, Bestätigung a priori enthalten müsse; um so weniger, als im neuen Material Reminiszenzen an all das oft grobe Unstimmigkeiten bewirken, die zu korrigieren selbst ein Motor der Entwicklung ist. Wohl aber bedarf es zur Artikulation stets musiksprachlicher, sei's auch ganz abgewandelter Kategorien überhaupt, wenn man sich nicht mit einem Tonhaufen begnügt. Nicht sind die alten zu restaurieren, aber ihre Äquivalente nach dem Maß des neuen Materials auszubilden, um durchsichtig dort zu leisten, was jene Kategorien im alten einmal irrational, und darum bald unzulänglich, leisteten. Die materiale Formenlehre, die mir vorschwebt5, hätte daran ihren würdigsten Gegenstand. Ist aber das Material nichts Statisches, heißt materialgerecht verfahren mehr als die handwerkliche Bescheidung, die gegebene Möglichkeiten geschickt ausschöpft, so impliziert das auch, daß das Material seinerseits durch die Komposition verändert wird. Aus jeder gelungenen, in die es einging, tritt es als Neues frisch hervor. Das Geheimnis der Komposition ist die Kraft, welche das Material im Prozeß fortschreitender Adäquanz umformt. Wer sich blind macht gegen solche Doppelschlächtigkeit, wird Opfer der Sterilität jener neuen Sachlichkeit, die da auf die Musik Forderungen übertrug, welche bereits in der Architektur, von der sie stammen, zu Protest gingen, obwohl sie in deren realer Zweckmäßigkeit einen stabileren Rechtsgrund hatten als in der Musik.

Diese Gefahr manifestiert sich in dem, was ich ketzerisch Spannungsverlust nannte. Die gesellschaftlich reale Depotenzierung des Individuums, die jeder spürt, lähmt auch künstlerisch. Schwerlich wird das herabgesetzte, seiner Ohnmacht und Gleichgültigkeit sich bewußte Individuum von sich aus ebenso zur Produktion genötigt sein wie in den heroischen Zeiten. Inmitten der Anthropologie des gegenwärtigen Zeitalters ist die Forderung nichtrevisionistischer Musik Überforderung. Darauf reagieren die kompositorischen Tendenzen, auf die Ich-Kontrolle der Musik zu verzichten, sie lieber treiben zu lassen, des Eingriffs sich zu enthalten, hoffend, daß dadurch, nach Cage's Wort, nicht Webern rede sondern der Ton. Sie wollen aus der psychologischen Ich-Schwäche ästhetische Stärke machen. Etwas davon antezipierte ihr Widerspiel, die integrale Zwölftontechnik als Versuch, das Ohr von der Verpflichtung allseitiger Aktualität, immerwährender Gegenwart in allem Komponierten zu entlasten, indem sie diese Verpflichtung auf die Normalform bestimmter Verfahrensweisen brachte, institutionalisierte. Schon mit dieser Entlastung aber verschiebt sich etwas Wesentliches, technisch Konkretes in der Sache selber. Dafür nur ein Beleg: es war einer der maßgebenden Impulse der Zwölftontechnik, jüngst noch bestätigt in den posthum veröffentlichten Vorlesungen Weberns, keinem Ton die Wiederkehr zu gestatten, ehe alle anderen dagewesen sind. Ein noch nicht zwölftöniges Werk wie Weberns Bagatellen op. 9 gehorcht jener Empfindlichkeit so rein und konsequent wie nichts Späteres. Für die These von der qualitativen Veränderung durch die Systematisierung nun spricht, daß bereits in dem Augenblick, da die vier Typen der Grundgestalt fixiert waren, die Musik diese sie bestimmende Erfahrung opferte. Komponiert man nicht so asketisch wie Webern in der Periode der Werke von op. 9 bis op. 11, sondern, einfach gesagt, mit mehr Noten; sucht man, legitimerweise, nicht nur intensive, sondern ausführlichere Musik zu komponieren, so wird gegen die Tonwiederholungsempfindlichkeit gefrevelt. Die Kombination verschiedener Reihenformen, die Begleitung etwa einer melodischen Reihe durch eine zweite Grundgestalt, die harmonisch zusammengeklappten oder kontrapunktisch kombinierten Reihen sind unvereinbar mit jenem Desiderat. Leicht stellt sich dadurch jene fatale Präponderanz eines einzelnen Tones her, gegen welche die Zwölftontechnik ursprünglich rebellierte: Schulfall musikalischer Dialektik6.

Erhellend für die gegenwärtige Kontroverse ist die Gegenüberstellung einer vielleicht apokryphen, aber ganz plausiblen Äußerung von Schönberg mit Formulierungen von unter sich wiederum so divergenten Musikern wie Eimert und Cage. Als Darius Milhaud nach dem Zweiten Krieg Schönberg in Brentwood besuchte und ihm von dem allgemeinen Triumph der Zwölftontechnik erzählte, soll dieser, was man ihm gut nachfühlen kann, keineswegs sich gefreut haben. Statt dessen fragte er: »Ja, komponieren sie denn auch damit?« Das stimmt überein mit der von ihm hartnäckig verfochtenen, umständlichen Benennung der Zwölftontechnik als der ›Komposition mit 12 nur aufeinander bezogenen Tönen‹. Alles in ihm wehrte sich dagegen, daß die Töne von sich aus komponieren könnten, oder gar, daß ihr reines Wesen der Sinn von Musik sei und in der Komposition hervortreten müsse: mit ihnen soll komponiert werden. Dagegen heißt es in Eimerts Aufsatz ›Von der Entscheidungsfreiheit des Komponisten‹, aus dem dritten Heft der ›Reihe‹, sehr prägnant: »Die Töne« – es ist von der berühmt gewordenen Etüde ›Mode de valeurs et d'intensités‹ von Messiaen die Rede – »funktionieren nicht, sie existieren. Nicht, daß nun in der Musik die Psychologie von der Physik abgelöst wurde. So billig gehen die Rechnungen hier nicht auf. Erst in der Kommunikation von Wahrnehmung und Objektbefund regelt sich der akustische Vorgang.« Die Alternative ist verteufelt ernst. Das Schönbergische »damit«, »ja komponieren sie denn auch damit«, schleppt ein Äußerliches, Ungelöstes mit sich. Komponieren ist traditionell verstanden, man komponiert mit einem Rohstoff durch thematische Arbeit, in motivischen Zusammenhängen, bei Webern kraft der extremen Verdichtung solcher Zusammenhänge zu universaler Kanonik. Material und Komposition bleiben dabei einander fremd, bloß entgegengesetzt. Ihre Vermittlung in sich wird nicht eigentlich bedacht. Diese Fremdheit manifestiert sie durch das Verblassen des idiomatischen Elements. Ehedem leistete es, nicht zuletzt, etwas wie Versöhnung zwischen Komposition und Material; je souveräner jedoch der Komponist mit diesem schaltet; je mehr vorgezeichnete musiksprachliche Kategorien er als konventionell verwirft, desto schroffer trifft er auf seinen Stoff auf. Dadurch gerät in die traditionalistische Verhaltensweise des der Töne sich bedienenden Komponisten etwas Antitraditionalistisches, der industriellen Produktionsform Vergleichbares; Rücksichtslosigkeit gegenüber dem Material, wie sie das musikalische Subjekt auf seiner Höhe nicht kannte. Auch daß das Material, die Reihe, vom Komponisten schon vorgeformt ist, ändert prinzipiell nichts daran. Sie wird, wie heute viele ohne zu zögern sagen, manipuliert. Mit den Zwölftonreihen wird hemmungsloser umgesprungen als früher mit Intervallfolgen, Akkorden und mit den tonsprachlichen Momenten der Tonalität, ohne daß, womit komponiert wird, und was komponiert wird, sich allzusehr umeinander zu kümmern hätte. Aber auch die Gegenthese zur Zwölftonpraxis ist problematisch. Das bereits subjektiv und in Wahrheit historisch präformierte Tonmaterial wird von ihr hingenommen, als wäre es ein Ansichseiendes. Der Ton wird gleichsam hypostasiert. Darauf beruht der Begriff des Parameters: alle musikalischen Dimensionen des Gesamtverlaufs sollen deduzibel sein aus Eigenschaften des Einzeltons. Merkwürdig dämmern, und nicht hier allein, Motive des Jugendstils wieder herauf. Auch er hoffte, nach dem Sturz des von Stilkopien besessenen ästhetischen Viktorianismus, es wäre rein aus dem Material als einem Ansichseienden heraus eine neue Formsprache zu schöpfen. Dabei resultierten jene edlen und seelenhaften Stoffe, die noch im Bereich der rhythmischen Gymnastik, des Ausdruckstanzes und des Kunstgewerbes um 1920 ihr Unwesen trieben. Die Täuschung war, man könne dem bloß subjektiv Veranstalteten, Gemachten entrinnen, wofern man den Stoff wie Neuschnee verehrt, ihm absolute Qualitäten attestiert und diese zum Sprechen verhält. Aber jene Materialien, eine Welt als Juwel, werden, was sie sind, nur durch ihre Beziehung, wenn nicht auf das einzelne Subjekt, so jedenfalls doch auf das gesellschaftliche, das damit umgeht. Wohl ist der Gedanke an die Selbstheit und Absolutheit des Materials in der avancierten Musik von kitschigen Assoziationen gereinigt. Keinem gescheiteren seriellen Theoretiker fällt ein, von edlen Tönen, wie einst von einem gerauhten, ungeglätteten Stoff und ähnlichem zu reden. Aber in dem Credo, daß das Material, der Ton an sich bereits Sein habe, mehr sei als sein bloßes Dasein, hallt jene Ideologie nach. Merzt man sie ganz aus der Konzeption aus, dann ist von dem gepriesenen Material, dem man sich unterwirft, nichts übrig als physikalische Naturqualitäten. Als solche jedoch sind sie vorkünstlerisch, krud faktisch, untauglich, von sich aus ästhetisch irgend etwas zu verbürgen. Wie man es macht, macht man es falsch; zunächst ist das Bewußtsein der Aporie herzustellen. Das Schönbergische Diktum »Komponieren sie denn auch damit« gestattet den Mißbrauch, die zwölf Töne zu konfigurieren, als wären es noch die der Tonalität; die Hypothese jedoch, daß der Ton ›existiere‹ und nicht ›funktioniere‹, ist entweder ideologisch, oder positivistisch am falschen Platz. Cage etwa scheint, vielleicht im Zusammenhang mit dem Zenbuddhismus, dem von allem vermeintlichen Überbau befreiten Ton metaphysische Kraft zuzutrauen. Die Destruktion des Überbaus indessen wird naturwissenschaftlich vorgestellt, sei es, daß man das akustische Urmaterial des Tons herausschält, sei es, daß man, im Zufallsprinzip, der Wahrscheinlichkeitsrechnung sich anvertraut. Eimert unterstreicht zwar mit gutem Instinkt den Unterschied zwischen Wissenschaft und Kunstwerk, aber soweit ich es zu übersehen vermag, hat auch er daraus noch nicht die volle Konsequenz mit Rücksicht auf physikalische und ästhetische Momente gezogen. Er postuliert: »Die Musikrechnungen müssen mit dem Grundstoff der Musik übereinstimmen.« Das wäre wohl, weniger mathematisch und in der Sprache der Hegelschen Philosophie, das Ideal eines musikalischen Subjekt-Objekts. Fraglich nur, ob eine solche Übereinstimmung möglich ist. Setzt nicht ihre Forderung a priori die Identität von Stoff und ›Manipulation‹ voraus? Bedeutet das nicht doch, daß das Subjekt, das mit so vieler Anstrengung eliminiert worden ist, vermöge der Präformation des Materials wieder hereinkommt; oder daß dem je schon aufbereiteten Material, dem der Komponist bloß sich anzuschmiegen habe, eine qualitas occulta zugeschrieben wird, die objektiv musikalischen Zusammenhang stiftet? Sonst würde die Adäquanz zum Wunder prästabilierter Harmonie; Anhänger der Kommunikationstheorie dürften das schwerlich akzeptieren. Umgekehrt ist der Grundstoff – darin hat Eimert recht – nicht einfach Subjekt, sondern enthält das Moment des Subjektfremden, Heterogenen. Jeder Musiker, der einmal mit physikalisch reinen Tönen in Berührung kommt, wird schockhaft dessen gewahr. Ist aber, was Eimert den Grundstoff nennt, tatsächlich nicht aufs Subjekt reduzibel, dann gibt es auch keine Identität zwischen der ›Musikrechnung‹ oder dem Komponieren und jenem Grundstoff. Dann jedoch entspräche es dem Sinn des Materialgerechten; der Anstrengung von Kunst, wirklich und rein das zu sein, was sie ist, ohne ideologisch ein Anderes vorzutäuschen, besser, die Nichtidentität zuzugestehen und sie auszutragen, als sie durch den, fast wäre zu sagen: romantischen Begriff von bruchloser Identität zu überdecken. Das dürfte auch Stockhausen denken. Wenigstens heißt es wörtlich in dem Aufsatz ›Wie die Zeit vergeht‹: »... ob er«, der Komponist nämlich, »den Widerspruch akzeptiert und gerade aus dem dialektischen Verhältnis heraus komponieren will, da es oft fruchtbarer erscheint, vom Widerspruch auszugehen als von der Definition 2 × 2 = 4«. Doch ist der Zusammenhang, in dem dieser Satz steht, so schwierig, daß ich zögere, mich ohne weiteres darauf zu berufen. Immerhin bezieht er sich ebenfalls auf die Antinomie von Material und komponierter Musik; Stockhausen gewahrt sie am Problem des Verhältnisses von physikalisch meßbarer und eigentlich musikalischer Zeit.

Jene Identität, die Übereinstimmung der Komposition mit ihrem präformierten Material schwebte schon der klassischen Zwölftontechnik vor. Musikalische Totalität soll eins sein mit der innerkompositorischer Beziehungen. Gerade die Problematik jenes Ideals aber veranlaßt dazu, über die Zwölftontechnik wie über die alte Atonalität hinauszugehen. Webern hat gefordert, möglichst viele Zusammenhänge herzustellen; Alban Berg, auch Schönberg, hätten dem beigepflichtet. Die Forderung gilt kaum mehr unbesehen. Ich darf vielleicht auf eine alte Erinnerung von mir rekurrieren: wenn man als sehr junger Mensch, mit einiger Naivetät, an derlei Phänomene gerät, nimmt man zuweilen etwas wahr, was man, einmal darin zu Hause, allzu leicht selbstverständlich findet und deshalb verkennt. 1923 oder früher habe ich als noch nicht Zwanzigjähriger zum ersten Male auf einem Musikfest die Quartettstücke op. 5 von Webern gehört oder die Partitur studiert, und habe in der Leipziger ›Zeitschrift für Musik‹, die meine ersten Musikkritiken brachte, einen Aufsatz darüber veröffentlicht, in dem ich Schönberg, vor allem den von op. 19 und op. 11, und Webern kontrastierte. Mein Einwand gegen diesen stellt heute vielleicht anders sich dar, als es noch vor zehn Jahren der Fall gewesen wäre: Tendenzen, die bei Schönberg wesentlich aus dem Ausdrucksbedürfnis stammten, spontan und gleichsam irrational aufträten, seien bei Webern rationalisiert und systematisiert. Das war bereits an der vollkommen durchgebildeten Motivik der Stücke op. 5 zu merken. Ich fand sie, gegenüber dem Ungedeckten, das ich an Schönberg am meisten bewunderte, reaktionär. Im Postulat eines Maximums von Zusammenhängen witterte ich Verdinglichung. Wie später in der klassischen Zwölftontechnik sollte die Dichte der Organisation den Verlust des tonalen Bezugssystem wettmachen. Insofern zählte auch Webern der traditionellen, nämlich der thematischen Musik zu. Eimert macht darauf aufmerksam, daß er zwar »zum ersten Male aus der einlinigen Dimension der Reihe heraustrat, aber keineswegs so, daß er sie im dreidimensionalen Klangbereich untergebracht hätte«, sondern »Raum« gewinne, »indem er die flächige, in Motivpartikel aufgespaltene Reihe gewissermaßen ineinanderschiebt und so ein reliefartiges, im Tonmaterial verfestigtes Netzgebilde erhält, dessen materiale Beschaffenheit und Verknüpfungsmethoden erst jüngst in ihrer ganzen Bedeutung erkannt worden« seien. Analog habe ich 1957 die Funktion des Kontrapunkts als die der Herstellung des verlorengegangenen musikalischen Raumes interpretiert; fraglos war das auch die Funktion der Webernschen Panthematik und keineswegs das, was man später mit der Totalität der aus dem einzelnen Ton destillierten Beziehungen meinte. Webern hat nicht in Parametern gedacht, sondern das motivisch-thematische Musizieren über Schönberg hinaus gesteigert, um, wenn man so will, die zufälligen Reste, die sowohl in der freien Atonalität wie in der Zwölftontechnik sich erhielten, zu beseitigen. Dem aber ist hinzuzufügen, daß das musikalische Resultat, das Komponierte, durch die Verdichtung der Beziehungen, die Anspannung der technischen Mittel, selbst nicht notwendig dichter und gespannter wurde. Das ist ganz einfach zu erläutern. Weberns Konzert für neun Instrumente ist sicherlich, nach dem Maß jenes kanonischen Ineinanderschiebens der Reihengestalten, eines seiner authentischen Werke. Der letzte Satz jedoch wirkt keineswegs so intensiv und zwingend, wie die Verfahrungsweise es ist. Er ähnelt einem fröhlichen Beschluß, dem traditionellen Marsch, der den Abzug der neun Musikanten begleitet; beinahe archaistisch. Eher fallen einem Kassationen des achtzehnten Jahrhunderts ein, die wenig an der Zeit sind, als daß die Allseitigkeit der Reihenbeziehungen das Phänomen prägte. Mittel und Erreichtes sind disparat. Darauf ist einzugehen, nicht um an Webern herumzumäkeln, sondern wegen der ästhetisch-technischen Folgerung. Wieviele Zusammenhänge gesucht werden sollen, hängt ab vom Charakter des Werkes, von dem zu Komponierenden, von Einfachheit oder Komplexität des kompositorisch Darzustellenden. Die Totalität von Zusammenhängen als solche, ihre Reichtum oder ihre Absenz sind kein notwendiges Moment des Wahrheitsgehalts der Werke, nicht einmal an sich verdienstlich; garantieren auch nicht automatisch musikalischen Sinn. Diese Einsicht ist dann in der Gegenreaktion auf die Totalität der Relationen, im losgelassenen Zufallsprinzip durchgeschlagen. In einem relativ simplen Stück, dessen Intention in andere Richtung als die des musikalischen Gewebes zielt, wie der übrigens von Schönberg selbst sehr unterschätzten Lichtspielmusik op. 34, sind denn auch die Reihenbeziehungen absichtlich primitiv behandelt, während sie in einem Paradigma höchsten Anspruchs, den Orchestervariationen op. 31, aufs äußerste geschürzt werden. Der gegenwärtige Konstruktivismus hat, nach dem jeweils zu Komponierenden, ebenfalls eine Skala von Graden, so wie man einst im Kontinuum zwischen Sonate und Phantasie wählen mochte. Von solcher Wahl hängt der Stellenwert des Postulats von Verbindlichkeit ab; nicht alles muß gleich verbindlich sein, nicht alles dieselbe Weise von Verbindlichkeit erstreben. Die Antinomie von Verbindlichkeit und Freiheit ist nicht dadurch zu bewältigen, daß Verbindlichkeit in die bloße Methode verlegt und ohne Rücksicht auf die Sache dem nachgeeifert wird, was man herkömmlich mit Gesetz bezeichnet. So äußerlich wären, gegenüber dem neuen Material, die alte thematische Arbeit und zumindest viele ihrer Derivate, aber auch die physikalische Gesetzmäßigkeit, das Phantasma eines Dings an sich in der Kunst. Das Mißverständnis des Verhältnisses von Verbindlichkeit und Freiheit datiert zurück bis auf Erwin Steins berühmten Aufsatz über neue Formprinzipien von 1924, den Schönberg autorisiert hatte. Er begründet die Zwölftontechnik damit, daß die Mittel der freien Atonalität große absolut-musikalische Formen nicht erlaubten; sie hätten der Krücke des Texts sich bedienen müssen, und erst die Zwölftonkomposition hätte ihre Möglichkeit wiederhergestellt. Große atonale Formen jedoch existierten viel früher7. Die älteste, kühnste und bedeutendste stammt von Schönberg selbst, das letzte Orchesterstück aus op. 16. Dort herrscht auch kein im üblichen Sinn thematischer Zusammenhang, sondern symphonische Einheit wird durch ein gänzlich anderes Mittel, das Prinzip der Wanderung der Hauptlinie von einer Stimme in die nächste, hergestellt. Hier bereits wird die bloße Satztechnik formkonstitutiv.

Sie ist nur eine von unendlich vielen Organisationsmöglichkeiten, die aus der Konzeption eines Stückes selbst herausgelesen werden können und die es überflüssig machen, sich um Sukkurs bei – dem Stück gegenüber transzendenten – Ordnungen umzusehen. Das sogenannte Ordnungsbedürfnis, das, wenn nicht zur Erfindung der Zwölftontechnik, so jedenfalls zur gängigen Apologetik geführt hat, habe ich nie ganz verstanden. Man sollte auch in der Musik einmal darüber nachdenken, warum die Menschen, sobald sie wirklich ins Offene kommen, das Gefühl produzieren: da muß doch wieder Ordnung her, anstatt aufzuatmen, daß die Erwartung, selbst schon die Elektra geschrieben werden konnten, die dem eigenen Bewußtsein und Unbewußtsein gegenwärtiger Hörer unvergleichlich viel kommensurabler sind als oktroyierter Stil. Kaum eine künstlerische Bewegung, die nicht in den Mechanismus des Oktroi geraten wäre; auch die Entwicklung vom Fauvismus bis zum Neoklassizismus, Cocteaus Parole »L'ordre après le désordre« hat es bezeugt. In der ewigen Wiederkehr des auf Schemata gerichteten Ordnungsbedürfnisses vermag ich keine Bürgschaft von dessen Wahrheit zu sehen, eher ein Symptom perennierender Schwäche. Sie verinnerlichen den auf ihnen lastenden gesellschaftlichen Zwang in ihrem vermeintlichen Reich der Freiheit, der künstlerischen Produktion, und verwechseln ihn auch noch mit deren eingeborener Bestimmung. Immanente, sich selbst durchsichtige Gesetzlichkeit aus Freiheit und die Kapitulation vor zitierter Ordnung sind miteinander unvereinbar. Der Widerspruch zwischen der Macht der Ordnung und der Ohnmacht der Menschen schneidet sie ab von der eigenen Sehnsucht, für die Kunst einstehen könnte. Trotz aller Qual im real und geistig Bestehenden wollen sie eigentlich gar nicht, daß es anders werde; immer wieder reproduzieren sie die autoritären Momente auch in sich selbst, im Glauben, es gehe ohne Konventionen nicht ab, selbst wenn sie längst als unverbindlich durchschaut sind und das kulturelle Gefüge von sich aus nichts dergleichen mehr stiftet. Das ist das finstere Geheimnis des klassischen Ideals, der wahre Formalismus. Bei Strawinsky wurde diese Gesinnung einigermaßen entsühnt, indem er sie ausplauderte; er nannte die Konventionen, was sie sind, und hat ihnen keine Substantialität erschlichen. Wo das geschieht, beginnt das Übel. Man muß Kategorien wie die der Ordnung mikrologisch betrachten, um sie von ihrer trüb verschwimmenden Einheit zu kurieren. Einleuchtend, daß die Musik, nach dem Zerfall der tonalen Schemata, die ja verfielen, weil sie die Formkonstitution nicht leisten, die zu leisten sie beanspruchen, organisierender Kräfte bedarf, um nicht ins Chaos zu geraten. Aber die Angst vor dem Chaos ist, musikalisch nicht anders als sozialpsychologisch, überwertig. Das bewirkt heute noch denselben Kurzschluß wie in den darin voneinander gar nicht so verschiedenen Schulen des Neoklassizismus und der Zwölftontechnik. Ordnung müsse der Freiheit eben auferlegt, diese müsse gezügelt werden, während die Freiheit sich selber dadurch organisieren sollte, daß sie keinem Maß mehr pariert, das, als ein ihr heteronomes, verstümmelt, was in Freiheit sich bilden will. Vielleicht wird man einmal darüber sich wundern, wie wenig die Musik ihrer Freiheit sich freute, wie kurzfristig sie sich auf die auch philosophisch so fatalen Bindungen berief: über ihren Masochismus. Das Unbehagen der emanzipierten Musik daran, daß man alles dürfen darf, erbt sich fort wie die gewalttätige Ordnung der Welt; auf aller musikalischen Konstruktion, allem strukturellen Komponieren bis heute lastete sein Schatten. Vom kompositorischen Subjekt her wäre informelle Musik eine, welche die Angst los wird, indem sie sie reflektiert und ausstrahlt; nicht von ihr sich gängeln läßt. Sie wüßte zu unterscheiden zwischen dem Chaotischen, mit dem es nie so weit her war, und dem schlechten Gewissen der Freiheit, in dem Unfreiheit am Leben sich erhält. Begriffe wie Logik oder gar Kausalität, deren die Ordnungsfreude notwendig sich bedient, mit denen aber auch die Konzeption einer musique informelle nicht tabula rasa machen kann, walten im Kunstwerk nicht wörtlich, nur modifiziert. Insofern in dessen Elementen allemal solche der Realität widerscheinen, spielen immer auch Logik und Kausalität herein, aber eher wie in Träumen. Erfindet einer neue Techniken und sucht sie zu rechtfertigen, so wird er leicht sie gleichsam naturalisieren, behandeln, als unterstünden sie unmittelbar den Gesetzen der gegenständlichen Welt: dafür zeugt Schönbergs Stolz, im Zwölftonverfahren eine dauernde Herrschaft übers Tonmaterial begründet zu haben, nicht anders als der jüngste Enthusiasmus über vermeintliche Urbestimmungen des Tons. Wie der Illusion des Natürlichen in der Kunst, hätte man des Aberglaubens an eine einsinnige ästhetische Notwendigkeit sich zu entschlagen, der jener Illusion abgeborgt ist. In Kunstwerken waltet keine Naturkausalität. Dieser gegenüber ist ästhetische Notwendigkeit nochmals subjektiv vermittelt. Der Schein des So und nicht anders sein Könnens ist jederzeit zu desavouieren durch das, was das Kunstwerk als Faktum ist. Überspielen die Kunstwerke ihre immer auch fiktive Notwendigkeit ins Buchstäbliche, so freveln sie aus sachlicher Gesinnung an ihrer eigenen Sachlichkeit. Die Kategorie des Richtigen, durch die man die des Ähnlichen im Kunstwerk hat ersetzen wollen, ist so wenig wie diese der Stein der Weisen: das kontrollierbar Richtige in der Kunst hat die unzähmbare Tücke, zum Falschen zu werden.

Wie die Emanzipation der ästhetischen Notwendigkeit von der buchstäblichen fruchtbar zu werden vermag, läßt sich, auf einer früheren Stufe der Materialbeherrschung, an der Erwartung lernen. In ihr, und den ihr nächstverwandten Gebilden Schönbergs, hat er offenbar die motivisch-thematische Arbeit ähnlich als ein dem spontanen Fluß der Musik Äußerliches, als Manipulation empfunden, wie heute der serielle Determinismus sich darstellt. Daher die athematische Fiber des Monodrams. Sie überantwortet sich aber nicht einfach dem Zufall, sondern hebt den Geist motivisch-thematischer Arbeit positiv in sich auf. Diese verändert sich damit: erweitert sich. Unter ihrem neuen Begriff ist von nun an, auch in der Produktion des mittleren Webern, eine jede Musik zu verstehen, die Teilkomplexe von relativer Selbständigkeit in einen Zusammenhang bringt, der, durch ihre Charaktere und ihr Verhältnis zueinander, zwingend sich darstellt, ohne daß Motivgleichheiten und -variationen generell nachweisbar wären; sie sind allerdings auch nicht rigoros verpönt, werden gelegentlich aufs diskreteste angedeutet. Die Impulse und Relationen solcher Musik setzen nicht ein schon Vorgeordnetes, Übergeordnetes voraus, nicht einmal ein Prinzip wie das thematische, sondern produzieren den Zusammenhang von sich aus. Insofern sind sie die Abkömmlinge von Themen, obwohl solche nicht oder nur rudimentär verarbeitet, niemals in Abständen wiederholt werden. Serielle Komposition dagegen kennt auf der einen Seite den Ton und all seine Eigenschaften, auf der anderen das Ganze, das aus ihm deduziert wird, und vor welchem alle Töne – und Pausen – einander gleich sind. Differential und Integral werden auf dieselbe Formel gebracht, der die Komposition in sich nichts qualitativ Verschiedenes entgegensetzt. Thematisch jedoch ist komponiert, wo das Ganze aus selbständigen Momenten zusammenschießt, ohne die das Ganze nicht wäre, und die ohne das Ganze nicht wären8. Gleichwohl darf man das Serielle nicht einzig als Gegensatz zum Motivisch-Thematischen begreifen. Serielle Musik selber entstand aus der Totalität des Motivisch-Thematischen, will sagen, der Ausdehnung jenes Prinzips auf Zeit und Farbe. Das Telos der totalen Organisation haben beide Verfahrungsweisen gemein. Vielleicht ist der Unterschied so zu wenden: im gesamten seriellen Komponieren wird die Einheit als Faktum gedacht, als unmittelbar Seiendes, wenngleich in seiner Einheit Verborgenes. Im thematisch-motivischen Musizieren dagegen bestimmt sich die Einheit immer als Werdendes und damit sich Offenbarendes.

Das impliziert hier und dort verschiedene Stellungen zu Dynamik und Statik. Kraft ihrer Kodifikation teilt Kunstmusik einen immanenten Widerspruch mit der Literatur. Beide sind, als Kontinuität der syntaktischen Glieder, als geistiger Prozeß und zeitliche Sukzession von sich Bedingendem ein Werden, dynamisch. Noch in den statisch stilisierten Gebilden Strawinskys könnte der Modellkubus am Anfang nicht umstandslos mit einer seiner verschobenen Gestalten in der Zeit vertauscht werden; sonst opferten jene Gebilde ihren eigenen Anspruch auf Stringenz. Ein Experiment mit dem Eingangsmarsch des Renard macht das unmittelbar evident. Musik wie Literatur aber sind durch die Schrift stillgestellt, sind da. Das graphisch-räumliche Zeichensystem bannt das Sukzessive in die Gleichzeitigkeit, in Statik. Jener Widerspruch ist beiden nicht äußerlich. Was Musik prägnant als Prozeß determiniert, die Verflechtung thematischer Arbeit, in der eines aus dem anderen folgt, wird möglich überhaupt nur durchs fixierte Notenbild; die komplexen Verknüpfungsformen, durch welche die Sukzession inwendig als solche sich organisiert, wären improvisatorischem, schriftlosem Musizieren inadäquat. Im Zeitalter der obligaten Komposition9 ist die Improvisation rasch abgestorben, und was an Erinnerungen an ihre Praxis in manchen Phantasien des Wiener Klassizismus überlebt, wird geradezu definiert durch den Mangel motivisch-thematischer Dynamik, das Wort selbstverständlich nicht im Sinn der Stärkegrade sondern dem musikalischer Entwicklung gebraucht. Im Widerspruch zwischen ihrem schriftlich geronnenen Aggregatzustand und dem flüssigen, den er bedeutet, hat aber auch Musik teil am Scheincharakter entfalteter Kunst, obwohl sie keine andere Wirklichkeit vortäuscht, als sie selber ist, oder wenigstens nur intermittierend: was im Zeichen fixiert, da ist, scheint, als dessen Sinn, ein Werdendes; auch die Wortsprache hat etwas davon. Wie alle neue Kunst gegen den Schein, rebelliert Musik gegen diesen. Unter solchem Aspekt wäre ihre jüngste Entwicklung der Versuch, fiktive Dynamik abzuwerfen, nämlich als real Erklingende einigermaßen so statisch sich zu machen, wie sie als Notierte immer schon war; die Aleatorik, in der das Sukzessive tatsächlich vertauscht werden will, geht so weit. Umgekehrt visiert die bis zum Nullpunkt gelockerte Notation eine Musik, die allen Ernstes so gänzlich würde, wie sie es sonst nur verspricht. Derlei Versachlichung aber – nicht länger Prozeß spielen, wo durch die Notation alles schon vorentschieden ist, sondern entweder die Vorentscheidung ohne Rücksicht realisieren, also die Folge vergleichgültigen, oder in Prozeß sich zu verwandeln – bleibt doch abstrakte Negation. Die Statik notierter Musik ist nur deren eine Seite; die andere das, was erklingt, das innerzeitliche Ereignis. So wenig es ohne die Schrift denkbar ist, so wenig diese ohne jenes. Wohl sind Noten keine pure Anweisung auf die Aufführung sondern zum Text objektivierte Musik. Darum gravitieren sie zum stummen Lesen. Wodurch aber der Text zu einem wird, das immanent mit ihm Gemeinte, das gar keiner realen Aufführung bedarf, ist ein zeitlich sich Entfaltendes. Das verurteilt konsequent statische Musik abermals zum Schein: dem, daß, was durchs pure Erklingen sukzessiv ist, außerzeitlich sei, während das von den Noten räumlich Bezeichnete, mag die Schrift noch so weit vom Mensuralprinzip sich entfernen, doch allemal in zeitlicher Folge sich entziffert. Daraus entspringt neue Unzulänglichkeit. Das zeitlich Aufeinanderfolgende, das die Sukzessivität verleugnet, sabotiert die Verpflichtung des Werdens, motiviert nicht länger, warum dies auf jenes folge und nicht beliebig anderes. Nichts Musikalisches aber hat das Recht auf ein anderes zu folgen, was nicht durch die Gestalt des Vorhergehenden als auf dieses Folgendes bestimmt wäre, oder umgekehrt, was nicht das Vorhergehende als seine eigene Bedingung nachträglich enthüllte. Sonst klaffte die zeitliche Konkretion von Musik und ihre abstrakte Zeitform auseinander. Was der eigenen Beschaffenheit nach gar nicht früher oder später zu sein verlangt, saugt parasitär an der Zeit sich fest, indem es automatisch ins Verhältnis der Sukzession rückt. Wird von einer musique informelle verlangt, daß sie das thematisch-motivische Musizieren, dem sie absagt, doch in sich empfängt, so will das nichts anderes, als daß die Musik das Verhältnis zwischen Zeitform und musikalischem Inhalt bewältige. Dazu bedarf es freilich, paradox, immer der Beziehung auf relativ statische Felder, an der allein Dynamik sich entnehmen läßt; absolute, in sich unterschiedslose Dynamik würde abermals zu einem Statischen. Zwar ist die in musikalischen Texten implizierte, geronnene Zeit, als in jeder Aufführung und Lektüre aktualisierbare, nicht unmittelbar eins mit der empirischen, sondern aus dieser herausgegliedert; auch insofern partizipiert die innerste Bestimmung der Musik als Zeitkunst am ästhetischen Schein. Aber noch in ihrer Differenz von der außerästhetischen Zeit behält sie, abgewandelt unter der Generalklausel von Kunst, den Zeitcharakter in sich selbst. Sobald die Notation realisiert, das Stück gespielt wird, verläuft es in der empirischen Zeit, hat seine chronometrische Dauer, scheint jedoch auch in dieser noch einer anderen Zeitordnung anzugehören, der gleichsam verewigten des Stückes als eines geschriebenen. Man wird an Kants Einsicht gemahnt, daß der von Anschauung reine Gedanke, die Zahl, notwendig Zeit durchlaufen muß, wodurch Logik und Anschauung in der Bedingung ihrer eigenen Möglichkeit doch sich verketten10. Erwägungen dieses Typus sind nicht als solche reflektierender Kunstphilosophie abzutun, sondern gehören unmittelbar zu jener Rechenschaft über ihre Bedingungen, welche die jüngste Musik abzulegen beabsichtigt, und auf deren Idee sie beruht. Sie sind noch gar nicht eingedrungen in ihre Verfahrungsweisen, könnten sie aber vor naturalistischen Konfusionen schützen.

Den Streit zwischen motivisch-thematischer und serieller Musik entscheidet wesentlich der Relationsbegriff, der fraglos in der theoretischen Reflexion der Entwicklung während der letzten Jahre vernachlässigt ward. Die Reduktion auf den Ton hatte ihre negative Wahrheit. Sie hat die Intentionen des Subjekts, die als bloß eingelegte zugleich zu erstarren drohen, ausradiert. Sämtliche etablierten und verbrauchten Muster der Gestalten und Konfigurationen hat sie als störend, stilunrein, stilbrüchig außer Aktion gesetzt11, freilich nicht, ohne daß unwillentlich neue entstanden wären. Falsch jedoch war der Glaube, daß diese kritische Funktion des Tons gegenüber der Gestalt als einem Überbau unmittelbar ein Positives, daß der Ton, von dem aller Sinn abgeschlagen ward, sein eigener Sinn wäre. Der nackte Ton ist Durchgangsmoment der kritischen Selbstbewegung der Musik, ein anti-ideologischer Grenzwert. Um Musik zu werden aber bedarf er selber wiederum solcher Konfigurationen, wie sie nicht aus ihm herauszuklauben sind. Musik setzt sich nicht aus Elementen zusammen, mögen sie noch so gut gereinigt sein von allem Übergreifenden. Die immer noch unter jungen Komponisten verbreitete Vorstellung, Urgegebenheiten des Einzeltones könnten die Totalität einer Musik determinieren, fällt in den Zusammenhang eben dessen, was Stockhausen als ›Quanteln‹ kritisierte. Jene Vorstellung vergißt ein selber Irreduktibles, die Relationen; daß Musik nicht einfach aus Tönen besteht, sondern aus Verhältnissen zwischen ihnen; daß das eine nicht ist ohne das andere. Das aber nötigt zum Übergang zu einer musique informelle. Der Elementarbegriff wurde als ästhetische Ideologie schneidend kritisiert in der Arbeit von Metzger, die im fünften Band der ›Reihe‹ erschien. Es ist aber der bisherigen seriellen Praxis immanent, alles bis auf die Parameter des Einzeltons abzubauen und dann – das Wort zeugt gegen die Sache – das Ganze wiederaufzubauen. Informelle Musik wäre der Abschied von dieser Übung. Was immer in der Musik als Unmittelbares, Letztes, als Urgegebenheit erscheint, ist nach der Sprache der dialektischen Logik bereits ein Vermitteltes, ›Gesetztes‹; so auch jeder Einzelton. Unbestreitbar zwar der Charakter einer gewissen Unmittelbarkeit von Momenten wie der spontanen, spezifisch musikalischen Erfahrung. Sicherlich ist Hegels Einsicht für die Musiktheorie fruchtbar, daß zwar alle Unmittelbarkeit vermittelt, von ihrem Gegenteil abhängig sei, der Begriff eines Unmittelbaren selber jedoch, als eines Gewordenen, Entsprungenen, nicht einfach in der Vermittlung verschwinde. Dies zum Moment relativierte Unmittelbare in der Musik indessen wäre nicht der Ton sondern die an ihrer Zeitstelle als einigermaßen Plastisches, von Kontrast und Fortschritt Unterschiedenes, distinkt aufzufassende Einzelgestalt. Im musikalischen Phänomen sind ihr gegenüber die Töne abstrakt, erst herauszuschneiden; primär wären sie allenfalls akustisch, nicht im kompositorischen Bezirk. Ce n'est pas le ton qui fait la musique. Sie ist kein Agglomerat von Tönen. Zu erinnern wäre an das triviale Beispiel aus der Gestalttheorie, deren Bedeutung für die Musik neuerdings Henri Pousseur erwähnte: die universale Möglichkeit der Transposition. Darüber hinaus bestätigt es die musikalische Relevanz von Tonrelationen, daß Gestalten, in Grenzen, identisch bleiben, auch wenn die Höhen der Töne sich ändern, aus denen sie sich zusammensetzen. Zugrunde liegt dem der von dem zu Unrecht vergessenen Ernst Kurth herausgestellte Sachverhalt, daß die Töne in Musik keine physikalischen oder selbst sinnesphysiologischen Fakten sind, sondern von eigentümlicher Schmiegsamkeit, ›Elastizität‹12. Jeder Ton, der ins musikalische Feld gerät, ist immer bereits mehr als bloß Ton, ohne daß doch die Eigenschaften des Tons definitorisch herauszuschälen wären, die mehr als bloß Ton sind. Dies Mehr ist zunächst das, wozu sie in den Relationen werden; in der Terminologie von Christian von Ehrenfels hieß das zu Beginn der Gestaltpsychologie: Gestaltqualität. Musikalische Töne bilden kein tonphysiologisches Kontinuum, sondern allenfalls jenes, für das Kurth den wenig glücklichen und mißverständlichen Ausdruck Psychologie wählte. Er führt irr, weil jenes Kontinuum nicht den Zufällen individuellen Seelenlebens ausgeliefert ist, sondern, durch den subjektiven Geist vermittelt, zu einer zweiten Objektivität sich vergegenständlicht hat; vor allem aber, weil in jenes Kontinuum, als Moment, die unbeseelten akustischen Qualitäten ebenso eingehen wie die beseelenden Akte des Subjekts, und weder das eine noch das andere sich herauslösen läßt. Das rein Akustische wird, mag es wollen oder nicht, beseelt, sobald die Komposition es absorbiert; noch das Ausdruckslose hat teil am Ausdruck als dessen Negation. Das Beseelte jedoch wird nicht Musik ohne akustischen Träger. Selbst das Subjekt von Musik ist nicht das der Psychologie. Was künstlerisch als Subjektivität waltet, ist nicht das zufällige empirische Individuum, nicht der Komponist. Seine technische Produktivkraft ist immanente Funktion des Materials; nur indem sie nach diesem sich richtet, hat sie Macht darüber. Durch solche Entäußerung aber empfängt sie Allgemeinheit über die Vereinzelung des Produzierenden hinaus; triftige Arbeit am Kunstwerk ist immer gesamtgesellschaftliche. Das legitimiert die Rede von künstlerischer Rationalität. Wo mit Grund zu urteilen ist, ein Komponist habe gut komponiert, bewährt sich solche Allgemeinheit von Subjektivität, Vernunft als Positives, eine Logik, die übers Besondere hinausgreift, indem sie dessen Desideraten genügt; solche Vernunft wird vom psychologischen Subjekt, das in Musik sich abdrückt, eher meist verdeckt. Der Ort alles Musikalischen ist a priori ein Innenraum13, in dem sie erst als objektive sich konstituiert. Sie rechnet zu dem, was ein Gestaltpsycholog vor mindestens vierzig Jahren mit dem wenig attraktiven Ausdruck psychische Dingwelt bedachte. Gerade das Subjektivste an Musik, das Vorgestellte, Assoziierte, der Ideengehalt und der historische, der einer jeglichen innewohnt, weist auf Auswendiges, die reale Welt zurück. Musik negiert die Psychologie dialektisch. Wohl trägt sie im Innenraum, einem Imaginativen und insofern Subjektiven sich zu; indem sie aber durch ihre Logik sich objektiviert, geformte Gestalt wird, entäußert sie sich ihm zugleich, wird zur Objektivität zweiter Potenz, sogar einer quasi-räumlichen. In ihr kehrt die auswendige Objektivität als die des Subjekts wieder14. Daher sind auch die Relationen nicht ihrerseits, als Inbegriff des subjektiven Anteils, das Urmaterial der Musik: keine Töne ohne Relation, keine Relation ohne Töne. Der Trug ist das Erste selber. Die Hypostasis der Relation würde Beute des gleichen Ursprungsdenkens wie umgekehrt der Rekurs auf den nackten Ton. Auch jene Definition der Zwölftontechnik als »Komposition mit 12 nur aufeinander bezogenen Tönen« sträubt sich gegen den Rekurs auf Urelemente. Sie enthält ebenso den Begriff der Töne wie das relationale Moment: sie sollen strikt aufeinander bezogen sein. Schönbergs sprachlicher Eigensinn eilte der gegenwärtigen Entwicklung ein wenig voraus. Diese bescheidet sich nicht länger bei der blanken Alternative zwischen dem seriellen Prinzip – dem absoluten Ton – und dem motivisch-thematischen als dem Inbegriff der relationellen Momente. Im relationellen Moment überwiegt das Subjekt, im Einzelton das diesem Heterogene; das aktualisiert sich in der Spannung von Komposition und Material. Subjektivität ist der Sache nicht bloß injiziert oder von ihr nachgeahmt. Die nach-Schönbergische Entwicklung hat die vertraute Gleichsetzung des subjektiven Moments mit dem expressiven gesprengt. Dieses hob nur dort sich ab, wo die Komposition, temporär, nicht vollends an ihrem Material sich maß.

Was man in den formativen Zeiten der neuen Musik als experimentell gescholten hat, war Kritik an solcher Diskrepanz, und zwar an dem zum Füllsel zwischen Material und Komposition degenerierten Idiom. Schockierend war eigentlich dessen Kündigung. Man rationalisierte den Schock mit der Argumentation, daß, was nicht in der etablierten Sprache sich hält; worin das Subjekt allzu weit sich vorwagt, dem Mißlingen und dem raschen Vergessenwerden mehr sich aussetzte als das vermeintlich Bewährte. Unterdessen wurde durchweg vergessen, was sicher gehen wollte und darum bloß ein Immergleiches reproduzierte, das sich erübrigt. Die Chance des Überlebens hat, wenn irgend etwas, nur, was um keine Sicherheit sich kümmert. Damit hat auch der Begriff des Experimentellen sich verschoben. Das Sekuritätsbedürfnis heute, Unfreiheit und Heteronomie, tobt sich in Reihen- und seriellen Veranstaltungen aus, die Klang und Harmonik der Experimente von ehedem konservieren. Man meint, man könne, was man an Vertragsgerechtem und Beweisbarem schwarz auf weiß besitzt, getrost nach Hause tragen. Eben das ist meist, durchs Mißverhältnis zwischen Beweismittel und Bewiesenem, vorweg schon verloren. Die Avantgarde verlangt deshalb, korrektiv, eine Musik, die den Komponisten überrascht wie den Chemiker eine neue Substanz im Reagenzglas. Experimentelle Musik soll nicht länger nur solche sein, die nicht mit geprägten Münzen haushält, sondern eine, die im Produktionsprozeß selbst nicht sich absehen läßt. Im genuinen Experiment war stets etwas vom Überschuß jener Objektivität über den Kompositionsvorgang enthalten. Daß man alles und jegliches in voller sinnlicher Konkretion je sich vorgestellt habe, ist eine Legende, die jeder Komponist widerlegt findet, wenn er zum ersten Male den Klang des eigenen Orchesters vernimmt. Schönberg, der doch ungebrochen am Primat der Vorstellung festhielt und eine beispiellose imaginative Fähigkeit besaß, hat immerhin auf jene Möglichkeit angespielt, als er mitteilte, er habe die Arbeit an den Orchestervariationen op. 31 lange unterbrechen müssen, weil ihm irgendwelche Reihennotizen abhanden gekommen wären; er sei »eben ein Konstrukteur«. Die Spannung von Vorstellung und Unabsehbarem ist selber ein Lebenselement der neuen Musik. Aber eben ein Lebenselement, keine Gleichung, die nach der einen oder anderen Seite sich auflösen ließe. Sehr komplexe Partituren der Atonalität und der Zwölftontechnik haben vermutlich allemal der voll adäquaten Vorstellung sich entzogen, während doch die bedeutenden Komponisten, kraft ihrer Erfahrung, wußten, daß die betreffenden Passagen, wie man so sagt, klingen, und auch beurteilen konnten, ob der Klang seine Funktion erfüllte. Insofern war auch das Zufallsprinzip teleologisch bereits in jener Musik vorgebildet, von der die aleatorische gelegentlich sich distanziert. Aber so produktiv es ist, wenn die Komposition als ihr Prinzip sich einverleibt, was früher ihr bloß gegen ihren Willen widerfuhr, die Überraschung des vorstellenden Ohrs durchs erklingende Phänomen, so sehr bedarf es wiederum jenes Ohrs; das Moment des imprévu im neuen und emphatischen Sinn darf ihm nicht davonlaufen. Unter diesem Aspekt wäre musique informelle die Vorstellung eines nicht ganz Vorgestellten: die verfügende Absorption dessen durchs subjektive kompositorische Ohr, was, wie nach Stockhausens Beispiel die ›Tontrauben‹, gar nicht in jeder Einzelnote vorgestellt werden kann. Die Grenze zwischen einer leeren Vergegenständlichung, der das kompositorische Subjekt mit aufgerissenem Mund und zugesperrten Ohren nachschaut, und einer Komposition, die dadurch die Phantasie erfüllt, daß sie sie transzendiert, ist von keiner abstrakten Regel zu ziehen; darüber in der Einzelkomposition zu entscheiden, wäre unter den Aufgaben informeller Komposition keine der geringfügigsten.

Nicht jedoch soll unter dem Namen informeller Musik das Thematisch-Motivische als unverlierbares Apriori des Komponierens restauriert werden. Daß auch das relationale Moment, das nur zwischen Tönen statthat und nicht an sich ist, nicht hypostasiert werden darf, entspricht der Empfindlichkeit der Komponisten gegen thematische Zusammenhänge als tonales Rudiment. Wie der in seinen Eigenschaften verabsolutierte Ton tendenziell aufs vorkünstlerisch Physikalistische zurückfällt, nimmt die verabsolutierte Relation etwas Klapperndes, Mechanisches an, als hätte man es, wenn nur alles zusammenhängt, in der Tasche; das Schlechte aber ist das Sekuritätsbedürfnis als solches. Wahrscheinlich rührt jenes Klappern reiner Relationen daher, daß sie an keinem ihnen gegenüber Anderen, Intentionslosen mehr sich bewähren: Formen ohne Geformtes. Hat man in gewissen Zeiten der Zwölftontechnik als Themen einzig Rhythmen exponiert, also wirklich Relationen unabhängig von Tönen, Tonhöhen, so arteten bereits diese Rhythmen leicht in patterns, abstrakte Muster aus. – Im Fetischismus konvergieren die feindlichen Extreme der Materialgläubigkeit und der absoluten Durchorganisation. Gegen beides revoltiert eine musique informelle. Der verstorbene Erich Itor Kahn hat von Robotermusik gesprochen. Das zielt gegen Verdinglichung; gegen Kunst, die aus Haß wider die Lüge des Geistes in pure Tatsächlichkeit umkippt und dadurch dem Bann dessen, was ist, ebensosehr willfahrt wie nur irgendeine Ideologie. Selbstverständlich ist auch die serielle Praxis dem nicht hilflos ausgeliefert; die Qualitätsunterschiede in ihr sind die von Robotertum und Musik. Wer sie nicht wahrnimmt, der ist daran zu erinnern, daß jene Male des Mechanisierten, an denen die Pächter des Schöpfertums sich ärgern, die im Walde so für sich hin gehen und dort finden, was man seit 150 Jahren gefunden hat – daß jene Male erst recht der traditionellen Musik eingebrannt sind. Musique informelle ist kein kultureller Neutralismus sondern Kritik des Vergangenen. Wahrscheinlich war die Kunst der authentischen früheren Komponisten bis zur Schwelle der neuen Musik größer darin, daß sie die präfabrizierten Formeln vergessen ließen oder Sinn ihnen einhauchten, als daß sie ihrer entraten hätten. Alles Komponieren bisher war Konflikt mit einem Entfremdeten, kaum je war Musik dem eigenen Leben nach mit ihren Schemata einig, sondern triumphierte im Schein solcher Einigkeit. Eimerts Erstaunen darüber, wieviel vernünftige Musik heute trotz der mechanischen Rezepte gedeihe, gebührte auch der traditionellen Musik. Bei Bach ist all das bekannt; es gilt auch für Mozart und selbst Beethoven. Sie alle verwendeten, bis in den intimsten Tonfall hinein, musikalische topoi. Der Kompositionsprozeß des klassischen Typus hatte nicht wenig vom Puzzlespiel. Groß darin war die Kraft der Selbstreflexion, welche das Mechanische aus seiner Starrheit erlöste, Triviales transfigurierte. Im Roboterhaften bekennt sich ein, was der gesamten bürgerlichen Musik versteckt innewohnt, ein Aspekt verdinglichter Rationalität überhaupt; er will Sühne tun, indem er hinter keinem Schein des Organischen mehr sich caschiert. Darum sollten die integralen Konstruktivisten vielleicht das Schimpfwort Robotermusik positiv aufgreifen wie ›atonal‹. Wird das die gesamte Geschichte der abendländischen Musik durchwaltende, rational-mechanische Prinzip nach außen gekehrt, so scheidet sie sich von der Ideologie des Unbewußten. Das aber erst öffnet auch die Perspektive, vom mechanischen Bann sich zu befreien, der mit jener Ideologie heimlich verschwistert war. Heute, angesichts der Kulturindustrie, ist die Zeit der topoi nicht mehr.

Wie die ästhetischen Antinomien insgesamt, ist auch die des Organischen, das die Ideologie des Unbewußten vergötzte, hinter der Fassade des erscheinenden Kunstwerks nicht länger zu verstecken. Als organisiertes ähnelt es, ganz wortgerecht, dem Organismus in der Funktion von Ganzem und Teil. Durch die fortschreitende Ähnlichkeit mit Lebendigem entfernt es sich aber vom Artefakt, das es doch bleibt. Das virtuell gänzlich Durchgestaltete, darin jeder Zug dem Ganzen dient und das Ganze als Inbegriff der Züge sich konstituiert, läßt als sein Ideal durchscheinen, was es als Kunstwerk nicht sein kann, ein sich selbst Erhaltendes, Ansichseiendes: immer mehr wird es zum Schein dessen, was sein apriorischer Scheincharakter ihm zu werden nie gestattet. Je vollkommener es ein Gemachtes ist, desto weniger präsentiert es sich als solches. Neue Musik wird zum Opfer jener Antinomie, sobald sie ihr ausweicht. Um als Artefakt den Schein des Organischen zu ertragen, müßte sie statt dessen unsentimental jeglichen Schein des Organischen eliminieren, der woanders herrührt als aus ihrem artifiziellen Prinzip, ihrer Durchkonstruktion. Das ist aber in weitem Maß der, welchen die traditionelle musikalische Sprache erzeugt, das Chroma vorab. Der minimale, gleichsam anstrengungslose Übergang des Halbtonschritts assoziiert sich regelmäßig mit der Erinnerung an pflanzlich Treibendes, als wäre er nicht veranstaltet, sondern wüchse zu seinem Telos ohne subjektiven Eingriff von sich aus. Gerade was seit dem Tristan, und aus gutem Grund, als Subjektivierungsprozeß der Musik verstanden wird, ist von der Musiksprache her objektiv: ein durch diese Sprache vermittelter Schein des Organischen. Mit unvergleichlicher Genialität hat Wagner im Tristan das subjektiv Gestaltete, die spezifische kompositorische Leistung, soweit nur irgend möglich zur Indifferenz mit jener musiksprachlichen Objektivität des Chromas gebracht. Das war der musikalische Ort der Phantasmagorie. Gesetztes, Gewordenes steht ein, als wäre es Natur15. Dagegen sind die jungen Komponisten allergisch. Aber nach der Liquidation des musiksprachlich Organischen wird Musik durch ihre immanente Organisation erst recht wiederum zum Bild von Organismen, analog zu gewissen thematisch sinnfälligen Tendenzen zeitgenössischer Maler wie Schultze und Ness. Für Musik wäre das organische Ideal nichts anderes als das antimechanische; der konkrete Prozeß einer werdenden Einheit von Ganzem und Teil, nicht ihre bloße Subsumtion unter den abstrakten Oberbegriff und danach die Juxtaposition der Teile. Jene Konkretion jedoch gewährt niemals das Material allein. Von ihm her gelangt man nur zur Subsumtion der Details, nicht zum Werden kraft des musikalischen Inhalts. Derlei Synthesis wird an den Momenten vollbracht; diese synthesieren nicht sich selber. Gerade dazu aber, zum Werden strikt der Sache an sich, bedarf es des subjektiven Eingriffs oder vielmehr des konstitutiven Anteils des Subjekts an ihrer Organisation, den sie reziprok selbst fordert. Davon hängt, wenn nicht alles trügt, die Zukunft von Musik ab. Denn das Subjekt ist das einzige Moment von Nichtmechanischem, von Leben, das in die Kunstwerke hineinragt; nirgends sonst finden sie, was sie zum Lebendigen geleitet. So wenig Musik dem Subjekt gleichen darf – als objektivierte ist sie gegenüber jeglichem Subjekt, und wäre es das transzendentale, ein qualitativ Anderes geworden –, so wenig darf sie ihm auch vollends nicht gleichen: sonst würde sie zum absolut Entfremdeten ohne raison d'être. Selbst zum Gleichnis solches absolut Entfremdeten schickt sie sich nur insoweit, wie sie irgend doch durch Form davon abweicht. Die antike epistemologische Kontroverse, ob Gleiches von Gleichem oder Ungleichem erkannt werden könne, betrifft auch die Kunst; hier wie dort ist sie nur dialektisch zu schlichten. Die Kunstwerke bewegen sich immanent auf eine Zone der Indifferenz zwischen dem An sich und dem Für uns hin, insofern dies Für uns konstitutives Moment ihres Ansichseins ist. Das tangiert noch das Verhältnis der Kunstwerke zur Sprache, von der sie sich entfernen16. Je vollkommener das Werk durchgebildet ist, desto sprechender ist es zugleich, wofern Durchbildung die inhaltliche Organisation des Werdenden meint und keine mathematische Notwendigkeit. Diese in ihrer Reinheit wird –Stockhausen dürfte das am unbestechlichsten registiert haben –immer zum kompositorischen Mangel. Was überall nur stimmt, stimmt überall nicht, zumal in den Proportionen; das meldet das Bedürfnis der integralen Gestalt nach dem helfenden Subjekt an. Die begabtesten und fortgeschrittensten Komponisten werden dem kaum schon ganz gerecht: unterm Bann des Serialismus beschränken sie vielfach den Eingriff des Subjekts auf die nachträgliche Korrektur, horchen die determinierte Struktur auf ihre lebendige Legitimation ab. Analog verfahren aleatorische, etwa mit kybernetischen Maschinen hergestellte Texte der Literatur. Bei ihnen stellt der Autor dann durch Eingriffe etwas wie Sinnzusammenhang oder Artikulation her. Ohne derlei Retouchen scheint es auch in der Musik nicht abzugehen. Pedantisch wäre es, dagegen Einspruch zu erheben. Modi der Herstellung sind in der Kunst gleichgültig; Hölderlin verfaßte zu den mächtigsten Hymnen Prosa-Entwürfe. Soviel aber ist anzumelden, daß jenes Verfahren objektiv nicht recht mit dem aleatorischen Prinzip vereinbar scheint. Von der Konsequenz des strengen Zufalls erwartet es sich etwas wie Organisation. Macht diese vom Zufallsprinzip sich unabhängig, so wird es widerrufen, und die ganze Prozedur, samt ihrem Sinn, unökonomisch. Zu erinnern ist daran, daß bei statistischen Erhebungen die Gültigkeit unbedingt davon abhängt, daß vom Zufallsprinzip der Stichprobe nicht im mindesten abgegangen wird. Macht Kunst schon derlei Exkursionen, so darf sie nicht gleichzeitig von der Disziplin der Wissenschaft sich dispensieren, von der sie, mit welchem Recht auch immer, ihr Ideal von Objektivität borgt.

Den Ansatz zu verändern, in dem das Problem steckt, ist aber darum prohibitiv schwierig, weil aufs Subjekt, sein Gehör, seine Musikalität als organisches Bewußtsein kein Verlaß ist. In kaum abzuschätzendem Maß hat darin die abgestorbene Musiksprache sich sedimentiert. Bereits auf Schönberg lastete die Schwierigkeit. Er ist mit ihr fertig geworden durch einen eigentümlichen polaren Rhythmus seiner Produktion. Sie bewegt sich zwischen Extremen des Organischen wie der Erwartung und solchen des Anti-Organischen wie der Klaviersuite op. 25. Damals war vielleicht noch nicht absehbar, das eine durch Konsequenz ins andere zu setzen; am ehesten eröffnen späte Instrumentalwerke wie das Trio und die Violinphantasie diese Perspektive. Das Verhältnis der Schönbergischen Zwölftontechnik zum Ideal des Organischen, das ja aus dem traditionellen Idiom stammt, ist ambivalent; auch darin markiert sie den Umschlag. Der organologische Aspekt, den noch Schönbergs Begriff eines Trieblebens der Klänge in der freien Atonalität meinte, bezog sich wie in der Tonalität auf die Tuchfühlung musikalischer Komplexe. Nur was unmittelbar sich berührt, wirkt, als wüchse es. Nach dem Urbild des Leittons wurde das organische Verhältnis stets als das zweier benachbarter Sukzessivereignisse vorgestellt, die bruchlos ineinander sind; Wagners Lehre von der Kunst des Übergangs ist die Ästhetik des organologischen Ideals. Jene Tuchfühlung des Benachbarten ward schon in der Zwölftontechnik durchschnitten. Auch den Impuls dazu innervierte Schönberg subjektiv, in seiner Abneigung gegen ›animalische Wärme‹17. Die Zumutung der ersten Zwölftonkompositionen an das in freier Atonalität geschulte Hören war es, musikalische Sukzessivkomplexe als stringent aufeinander zu beziehen, ohne daß doch der eine im anderen dergestalt terminierte, als drängte es ihn dorthin. Insofern wohnt das mit der zunehmenden konstruktiven Integration sich steigernde Moment der Zufälligkeit schon der Zwölftontechnik inne. Zufällig klingen primär die Einzelfolgen. Ihnen wird die Nötigung geraubt, die sie einmal aneinander band. Sie wird an die Determinanten von oben her, die Totale zediert und von diesen an die Einzelfolgen zurückerstattet, die als spürbare Derivate der Totale sich ohne Fugen zwar, doch auch ohne jenes Triebleben ineinander passen. Musikalisch wie anderwärts war Isolierung, Atomisierung von Anbeginn der Integration beigesellt. Damit aber auch das Potential von Statik. Mikrologisch bleibt die Zeitfolge den Klängen äußerlich. Die konkret musikalische Zusammensetzung der Einzelereignisse macht von ihr sich unabhängig. Bei Schönberg tragen darüber noch die aus der Tonalität beibehaltenen Kompositionsmittel hinweg, der thematische Duktus, zumal die ›entwickelnde Variation‹. Aber deren Widerspruch zum Verhältnis der Komplexe im Kleinsten, zur virtuellen Abgesprengtheit des einen vom anderen konnte nicht verborgen bleiben. Der über Schönberg hinaus radikalisierte Konstruktivismus zieht daraus die Konsequenz, indem er um die triebähnlichen Relationen im Kleinsten überhaupt nicht mehr sich kümmert, ja dagegen ein wenig so sich sträubt wie die freie Atonalität gegen den in ihr falsch klingenden Dreiklang. Am liebsten exstirpierte man alles, was in der musikalischen peinture dem Begriff der ›Tendenz‹ genügte: daß ein musikalischer Augenblick von sich aus zum nächsten und weiter möchte. Das dürfte die statische Komplexion erklären: das Bild einer in sich zeitfremden Musik. Sie sucht hauszuhalten ohne energetische Kategorien; dadurch aber wird sie, wider ihre Absicht, zuinnerst unsachlich, inkompatibel mit dem Medium der Zeit, in dem sie als Musik allemal sich erstreckt, und das im kompositorischen Inhalt zu mißachten nicht weniger bedeutet, als daß die Musik um eine ihrer spezifischen materialen Voraussetzungen nicht sich kümmert. Aktuell wird damit die Frage, wie eine Musik beschaffen sein müsse, deren konkrete Momente, monadische Zellen zueinander oder gegeneinander sich bewegen, ohne am ausgeschiedenen Rückstand organischer Idiomatik sich anzustecken. Das affiziert aber nicht nur das feine Geäder sondern die Anlage der Form, bis hinauf zur obersten Architektur. Diese kann weder mehr aus dem abstrakten Konstruktionsplan über den Einzelereignissen errichtet, noch aus Parametern errechnet werden, welche es bei der unmittelbaren Zufälligkeit des Von Klang zu Klang belassen. Licht fällt von hier auf die eigentlich normative Kategorie des späteren Schönberg, die des Gleichgewichts, der Erzeugung von Spannungen und deren Ausgleich durch die Formtotale. Diese Norm war die Apotheose des traditionell Organischen. Die Totale bei ihm ist zum letzten Male das, was einmal die reine Partikularität in der Folge von Dominante und Tonika war; in diesem strengen Sinn ist tatsächlich Schönberg klassische Musik, ähnlich vielleicht wie Einstein klassische Physik gegenüber der Quantentheorie. Ein Stück als ganzes entwirft Spannung und Lösung so wie einmal, im tonalen Idiom, dessen Urbild, die Kadenz. Diese Verlagerung auf die Totale hat aber die Teilgestalten entmächtigt. Um daher der Aufgabe gerecht zu werden, die im gegenwärtigen Stand sich verkappt, müßte man die gesamte Fiber des Kompositionsmaterials durchkonstruieren, wie Schönberg seinerzeit mit großen Formen, der Sonate, der Variation im Vertrauen darauf verfuhr, daß die Konstruktion im Kleinen von der Zwölftontechnik vollbracht würde. Verhältnisse zwischen unmittelbar und mittelbar Aufeinanderfolgendem – auch innerhalb der Simultankomplexe – wären herzustellen, die von sich aus Stringenz stiften. Von den unbeschränkten Möglichkeiten dazu blitzte die Ahnung in der freien Atonalität auf; Möglichkeiten eines Organischen, die nicht zur Nachahmung eines organischen Lebens sich verleiten lassen, das in der Realität bloß die Verdinglichung verkleidet. Wollte man auf die umfangreicheren Gebilde der freien Atonalität exemplifizieren, so wäre informelle Musik ein Drittes sowohl gegenüber dem Dschungel der Erwartung wie gegenüber der Tektonik der Glücklichen Hand. Die Abschnitte aber dürften nicht länger bloß nebeneinander gestellt sein, wie es im Augenblick die Praxis bis zur Monotonie übt, sondern in einem dynamischen Verhältnis, vergleichbar dem grammatischen der Subordination und der großen Periode. Die auf Schumann zurückdatierende Arbeit mit sogenannten Parenthesen bei Boulez weist wohl in diese Richtung. Die Verdinglichung der strukturellen Typen des Komponierens heute schlägt durch in den unfreiwilligen Clichés dort, wo die rationale Herstellung eines schlechterdings Unvorhersehbaren sie verhindern möchte. Ein solches Cliché war das mittlerweile abgetane der Punkte, eines der jüngsten ist das der mit übertriebener Säuberlichkeit voneinander getrennten, als Feld organisierten Klangflächen. Diese Einheitsklänge und die Stücke, die sie exerzieren, sind einander ähnlich wie ein Psim dem anderen.

Solche Defekte werden verursacht von den Aporien des Seriellen. Die vordringlichste unter ihnen rührt daher, daß man Höhen und Dauern auf den Generalnenner der Zeit brachte. Stockhausen, der jene Identität ernster nahm als jeder andere serielle Komponist, war zugleich der erste, der ihre Fragwürdigkeit aussprach. Der objektive Zeitfaktor in allen Parametern und die lebendige Zeiterfahrung des Phänomens sind nicht identisch. Dauer und Höhe gehören musikalisch verschiedenen Bereichen an, auch wenn sie akustisch einen Generalnenner haben. In der Kontroverse wird der Zeitbegriff äquivok gebraucht: er deckt ebenso temps espace wie temps durée, physikalisch meßbare, quasi räumliche Zeit und Erlebniszeit. Bergsons Einsicht in ihre Unvereinbarkeit ist nicht auszulöschen; selbst die traditionelle, nach seiner Kritik kausal-mechanische Erkenntnistheorie unterschied längst vor ihm phänomenale und dinghafte Zeit. In der lebendigen aber ist Gleiches nicht gleich; logarithmische Begriffe reichen nicht aus, solche Gleichheit zu errechnen. Die experimentelle Psychologie hatte im Weber-Fechnerschen Gesetz dessen sich versichert, daß zwischen den Grundreizen, also den objektiv-physikalischen Geschehnissen, und den subjektiven Reaktionen darauf bloß ein proportionelles Verhältnis, keine direkte Äquivalenz herrscht. Dabei war ein viel Primitiveres als musikalische Erfahrung gemeint, lediglich die sogenannte Stärke der Empfindung. Die eminente Komplexität von Musik als Musik erlaubt nicht einmal, derlei Proportionen zu unterstellen. Wenig Aussicht, aus den objektiven physikalischen Gegebenheiten musikalische Zeit und konkrete Musik zu gewinnen, obwohl diese auch nicht der einfache Inbegriff psychologischer Reaktionen ist; sonst könnte die musikalische Objektivität nicht gedacht werden, kraft deren sie Kunst ist anstatt eines Agglomerats sensueller Verhaltensweisen.

In der vorherrschenden Praxis zeichnen sich, unterm Aspekt des Zeitbewußtseins, Mißverhältnisse ab, die zur Umwendung des Verfahrens drängen. Überdrüssig der punktuellen Übersetzungen Webernscher Muster in Kammerstücke, in denen kein faßlicher Zusammenhang zwischen den disparaten Anschlägen mehr sich herstellt, sind einige der begabtesten jungen Komponisten zum großen Orchesterapparat zurückgekehrt, wie sich denn durchweg in den letzten Jahren das Bedürfnis nach breiten, je in sich zusammenhängenden Klangflächen gegenüber der Dürftigkeit des Dissoziierten regt. Im Klang nähern ihre Stücke zuweilen sich auffällig dem, was Boulez früher Schönberg und Berg vorgeworfen hatte, dem style flamboyant. Manche jener Kompositionen verfügen über große orchestrale Meisterschaft; doch fehlt ihnen, was Leuchtkraft und Dichte des Klanges suggerieren: plastische kompositorische Ereignisse, die darin sich darstellen. Die Emphase dieses mit dem Spachtel arbeitenden Orchesterstils aber duldet auch nicht den impressionistischen Primat von Klangereignissen als solchen. Der Nachdruck des Klangbildes verlangt gleichsam, daß etwas sei, dem solcher Nachdruck verliehen wird, nicht, daß der bloße Klang musikalischer Inhalt werde. Der Klang bietet der musikalischen Auffassung in unmittelbarer Evidenz sich dar; was aber kompositorisch sonst vorhanden ist, das Gewebe, bleibt bar solcher unmittelbaren Evidenz, uneinsichtige Folgerung aus dem System, nach dem jeweils die Parameter geordnet sind. Klang und Musik divergieren. Der Klang gewinnt durch sein Eigenleben aufs neue eine kulinarische Qualität, die mit dem Konstruktionsprinzip unvereinbar ist. Die Dichte von Satz und Farbe hat an dem dissoziativen, dem Phänomen gegenüber äußerlichen Charakter der Struktur nichts geändert. Sie wird so wenig zeitlich-dynamisch wie zuvor die unverbunden nacheinander getupften Töne oder die bloß gereihten Felder. Gegen die sogenannten neo-impressionistischen Züge der jüngsten Musik wäre das einzuwenden. Daß die Musik aus der Strawinskyschen Pseudomorphose an die Malerei sich befreie, erheischt Umformung des Komponierten selbst. Seine Setzungen müssen themenartige Schlagkraft gewinnen etwa wie der Anfang des Marteau sans maître, ohne daß dies Themenartige aufs Melos einzuschränken wäre; in jeder Dimension läßt es sich formulieren. Der Verlauf aber muß leisten, was einmal thematische Arbeit leistete, auch wenn auf all deren Mittel, auf Identität, Variation, Oberflächenzusammenhang der Motivik, erbarmungslos verzichtet wird. Nur zwischen musikalischen Setzungen, die selber so eindringlich sind wie einmal die Gestalten thematischer Musik, kann jene Spannung fühlbar werden, in der musikalisches Zeitbewußtsein sich aktualisiert.

Die Bestrebungen von Cage und seiner Schule haben alle topoi ausgemerzt, ohne dabei einem subjektiv-organischen Ideal nachzutrauern, in dem sie deren Nachleben argwöhnen. Darum wäre so falsch wie die Zelebrierung der Antikunst ihre Abfertigung als höheres Kabarett und Humor, das schlimmste. Eine musique informelle indessen realisieren jene Bestrebungen noch nicht. Als blague schleudern sie den Menschen die Kultur ins Gesicht, wie beide es verdienen; nicht der Barbarei zuliebe, sondern um zu demonstrieren, was sie gegenseitig auseinander machten. Fatal wird die blague erst, wenn sie exotisch-kunstgewerbliche Metaphysik bemüht, um in eben jene Positivität sich zu überhöhen, die sie denunziert. Dazu stimmt, daß die blague, die ich ehre, in der gegenwärtigen Gesellschaft neutralisiert wird. Diese verteidigt sich ideologisch, indem sie alles schluckt. Hüten sollte sich auch die musique informelle vorm Geist anastatischer Neudrucke der ›Aktion‹ und des Dadaismus, vor alexandrinischer Anarchie. Aber schließlich schlüpft nichts mehr durch die Netze der vergesellschafteten Gesellschaft; sie integriert alles, auch das ihr gänzlich Konträre. Darum braucht man sich weniger Sorgen um die gesellschaftliche Wirkung zu machen und kann ungestörter der Sache sich überlassen, wenn man will, der Kultur. Man fühlt sich animiert, musikalisch zu reden, wie einem der Schnabel gewachsen ist; zu reflektieren wäre nur über den Schnabel und seine Gewachsenheit. In einem jedenfalls nähert sich der Impuls Cages dem einer informellen Musik: als Protest gegen die sture Komplizität von Musik mit Naturbeherrschung18. Er beugt sich nicht dem Terror dessen, wofür mittlerweile die Phrase vom technischen Zeitalter sich eingebürgert hat, an das man den Anschluß zu versäumen fürchtet. Aber wie Kunst nicht hinter jenes Zeitalter in sinnige Enklaven sich verkriechen darf, so darf sie auch nicht so sich gebärden, als könne sie der Verdinglichung nach vorn entlaufen und unmittelbar teilhaben an nichtexistenter Unmittelbarkeit. Cage, und sicherlich viele seiner Schüler, begnügen sich mit der abstrakten Negation in Séancen, von denen Fäden sich spinnen zu Steiner, zur Eurhythmie, zur lebensreformerischen Sekte. Erstaunlich bleibt die präzise Entscheidbarkeit in der Übersetzung der scheinbar vagen Zeichen, das kollektive Einverständnis in den irrationalen Verhaltensweisen. Leichter, über das wahnhafte Moment zu spotten, als die Utopie zu erkennen, der das provokatorisch Sinnfremde Unterschlupf gewährt: der Lüge alles Sinnvollen, in seinem Sinn jedoch bloß vom Subjekt Gesetzten zu entrinnen. Schwerlich wird eine musique informelle des abstrusen Elements entraten, so wenig sie es auch einplanen darf. Ganz und gar rational organisierte und einsichtige Musik verewigt den Zwang der Form. Während auch eine informelle ohne dies Moment nicht auskommt, wird ihr das Abstruse zum Menetekel der eigenen Fragwürdigkeit. Es ist der blinde Fleck, in den sie versteckt, was an dem Kulturgut Musik anders wäre als Kultur. Solche blinden Flecke ließen in der freien Atonalität so wenig sich wegreiben wie der weiße auf dem Rock des Pierrot lunaire; noch in den härtesten Zwölftonkonstruktionen, wie dem Intermezzo der Klaviersuite op. 25, erscheinen sie. Vielleicht jedoch ist der Grund der jüngsten Abstrusität, daß sie, im Unterschied zu ihren dadaistischen Großeltern, eben doch sogleich in Kultur entartet; dagegen ist sie nicht indifferent. Den Attentaten des Dadaismus war darum Abstrusität nicht vorzurechnen, weil sie tatsächlich als Antikunst und Antikultur verübt und gespürt wurden; Abstrusität degeneriert zur Ideologie und zum kunstgewerblich Leeren, wo ihre Aktionen ästhetisch bleiben und dadurch eben dem Kriterium von Sinn – und Kultur ist zum Guten und Schlechten der Inbegriff des Sinnvollen – sich unterwerfen, das sie herausfordern. Das aber wird diktiert von der Unmöglichkeit jener Politik heute, auf welche die Dadaisten noch vertrauten. Action painting, action composing sind Kryptogramme der unmöglich gewordenen direkten Aktion, entstanden in einem Zeitalter, in dem jede solche entweder durch die Technik verhindert oder von Verwaltungen aufgefangen würde. So tief reicht politische Praxis in die ästhetischen Verfahrungsweisen hinein, gerade dorthin, wo diese von der normalen Kulturpraxis am unversöhnlichsten sich entfernen. Die künstlerischen Aporien bekunden die Aporie von Politik.

Soweit Kritik am Subjekt in der Musik nicht den reaktionären Kult sogenannter Bindungen betreibt, opponiert sie dem Schein. Der Augenblick, in dem er offenbar wird, ist der der Krise des musikalischen Sinnes. Was in der traditionellen Musik als Sinn sich mitteilt, ist vielfach nicht ihr eigener sondern nur die Eingeschliffenheit des Idioms, allenfalls Spiegelung des sie tragenden Subjekts; beides trägt nicht mehr, darum stürzt der Sinn zusammen. Kein metaphysischer ist vorgegeben, keinen darf Kunst als einen seienden nachahmen; das erklärt, warum sie, und Musik zumal, heute jegliche Ähnlichkeit mit einem Tabu belegt hat. Unentrinnbar aber ist Sinn insofern, als er noch gegen den Willen der Kunstwerke diesen sich aufzwingt. Dieser sich andrängende, gleichsam heteronome Sinn wäre nicht als solcher zu belassen, sondern vom Subjekt heimzubringen, um ihn zu versöhnen. Der Sinn des Kunstwerks ist ein erst Herzustellendes, nicht ein Abzubildendes; er ist, was er ist, einzig, indem er wird. Das ist das Moment von Aktion an informeller Musik. Der Begriff des Metiers, dessen aktuelle Theorie nicht sich begeben kann – bei Boulez steht er zentral –, ist sein Repräsentant im Kunstwerk. Es ist Tätigkeit, gerade insofern es stimmig realisiert ist. Metier gebietet dem Sturz des Sinnes Einhalt. Der ästhetische Schein ist am Kunstwerk nicht zu tilgen. Noch das scheinlose wäre nicht unmittelbar eins mit der empirischen Realität; der Schein an ihm überlebt, selbst wenn es nichts anderes mehr scheinen will, als was es ist. Das Moment der Unwirklichkeit an Kunst ist nicht identisch mit dem Schlechten von Illusion und Täuschung. Anders gewandt, auch der negierte Sinn in ihr ist Sinn. Sie ist nicht in Fakten übersetzbar, sondern ein jedes Künstlerische immer auch mehr, als es ist. Daß noch Kunstwerke, in denen Zusammenhänge so konsequent ausgeschaltet werden wie im Klavierkonzert von Cage, eben durch diese Konsequenz abermals einen hervorbringen, bestätigt das. Nichts könnte von der traditionellen Musik weiter sich entfernen. Gleichwohl fehlt es in dieser nicht an Verwandtem: die Verbote der Harmonielehre wurden längst dort annulliert, wo die verbotenen Bildungen nicht bloß einmal, konsequenzlos auftreten, sondern unmittelbar wiederholt werden oder wenigstens als spezifische Wirkung unterstrichen. Das bekannteste Beispiel dafür sind die Puccini-Quinten: legitimiert durch den anhaltenden Gebrauch. – Im Aspekt des Übertatsächlichen weisen die dinghaft geronnenen, vergegenständlichten Momente der Kunst von sich aus, als auf ihr objektives Implikat, aufs Subjekt zurück: unauslöschlich erscheint an der ästhetischen Objektivation die subjektive Vermittlung. Kunst als ein Geistiges ist weder das letzte Bollwerk verblasener Geistesgeschichte noch Tummelplatz einer Kunstmetaphysik ad hoc; das von Kandinsky so genannte »Geistige in der Kunst« ist kein Überbau sondern, paradox, ein Sachverhalt; ihr nicht Tatsächliches ihre eigene Tatsache. Diese ist in Schönberg wie in Kandinsky aus einem Subkutanen zum Evidenten geworden. Eben damit aber entsprang auch, als Tatsachengläubigkeit, jenes positivistische Penchant des künstlerischen Bewußtseins, das heute zur Kritik steht. Schönberg schrieb für eine Programmserie von Kolisch in Madison eine Reihe von Einleitungen zu seiner Kammermusik. In der zum Zweiten Streichquartett sagt der Komponist ohne alle Ironie, daß das Georgegedicht des letzten Satzes ›Entrückung‹ – seine Komposition hat Schönberg an Genialität und Freiheit nie übertroffen – die Weltraumfahrt antezipiere oder prophezeie. Nicht auszudenken, was jenem Georgeschen Gedicht angetan wird, wenn man die Ekstase, die es ausdrückt, mit den offenbar doch recht bescheidenen Erfahrungen der automatisch gesteuerten Astronauten verwechselt; nichts könnte mehr down to earth sein als die imponierende, aber meßbare Distanz von dieser; der Komponist wirft die eigene Phantasie der Phantasielosigkeit zur Beute vor. An einer informellen Musik und einem ihr angemessenen Bewußtsein wäre es, solcher Kontaminationen auch im eigenen Verhältnis zur Technik sich zu entledigen. Genügen sollte dazu, daß es im Weltraum keine Luft und darum auch nicht die vom anderen Planeten gibt, die Schönbergs Finale wahrhaft fühlt.

Möchte jedoch Kunst wirklich Naturbeherrschung revozieren; gilt sie einem Stand, in dem Menschen nicht länger durch den Geist Herrschaft übten, so reicht sie daran heran einzig kraft der Naturbeherrschung. Nur eine ihrer selbst mächtige Musik wäre auch der Freiheit von jeglichem Zwang, selbst dem eigenen mächtig; nach Analogie dazu, daß erst in einer rational organisierten Gesellschaft mit dem Mangel die Notwendigkeit von Unterdrückung durch Organisation verschwände. In einer musique informelle wären die heute entstellten Momente der Rationalisierung positiv aufzuheben. Das künstlerisch gänzlich Artikulierte allein ist das Bild eines Unverstümmelten und damit der Freiheit. Das durch äußerste Materialbeherrschung durchartikulierte Kunstwerk, das vermöge jener Beherrschung dem organischen bloßen Dasein am weitesten entläuft, ist wiederum auch dem Organischen am nächsten; die Wahrheit des Aufbaus der Kantischen Kritik der Urteilskraft aus einer Kunstlehre und einer von den lebendigen Organismen, die einander ebenso entgegengesetzt wie ähnlich sind, läßt heute erst ganz sich ermessen. Nicht hat die Forderung von Materialbeherrschung als dem Durchbilden des Komponierten – wörtlich seiner ›Organisation‹ – einem laxeren Verfahren zu weichen. Materialbeherrschung aber muß, als Reflexion des komponierenden Ohrs, selbstkritisch sich steigern, bis sie nicht länger einem heterogenen Stoff widerfährt. Sie muß zu einer Reaktionsform jenes kompositorischen Ohrs werden, das passiv gleichsam die Tendenz des Materials sich zueignet. Die Konsequenz künstlerischer Technik ist als wahrhafte Beherrschung immer zugleich auch deren Gegenteil, die Entwicklung der subjektiven Sensibilität zur Empfindlichkeit für die Regung dessen, was nicht selbst Subjekt ist; etwa so, wie die Rede, daß einer die Sprache beherrsche, nur dann einen menschenwürdigen Sinn besitzt, wenn jener die Kraft hat, von der Sprache sich beherrschen zu lassen. Insofern ist, was heute an der Musik wäre, der Sprachphilosophie von Karl Kraus nahe. Musique informelle wäre eine, in der das Ohr dem Material lebendig anhört, was daraus geworden ist. Weil, was es wurde, den Rationalisierungsprozeß als dessen Resultat einschließt, ist dieser bewahrt; zugleich aber wäre er, durch die Unwillkürlichkeit des subjektiven Reagierens, seiner Gewalttätigkeit entäußert. War das Subjekt der Träger der Rationalisierung, so wird es in solcher Bewegung negiert und gerettet. Es begibt sich seines Überschusses über das Komponierte; verbiegt nicht länger das Material, furniert es nicht mit willkürlichen Intentionen; aber die Akte, in denen das sich zuträgt, bleiben die des spontanen Gehörs. Das wäre die Schwelle einer informellen Musik gegen eine dinghaft entfremdete, auch gegen die angebliche Mitteilung. Die Struktur musikalischer Objektivität durchs Subjekt hindurch, nicht aufs Subjekt hin, setzt ihre Gesellschaftlichkeit schroff der Kommunikation entgegen. Deren Begriff ist in der Kulturindustrie zuständig, die mit Wirkungszusammenhängen rechnet; schließlich in der angewandten Marktforschung, die darüber informiert, wie geistige Produkte geartet sein müssen, um ihren Käufer zu finden. Damit ist informelle Musik unversöhnlich. Ihr ist es um einen sich darstellenden Wahrheitsgehalt zu tun und um ein richtiges Bewußtsein, nicht um Anpassung ans falsche. Innerhalb der totalen gesellschaftlichen Verblendung hat nur das seinen richtigen gesellschaftlichen Ort, was Kommunikation aufsagt, anstatt ihre wirklichen oder vermeintlichen Gesetze zu ermitteln. Soweit heute Kommunikation, der Eingriff des Kunstwerks ins Nichtkünstlerische zu wollen wäre, müßte sie der Kommunikation ins Gesicht schlagen, nicht ihre Bedingungen respektieren. Das war mit Kolischs Apologie von Papiermusik gemeint. So falsch wie die Norm abstrakt-mathematischen oder physikalischen Stimmens ist die selbst bloß möglicher Wirkung.

Der Begriff des musikalischen Subjekts wäre in sich zu differenzieren. Mit potentiellen Hörern hat er überhaupt nichts zu tun, alles mit dem Menschenrecht auf das, was Hegel Dabeisein nannte; dem Recht darauf, daß Subjektivität in Musik selbst, als Kraft ihres immanenten Vollzugs, gegenwärtig ist, anstatt von der losgelassenen ausgesperrt zu werden. Dies Recht involviert nicht die Hybris, den Aberglauben, das Subjekt könne die Musik rein von sich aus schaffen, in ihr sich abbilden, während es musikalisch in jedem Augenblick von der Musik gesetzt wird, der das Subjekt dort am meisten gehorcht, wo es am meisten sich anspannt. Die Musikalität, deren eine musique informelle dazu bedürfte, wäre eine, welche ebenso die Konstituentien der alten in sich trägt, wie zurückscheut vor dem, was die Convenus des Musikalischen anbefehlen, so wie die Musikalität des Interpreten darin sich bewährt, daß er aus seiner Anschauung und dem strukturellen Verständnis heraus die Texte von der schmutzigen traditionellen Schicht reinigt, der zu vertrauen für das Signum von Musikalität gilt. In einem solchen Prozeß veränderte auch der Begriff des musikalischen Sinnes sich bis ins Innerste. Er emanzipierte sich von dem bloß subjektiv Projizierten ebenso wie von dem bloß vergegenständlichten, dingfesten Zusammenhang. Als Bestimmung der Sache selbst legitimierte er sich dadurch, daß er vom fortgeschrittensten Ohr in jedem Augenblick auch als dessen eigenes Desiderat wahrgenommen werden kann. All das appelliert aus der Not der lebendigen künstlerischen Erfahrung an ästhetische Theorie; ein Gespräch mit Boulez hat gezeigt, daß wir darin übereinstimmen. Die Verachtung von Ästhetik, deren Sprecher schon Schönberg war, hatte ihre Zeit, solange jene als ein der Sache Äußerliches hinter dieser herhinkte und falsche statische Regeln ausposaunte. Weder diese noch ihr geläuterter Geschmack noch ihre ewigen Gesetze sind zu restaurieren. Sie hätte erst zu beginnen, wo all das verstummte. Weder ist sie von oben her aus Philosophie zu deduzieren noch empiristisch-deskriptive Kunstwissenschaft. Ihr Medium wäre die Reflexion der musikalischen Erfahrung auf sich selbst, derart, daß deren Gegenstand nicht als einfach zu Beschreibendes hingenommen, sondern als Kraftfeld entziffert wird. Ihre immanente Dynamik enthält, latent, die Anweisung, was heute und hier musikalisch das Rechte sei. – Ist wirklich an der Zeit, was man allerorten spüren kann: der falschen Sekurität heteronomer Notwendigkeit ebenso abzusagen wie dem heteronomen Zufall, dem Surrogat von Freiheit, so drängt die Bauernfrage nach der gefressenen Kröte sich auf: warum mußte all das durchprobiert werden? Aber es geht nicht um den Widerruf der Versuche, sondern darum, sie mit der lebendigen musikalischen Erfahrung einzuholen und zu verändern; etwa wie das, was einmal kontrapunktische Regel war, von der kontrapunktischen Praxis zugeeignet und modifiziert wurde. Zum Exempel: es ist einer der plausibelsten Einwände gegen die klassische Zwölftontechnik, daß die rhythmisch-metrische Struktur nach der Abschaffung der Tonalität im weitesten Sinn tonal blieb. Wesentlich ist dem Ideal einer informellen Musik, daß das zur kompositorischen Erfahrung wird; daß das spontane und seiner selbst bewußte Ohr sich spröde macht nicht nur gegen die tonale Symmetrie sondern auch gegen ihre sublimsten Derivate, die Vorherrschaft der abstrakt durchgehaltenen Zählzeit, des guten Taktteils und seiner negativen Aufbewahrung in der Synkope. Informelle Musik könnte eine Flexibilität des Rhythmus gewinnen, von der man bis jetzt noch nichts sich träumen läßt. Darin wie in allen Dimensionen wäre sie ein Bild von Freiheit. Wonach es die Musiker gelüstet, weil es die Sache der Musik selbst ist, hat noch nicht sich erfüllen können. So wenig sich dechiffrieren läßt, was Musik eigentlich sei, so wenig existiert eine, die es ganz schon wäre. Besser, das einzugestehen, als, was sie zu sein hätte, dadurch aufs neue zu verbauen, daß man irgendeine auswählt, die das ominöse Positive darstelle. Die informelle Musik ist ein wenig wie der ewige Frieden Kants, den dieser als reale, konkrete Möglichkeit dachte, die verwirklicht werden kann, und doch auch wiederum als Idee. Die Gestalt aller künstlerischen Utopie heute ist: Dinge machen, von denen wir nicht wissen, was sie sind.

 
Fußnoten

 

1 Vgl. Die Reihe, Heft 3,1957, S. 13.

 

2 Vgl. Theodor W. Adorno, Der getreue Korrepetitor. Lehrschriften zur musikalischen Praxis, Frankfurt a.M. 1963, passim, insbes. S. 102 und S. 129 [GS 15, s. S. 252 und S. 279].

 

3 Arnold Schönberg, Briefe, ausgewählt und hrsg. von Erwin Stein, Mainz 1958, S. 31.

 

4 Am falschen Nachdruck auf dem Begriff des Klangs in der neuen Musik lassen Dilettanten sich erkennen und solche, die sich zurechtlegen wollen, was sie nicht kapieren. Die klangliche Dimension ist vielleicht die sinnfälligste der neuen Musik, von ihr erst vollends freigesetzt und, eben als frisch entdeckte, dennoch am wenigsten in Konflikt mit älteren Hörgewohnheiten. Sie ist aber in Werken, die zählen, nie Selbstzweck, sondern, gerade als emanzipierte, Funktion des kompositorischen Zusammenhangs und zugleich dessen Ferment. Stets hat Schönberg betont, der Klang sei Mittel zur adäquaten Darstellung des musikalischen Gedankens. Weicht die neue Musik von der vorhergehenden an irgendeinem Punkt unversöhnlich ab, dann darin, daß die Kategorie des Klangreizes sie verfehlt; diese ist immer noch das beliebteste Mittel, sich falsch in sie hineinzuhören. Die jüngste Entwicklung, die den Klang als Parameter in die Konstruktion integriert, hat das nochmals bestätigt.

 

5 Vgl. Theodor W. Adorno, Mahler. Eine musikalische Physiognomie, Frankfurt a.M. 1960, S. 124ff. [GS 13, s. S. 239ff.].

 

6 Das Moment der Tonwiederholungsempfindlichkeit, der ›Philosophie der neuen Musik‹ zufolge eine der Triebfedern der Zwölftontechnik, ist, aus größerer Distanz, nicht so eindeutig, wie es dort behandelt ward. Seine Dialektik repräsentiert eine des architektonischen Moments in der Musik insgesamt. Als sich entwickelnde negiert Musik die Wiederholung schlechthin, nach dem herakliteischen Gedanken, daß keiner zweimal in denselben Fluß steigt. Aber zur sich Entwickelnden wird sie gleichwohl nur durch Wiederholung. Thematische Arbeit, das Prinzip, das den abstrakten Zeitverlauf in der musikalischen Substanz konkretisiert, ist stets nur Ungleichheit eines Gleichen. Entwicklung, die auf Neues führt, wird dazu einzig durch Relation auf das Alte, das in solcher Relation a priori mitgesetzt, in wie immer auch sublimierter und unkenntlicher Gestalt wiederholt ist. Ohne dies höchst formale Konstituens von Gleichheit gibt es keine artikulierte Musik; Identität in der Nichtidentität ist ihr Lebensnerv. Solche Dialektik wird in der seriellen Musik zum Äußersten getrieben. Schlechtweg nichts darf darin wiederholt werden, schlechtweg alles ist, als Derivat von Einem, Wiederholung. An der informellen Musik wäre es, diese Zwieschlächtigkeit ins ihr aufgegebene Problem umzudenken, nach ihr die eigene Organisation einzurichten.

 

7 Vgl. Text S. 416.

 

8 Die Formulierung des Unterschiedes geht auf ein Gespräch mit Rudolf Kolisch zurück.

 

9 Der Terminus wurde von Erich Doflein eingeführt.

 

10 Vgl. Immanuel Kant, Kritik der reinen Vernunft. Nach der ersten und zweiten Original-Ausgabe neu hrsg. von Raymund Schmidt, Hamburg 1952, S. 201 (A 142).

 

11 Tatsächlich spielen bei Stockhausen die Worte Stil und Stilreinheit ihre Rolle.

 

12 Vgl. Ernst Kurth, Musikpsychologie, Berlin 1931, I. Abschnitt, insbes. S. 10f.

 

13 Vgl. a.a.O., S. 116ff.

 

14 Vgl. Theodor W. Adorno, Mahler, a.a.O., S. 98f. [GS 13, s. S. 218f.].

 

15 Vgl. Theodor W. Adorno, Versuch über Wagner, Berlin, Frankfurt a.M. 1952, S. 107ff. [GS 13, s. S. 82ff.].

 

16 Vgl. Text S. 255f.

 

17 Vgl. Text S. 459.

 

18 Vgl. Cages Aphorismen aus den Darmstädter Beiträgen 1959, S. 52; dazu Theodor W. Adorno, Philosophie der neuen Musik, 2. Aufl., Frankfurt a.M. 1958, S. 195ff. [GS 12, s. S. 192ff.].

 

 
Gesammelte Werke
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