Paralipomena

 

Ästhetik präsentiert der Philosophie die Rechnung dafür, daß der akademische Betrieb sie zur Branche degradierte. Sie verlangt von Philosophie, was sie versäumt: daß sie die Phänomene aus ihrem puren Dasein herausnimmt und zur Selbstbesinnung verhält, Reflexion des in den Wissenschaften Versteinerten, nicht eine eigene Wissenschaft jenseits von jenen. Damit beugt Ästhetik sich dem, was ihr Gegenstand, gleich einem jeden, unmittelbar zunächst will. Jedes Kunstwerk bedarf, um ganz erfahren werden zu können, des Gedankens und damit der Philosophie, die nichts anderes ist als der Gedanke, der sich nicht abbremsen läßt. Verstehen ist eins mit Kritik; die Fähigkeit des Verstehens, des Verstandenen als eines Geistigen innezuwerden, keine andere als die, wahr und falsch darin zu unterscheiden, wie sehr auch diese Unterscheidung abweichen muß vom Verfahren der gewöhnlichen Logik. Kunst ist, emphatisch, Erkenntnis, aber nicht die von Objekten. Ein Kunstwerk begreift einzig, wer es als Komplexion von Wahrheit begreift. Die betrifft unausweichlich sein Verhältnis zur Unwahrheit, zur eigenen und zu der außer ihm; jedes andere Urteil über Kunstwerke bliebe zufällig. Damit verlangen Kunstwerke ein adäquates Verhältnis zu sich. Darum postulieren sie, was einmal die Philosophie der Kunst zu leisten vorhatte und was sie in ihrer überlieferten Gestalt vorm heutigen Bewußtsein so wenig wie vor den gegenwärtigen Werken mehr leistet.

 

Wertfreie Ästhetik ist Nonsens. Kunstwerke verstehen heißt, wie übrigens Brecht wohl wußte, des Moments ihrer Logizität innewerden und ihres Gegenteils, auch ihrer Brüche und dessen, was sie bedeuten. Keiner könnte die Meistersinger verstehen, der nicht das von Nietzsche denunzierte Moment, daß Positivität darin narzißtisch gespielt wird, wahrnähme, also das Moment der Unwahrheit. Die Trennung von Verstehen und Wert ist szientifisch veranstaltet; ohne Werten wird ästhetisch nichts verstanden und umgekehrt. In Kunst ist mit mehr Fug von Wert zu reden als sonstwo. Jedes Werk sagt wie ein Mime: bin ich nicht gut; darauf antwortet wertendes Verhalten.

 

Während der Versuch von Ästhetik heute die Kritik ihrer allgemeinen Prinzipien und Normen als bindend voraussetzt, muß er notwendig selbst im Medium des Allgemeinen sich halten. Den Widerspruch wegzuschaffen steht nicht bei der Ästhetik. Sie muß ihn auf sich nehmen und reflektieren, dem theoretischen Bedürfnis folgend, das Kunst im Zeitalter ihrer Reflexion kategorisch anmeldet. Die Nötigung zu solcher Allgemeinheit legitimiert aber keine positive Invariantenlehre. In den zwangsläufig allgemeinen Bestimmungen fassen die Resultate des geschichtlichen Prozesses sich zusammen, eine Aristotelische Sprachfigur variierend: was Kunst war. Die allgemeinen Bestimmungen von Kunst sind die dessen, wozu sie wurde. Die historische Situation, irr geworden an der raison d'être von Kunst überhaupt, tastet rückwärts schauend nach dem Begriff von Kunst, die retrospektiv zu etwas wie Einheit zusammenschießt. Diese ist nicht abstrakt sondern die Entfaltung der Kunst zu ihrem eigenen Begriff. Allerorten setzt darum die Theorie als ihre eigene Bedingung, nicht als Beleg und Beispiel konkrete Analysen voraus. Zur geschichtlichen Wendung ins Allgemeine war bereits Benjamin, der philosophisch die Versenkung in konkrete Kunstwerke ins Extrem gesteigert hatte, in der Reproduktionstheorie[1] veranlaßt.

 

Der Forderung, Ästhetik sei Reflexion künstlerischer Erfahrung, ohne daß diese ihren dezidiert theoretischen Charakter aufweichen dürfe, ist methodisch am besten zu genügen, indem modellartig in die traditionellen Kategorien eine Bewegung des Begriffs hineingetragen wird, die sie der künstlerischen Erfahrung konfrontiert. Dabei ist kein Kontinuum zwischen den Polen zu konstruieren. Das Medium der Theorie ist abstrakt und sie darf nicht durch illustrative Beispiele darüber täuschen. Wohl aber mag zuweilen, wie einst in der Hegelschen Phänomenologie, zwischen der Konkretion geistiger Erfahrung und dem Medium des allgemeinen Begriffs jäh der Funke zünden, derart, daß das Konkrete nicht als Beispiel illustriert sondern die Sache selbst ist, welche das abstrakte Raisonnement einkreist, ohne das doch der Name nicht gefunden werden könnte. Dabei ist von der Produktionsseite her zu denken: den objektiven Problemen und Desideraten, welche die Produkte präsentieren. Der Vorrang der Produktionssphäre in den Kunstwerken ist der ihres Wesens als der Produkte gesellschaftlicher Arbeit gegenüber der Kontingenz ihrer subjektiven Hervorbringung. Die Beziehung auf die traditionellen Kategorien aber ist unumgänglich, weil allein die Reflexion jener Kategorien es erlaubt, die künstlerische Erfahrung der Theorie zuzubringen. In der Veränderung der Kategorien, die solche Reflexion ausdrückt und bewirkt, dringt die geschichtliche Erfahrung in die Theorie ein. Durch die historische Dialektik, welche der Gedanke in traditionellen Kategorien freisetzt, verlieren diese ihre schlechte Abstraktheit, ohne doch das Allgemeine zu opfern, das dem Gedanken inhäriert: Ästhetik zielt auf konkrete Allgemeinheit. Die ingeniöseste Analyse einzelner Gebilde ist nicht unmittelbar schon Ästhetik; das ist ihr Makel sowohl wie ihre Superiorität über das, was sich Kunstwissenschaft nennt. Von der aktuellen künstlerischen Erfahrung her jedoch legitimiert sich der Rekurs auf die traditionellen Kategorien, die in der gegenwärtigen Produktion nicht verschwinden sondern noch in ihrer Negation wiederkehren. Erfahrung terminiert in Ästhetik: sie erhebt zu Konsequenz und Bewußtsein, was in den Kunstwerken vermischt, inkonsequent, im Einzelwerk unzulänglich sich zuträgt. Unter diesem Aspekt handelt auch nichtidealistische Ästhetik von ›Ideen‹.

 

Die qualitative Differenz von Kunst und Wissenschaft läßt diese nicht einfach gewähren als Instrument, jene zu erkennen. Die Kategorien, die sie dabei heranbringt, stehen zu den innerkünstlerischen so quer, daß deren Projektion auf wissenschaftliche Begriffe unweigerlich wegerklärt, was zu erklären sie vorhat. Die zunehmende Relevanz der Technologie in den Kunstwerken darf nicht dazu verleiten, sie jenem Typus von Vernunft zu unterstellen, der die Technologie hervorbrachte und in ihr sich fortsetzt.

 

Vom Klassischen überlebt die Idee der Kunstwerke als eines Objektiven, vermittelt durch Subjektivität. Sonst wäre Kunst tatsächlich ein an sich beliebiger, für die anderen gleichgültiger und womöglich historisch rückständiger Zeitvertreib. Sie nivellierte sich zum Ersatzprodukt einer Gesellschaft, deren Kraft nicht länger vom Erwerb des Lebensunterhalts verbraucht wird und in der gleichwohl unmittelbare Triebbefriedigung limitiert ist. Dem widerspricht Kunst als hartnäckiger Einspruch gegen jenen Positivismus, der sie dem universalen Für anderes beugen möchte. Nicht daß sie, einbezogen in den gesellschaftlichen Verblendungszusammenhang, nicht doch sein könnte, was sie nicht Wort haben will. Aber ihr Dasein ist unvereinbar mit der Macht, die dazu sie erniedrigen, sie brechen möchte. Was aus bedeutenden Werken spricht, ist dem Totalitätsanspruch subjektiver Vernunft entgegen. Deren Unwahrheit wird an der Objektivität der Kunstwerke offenbar. Abgelöst von ihrem immanenten Anspruch auf Objektivität wäre Kunst nichts als ein mehr oder minder organisiertes System von Reizen, welche Reflexe bedingen, die die Kunst von sich aus, autistisch und dogmatisch jenem System zuschriebe anstatt denen, auf welche es einwirkt. Damit würde der Unterschied des Kunstwerks von den bloßen sensuellen Qualitäten verschwinden, es wäre ein Stück Empirie, amerikanisch gesprochen: a battery of tests, und das adäquate Mittel von Kunst Rechenschaft zu geben der program analyzer oder Erhebungen über durchschnittliche Reaktionen von Gruppen auf Kunstwerke oder Gattungen; nur daß, vielleicht aus Respekt vor den anerkannten Branchen der Kultur, der Positivismus selten so weit zu gehen scheint, wie es in der Konsequenz seiner eigenen Methode liegt. Bestreitet er, als Lehre von der Erkenntnis, jeglichen objektiven Sinn und rechnet er jeden Gedanken, der nicht auf Protokollsätze reduzibel ist, der Kunst zu, so negiert er damit, ohne es einzugestehen, a limine die Kunst, die er so wenig ernst nimmt wie der müde Geschäftsmann, der sich von ihr massieren läßt; er wäre, entspräche Kunst den positivistischen Kriterien, ihr transzendentales Subjekt. Der Kunstbegriff, auf den der Positivismus hinaus möchte, konvergiert mit dem der Kulturindustrie, die tatsächlich ihre Produkte als die Reizsysteme organisiert, welche die subjektive Projektionstheorie für Kunst unterschiebt. Hegels Argument gegen die subjektive, auf die Empfindung der Rezipierenden gegründete Ästhetik war deren Zufälligkeit. Bei dieser ist es nicht geblieben. Das subjektive Wirkungsmoment wird von der Kulturindustrie kalkuliert, nach statistischem Durchschnittswert zum allgemeinen Gesetz. Es ist objektiver Geist geworden. Das jedoch schwächt jene Kritik Hegels nicht ab. Denn die Allgemeinheit gegenwärtigen Stils ist das negativ Unmittelbare, die Liquidation jeglichen Wahrheitsanspruchs der Sache ebenso wie der permanente Betrug an den Rezipierenden durch die implizite Versicherung, um ihretwillen sei da, wodurch ihnen bloß das Geld wieder abgenommen wird, das die konzentrierte ökonomische Macht ihnen zuschießt. Das lenkt erst recht die Ästhetik – und auch die Soziologie, soweit sie als eine vorgeblicher Kommunikationen der subjektiven Ästhetik Zutreiberdienste leistet – auf die Objektivität des Kunstwerks. Im praktischen Forschungsbetrieb widersetzen sich positivistisch Gesonnene, die etwa mit dem Murray-Test operieren, bereits jeder auf den objektiven Ausdrucksgehalt der Testbilder gerichteten Analyse, die sie, als allzu abhängig vom Betrachter, für wissenschaftsunwürdig befinden; vollends müßten sie derart Kunstwerken gegenüber verfahren, die nicht, wie jener Test, auf Rezipierende hin angelegt sind sondern diese mit ihrer Objektivität konfrontieren. Mit der bloßen Beteuerung freilich, Kunstwerke seien keine Summe von Reizen, hätte der Positivismus so leichtes Spiel wie mit aller Apologetik. Er könnte sie als Rationalisierung und Projektion abtun, gut lediglich dazu, sich selbst sozialen Status zu verschaffen, nach dem Muster des Verhaltens von Millionen Bildungsphilistern zur Kunst. Oder er könnte, radikaler, die Objektivität der Kunst als animistisches Residuum disqualifizieren, das der Aufklärung zu weichen habe wie jedes andere. Wer die Erfahrung von der Objektivität nicht sich abmarkten lassen, nicht den Kunstfremden Autorität über die Kunst einräumen möchte, muß immanent verfahren, an die subjektiven Reaktionsweisen anknüpfen, für deren bloße Spiegelung dem positivistischen Menschenverstand Kunst und ihr Gehalt gilt. Wahr ist am positivistischen Ansatz die Platitude, daß ohne Erfahrung der Kunst von dieser nichts gewußt wird und nicht die Rede sein kann. Aber in jene Erfahrung fällt eben der Unterschied, welchen der Positivismus ignoriert: drastisch der, ob man einen Schlager, an dem nichts zu verstehen ist, als Leinwand für allerhand psychologische Projektionen benutzt, oder ob man ein Werk dadurch versteht, daß man seiner eigenen Disziplin sich unterwirft. Was die philosophische Ästhetik zum Befreienden, nach ihrer Sprache Raum und Zeit Transzendierenden der Kunst überhöhte, war die Selbstnegation des Betrachtenden, der im Werk virtuell erlischt. Dazu nötigen ihn die Werke, deren jedes index veri et falsi ist; nur wer seinen objektiven Kriterien sich stellt, versteht es; wer um sie nicht sich schert, ist der Konsument. Im adäquaten Verhalten zur Kunst ist trotzdem das subjektive Moment bewahrt: je größer die Anstrengung, das Werk und seine strukturelle Dynamik mitzuvollziehen, je mehr Subjekt die Betrachtung in jenes hineinsteckt, desto glücklicher wird das Subjekt selbstvergessen der Objektivität inne: auch in der Rezeption vermittelt Subjektivität die Objektivität. Das Subjekt wird an jeglichem Schönen, wie Kant allein am Erhabenen es konstatierte, seiner Nichtigkeit sich bewußt und gelangt über sie hinaus zu dem, was anders ist. Die Kantische Lehre krankt allein daran, daß sie den Widerpart solcher Nichtigkeit zum positiv Unendlichen erklärte und wiederum ins intelligible Subjekt verlegte. Der Schmerz im Angesicht des Schönen ist die Sehnsucht nach jenem vom subjektiven Block dem Subjekt Versperrten, von dem es doch weiß, daß es wahrer ist als es selbst. Erfahrung, die ohne Gewalt des Blocks ledig wäre, wird eingeübt von der Ergebung des Subjekts ins ästhetische Formgesetz. Der Betrachter geht den Vertrag mit dem Kunstwerk ein, damit es spreche. Banausisch überträgt das Besitzverhältnis auf das diesem schlechterdings Entrückte, wer darauf pocht, daß er vom Kunstwerk etwas ›habe‹; er verlängert die Verhaltensweise ungebrochener Selbsterhaltung, ordnet das Schöne jenem Interesse unter, welches es, nach Kants unüberholter Einsicht, transzendiert. Daß aber gleichwohl kein Schönes ohne Subjekt sei, daß es zu einem An sich nur durch sein Für anderes hindurch werde, ist verschuldet von der Selbstsetzung des Subjekts. Weil diese das Schöne verstörte, bedarf es des Subjekts, im Bilde daran zu erinnern. Die Schwermut des Abends ist nicht die Stimmung dessen, der sie fühlt, aber sie ergreift nur den, der so sehr sich differenziert hat, so sehr Subjekt wurde, daß er nicht blind ist gegen sie. Erst das starke und entfaltete Subjekt, Produkt aller Naturbeherrschung und ihres Unrechts, hat auch die Kraft, vorm Objekt zurückzutreten und seine Selbstsetzung zu revozieren. Das Subjekt des ästhetischen Subjektivismus aber ist schwach, ›outer directed‹. Die Überschätzung des subjektiven Moments im Kunstwerk und die Beziehungslosigkeit zu diesem sind Äquivalente. Nur dann wird das Subjekt zum Wesen des Kunstwerks, wenn es diesem fremd, äußerlich gegenübertritt und die Fremdheit kompensiert, indem es sich anstelle der Sache unterschiebt. Allerdings ist die Objektivität des Kunstwerks der Erkenntnis nicht voll und adäquat gegeben, und in den Werken keineswegs fraglos; die Differenz zwischen dem von deren Problem Geforderten und der Lösung zehrt an jener Objektivität. Diese ist kein positiver Sachverhalt sondern ein Ideal der Sache wie ihrer Erkenntnis. Ästhetische Objektivität ist nicht unmittelbar; wer sie in Händen zu halten glaubt, den führt sie irre. Wäre sie ein Unvermitteltes, so fiele sie mit den sinnlichen Phänomenen der Kunst zusammen und unterschlüge deren geistiges Moment; das aber ist fehlbar für sich und für andere. Ästhetik heißt soviel wie den Bedingungen und Vermittlungen der Objektivität von Kunst nachgehen. Die Hegelsche Beweisführung gegen die Kantisch-subjektivistische Begründung der Ästhetik macht es sich zu leicht: widerstandslos kann sie sich ins Objekt, oder in dessen Kategorien – die bei Hegel noch mit den Gattungsbegriffen koinzidieren –, versenken, wie es ihm a priori Geist ist. Mit der Absolutheit des Geistes stürzt auch die des Geistes der Kunstwerke. Darum wird es der Ästhetik so schwer, nicht dem Positivismus sich zu zedieren und in ihm zu verenden. Aber die Demontage der Geistmetaphysik treibt der Kunst nicht den Geist aus: ihr geistiges Moment wird gekräftigt und konkretisiert, sobald nicht länger alles an ihr, unterschiedslos, Geist sein soll; wie es übrigens auch von Hegel nicht gemeint war. War die Geistmetaphysik der Kunst nachempfunden, so wird nach deren Untergang der Geist der Kunst gleichsam zurückerstattet. Das Untriftige subjektiv-positivistischer Theoreme über die Kunst ist an dieser selbst darzutun, nicht aus einer Philosophie des Geistes zu deduzieren. Ästhetische Normen, die invarianten Reaktionsformen des auffassenden Subjekts entsprechen sollen, sind empirisch ungültig; so die gegen die neue Musik gerichtete These der Schulpsychologie, das Ohr könne sehr komplexe, von den natürlichen Obertonverhältnissen weit sich entfernende simultane Tonphänomene nicht perzipieren: unstreitig existieren solche, die es vermögen, und nicht ist einzusehen, warum es nicht alle vermögen sollten; die Schranke ist keine transzendentale sondern gesellschaftlich, eine der zweiten Natur. Zitiert die empirisch sich gerierende Ästhetik demgegenüber Durchschnittswerte als Normen, so ergreift sie unbewußt bereits die Partei der gesellschaftlichen Konformität. Was derlei Ästhetik als wohlgefällig oder unlustvoll rubriziert, ist vollends kein sinnlich Natürliches; die gesamte Gesellschaft, ihr Imprimatur und ihre Zensur, präformiert es, und dagegen hat künstlerische Produktion von je aufbegehrt. Subjektive Reaktionen wie der Ekel vor Suavität, ein Agens der neuen Kunst, sind die ins Sensorium eingewanderten Widerstände gegen das heteronome gesellschaftliche Convenu. Generell ist die vermeintliche Basis von Kunst in subjektiven Reaktionsformen und Verhaltensweisen bedingt; noch im Zufall des Geschmacks waltet latenter Zwang, wenngleich nicht stets der der Sache; die gegen die Sache gleichgültige subjektive Reaktionsform ist außerästhetisch. Zumindest jedoch ist jedes subjektive Moment in den Kunstwerken seinerseits auch von der Sache her motiviert. Die Sensibilität des Künstlers ist wesentlich die Fähigkeit, der Sache nachzuhören, mit den Augen der Sache zu sehen. Je strikter Ästhetik nach dem Hegelschen Postulat auf die bewegte Sache sich konstruiert, je objektiver sie wird, desto weniger verwechselt sie mehr subjektiv fundierte, fragwürdige Invarianten mit Objektivität. Croces Verdienst war es, daß er in dialektischem Geist jeden der Sache äußerlichen Maßstab wegräumte; Hegels Klassizismus hinderte diesen daran. Er brach in der Ästhetik die Dialektik ähnlich ab wie in der Institutionenlehre der Rechtsphilosophie. Erst durch die Erfahrung der radikal nominalistischen neuen Kunst ist die Hegelsche Ästhetik zu sich selbst zu bringen; auch Croce zuckt davor zurück.

 

Ästhetischer Positivismus, der die theoretische Dechiffrierung der Werke durch die Bestandsaufnahme ihrer Wirkung ersetzt, hat sein Wahrheitsmoment allenfalls daran, daß er die Fetischisierung der Werke denunziert, die selbst ein Stück Kulturindustrie und ästhetischen Verfalls ist. Vom Positivismus wird an das dialektische Moment erinnert, daß kein Kunstwerk je rein ist. Für manche ästhetischen Formen wie die Oper war der Wirkungszusammenhang konstitutiv; zwingt die inwendige Bewegung der Gattung dazu, ihm abzusagen, so wird die Gattung virtuell unmöglich. Wer ungebrochen das Kunstwerk als das reine An sich auffaßte, als welches es gleichwohl aufgefaßt werden muß, der verfiele naiv seiner Selbstsetzung und nähme den Schein als Wirklichkeit zweiten Grades, verblendet gegen ein konstitutives Moment an der Kunst. Der Positivismus ist deren schlechtes Gewissen: er gemahnt sie dessen, daß sie nicht unmittelbar wahr ist.

 

Während die These vom projektiven Charakter der Kunst deren Objektivität – Rang und Wahrheitsgehalt – – ignoriert und diesseits eines emphatischen Begriffs von Kunst verbleibt, hat sie Gewicht als Ausdruck einer geschichtlichen Tendenz. Was sie banausisch den Kunstwerken antut, entspricht dem positivistischen Zerrbild von Aufklärung, der losgelassenen subjektiven Vernunft. Deren gesellschaftliche Übermacht reicht in die Werke hinein. Jene Tendenz, die durch Entkunstung die Kunstwerke unmöglich machen möchte, ist nicht mit dem Appell zu sistieren, Kunst müsse es geben: das steht nirgends geschrieben. Nur ist dabei die volle Konsequenz der Projektionstheorie mitzudenken, die Negation von Kunst. Sonst läuft die Projektionstheorie auf deren schmähliche Neutralisierung nach dem Schema der Kulturindustrie hinaus. Aber das positivistische Bewußtsein hat, als falsches, seine Schwierigkeiten: es bedarf der Kunst, um in sie abzuschieben, was in seinem erstickend engen Raum nicht unterkommt. Überdies muß der Positivismus, gläubig ans Vorhandene, mit der Kunst sich abfinden, weil sie nun einmal vorhanden ist. Die Positivisten helfen sich aus dem Dilemma, indem sie die Kunst so wenig ernst nehmen wie der tired businessman. Das erlaubt ihnen Toleranz gegen die Kunstwerke, die ihrem eigenen Denken zufolge schon keine mehr sind.

 

Wie wenig Kunstwerke in ihrer Genese aufgehen und wie sehr darum die philologische Methode sie verfehlt, ist sinnfällig zu demonstrieren. Schikaneder hat nichts von Bachofen sich träumen lassen. Das Libretto der Zauberflöte kontaminiert die verschiedensten Quellen, ohne Einstimmigkeit herzustellen. Objektiv aber erscheint in dem Textbuch der Konflikt von Matriarchat und Patriarchat, von lunarem und solarem Wesen. Das erklärt die Resistenzkraft des vom altklugen Geschmack als schlecht diffamierten Textes. Er bewegt sich auf der Grenzscheide von Banalität und abgründigem Tiefsinn; vor jener wird er dadurch behütet, daß die Koloraturpartie der Königin der Nacht kein ›böses Prinzip‹ vorstellt.

 

Ästhetische Erfahrung kristallisiert sich im besonderen Werk. Gleichwohl ist keine zu isolieren, keine unabhängig von der Kontinuität des erfahrenden Bewußtseins. Das Punktuelle und Atomistische ist ihr so sehr entgegen wie jeder anderen: in das Verhältnis zu den Kunstwerken als Monaden muß die gestaute Kraft dessen eingehen, was an ästhetischem Bewußtsein jenseits des einzelnen Werks schon sich gebildet hat. Das ist der vernünftige Sinn des Begriffs Kunstverständnis. Die Kontinuität ästhetischer Erfahrung ist gefärbt von aller anderen Erfahrung und allem Wissen des Erfahrenden; freilich bestätigt und korrigiert sie sich allein in der Konfrontation mit dem Phänomen.

In der geistigen Reflexion, dem über der Sache sich dünkenden Geschmack mag leicht die Verfahrungsweise des Renard von Strawinsky der Wedekindschen Lulu angemessener erscheinen als Bergs Musik. Der Musiker weiß, wieviel höher diese rangiert als die Strawinskys, und opfert dafür die Souveränität des ästhetischen Standpunkts; aus solchen Konflikten setzt künstlerische Erfahrung sich zusammen.

 

Die Gefühle, welche von den Kunstwerken erregt werden, sind real und insofern außerästhetisch. Ihnen gegenüber ist zunächst die in Gegenrichtung zum betrachtenden Subjekt erkennende Haltung die richtigere, wird dem ästhetischen Phänomen gerechter, ohne es mit der empirischen Existenz des Betrachters zu verwirren. Aber daß das Kunstwerk nicht nur ästhetisch ist sondern darüber und darunter, entspringend in empirischen Schichten, dinghaften Charakters, fait social, und schließlich in der Idee der Wahrheit mit Meta-Ästhetischem konvergiert, impliziert Kritik am chemisch reinen Verhalten zur Kunst. Das erfahrende Subjekt, von dem ästhetische Erfahrung sich wegbewegt, kehrt in ihr als transästhetisches wieder. Erschütterung reißt das distanzierte Subjekt wieder in sich hinein. Während die Kunstwerke der Betrachtung sich öffnen, beirren sie zugleich den Betrachter in seiner Distanz, der des bloßen Zuschauers; ihm geht die Wahrheit des Werkes auf als die, welche auch die Wahrheit seiner selbst sein sollte. Der Augenblick dieses Übergangs ist der oberste von Kunst. Er errettet Subjektivität, sogar subjektive Ästhetik durch ihre Negation hindurch. Das von Kunst erschütterte Subjekt macht reale Erfahrungen; nun jedoch, kraft der Einsicht ins Kunstwerk als Kunstwerk solche, in denen seine Verhärtung in der eigenen Subjektivität sich löst, seiner Selbstsetzung ihre Beschränktheit aufgeht. Hat das Subjekt in der Erschütterung sein wahres Glück an den Kunstwerken, so ist es eines gegen das Subjekt; darum ihr Organ das Weinen, das auch die Trauer über die eigene Hinfälligkeit ausdrückt. Kant hat davon etwas in der Ästhetik des Erhabenen gespürt, die er von der Kunst ausnimmt.

 

Unnaivetät der Kunst gegenüber, als Reflexion, bedarf freilich der Naivetät in anderem Betracht: daß das ästhetische Bewußtsein nicht seine Erfahrungen vom kulturell gerade Geltenden regulieren läßt, sondern die Kraft spontanen Reagierens auch fortgeschrittenen Schulen gegenüber sich bewahrt. So sehr das einzelmenschliche Bewußtsein auch künstlerisch durch die Gesellschaft, den herrschenden objektiven Geist vermittelt ist, es bleibt der geometrische Ort der Selbstreflexion jenes Geistes und erweitert ihn. Naivetät zur Kunst ist ein Ferment der Verblendung; wer ihrer ganz ermangelt, ist erst recht borniert, befangen in dem ihm Aufgenötigten.

 

 

Zu verteidigen sind die Ismen als Parolen, Zeugnisse des universalen Standes von Reflexion sowohl wie, schulbildend, Nachfolger dessen, was einmal Tradition leistete. Das erregt die Wut des dichotomischen bürgerlichen Bewußtseins. Obwohl von ihm alles geplant, gewollt wird, soll unter seinem Zwang die Kunst wie die Liebe rein spontan, unwillkürlich, unbewußt sein. Das ist ihr geschichtsphilosophisch versagt. Das Tabu über den Parolen ist ein reaktionäres.

 

Das Neue ist Erbe dessen, was vordem der individualistische Begriff der Originalität sagen wollte, den mittlerweile jene ins Feld führen, die das Neue nicht wollen, es der Unoriginalität, alle avancierte Form der Uniformität bezichtigen.

 

Haben späte künstlerische Entwicklungen Montage als ihr Prinzip erkoren, so haben subkutan die Kunstwerke seit je etwas von deren Prinzip in sich gehabt; im einzelnen wäre das an der Puzzletechnik der großen Musik des Wiener Klassizismus zu zeigen, die doch so sehr dem Ideal organischer Entwicklung der gleichzeitigen Philosophie entspricht.

 

Daß die Struktur der Geschichte durch den parti pris für wirklich oder vermeintlich große Ereignisse verzerrt wird, gilt auch für die Geschichte der Kunst. Wohl kristallisiert sie jeweils sich im qualitativ Neuen, aber mitzudenken ist die Antithesis, daß dies Neue, die jäh hervortretende Qualität, der Umschlag, so gut wie ein Nichts ist. Das entkräftet den Mythos vom künstlerischen Schöpfertum. Der Künstler vollbringt den minimalen Übergang, nicht die maximale creatio ex nihilo. Das Differential des Neuen ist der Ort von Produktivität. Durch das unendlich Kleine des Entscheidenden erweist der Einzelkünstler sich als Exekutor einer kollektiven Objektivität des Geistes, der gegenüber sein Anteil verschwindet; in der Vorstellung vom Genie als einem Empfangenden, Passivischen war implizit daran erinnert. Das legt die Perspektive frei auf das an den Kunstwerken, wodurch sie mehr sind als ihre primäre Bestimmung, mehr als Artefakte. Ihr Verlangen, so und nicht anders zu sein, arbeitet dem Charakter des Artefakts entgegen, indem es ihn zum Äußersten treibt; der souveräne Künstler möchte die Hybris des Schöpfertums tilgen. Das Quentchen Wahrheit am Glauben, alles sei stets noch da, hat hier seine Stätte. In der Tastatur jeden Klaviers steckt die ganze Appassionata, der Komponist muß sie nur herausholen, und dazu freilich bedarf es Beethovens.

 

Bei aller Aversion gegen das, was an Moderne veraltet dünkt, hat die Situation der Kunst gegenüber dem Jugendstil keineswegs so radikal sich verändert, wie es jener Aversion lieb wäre. Sie selbst mag ebenso daher rühren wie die ungemilderte Aktualität von Werken, die man, ohne daß sie im Jugendstil aufgingen, jenem zurechnen mag, wie den Schönbergschen Pierrot, auch manches von Maeterlinck und Strindberg. Der Jugendstil war der erste kollektive Versuch, den absenten Sinn von Kunst aus zu setzen; das Scheitern jenes Versuchs umschreibt exemplarisch bis heute die Aporie von Kunst. Er explodierte im Expressionismus; der Funktionalismus und dessen Äquivalente in der nicht zweckbezogenen Kunst waren seine abstrakte Negation. Schlüssel der gegenwärtigen Antikunst, mit Beckett als Spitze, mag die Idee sein, jene Negation zu konkretisieren; aus der rückhaltlosen Negation metaphysischen Sinnes ein ästhetisch Sinnvolles herauszulesen. Das ästhetische Prinzip der Form ist an sich, durch Synthesis des Geformten, Setzung von Sinn, noch wo Sinn inhaltlich verworfen wird. Insofern bleibt Kunst, gleichgültig was sie will und sagt, Theologie; ihr Anspruch auf Wahrheit und ihre Affinität zum Unwahren sind eines. Dieser Sachverhalt ging spezifisch am Jugendstil auf. Die Situation schärft sich zu der Frage, ob Kunst nach dem Sturz der Theologie und ohne eine jede überhaupt möglich sei. Besteht aber, wie bei Hegel, der als erster den geschichtsphilosophischen Zweifel an jener Möglichkeit aussprach, jene Nötigung fort, so behält sie etwas vom Orakel; zweideutig bleibt, ob die Möglichkeit genuines Zeugnis des Perennierenden von Theologie sei oder Widerschein des perennierenden Bannes.

 

Jugendstil ist, wie der Name verrät, die in Permanenz erklärte Pubertät: Utopie, welche die eigene Unrealisierbarkeit diskontiert.

 

Der Haß gegen das Neue entstammt einem Grundstück der bürgerlichen Ontologie, das diese verschweigt: es soll das Vergängliche vergänglich sein, der Tod das letzte Wort behalten.

 

Das Prinzip der Sensation ging stets mit dem geflissentlichen Bürgerschreck zusammen und hat dem bürgerlichen Verwertungsmechanismus sich adaptiert.

 

So gewiß auch der Begriff des Neuen mit verhängnisvollen gesellschaftlichen Zügen, zumal dem der nouveauté auf dem Markt, verflochten ist, so unmöglich ist es, seit Baudelaire, Manet und dem Tristan, ihn zu suspendieren; Versuche dazu haben, seiner angeblichen Zufälligkeit und Willkür gegenüber, nur ein doppelt Zufälliges und Willkürliches herbeigeführt.

 

Von der bedrohlichen Kategorie des Neuen strahlt stets wieder die Lockung von Freiheit aus, stärker als ihr Hemmendes, Nivellierendes, zuzeiten Steriles.

 

Die Kategorie des Neuen fällt als abstrakte Negation der des Beständigen mit dieser zusammen: ihre Invarianz ist ihre Schwäche.

 

Moderne trat geschichtlich als ein Qualitatives hervor, als Differenz von den depotenzierten Mustern; darum ist sie nicht rein temporal; das übrigens hilft erklären, daß sie einerseits invariante Züge angenommen hat, die man ihr gern vorwirft, andererseits nicht als überholt zu kassieren ist. Innerästhetisches und Soziales verschränken sich dabei. Je mehr Kunst zum Widerstand gegen das von der Herrschaftsapparatur geprägte, standardisierte Leben genötigt wird, desto mehr mahnt sie ans Chaos: zum Unheil wird es als Vergessenes. Daher die Verlogenheit des Gezeters über den angeblichen geistigen Terror der Moderne; es überschreit den Terror der Welt, dem die Kunst sich weigert. Der Terror einer Reaktionsweise, die nichts als das Neue erträgt, ist als Scham über den Schwachsinn der offiziellen Kultur heilsam. Wer sich genieren muß, davon zu plappern, die Kunst dürfe den Menschen nicht vergessen, oder vor befremdenden Werken zu fragen, wo die Aussage bleibe, der wird zwar widerstrebend, vielleicht auch ohne rechte Überzeugung liebe Gewohnheiten opfern müssen, die Scham kann aber einen Prozeß von außen nach innen inaugurieren, der es den Terrorisierten schließlich auch vor sich selbst unmöglich macht mitzublöken.

 

Vom nachdrücklichen ästhetischen Begriff des Neuen sind die industriellen Verfahrungsweisen nicht wegzudenken, welche die materielle Produktion der Gesellschaft zunehmend beherrschen; ob, wie Benjamin angenommen zu haben scheint[2], die Ausstellung zwischen beidem vermittelte, ist offen. Die industriellen Techniken jedoch, Wiederholung identischer Rhythmen und wiederholte Hervorbringung von Identischem nach einem Muster, enthalten zugleich ein dem Neuen konträres Prinzip. Das setzt sich durch in der Antinomik des ästhetisch Neuen.

 

 

So wenig es ein einfach Häßliches gibt; so sehr Häßliches durch seine Funktion zum Schönen werden konnte, so wenig gibt es ein einfach Schönes: trivial, daß der schönste Sonnenuntergang, das schönste Mädchen, treulich abgemalt, abscheulich werden kann. Dabei jedoch ist am Schönen wie am Häßlichen das Moment der Unmittelbarkeit nicht übereifrig zu unterschlagen: kein Liebender, der fähig ist, Unterschiede wahrzunehmen – und das ist die Bedingung von Liebe –, wird die Schönheit der Geliebten sich verkümmern lassen. Schön und Häßlich sind weder zu hypostasieren noch zu relativieren; ihr Verhältnis enthüllt sich stufenweise und dabei freilich wird vielfach eines zur Negation des anderen. Schönheit ist geschichtlich an sich selber, das sich Entringende.

 

Wie wenig die empirisch hervorbringende Subjektivität und ihre Einheit mit dem konstitutiven ästhetischen Subjekt und gar der objektiven ästhetischen Qualität eins ist, dafür zeugt die Schönheit mancher Städte. Perugia, Assisi zeigen das höchste Maß an Form und Stimmigkeit der Gestalt, ohne daß es wohl gewollt oder angeschaut wäre, obwohl man den Anteil von Planung auch an dem nicht unterschätzen darf, was als zweite Natur organisch dünkt. Es ist begünstigt von der sanften Wölbung des Berges, der rötlichen Tönung der Steine, einem Außerästhetischen, das, als Material menschlicher Arbeit, von sich eine der Determinanten der Gestalt ist. Als Subjekt wirkt dabei die geschichtliche Kontinuität, wahrhaft ein objektiver Geist, der von jener Determinante sich leiten läßt, ohne daß es dem individuellen Baumeister im Sinn liegen müßte. Dies geschichtliche Subjekt des Schönen dirigiert weithin auch die Produktion der einzelnen Künstler. Was aber die Schönheit solcher Städte vermeintlich bloß von außen bewirkt, ist ihr Inwendiges. Immanente Historizität wird Erscheinung und mit ihr entfaltet sich die ästhetische Wahrheit.

 

Unzulänglich ist die Identifikation der Kunst mit dem Schönen, und nicht nur als allzu formal. In dem, wozu Kunst geworden ist, gibt die Kategorie des Schönen lediglich ein Moment ab und dazu eines, das bis ins Innerste sich gewandelt: durch die Absorption des Häßlichen hat sich der Begriff der Schönheit an sich verändert, ohne daß doch Ästhetik seiner entraten kann. In der Absorption des Häßlichen ist Schönheit kräftig genug, durch ihren Widerspruch sich zu erweitern.

 

Hegel bezieht erstmals Position gegen den ästhetischen Sentimentalismus, der den Gehalt des Kunstwerks in sich schließlich doch nicht an ihm selbst sondern an seiner Wirkung ablesen möchte. Die spätere Gestalt dieses Sentimentalismus ist der Begriff der Stimmung, der seinen geschichtlichen Stellenwert hat. Nichts könnte zum Guten und Schlechten Hegels Ästhetik besser bezeichnen als ihre Unvereinbarkeit mit dem Moment von Stimmung oder Gestimmtheit am Kunstwerk. Er besteht wie allerorten auf dem Festen des Begriffs. Das kommt der Objektivität des Kunstwerks gegenüber seinem Effekt ebenso wie gegen seine bloße sinnliche Fassade zugute. Der Fortschritt, den er damit vollzieht, wird jedoch bezahlt durch ein Kunstfremdes, die Objektivität durch ein Dinghaftes, einen Überschuß an Stofflichkeit. Er droht, zugleich die Ästhetik aufs Vorkünstlerische zurückzuschrauben, auf die konkretistische Verhaltensweise des Bürgers, der im Bild oder im Drama einen festen Inhalt haben will, an den er sich halten und den er halten kann. Die Dialektik der Kunst beschränkt sich bei Hegel auf die Gattungen und ihre Geschichte, wird aber nicht radikal genug in die Theorie des Werkes hineinverlegt. Daß das Naturschöne gegen die Bestimmung durch den Geist spröde ist, verleitet ihn dazu, in einem Kurzschluß herabzusetzen, was an der Kunst nicht Geist qua Intention ist. Ihr Korrelat ist Verdinglichung. Korrelat des absoluten Machens ist stets das Gemachte als festes Objekt. Hegel verkennt das Undingliche der Kunst, das selbst zu ihrem Begriff wider die empirische Dingwelt zählt. Er schiebt es polemisch aufs Naturschöne als dessen schlechte Unbestimmtheit ab. Aber gerade an diesem Moment besitzt das Naturschöne etwas, was, wenn es dem Kunstwerk verloren geht, es ins Amusische der bloßen Faktizität zurückschlagen läßt. Wer nicht in der Erfahrung der Natur jene Trennung von Aktionsobjekten zu vollbringen vermag, die das Ästhetische ausmacht, der ist der künstlerischen Erfahrung nicht mächtig. Hegels Gedanke, daß das Kunstschöne in der Negation des Naturschönen, und damit in diesem entspringt, wäre so zu wenden, daß jener Akt, der das Bewußtsein eines Schönen überhaupt erst stiftet, in der unmittelbaren Erfahrung vollzogen werden muß, wenn er nicht bereits das postulieren soll, was er konstituiert. Die Konzeption des Kunstschönen kommuniziert mit dem Naturschönen: beide wollen Natur restituieren durch Lossage von ihrer bloßen Unmittelbarkeit. Zu erinnern ist an Benjamins Begriff der Aura: »Es empfiehlt sich, den oben für geschichtliche Gegenstände vorgeschlagenen Begriff der Aura an dem Begriff einer Aura von natürlichen Gegenständen zu illustrieren. Diese letztere definieren wir als einmalige Erscheinung einer Ferne, so nah sie sein mag. An einem Sommernachmittag ruhend einem Gebirgszug am Horizont oder einem Zweig folgen, der seinen Schatten auf den Ruhenden wirft – das heißt die Aura dieser Berge, dieses Zweiges atmen.«[3] Was hier Aura heißt, ist der künstlerischen Erfahrung vertraut unter dem Namen der Atmosphäre des Kunstwerks als dessen, wodurch der Zusammenhang seiner Momente über diese hinausweist, und jedes einzelne Moment über sich hinausweisen läßt. Eben dies Konstituens der Kunst, das man mit dem existential-ontologischen Terminus ›Gestimmtheit‹ nur verzerrt getroffen hat, ist am Kunstwerk das seiner Dinghaftigkeit, der Aufnahme des Tatbestands sich Entziehende und, wie ein jeglicher Versuch zur Beschreibung der Atmosphäre des Kunstwerks dartut, ein Enteilendes, Flüchtiges, das – und das konnte zu Hegels Zeit kaum gedacht werden – dennoch zu objektivieren ist, nämlich in Gestalt der künstlerischen Technik. Das auratische Moment verdient deshalb nicht den Hegelschen Bannfluch, weil die insistentere Analyse es als objektive Bestimmung des Kunstwerks erweisen kann. Das über sich Hinausweisen des Kunstwerks gehört nicht nur zu seinem Begriff, sondern läßt an der spezifischen Konfiguration jeden Kunstwerks sich entnehmen. Noch wo Kunstwerke, in einer mit Baudelaire einsetzenden Entwicklung, des atmosphärischen Elements sich entschlagen, ist es als negiertes, vermiedenes in ihnen aufgehoben. Eben dies Element aber hat sein Vorbild an der Natur, und dieser ist das Kunstwerk in ihm tiefer verwandt als in jeder dinglichen Ähnlichkeit. An der Natur so ihre Aura wahrnehmen, wie Benjamin es zur Illustration jenes Begriffs verlangt, heißt an der Natur dessen innewerden, was das Kunstwerk wesentlich zu einem solchen macht. Das ist aber jenes objektive Bedeuten, an das keine subjektive Intention heranreicht. Ein Kunstwerk schlägt dann dem Betrachter die Augen auf, wenn es emphatisch ein Objektives sagt, und diese Möglichkeit einer nicht bloß vom Betrachter projizierten Objektivität hat ihr Modell an jenem Ausdruck der Schwermut, oder des Friedens, den man an der Natur gewinnt, wenn man sie nicht als Aktionsobjekt sieht. Das Ferngerücktsein, auf das Benjamin im Begriff der Aura solchen Wert legt, ist rudimentäres Modell der Distanzierung von den Naturgegenständen als potentiellen Mitteln zu praktischen Zwecken. Die Schwelle zwischen der künstlerischen und der vorkünstlerischen Erfahrung ist genau die zwischen der Herrschaft des Identifikationsmechanismus und den Innervationen der objektiven Sprache von Objekten. Wie es der Schulfall von Banausie ist, wenn ein Leser sein Verhältnis zu Kunstwerken danach reguliert, ob er mit darin vorkommenden Personen sich identifizieren kann, so ist die falsche Identifikation mit der unmittelbaren empirischen Person das Amusische schlechthin. Sie ist das Herabsetzen der Distanz bei gleichzeitigem isolierenden Konsum der Aura als ›etwas Höherem‹. Wohl verlangt auch das authentische Verhältnis zum Kunstwerk einen Akt der Identifikation: in die Sache eingehen, mitvollziehen, wie Benjamin sagt: ›die Aura atmen‹. Aber sein Medium ist, was Hegel die Freiheit zum Objekt nennt: nicht muß der Betrachter, was in ihm vorgeht, aufs Kunstwerk projizieren, um darin sich bestätigt, überhöht, befriedigt zu finden, sondern muß umgekehrt zum Kunstwerk sich entäußern, ihm sich gleichmachen, es von sich aus vollziehen. Daß er der Disziplin des Werks sich zu unterwerfen habe und nicht zu verlangen, daß das Kunstwerk ihm etwas gebe, ist nur ein anderer Ausdruck dafür. Die ästhetische Verhaltensweise aber, die dem sich entzieht, also blind bleibt gegen das, was am Kunstwerk mehr ist als der Fall, ist eins mit der projektiven Haltung, der des terre à terre, die in der gegenwärtigen Epoche insgesamt liegt und die Kunstwerke entkunstet. Daß sie einerseits zu Dingen unter anderen, andererseits zu Gefäßen für die Psychologie des Betrachters werden, ist dabei korrelativ. Als bloße Dinge sprechen sie nicht mehr; dafür werden sie zu Rezeptakeln des Betrachters. Der Begriff der Stimmung aber, dem dem Sinn nach Hegels objektive Ästhetik so sehr widerspricht, ist deshalb so insuffizient, weil er eben das, was er Wahres am Kunstwerk nennt, in sein Gegenteil verkehrt, indem er es in ein bloß Subjektives, eine Reaktionsweise des Betrachters übersetzt und noch im Werk selbst nach dessen Modell vorstellt.

 

Stimmung hieß an den Kunstwerken das, worin die Wirkung und die Beschaffenheit der Werke, als ein über ihre einzelnen Momente Hinausgehendes, trüb sich vermischen. Unterm Schein des Sublimen liefert sie die Kunstwerke der Empirie aus. Während Hegels Ästhetik eine ihrer Grenzen hat an seiner Blindheit für jenes Moment, ist es zugleich ihre Würde, daß sie das Zwielicht zwischen ästhetischem und empirischem Subjekt vermeidet.

 

Weniger wird der Geist, wie Kant es möchte, vor der Natur seiner eigenen Superiorität gewahr als seiner eigenen Naturhaftigkeit. Dieser Augenblick bewegt das Subjekt vorm Erhabenen zum Weinen. Eingedenken von Natur löst den Trotz seiner Selbstsetzung: »Die Träne quillt, die Erde hat mich wieder!« Darin tritt das Ich, geistig, aus der Gefangenschaft in sich selbst heraus. Etwas von der Freiheit leuchtet auf, welche die Philosophie mit schuldhaftem Irrtum dem Gegenteil, der Selbstherrlichkeit des Subjekts, vorbehält. Der Bann, den das Subjekt um Natur legt, befängt auch es: Freiheit regt sich im Bewußtsein seiner Naturähnlichkeit. Weil das Schöne der vom Subjekt den Phänomenen aufgezwungenen Naturkausalität nicht sich unterordnet, ist sein Bereich eines möglicher Freiheit.

 

So wenig wie in irgendeinem anderen gesellschaftlichen Bereich ist in der Kunst Arbeitsteilung bloß Sündenfall. Wo Kunst die gesellschaftlichen Zwänge reflektiert, in die sie eingespannt ist, und dadurch den Horizont von Versöhnung freilegt, ist sie Vergeistigung; diese aber setzt Trennung körperlicher und geistiger Arbeit voraus. Durch Vergeistigung allein, nicht durch verstockte Naturwüchsigkeit durchbrechen die Kunstwerke das Netz der Naturbeherrschung und bilden der Natur sich an; nur von innen kommt man heraus. Sonst wird Kunst kindisch. Auch im Geist überlebt etwas vom mimetischen Impuls, das säkularisierte Mana, das, was anrührt.

 

In nicht wenigen Gebilden der Viktorianischen Zeit, keineswegs bloß englischen, wird die Gewalt des Sexus und des ihm verwandten sensuellen Moments fühlbar erst recht durchs Verschweigen; an manchen Novellen Storms wäre das zu belegen. Der junge Brahms, dessen Genius bis heute kaum recht gesehen worden ist, enthält Stellen von so überwältigender Zärtlichkeit, wie wohl nur der sie auszudrücken vermag, dem sie versagt blieb. Auch unter diesem Aspekt vergröbert die Gleichsetzung von Ausdruck und Subjektivität. Das subjektiv Ausgedrückte braucht nicht dem ausdrückenden Subjekt zu gleichen. In sehr großen Fällen wird es eben das sein, was das ausdrückende Subjekt nicht ist; subjektiv ist aller Ausdruck vermittelt durch Sehnsucht.

 

Sinnliche Wohlgefälligkeit, zuzeiten asketisch-autoritär geahndet, ist geschichtlich zum unmittelbar Kunstfeindlichen geworden, Wohllaut des Klangs, Harmonie der Farben, Suavität zum Kitsch und zur Kennmarke der Kulturindustrie. Nur dort legitimiert sich noch der sinnliche Reiz der Kunst, wo er, wie in Bergs Lulu oder bei André Masson, Träger oder Funktion des Gehalts ist, kein Selbstzweck. Eine von den Schwierigkeiten neuer Kunst ist, das Desiderat des in sich selbst Stimmigen, das stets Elemente mit sich führt, die als Glätte sich exponieren, mit dem Widerstand gegen das kulinarische Moment zu vereinen. Zuweilen fordert die Sache das Kulinarische, während paradox das Sensorium dagegen sich sträubt.

 

Durch die Bestimmung der Kunst als eines Geistigen indessen wird das sinnliche Moment nicht bloß negiert. Auch die der traditionellen Ästhetik keineswegs anstößige Einsicht, ästhetisch zähle nur das im sinnlichen Material Realisierte, hat ihre Blässe. Was den obersten Kunstwerken als metaphysische Gewalt darf zugeschrieben werden, war über die Jahrtausende hin verschmolzen mit einem Moment jenes sinnlichen Glücks, dem autonome Gestaltung immer entgegenarbeitete. Allein dank jenes Moments vermag Kunst, intermittierend, Bild von Seligkeit zu werden. Die mütterlich tröstende Hand, die übers Haar fährt, tut sinnlich wohl. Äußerste Beseeltheit schlägt um ins Physische. Die traditionelle Ästhetik hat in ihrem parti pris für die sinnliche Erscheinung etwas seitdem Verschüttetes gespürt, aber es viel zu unmittelbar genommen. Ohne den ausgeglichenen Wohllaut des Quartettklangs hätte die Des-Dur-Stelle des langsamen Satzes von Beethovens op. 59, 1 nicht die geistige Kraft des Zuspruchs: das Versprechen einer Wirklichkeit des Gehalts, die zum Wahrheitsgehalt ihn macht, haftet am Sinnlichen. Darin ist Kunst ähnlich materialistisch wie alle Wahrheit an der Metaphysik. Daß darauf heute das Verbot sich erstreckt, involviert wohl die wahre Krisis der Kunst. Ohne Gedächtnis an jenes Moment wäre Kunst so wenig mehr, wie wenn sie ans Sinnliche außerhalb ihrer Gestalt sich zediert.

 

Kunstwerke sind Dinge, welche tendenziell die eigene Dinghaftigkeit abstreifen. Nicht jedoch liegt in Kunstwerken Ästhetisches und Dinghaftes schichtweise übereinander, so daß über einer gediegenen Basis ihr Geist aufginge. Den Kunstwerken ist wesentlich, daß ihr dinghaftes Gefüge vermöge seiner Beschaffenheit zu einem nicht Dinghaften sie macht; ihre Dinglichkeit ist das Medium ihrer eigenen Aufhebung. Beides ist in sich vermittelt; der Geist der Kunstwerke stellt in ihrer Dinghaftigkeit sich her, und ihre Dinghaftigkeit, das Dasein der Werke, entspringt in ihrem Geist.

 

Der Form nach sind die Kunstwerke auch insofern Dinge, als die Objektivation, die sie sich selbst geben, einem Ansichsein, einem in sich selbst Ruhenden und in sich selbst Bestimmten, ähnelt, das sein Modell an der empirischen Dingwelt besitzt und zwar vermöge ihrer Einheit durch den synthesierenden Geist; vergeistigt werden sie nur durch ihre Verdinglichung, ihr Geistiges und ihr Dinghaftes sind aneinander geschmiedet, ihr Geist, durch den sie sich überschreiten, ist zugleich ihr Tödliches. An sich hatten sie es stets; zwangsläufige Reflexion macht es zu ihrer eigenen Sache.

 

Dem Dingcharakter der Kunst sind enge Grenzen gesetzt. Zumal in den Zeitkünsten überlebt trotz der Objektivation ihrer Texte in dem Momentanen ihres Erscheinens unmittelbar ihr Nichtdingliches. Daß eine Musik, ein Drama niedergeschrieben ist, trägt einen Widerspruch in sich, das Sensorium mag das daran beobachten, daß die Reden von Schauspielern auf der Bühne so leicht falsch klingen, weil sie etwas sagen müssen, als fiele es ihnen spontan ein, während es ihnen durch den Text vorgezeichnet ist. Aber die Objektivation von Noten und Dramentexten ist nicht ins Improvisatorische zurückzurufen.

 

Die Krisis der Kunst, gesteigert zur Erschütterung ihrer Möglichkeit, affiziert ihre beiden Pole gleichermaßen: ihren Sinn und damit schließlich den geistigen Gehalt, und den Ausdruck und damit das mimetische Moment. Beides hängt voneinander ab: kein Ausdruck ohne Sinn, ohne das Medium von Vergeistigung; kein Sinn ohne das mimetische Moment: ohne jenen Sprachcharakter von Kunst, der heute abzusterben scheint.

 

 

Die ästhetische Entfernung von der Natur bewegt auf diese sich hin; darüber hat der Idealismus sich nicht getäuscht. Das Telos der Natur, auf das hin die Kraftfelder der Kunst sich ordnen, bewegt sie zum Schein, zur Verdeckung dessen an ihnen, was selber der auswendigen Dingwelt angehört.

 

Benjamins Spruch, am Kunstwerk wirke paradox, daß es erscheint[4], ist keineswegs so kryptisch, wie er vorgetragen wird. Tatsächlich ist jedes Kunstwerk ein Oxymoron. Seine eigene Wirklichkeit ist ihm unwirklich, gleichgültig gegen das, was es wesentlich ist, und gleichwohl seine notwendige Bedingung; unwirklich ist es erst recht in der Wirklichkeit, Schimäre. Das haben seit je die Feinde der Kunst besser bemerkt als die Apologeten, die ihre konstitutive Paradoxie vergebens wegbewiesen. Unkräftig ist Ästhetik, welche den konstitutiven Widerspruch auflöst, anstatt Kunst durch ihn zu bestimmen. Wirklichkeit und Unwirklichkeit der Kunstwerke überlagern sich nicht wie Schichten sondern durchdringen gleichermaßen alles an ihnen. Nur soweit ist das Kunstwerk wirklich als Kunstwerk, genügt sich selbst, wie es unwirklich ist, unterschieden von der Empirie, deren Stück es doch auch bleibt. Sein Unwirkliches aber – seine Bestimmung als Geist – ist nur soweit, wie es wirklich geworden ist; nichts am Kunstwerk zählt, was nicht in seiner individuierten Gestalt da wäre. Im ästhetischen Schein bezieht das Kunstwerk Stellung zur Realität, die es negiert, indem es zu einer sui generis wird. Kunst vollzieht den Einspruch gegen die Realität durch ihre Objektivation.

 

Wo immer auch der Interpret in seinen Text eindringt, findet er eine unabschließbare Fülle von Desideraten, denen er zu genügen hätte, ohne daß einem zu genügen wäre, ohne daß das andere darunter litte; er stößt auf die Inkompatibilität dessen, was die Werke von sich wollen und dann von ihm; die Kompromisse aber, die resultieren, schaden der Sache durch die Indifferenz des Unentschiedenen. Voll adäquate Interpretation ist schimärisch. Das nicht zuletzt verleiht dem idealen Lesen den Vorrang vorm Spielen: Lesen, darin vergleichbar dem berüchtigten allgemeinen Dreieck Lockes, duldet als sinnlich-unsinnliche Anschauung etwas wie die Koexistenz des Kontradiktorischen. Erfahrbar wird die Paradoxie des Kunstwerks im cénacle-Gespräch, wenn ein Künstler, auf die besondere Aufgabe oder Schwierigkeit einer im Enstehen befindlichen Arbeit quasi naiv aufmerksam gemacht, mit hochmütig desperatem Lächeln antwortet: das ist ja gerade das Kunststück. Er tadelt den, welcher nichts weiß von der konstitutiven Unmöglichkeit, und trauert über die apriorische Vergeblichkeit seiner Anstrengung. Es gleichwohl versuchen, ist die Würde aller Virtuosen trotz Schaustellung und Effekthascherei. Virtuosität muß nicht auf die Wiedergabe sich beschränken, sondern ebenso in der Faktur sich ausleben; ihre Sublimierung drängt sie dazu. Sie verhält das paradoxale Wesen der Kunst, das Unmögliche als Mögliches zur Erscheinung. Virtuosen sind die Märtyrer der Kunstwerke, in vielen ihrer Leistungen, denen von Ballerinen und Koloratursängerinnen, hat etwas Sadistisches, die Qual sich niedergeschlagen und ihrer Spuren sich entäußert, deren es bedurfte, damit sie es leisten. Nicht umsonst ist der Name Artist dem Zirkuskünstler gemeinsam mit dem der Wirkung Abgewandtesten, der die vermessene Idee von Kunst verficht, dem eigenen Begriff rein zu genügen. Ist die Logizität der Kunstwerke immer auch ihr Feind, so bildet jenes Absurde, längst schon in der traditionellen Kunst und ehe es Programm ward, zur Logizität die Gegeninstanz, die Probe darauf, daß ihre absolute Konsequenz zu Protest geht. Kein Netz ist unter den authentischen Kunstwerken gespannt, das in ihrem Sturz sie behütete.

 

Objektiviert im Kunstwerk sich ein Werden und gelangt zum Einstand, so negiert diese Objektivation eben dadurch das Werden und setzt es zu einem Als ob herab; darum wohl wird heute, im Zug der Rebellion der Kunst gegen den Schein, gegen die Gestalten ihrer Objektivation rebelliert und versucht, unmittelbares, improvisatorisches Werden anstelle eines bloß vorgetäuschten zu setzen, während andererseits die Gewalt der Kunst, also ihr dynamisches Moment, ohne solche Fixierung und damit ohne deren Schein gar nicht wäre.

 

Dauer des Vergänglichen, als Moment der Kunst, das zugleich das mimetische Erbe perpetuiert, ist eine der Kategorien, die auf die Vorzeit zurückdatieren. Das Bild selbst, vor aller inhaltlichen Differenzierung, ist nach dem Urteil nicht weniger Autoren ein Phänomen von Regeneration. Frobenius berichtet von Pygmäen, die »im Augenblick des Sonnenaufganges das Tier zeichneten«, »um es nach der Erlegung am folgenden Morgen nach der rituellen Bestreichung des Bildes mit Blut und Haaren – in höherem Sinne wiedererstehen zu lassen ... So stellen die Bilder der Tiere Verewigungen dar, Apotheosen und rücken gleichsam als ewige Sterne an das Firmament.«[5] Doch scheint gerade in der Frühgeschichte der Bewerkstelligung von Dauer das Bewußtsein ihrer Vergeblichkeit gesellt, wenn nicht gar, im Geist des Bilderverbots, solche Dauer als Schuld den Lebendigen gegenüber empfunden wird. Resch zufolge herrscht in der ältesten Periode »eine ausgeprägte Scheu, Menschen darzustellen«[6]. Wohl könnte man darauf verfallen, daß die nicht abbildlichen ästhetischen Bilder früh schon durchs Bilderverbot filtriert waren, durchs Tabu: noch das Anti-Magische der Kunst magischen Ursprungs. Darauf deutet die nicht jüngere ›rituelle Bilderzerstörung‹: es sollten zumindest »Zeichen der Vernichtung das Bild kennzeichnen, damit das Tier nicht mehr ›umgehe‹«[7]. Jenes Tabu stammt aus einer Angst vor den Toten, die auch dazu bewog, sie einzubalsamieren, um sie gleichsam am Leben zu erhalten. Manches begünstigt die Spekulation, die Idee ästhetischer Dauer habe sich aus der Mumie entwickelt. In diese Richtung weisen die Forschungen Speisers über die Holzfiguren aus den Neuen Hebriden[8], die Krause referiert: »Von Mumienfiguren ging die Entwicklung zur körpergetreuen Nachbildung in der Figuren-Schädelstatue und über die Schädelpfähle zu den Holz-und Baumfarnstatuen.«[9] Speiser deutet diese Wandlung als »Übergang von der Erhaltung und Vortäuschung körperlicher Gegenwart des Toten zur symbolischen Andeutung seiner Gegenwart, und damit sei der Übergang zur reinen Statue gegeben«[10]. Jener Übergang dürfte bereits der zur neolithischen Trennung von Stoff und Form, zum ›Bedeuten‹ sein. Eines der Modelle von Kunst wäre die Leiche in ihrer gebannten, unverweslichen Gestalt. Verdinglichung des einst Lebendigen trüge schon in Frühzeiten sich zu, ebenso Revolte gegen den Tod wie naturbefangen-magische Praktik.

 

Dem Absterben des Scheins in der Kunst korrespondiert der unersättliche Illusionismus der Kulturindustrie, dessen Fluchtpunkt Huxley in den ›feelies‹ konstruiert hat; die Allergie gegen den Schein setzt den Kontrapunkt zu dessen kommerzieller Allherrschaft. Die Elimination des Scheins ist das Gegenteil der vulgären Vorstellungen von Realismus; gerade dieser ist in der Kulturindustrie dem Schein komplementär.

 

Mit der sich selbst reflektierenden Spaltung von Subjekt und Objekt hat, seit dem Beginn der Neuzeit, die bürgerliche Realität fürs Subjekt trotz ihrer Schranke in ihrer Unbegreiflichkeit stets eine Spur des Unwirklichen, Scheinhaften, so wie sie der Philosophie zum Gespinst subjektiver Bestimmungen wurde. Je irritierender solche Scheinhaftigkeit, desto verbissener überspielt das Bewußtsein die Realität des Realen. Kunst dagegen setzt sich selbst als Schein, weit emphatischer als in älteren Phasen, in denen sie von Darstellung und Bericht nicht scharf abgehoben war. Insofern sabotiert sie den falschen Realitätsanspruch der vom Subjekt beherrschten Welt, der der Waren. Daran kristallisiert sich ihr Wahrheitsgehalt; er verleiht der Realität Relief durch die Selbstsetzung des Scheins. So dient dieser der Wahrheit.

 

Nietzsche hat ›eine antimetaphysische aber artistische‹ Philosophie gefordert[11]. Das ist Baudelairescher spleen und Jugendstil, mit leisem Widersinn: als gehorchte Kunst dem emphatischen Anspruch jenes Diktums, wenn sie nicht die Hegelsche Entfaltung der Wahrheit wäre und selber ein Stück jener Metaphysik, die Nietzsche verfemt. Nichts Anti-Artistischeres als den konsequenten Positivismus. Nietzsche ist all das bewußt gewesen. Daß er den Widerspruch unentfaltet stehen ließ, stimmt zusammen mit Baudelaires Kultus der Lüge und dem luftwurzelhaften, schimärischen Begriff des Schönen bei Ibsen. Der konsequenteste Aufklärer täuschte sich nicht darüber, daß durch schiere Konsequenz Motivation und Sinn von Aufklärung verschwinden. Anstelle der Selbstreflexion von Aufklärung verübt er Gewaltstreiche des Gedankens. Sie drücken aus, daß Wahrheit selbst, deren Idee Aufklärung auslöst, nicht ist ohne jenen Schein, den sie um der Wahrheit willen exstirpieren möchte; mit diesem Moment von Wahrheit ist Kunst solidarisch.

 

 

Kunst geht auf Wahrheit, ist sie nicht unmittelbar; insofern ist Wahrheit ihr Gehalt. Erkenntnis ist sie durch ihr Verhältnis zur Wahrheit; Kunst selbst erkennt sie, indem sie an ihr hervortritt. Weder jedoch ist sie als Erkenntnis diskursiv noch ihre Wahrheit die Widerspiegelung eines Objekts.

 

Der achselzuckende ästhetische Relativismus ist seinerseits ein Stück verdinglichtes Bewußtsein; weniger schwermütige Skepsis wider die eigene Unzulänglichkeit als Rancune gegen den Wahrheitsanspruch der Kunst, der allein doch jene Größe von Kunstwerken legitimierte, ohne deren Fetisch die Relativisten selten ihr Auskommen haben. Verdinglicht ist ihr Verhalten als ein von außen hinnehmendes, konsumierendes, das sich nicht in die Bewegung der Kunstwerke begibt, in welcher die Fragen nach ihrer Wahrheit bündig werden. Relativismus ist die gegen die Sache indifferente, abgespaltene Selbstreflexion des bloßen Subjekts. Auch ästhetisch wird er kaum je ernst gemeint; Ernst gerade ist ihm unerträglich. Wer von einem exponierten neuen Werk sagt, über so etwas ließe überhaupt nicht sich urteilen, bildet sich ein, sein Unverständnis habe die unverstandene Sache vernichtet. Daß Menschen unablässig in ästhetische Streitigkeiten sich verwickeln, gleichgültig, welche Position der Ästhetik gegenüber sie beziehen, beweist mehr gegen den Relativismus als dessen philosophische Widerlegungen: die Idee der ästhetischen Wahrheit verschafft sich trotz ihrer Problematik und in dieser ihr Recht. Die stärkste Stütze indessen hat Kritik des ästhetischen Relativismus an der Entscheidbarkeit technischer Fragen. Die automatisch einschnappende Phrase, Technik zwar erlaube kategorisches Urteilen, nicht aber Kunst selbst und ihr Gehalt, trennt diesen von der Technik dogmatisch. So gewiß Kunstwerke mehr sind als der Inbegriff ihrer Verfahrungsweisen, der im Wort Technik sich zusammenfaßt, so gewiß haben sie objektiven Gehalt nur so weit, wie er in ihnen erscheint, und das geschieht einzig kraft des Inbegriffs ihrer Technik. Deren Logik ist der Weg in die ästhetische Wahrheit. Wohl führt von der Schulregel zum ästhetischen Urteil kein Kontinuum, aber noch die Diskontinuität des Weges gehorcht einem Zwang: die obersten Wahrheitsfragen des Werkes lassen in Kategorien seiner Stimmigkeit sich übersetzen[12]. Wo das nicht möglich ist, erreicht der Gedanke eine Grenze menschlicher Bedingtheit jenseits der des Geschmacksurteils.

 

Die immanente Stimmigkeit der Kunstwerke und ihre meta-ästhetische Wahrheit konvergieren in ihrem Wahrheitsgehalt. Er fiele vom Himmel wie nur die Leibnizsche prästabilierte Harmonie, die des transzendenten Schöpfers bedarf, diente nicht die Entfaltung der immanenten Stimmigkeit der Werke der Wahrheit, dem Bild eines An sich, das sie nicht selbst sein können. Gilt die Anstrengung der Kunstwerke einem objektiv Wahren, so ist es ihnen vermittelt durch die Erfüllung ihrer eigenen Gesetzlichkeit. Der Ariadnefaden, an dem sie sich durch das Dunkel ihres Inneren tasten, ist, daß sie der Wahrheit desto besser genügen, je mehr sie sich selbst genügen. Das aber ist kein Selbstbetrug. Denn ihre Autarkie kam ihnen zu von dem, was sie nicht selbst sind. Die Urgeschichte der Kunstwerke ist der Einzug der Kategorien des Wirklichen in ihren Schein. Nicht nur nach dessen Gesetzen jedoch bewegen in der Autonomie des Gebildes jene Kategorien sich weiter, sondern sie behalten die Richtungskonstante, die sie von draußen empfingen. Ihre Frage ist, wie die Wahrheit des Wirklichen zu ihrer eigenen werde. Kanon dessen ist die Unwahrheit. Ihre pure Existenz kritisiert die jenes Geistes, der sein Anderes bloß zurüstet. Was gesellschaftlich unwahr, brüchig, ideologisch ist, teilt sich dem Bau der Kunstwerke als Brüchiges, Unbestimmtes, Insuffizientes mit. Denn die Reaktionsweise der Kunstwerke selbst, ihre objektive ›Stellung zur Objektivität‹, bleibt eine zur Wirklichkeit[13].

 

Das Kunstwerk ist es selbst und immer zugleich ein Anderes als es selbst. Solche Andersheit führt irre, weil das konstitutiv Meta-Ästhetische evaporiert, sobald man es dem Ästhetischen zu entreißen und isoliert in Händen zu halten wähnt.

 

Daß mit der historischen Tendenz neuerlich das Schwergewicht sich auf die Sache, weg vom Subjekt, jedenfalls seiner Kundgabe, verlagert, unterminiert weiter die Unterscheidung der Kunstwerke vom real Seienden, trotz des subjektiven Ursprungs jener Tendenz. Mehr stets werden die Gebilde zu einem Dasein zweiten Grades, ohne Fenster für das Menschliche in ihnen. Subjektivität verschwindet in den Kunstwerken als Instrument ihrer Objektivation. Die subjektive Einbildungskraft, deren nach wie vor die Kunstwerke bedürfen, wird erkennbar als Rückwendung eines Objektiven aufs Subjekt, der Notwendigkeit, trotz allem die Demarkationslinie des Kunstwerks zu ziehen. Imagination ist das Vermögen dazu. Sie entwirft ein in sich Ruhendes, denkt nicht willkürlich Formen, Details, Fabeln oder was immer aus. Die Wahrheit des Kunstwerks aber kann nicht anders vorgestellt werden, als daß in dem subjektiv imaginierten An sich ein Transsubjektives lesbar wird. Dessen Vermittlung ist das Werk.

 

Die Vermittlung zwischen dem Gehalt der Kunstwerke und ihrer Zusammensetzung ist die subjektive. Sie besteht nicht nur in der Arbeit und Anstrengung zur Objektivation. Dem über die subjektive Intention sich Erhebenden, nicht in deren Willkür Gegebenen entspricht ein ähnlich Objektives im Subjekt: dessen Erfahrungen, soweit sie jenseits des bewußten Willens ihren Ort haben. Bilderlose Bilder sind Kunstwerke als deren Niederschlag, und jene Erfahrungen spotten der vergegenständlichenden Abbildung. Sie zu innervieren und zu verzeichnen ist der subjektive Weg in den Wahrheitsgehalt. Der allein angemessene Begriff von Realismus, dem freilich keine Kunst heute ausweichen kann, wäre die unbeirrte Treue zu jenen Erfahrungen. Wofern sie tief genug führen, betreffen sie geschichtliche Konstellationen hinter den Fassaden der Realität wie der Psychologie. Wie die Interpretation überkommener Philosophie nach den Erfahrungen graben muß, welche die kategoriale Apparatur und die deduktiven Zusammenhänge überhaupt erst motivieren, so drängt die Interpretation der Kunstwerke auf diesen subjektiv erfahrenen und das Subjekt unter sich lassenden Erfahrungskern; damit gehorcht sie der Konvergenz von Philosophie und Kunst im Wahrheitsgehalt. Während dieser das ist, was die Kunstwerke an sich, jenseits ihrer Bedeutung, sagen, setzt er sich durch, indem die Kunstwerke geschichtliche Erfahrungen in ihrer Konfiguration niederschreiben, und das ist anders nicht als durchs Subjekt hindurch möglich: der Wahrheitsgehalt ist kein abstraktes An sich. Die Wahrheit bedeutender Werke falschen Bewußtseins liegt in dem Gestus, mit dem sie auf dessen Stand als auf ein ihnen Unentrinnbares verweisen, nicht darin, daß sie geraden Weges die theoretische Wahrheit zu ihrem Gehalt hätten, obwohl die reine Darstellung falschen Bewußtseins unwiderstehlich wohl zu einem wahren übergeht.

 

Der Satz, unmöglich könne der metaphysische Gehalt des langsamen Satzes von Beethovens Quartett op. 59, 1 nicht wahr sein, hat den Einwand zu gewärtigen, wahr daran sei die Sehnsucht, aber sie verhalle ohnmächtig im Nichts. Wird erwidert, an jener Des-Dur-Stelle werde gar nicht Sehnsucht ausgedrückt, so hat das apologetischen Beiklang und provoziert die Antwort, eben daß es scheine, als wäre es wahr, sei das Produkt von Sehnsucht, und Kunst überhaupt nichts anderes. Die Duplik wäre, dies Argument stamme aus dem Arsenal vulgär subjektiver Vernunft. Zu glatt und zu widerstandslos ist die automatische reductio ad hominem, als daß sie zur Erklärung des objektiv Erscheinenden zureichte. Billig, dies zu Leichte, nur weil es konsequente Negativität auf seiner Seite hat, als illusionslose Tiefe zu präsentieren, während die Kapitulation vor dem Übel auf Identifikation mit diesem schließen läßt. Denn sie ist taub gegen das Phänomen. Die Gewalt der Beethovenstelle ist gerade ihre Ferne vom Subjekt; sie verleiht den Takten das Siegel der Wahrheit. Was man einmal, mit einem unrettbaren Wort, in der Kunst echt nannte, was noch Nietzsche darunter denken mochte, wollte das bezeichnen.

 

Der Geist der Kunstwerke ist nicht was sie bedeuten, nicht was sie wollen, sondern ihr Wahrheitsgehalt. Der ließe sich umschreiben als das, was an ihnen als Wahrheit aufgeht. Jenes zweite Thema des Adagios der d-moll-Sonate op. 31, 2 von Beethoven ist weder bloß eine schöne Melodie – gewiß gibt es in sich geschwungenere, profiliertere, auch originellere –, noch durch seine absolute Expressivität für sich ausgezeichnet. Trotzdem gehört der Einsatz jenes Themas zu dem Überwältigenden, darin, was der Geist von Beethovens Musik heißen darf, sich darstellt: Hoffnung, mit einem Charakter von Authentizität, der sie, ein ästhetisch Erscheinendes, zugleich jenseits des ästhetischen Scheins trifft. Dies Jenseits eines Erscheinenden von seinem Schein ist der ästhetische Wahrheitsgehalt; das am Schein, was nicht Schein ist. Der Wahrheitsgehalt ist so wenig der Fall, so wenig Tatbestand neben anderem in einem Kunstwerk, wie er umgekehrt unabhängig von seinem Erscheinen wäre. Der erste Themenkomplex jenes Satzes, bereits von außerordentlicher, sprechender Schönheit, ist kunstvoll-mosaikhaft aus kontrastierenden, vielfach schon durch ihre Lage auseinander gerückten, wenngleich motivisch in sich zusammenhängenden Gestalten gebildet. Die Atmosphäre dieses Komplexes, die man früher würde Stimmung genannt haben, wartet, wie wohl jegliche Stimmung, auf ein Ereignis und zum Ereignis wird es vor ihrer Folie. Es folgt, mit aufsteigendem Gestus in einem Zweiunddreißigstel-Gang, jenes F-Dur-Thema. Nach dem in sich aufgelösten und dunklen Vorhergehenden gewinnt die begleitete Oberstimmenmelodie, als welche das zweite Thema komponiert ist, ihren Charakter, den des zugleich Versöhnenden und Verheißenden. Was transzendiert, ist nicht ohne das, was es transzendiert. Der Wahrheitsgehalt ist vermittelt durch die Konfiguration, nicht außerhalb ihrer, aber auch nicht ihr und ihren Elementen immanent. Das wohl hat sich als Idee aller ästhetischen Vermittlung kristallisiert. Sie ist das an den Kunstwerken, wodurch sie an ihrem Wahrheitsgehalt teilhaben. Die Bahn der Vermittlung ist im Gefüge der Kunstwerke, in ihrer Technik, konstruierbar. Deren Erkenntnis geleitet zur Objektivität der Sache selbst, die gleichsam durch die Stimmigkeit der Konfiguration verbürgt wird. Diese Objektivität aber kann schließlich nichts anderes sein als der Wahrheitsgehalt. An der Ästhetik ist es, die Topographie jener Momente aufzuzeichnen. Im authentischen Werk wird die Beherrschung eines Natürlichen oder Materialen kontrapunktiert vom Beherrschten, das durchs beherrschende Prinzip hindurch Sprache findet. Dies dialektische Verhältnis resultiert im Wahrheitsgehalt der Werke.

 

Der Geist der Kunstwerke ist ihr objektiviertes mimetisches Verhalten: der Mimesis entgegen und zugleich ihre Gestalt in der Kunst.

 

Nachahmung als ästhetische Kategorie ist so wenig einfach zu eliminieren wie zu akzeptieren. Kunst objektiviert den mimetischen Impuls. Sie hält ihn ebenso fest, wie sie ihn seiner Unmittelbarkeit entäußert und ihn negiert. Nachahmung von Gegenständen zieht aus solcher Dialektik der Objektivation die fatale Konsequenz. Vergegenständlichte Realität ist das Korrelat vergegenständlichter Mimesis. Aus dem Reagieren aufs Nichtich wird dessen Imitation. Mimesis selbst beugt sich der Vergegenständlichung, vergeblich hoffend, den fürs vergegenständlichte Bewußtsein entstandenen Bruch zum Objekt zu schließen. Indem das Kunstwerk sich zu einem dem Anderen, Gegenständlichen Gleichen machen will, wird es zu dessen Ungleichem. Aber erst in seiner Selbstentfremdung durch Nachahmung kräftigt das Subjekt sich so, daß es den Bann der Nachahmung abschüttelt. Worin Kunstwerke Jahrtausende lang als Bilder von etwas sich wußten, das enthüllt durch Geschichte, ihren Kritiker, sich als ihr Unwesentliches. Kein Joyce ohne Proust und dieser nicht ohne den Flaubert, auf den er herabsah. Durch Nachahmung hindurch, nicht abseits von ihr hat Kunst zur Autonomie sich gebildet; an ihr hat sie die Mittel ihrer Freiheit erworben.

 

Kunst ist so wenig Abbild wie Erkenntnis eines Gegenständlichen; sonst verdürbe sie zu jener Verdopplung, deren Kritik Husserl im Bereich der diskursiven Erkenntnis so stringent geführt hat. Vielmehr greift Kunst gestisch nach der Realität, um in der Berührung mit ihr zurückzuzucken. Ihre Lettern sind Male dieser Bewegung. Ihre Konstellation im Kunstwerk ist die Chiffrenschrift des geschichtlichen Wesens der Realität, nicht deren Abbild. Solche Verhaltensweise ist der mimetischen verwandt. Selbst Kunstwerke, die als Abbilder der Realität auftreten, sind es nur peripher; sie werden zur zweiten Realität, indem sie auf die erste reagieren; subjektiv Reflexion, gleichgültig ob die Künstler reflektiert haben oder nicht. Erst das Kunstwerk, das zum An sich bilderlos sich macht, [trifft das Wesen, und dazu freilich bedarf es der entwickelten ästhetischen Naturbeherrschung][14].

 

Sollte das Gesetz gelten, daß Künstler nicht wissen, was ein Kunstwerk ist, so kollidierte das freilich mit der Unabdingbarkeit von Reflexion in der Kunst heute; anders als durchs Bewußtsein der Künstler hindurch wäre sie schwer vorstellbar. Tatsächlich wird jenes Nicht-Wissen vielfach zum Flecken auf dem œuvre bedeutender Künstler, zumal innerhalb kultureller Zonen, in denen Kunst noch einigermaßen ihren Ort hat; Nicht-Wissen wird, etwa als Mangel an Geschmack, zum immanenten Mangel. Der Indifferenzpunkt zwischen dem Nicht-Wissen und der notwendigen Reflexion jedoch ist die Technik. Nicht nur erlaubt sie jede Reflexion sondern fordert sie, ohne doch durch Rekurs auf den Oberbegriff das fruchtbare Dunkel der Werke zu zerstören.

 

Der Rätselcharakter ist der Schauer als Erinnerung, nicht als leibhaftige Gegenwart.

 

Vergangene Kunst koinzidierte weder mit ihrem kultischen Moment noch stand sie dazu in einfachem Gegensatz. Sie hat von den Kultobjekten sich losgerissen durch einen Sprung, in dem das kultische Moment verwandelt zugleich bewahrt wird, und diese Struktur reproduziert sich erweitert auf allen Stufen ihrer Geschichte. Alle Kunst enthält Elemente, kraft derer sie ihren mühsamen und prekären Begriff zu verfehlen droht, das Epos als rudimentäre Geschichtsschreibung, die Tragödie als Nachbild einer Verhandlung ebenso wie das abstrakteste Gebilde als ornamentales Muster oder der realistische Roman als vorweggenommene Sozialwissenschaft, als Reportage.

 

Der Rätselcharakter der Kunstwerke bleibt verwachsen mit Geschichte. Durch sie wurden sie einst zu Rätseln, durch sie werden sie es stets wieder, und umgekehrt hält diese allein, die ihnen Autorität verschaffte, die peinliche Frage nach ihrer raison d'être von ihnen fern.

 

Archaisch sind Kunstwerke im Zeitalter ihres Verstummens. Aber wenn sie nicht mehr sprechen, spricht ihr Verstummen selbst.

 

Nicht alle avancierte Kunst trägt die Male des Schreckhaften; am stärksten sind sie dort, wo nicht jegliche Beziehung der peinture zum Objekt, jegliche der Dissonanz zur durchgeführten und negierten Konsonanz abgeschnitten ist: Picassos Schocks waren vom Prinzip der Deformation entzündet. Vielem Abstrakten und Konstruktiven fehlen sie; offen, ob darin die Kraft einer noch unverwirklichten, angstloseren Wirklichkeit am Werk ist, oder – wofür manches spricht – ob die Harmonie des Abstrakten trügt gleich der gesellschaftlichen Euphorie in den ersten Dezennien seit der europäischen Katastrophe; auch ästhetisch scheint solche Harmonie im Niedergang.

 

Probleme der Perspektive, einst das entscheidende Agens der Malerei, mögen in ihr wiederhervortreten, doch emanzipiert von Abbildlichkeit. Zu fragen wäre sogar, ob visuell ein absolut Ungegenständliches überhaupt vorstellbar ist; ob nicht allem Erscheinenden noch bei äußerster Reduktion Spuren der gegenständlichen Welt eingegraben sind; unwahr werden derlei Spekulationen, sobald sie für irgendwelche Restaurationen ausgeschlachtet werden. Erkenntnis hat ihre subjektive Schranke daran, daß kaum ein Erkennender der Versuchung zu widerstehen vermag, aus der eigenen Situation die Zukunft zu extrapolieren. Das Tabu über den Invarianten ist aber zugleich auch eines, das daran hindert. Zukunft jedoch ist so wenig positiv auszumalen wie Invarianten zu entwerfen sind; Ästhetik drängt in die Postulate des Augenblicks sich zusammen.

 

So wenig, was ein Kunstwerk sei, zu definieren ist, so wenig darf Ästhetik das Bedürfnis nach einer solchen Definition verleugnen, soll sie nicht schuldig bleiben, was sie verspricht. Kunstwerke sind Bilder ohne Abgebildetes und darum auch bilderlos; Wesen als Erscheinung. Sie ermangeln der Prädikate Platonischer Urbilder so gut wie Nachbilder, zumal dessen der Ewigkeit; sind durch und durch geschichtlich. Das vorkünstlerische Verhalten, das der Kunst am nächsten kommt und zu ihr geleitet, ist das, Erfahrung in eine von Bildern zu verwandeln; wie Kierkegaard es ausdrückte: was ich erbeute, sind Bilder. Kunstwerke sind deren Objektivationen, die von Mimesis, Schemata von Erfahrung, die den Erfahrenden sich gleichmachen.

 

Formen der sogenannten niedrigen Kunst wie das Zirkustableau, darin am Ende alle Elefanten sich auf die Hinterbeine stellen, während auf dem Rüssel eines jeglichen eine Ballerina in graziöser Pose reglos steht, sind intentionslose Urbilder dessen, was Geschichtsphilosophie an der Kunst dechiffriert, aus deren perhorreszierten Formen soviel über ihr verkapptes Geheimnis sich ablesen läßt, über das, worüber das einmal etablierte Niveau täuscht, welches die Kunst auf ihre bereits geronnene Form bringt.

 

 

Schönheit ist der Exodus dessen, was im Reich der Zwecke sich objektivierte, aus diesem.

 

Die Idee einer nicht vergegenständlichten und darum auch nicht in Intentionen adäquat zu gebenden Objektivität leuchtet in der ästhetischen Zweckmäßigkeit wie in der Zwecklosigkeit der Kunst auf. Sie wird aber dieser zuteil nur durchs Subjekt hindurch, durch jene Rationalität, von der Zweckmäßigkeit abstammt. Kunst ist eine Polarisation: ihr Funke schlägt über von der sich entfremdenden, in sich hineingehenden Subjektivität auf jenes nicht von der Rationalität Veranstaltete, jenen Block zwischen dem Subjekt und dem, was einmal der Philosophie das An sich hieß. Inkommensurabel ist sie dem mittleren Reich, dem der Konstituta.

 

Die Kantische Zweckmäßigkeit ohne Zweck ist ein Prinzip, das aus der empirischen Realität, dem Reich von Zwecken der Selbsterhaltung, einwandert in ein dieser entzogenes, das ehemals sakrale. Dialektisch ist die Zweckmäßigkeit der Kunstwerke als Kritik an der praktischen Setzung von Zwecken. Sie ergreift Partei für die unterdrückte Natur; dem verdankt sie die Idee einer anderen Zweckmäßigkeit als der von Menschen gesetzten; freilich ward jene durch die Wissenschaft von der Natur aufgelöst. Kunst ist Rettung von Natur oder Unmittelbarkeit durch deren Negation, vollkommene Vermittlung. Dem Unbeherrschten ähnelt sie sich an durch unbeschränkte Herrschaft über ihr Material; das verbirgt sich in dem Kantischen Oxymoron.

 

Kunst, Nachbild der Herrschaft der Menschen über Natur, negiert jene zugleich durch Reflexion und neigt dieser sich zu. Die subjektive Totalität der Kunstwerke bleibt nicht die dem Anderen aufgezwungene, sondern wird in ihrer Distanz dazu dessen imaginative Wiederherstellung. Ästhetisch neutralisiert, begibt sich Naturbeherrschung ihrer Gewalt. Im Schein der Wiederherstellung des beschädigten Anderen in der eigenen Gestalt wird sie zum Modell eines Unbeschädigten. Die ästhetische Ganzheit ist die Antithesis des unwahren Ganzen. Will Kunst, wie es einmal bei Valéry heißt, keinem anderen als sich selbst sich verdanken, so darum, weil sie sich zum Gleichnis eines An sich machen möchte, des Unbeherrschten und Unverschandelten. Sie ist der Geist, der kraft der Konstitution seines einheimischen Reichs sich verneint.

 

Daß Naturbeherrschung kein Akzidens der Kunst, kein Sündenfall durch nachträgliche Amalgamierung mit dem zivilisatorischen Prozeß ist, dafür spricht zumindest, daß die magischen Praktiken der Naturvölker, ungeschieden, das naturbeherrschende Element in sich tragen. »Die tiefe Wirkung des Tierbildes erklärt sich einfach aus der Tatsache, daß das Bild in seinen Kennmerkmalen psychologisch dieselbe Wirkung ausübt wie das Objekt selbst, und so der Mensch in seiner psychologischen Veränderung einen Zauber zu verspüren meint. Andererseits schöpft er aus der Tatsache, daß ein Bild stillhaltend seiner Macht ausgeliefert ist, einen Glauben an die Erreichung und Überwindung des dargestellten Wildes, dadurch erscheint ihm das Bild als Machtmittel über das Tier.«[15] Magie ist eine rudimentäre Gestalt jenes Kausaldenkens, das dann Magie liquidiert.

 

Kunst ist mimetisches Verhalten, das zu seiner Objektivation über die fortgeschrittenste Rationalität – als Beherrschung von Material und Verfahrungsweisen – verfügt. Es antwortet mit diesem Widerspruch auf den der ratio selber. Wäre deren Telos eine selber notwendig an sich nicht rationale Erfüllung – Glück ist Feind der Rationalität, Zweck, und bedarf doch ihrer als Mittel –, so macht Kunst dies irrationale Telos zur eigenen Sache. Dabei bedient sie sich der ungeschmälerten Rationalität in ihren Verfahrensarten, während sie in der angeblich ›technischen Welt‹ kraft der Produktionsverhältnisse eingeschränkt, selber irrational bleibt. – Schlecht ist Kunst im technischen Zeitalter, wo sie über es als gesellschaftliches Verhältnis, die universale Vermittlung täuscht.

 

Die Rationalität der Kunstwerke bezweckt ihren Widerstand gegen das empirische Dasein: Kunstwerke rational gestalten heißt soviel, wie sie in sich konsequent durchbilden. Damit kontrastieren sie zu dem ihnen Auswendigen, dem Ort der naturbeherrschenden ratio, von der die ästhetische herstammt, und werden zu einem Für sich. Die Opposition der Kunstwerke gegen die Herrschaft ist Mimesis an diese. Sie müssen dem herrschaftlichen Verhalten sich angleichen, um etwas von der Welt der Herrschaft qualitativ Verschiedenes zu produzieren. Noch die immanent polemische Haltung der Kunstwerke gegen das Seiende nimmt das Prinzip in sich hinein, dem jenes unterliegt und das es zum bloß Seienden entqualifiziert; ästhetische Rationalität will wiedergutmachen, was die naturbeherrschende draußen angerichtet hat.

 

Die Verfemung des willkürlichen, beherrschenden Moments an der Kunst gilt nicht der Herrschaft sondern deren Entsühnung dadurch, daß das Subjekt die Verfügung über sich und sein Anderes in den Dienst des Nichtidentischen stellt.

 

Die Kategorie der Gestaltung, peinlich als verselbständigte, appelliert ans Gefüge. Aber das Kunstwerk rangiert desto höher, ist desto mehr gestaltet, je weniger darin verfügt ist. Gestaltung heißt Nichtgestalt.

 

 

Gerade integral konstruierte Kunstwerke der Moderne beleuchten jäh die Fehlbarkeit von Logizität und Formimmanenz; um ihrem Begriff zu genügen, müssen sie diesem ein Schnippchen schlagen; Tagebuchaufzeichnungen Klees halten das fest. Eine der Aufgaben tatsächlich einem Äußersten nachfragender Künstler ist es etwa, zwar die Logik des Es geht zu Ende zu realisieren – ein Komponist wie Richard Strauss war darin seltsam unsensibel – und wiederum sie zu unterbrechen, zu suspendieren, um ihr das Mechanische, schlecht Absehbare zu nehmen. Die Forderung, dem Werk sich anzuschmiegen, ist eben die, in es einzugreifen, damit es nicht zur Höllenmaschine werde. Vielleicht sind die Gesten des Eingriffs, mit denen bei Beethoven die späteren Teile seiner Durchführungen, wie mit einem Willensakt, zu beginnen pflegen, frühe Zeugnisse dieser Erfahrung. Der fruchtbare Augenblick des Kunstwerks schlägt sonst um in seinen tödlichen.

 

Der Unterschied ästhetischer Logizität von der diskursiven wäre an Trakl zu belegen. Die Flucht der Bilder – »Wie schön sich Bild an Bildchen reiht« – macht gewiß keinen Sinnzusammenhang nach der Prozedur von Logik und Kausalität aus, so wie sie im apophantischen Bereich, zumal dem der Existentialurteile waltet, trotz des Traklschen ›es ist‹; der Dichter wählt es als Paradoxon, es soll sagen, daß ist, was nicht ist. Trotz des Scheins von Assoziation jedoch überlassen seine Gefüge sich nicht einfach deren Gefälle. Indirekt, verdunkelt spielen logische Kategorien hinein wie die der in sich, musikhaft, steigenden oder fallenden Kurve der Einzelmomente, der Verteilung von Valeurs, des Verhältnisses von Charakteren wie Setzung, Fortsetzung, Schluß. Die Bildelemente haben an derlei Formkategorien Anteil, legitimieren sich indessen einzig vermöge jener Relationen. Sie organisieren die Gedichte und erheben sie über die Kontingenz bloßen Einfalls. Ästhetische Form hat ihre Rationalität noch im Assoziieren. Daran, wie ein Augenblick den anderen herbeizieht, steckt etwas von der Kraft der Stringenz, welche in Logik und Musik die Schlüsse unmittelbar beanspruchen. Tatsächlich hat Trakl in einem Brief, wider einen lästigen Nachahmer, von den Mitteln gesprochen, die er sich erworben hätte; kein solches Mittel enträt des Moments von Logizität.

 

Form- und Inhaltsästhetik. – Inhaltsästhetik behält ironisch in dem Streit die Oberhand dadurch, daß der Gehalt der Werke und der Kunst insgesamt, ihr Zweck, nicht formal sondern inhaltlich ist. Dazu jedoch wird er nur vermöge der ästhetischen Form. Hat Ästhetik zentral von der Form zu handeln, so verinhaltlicht sie sich, indem sie die Formen zum Sprechen bringt.

 

Die Befunde der Formalästhetik sind nicht einfach zu leugnen. So wenig sie an die ungeschmälerte ästhetische Erfahrung heranreichen, in diese spielen doch formale Bestimmungen hinein wie mathematische Proportionen, Ebenmaß; auch dynamische Formkategorien, etwa Spannung und Ausgleich. Ohne deren Funktion wären große Gebilde der Vergangenheit so wenig zu fassen, wie sie als Kriterien zu hypostasieren sind. Stets waren sie nur Momente, untrennbar von den inhaltlich-mannigfaltigen; nie galten sie unmittelbar an sich sondern nur in Relation zum Geformten. Sie sind Paradigmata von Dialektik. Je nach dem, was geformt wird, modifizieren sie sich; mit der Radikalisierung von Moderne durchweg durch Negation: sie wirken indirekt, dadurch, daß sie vermieden, außer Kraft gesetzt werden; prototypisch das Verhältnis zu den überkommenen Regeln der Bildkomposition seit Manet; Valéry ist das nicht entgangen. Im Widerstand des spezifischen Gebildes gegen ihr Diktat werden die Regeln durchgespürt. Eine Kategorie wie die der Proportionen im Kunstwerk ist sinnvoll einzig, wofern sie auch das Umkippen der Proportionen in sich einbegreift, also ihre eigene Bewegung. Bis tief in die Moderne hinein haben durch solche Dialektik die formalen Kategorien auf höherer Stufe sich wiederhergestellt, der Inbegriff des Dissonanten war Harmonie, der der Spannungen Gleichgewicht. Das wäre nicht vorzustellen, hätten nicht die formalen Kategorien Inhaltliches sublimiert. Das formale Prinzip, dem zufolge Kunstwerke Spannung und Ausgleich sein sollten, registriert den antagonistischen Inhalt der ästhetischen Erfahrung, den einer unversöhnten Wirklichkeit, die doch Versöhnung will. Noch statische formale Kategorien wie die des goldenen Schnitts sind ein geronnen Materiales, das der Versöhnung selbst; in Kunstwerken taugte Harmonie von je einzig als Resultat etwas, war als bloß gesetzte oder behauptete immer schon Ideologie, bis dazu auch die erst gewonnene Homöostase wurde. Umgekehrt hat sich, gleichsam als Apriori der Kunst, alles Materiale in der Kunst durch Formung entwickelt, die dann auf die abstrakten Formkategorien abgezogen wurde. Diese wiederum haben in der Beziehung auf ihr Material sich verändert. Formen heißt soviel wie diese Veränderung richtig vollziehen. Das mag immanent den Begriff von Dialektik in der Kunst erläutern.

 

Die Formanalyse des Kunstwerks, und was Form an ihm selber heißt, ist sinnvoll allein im Verhältnis zu seinem konkreten Material. Die Konstruktion der einwandfreisten Diagonalen, Achsen und Fluchtlinien eines Bildes, die beste Motivökonomie einer Musik bleibt gleichgültig, solange sie nicht spezifisch aus diesem Bild oder dieser Komposition entwickelt wird. Kein anderer Gebrauch des Begriffs Konstruktion in der Kunst wäre legitim; sonst wird sie unweigerlich zum Fetisch. Manche Analysen enthalten alles, nur nicht, warum ein Gemälde oder eine Musik schön genannt wird, oder woher überhaupt ihr Existenzrecht sich herleitet. Solche Verfahrungsweisen werden tatsächlich von der Kritik des ästhetischen Formalismus getroffen. So wenig aber bei der allgemeinen Versicherung der Reziprozität von Form und Inhalt stehen zu bleiben, vielmehr jene im einzelnen zu entwickeln ist – die Formelemente, allemal auf Inhaltliches zurückweisend, behalten auch ihre inhaltliche Tendenz. Der vulgäre Materialismus und der nicht minder vulgäre Klassizismus stimmen überein in dem Irrtum, es gebe irgend reine Form. Übersehen wird von der offiziellen Doktrin des Materialismus die Dialektik noch des Fetischcharakters in der Kunst. Gerade wo Form von jedem ihr vorgegebenen Inhalt emanzipiert erscheint, nehmen die Formen von sich aus eigenen Ausdruck und eigenen Inhalt an. In manchen seiner Gebilde hat der Surrealismus, durchweg Klee, das praktiziert: die Inhalte, die in den Formen sich niedergeschlagen haben, wachen im Veralten auf. Im Surrealismus widerfuhr das dem Jugendstil, von dem jener polemisch sich lossagte. Ästhetisch wird der solus ipse der Welt inne, welche die seine ist und die ihn zum solus ipse isoliert: im gleichen Augenblick, da er die Konventionen der Welt abwirft.

 

Der Begriff der Spannung befreit sich dadurch von dem Verdacht des Formalistischen, als er, dissonante Erfahrungen oder antinomische Verhältnisse in der Sache anzeigend, gerade das Moment der ›Form‹ nennt, in welchem diese inhaltlich wird vermöge ihres Verhältnisses zu ihrem Anderen. Durch seine Innenspannung bestimmt das Werk noch im Stillstand seiner Objektivation sich als Kraftfeld. Es ist ebenso der Inbegriff von Spannungsverhältnissen wie der Versuch, sie aufzulösen.

 

Immanent ist den mathematisierenden Lehren von der Harmonie entgegenzuhalten, daß ästhetische Phänomene nicht mathematisieren sich lassen. Gleich in der Kunst ist nicht gleich. Offenbar ist das an der Musik geworden. Die Wiederkehr analoger Partien in gleicher Länge leistet nicht, was der abstrakte Harmoniebegriff davon sich verspricht: sie ermüdet, anstatt zu befriedigen, oder, weniger subjektiv gesprochen, sie ist in der Form zu lang; Mendelssohn dürfte als einer der ersten Komponisten dieser Erfahrung gemäß gehandelt haben, die weiterwirkt bis zur Selbstkritik der seriellen Schule an den mechanischen Korrespondenzen. Solche Selbstkritik verstärkt sich mit der Dynamisierung der Kunst, dem soupçon gegen alle Identität, die nicht zu einem Unidentischen wird. Gewagt werden mag die Hypothese, daß die allbekannten Differenzen des ›Kunstwollens‹ im visuellen Barock von der Renaissance durch dieselbe Erfahrung inspiriert wurden. Alle dem Anschein nach natürlichen, insofern abstrakt-invarianten Verhältnisse unterliegen, sobald sie in die Kunst eingehen, notwendig Modifikationen, um kunstfähig zu werden; die der natürlichen Obertonreihe durch die temperierte Stimmung ist dafür das drastischeste Exempel. Meist werden diese Modifikationen dem subjektiven Moment zugeschrieben, das die Starrheit einer ihm vorgegebenen, heteronomen Materialordnung nicht ertragen könne. Aber diese plausible Interpretation ihrerseits bleibt noch allzufern der Geschichte. Allerorten wird auf sogenannte Naturmaterialien und -verhältnisse in der Kunst spät erst rekurriert, polemisch gegen unstimmigen und unglaubhaften Traditionalismus: bürgerlich. Die Mathematisierung und Entqualifizierung künstlerischer Materialien und der aus ihnen gleichsam herausgesponnenen Verfahrungsweisen ist tatsächlich selber Leistung des emanzipierten Subjekts, der ›Reflexion‹, die dann dagegen sich auflehnt. Primitive Prozeduren kennen nicht dergleichen. Was als Naturgegebenheit und Naturgesetz in der Kunst gilt, ist kein Primäres sondern innerästhetisch geworden, vermittelt. Solche Natur in der Kunst ist nicht die, der sie nachhängt. Sie ist von den Naturwissenschaften auf sie projiziert, um für den Verlust vorgegebener Strukturen zu entschädigen. Am malerischen Impressionismus ist die Moderne des wahrnehmungsphysiologischen, quasi natürlichen Elements schlagend. Zweite Reflexion erheischt darum Kritik aller verselbständigten Naturmomente; wie sie wurden, vergehen sie. Nach dem Zweiten Krieg hat das Bewußtsein, in der Illusion, von vorn beginnen zu können, ohne daß die Gesellschaft verändert worden wäre, an vermeintliche Urphänomene sich geklammert; sie sind so ideologisch wie die vierzig Mark neuer Währung in der Hand eines jeden, mit denen die Wirtschaft von Grund auf soll wiederaufgebaut worden sein. Der Kahlschlag ist eine Charaktermaske des Bestehenden; was anders ist, cachiert nicht seine geschichtliche Dimension. Nicht daß es in der Kunst keinerlei mathematische Relationen gäbe. Aber sie können nur in Relation zur historisch konkreten Gestalt begriffen, nicht hypostasiert werden.

 

Der Begriff der Homöostase, eines erst in der Totalität eines Kunstwerks sich herstellenden Spannungsausgleichs ist wahrscheinlich mit jenem Augenblick, in dem das Kunstwerk sich sichtbar selbständig macht, verknüpft: er ist der, in welchem die Homöostase wenn nicht unmittelbar sich herstellt, so zumindest absehbar wird. Der Schatten, der damit auf den Begriff der Homöostase fällt, korrespondiert der Krisis dieser Idee in der gegenwärtigen Kunst. An eben dem Punkt, an dem das Kunstwerk sich selbst hat, seiner selbst gewiß ist, an dem es ›stimmt‹, stimmt es nicht mehr, weil die glücklich erlangte Autonomie seine Verdinglichung besiegelt und ihm den Charakter des Offenen raubt, der wiederum zu seiner eigenen Idee gehört. In den heroischen Zeiten des Expressionismus sind Maler wie Kandinsky solchen Reflexionen sehr nahe gekommen, etwa in der Beobachtung, daß ein Künstler, der glaubt, seinen Stil gefunden zu haben, damit bereits verloren sei. Der Sachverhalt ist aber nicht so subjektiv-psychologisch, wie er damals registriert wurde, sondern gründet in einer Antinomie der Kunst selbst. Das Offene, in das sie will, und die Geschlossenheit – ›Vollkommenheit‹ –, durch die sie allein dem Ideal ihres Ansichseins, dem nicht Zugerichteten, der Repräsentanz des Offenen sich nähert, sind unvereinbar.

 

Daß das Kunstwerk Resultante sei, hat das Moment, daß in ihm nichts Totes, Unverarbeitetes, Ungeformtes zurückbleibt, und die Empfindlichkeit dagegen ist ebenso ein entscheidendes Moment jeglicher Kritik, es hängt davon ebenso die Qualität eines jeglichen Werkes ab, wie überall dort, wo das kulturphilosophische Raisonnement frei über den Werken schwebt, dies Moment verkümmert. Der erste Blick, der über eine Partitur gleitet, der Instinkt, der vor einem Bild über dessen Dignität urteilt, wird geleitet von jenem Bewußtsein des Durchgeformtseins, von der Empfindlichkeit gegen das Krude, das oft genug koinzidiert mit dem, was die Konvention den Kunstwerken antut und was die Banausie ihnen womöglich als ihr Transsubjektives zugute rechnet. Auch wo die Kunstwerke das Prinzip ihres Durchgeformtseins suspendieren und dem Kruden sich öffnen, reflektieren sie eben darin das Postulat der Durchbildung. Wahrhaft durchgebildet sind die Werke, in denen die formende Hand dem Material am zartesten nachtastet; diese Idee wird von der französischen Tradition exemplarisch verkörpert. Zu einer guten Musik gehört es ebenso, daß in ihr kein Takt leerläuft, klappert, keiner für sich, innerhalb seiner Taktstriche isoliert ist, wie daß kein Instrumentalklang auftritt, der nicht, wie die Musiker es nennen, ›gehört‹, dem spezifischen Charakter des Instruments durch subjektive Sensibilität abgewonnen wäre, dem die Passage anvertraut ist. Vollends die instrumentale Kombination eines Komplexes muß gehört sein; es ist die objektive Schwäche älterer Musik, daß sie diese Vermittlung nicht oder nur desultorisch leistete. Die feudale Dialektik von Herrschaft und Knechtschaft hat in die Kunstwerke, deren pure Existenz etwas Feudales hat, sich geflüchtet.

 

Der alte dämliche Kabarettvers »Die Liebe hat so was Erotisches« provoziert die Variation, die Kunst habe etwas Ästhetisches, und das ist, als Memento des von ihrem Konsum Verdrängten, bitter ernst zu nehmen. Die Qualität, um die es dabei geht, erschließt sich vorab Akten des Lesens, auch solchen von Musik: die der Spur, welche Gestaltung in allem Gestalteten ohne Gewalt hinterläßt: das Versöhnliche von Kultur in der Kunst, das noch dem heftigsten Protest eignet. Es schwingt im Wort Metier mit; darum ist es nicht simpel mit Handwerk zu übersetzen. Die Relevanz dieses Moments dürfte in der Geschichte der Moderne angestiegen sein; bei Bach davon zu reden wäre, trotz höchsten Formniveaus, einigermaßen anachronistisch, auch auf Mozart und Schubert, gewiß auf Bruckner will es nicht recht passen, dagegen auf Brahms, Wagner, schon Chopin. Heute ist jene Qualität die differentia specifica gegen die hereinbrechende Banausie und ein Kriterium von Meisterschaft. Nichts darf krud bleiben, noch das Einfachste muß jene zivilisatorische Spur tragen. Sie ist der Duft von Kunst am Kunstwerk.

 

Auch der Begriff des Ornamentalen, gegen den Sachlichkeit revoltiert, hat seine Dialektik. Daß der Barock dekorativ sei, sagt nicht alles. Er ist decorazione assoluta, als hätte diese von jedem Zweck, auch dem theatralischen sich emanzipiert und ihr eigenes Formgesetz entwickelt. Sie schmückt nicht länger etwas, sondern ist nichts anderes als Schmuck; dadurch schlägt sie der Kritik am Schmückenden ein Schnippchen. Barocken Gebilden von hoher Dignität gegenüber haben die Einwände gegen das Gipserne etwas Täppisches: das nachgiebige Material stimmt genau zum Formapriori der absoluten Dekoration. Durch fortschreitende Sublimierung ist in derlei Gebilden aus dem großen Welttheater, dem theatrum mundi das theatrum dei geworden, die sinnliche Welt zum Schauspiel für die Götter.

 

Erhoffte handwerkerlicher Bürgersinn sich von der Gediegenheit der Dinge, daß sie, der Zeit trotzend, sich vererben lassen, so ist jene Idee von Gediegenheit übergegangen an die konsequente Durchbildung der objets d'art. Nichts im Umkreis der Kunst soll im Rohzustand bleiben; es verstärkt die Abdichtung der Werke von der bloßen Empirie. Sie assoziiert sich mit der Idee des Schutzes der Kunstwerke vor ihrer Vergängnis. Paradox sind ästhetische Bürgertugenden wie die der Gediegenheit ins unbürgerlich Avancierte ausgewandert.

 

An einer so plausiblen und dem Schein nach allgemein gültigen Forderung wie der nach Deutlichkeit, Artikulation aller Momente im Kunstwerk läßt sich zeigen, wie jegliche Invariante der Ästhetik zu ihrer Dialektik treibt. Zweite künstlerische Logik vermag die erste, die des Distinkten zu überflügeln. Kunstwerke großer Qualität mögen der Forderung nach möglichst dichter Knüpfung von Relationen zuliebe die Deutlichkeit vernachlässigen, Komplexe einander annähern, die nach dem Desiderat von Deutlichkeit strikt verschieden sein müßten. Die Idee mancher Kunstwerke erheischt geradezu, daß die Grenzen ihrer Momente verwischt werden: jene, welche die Erfahrung des Vagen realisieren möchten. Aber in ihnen muß das Vage als Vages deutlich, ›auskomponiert‹ sein. Authentische Gebilde, die dem Desiderat des Deutlichen sich weigern, setzen es implizit voraus, um es in sich zu negieren; nicht Undeutlichkeit an sich, negierte Deutlichkeit ist ihnen wesentlich. Sonst wären sie dilettantisch.

 

 

In der Kunst bewährt sich der Satz von der Eule der Minerva, die am Abend ihren Flug beginnt. Solange Dasein und Funktion der Kunstwerke in der Gesellschaft fraglos waren und eine Art Consensus herrschte zwischen der Selbstgewißheit der Gesellschaft und dem Standort der Kunstwerke darin, ist dem Gedanken der ästhetischen Sinnhaftigkeit nicht nachgefragt worden: ein Vorgegebenes, dünkte er selbstverständlich. Kategorien werden erst dann von der philosophischen Reflexion ergriffen, wenn sie, nach Hegels Sprachgebrauch, nicht länger substantiell, nicht mehr unmittelbar gegenwärtig und fraglos sind.

 

Die Krise des Sinns in der Kunst, immanent gezeitigt von der Unwiderstehlichkeit des nominalistischen Motors, geht zusammen mit der außerkünstlerischen Erfahrung, denn der innerästhetische Zusammenhang, der Sinn ausmacht, ist der Reflex einer Sinnhaftigkeit des Daseienden und des Weltlaufs als des unausdrücklichen und daher um so wirksameren Apriori der Gebilde.

 

Der Zusammenhang, als immanentes Leben der Werke, ist Nachbild von empirischem Leben: auf es fällt sein Widerschein, der des Sinnhaften. Dadurch jedoch wird der Begriff des Sinnzusammenhangs dialektisch. Der Prozeß, der das Kunstwerk immanent, ohne daß es auf ein Allgemeines blickt, zu seinem Begriff bringt, enthüllt theoretisch sich erst, nachdem in der Geschichte der Kunst der Sinnzusammenhang selbst, und damit dessen traditioneller Begriff, ins Schwanken geraten ist.

 

In der Rationalisierung der Mittel liegt, wie allerorten, auch ästhetisch das Telos ihrer Fetischisierung. Je reiner die Verfügung über sie, desto mehr tendieren sie objektiv dazu, Selbstzweck zu werden. Das, nicht die Abkehr von irgendwelchen anthropologischen Invarianten oder der sentimental beklagte Verlust an Naivetät ist das Fatale an der jüngsten Entwicklung. Anstelle der Zwecke, daß heißt der Gebilde, treten deren Möglichkeiten; Schemata von Werken, ein Leeres, anstelle von diesen selbst: daher das Gleichgültige. Diese Schemata werden, mit der Verstärkung der subjektiven Vernunft in der Kunst, zu einem subjektiv, das heißt vom Gebilde an sich unabhängig Ausgedachten, Willkürlichen. Die verwandten Mittel werden – wie vielfach schon in den Titeln indiziert – ebenso zum Selbstzweck wie die verwendeten Materialien. Dies ist das Falsche am Sinnverlust. Wie am Begriff des Sinnes selbst dessen Wahres und Falsches zu unterscheiden ist, so gibt es auch einen falschen Untergang des Sinnes. Er indiziert sich aber durch Affirmation, als Verhimmelung dessen was ist im Kultus reiner Stoffe und reiner Verfügung; und beides wird dabei falsch getrennt.

 

Die Blockiertheit von Positivität heute wird zum Verdikt über die vergangene, nicht über die Sehnsucht, die in jener das Auge aufschlug.

 

Ästhetischer Glanz ist nicht bloß affirmative Ideologie sondern auch Abglanz des unbezwungenen Lebens: indem es dem Untergang trotzt, ist Hoffnung bei ihm. Glanz ist nicht nur der faule Zauber der Kulturindustrie. Je höher ein Werk rangiert, desto glanzvoller ist es; erst recht das graue, an dem Technicolor zuschanden wird.

 

Mörikes Gedicht vom verlassenen Mägdelein ist todtraurig, weit über den Vorwurf hinaus. Verse wie »Plötzlich, da kommt es mir, / Treuloser Knabe, /Daß ich die Nacht von dir / Geträumet habe«[16] sprechen unverhohlen furchtbare Erfahrungen aus: das Erwachen aus dem bereits als hinfällig gefühlten Trost des Schlafs zur offenen Verzweiflung. Trotzdem hat selbst dies Gedicht sein affirmatives Moment. Es birgt sich, trotz der Authentizität des Gefühls, in der Form, obwohl diese durch die Knittelverse gegen den Zuspruch sicherer Symmetrie sich wehrt. Die behutsame Fiktion des Volkslieds läßt das Mädchen als eines von vielen sprechen: die traditionelle Ästhetik hätte dem Gedicht die Qualität des Typischen nachgerühmt. Verloren ging seitdem das latente Umfangensein der Einsamkeit, eine Situation, in der Gesellschaft dem gut zuflüstert, der so allein ist wie in der frühesten Dämmerung. Mit dem Versiegen der Tränen wurde dieser Zuspruch unvernehmbar.

 

Die Kunstwerke sind nicht bloß, als Bestandstücke des sie umgreifenden Ganzen, Dinge. Sie partizipieren spezifisch an Verdinglichung, weil ihre Objektivation der der Dinge draußen nachgebildet ist; wenn irgendwo, dann sind sie darin Abbilder, nicht in der Imitation von besonderem Seienden. Der Begriff der Klassizität, nicht durchaus Kulturideologie, meint die Kunstwerke, denen solche Objektivation weithin gelang, insofern die verdinglichtesten. Durch Verleugnung seiner Dynamik arbeitet das objektivierte Kunstwerk gegen seinen eigenen Begriff. Darum ist die ästhetische Objektivation stets auch Fetischismus, und er provoziert permanente Rebellion. So wenig, nach Valérys Einsicht, irgendein Kunstwerk dem Ideal seiner Klassizität entgehen kann, so sehr sträubt ein jegliches authentische sich dagegen; daran nicht zuletzt hat Kunst ihr Leben. Durch den Zwang zur Objektivation tendieren die Kunstwerke zur Erstarrung: sie ist dem Prinzip ihrer Vollkommenheit immanent. Indem die Kunstwerke als ein Ansichseiendes in sich ruhen möchten, verschließen sie sich, nur durch Offenheit aber schießen sie über das bloß Seiende hinaus. Daß der Prozeß, der die Kunstwerke sind, durch ihre Objektivation in ihnen abstirbt, nähert allen Klassizismus mathematischen Verhältnissen an. Rebelliert wird gegen die Klassizität der Werke nicht bloß vom Subjekt, das sich unterdrückt fühlt, sondern vom Wahrheitsanspruch der Werke, mit dem das Klassizitätsideal zusammenstößt. Konventionalisierung ist der Objektivation der Kunstwerke nicht äußerlich, kein Verfallsprodukt. Sie lauert in ihnen; die übergreifende Verbindlichkeit, welche die Kunstwerke durch ihre Objektivation gewinnen, gleicht sie je herrschenden Allgemeinheiten an. Das klassizistische Ideal schlackenloser Vollendung ist nicht weniger illusionär als die Sehnsucht nach purer unbeherrschter Unmittelbarkeit. Klassizistische Werke sind untriftig. Nicht allein sind antikische Vorbilder der Nachahmung entrückt: das allmächtige Stilisationsprinzip ist unvereinbar mit den Regungen, mit denen sich zu vereinen seinen eigenen Anspruch ausmacht: die errungene Unanfechtbarkeit eines jeglichen Klassizismus hat etwas Erschlichenes. Das Spätwerk Beethovens markiert den Aufstand eines der mächtigsten klassizistischen Künstler gegen den Trug im eigenen Prinzip. Der Rhythmus der periodischen Wiederkehr romantischer und klassizistischer Strömungen, wenn anders man wirklich in der Geschichte der Kunst solche Wellen konstatieren kann, verrät den antinomischen Charakter von Kunst selbst, so wie er am handgreiflichsten sich manifestiert im Verhältnis ihres metaphysischen Anspruchs, über die Zeit sich zu erheben, zu ihrer Vergänglichkeit als der bloßen Menschenwerks. Relativ aber werden die Kunstwerke, weil sie als absolut sich behaupten müssen. Das vollendet objektivierte Kunstwerk ginge ins absolut ansichseiende Ding über und wäre Kunstwerk nicht länger. Würde es, was der Idealismus ihm zumutet, Natur, so wäre es abgeschafft. Seit Platon ist es eine von den Selbsttäuschungen bürgerlichen Bewußtseins, daß man objektive Antinomien durch ein Mittleres zwischen den Extremen meistern könne, während dies Mittlere über die Antinomie betrügt und von dieser zerrissen wird. So prekär wie der Klassizismus ist das Kunstwerk seinem Begriff nach. Der qualitative Sprung, mit dem Kunst der Grenze ihres Verstummens sich nähert, ist der Vollzug ihrer Antinomik.

 

Valéry noch hatte den Begriff von Klassizität so geschärft, daß er, Baudelaire fortspinnend, das gelungene romantische Kunstwerk klassisch nannte[17]. Durch solche Anspannung der Idee von Klassizität zerreißt sie. Vor mehr als vierzig Jahren hat die moderne Kunst das registriert. Der Neoklassizismus wird richtig verstanden nur in seinem Verhältnis dazu als zu einer Katastrophe. Unmittelbar stellt sie im Surrealismus sich dar. Er stürzt die Bilder der Antike aus dem Platonischen Himmel. Bei Max Ernst treiben sie als Phantome unter den Bürgern des späteren neunzehnten Jahrhunderts sich herum, denen sie, zu Bildungsgütern neutralisiert, wahrhaft Gespenster geworden sind. Wo für jene Bewegungen, die mit Picasso und anderen außerhalb der groupe temporär sich berührten, die Antike thematisch wird, führt sie ästhetisch zur Hölle wie theologisch einst im Christentum. Ihre leibhafte Epiphanie im prosaischen Alltag, die ihre lange Vorgeschichte hat, entzaubert sie. Zuvor als zeitlos normativ vorgestellt, empfängt die vergegenwärtigte einen historischen Stellenwert, den der zum Umriß verblaßten, entmächtigten bürgerlichen Idee. Ihre Form ist Deformation. Positiv sich aufblähende Auslegungen des Neoklassizismus gemäß dem Cocteauschen ordre après le désordre, auch die Jahrzehnte spätere des Surrealismus als romantischer Befreiung von Phantasie und Assoziation verfälschen die Phänomene ins Harmlose: sie zitieren, wie erstmals Poe, das Grauen des Augenblicks von Entzauberung als Zauber. Daß jener Augenblick nicht zu verewigen war, verdammte die Nachfolge jener Bewegungen entweder zur Restauration oder zum ohnmächtigen Ritual revolutionärer Gestik. Baudelaire bestätigte sich: emphatische Moderne gedeiht nicht in seligen Gefilden jenseits der Ware sondern schärft sich durch deren Erfahrung hindurch, während Klassizität ihrerseits zur Ware, zum repräsentativen Schinkenbild wurde. Brechts Hohn auf jenes Kulturerbe, das da in Gestalt von Gipsstatuen von seinen Hütern in Sicherheit gebracht werde, entstammt demselben Umkreis; daß bei ihm später ein positiver Begriff von Klassizität sich einschlich, nicht unähnlich dem des von ihm als Tui beschimpften Strawinsky, war so unvermeidlich wie verräterisch: der Verhärtung der Sowjetunion zum autoritären Staat gemäß. Hegels Verhalten zur Klassizität war so ambivalent wie die Stellung seiner Philosophie zur Alternative von Ontologie und Dynamik. Er verherrlichte die Kunst der Griechen als ewig und unüberholbar und erkannte die Überholtheit des klassischen Kunstwerks durch das von ihm so genannte romantische. Geschichte, deren Verdikt gerade er sanktionierte, hat gegen die Invarianz sich entschieden. Sein Verdacht der Antiquiertheit von Kunst insgesamt dürfte von der Ahnung solchen Fortgangs gefärbt sein. Strikt hegelianisch verdiente der Klassizismus, auch seine neuzeitlich sublimierte Gestalt, sein Schicksal sich selbst. Immanente Kritik – ihr großartigstes Modell, am großartigsten Gegenstand, ist die Benjaminsche der Wahlverwandtschaften – verfolgt die Brüchigkeit kanonischer Gebilde in ihren Wahrheitsgehalt hinein; sie wäre in einem kaum erst abzusehenden Umfang auszudehnen. Gar so streng hat die Kunst mit jener Verbindlichkeit des Klassizitätsideals nie es genommen; dazu nahm sie nie sich selbst streng genug, und als sie es tat, tat sie erst recht sich Gewalt an und beschädigte sich durch diese. Die Freiheit der Kunst gegenüber der Dira necessitas des Faktischen ist mit Klassizität als vollkommener Einstimmigkeit nicht zu vereinen, die ebenso dem Zwang des Unausweichlichen entlehnt ist, wie sie diesem kraft ihrer durchsichtigen Reinheit opponiert. Summum ius summa iniuria ist eine ästhetische Maxime. Je unbestechlicher Kunst, in Konsequenz des Klassizismus, Realität sui generis wird, desto verhärteter täuscht sie über die unüberschreitbare Schwelle zur empirischen. Die Spekulation entbehrt nicht allen Grundes, Kunst werde im Verhältnis dessen, was sie beansprucht, zu dem, was sie ist, desto fragwürdiger, je strenger, sachlicher, wenn man will: klassischer sie verfährt: ohne daß ihr doch im leisesten hülfe, wenn sie es leichter sich macht.

 

 

Benjamin hat die Anwendung der Kategorie Notwendigkeit auf die Kunst kritisiert[18], und zwar im Hinblick auf die geistesgeschichtliche Ausrede, irgendein Kunstwerk sei im Sinn der Entwicklung notwendig gewesen. Tatsächlich übt jener Begriff von Notwendigkeit die subaltern apologetische Funktion aus, Schwarten, an denen schon gar nichts anderes sich rühmen läßt, zu bescheinigen, ohne sie wäre es nicht weitergegangen.

 

Das Andere der Kunst, ihrem Begriff geschichtlich inhärent, droht in jedem Augenblick, sie zu erdrücken, so wie New Yorker neugotische Kirchen, aber auch der mittelalterliche Stadtkern von Regensburg Verkehrshindernisse waren. Kunst ist kein wohlumgrenzter Umfang sondern eine momentane und zerbrechliche Balance, vergleichbar der von Ich und Es im psychologischen Haushalt. Schlechte Kunstwerke werden zu schlechten nur dadurch, daß sie objektiv den Anspruch von Kunst erheben, den sie subjektiv, wie die Courths-Mahler in einem denkwürdigen Brief, dementieren. Die Kritik, die ihr Schlechtes demonstriert, tut ihnen doch wieder als Kunstwerken Ehre an. Sie sind es und sind es nicht.

 

Wie aber Gebilde, die nicht als Kunst oder vor dem Zeitalter ihrer Autonomie hergestellt wurden, durch Geschichte Kunst zu werden vermögen, so auch, was heute als Kunst sich in Frage stellt. Nicht dadurch freilich, daß es die ominöse Vorstufe einer Entwicklung bildet, zu etwas gut ist, was daraus wird. Vielmehr treten, am Surrealismus etwa, spezifisch ästhetische Qualitäten hervor, die ein kunstfeindlicher Habitus verleugnete, der nicht, wie er es wollte, zur politischen Gewalt ward; die Entwicklungskurve bedeutender Surrealisten wie Masson korrespondiert dem. Ebenso jedoch kann, was einmal Kunst war, aufhören, es zu sein. Die Verfügbarkeit der traditionellen Kunst für ihre eigene Depravation hat rückwirkende Kraft. Ungezählte Malerei und Plastik ist durch ihre Abkömmlinge im eigenen Gehalt verändert worden in Kunstgewerbe. Wer 1970 kubistisch malte, lieferte Plakate, für Reklame verwendbar, und die Originale sind gegen den Ausverkauf nicht immun.

 

Tradition wäre zu retten einzig durch Trennung vom Bann der Innerlichkeit. Große Kunstwerke der Vergangenheit gingen nie in Innerlichkeit auf; meist haben sie diese durch Entäußerung gesprengt. Eigentlich ist jedes Kunstwerk als auswendig Erscheinendes auch Kritik an der Innerlichkeit und damit jener Ideologie konträr, welche Tradition dem Hort subjektiver Erinnerungen gleichsetzt.

 

Die Deutung der Kunst aus ihrem Ursprung ist dubios, auf der ganzen Skala von der rohen Biographik über die Einflußforschung der Geistesgeschichte bis zur ontologischen Sublimierung des Ursprungsbegriffs. Gleichwohl ist der Ursprung auch nicht radikal außerhalb der Sache. Daß die Werke Artefakte sind, ist ihr Implikat. Die Konfigurationen in einem jeglichen sprechen zu dem, woraus es hervorging. In jedem hebt sich, worin es seiner Herkunft gleicht, ab von dem, wozu es wurde. Diese Antithetik ist seinem Gehalt wesentlich. Seine immanente Dynamik kristallisiert die draußen und zwar vermöge ihres aporetischen Charakters. Wo Kunstwerke, unabhängig von der individuellen Begabung und gegen sie, unfähig sind zu ihrer monadologischen Einheit, gehorchen sie dem realen geschichtlichen Druck. Er wird in ihnen selber zu der Kraft, die sie verstört. Darum nicht zuletzt wird ein Kunstwerk adäquat wahrgenommen einzig als Prozeß. Ist aber das einzelne Werk ein Kraftfeld, die dynamische Konfiguration seiner Momente, so ist es nicht minder die Kunst insgesamt. Darum ist sie nur an ihren Momenten, also vermittelt zu bestimmen, nicht mit einem Schlag. Wodurch die Kunstwerke zu dem kontrastieren, was nicht Kunst ist, ist eines jener Momente; ihre Stellung zur Objektivität wechselt.

 

Die geschichtliche Tendenz reicht tief in die ästhetischen Kriterien hinein. So entscheidet sie darüber, ob einer ein Manierist sei. Einen solchen hat Saint-Saëns Debussy gescholten. Häufig erscheint das Neue als Manier; und erst die Erkenntnis der Tendenz erlaubt auszumachen, ob es mehr ist. Aber die Tendenz ist auch kein Arbiter. In ihr mischen sich richtiges und falsches gesellschaftliches Bewußtsein; sie selbst steht zur Kritik. Der Prozeß zwischen Tendenz und Manier ist denn auch nicht abgeschlossen und bedarf unermüdlicher Revision; Manier ist ebenso Einspruch gegen die Tendenz, wie diese das Kontingente, Unverbindliche der Manier entlarvt als Warenmarke der Gebilde.

 

Proust, nach ihm Kahnweiler, vertraten, Malerei habe die Sehweise und dadurch die Gegenstände verändert. So authentisch die Erfahrung, die das anmeldet, sie mag zu idealistisch formuliert sein. Nicht aller Mutmaßung entrückt wäre das Umgekehrte: daß die Gegenstände an sich, geschichtlich, sich veränderten, das Sensorium dem sich anpaßte und dann die Malerei die Chiffren dafür fand. Der Kubismus ließe sich interpretieren als Reaktionsweise auf eine Stufe der Rationalisierung der gesellschaftlichen Welt, welche deren Wesen durch Planung geometrisierte; als Versuch, einen solchen der Erfahrung konträren Stand der Erfahrung einzubringen, so wie auf der vorhergehenden, noch nicht durchgeplanten Stufe der Industrialisierung der Impressionismus es angestrebt hatte. Diesem gegenüber wäre das qualitativ Neue des Kubismus, daß, während der Impressionismus das erstarrende Leben in der Warenwelt vermöge ihrer eigenen Dynamik zu erwecken und zu retten unternahm, der Kubismus an derlei Möglichkeiten verzweifelte und die heteronome Geometrisierung der Welt als ihr neues Gesetz, die Ordnung akzeptierte, um dadurch der ästhetischen Erfahrung Objektivität zu verbürgen. Geschichtlich antezipierte der Kubismus ein Reales, die Flugzeugaufnahmen zerbombter Städte aus dem Zweiten Krieg. Durch ihn gab Kunst erstmals Rechenschaft davon, daß das Leben nicht lebt. Das war bei ihm nicht frei von Ideologie: er unterschob die rationalisierte Ordnung anstelle des unerfahrbar Gewordenen und bestätigt sie dadurch. Das wohl trieb Picasso und Braque notwendig über den Kubismus hinaus, ohne daß ihm doch ihre späteren Werke überlegen gewesen wären.

 

Die Stellung der Kunstwerke zur Geschichte variiert ihrerseits historisch. Lukács äußerte in einem Interview über die jüngste Literatur, zumal Beckett: Warten Sie einmal zehn, fünfzehn Jahre, was man dann dazu sagen wird. Er hat damit den Standpunkt eines väterlichen Geschäftsmanns bezogen, der weitblickend den Enthusiasmus des Sohns dämpfen möchte; implizit mit dem Maß des Bleibenden, schließlich von Besitzkategorien für die Kunst. Dennoch sind die Kunstwerke nicht gleichgültig gegen das dubiose Urteil der Geschichte. Zuweilen mochte die Qualität gerade gegen Produkte, die nur mit dem Zeitgeist schwimmen, historisch sich durchsetzen. Selten haben die Werke, die großen Ruhm erlangten, ihn gar nicht verdient. Solche Entfaltung zu legitimem Ruhm aber kam der adäquaten Entfaltung der Werke, ihrer eigenen Gesetzlichkeit nach gleich, durch Interpretation, Kommentar, Kritik. Sie verdankt nicht unmittelbar sich der communis opinio, am letzten der von der Kulturindustrie gesteuerten, einem öffentlichen Urteil, dessen Beziehung zur Sache fragwürdig ist. Daß das Urteil eines intellektuellenfeindlichen Journalisten oder eines Musikwissenschaftlers von altem Schrot und Korn nach fünfzehn Jahren verbindlicher sein soll, als was Verständnis am sogleich erscheinenden Werk wahrnimmt, ist schmählicher Aberglaube.

 

Das Nachleben der Werke, ihre Rezeption als Aspekt ihrer eigenen Geschichte, findet statt zwischen dem Nicht-sich-verstehen-Lassen und dem Verstanden-werden-Wollen; diese Spannung ist das Klima der Kunst.

 

Manche frühen Erzeugnisse der neuen Musik, vom mittleren Schönberg und von Webern, haben den Charakter des nicht Berührbaren, widerspenstig gegen den Hörer vermöge ihrer Objektivation, die zum Eigenleben wird; fast tut solchen Gebilden bereits die Apperzeption ihrer Priorität Unrecht an.

 
Gesammelte Werke
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