Der eigentliche Nutznießer der Zwölftontechnik ist fraglos der Kontrapunkt. Er hat den Primat in der Komposition erlangt. Kontrapunktisches Denken ist dem harmonisch-homophonen darum überlegen, weil es von je die Vertikale dem blinden Zwang der harmonischen convenus entriß. Wohl respektierte es diese. Aber es wies allen simultanen musikalischen Ereignissen ihren Sinn aus der Einmaligkeit der Komposition zu, indem es das Begleitende völlig durch die Relation zur melodischen Hauptstimme bestimmte. Vermöge der Universalität der Reihenbeziehung ist die Zwölftontechnik kontrapunktisch im Ursprung – denn alle gleichzeitigen Noten darin sind gleich selbständig, weil alle integrale Bestandteile der Reihe sind – und ihr Vorrang vor der Willkür des traditionellen »freien Komponierens« ist kontrapunktischer Art. Seit der Etablierung der homophonen Musik im Generalbaßzeitalter haben die tiefsten Erfahrungen der Komponisten die Unzulänglichkeit der Homophonie zur verbindlichen Konstitution konkreter Formen angemeldet. Der Rückgriff Bachs auf die ältere Polyphonie – gerade die konstruktiv vorgeschrittensten Fugen wie die in cis-moll aus dem ersten Band des Wohltemperierten Klaviers, die sechsstimmige aus dem Musikalischen Opfer und die späteren aus der Kunst der Fuge nähern sich der Ricercata – und die polyphonen Partien beim letzten Beethoven sind die größten Denkmale solcher Erfahrung. Zum erstenmal jedoch seit dem ausgehenden Mittelalter, und in unvergleichlich viel größerer rationaler Verfügung über die Mittel, hat die Zwölftontechnik einen genuinen polyphonen Stil auskristallisiert und nicht bloß die äußerliche Symbiose polyphonischer Schemata und akkordischen Denkens, sondern auch die Unreinheit im Gegeneinanderwirken harmonischer und polyphonischer Kräfte beseitigt, wie sie die freie Atonalität disparat nebeneinander duldete. In den polyphonen Vorstößen Bachs und Beethovens war mit verzweifelter Energie der Ausgleich von Generalbaßchoral und echter Vielstimmigkeit, als einer zwischen subjektiver Dynamik und verbindlicher Objektivität, angestrebt. Schönberg hat sich als Exponent der geheimsten Tendenzen der Musik bewährt, indem er nicht länger die polyphonische Organisation dem Material auswendig auferlegte, sondern aus diesem selber ableitete. Das allein schon stellte ihn zu den größten Komponisten. Nicht bloß hat er eine Reinheit des Stils erarbeitet, ebenbürtig den Stilmodellen, die einstmals bewußtlos dem Komponieren vorgeordnet waren: ließe sich doch an der Legitimität des Stilideals zweifeln. Aber es gibt wieder etwas wie reinen Satz. Die Zwölftontechnik hat gelehrt, mehrere unabhängige Stimmen gleichzeitig zu denken und ohne Akkordkrücken als Einheit zu organisieren. Sie hat dem planlosen und unverbindlichen Kontrapunktieren vieler Komponisten der Ära nach dem ersten Krieg so gründlich das Ende bereitet wie dem schmückenden neudeutschen Kontrapunkt. Die neue Mehrstimmigkeit ist »real«. Bei Bach gibt die Tonalität die Antwort auf die Frage, wie Mehrstimmigkeit als harmonische möglich sei. Darum ist Bach in der Tat, wofür Goethe ihn hielt: Harmoniker. Bei Schönberg hat die Tonalität der Macht jener Antwort sich begeben. An ihre Trümmer richtet er die Frage nach der polyphonischen Tendenz des Akkords. So ist er Kontrapunktiker. Sein Unvollkommenes bleibt in der Zwölftontechnik die Harmonie, umgekehrt wie bei Bach, wo das harmonische Schema der Selbständigkeit der Stimmen jene Grenze setzt, die erst von der Spekulation der Kunst der Fuge transzendiert wird. Aber die harmonische Aporie teilt in der Zwölftontechnik doch auch dem Kontrapunkt sich mit. Den Komponisten ist die Bewältigung kontrapunktischer Schwierigkeiten, wie sie in den verrufenen »Künsten« der Niederländer und deren intermittierender Wiederaufnahme späterhin besteht, von je als Verdienst erschienen. Mit Recht: die kontrapunktischen Kunststücke melden stets den Sieg der Komposition über die Trägheit der Harmonik an. Die abstraktesten Anschläge von Krebs- und Spiegelkanon sind Schemata, an denen Musik sich einübt, das Formelhafte der Harmonie zu überlisten, indem sie die »allgemeinen« Akkorde zur Deckung bringt mit dem durch und durch Bestimmten des Stimmverlaufs. Dies Verdienst aber mindert sich, wenn der harmonische Stein des Anstoßes fortfällt; wenn nicht mehr die Bildung »richtiger« Akkorde die Probe auf den Kontrapunkt macht. Das Maß ist einzig noch die Reihe. Es sorgt für die engste Interrelation der Stimmen, die des Kontrasts. Das Desiderat, Note gegen Note zu setzen, wird von der Zwölftontechnik wörtlich realisiert. Ihm hatte die Heteronomie des harmonischen Prinzips gegenüber der Horizontale sich entzogen. Nun der äußerliche Zwang vorgegebener Harmonien gebrochen ist, läßt sich die Einheit der Stimmen strikt aus ihrer Verschiedenheit entwickeln, ohne das Bindeglied von »Verwandtschaft«. Darum widersetzt sich in Wahrheit der Zwölftonkontrapunkt aller Imitatorik und Kanonik. Die Verwendung solcher Mittel beim Schönberg der Zwölftonphase wirkt als Überbestimmung, Tautologie. Sie organisieren nochmals einen Zusammenhang, der bereits organisiert ist durch die Zwölftontechnik. In dieser selbst hat jenes Prinzip zum äußersten sich entfaltet, das der Imitatorik und Kanonik rudimentär zugrunde lag. Daher das Heterogene, Sachfremde der von der herkömmlichen kontrapunktischen Praxis übernommenen Veranstaltungen. Webern wußte wohl, warum er in seinen Spätwerken das kanonische Prinzip aus der Reihenstruktur selber abzuleiten versuchte, während offenbar Schönberg schließlich gegen alle solchen Künste aufs neue empfindlich geworden ist. Die alten Bindemittel der Polyphonie hatten ihre Funktion bloß im harmonischen Raum der Tonalität. Sie trachten, die Stimmen miteinander zu verketten und dadurch, daß eine Linie die andere abbildet, die stimmfremde Gewalt des harmonischen Stufenbewußtseins über die Stimmen auszugleichen. Imitatorik und Kanonik setzen ein solches Stufenbewußtsein voraus oder wenigstens einen tonalen »Modus«, mit dem die hinter den Kulissen arbeitende Zwölftonreihe nicht zu verwechseln ist. Denn nur die offenbare tonale oder modale Ordnung, in deren Hierarchie jede Stufe ein für allemal ihren Platz einnimmt, erlaubt Wiederholung. Diese ist nur möglich in einem artikulierten Bezugssystem. Ein solches bestimmt die Ereignisse in übergreifender Allgemeinheit, über den unwiederholbaren und einzigen Fall hinaus. Die Verhältnisse des Bezugssystems, Stufen und Kadenz, implizieren vorweg ein Weitergehen, eine gewisse Dynamik. Darum bedeutet Wiederholung in ihnen keinen Stillstand. Sie nehmen gleichsam dem Werk die Verantwortung fürs Weitergehen ab. Dazu ist die Zwölftontechnik untauglich. In keinem Betracht ist sie Tonalitätsersatz. Weder besitzt die jeweils bloß für ein Werk gültige Reihe jene übergreifende Allgemeinheit, die dem wiederholten Ereignis durchs Schema eine Funktion zuwiese, die es als wiederholt Individuelles nicht hat, noch auch betrifft die Intervallfolge der Reihe die Wiederholung derart, daß sie das Wiederholte in seiner Wiederholung sinnvoll ververänderte. Wenn gleichwohl der Zwölftonkontrapunkt, zumal in Schönbergs älteren Zwölftonstücken und durchweg bei Webern, Imitatorik und Kanonik im weitesten Maße heranzieht, so widerspricht das auch darum eher dem spezifischen Ideal des Zwölftonverfahrens. Freilich ist die Wiederaufnahme archaischpolyphoner Mittel kein bloßer Übermut der Kombinatorik. Die inhärent tonalen Verfahrungsweisen wurden ausgegraben, eben weil die Zwölftontechnik als solche nicht leistet, was ihr zugemutet wird und was doch durch geraden Rückgriff auf tonale Tradition am letzten geleistet werden kann. Der Ausfall des spezifisch Harmonischen als eines Formbildenden wird offenbar so bedenklich fühlbar, daß der reine Zwölftonkontrapunkt als solcher zur organisierenden Kompensation nicht genügt. Ja er genügt nicht einmal kontrapunktisch. Das Prinzip des Kontrasts überschlägt sich. Niemals tritt eine Stimme zur anderen wahrhaft frei hinzu, sondern stets bloß als deren »Ableitung«, und gerade das vollkommene Aussparen der Ereignisse der einen Stimme in der anderen, ihre gegenseitige Negation, bringt sie in ein Spiegelverhältnis, dem latent die Tendenz innewohnt, die Unabhängigkeit der Stimmen voneinander und damit den ganzen Kontrapunkt im Extrem aufzuheben – im Zwölfklang. Dem vielleicht will die Imitatorik entgegenwirken. Ihre Strenge will die Freiheit retten, die durch deren eigene Konsequenz, den reinen Kontrast, gefährdet wird. Die vollkommen ineinander gepaßten Stimmen sind identisch als Produkte der Reihe, einander völlig fremd aber und feindlich gerade in ihrem Eingepaßtsein. Sie haben nichts miteinander, alles mit einem Dritten zu tun. Ohnmächtig wird die Imitatorik beschworen, um die Fremdheit der allgehorsamen Stimmen zu versöhnen.

Daran zeigt sich ein Fragwürdiges in den jüngsten polyphonen Triumphen. Die Einheit der Zwölftonstimmen, die durch die Reihe gegeben ist, widerspricht wahrscheinlich dem tiefsten Impuls des neueren Kontrapunktes. Was die Schulen guten Kontrapunkt nennen, glatte, selbständig-sinnvolle und doch nicht vordringlich die Hauptstimme überwuchernde Stimmen, harmonisch einwandfreier Verlauf, geschickte Verkittung heterogener Linien durch einen weise hinzugesetzten Part, das gibt von der Idee nur den dünnsten Absud, indem es sie zu Rezepten mißbraucht. Das Anliegen des Kontrapunktes war nicht die gelungene und ergänzende Addition von Stimmen, sondern die Organisation von Musik derart, daß sie jeder in ihr enthaltenen Stimme notwendig bedarf, und daß jede Stimme, jede Note genau ihre Funktion in der Textur erfüllt. Das Gewebe muß so konzipiert sein, daß das Verhältnis der Stimmen zueinander den Verlauf des ganzen Stückes, schließlich die Form erzeugt. Das, und nicht daß er einen im herkömmlichen Sinn so guten Kontrapunkt geschrieben hätte, macht die wahre Überlegenheit Bachs über alle nachfolgende polyphone Musik aus – nicht die Linearität als solche, sondern deren Integration in das Ganze, Harmonik und Form. Darin hat die Kunst der Fuge nicht ihresgleichen. Die Schönbergische Emanzipation des Kontrapunkts nimmt dies Anliegen wieder auf. Fraglich nur, ob nicht die Zwölftontechnik, indem sie die kontrapunktische Idee der Integration zum Absoluten treibt, das Prinzip des Kontrapunkts durch dessen eigene Totalität abschafft. Es gibt in der Zwölftontechnik nichts mehr, was vom Gewebe der Stimmen differierte, weder vorgegebenen Cantus firmus noch harmonisches Eigengewicht. Man könnte aber den Kontrapunkt selber gerade als Ausdruck der Differenz der Dimensionen in der abendländischen Musik auffassen. Er trachtet, diese Differenz zu überwinden, indem er sie gestaltet. Bei vollkommener Durchorganisation müßte der Kontrapunkt im engeren Sinn, als Hinzutreten einer selbständigen Stimme zu einer andern, verschwinden. Er hat sein Daseinsrecht bloß in der Überwindung eines nicht in ihm Aufgehenden, Widerstrebenden, dem er »zugesetzt« wird. Wo es keinen solchen Vorrang eines musikalisch an sich Seienden mehr gibt, an dem er sich erprobte, wird er zur nichtigen Anstrengung und geht unter in einem undifferenzierten Kontinuum. Er teilt das Los etwa einer allkontrastierenden Rhythmik, die in verschiedenen sich ergänzenden Stimmen jeden Taktteil angibt und so gerade in rhythmische Eintönigkeit übergeht. Weberns jüngste Arbeiten sind konsequent auch darin, daß die Liquidation des Kontrapunkts in ihnen sich abzeichnet. Die Kontrasttöne treten zur Monodie zusammen.

Die Unangemessenheit aller Wiederholung an die Struktur der Zwölftonmusik, wie sie sich in der Intimität der imitatorischen Details bemerkbar macht, definiert die zentrale Schwierigkeit der Zwölftonform – Form im spezifischen Sinn der musikalischen Formenlehre, nicht im umfassenden ästhetischen verstanden. Der Wunsch, die große Form gleichsam über die Kritik der ästhetischen Totalität durch den Expressionismus hinweg zu rekonstruieren28, ist so fragwürdig wie die »Integration« einer Gesellschaft, in der der ökonomische Grund der Entfremdung unverändert fortbestehen bleibt, während den Antagonismen durch Unterdrückung das Recht entzogen wird, zu erscheinen. Etwas davon ist in der integralen Zwölftontechnik gelegen. Nur daß in ihr – wie vielleicht in allen Phänomenen der Kultur, die im Zeitalter der totalen Planung des Unterbaus ganz neuen Ernst gewinnen, indem sie jene Planung dementieren – die Antagonismen nicht ebenso bündig sich verscheuchen lassen wie in einer Gesellschaft, die von der neuen Kunst nicht bloß abgebildet, sondern zugleich »erkannt« und damit kritisiert wird. Die Rekonstruktion der großen Form durch die Zwölftontechnik ist nicht bloß fragwürdig als Ideal. Fragwürdig ist ihr eigenes Gelingen. Es ist oft, und gerade von musikalisch Zurückgebliebenen, bemerkt worden, daß die Formen der Zwölftonkomposition eklektisch die »vorkritischen« großen Formen der Instrumentalmusik heranziehen. Buchstäblich oder dem Geist nach treten Sonate, Rondo und Variation auf: in manchen Fällen, wie dem des Finales vom Dritten Quartett, mit einer Harmlosigkeit, die nicht bloß die genetischen Sinnesimplikate dieser Musik krampfhaft naiv vergißt, sondern obendrein von der Kompliziertheit der rhythmischen und kontrapunktischen Faktur im einzelnen durch die Simplizität der großen Disposition grell absticht. Die Inkonsistenz liegt auf der Hand, und die letzten Instrumentalwerke Schönbergs sind vorab der Versuch, sie zu meistern29. Nicht ebenso klar jedoch hat man gesehen, wie jene Inkonsistenz aus der Beschaffenheit der Zwölftonmusik selber notwendig entspringt. Daß diese es zu keinerlei großen Formen eigenen Wesens bringt, ist die immanente Rache der vergessenen kritischen Phase und kein Zufall. Die Konstruktion wahrhaft freier, die einmalige Beschaffenheit des Stücks umschreibender Formen wird verwehrt von der Unfreiheit, die durch die Reihentechnik, durch das wieder und wieder Erscheinen des Gleichen, gesetzt ist. So dürfte jener Zwang, die Rhythmen thematisch zu machen und jeweils mit verschiedenen Reihengestalten auszufüllen, mit sich bereits die Nötigung zur Symmetrie führen. Wann immer jene rhythmischen Formeln auftreten, melden sie korrespondierende Formteile an, und es sind diese Korrespondenzen, welche die Geister der vorkritischen Formen zitieren. Freilich nur als Geister. Denn es bleiben die Zwölftonsymmetrien wesenlos, ohne Tiefgang. Das macht, daß sie zwar zwangshaft sich ergeben, aber zu nichts mehr nutzen. Die traditionellen Symmetrien beziehen sich allemal auf harmonische Symmetrieverhältnisse, die sie ausdrücken oder herstellen sollen. Der Sinn der klassischen Sonatenreprise ist unabtrennbar vom Modulationsschema der Exposition und von den harmonischen Ausweichungen der Durchführung: sie dient dazu, die in der Exposition bloß »gesetzte« Haupttonart als Resultat eben des Prozesses, den die Exposition inauguriert, zu bestätigen. Man kann sich allenfalls vorstellen, daß das Sonatenschema in freier Atonalität, nach Beseitigung des modulatorischen Grundes der Korrespondenz, etwas von diesem Sinn behält, wenn nämlich das Triebleben der Klänge so kräftige Tendenzen und Gegentendenzen entwickelt, daß die Idee des »Ziels« sich behauptet, und daß der symmetrische Repriseneinsatz seiner Idee Genüge tut. Davon kann in der Zwölftontechnik nicht die Rede sein. Andererseits vermag sie aber, mit ihren rastlosen Permutationen, auch keine architekturähnlich-statische Symmetrie vorklassischen Gepräges zu rechtfertigen. Offenbar wird die Forderung nach Symmetrie von der Zwölftontechnik so dringlich erhoben wie unerbittlich verweigert. Am ehesten dürfte die Frage der Symmetrie in Stücken wie dem ersten Satz des Dritten Quartetts bewältigt sein, die des Scheins der Form-Dynamik ebensowohl sich begeben wie des Blicks auf solche Formen, deren Symmetrie auf harmonische Relationen verweist, und die statt dessen mit ganz harten, reinen, gewissermaßen geometrischen Symmetrien operieren, die kein verbindliches Bezugssystem der Formen voraussetzen und keiner Zielvorstellung sondern der einmaligen Balance dienen. Es sind Stücke solcher Art, die der objektiven Möglichkeit der Zwölftontechnik am nächsten kommen. Jener Satz hält durch die starrsinnige Achtelfigur den Gedanken an Entwicklung gänzlich fern und erzwingt zugleich im Gegeneinanderstellen symmetrischer, doch verschobener Flächen einen musikalischen Kubismus, wie ihn die aufgereihten Komplexe Strawinskys bloß markieren. Schönberg ist dabei nicht stehengeblieben. Läßt sein gesamtes œuvre von Umschlag zu Umschlag und von Extrem zu Extrem als dialektischer Prozeß zwischen Ausdrucksmoment und Konstruktion sich verstehen30, dann ist dieser Prozeß in der neuen Sachlichkeit nicht zur Ruhe gekommen. Wie die realen Erfahrungen seines Alters ihm das Ideal des objektiven Kunstwerks, auch in seiner positivistisch entzauberten Gestalt, erschüttern mußten, so konnte seinem musikalischen Ingenium die klaffende Leere der integralen Komposition nicht entgehen. Die letzten Werke stellen die Frage, wie die Konstruktion Ausdruck werden könne, ohne wehleidig der klagenden Subjektivität nachzugeben. Der langsame Satz des Vierten Quartetts – seine Anlage, die zweimalige Folge von aufgelöstem Rezitativ und liedhaft geschlossenem Abgesang, gleicht der jener »Entrückung«, die als erstes Stück Schönbergs keine Tonart vorzeichnet und die expressionistische Phase eröffnet – und das Marschfinale des Violinkonzerts sind fast überdeutlichen Ausdrucks. Keiner wird sich seiner Gewalt entziehen. Sie läßt das private Subjekt hinter sich zurück. Aber selbst diese Gewalt vermag nicht – und wie vermöchte sie es – den Bruch zu schließen. Es sind Werke des großartigen Mißlingens. Nicht der Komponist versagt im Werke: Geschichte versagt das Werk. Schönbergs letzte Kompositionen sind dynamisch. Die Zwölftontechnik widerspricht der Dynamik. Wie sie den Zug von Klang zu Klang unterbindet, so duldet sie keinen des Ganzen. Wie sie die Begriffe von Melos und Thema entwertet, so schließt sie die eigentlich dynamischen Formkategorien, Entwicklung, Überleitung, Durchführung aus. Wenn der junge Schönberg wahrnahm, daß aus dem Hauptthema der Ersten Kammersymphonie keine »Konsequenzen« im traditionellen Sinn sich ziehen ließen, dann bleibt das in jener Wahrnehmung enthaltene Verbot für die Zwölftontechnik in Kraft. Jeder Ton ist so gut Reihenton wie jeder andere; wie läßt sich dann »überleiten«, will man nicht die dynamischen Formkategorien von der kompositorischen Substanz losreißen? Jeder Reiheneinsatz ist »die« Reihe so gut wie der vorhergehende, keiner mehr und keiner weniger; selbst welche Gestalt als »Grundgestalt« gilt, ist zufällig. Was soll da »Entwicklung«? Jeder Ton ist durch die Reihenbeziehung thematisch erarbeitet und keiner ist »frei«; die verschiedenen Teile mögen mehr oder weniger Kombinationen bringen, aber keiner vermag dichter ans Material sich zu binden als der erste Einsatz. Die Totalität der thematischen Arbeit in der Vorformung des Materials macht jede sichtbare thematische Arbeit in der Komposition selbst zur Tautologie. Darum wird schließlich im Sinn der strikten Konstruktion die Durchführung illusorisch, und Berg wußte wohl, warum er im einleitenden Allegretto der Lyrischen Suite, seiner ersten Zwölftonarbeit, die Durchführung fortließ31. Erst in den letzten Werken Schönbergs, deren Oberflächendisposition von den traditionellen Formen viel weiter sich entfernt als in den früheren Zwölftonkompositionen, spitzen jene Formfragen sich zu. Gewiß, das Bläserquintett war eine Sonate, aber eine »auskonstruierte«32, in Zwölftontechnik gewissermaßen geronnene, in der die »dynamischen« Formteile gleich Malen des Vergangenen stehen. In der Frühzeit der Zwölftontechnik, am offensten in den opera, die den Namen Suite tragen, aber auch noch etwa im Rondo des Dritten Quartetts, hatte Schönberg mit den traditionellen Formen tiefsinnig gespielt. Die leise Distanz, mit der sie erschienen, hatte ihren Anspruch und den des Materials in der künstlichsten Schwebe gehalten. In den letzten Werken läßt der Ernst der Expression Lösungen solcher Art nicht mehr zu. Darum werden keine traditionellen Formen wörtlich mehr beschworen, dafür aber der dynamische Anspruch der traditionellen Formen in aller Schwere genommen. Die Sonate wird nicht mehr auskonstruiert, sondern soll, unter Verzicht auf ihre schematischen Hüllen, wahrhaft rekonstruiert werden. Es treiben dazu nicht bloße Stilraisonnements sondern die gewichtigsten kompositorischen Gründe. Bis heute hat die offizielle Musiktheorie sich nicht darum bemüht, den Begriff der Fortsetzung als Formkategorie zu präzisieren, obwohl ohne den Gegensatz von »Ereignis« und Fortsetzung gerade die großen Formen der traditionellen Musik, aber auch die Schönbergischen, nicht verstanden werden können. An Tiefe, Maß und Eindringlichkeit der Fortsetzungscharaktere haftet eine Qualität, die über den Wert von Stücken und selbst über den ganzer Formtypen entscheidet. Große Musik indiziert sich in dem Augenblick des Verlaufs, wo ein Stück wirklich zur Komposition wird, aus dem eigenen Gewicht ins Rollen kommt und das Dies-da der thematischen Setzung, von der es ausgeht, transzendiert. War der älteren Musik die Aufgabe und freilich auch das Glück jenes Augenblicks durch die bloße rhythmische Bewegung abgenommen, ist seine Idee dann die Kraftquelle, aus der jeder Takt Beethovens geschöpft ward, so wird die Frage nach jenem Augenblick ganz gestellt und eben darum zugleich unbeantwortbar in der Romantik. Es ist die wahre Überlegenheit der »großen Formen«, daß nur sie den Augenblick zu stiften vermögen, wo die Musik zur Komposition zusammenschießt. Dem Lied ist er prinzipiell fremd, und darum sind Lieder nach dem verbindlichsten Maßstab untergeordnet. Sie bleiben ihrem Einfall immanent, während große Musik sich konstituiert durch dessen Liquidation. Die wird aber rückblickend geleistet bloß durch den Schwung der Fortsetzung. In der Fähigkeit dazu liegt Schönbergs ganze Stärke. Deshalb schauen Fortsetzungsthemen, wie das im Vierten Quartett auf Takt 25 einsetzende, und Überleitungen, wie die Melodie der zweiten Geige (Takt 42ff.), nicht heterogen durch konventionelle Form-Masken. Sie wollen wirklich fortsetzen und überleiten. Ja die Zwölftontechnik selber, welche die dynamische Form verwehrt, verführt zu dieser. Sie läßt die Unmöglichkeit, wahrhaft in jedem Augenblick gleich nah zum Mittelpunkt sich zu halten, als Möglichkeit der formalen Artikulation erscheinen. Während sie den Kategorien Thema, Fortsetzung, Vermittlung widerspricht, zieht sie diese herbei. Das Abfallen aller Zwölftonmusik nach prägnanten Reihenexpositionen spaltet sie in Haupt- und Nebenereignisse, wie es in der traditionellen der Fall war. Ihre Gliederung ähnelt sich dem Verhältnis von Thema und »Arbeit« an. Damit aber kommt es zum Konflikt. Denn es ist offenbar, daß die spezifischen »Charaktere« der auferstandenen Themen, die sich so drastisch von dem absichtsvoll-generellen, fast gleichgültigen Zuschnitt der früheren Zwölftonthematik unterscheiden, nicht autonom aus der Zwölftontechnik hervorgegangen sind, sondern vielmehr dieser, in kritischer Einsicht gleichsam, vom rücksichtslosen Willen des Komponisten aufgezwungen wurden. Gerade die notwendige Äußerlichkeit dieser Beziehung und die Totalität der Technik selbst stehen im tiefsten Zusammenhang. Die unerbittliche Geschlossenheit der Technik setzt eine schlechte Grenze. Alles, was sie transzendiert, alles konstitutiv Neue – und darum bemühen leidenschaftlich sich Schönbergs letzte Werke – ist in der definiten Mannigfaltigkeit der Technik verpönt. Die Zwölftontechnik ist aus dem echt dialektischen Prinzip der Variation hervorgegangen. Es hatte postuliert, daß die Insistenz beim immer Gleichen und dessen fortwährende Analyse im Komponieren – alle motivische Arbeit ist Analyse, teilt das Gegebene ins Kleinste auf – das unablässig Neue ergeben. Durch Variation transzendiert das musikalisch Gesetzte, das »Thema« im strengsten Verstande, sich selber. Indem aber die Zwölftontechnik das Variationsprinzip zur Totalität, zum Absoluten erhob, hat sie es in einer letzten Bewegung des Begriffs abgeschafft. Sobald es total wird, entfällt die Möglichkeit der musikalischen Transzendenz; sobald alles gleichermaßen in Variation aufgeht, ein »Thema« nicht zurückbleibt und alles musikalisch Erscheinende unterschiedslos als Permutation der Reihe sich bestimmt, verändert sich in der Allheit der Veränderung gar nichts mehr. Alles bleibt beim alten, und die Zwölftontechnik nähert sich der ziellos umschreibenden, vor-Beethovenschen Gestalt der Variation, der Paraphrase. Sie bringt die Tendenz der gesamten Geschichte der europäischen Musik seit Haydn, wie sie mit der gleichzeitigen deutschen Philosophie aufs engste verschränkt ist, zum Stillstand. Zum Stillstand bringt sie aber auch die Komposition als solche. Der Begriff des Themas selber ist in dem der Reihe aufgegangen und unter deren Herrschaft kaum zu retten. Es ist objektiv das Programm der Zwölftonkomposition, das Neue, alle Profile innerhalb der Form als zweite Schicht auf die reihenmäßige Präformierung des Materials aufzubauen. Eben das mißlingt: das Neue tritt allemal zur Zwölftonkonstruktion akzidentell, willkürlich und im Entscheidenden antagonistisch hinzu. Die Zwölftontechnik läßt keine Wahl. Sie verbleibt entweder in purer Formimmanenz, oder das Neue wird ihr unverbindlich eingelegt. So sind denn die dynamischen Charaktere der letzten Werke selber nicht neu. Sie stammen aus dem Fundus. Sie sind durch Abstraktionen aus der vor-zwölftönigen Musik gewonnen. Und zwar meist aus solcher, die älter ist als die freie Atonalität: im ersten Satz des Vierten Quartetts mahnen sie an die Erste Kammersymphonie. Von den »Themen« der letzten tonalen Kompositionen Schönbergs, die zugleich die letzten waren, die den Begriff des Themas noch zulassen, ist der Gestus dieser Themen übernommen, jedoch abgelöst von seinen materialen Voraussetzungen. Jener Gestik, wie sie in Vortragsbezeichnungen gleich schwungvoll, energico, impetuoso, amabile designiert ist, bürden sie allegorisch auf, was in der Tonstruktur zu realisieren ihnen versagt ist: Drang und Ziel, das Bild des Ausbruchs. Es ist die Paradoxie dieser Verfahrungsweise, daß gerade ihr das Bild des Neuen unter den Händen zur alten Wirkung mit neuen Mitteln wird und daß die stählerne Apparatur der Zwölftontechnik auf das sich richtet, was freier einmal und notwendiger zugleich aus dem Zerfall der Tonalität sich erhob33. Der neue Wille zum Ausdruck findet sich belohnt durch den Ausdruck des Alten. Die Charaktere klingen wie Zitate, und noch ihren Bezeichnungen ist der geheime Stolz anzumerken darüber, daß dies wieder möglich sei, während doch zu fragen bleibt, ob es noch möglich ist. Der Streit zwischen der entfremdeten Objektivität und der beschränkten Subjektivität ist ungeschlichtet, und seine Unversöhnlichkeit ist seine Wahrheit. Aber es ist denkbar, daß die Unangemessenheit des Ausdrucks, der Bruch zwischen ihm und der Konstruktion, noch als Mangel der letzteren bestimmbar bleibt, als Irrationalität der rationalen Technik. Um ihres blinden Eigengesetzes willen versagt sie sich dem Ausdruck und transponiert diesen ins Erinnerungsbild des Vergangenen, wo er das Traumbild des Zukünftigen meint. Vorm Ernst dieses Traums erweist sich der Konstruktivismus der Zwölftontechnik als zu wenig konstruktiv. Dieser befiehlt bloß die Ordnung der Momente, ohne sie einander aufzuschließen. Das Neue, das er verwehrt, ist aber nichts anderes als die Versöhnung der Momente, die ihm mißlingt.

 

Gelähmt wird mit der Spontaneität der Komposition auch die Spontaneität der avancierten Komponisten. Sie sehen sich vor so unlösbare Aufgaben gestellt wie ein Schriftsteller, der für jeden Satz, den er schreibt, Vokabular und Syntax eigens beistellen muß34. Der Triumph der Subjektivität über die heteronome Tradition, die Freiheit, jeden musikalischen Augenblick subsumtionslos ihn selber sein zu lassen, kommt teuer zu stehen. Die Schwierigkeiten der geforderten Sprachschöpfung sind prohibitiv. Nicht bloß wird dem Komponisten als Arbeit aufgebürdet, was vordem die intersubjektive Sprache der Musik weithin ihm abgenommen hatte. Er muß auch, sind seine Ohren scharf genug, in der selbst geschaffenen Sprache jener Züge des Äußerlichen und Mechanischen gewahr werden, in denen die musikalische Naturbeherrschung notwendig terminiert. Er muß die Unverbindlichkeit und Brüchigkeit dieser Sprache im Akt des Komponierens objektiv einbekennen. Es ist nicht genug an der permanenten Sprachschöpfung und dem Widersinn, der einer Sprache der absoluten Entfremdung vorweg anhaftet. Der Komponist muß obendrein unermüdlich Akrobatenkünste vollführen, um die Prätention der selbstgemachten Sprache ins Erträgliche zu mildern, die sich steigert, je besser er sie spricht. Er muß die unversöhnlichen Postulate des Verfahrens in labiler Balance halten. Was solche Anstrengung nicht auf sich nimmt, ist verloren. Klappernde Wahnsysteme sind bereit, jeden zu verschlingen, der arglos etwa die selbstgemachte Sprache als bestätigte sich vorgeben wollte. Diese Schwierigkeiten sind um so verderblicher, als das Subjekt nicht mit ihnen wächst. Die Atomisierung der musikalischen Partialmomente, welche von der selbstgemachten Sprache vorausgesetzt wird, gleicht dem Stand jenes Subjekts. Es ist gebrochen von der totalen Herrschaft, die im ästhetischen Bilde seiner eigenen Ohnmacht beschlossen liegt. »Das ist es, was uns an der Musik Schönbergs so neu und unerhört erscheint: Dieses fabelhaft sichere Steuern in einem Chaos von neuen Klängen.«35 Dem überschwenglichen Vergleich ist bereits die Angst eingesenkt, wie sie wörtlich im Titel eines der Tradition zugehörigen Klavierstücks von Ravel notiert ist: Une barque sur l'océan. Die offenen Möglichkeiten erscheinen dem schreckhaft, der ihnen sachlich auch dann nicht ebenbürtig wäre, wenn der Kommunikationsbetrieb des offiziellen Musiklebens ihm materiell erlaubte, die Möglichkeit zu benutzen, und sie nicht vorweg durch den vertrauten Lärm des immer Gleichen übertäubte. Kein Künstler vermag es, von sich aus den Widerspruch der entfesselten Kunst zur gefesselten Gesellschaft aufzuheben: alles, was er vermag, ist, durch entfesselte Kunst der gefesselten Gesellschaft zu widersprechen, und auch daran muß er fast verzweifeln. Unerklärlich wäre es, daß all die intentionslosen Stoffe und Schichten, welche die Bewegung der neuen Musik freigelegt hat, so daß sie herrenlos auf den zu warten scheinen, der nach ihnen griffe, – daß sie alle kaum Neugierige, geschweige denn Wahlverwandte angelockt haben, die sich dem Glück des Unerfaßten überlassen hätten, wären nicht die meisten selber so gründlich erfaßt, daß sie jenes Glück vorweg sich verbieten müssen und darum seiner bloßen Möglichkeit grollen. Sie sperren sich, nicht, weil sie das Neue nicht verstünden, sondern weil sie es verstehen. Es exponiert mit dem Trug ihrer Kultur das Unvermögen zur Wahrheit, das nicht bloß ihr individuelles Unvermögen ist. Sie sind zu schwach, um sich mit dem Unerlaubten einzulassen. Sinnlos schlügen die Wellen der ungezähmten Klänge über ihnen zusammen, wollten sie ihrer Lockung folgen. Die folkloristischen, neo-klassischen und kollektivistischen Schulen haben alle nur das eine Bestreben, im Hafen zu bleiben und das Erfaßte, Vorgeformte als das Neue auszugeben. Ihre Tabus sind gegen den musikalischen Ausbruch gerichtet, und ihre Modernität ist nichts als der Versuch, dessen Kräfte zu domestizieren und womöglich in die vorindividualistische Ära der Musik zurückzusiedeln, die als Stilkleid der gegenwärtigen gesellschaftlichen Phase so gut paßt. Stolz auf die Entdeckung, daß das Interessante langweilig zu werden beginnt, reden sie sich und andern ein, das Langweilige sei darum interessant. Sie halten noch nicht einmal so weit, um die Repressionstendenzen zu bemerken, die der musikalischen Emanzipation selber innewohnen. Gerade, daß sie sich gar nicht erst emanzipieren wollen, macht sie so zeitgemäß und verwendungsfähig. Aber auch die Inauguratoren der neuen Musik, welche die Konsequenzen ziehen, sind von jener Art Ohnmacht geschlagen und zeigen Symptome der gleichen kollektiven Erkrankung, die sie an der feindseligen Reaktion gewahren müssen. Die ernsthaft in Betracht kommende Produktion ist quantitativ geschrumpft, und was überhaupt noch geschrieben wird, trägt nicht bloß die Spuren unsäglicher Mühe sondern oft genug auch von Unlust. Die quantitative Schrumpfung hat offenkundige gesellschaftliche Gründe. Es besteht keine Nachfrage mehr. Aber schon der expressionistische Schönberg, der stürmisch produzierte, hatte radikal dem Markt opponiert. Die Ermüdung rührt her von den Schwierigkeiten des Komponierens in sich selber, die zu den auswendigen im prästabilierten Verhältnis stehen. In den fünf Jahren vor dem ersten Weltkrieg hatte Schönberg das gesamte musikalische Materialbereich von der durchkonstruierten Tonalität über die freie Atonalität bis zur beginnenden Reihentechnik durchmessen. Dem kommen die zwanzig Jahre Zwölftontechnik kaum gleich. Sie wurden mehr auf die Disposition übers Material verwandt als auf die Werke, deren Totalität die neue Technik rekonstruieren sollte, obwohl es an groß angeschauten Stücken nicht mangelt. Wie die Zwölftontechnik den Komponisten zu unterweisen scheint, so ist den Zwölftonwerken ein didaktisches Moment eigentümlich. Viele von ihnen, wie das Bläserquintett und die Orchestervariationen, ähneln Mustern. Die Präponderanz der Lehre bezeugt großartig, wie die Entwicklungstendenz der Technik den traditionellen Begriff des Werkes hinter sich zurückläßt. Indem das produktive Interesse vom einzelnen Gebilde abgezogen wird und den typischen Möglichkeiten von Komposition überhaupt sich zuwendet, die in den Modellen jeweils nur noch gleichsam exemplifiziert sind, geht Komponieren selbst in ein bloßes Mittel zur Herstellung der reinen Sprache von Musik über. Dafür jedoch haben die konkreten Werke den Zoll zu entrichten. Die hellhörigen Komponisten, nicht bloß die praktischen, können ihrer Autonomie nicht ganz mehr vertrauen: sie kippt um. Auch Stücken wie der Wein-Arie und dem Violinkonzert von Berg ist das besonders deutlich anzumerken. In der Simplizität des Violinkonzerts hat nicht etwa Bergs Stil sich abgeklärt. Sie kommt aus der Not der Eile und der Verständigung. Zu bequem ist die Transparenz, und die einfache Substanz wird überbestimmt durch ein ihr äußerliches Zwölftonverfahren. Die Dissonanz als Zeichen für Unheil, die Konsonanz als Zeichen für Versöhnung sind neudeutsche Relikte. Keine Gegenstimme reicht hin, den Stilbruch zwischen dem zitierten Bachchoral und dem übrigen zu schließen. Einzig Bergs außermusikalische Kraft konnte über diesen Bruch hinwegtragen. Wie nur je bei Mahler die Kundgabe das erschütterte Werk überfliegt, so verwandelt Berg dessen Unzulänglichkeit in den Ausdruck schrankenloser Wehmut. Anders die »Lulu«, in der Bergs ganze Meisterschaft als die des Bühnenmusikers zusammenschießt. Die Musik ist so reich wie sparsam; im lyrischen Ton, zumal in der Partie Alwas und am Schluß, übertrifft sie alles, was Berg geschrieben hat; das Schumannsche »Der Dichter spricht« wird zum verschwenderischen Gestus der ganzen Oper. Das Orchester klingt so verführend und farbig, daß jeglicher Impressionismus und jegliche Neuromantik dagegen verblaßt, und die dramatische Wirkung müßte unbeschreiblich sein, wenn einmal die Instrumentation des dritten Aktes vollendet würde. Das Werk bedient sich der Zwölftontechnik. Aber es gilt von ihm erhöht, was von allen Werken Bergs seit der Lyrischen Suite galt: das ganze Bestreben ist darauf gerichtet, die Zwölftontechnik nicht merken zu lassen. Gerade die glücklichsten Teile der »Lulu« sind offensichtlich in Dominanzfunktion und chromatischen Schritten gedacht. Die wesentliche Härte der Zwölftonkonstruktion ist bis zur Unkenntlichkeit gemildert. Man kann das Reihenverfahren kaum anders erkennen als daran, daß die Bergische Unersättlichkeit zuweilen nicht den unendlichen Vorrat an Noten zur Verfügung hat, dessen sie bedürfte. Die Starrheit des Systems macht sich bloß noch in solchen Beschränkungen geltend, sonst ist sie ganz überwunden. Aber überwunden mehr durch Einpassung der Zwölftontechnik in die traditionelle Musik als durch eigentliche Aufhebung ihrer antagonistischen Momente. Die Zwölftontechnik der »Lulu« hilft, neben Mitteln ganz anderer Deszendenz, wie der Leitmotivik und den aufgebotenen großen Instrumentalformen, dazu, die Konsistenz des Gebildes sicherzustellen. Sie wird mehr als Schutzvorrichtung eingeschaltet, als ihrem eigenen Anliegen nach durchgeführt. Man vermöchte die ganze »Lulu« unter Verzicht auf die virtuosen Zwölftonmanipulationen sich vorzustellen, ohne daß damit Entscheidendes sich geändert hätte. Der Komponist triumphiert darin, daß er zugleich mit allem andern auch dies noch kann; er verkennt, daß der kritische Impuls der Zwölftontechnik in Wahrheit eben all das andere ausschließt. Bergs Schwäche ist, auf nichts verzichten zu können, während die Kraft aller neuen Musik im Verzicht liegt. Das Unversöhnte am späten Schönberg – das sich nicht bloß auf die Intransigenz bezieht, sondern eben auch auf die Antagonismen in der Musik selber – ist der zu frühen Versöhnung Bergs überlegen, die unmenschliche Kälte der großherzigen Wärme. Die innerste Schönheit aber von Bergs späten Werken verdankt sich weniger der geschlossenen Oberfläche ihres Gelingens als ihrer tiefen Unmöglichkeit; dem hoffnungslosen sich Übernehmen, das von jener Oberfläche angezeigt wird, dem todtraurigen Opfer des Zukünftigen an das Vergangene. Darum sind seine Werke Opern und einzig durch das Formgesetz der Oper zu erschließen. – Weberns Standort liegt im andern Pol. Berg hat versucht, den Bann der Zwölftontechnik zu brechen, indem er sie verzauberte; Webern möchte sie zum Sprechen zwingen. All seine späten Werke dienen der Anstrengung, dem entfremdeten, verhärteten Material der Reihen selber das Geheimnis zu entlocken, welches das entfremdete Subjekt nicht mehr in sie hineinlegen kann. Seine ersten Zwölftonstücke, zumal das Streichtrio, sind bis heute wohl die gelungensten Experimente, die Auswendigkeit der Reihenvorschriften in die konkrete musikalische Struktur aufzulösen, ohne diese Struktur traditionalistisch zu versetzen oder durch Rückgriffe zu substituieren. Webern hat sich damit nicht zufrieden gegeben. Schönberg betrachtet in der Tat die Zwölftontechnik in der Komponierpraxis als bloße Vorformung des Materials. Er »komponiert« mit den Zwölftonreihen; er schaltet mit ihnen überlegen, doch auch, als ob nichts geschehen wäre. Dabei ergeben sich ständige Konflikte zwischen der Beschaffenheit des Materials und der diesem auferlegten Verfahrungsweise. Weberns späte Musik zeigt das kritische Bewußtsein dieser Konflikte. Sein Ziel ist es, den Anspruch der Reihen mit dem des Werkes zur Deckung zu bringen. Er strebt danach, die Lücke zwischen regelhaft disponiertem Material und frei schaltender Komposition auszufüllen. Das aber bedeutet in der Tat den eingreifendsten Verzicht: Komponieren stellt das Dasein der Komposition selber in Frage. Schönberg vergewaltigt die Reihe. Er komponiert Zwölftonmusik, als ob es keine Zwölftontechnik gäbe. Webern realisiert die Zwölftontechnik und komponiert nicht mehr: Schweigen ist der Rest seiner Meisterschaft. Im Gegensatz der beiden ist die Unversöhnlichkeit der Widersprüche Musik geworden, in welche die Zwölftontechnik unvermeidlich sich verstrickt. Der späte Webern verbietet sich die Prägung musikalischer Gestalten. Diese werden bereits als dem reinen Reihenwesen äußerlich empfunden. Seine letzten Arbeiten sind die in Noten übersetzten Schemata der Reihen. Er bemüht sich um die Indifferenz von Reihe und Komposition durch besondere kunstvolle Reihenauswahl. Die Reihen werden so strukturiert, als wären sie schon die Komposition, etwa in der Art, daß eine in vier Dreitongruppen zerfällt, die untereinander wiederum im Verhältnis von Grundgestalt, Umkehrung, Krebs und Krebs der Umkehrung stehen. Eine beispiellose Dichte der Beziehungen ist dadurch gewährleistet. Von selbst gleichsam fallen der Komposition alle Früchte der reichsten kanonischen Imitatorik zu, ohne daß diese zusätzlich bemüht werden müßte. Aber Berg hat schon früh an dieser Technik bemängelt, daß sie die programmatisch geforderte Möglichkeit großer Formen in Frage stellt. Durch die Unterteilung der Reihe werden alle Relationen in so engen Rahmen verlegt, daß die Entwicklungsmöglichkeiten sich sogleich erschöpfen. Die meisten von Weberns Zwölftonkompositionen beschränken sich auf den Umfang der expressionistischen Miniaturen, und man fragt, warum es der exzessiven Organisation bedürfe, wo es kaum etwas zu organisieren gibt. Die Funktion der Zwölftontechnik bei Webern ist kaum minder problematisch als bei Berg. Die thematische Arbeit erstreckt sich auf so minimale Einheiten, daß sie sich virtuell aufhebt. Das bloße Intervall, das als motivische Einheit fungiert, ist so uncharakteristisch, daß es die Synthese nicht mehr leistet, die ihm zugemutet wird, und es droht der Zerfall in disparate Töne, ohne daß dieser Zerfall als solcher stets zu sprechen vermöchte. In sonderbar infantilem musikalischen Naturglauben wird das Material mit der Kraft begabt, von sich aus den musikalischen Sinn zu setzen. Gerade darin aber schlägt das astrologische Unwesen durch: die Intervallverhältnisse, nach denen man die zwölf Töne anordnet, werden trüb als kosmische Formel verehrt. Das selbstgemachte Gesetz der Reihe wird wahrhaft fetischisiert in dem Augenblick, in dem der Komponist sich darauf verläßt, daß es einen Sinn von sich aus habe. In Weberns Klaviervariationen und dem Streichquartett op. 28 ist der Fetischismus der Reihe eklatant. Sie bringen bloß noch einförmige, symmetrische Präsentationen der Reihenwunder, die in Stücken wie dem ersten Satz der Klaviervariationen der Parodie eines Brahmsischen Intermezzos nahekommen. Die Mysterien der Reihe vermögen über die Versimpelung der Musik nicht zu trösten: großartige Intentionen, wie die der Verschmelzung echter Polyphonie und echter Sonate, bleiben ohnmächtig, selbst wenn die Konstruktion sich realisiert, solange sie auf die mathematischen Relationen des Materials sich beschränken und nicht in der musikalischen Gestalt selber sich verwirklichen. Es spricht dieser Musik das Urteil, daß die Aufführung, um den einförmigen Tongruppen auch nur den Schatten von Sinn zu verleihen, unendlich weit von der starren Notation, zumal ihrer Rhythmik, sich entfernen muß, deren Kahlheit doch ihrerseits vom Glauben an die Naturkraft der Reihe diktiert wird, also der Sache selber zugehört. – Der Fetischismus der Reihe bei Webern jedoch zeugt nicht von bloßem Sektierertum. In ihm noch wirkt der dialektische Zwang. Es ist die verbindlichste kritische Erfahrung, die den bedeutenden Komponisten dem Kultus der reinen Proportionen zutrieb. Er gewahrte das abgeleitete, verbrauchte, belanglose Wesen alles Subjektiven, das die Musik heute und hier zu erfüllen vermöchte: die Insuffizienz des Subjekts selber. Daß die Zwölftonmusik, kraft ihrer bloßen Stimmigkeit, dem subjektiven Ausdruck sich verschließt, bezeichnet erst die eine Seite des Sachverhalts. Die andere ist, daß das Recht des Subjekts auf Ausdruck selber verfiel und einen Zustand beschwört, der nicht mehr ist. So fixiert scheint das Subjekt in der gegenwärtigen Phase, daß, was es sagen könnte, gesagt ist. So gebannt ist es vom Entsetzen, daß es nichts mehr sagen kann, was zu sagen sich lohnte. So ohnmächtig ist es vor der Realität, daß der Anspruch des Ausdrucks bereits die Eitelkeit streift, obwohl ihm ein anderer kaum überhaupt noch gelassen ist. So einsam ward es, daß es in allem Ernst auf keinen mehr hoffen darf, der es verstünde. Mit Webern abdiziert verstummend das musikalische Subjekt und gibt sich dem Material anheim, das ihm doch mehr nicht gewährt als das Echo des Verstummens. Seine melancholische Versenkung ist noch im reinsten Ausdruck vor der Spur der Ware mißtrauisch zurückgeschreckt, ohne doch des Ausdruckslosen als der Wahrheit mächtig zu sein. Was möglich wäre, ist nicht möglich.

Die Möglichkeit von Musik selber ist ungewiß geworden. Nicht, daß sie dekadent, individualistisch und asozial wäre, wie die Reaktion ihr vorwirft, gefährdet sie. Sie ist es nur zu wenig. Die bestimmte Freiheit, in welche sie ihren anarchischen Stand umzudenken unternahm, hat sich ihr unter den Händen ins Gleichnis der Welt verkehrt, gegen die sie sich auflehnt. Sie flieht nach vorwärts in die Ordnung. Die aber will ihr nicht geraten. Indem sie der geschichtlichen Tendenz ihres eigenen Materials blind und widerspruchslos Folge leistet und sich gewissermaßen dem Weltgeist verschreibt, der nicht die Weltvernunft ist, beschleunigt ihre Unschuld die Katastrophe, welche die Geschichte aller Kunst zu bereiten sich anschickt. Sie gibt der Geschichte recht, und darum möchte diese sie kassieren. Das jedoch setzt die Todgeweihte nochmals ins Recht und verleiht ihr die paradoxe Chance, fortzubestehen. Falsch ist der Untergang von Kunst in der falschen Ordnung. Ihre Wahrheit ist die Verneinung der Fügsamkeit, in welche ihr zentrales Prinzip, das des bruchlosen Stimmens, sie hineingetrieben hat. Solange die in Kategorien der Massenproduktion konstituierte Kunst zur Ideologie beiträgt und ihre Technik eine der Unterdrückung ist, hat jene andere, funktionslose ihre Funktion. Sie allein, in ihren spätesten und konsequentesten Produkten, entwirft das Bild der totalen Repression und nicht deren Ideologie. Als unversöhntes Bild der Realität wird sie dieser inkommensurabel. Damit erhebt sie Einspruch gegen die Ungerechtigkeit des gerechten Richterspruchs. Die technischen Verfahrungsweisen, die sie objektiv zum Bild der repressiven Gesellschaft machen, sind fortgeschrittener als jene Verfahren der Massenreproduktion, die zeitgemäß über die neue Musik hinwegschreiten, um willentlich der repressiven Gesellschaft zu dienen. Die Massenreproduktion und die auf diese zugeschnittene Produktion ist modern in der Übernahme industrieller Schemata zumal der Verbreitung. Aber diese Modernität berührt die Produkte überhaupt nicht. Sie bearbeiten ihre Zuhörer mit jüngsten Methoden der Psychotechnik und Propaganda und sind selber propagandistisch konstruiert, aber eben darum sind sie ans immer Gleiche der brüchig-erstarrten Tradition gebunden. Die hilflose Mühe der Reihenkomponisten weiß nichts von der schnittigen Prozedur statistischer Schlagerbüros. Um so weiter vorgetrieben dafür ist die Rationalität der Gebilde ihrer altmodischen Anstrengung. Der Widerspruch von Produktivkräften und Produktionsverhältnissen wird manifest auch als einer zwischen den Produktionsverhältnissen und den Produkten. Fortschritt und Reaktion haben den eindeutigen Sinn verloren, so sehr sind die Antagonismen angewachsen. Ein Bild noch malen oder ein Quartett schreiben mag hinter Arbeitsteilung und technischer Versuchsanordnung im Film zurückgeblieben sein, aber die objektive technische Gestalt von Bild und Quartett hält die Möglichkeit des Films fest, die vom gesellschaftlichen Modus seiner Hervorbringung heute nur hintertrieben wird. Ihre »Rationalität«, wie immer auch schimärisch in sich verschlossen und problematisch in ihrer Verschlossenheit, steht höher als die Rationalisierung der Filmproduktion. Diese manipuliert vorgegebene – vorweg schon vergangene – Gegenstände und beläßt sie resigniert in ihrer Äußerlichkeit, ohne in den Gegenstand selber anders als bloß intermittierend einzugreifen. Aus den Reflexen jedoch, welche die Photographie machtlos auf die abgebildeten Objekte fallen läßt, konstruiert Picasso die seinen, die jene herausfordern. Nicht anders steht es mit den Zwölftonkompositionen. In ihrem Labyrinth mag überwintern, was der hereinbrechenden Eiszeit entrinnt. »Das Kunstwerk«, schrieb vor vierzig Jahren der expressionistische Schönberg, »ist ein Labyrinth, an dessen jedem Punkte der Kundige Ein- und Ausgang weiß, ohne daß ihn ein roter Faden leitet. Je engmaschiger und verschlungener die Adern, desto sicherer schwebt er über jeden Weg zum Ziel. Irrwege, gäbe es solche im Kunstwerk, sie wiesen ihn richtig, und jede abschweifendste Wegwendung setzt ihn in Beziehung zur Richtung des Wesensinhaltes.«36 Damit es aber im Labyrinth wohnlich werde, müßte abermals der rote Faden beseitigt werden, an den der Feind sich hält, während »der Kundige« bemerkt, »daß das Labyrinth markiert ist«, und »die von den Wegweisern geleistete Klarheit als Notbehelf der Bauernschlauheit« entlarvt. »Nichts hat diese Krämerarithmetik mit dem Kunstwerk gemein als die Formeln ... Ruhig wendet der Kundige sich ab und sieht die Rache einer höheren Gerechtigkeit sich offenbaren: den Rechenfehler.«37 Sind Rechenfehler der Zwölftonkomposition nicht fremd, so verfällt sie der höheren Gerechtigkeit gerade dort am meisten, wo sie am richtigsten ist. Mit andern Worten, aufs Überwintern ist nur zu hoffen, wenn die Musik auch von der Zwölftontechnik noch sich emanzipiert. Das aber nicht durch Rückfall in die Irrationalität, die ihr vorausging und die in jedem Augenblick heute von den Postulaten des strengen Satzes durchkreuzt werden müßte, welche die Zwölftontechnik ausgebildet hat, sondern dadurch, daß die Zwölftontechnik vom freien Komponieren, ihre Regeln von der Spontaneität des kritischen Ohrs absorbiert werden. An der Zwölftontechnik allein kann Musik lernen, ihrer mächtig zu bleiben, aber sie kann es nur, wenn sie ihr nicht verfällt. Der didaktische Modellcharakter jener späten Werke Schönbergs war aus der Beschaffenheit der Technik selber geschöpft. Was als Bereich ihrer Normen erscheint, ist bloß der Engpaß der Disziplin, durch den alle Musik hindurch muß, die nicht dem Fluch der Kontingenz verfallen will, längst nicht aber das vielgelobte Land ihrer Objektivität. Krenek hat mit Recht die Zwölftontechnik den von Palestrina abstrahierten Regeln des strengen Kontrapunkts verglichen, bis heute der besten Schule des Komponierens. In solchem Vergleich liegt auch die Abwehr des normativen Anspruchs. Was die didaktischen Regeln von ästhetischen Normen unterscheidet, ist die Unmöglichkeit, ihnen konsistent Genüge zu tun. Die Unmöglichkeit gibt den Motor der lernenden Anstrengung ab. Diese muß scheitern, und die Regeln müssen wiederum vergessen sein, um Frucht zu tragen. In der Tat bietet das Lehrsystem des strengen Kontrapunkts zu den Antinomien der Zwölftonkomposition die genaueste Analogie. Seine Aufgaben, zumal die der sogenannten dritten Gattung, sind für das moderne Ohr im Prinzip unlösbar: lösbar nur durch Tricks. Denn die Schulregeln sind hervorgegangen aus polyphonem Denken von einer Art, die Fortschreitungen vermöge harmonischer Stufen nicht kennt und mit der Auslegung eines harmonischen Raumes sich begnügen kann, der durch ganz wenige stets wiederkehrende Akkorde definiert ist. Von den dreihundertfünfzig Jahren spezifisch harmonischer Erfahrung läßt sich aber nicht absehen. Der Schüler, der sich heute an Aufgaben des strengen Satzes begibt, bringt an diese zugleich notwendig harmonische Desiderata: solche einer sinnvollen Akkordfolge, heran. Beides ist inkompatibel, und befriedigende Lösungen scheinen bloß dort gefunden, wo die harmonische Contrebande durch die Sperre der Verbote erfolgreich geschmuggelt ward. Wie Bach jene Verbote vergaß und statt dessen die Polyphonie zur generalbaßmäßigen Legitimation zwang, so wird die echte Indifferenz von Vertikale und Horizontale nur dann zustandekommen, wenn die Komposition in jedem Augenblick wach und kritisch die Einheit der beiden Dimensionen herstellt. Aussicht dazu ist erst, wenn die Komposition von Reihen und Regeln sich nichts mehr vorgeben läßt und die Freiheit der Aktion unbeirrt sich vorbehält. Gerade dafür aber wird sie durch die Zwölftontechnik geschult, nicht sowohl durch das, was sie ablaufen läßt, als durch das, was sie verbietet. Das didaktische Recht der Zwölftontechnik, ihre gewalttätige Strenge als Instrument der Freiheit tritt wahrhaft an jener anderen zeitgenössischen Musik hervor, die solche Strenge ignoriert. Die Zwölftontechnik ist polemisch nicht weniger als didaktisch. Es geht da längst nicht mehr um die Fragen, welche die neue Musik gegen die nach-Wagnerische in Bewegung brachten, um echt oder unecht, pathetisch oder sachlich, programmusikalisch oder »absolut«, sondern um die Überlieferung der technischen Maßstäbe im Angesicht der heraufziehenden Barbarei. Setzt die Zwölftontechnik einen Damm dagegen, so hat sie schon genug getan, selbst wenn sie das Reich der Freiheit noch nicht betritt. Sie hält wenigstens Anweisungen zum nicht Mitmachen bereit, obwohl auch ihre Anweisungen schon zum Mitmachen benutzt werden können, so einig sind alle. Aber mit hartem Griff, ein unbarmherziger Samariter, stützt sie doch die zusammenbrechende musikalische Erfahrung.

Darin indessen erschöpft sie sich nicht. Sie setzt das Tonmaterial, ehe es durch die Reihen strukturiert wird, zu einem amorphen, in sich ganz unbestimmten Substrat herab, dem dann das schaltende kompositorische Subjekt sein System von Regeln und Gesetzmäßigkeiten auferlegt. Die Abstraktheit dieser Regeln so gut wie ihres Substrats rührt aber daher, daß nur in der Region allgemeinster Bestimmungen das historische Subjekt mit dem historischen Element des Materials übereinzukommen vermag und darum alle Qualitäten des Materials eliminiert, die irgend über diese Region hinausgehen. Nur in der zahlenmäßigen Determination durch die Reihe stimmen der im Material der chromatischen Skala historisch hervortretende Anspruch auf stete Permutation – die Empfindlichkeit gegen Tonwiederholung – und der kompositorische Wille zur totalen musikalischen Naturbeherrschung als Durchorganisierung des Materials zusammen. Es ist diese abstrakte Versöhnung, die schließlich dem Subjekt das selbstgemachte Regelsystem im unterworfenen Material als entfremdete, feindselige und beherrschende Macht entgegensetzt. Sie degradiert das Subjekt zum Sklaven des »Materials«, als des leeren Inbegriffs der Regeln, in dem Augenblick, in dem das Subjekt das Material sich, nämlich seiner mathematischen Vernunft, vollends unterwarf. Damit jedoch reproduziert sich im erreichten statischen Zustand der Musik nochmals der Widerspruch. Das Subjekt kann bei seiner Unterwerfung unter seine abstrakte Identität im Material sich nicht bescheiden. Denn in der Zwölftontechnik setzt seine Vernunft, als objektive der Ereignisse, blind, über den Willen der Subjekte hinweg und damit endlich als Unvernunft sich durch. Mit andern Worten, am sinnlichen Phänomen der Musik, wie es einzig in die konkrete Erfahrung fällt, ist die objektive Vernunft des Systems nicht nachzuvollziehen. Die Stimmigkeit von Zwölftonmusik läßt sich nicht unmittelbar »hören« – das ist der einfachste Name für jenes Moment des Sinnlosen an ihr. Nur daß Systemzwang waltet, ist spürbar; weder aber wird er in der konkreten Logik des musikalisch Einzelnen durchsichtig, noch gestattet er dem Einzelnen, von sich aus dorthin sich zu entfalten, wohin es will. Das bewegt aber das Subjekt, von seinem Material abermals sich loszusagen, und diese Lossage macht die innerste Tendenz von Schönbergs Spätstil aus. Gewiß hat das Gleichgültigwerden des Materials, dem das Reihenzählen Gewalt antut, eben die schlechte Abstraktheit involviert, die dann das musikalische Subjekt als Selbstentfremdung erfährt. Aber es ist jene Vergleichgültigung zugleich, kraft welcher das Subjekt aus der Verstrickung im Naturstoff, auch als Naturbeherrschung, ausbricht, in welcher bislang die musikalische Geschichte bestanden hatte. In ihrer vollzogenen Entfremdung durch die Zwölftontechnik ist dem Subjekt wider seinen Willen die ästhetische Totalität zerschlagen worden, gegen welche es in der expressionistischen Phase vergebens rebelliert hatte, um sie durch Zwölftontechnik vergebens zu rekonstruieren. Die musikalische Sprache dissoziiert sich in Fragmente. In ihnen aber vermag das Subjekt mittelbar, im Goetheschen Sinn »bedeutend« hervorzutreten, während die Klammern der materialen Totalität es gebannt hielten. Im Schauer vor der entfremdeten Sprache der Musik, die nicht mehr seine eigene ist, gewinnt es seine Selbstbestimmung zurück, nicht die organische sondern die der eingelegten Intentionen. Musik wird sich ihrer selbst als die Erkenntnis bewußt, die große Musik von je gewesen ist. Schönberg hat einmal gegen die animalische Wärme der Musik gesprochen und gegen die Wehleidigkeit. Erst die letzte Phase der Musik, in der gleichsam abgeschnitten und über den Abgrund des Verstummens hinweg das Subjekt durch die vollkommene Entäußerung seiner Sprache gerade sich mitteilt, rechtfertigt jene Kälte, die als mechanisch geschlossenes Funktionieren bloß zum Verderben taugte. Sie rechtfertigt zugleich Schönbergs herrische Verfügung über die Reihe gegenüber der behutsamen Weise, in der Webern um der Einheit des Gebildes willen in die Reihe sich versenkt. Schönberg distanziert sich von solcher Nähe zum Material. Seine Kälte ist die des Entronnenseins, wie er auf der Höhe des Zweiten Quartetts als »Luft von anderem Planeten« sie verherrlichte. Das gleichgültige Material der Zwölftontechnik wird gleichgültig nun für den Komponisten. So entzieht er sich dem Bann der materialen Dialektik. Die Souveränität, mit der er mit dem Material umspringt, hat nicht bloß Züge des Administrativen. Sie enthält die Absage an die ästhetische Notwendigkeit; an jene Totalität, die in vollkommener Äußerlichkeit mit der Zwölftontechnik sich installiert. Ja ihre Äußerlichkeit selber wird zum Mittel der Absage. Eben weil das veräußerlichte Material für ihn nichts mehr sagt, zwingt er es, zu bedeuten, was er will, und die Brüche, zumal der eklatante Widerspruch von Zwölftonmechanik und Ausdruck, werden ihm zu Chiffren solcher Bedeutung. Selbst damit noch verbleibt er in einer Tradition. Sie ähnelt die Spätwerke der großen Musik einander an. »Die Zäsuren ..., das jähe Abbrechen, das mehr als alles andere den letzten Beethoven bezeichnet, sind jene Augenblicke des Ausbruchs; das Werk schweigt, wenn es verlassen wird, und kehrt seine Höhlung nach außen. Dann erst fügt das nächste Bruchstück sich an, vom Befehl der ausbrechenden Subjektivität an seine Stelle gebannt und dem voraufgehenden auf Gedeih und Verderb verschworen; denn das Geheimnis ist zwischen ihnen und anders läßt es sich nicht beschwören als in der Figur, die sie mitsammen bilden. Das erhellt den Widersinn, daß der letzte Beethoven zugleich subjektiv und objektiv genannt wird. Objektiv ist die brüchige Landschaft, subjektiv das Licht, darin einzig sie erglüht. Er bewirkt nicht deren harmonische Synthese. Er reißt sie, als Macht der Dissoziation, in der Zeit auseinander, um vielleicht fürs Ewige sie zu bewahren. In der Geschichte von Kunst sind Spätwerke die Katastrophen.« 38 Was Goethe dem Alter zusprach, das stufenweise Zurücktreten von der Erscheinung, heißt in Begriffen der Kunst Vergleichgültigung des Materials. Beim letzten Beethoven spielen die kahlen Konventionen, durch welche der kompositorische Strom zuckend gleichsam hindurchfährt, eben die Rolle wie in Schönbergs letzten Werken das Zwölftonsystem. Als Tendenz zur Dissoziation aber hat die Vergleichgültigung des Materials seit Beginn der Zwölftontechnik sich fühlbar gemacht. Seit es Zwölftontechnik gibt, gibt es eine lange Reihe von »Nebenwerken«, Bearbeitungen, Stücken, die auf die Zwölftontechnik verzichten, oder solchen, die sie in den Dienst von Zwecken stellen und gleichsam fungibel machen. Den gepanzerten Zwölftonkompositionen vom Bläserquintett bis zum Violinkonzert stehen die Parerga gegenüber, die doch allein durch ihre Zahl Eigengewicht annehmen. Instrumentiert hat Schönberg Werke von Bach und Brahms, weitgehend umgearbeitet das Händelsche B-Dur-Konzert. »Tonal« sind außer einigen Chorstücken die Streichersuite, das Kol Nidre und die Zweite Kammersymphonie. Zum Gebrauch schickt sich die »Begleitmusik zu einer Lichtspielszene«; die Oper »Von heute auf morgen« und manche Chöre neigen zumindest dieser Tendenz sich zu. Es ist Grund zur Annahme, daß Schönberg sein ganzes Leben lang an Häresien gegen den »Stil« seine Freude hatte, dessen Unerbittlichkeit von ihm selber kommt. Die Chronologie seiner Produktion ist reich an Überschneidungen. Die tonalen Gurrelieder sind erst 1911, zur Zeit der »Glücklichen Hand« vollendet worden. Gerade große Konzeptionen wie die »Jakobsleiter« und »Moses und Aron« begleiten ihn über Jahrzehnte: den Drang zum Abschließen des Werkes kennt er überhaupt nicht39. Es ist ein Rhythmus der Produktion, wie ihn wohl die Literatur, kaum aber die Musik, es sei denn in den späteren Phasen Beethovens und Wagners, kennt. Der junge Schönberg war bekanntlich gezwungen, seinen Lebensunterhalt durch Instrumentieren von Operetten zu erwerben. Es wäre der Mühe wert, jenen verschollenen Partituren nachzugehen, nicht bloß weil angenommen werden darf, daß er als Komponist sich nicht vollkommen in ihnen zu unterdrücken vermochte, sondern vor allem auch, weil sie möglicherweise schon jene Gegentendenz bezeugen, die in den »Nebenwerken« der Spätzeit, gerade also bei vollkommener Verfügung über das Material, immer ungeschminkter hervortritt. Es ist kaum zufällig, daß all den späten Nebenwerken eines gemeinsam ist; größere Konzilianz dem Publikum gegenüber. Schönbergs Unerbittlichkeit und seine Art Konzilianz stehen in der tiefsten Beziehung zueinander. Die unerbittliche Musik vertritt die gesellschaftliche Wahrheit gegen die Gesellschaft. Die konziliante erkennt das Recht auf Musik an, das die Gesellschaft auch als falsche trotz allem noch besitzt, so wie sie auch als falsche sich reproduziert und damit objektiv Elemente ihrer eigenen Wahrheit beistellt durch ihr Überleben. Als Repräsentant der vorgeschrittensten ästhetischen Erkenntnis rührt Schönberg an deren Grenze: daß nämlich das Recht ihrer Wahrheit das Recht, welches noch dem schlechten Bedürfnis innewohnt, niederschlägt. Diese Erkenntnis macht die Substanz seiner Nebenwerke aus. Die Vergleichgültigung des Materials erlaubt es, beide Ansprüche intermittierend zusammenzubringen. Auch die Tonalität fügt sich der totalen Konstruktion, und für den letzten Schönberg ist es nicht durchaus entscheidend mehr, womit er komponiert. Wem einmal die Verfahrungsweise alles bedeutet und der Stoff nichts, vermag auch dessen sich zu bedienen, was verging und was darum selbst dem gefesselten Bewußtsein der Konsumenten offen ist. Nur freilich ist dies gefesselte Bewußtsein wieder feinhörig genug, sich zu schließen, sobald das abgegriffene Material vom kompositorischen Zugriff wahrhaft ereilt wird. Nicht um das Material als solches, um die Spur ist es ihrer Begierde zu tun, welche der Markt daran hinterlassen hat, und die gerade wird zerstört, indem auch in Schönbergs Nebenwerken das Material zum nackten Träger der Bedeutung sich reduziert, welche er ihm verleiht. Was ihn dazu befähigt, jene »Souveränität«, ist seine Kraft des Vergessens. In nichts vielleicht unterscheidet Schönberg so gründlich sich von allen anderen Komponisten wie in der Fähigkeit, stets und stets wieder, mit jedem Umschlag seiner Verfahrungsweise, abzuwerfen und zu verneinen, was er vorher besessen hat. Die Rebellion gegen den Besitzcharakter der Erfahrung ist unter den tiefsten Impulsen seines Expressionismus zu vermuten. Die Erste Kammersymphonie, mit dem Übergewicht der Holzbläser, den überforderten Solostreichern, den gepreßten Linienzügen klingt, als hätte Schönberg niemals etwas über das runde und leuchtende Wagnerorchester vermocht, das noch die Lieder op. 8 erfüllt. Vollends die Stücke, die eine neue Phase eröffnen, also die Klavierstücke op. 11 als Sendboten der Atonalität und später der Walzer aus op. 23 als Zwölftonmodell, zeigen die großartigste Unbeholfenheit. Aggressiv stellen solche Stücke sich gegen Routine und jenes ominöse gute Musikertum, dem in Deutschland seit Mendelssohn gerade die verantwortlichen Komponisten immer wieder zum Opfer fielen. Die Spontaneität der musikalischen Anschauung verdrängt alles Vorgegebene, weist fort, was immer man gelernt hat, und läßt allein den Zwang der Imagination gelten. Einzig diese Kraft des Vergessens, verwandt jenem barbarischen Moment der Kunstfeindschaft, das durch Unmittelbarkeit des Reagierens in jedem Augenblick die Vermittlungen der musikalischen Kultur in Frage stellt, hält der meisterlichen Verfügung über die Technik die Waage und rettet für sie die Tradition. Denn Tradition ist das gegenwärtige Vergessene, und Schönbergs Wachheit ist so groß, daß sie selbst noch eine Technik des Vergessens ausbildet. Sie befähigt Schönberg heute dazu, die repetierenden Zwölftonreihen an mächtig fortschreitende Sätze zu wenden oder die Tonalität zu Konstruktionen nach Reihenart zu benutzen. Man braucht nur so verwandte Typen wie Schönbergs Klavierstücke op. 19 und Weberns Quartettsätze op. 5 zu vergleichen, um der Schönbergischen Souveränität innezuwerden. Wo Webern die expressionistischen Miniaturen durch die subtilste Motivarbeit bindet, läßt Schönberg, der alle die Motivkünste entwickelt hatte, sie fahren und treibt geschlossenen Auges, wohin Ton um Ton ihn drängt. Im Vergessen greift inkommensurabel die Subjektivität endlich über die Konsequenz und Stimmigkeit des Gebildes hinaus, das in der allgegenwärtigen Erinnerung seiner selbst besteht. Die Kraft des Vergessens ist dem späten Schönberg bewahrt geblieben. Er kündigt jener Allherrschaft des Materials die Treue, die er stiftete. Er bricht mit der unvermittelt gegenwärtigen, geschlossenen Anschaulichkeit des Gebildes, welche die klassische Ästhetik mit dem Namen des Symbolischen benannt hatte und welcher in Wahrheit kein Takt von ihm je entsprach. Als Künstler gewinnt er den Menschen die Freiheit von der Kunst wieder. Der dialektische Komponist gebietet der Dialektik Halt.

Durch Kunstfeindschaft nähert das Kunstwerk sich der Erkenntnis. Um diese kreist Schönbergs Musik von Anbeginn, und daran haben von je alle mehr sich gestoßen als an der Dissonanz: daher das Gezeter über Intellektualismus. Das geschlossene Kunstwerk erkannte nicht, sondern ließ in sich Erkenntnis verschwinden. Es machte sich zum Gegenstand bloßer »Anschauung« und verhüllte alle die Brüche, durch welche Denken der unmittelbaren Gegebenheit des ästhetischen Objekts entweichen könnte. Damit begab das traditionelle Kunstwerk selber sich des Denkens, der verbindlichen Beziehung auf das, was es selber nicht ist. Es war »blind« so wie Kants Lehre zufolge die begriffslose Anschauung. Daß es anschaulich sein soll, täuscht bereits die Überwindung des Bruches von Subjekt und Objekt vor, in deren Artikulation Erkenntnis besteht: die Anschaulichkeit der Kunst selber ist ihr Schein. Erst das zerrüttete Kunstwerk gibt mit seiner Geschlossenheit die Anschaulichkeit preis und den Schein mit dieser. Es ist als Gegenstand des Denkens gesetzt und hat am Denken selber Anteil: es wird zum Mittel des Subjekts, dessen Intentionen es trägt und festhält, während im geschlossenen das Subjekt der Intention nach untertaucht. Das geschlossene Kunstwerk nimmt den Standpunkt der Identität von Subjekt und Objekt ein. In seinem Zerfall erweist sich die Identität als Schein und das Recht der Erkenntnis, die Subjekt und Objekt einander kontrastiert, als das größere, als das moralische. Die neue Musik nimmt den Widerspruch, in dem sie zur Realität steht, ins eigene Bewußtsein und in die eigene Gestalt auf. In solchem Verhalten schärft sie sich zur Erkenntnis. Schon die traditionelle Kunst erkennt um so mehr, je tiefer sie die Widersprüche ihrer eigenen Materie ausprägt und damit Zeugnis ablegt von den Widersprüchen der Welt, in der sie steht. Ihre Tiefe ist die des Urteils über das Schlechte. Wodurch sie aber, als erkennende, richtet, ist die ästhetische Form. Erst indem der Widerspruch an der Möglichkeit seiner Schlichtung gemessen wird, wird er nicht bloß registriert sondern erkannt. Im Akt der Erkenntnis, den Kunst vollzieht, vertritt ihre Form Kritik am Widerspruch dadurch, daß sie auf die Möglichkeit seiner Versöhnung weist und damit auf das Kontingente, Überwindbare, Nichtabsolute am Widerspruch. Freilich wird damit die Form zugleich auch zu dem Moment, in dem der Akt der Erkenntnis innehält. Als Verwirklichung des Möglichen hat Kunst stets auch die Wirklichkeit des Widerspruchs verleugnet, auf den sie sich bezog. Ihr Erkenntnischarakter wird aber in dem Augenblick radikal, in dem sie sich nicht mehr dabei bescheidet. Das ist die Schwelle der neuen Kunst. So tief faßt diese die eigenen Widersprüche, daß sie nicht mehr sich schlichten lassen. So hoch spannt sie die Idee der Form, daß das ästhetisch Realisierte vor ihr als insolvent sich erklären muß. Die neue Kunst läßt den Widerspruch stehen und legt das kahle Urgestein ihrer Urteilskategorien – der Form – frei. Sie wirft die Würde des Richters von sich und tritt in den Stand der Klage zurück, die einzig von der Wirklichkeit versöhnt werden kann. Erst im fragmentarischen, seiner selbst entäußerten Werk wird der kritische Gehalt frei40. Freilich nur im Zerfall des geschlossenen und nicht in der ungeschiedenen Überlagerung von Lehre und Bild, wie sie die archaischen Kunstwerke enthalten. Denn nur im Reich der Notwendigkeit, welches die geschlossenen Kunstwerke monadologisch vorstellen, vermag Kunst jene Kraft der Objektivität sich anzueignen, die endlich zur Erkenntnis sie befähigt. Grund solcher Objektivität ist, daß die Disziplin, welche das geschlossene Kunstwerk dem Subjekt auferlegt, die objektive Forderung der ganzen Gesellschaft vermittelt, von der diese so wenig weiß wie das Subjekt. Sie wird kritisch zur Evidenz erhoben im gleichen Augenblick, in dem das Subjekt die Disziplin sprengt. Dieser Akt ist einer der Wahrheit bloß, wenn er die gesellschaftliche Forderung in sich einschließt, die er negiert. Entweichend überläßt das Subjekt den Hohlraum des Werks dem gesellschaftlich Möglichen. Beim letzten Schönberg kündet das sich an. Die Liquidation der Kunst – des geschlossenen Kunstwerks – wird zur ästhetischen Fragestellung, und das Gleichgültigwerden des Materials selber bringt den Verzicht auf jene Identität von Gehalt und Erscheinung mit sich, in welcher die traditionelle Idee der Kunst terminierte. Die Rolle, die der Chor beim späten Schönberg spielt, ist das sichtbare Zeichen solcher Zession an die Erkenntnis. Das Subjekt opfert die Anschaulichkeit des Werkes, treibt es zu Lehre und Spruchweisheit und versteht sich als Repräsentanten einer nicht existenten Gemeinschaft. Ein Analogen sind die Kanons des letzten Beethoven, und Licht fällt von hier auf die kanonische Praxis jener Schönbergischen Werke. Die Chortexte sind durchweg erwägender, schroff begrifflicher Art. Am aufschlußreichsten für die Tendenz, die der Musik selbst zugehört, sind exzentrische Züge wie der Gebrauch antipoetischer Fremdworte oder die Verwendung literarischer Zitate in der »Jakobsleiter«. Ihm korrespondiert das von der Zwölftontechnik angestiftete Schrumpfen des Sinnes im Gebilde selber. Denn was den »Sinn« von Musik, auch der freien Atonalität, ausmacht, ist nichts anderes als der Zusammenhang. Schönberg ist so weit gegangen, die Kompositionslehre geradewegs als Lehre vom musikalischen Zusammenhang zu definieren, und alles, was in Musik mit Grund sinnvoll genannt werden kann, hat Anspruch darauf, weil es als Einzelheit über sich hinausgeht und auf das Ganze sich bezieht, so wie umgekehrt das Ganze die bestimmte Forderung nach diesem Einzelnen in sich schließt. Solches Hinausweisen der ästhetischen Teilmomente über sich selber, während sie zugleich gänzlich im Raum des Kunstwerks verbleiben, wird als Sinn des Kunstwerks empfunden. Als ästhetischer Sinn: als mehr denn die Erscheinung und zugleich als nicht mehr denn diese. Mit anderen Worten, als Totalität der Erscheinung. Wenn technische Analyse das hervortretende Moment der Sinnlosigkeit als konstitutiv für die Zwölftontechnik erweist, so liegt darin nicht bloß die Kritik an der Zwölftontechnik beschlossen, daß das totale, völlig durchkonstruierte, also völlig »zusammenhängende« Kunstwerk in Konflikt gerät mit seiner eigenen Idee. Sondern kraft der beginnenden Sinnlosigkeit wird die immanente Geschlossenheit des Werkes gekündigt. Diese besteht in eben dem Zusammenhang, welcher den Sinn ausmacht. Nach dessen Eliminierung verwandelt Musik sich in den Einspruch. Was hier unerbittlich in den technologischen Konstellationen lesbar wird, hatte in der Ära der freien Atonalität mit der Gewalt der Explosion, verwandt dem Dadaismus, in den wahrhaft inkommensurablen Jugendwerken Ernst Kreneks, zumal dessen Zweiter Symphonie, sich angekündigt. Es ist die Rebellion der Musik gegen ihren Sinn. Der Zusammenhang in diesen Werken ist die Negation des Zusammenhangs, und ihr Triumph ist darin gelegen, daß Musik sich als Widerpart der Wortsprache erweist, indem sie gerade als sinnlose zu reden vermag, während alle geschlossenen musikalischen Kunstwerke im Zeichen der Pseudomorphose mit der Wortsprache stehen. Alle organische Musik ist aus dem stile recitativo hervorgegangen. Sie war von Anbeginn dem Sprechen nachgebildet. Die Emanzipation der Musik heute ist gleichbedeutend mit ihrer Emanzipation von der Wortsprache, und sie ist es, die in der Zerstörung des »Sinnes« wetterleuchtet. Sie betrifft aber vorab den Ausdruck. Die neusachlichen Theoretiker haben für das Wesentliche die Restitution der »absoluten« Musik und ihre Reinigung vom romantisch-subjektiven Ausdruckselement gehalten. Was in Wahrheit statthat, ist die Dissoziation von Sinn und Ausdruck. Wie die Sinnlosigkeit jener Stücke Kreneks ihnen den mächtigsten Ausdruck, den der objektiven Katastrophe verleiht, so deuten die eingelegten Ausdruckscharaktere in den jüngsten Zwölftonstücken auf die Lösung des Ausdrucks von der Konsistenz der Sprache. Subjektivität, Träger des Ausdrucks in der traditionellen Musik, ist nicht dessen letztes Substrat – so wenig wie das »Subjekt«, Substrat aller Kunst bis heute, schon der Mensch ist. Wie das Ende, so greift der Ursprung der Musik übers Reich der Intentionen, das von Sinn und Subjektivität hinaus. Er ist gestischer Art und nah verwandt dem des Weinens. Es ist die Geste des Lösens. Die Spannung der Gesichtsmuskulatur gibt nach, jene Spannung, welche das Antlitz, indem sie es in Aktion auf die Umwelt richtet, von dieser zugleich absperrt. Musik und Weinen öffnen die Lippen und geben den angehaltenen Menschen los. Die Sentimentalität der unteren Musik erinnert in verzerrter Gestalt, was die obere Musik in der wahren am Rande des Wahnsinns gerade eben zu entwerfen vermag: Versöhnung. Der Mensch, der sich verströmen läßt im Weinen und einer Musik, die in nichts mehr ihm gleich ist, läßt zugleich den Strom dessen in sich zurückfluten, was nicht er selber ist und was hinter dem Damm der Dingwelt gestaut war. Als Weinender wie als Singender geht er in die entfremdete Wirklichkeit ein. »Die Träne quillt, die Erde hat mich wieder« – danach verhält sich die Musik. So hat die Erde Eurydiken wieder. Die Geste der Zurückkehrenden, nicht das Gefühl des Wartenden beschreibt den Ausdruck aller Musik und wäre es auch in der todeswürdigen Welt.

In der Potentialität der letzten Phase der Musik meldet sich ein Wechsel ihres Standorts an. Sie ist nicht länger Aussage und Abbild eines Inwendigen, sondern ein Verhalten zur Realität, die sie erkennt, indem sie nicht länger im Bilde sie schlichtet. Damit verändert sich bei äußerster Isolierung ihr gesellschaftlicher Charakter. Die traditionelle Musik hatte mit der Verselbständigung ihrer Aufgaben und Techniken vom gesellschaftlichen Grunde sich abgelöst und war »autonom« geworden. Daß ihre autonome Entwicklung die gesellschaftliche reflektiert, war nie an ihr so einfach und zweifelsfrei zu entnehmen wie etwa an der des Romans. Nicht bloß fehlt der Musik als solcher der eindeutig gegenständliche Inhalt, sondern je reiner sie ihre Formgesetze ausbildet und ihnen sich überläßt, um so mehr dichtet sie zunächst gegen die manifeste Darstellung der Gesellschaft sich ab, in der sie ihre Enklave hat. Gerade dieser Abdichtung verdankt sie ihre gesellschaftliche Beliebtheit. Sie ist Ideologie, insoweit sie sich als ein ontologisches Ansichsein jenseits der gesellschaftlichen Spannungen behauptet. Nur wie Morgentraum vom Tageslärm hallte selbst Beethovens Musik, die bürgerliche auf ihrer Höhe, von Getöse und Ideal der heroischen Jahre der Klasse wider, und nicht das sinnliche Hören, sondern erst die begrifflich vermittelte Erkenntnis der Elemente und ihrer Konfiguration versichert sich des gesellschaftlichen Gehalts der großen Musik. Die krude Zurechnung zu Klassen und Gruppen ist bloß assertorisch und verkehrt nur allzu leicht sich in den Schildbürgerstreich der Hetze gegen den Formalismus, welche das, was das Spiel der bestehenden Gesellschaft mitzuspielen sich weigert, als bürgerliche Dekadenz brandmarkt und dem Abhub des bürgerlichen Komponierens, spätromantisch-pathetischem Plüsch, die Würde von Volksdemokratie zuschiebt. Bis heute hat es Musik nur als ein Produkt der bürgerlichen Klasse gegeben, das in Bruch und Gestaltung die Gesamtgesellschaft zugleich verkörpert und ästhetisch registriert. Darin sind traditionelle und emanzipierte Musik gleichen Wesens. Der Feudalismus hat kaum je »seine« Musik hervorgebracht, sondern sie stets vom städtischen Bürgertum sich liefern lassen, und dem Proletariat, als bloßem Herrschaftsobjekt der Gesamtgesellschaft, war es sowohl seiner eigenen, durch Repression geprägten Beschaffenheit wie seiner Stellung im System nach verwehrt, sich als musikalisches Subjekt zu konstituieren: erst in der Verwirklichung der Freiheit, unter keiner Verwaltung würde es das. Im Bestehenden ist überhaupt an der Existenz anderer als bürgerlicher Musik zu zweifeln. Demgegenüber ist die Klassenzugehörigkeit der einzelnen Komponisten, oder gar deren Zuordnung als klein- oder großbürgerlich, so gleichgültig, wie wenn man etwas über die Essenz der neuen Musik aus der gesellschaftlichen Rezeption ablesen wollte, in der kaum zwischen den divergentesten Autoren wie Schönberg, Strawinsky, Hindemith unterschieden wird. Vollends die privaten politischen Gesinnungen der Autoren stehen meist mit dem Gehalt der Werke bloß im zufälligsten und unmaßgeblichsten Zusammenhang. Die Verschiebung des gesellschaftlichen Gehalts in der radikalen neuen Musik, die in ihrer Rezeption bloß negativ, als Konzertflucht sich ausdrückt, ist nicht darin zu suchen, daß sie Partei ergriffe. Sondern sie durchschlägt als unbeirrbarer Mikrokosmos der antagonistischen menschlichen Verfassung heute jene Mauern von innen her, welche die ästhetische Autonomie so sorglich geschichtet hatte. Es war der Klassensinn der traditionellen Musik, durch ihre bruchlose Formimmanenz wie durchs Angenehme der Fassade zu proklamieren, daß es im Wesen keine Klassen gäbe. Die neue Musik, die nicht willkürlich von sich aus in den Kampf eingreifen kann, ohne darüber die eigene Konsistenz zu verletzen, bezieht in diesem, wie ihre Feinde wohl wissen, wider ihren Willen dadurch eine Position, daß sie den Trug der Harmonie aufgibt, die angesichts der zur Katastrophe treibenden Realität unhaltbar geworden ist. Die Isolierung der radikalen modernen Musik rührt nicht von ihrem asozialen, sondern ihrem sozialen Gehalt her, indem sie durch ihre reine Qualität und um so nachdrücklicher, je reiner sie diese hervortreten läßt, aufs gesellschaftliche Unwesen deutet, anstatt es in den Trug der Humanität als einer bereits schon gegenwärtigen zu verflüchtigen. Sie ist keine Ideologie mehr. Darin kommt sie, in ihrer Abseitigkeit, mit einer großen gesellschaftlichen Veränderung überein. In der gegenwärtigen Phase, in der der Produktions-und der Beherrschungsapparat miteinander verschmolzen werden, beginnt die Frage nach der Vermittlung von Überbau und Unterbau – gleich allen gesellschaftlichen Vermittlungen – insgesamt zu veralten. Die Kunstwerke sind wie alle Niederschläge des objektiven Geistes die Sache selbst. Sie sind das verborgene gesellschaftliche Wesen, zitiert als Erscheinung. Man mag wohl fragen, ob jemals überhaupt die Kunst jenes vermittelte Abbild der Realität gewesen ist, als welches sie sich vor der Macht der Welt zu legitimieren trachtete, und nicht vielleicht stets ein Verhalten zu dieser Welt, ihrer Macht zu widerstehen. Das könnte erklären helfen, daß bei aller Autonomie die Dialektik der Kunst keine geschlossene, daß ihre Geschichte keine bloße Folge von Fragen und Lösungen ist. Man darf es als das innerste Anliegen der Werke vermuten, eben der Dialektik sich zu entziehen, der sie gehorchen. Die Werke reagieren auf das Leiden am dialektischen Zwang. Er ist ihnen die unheilbare Erkrankung der Kunst an der Notwendigkeit. Die Formgesetzlichkeit des Werkes, die aus der materialen Dialektik entspringt, schneidet diese zugleich ab. Die Dialektik ist unterbrochen. Unterbrochen aber von nichts anderem als der Realität, zu der sie sich verhält, also von der Gesellschaft selber. Während die Kunstwerke diese kaum je nachahmen, und ihre Autoren vollends nichts von ihr zu wissen brauchen, sind die Gesten der Kunstwerke objektive Antworten auf objektive gesellschaftliche Konstellationen, manchmal angepaßt dem Bedarf der Konsumenten, mehr stets in Widerspruch zu diesem, niemals aber von ihm zureichend umschrieben. Jedes Abbrechen der Kontinuität der Verfahrungsweise, jedes Vergessen, jedes neue Ansetzen bezeichnet eine Reaktionsweise auf die Gesellschaft. Um so genauer aber antwortet das Kunstwerk auf deren Heteronomie, je mehr es der Welt abhanden kommt. Nicht in der Lösung seiner Fragen und nicht einmal notwendig in der Wahl der Fragen selber reflektiert das Kunstwerk auf die Gesellschaft. Aber es steht gespannt gegen das Entsetzen der Geschichte. Bald insistiert, bald vergißt es. Es gibt nach und verhärtet sich. Es hält sich durch oder verzichtet auf sich, um das Verhängnis zu überlisten. Die Objektivität des Kunstwerks ist die Fixierung solcher Augenblicke. Kunstwerke gleichen den Kinderfratzen, welche der Stundenschlag zu dauern zwingt. Die integrale Technik der Komposition ist weder im Gedanken an den integralen Staat noch in dem an seine Aufhebung entstanden. Aber sie ist ein Versuch, der Wirklichkeit standzuhalten und jene panische Angst zu absorbieren, welcher der integrale Staat entsprach. Die Unmenschlichkeit der Kunst muß die der Welt überbieten um des Menschlichen willen. Die Kunstwerke versuchen sich an den Rätseln, welche die Welt aufgibt, um die Menschen zu verschlingen. Die Welt ist die Sphinx, der Künstler ihr verblendeter Ödipus und die Kunstwerke von der Art seiner weisen Antwort, welche die Sphinx in den Abgrund stürzt. So steht alle Kunst gegen die Mythologie. In ihrem naturhaften »Material« ist die »Antwort«, die eine mögliche und richtige Antwort, allemal schon enthalten, aber ungeschieden. Sie zu geben, was schon da ist auszusprechen und das Gebot des Vieldeutigen durch das Eine zu erfüllen, das von je in jenem Gebot liegt, ist zugleich das Neue, das über das Alte hinausgeht, indem es ihm genügt. Darin, für das Niegewesene immer wieder Schemata des Bekannten zu entwerfen, liegt der ganze Ernst der künstlerischen Technik. Er ist aber um so größer, da doch heute die Entfremdung, die in der Konsistenz der künstlerischen Technik gelegen ist, den Gehalt des Kunstwerks selber bildet. Die Schocks des Unverständlichen, welche die künstlerische Technik im Zeitalter ihrer Sinnlosigkeit austeilt, schlagen um. Sie erhellen die sinnlose Welt. Dem opfert sich die neue Musik. Alle Dunkelheit und Schuld der Welt hat sie auf sich genommen. All ihr Glück hat sie daran, das Unglück zu erkennen; all ihre Schönheit, dem Schein des Schönen sich zu versagen. Keiner will mit ihr etwas zu tun haben, die Individuellen so wenig wie die Kollektiven. Sie verhallt ungehört, ohne Echo. Schießt um die gehörte Musik die Zeit zum strahlenden Kristall zusammen, so fällt die ungehörte in die leere Zeit gleich einer verderblichen Kugel. Auf diese letzte Erfahrung hin, die mechanische Musik stündlich durchmacht, ist die neue Musik spontan angelegt, auf das absolute Vergessensein. Sie ist die wahre Flaschenpost.

 
Fußnoten

 

1 Das Beschwichtigende ist in der Luluoper vollends zutage getreten. Nicht bloß ist aus Alwa durch den musikalischen Tonfall ein schwärmerisch deutscher Jüngling geworden und damit freilich die Möglichkeit erschlossen, Bergs romantische Ursprünge mit seinen reifen Intentionen aufs rührendste zu versöhnen. Sondern der Text selber ist idealistisch verbogen: Lulu zum weiblichen Naturwesen vereinfacht, an dem die Zivilisation frevelt. Wedekind hätte auf die Wendung sardonisch reagiert. Indem Bergs Humanismus die Sache der Dirne zur eigenen macht, entfernt er zugleich den Stachel, als welcher die Dirne die bürgerliche Gesellschaft irritiert. Das Prinzip, nach dem sie errettet wird, ist selber das bürgerliche, das der falschen Sublimierung des Sexus. In der Büchse der Pandora lauten die Schlußsätze der sterbenden Geschwitz: »Lulu! – Mein Engel! – Laß dich noch einmal sehen! – Ich bin dir nah! Bleibe dir nah – in Ewigkeit! ... O verflucht! – (Sie stirbt).« Die entscheidenden letzten Worte »O verflucht« sind von Berg gestrichen. Die Geschwitz stirbt den Liebestod.

 

2 Das Gleiche gilt für die neue Musik. Im Umkreis der Zwölftontechnik klingen Akkorde, die Oktavverdopplungen wesentlich enthalten, falsch. Ihr Ausschluß rechnete zunächst zu den wichtigsten Beschränkungen gegenüber der freien Atonalität. Aber das Verbot gilt streng nur für den Stand des Materials heute und nicht für ältere Werke. Die überaus zahlreichen Oktavverdopplungen der »Glücklichen Hand« sind stets noch richtig. Sie waren technisch notwendig, wegen der exzessiv tonreichen Übereinanderlagerung harmonisch-klanglicher Flächen, in welcher die Konstruktion jenes Stückes beruht. Sie werden meist neutralisiert, da die verdoppelten Töne jeweils zu verschiedenen Teilkomplexen gehören, nicht unmittelbar aufeinander bezogen sind und nirgends die Wirkung des einen »reinen« Akkords suspendieren, der hier gar nicht angestrebt wird. Sie haben zugleich ihren Ausweis in der Qualität des Materials. Die freie Atonalität kennt Wirkungen, die denen des Leittons verwandt sind. Das bedingt einen tonalen Rest, die Auffassung des Zieltons als »Grundton«. Dem entspricht die Möglichkeit von Oktavverdopplungen. Kein mechanischer Zwang und nicht einmal die größere Präzision des Aushörens führt zur Zwölftontechnik, sondern Tendenzen des Materials, die keineswegs mit den Tendenzen des einzelnen Werks zusammenfallen und oft genug diesen widersprechen. Übrigens schwanken die Zwölftonkomponisten, ob sie der Reinheit des Satzes zuliebe alle Oktavverdopplungen weiterhin vermeiden oder diese um seiner Deutlichkeit willen wieder zulassen sollen.

 

3 Wo die Entwicklungstendenz der okzidentalen Musik nicht rein sich durchgesetzt hat, wie in manchen agrarischen Gebieten Südosteuropas, ließ bis in die jüngste Vergangenheit tonales Material ohne Schande noch sich verwenden. Es ist an die exterritoriale, aber in ihrer Konsequenz großartige Kunst Janaceks zu denken und auch an vieles von Bartók, der freilich bei aller folkloristischen Neigung zugleich zur fortgeschrittensten europäischen Kunstmusik zählte. Die Legitimation solcher Musik am Rande liegt allemal darin, daß sie einen in sich stimmigen und selektiven technischen Kanon ausbildet. Im Gegensatz zu den Manifestationen der Blut- und Bodenideologie hat die wahrhaft exterritoriale Musik, deren Material, selbst als an sich geläufiges, ganz anders organisiert ist als das okzidentale, eine Kraft der Verfremdung, die sie der Avantgarde gesellt und nicht der nationalistischen Reaktion. Sie kommt von außen gleichsam der innermusikalischen Kulturkritik zu Hilfe, wie sie in der radikalen modernen Musik selber sich ausspricht. Die ideologische Blut- und Bodenmusik dafür ist stets affirmativ und hält es mit der »Tradition«. Gerade die Tradition jeglicher offiziellen Musik ist durch die an der Sprache gebildete Diktion Janaceks inmitten aller Dreiklänge suspendiert.

 

4 »›Warum bist du so kurz? liebst du, wie vormals, denn / Nun nicht mehr den Gesang? fandst du, als Jüngling, doch / In den Tagen der Hoffnung, / Wenn du sangest, das Ende nie?‹ / Wie mein Glück, ist mein Lied. – Willst du im Abendrot / Froh dich baden? Hinweg ists, und die Erd ist kalt, / Und der Vogel der Nacht schwirrt / Unbequem vor das Auge dir.« (Friedrich Hölderlin, Sämtliche Werke, Leipzig o.J. [Insel-Ausgabe], S. 89 [»Die Kürze«].)

 

5 Solche Kleckse sind etwa die Tremolostelle im ersten Klavierstück aus op. 19 oder die Takte 10, 269, 382 der »Erwartung«.

 

6 Der Ursprung der Atonalität, als die vollendete Reinigung der Musik von den Konventionen, hat eben darin zugleich etwas von Barbarei. Sie läßt in den kulturfeindlichen Ausbrüchen Schönbergs immer wieder die kunstvolle Oberfläche erzittern. Der dissonante Akkord ist nicht nur gegenüber der Konsonanz der differenziertere und fortgeschrittenere, sondern klingt auch wiederum, als habe das zivilisatorische Ordnungsprinzip ihn nicht ganz gebändigt, gewissermaßen, als wäre er älter als die Tonalität. In solchem Chaotischen läßt etwa der Stil der Florentiner Ars Nova, das harmonisch unbekümmerte Stimmenkombinieren, der sinnlichen Erscheinung nach von Ungeschulten so leicht mit manchen rücksichtslosen Produkten des »linearen Kontrapunkts« sich verwechseln. Die komplexen Akkorde scheinen dem arglosen Ohr zugleich »falsch«, als ein noch nicht richtig Können, so wie der Laie radikale Graphik »verzeichnet« findet. Fortschritt selber hat im Aufbegehren gegen die Konventionen etwas vom Kind, ein Regressives. Die frühesten atonalen Kompositionen Schönbergs, insbesondere die Klavierstücke op. 11, erschreckten eher durch Primitivismus als durch Kompliziertheit. Weberns Werk hält mitten in aller Aufspaltung, ja eben durch deren Hilfe fast durchweg sich primitiv. In diesem Impuls haben für einen Augenblick Strawinsky und Schönberg sich berührt. Bei diesem bezieht der Primitivismus der revolutionären Phase sich auch auf den Ausdrucksgehalt. Der von keiner Konvention gebändigte Ausdruck ungemilderten Leidens scheint unmanierlich: er vergeht sich gegen das Tabu der englischen Gouvernante, der Mahler in die Parade fuhr, als die »don't get excited« mahnte. Der internationale Widerstand gegen Schönberg ist der innersten Motivation nach von dem gegen den strikt tonalen Mahler gar nicht so verschieden. (Cf. Max Horkheimer und Theodor W. Adorno, Dialektik der Aufklärung, Amsterdam 1947, S. 214 [GS 3, s. S. 206ff.].)

 

7 Arnold Schönberg, Probleme des Kunstunterrichts, in: Musikalisches Taschenbuch 1911, 2. Jg., Wien 1911.

 

8 Takt 411f., cf. 401f.

 

9 Bei Alban Berg, bei dem die Tendenz zur Stilisierung der Expression vorherrscht und der vom Jugendstil niemals ganz sich emanzipiert hat, tritt das Zitat seit dem Wozzeck stets mehr in den Vordergrund. So bringt die Lyrische Suite tongetreu eine Stelle aus der Lyrischen Symphonie Zemlinskys und den Tristananfang, eine Szene der Lulu die ersten Takte des Wozzeck. Indem in solchen Zitaten die Autonomie der Form außer Kraft gesetzt wird, ist zugleich ihre monadologische Dichte als Schein erkannt. Der singulären Form genügen, heißt vollziehen, was all den andern auferlegt ward. Der zitierende Expressionist beugt sich der Kommunikation.

 

10 Takt 214f., 248 und 252.

 

11 In der Stellung zum Organischen scheiden sich Expressionismus und Surrealismus. Die »Zerrissenheit« des Expressionismus kommt aus der organischen Irrationalität. Sie mißt sich nach der jähen Geste und der Reglosigkeit des Leibes. Ihr Rhythmus ist dem von Wachen und Schlafen nachgebildet. Die surrealistische Irrationalität setzt die physiologische Einheit des Leibes – Paul Bekker nannte einmal Schönbergs Expressionismus »physiologische Musik« – als zerfallen voraus. Sie ist anti-organisch und bezieht sich auf Totes. Sie zerstört die Grenze von Leib und Dingwelt, um die Gesellschaft der Verdinglichung des Leibes zu überführen. Ihre Form ist die der Montage. Diese ist Schönberg ganz fremd. Je mehr aber im Surrealismus Subjektivität ihres Rechts über die Dingwelt sich begibt und anklagend deren Suprematie einbekennt, um so williger ist sie, zugleich die vorgegebene Form der Dingwelt zu akzeptieren.

 

12 Cf. T.W. Adorno, The Radio Symphony, in: Radio Research 1941, New York 1941, pp. 110ff., passim.

 

13 Die Dreiklangsharmonien sind den okkasionellen Ausdrücken der Sprache zu vergleichen und mehr noch dem Geld in der Wirtschaft. Ihre Abstraktheit befähigt sie dazu, an allen Orten vermittelnd einzutreten, und ihre Krisis ist der aller Vermittlungsfunktionen in der gegenwärtigen Phase aufs tiefste zugehörig. Bergs musikdramatische Allegorik spielt darauf an. In »Wozzeck« sowohl wie in »Lulu« erscheint, in sonst von der Tonalität losgelösten Zusammenhängen, der C-Dur-Dreiklang, sooft von Geld die Rede ist. Die Wirkung ist die des pointiert Banalen und zugleich Obsoleten. Die kleine C-Dur-Münze wird als falsch denunziert.

 

14 Egon Wellesz, Arnold Schönberg, Leipzig, Wien, Zürich 1921, S. 117f.

 

15 Cf. T.W. Adorno, Besprechung von Wilder Hobsons »American Jazz Music« und Winthrop Sargeants »Jazz Hot and Hybrid«, in: Studies in Philosophy and Social Science 9 (1941), p. 173 (Heft 1) [GS 19, s. S. 392].

 

16 Auch in der Tendenz, die Arbeit im Phänomen zu verstecken, denkt Schönberg einen alten Impuls der gesamten bürgerlichen Musik zu Ende. (Cf. T.W. Adorno, Versuch über Wagner, Berlin, Frankfurt a.M. 1952, S. 107 [GS 13, s. S. 82].)

 

17 Kaum ist es Zufall, daß die mathematischen Techniken der Musik in Wien entstanden sind gleich dem logischen Positivismus. Die Neigung zum Zahlenspiel ist der Wiener Intelligenz so eigentümlich wie das Schachspiel im Café. Sie hat gesellschaftliche Gründe. Während die intellektuellen Produktivkräfte in Osterreich sich zum Stand der hochkapitalistischen Technik entwickelt hatten, waren die materiellen nicht mitgewachsen. Gerade darum aber ward der verfügende Kalkül zum Traumbild des Wiener Intellektuellen. Wollte er am materiellen Produktionsprozeß teilhaben, so mußte er sich eine Industriestellung in Reichsdeutschland suchen. Blieb er zu Hause, so wurde er Arzt, Jurist oder hielt sich ans Zahlenspiel als ans Phantasma von Geldmacht. Der Wiener Intellektuelle will es – »bitte schön« – sich und den andern beweisen.

 

18 Zitiert nach Richard Batka, Allgemeine Geschichte der Musik, Stuttgart o.J. [1909], Bd. 1, S. 191.

 

19 Oswald Spengler, Der Untergang des Abendlandes. Umrisse einer Morphologie der Weltgeschichte, Bd. 2, München 1922, S. 558f.

 

20 Spengler, l.c., Bd. 1, München 1920, S. 614f.

 

21 Es rechnet zu den auffälligsten Merkmalen von Schönbergs Spätstil, daß er keine Schlüsse mehr zuläßt. Harmonisch gibt es ohnehin seit der Auflösung der Tonalität keine Schlußformeln mehr. Nun werden sie auch in der Rhythmik beseitigt. Immer häufiger fällt das Ende auf den schlechten Taktteil. Es wird zum Abbrechen.

 

22 Musik ist der Feind des Schicksals. Seit ältesten Zeiten hat man ihr die Macht des Einspruchs gegen die Mythologie zugeschrieben, im Bilde des Orpheus nicht anders als in der chinesischen Musiklehre. Seit Wagner erst hat die Musik das Schicksal nachgeahmt. Der Zwölftonkomponist muß gleich dem Spieler warten, welche Zahl herauskommt und sich freuen, wenn es eine ist, die musikalischen Sinn gibt. Berg hat ausdrücklich von solcher Freude gesprochen, wenn durch die Reihen zufällig tonale Zusammenhänge sich ergaben. Im Anwachsen des Spielcharakters kommuniziert abermals die Zwölftontechnik mit der Massenmusik. Schönbergs erste Zwölftontänze sind spielerischer Art, und Berg hat in der Zeit der Erfindung der neuen Technik gerade daran Anstoß genommen. Benjamin hat die Unterscheidung von Schein und Spiel urgiert und auf das Absterben des Scheins verwiesen. Der Schein, das Überflüssige, wird auch von der Zwölftontechnik verworfen. Aber im Spiel reproduziert sich mit ihr erst recht jene Mythologie, die man als Schein vertrieben hat.

 

23 Der Grund dafür ist die Inkompatibilität der von der Romantik als Siegel des Subjektivismus angestrebten plastischen Liedmelodie mit der »klassischen«, Beethovenschen Idee der integralen Form. Bei Brahms, der in allen Fragen der Konstruktion, die übers Akkordmaterial hinausgehen, Schönberg antizipiert, läßt mit Händen sich greifen, was später als Diskrepanz von Reihenexposition und Fortsetzung sich erweist, der Bruch zwischen dem Thema und der aus ihm zu ziehenden nächsten Konsequenz. Ein sinnfälliges Beispiel ist etwa der Anfang des Streichquintetts in F-Dur. Den Begriff des Einfalls hat man erfunden, um das Thema als pysei von der Konsequenz als tesei zu sondern. Der Einfall ist keine psychologische Kategorie, Sache der »Inspiration«, sondern ein Moment des dialektischen Prozesses, der in der musikalischen Form sich ereignet. Er bezeichnet das irreduzibel subjektive Element in diesem Prozeß und, in solcher Unauflösigkeit, den Aspekt von Musik als Sein, während die »Arbeit« das Werden und die Objektivität vorstellt, die freilich in sich selber dies subjektive Moment als treibendes enthält, so wie umgekehrt das letztere, als Sein, Objektivität besitzt. Musik seit der Romantik besteht in der Auseinandersetzung und Synthesis dieser Momente. Es scheint jedoch, daß sie der Vereinigung ebenso sich entziehen, wie der bürgerliche Begriff des Individuums in perennierendem Gegensatz steht zur Totalität des gesellschaftlichen Prozesses. Die Inkonsistenz zwischen dem Thema und dem, was ihm widerfährt, wäre das Abbild solcher gesellschaftlichen Unversöhnlichkeit. Dennoch muß Komposition am »Einfall« festhalten, will sie nicht das subjektive Moment kassieren und sich zum Gleichnis von tödlicher Integration machen. Hat Beethovens Genius auf den zu seiner Zeit von den Meistern der frühen Romantik schon unvergleichlich entwickelten Einfall großartig verzichtet, so hat umgekehrt doch Schönberg am Einfall, der thematischen Plastizität fetsgehalten, wo diese längst mit der Formkonstruktion unvereinbar ward, und die Formkonstruktion kraft des ausgetragenen Widerspruchs unternommen anstatt in geschmackvoller Versöhnung.

 

24 Keineswegs ist das einem Nachlassen der individuellen kompositorischen Kraft zuzuschreiben, sondern dem lastenden Schwergewicht des neuen Verfahrens. Wo der reife Schönberg mit früherem, ungebundenerem Material umging, wie in der Zweiten Kammersymphonie, stehen Spontaneität und melodischer Zug in nichts hinter den inspiriertesten Stücken seiner Jugend zurück. Andererseits jedoch ist das eigensinnig Insistierende in vielen Zwölftonkompositionen – der großartige erste Satz des Dritten Quartetts hat es geradezu gestaltet – auch nicht äußerliches Akzidenz zur musikalischen Essenz Schönbergs. Solcher Eigensinn ist vielmehr das Reversbild der unbeirrten musikalischen Konsequenz: so wie die neurotische Schwäche der Angst von seiner Kraft zur Emanzipation sich nicht wegdenken läßt. Insbesondere die Tonwiederholungen, die in der Zwölftonmusik oft etwas Obstinates und Stures haben, kommen rudimentär längst vorher bei Schönberg vor, freilich meist mit besonderer charakterisierender Absicht, wie in der »Gemeinheit« des Pierrot. Auch der nicht zwölftönige erste Satz der Serenade zeigt Spuren dieses Tonfalls, der zuweilen an das musikalische Idiom Beckmessers mahnt. Manchmal redet Schönbergs Musik, als wolle sie um jeden Preis vor einem imaginären Gerichtshof recht behalten. Berg hat bewußt jene Gestikulation vermieden und damit allerdings wiederum gegen seinen Willen zur Glättung und Nivellierung mitgeholfen.

 

25 Schon ehe Schönberg die Zwölftontechnik erfand, hat die Variationstechnik bei Berg in diese Richtung gedrängt. Die Schenkenszene im 3. Akt des »Wozzeck« ist das erste Beispiel fürs Thematisch-Werden des melodisch abstrakten Rhythmus. Es dient einer drastischen theatralischen Absicht. In der »Lulu« ist daraus eine große Form gemacht, die Berg Monoritmica nennt.

 

26 Die Frühwerke der Zwölftontechnik bewähren das Prinzip der komplementären Harmonik am deutlichsten. Harmonisch konzipierte Stellen wie die Coda des ersten Satzes (von Takt 200 an) von Schönbergs Bläserquintett oder der akkordische Schluß des ersten Chors aus op. 27 (Takt 24f.) zeigen die Tendenz in gleichsam didaktischer Nacktheit.

 

27 Cf. Schönberg, op. 27, No. 1, Takt 11, Sopran und Alt, und entsprechend Takt 15, Tenor und Baß.

 

28 Unbewiesen ist die seit Erwin Steins programmatischem Aufsatz von 1924 immer wieder nachgebetete Behauptung, daß in freier Atonalität keine großen Instrumentalformen möglich seien. Die »Glückliche Hand« ist solcher Möglichkeit näher vielleicht als jedes andere Werk Schönbergs. Härter ist die Unfähigkeit zur großen Form zu interpretieren als in dem philiströsen Sinn, daß man es gern gewollt hätte, daß aber das anarchische Material es nicht erlaubte und daß man darum neue Formprinzipien ersinnen mußte. Die Zwölftontechnik richtet nicht einfach das Material her, daß es endlich zu den großen Formen sich schickt. Sie zerhaut einen gordischen Knoten. Alles, was in ihr geschieht, mahnt an die Gewalttat. Ihre Erfindung ist ein Handstreich von der Art, wie die »Glückliche Hand« ihn glorifiziert. Ohne Gewalt ging es nicht ab, weil die nach Extremen polarisierte Kompositionsweise ihre kritische Spitze gegen die Idee der Formtotalität kehrte. Dieser verbindlichen Kritik will die Zwölftontechnik sich entziehen.

 

29 Am weitesten darin geht das überaus bedeutende Streichtrio, das in seiner Aufgelöstheit, der Konstruktion des extremen Klanges, die expressionistische Phase beschwört, der es auch im Charakter nahesteht, ohne doch von der Konstruktion etwas nachzulassen. Die Insistenz, mit der Schönberg die je von ihm aufgeworfenen Fragen weitertreibt, ohne bei einem »Stil«, wie ihn etwa die früheren Zwölftonarbeiten repräsentierten, sich zu bescheiden, kann nur mit Beethoven verglichen werden.

 

30 Cf. T.W. Adorno, Der dialektische Komponist, in: Arnold Schönberg zum 60. Geburtstag, Wien 1934, S. 18ff. [GS 17, s. S. 198ff.].

 

31 Er hat danach keine Sonatensätze mehr geschrieben. Eine Ausnahme scheinen die auf Schoen bezogenen Teile der Lulu. Aber die »Exposition« und ihre auskomponierte Wiederholung sind so weit von Durchführung und Reprise getrennt, daß sie kaum mit diesen zusammen als tatsächliche Form aufgefaßt werden können: der Name »Sonate« bezieht sich eher auf den symphonischen Ton dieser Musik, auf ihre dramatisch verbindliche Aktivität, und auf den Sonatengeist ihrer inneren musikalischen Zusammensetzung, als auf die sinnfällige Architektur.

 

32 Cf. T.W. Adorno, Schönbergs Bläserquintett, in: Pult und Taktstock, Jg. 5, Wien 1928, S. 45ff. (Mai/Juni-Heft) [GS 17, s. S. 140ff.].

 

33 Das mag zum Verständnis helfen, warum Schönberg die Zweite Kammersymphonie, im Material der zerfallenden Tonalität, nach 30 Jahren vollendete. Auf ihren zweiten Satz hat er die Erfahrungen der Zwölftontechnik angewandt, ähnlich wie die letzten Zwölftonkompositionen die Charaktere jener früheren Epoche heraufholen. Die Zweite Kammersymphonie gehört in den Umkreis der »dynamischen« Werke des letzten Schönberg. Sie sucht die Äußerlichkeit der Zwölftondynamik zu überkommen durch Rückbeziehung auf ein »dynamisches« Material, das der chromatisch »ausgestuften« Tonalität, und diese zugleich durch vollsten Einsatz des konstruktiven Kontrapunkts in die Gewalt zu bekommen. Eine Analyse des Werks, das den an Sibelius geschulten Kritikern so altmodisch klang, müßte die genaueste Einsicht in den Stand der vorgeschrittensten Produktion erlauben. Der offene Rückgriff erkennt mit aller Schönbergischen Konsequenz die Aporie an.

 

34 »Theaterdirektor, der alles von Grund auf selber schaffen muß, sogar die Schauspieler muß er erst zeugen. Ein Besucher wird nicht vorgelassen, der Direktor ist mit wichtigen Theaterarbeiten beschäftigt. Was ist es? Er wechselt die Windeln eines künftigen Schauspielers.« (Franz Kafka, Tagebücher und Briefe, Prag 1937, S. 119.)

 

35 Karl Linke, Zur Einführung, in: Arnold Schönberg. Mit Beiträgen von Alban Berg u.a., München 1912, S. 19.

 

36 Arnold Schönberg, Aphorismen, in: Die Musik 9 (1909/10), S. 160. (Heft 21; erstes Augustheft).

 

37 Schönberg, l.c., ibid.

 

38 T.W. Adorno, Spätstil Beethovens, in: Der Auftakt, Jg. 17, Prag 1937, S. 67 (Heft 5/6) [GS 17, s. S. 16f.].

 

39 »Den Großen wiegen die vollendeten Werke leichter als jene Fragmente, an denen die Arbeit sich durch ihr Leben zieht. Denn nur der Schwächere, der Zerstreutere hat seine unvergleichliche Freude am Abschließen und fühlt damit seinem Leben sich wieder geschenkt. Dem Genius fällt jedwede Zäsur, fallen die schweren Schicksalsschläge wie der sanfte Schlaf in den Fleiß seiner Werkstatt selber. Und deren Bannkreis zieht er im Fragment. ›Genie ist Fleiß.‹« (Walter Benjamin, Schriften, Frankfurt a.M. 1955, Bd. 1, S. 518.) – Indessen ist nicht zu übersehen, daß in Schönbergs Widerstand dagegen, gerade die am größten geplanten Werke abzuschließen, auch andere Motive sich geltend machen als jenes glückvolle: die Destruktionstendenz, mit der er so oft den eigenen Gebilden ein Leid antut, das unbewußte, aber tief wirksame Mißtrauen gegen die Möglichkeit von »Hauptwerken« heute, und die Fragwürdigkeit der eigenen Texte, die ihm unmöglich verborgen geblieben sein kann.

 

40 Benjamins Begriff des »auratischen« Kunstwerks kommt weithin mit dem des geschlossenen überein. Die Aura ist die undurchbrochene Fühlung der Teile mit dem Ganzen, welche das geschlossene Kunstwerk konstituiert. Benjamins Theorie hebt die geschichtsphilosophische Erscheinungsweise des Sachverhalts hervor, der Begriff des geschlossenen Kunstwerks den ästhetischen Grund. Der aber erlaubt Folgerungen, welche die Geschichtsphilosophie nicht ohne weiteres zieht. Was nämlich aus dem auratischen oder geschlossenen Kunstwerk im Zerfall wird, hängt ab vom Verhältnis seines eigenen Zerfalls zur Erkenntnis. Bleibt er blind und bewußtlos, so gerät es in die Massenkunst der technischen Reproduktion. Daß in dieser allenthalben die Fetzen der Aura geistern, ist kein bloß auswendiges Schicksal, sondern Ausdruck der blinden Verstocktheit der Gebilde, die freilich aus ihrem Befangensein in den gegenwärtigen Herrschaftsverhältnissen sich ergibt. Als erkennendes aber wird das Kunstwerk kritisch und fragmentarisch. Was heute an Kunstwerken eine Chance hat zu überleben, Schönberg und Picasso, Joyce und Kafka, auch Proust stimmen darin überein. Und das erlaubt vielleicht wiederum geschichtsphilosophische Spekulation. Das geschlossene Kunstwerk ist das bürgerliche, das mechanische gehört dem Faschismus an, das fragmentarische meint im Stande der vollkommenen Negativität die Utopie.

 

 
Gesammelte Werke
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