In den frühen zwanziger Jahren plante eine Anzahl von Leuten, die mit Philosophie, Soziologie und auch der Theologie sich beschäftigten, eine Zusammenkunft. Die meisten von ihnen hatten von einem zum anderen Bekenntnis hinübergewechselt; gemeinsam war ihnen der Nachdruck auf neuerworbener Religion, nicht diese selbst. Sie alle waren unzufrieden mit dem damals an Universitäten noch dominierenden Idealismus. Philosophie bewog sie dazu, aus Freiheit und Autonomie, positive Theologie, wie es schon bei Kierkegaard heißt, zu wählen. Weniger indessen ging es ihnen um das bestimmte Dogma, den Wahrheitsgehalt von Offenbarung, als um Gesinnung. Ein Freund, den die Sphäre damals anzog, wurde zu seinem leisen Verdruß nicht eingeladen. Er sei, so bedeutete man ihm, nicht eigentlich genug. Denn er zögerte vorm Kierkegaardschen Sprung; argwöhnte, Religion, die aus autonomem Denken beschworen wird, unterstelle dadurch sich diesem und negiere sich als das Absolute, das sie doch dem eigenen Begriff nach sein will. Die Vereinigten waren anti-intellektuelle Intellektuelle. Sie bestätigten sich ihr höheres Einverständnis dadurch, daß sie einen, der nicht derart sich bekannte, wie sie es sich gegenseitig bezeugten, aussperrten. Was sie geistig verfochten, buchten sie als ihr Ethos, wie wenn es den inneren Rang eines Menschen erhöhte, daß er einer Lehre vom Höheren anhängt; wie wenn in den Evangelien nichts gegen die Pharisäer stünde. – Noch vierzig Jahre später verließ ein pensionierter Bischof die Tagung einer Evangelischen Akademie, weil ein geladener Referent die Möglichkeit sakraler Musik heute bezweifelte. Auch er fühlte davon sich entbunden, oder war davor gewarnt, mit solchen sich einzulassen, die nicht unterschreiben: als hätte der kritische Gedanke kein objektives Fundament, sondern wäre subjektive Verfehlung. Menschen seines Typus vereinigen die Neigung, sich, nach Borchardts Worten, ins Rechte zu setzen, mit der Angst, ihre Reflexion zu reflektieren, als glaubten sie sich selber nicht ganz. Sie wittern heute wie damals die Gefahr, das, was sie das Konkrete nennen, an die ihnen verdächtige Abstraktion wiederum zu verlieren, die aus den Begriffen nicht ausgemerzt werden kann. Konkretion dünkt ihnen durchs Opfer verheißen, zunächst einmal das intellektuelle. Ketzer tauften den Kreis die Eigentlichen. ›Sein und Zeit‹ war damals längst noch nicht erschienen. Wie Heidegger in dem Werk Eigentlichkeit schlechthin, existentialontologisch, als fachphilosophisches Stichwort einführte, so hat er energisch in Philosophie gegossen, wofür die Eigentlichen minder theoretisch eifern, und dadurch alle gewonnen, die auf jene vag ansprechen. Entbehrlich wurden durch ihn konfessionelle Zumutungen. Sein Buch erlangte seinen Nimbus, weil es als einsichtig beschrieb, als gediegen verpflichtend vor Augen stellte, wohin es den dunklen Drang der intelligentsia vor 1933 trieb. Zwar hallt bei ihm und allen, die seiner Sprache folgten, abgeschwächt der theologische Klang bis heute nach. Denn in die Sprache sind die theologischen Süchte jener Jahre eingesickert, weit über den Umkreis derer hinaus, die damals sich als Elite aufwarfen. Unterdessen aber gilt das Geweihte der Sprache von Eigentlichen eher dem Kultus der Eigentlichkeit als dem christlichen, auch wo sie, aus temporärem Mangel an anderer verfügbarer Autorität, diesem sich angleichen. Vor allem besonderen Inhalt modelt ihre Sprache den Gedanken so, daß er dem Ziel von Unterwerfung sich anbequemt, selbst dort, wo er ihm zu widerstehen meint. Die Autorität des Absoluten wird gestürzt von verabsolutierter Autorität. Der Faschismus war nicht bloß die Verschwörung, die er auch war, sondern entsprang in einer mächtigen gesellschaftlichen Entwicklungstendenz. Die Sprache gewährt ihm Asyl; in ihr äußert das fortschwelende Unheil sich so, als wäre es das Heil.

In Deutschland wird ein Jargon der Eigentlichkeit gesprochen, mehr noch geschrieben, Kennmarke vergesellschafteten Erwähltseins, edel und anheimelnd in eins; Untersprache als Obersprache. Er erstreckt sich von der Philosophie und Theologie nicht bloß Evangelischer Akademien über die Pädagogik, über Volkshochschulen und Jugendbünde bis zur gehobenen Redeweise von Deputierten aus Wirtschaft und Verwaltung. Während er überfließt von der Prätention tiefen menschlichen Angerührtseins, ist er unterdessen so standardisiert wie die Welt, die er offiziell verneint; teils infolge seines Massenerfolgs, teils auch weil er seine Botschaft durch seine pure Beschaffenheit automatisch setzt und sie dadurch absperrt von der Erfahrung, die ihn beseelen soll. Er verfügt über eine bescheidene Anzahl signalhaft einschnappender Wörter. Eigentlichkeit selbst ist dabei nicht das vordringlichste; eher beleuchtet es den Äther, in dem der Jargon gedeiht, und die Gesinnung, die latent ihn speist. Als Modell reichen fürs erste existentiell, »in der Entscheidung«, Auftrag, Anruf, Begegnung, echtes Gespräch, Aussage, Anliegen, Bindung aus; der Liste ließen nicht wenige unterminologische Termini verwandten Tones sich hinzufügen. Einige, wie das im Grimmschen Wörterbuch nachgewiesene Anliegen, das noch Benjamin unschuldig benutzte, haben derart erst sich gefärbt, seitdem sie in jenes Spannungsfeld – auch dies Wort ist zuständig – hineingerieten. Kein Index verborum prohibitorum, marktgängiger Edelsubstantive, ist denn auch anzulegen, sondern ihrer Sprachfunktion im Jargon nachzugehen. Edelsubstantive sind durchaus nicht alle seine Worte; zuweilen greift er auch banale auf, hält sie in die Höhe und bronziert sie, nach dem faschistischen Brauch, der das Plebiszitäre und Elitäre weise mixt. Dichter der Neuromantik, die am Erlesenen sich vollsogen wie George und Hofmannsthal, schrieben ihre Prosa keineswegs im Jargon; dagegen manche ihrer Agenten, wie Gundolf. Die Worte werden zu solchen des Jargons erst durch die Konstellation, die sie verleugnen, durch die Gebärde der Einzigkeit jedes einzelnen davon. Was das singuläre Wort an Magie verlor, wird ihm gleichwie durch Maßnahmen, dirigistisch angeschafft. Die Transzendenz des Einzelworts ist eine zweite, fabrikfertig gelieferte: Wechselbalg der verlorenen. Bestandstücke der empirischen Sprache werden in ihrer Starrheit manipuliert, als wären sie solche einer wahren und geoffenbarten; die empirische Umgänglichkeit der sakralen Worte täuscht dem Sprecher und dem Hörer Leibnähe vor. Der Äther wird mechanisch verspritzt; die atomistischen Worte, ohne daß sie verändert wären, aufgeputzt. Durch das vom Jargon so genannte Gefüge erlangen sie vor diesem den Vorrang. Der Jargon, objektiv ein System, benutzt als Organisationsprinzip die Desorganisation, den Zerfall der Sprache in Worte an sich. Manche von ihnen mögen in anderer Konstellation ohne Blinzeln nach dem Jargon verwendet werden; »Aussage«, wo man prägnant, in der Erkenntnistheorie, den Sinn prädikativer Urteile bezeichnet, »eigentlich« – freilich bereits mit Vorsicht –, auch als Adjektiv, wo Essentielles von Akzidentellem unterschieden, »uneigentlich«, wo Gebrochenes gemeint ist, Ausdruck, der nicht unmittelbar dem Ausgedrückten angemessen sei; »Radioübertragungen traditioneller, in Kategorien der lebendigen Aufführung konzipierter Musik sind grundiert vom Gefühl des Als ob, des Uneigentlichen«[1]. »Uneigentlich« steht dabei kritisch, in bestimmter Negation eines Scheinhaften. Der Jargon jedoch operiert Eigentlichkeit, oder ihr Gegenteil, aus jedem solchen einsichtigen Zusammenhang heraus. – Gewiß wäre keiner Firma das Wort Auftrag vorzurechnen, wo ihr einer erteilt wird. Aber derlei Möglichkeiten bleiben eng und abstrakt. Wer sie überspannt, steuert einer blank nominalistischen Sprachtheorie zu, der die Worte austauschbare Spielmarken sind, unberührt von Geschichte. Diese wandert jedoch in jedes Wort ein und entzieht ein jedes der Wiederherstellung vermeintlichen Ursinns, dem der Jargon nachjagt. Was Jargon sei und was nicht, darüber entscheidet, ob das Wort in dem Tonfall geschrieben ist, in dem es sich als transzendent gegenüber der eigenen Bedeutung setzt; ob die einzelnen Worte aufgeladen werden auf Kosten von Satz, Urteil, Gedachtem. Demnach wäre der Charakter des Jargons überaus formal: er sorgt dafür, daß, was er möchte, in weitem Maß ohne Rücksicht auf den Inhalt der Worte gespürt und akzeptiert wird durch ihren Vortrag. Das vorbegriffliche, mimetische Element der Sprache nimmt er zugunsten ihm erwünschter Wirkungszusammenhänge in Regie. »Aussage« etwa will darin glauben machen, die Existenz des Redenden teile sich zugleich mit der Sache mit und verleihe dieser ihre Würde; ohne diesen Überschuß des Redenden, läßt er durchblicken, wäre die Rede schon uneigentlich, die reine Rücksicht des Ausdrucks auf die Sache ein Sündenfall. Demagogischen Zwecken ist dies Formale günstig. Der des Jargons Kundige braucht nicht zu sagen, was er denkt, nicht einmal recht es zu denken: das nimmt der Jargon ihm ab und entwertet den Gedanken. Eigentlich: kernig sei, daß der ganze Mensch rede. Dabei geschieht, was der Jargon selbst stilisiert ins »Sich ereignen«. Kommunikation schnappt ein und wirbt für eine Wahrheit, die durchs prompte kollektive Einverständnis eher verdächtig sein müßte. Die Gestimmtheit des Jargons hat etwas von Augurenernst, beliebig verschworen mit jeglichem Geweihten.

Daß die Jargonworte, unabhängig vom Kontext wie vom begrifflichen Inhalt, klingen, wie wenn sie ein Höheres sagten, als was sie bedeuten, wäre mit dem Terminus Aura zu bezeichnen. Kaum zufällig hat Benjamin ihn eingeführt im gleichen Augenblick, da, was er darunter dachte, seiner eigenen Theorie zufolge der Erfahrung zerging[2]. Sakral ohne sakralen Gehalt, gefrorene Emanationen, sind die Stichwörter des Jargons der Eigentlichkeit Verfallsprodukte der Aura. Diese paart sich mit einer Unverbindlichkeit, die sie inmitten der entzauberten Welt disponibel oder, wie es wohl in paramilitärischem Neudeutsch hieße, einsatzbereit macht. Die Dauerrüge wider die Verdinglichung, die der Jargon darstellt, ist verdinglicht. Auf ihn paßt Richard Wagners gegen schlechte Kunst gerichtete Definition des Effekts als Wirkung ohne Ursache. Wo der heilige Geist ausging, redet man mit mechanischen Zungen. Das suggerierte und nichtvorhandene Geheimnis aber ist öffentlich. Wer es nicht hat, braucht nur zu reden, als ob er es hätte, und als hätten die anderen es nicht. Die expressionistische Formel »Jeder Mensch ist auserwählt«, die in einem Drama des von den Nationalsozialisten ermordeten Paul Kornfeld steht, taugt nach Abzug des falschen Dostojewsky zur ideologischen Selbstbefriedigung eines von der gesellschaftlichen Entwicklung bedrohten und erniedrigten Kleinbürgertums. Daraus, daß es mit jener Entwicklung real so wenig wie geistig mitkam, leitet es seine Begnadung her, die von Ursprünglichkeit. Nietzsche lebte nicht lange genug, um vorm Jargon der Eigentlichkeit sich zu ekeln: er ist im zwanzigsten Jahrhundert das deutsche Ressentiment-Phänomen par excellence. Das »es riecht nicht gut« Nietzsches wäre erst angesichts der seltenen Badefeste des heilen Lebens ganz zu dem Seinen gekommen: »Der Sonntag beginnt eigentlich schon am Sonnabend-Abend. Wenn der Handwerker seine Werkstatt aufräumt, wenn die Hausfrau das ganze Haus in einen sauber glänzenden Zustand versetzt hat uns sogar noch vor dem Haus die Straße gefegt und von dem in der Woche angesammelten Schmutz befreit wird, wenn zum Schluß auch noch die Kinder gebadet werden, auch die Erwachsenen in einer gründlichen Reinigung den Staub der Woche von sich abspülen und die neue Kleidung schon bereit liegt – wenn das alles in einer ländlichen Ausführlichkeit und Bedächtigkeit besorgt wird, dann zieht eine tiefbeglückende Stimmung des Aufruhms bei den Menschen ein.«[3] Unablässig blähen sich Ausdrücke und Situationen eines meist nicht mehr existenten Alltags auf, als wären sie ermächtigt und verbürgt von einem Absoluten, das Ehrfurcht verschweigt. Während die Gewitzigten sich scheuen, auf Offenbarung sich zu berufen, veranstalten sie autoritätssüchtig die Himmelfahrt des Wortes über den Bereich des Tatsächlichen, Bedingten und Anfechtbaren hinaus, indem sie es, auch im Druck, aussprechen, als wäre der Segen von oben in ihm selber unmittelbar mitkomponiert. Das Oberste, das zu denken wäre und das dem Gedanken widerstrebt, verschandelt der Jargon, indem er sich aufführt, als ob er es – »je schon«, würde er sagen – hätte. Was Philosophie möchte; ihr Eigentümliches, um dessentwillen ihr die Darstellung wesentlich ist, bedingt, daß all ihre Worte mehr sagen, als jedes sagt. Das schlachtet die Technik des Jargons aus. Die Transzendenz der Wahrheit über die Bedeutung der einzelnen Worte und Urteile wird von ihm den Worten als ihr unwandelbarer Besitz zugeschlagen, während jenes Mehr allein in der Konstellation, vermittelt, sich bildet. Philosophische Sprache geht, ihrem Ideal nach, hinaus über das, was sie sagt, im Zug des Gedankens. Sie transzendiert dialektisch, indem in ihr der Widerspruch von Wahrheit und Gedanken sich seiner selbst bewußt und damit seiner mächtig wird. Zerstörend beschlagnahmt der Jargon solche Transzendenz, überantwortet sie seinem Klappern. Was die Worte mehr sagen als sie sagen, wird ihnen ein für allemal als Ausdruck zugeschanzt, Dialektik abgebrochen; die von Wort und Sache ebenso wie die innersprachliche zwischen den Einzelworten und ihrer Relation. Urteilslos, ungedacht soll das Wort seine Bedeutung unter sich lassen. Dadurch soll die Wirklichkeit jenes Mehr gestiftet sein, wie zum Hohn auf die mystische Sprachspekulation, an die zu erinnern der Jargon, grundlos stolz auf seine Schlichtheit, sich hütet. In ihm verschwimmt die Differenz zwischen dem Mehr, nach dem die Sprache tastet, und dessen Ansichsein. Heuchelei wird zum Apriori: alltägliche Sprache jetzt und hier gesprochen, als wäre sie die heilige. Dieser könnte eine profane sich nähern nur durch Distanz vom Ton des Heiligen, nicht durch Nachahmung. Blasphemisch frevelt daran der Jargon. Bekleidet er die Worte fürs Empirische mit Aura, so trägt er dafür philosophische Allgemeinbegriffe und Ideen wie die des Seins so dick auf, daß ihr begriffliches Wesen, die Vermittlung durchs denkende Subjekt, unter der Deckfarbe verschwindet: dann locken sie als Allerkonkretestes. Transzendenz und Konkretion schillern; Zweideutigkeit ist das Medium einer sprachlichen Haltung, deren Lieblingsphilosophie jene verdammt[4].

Aber das Unwahre überführt sich seine selbst im Geschwollenen. Einer schrieb nach langer Trennung, er sei existentiell gesichert; es bedurfte einiger Überlegung, um herauszufinden, daß für ihn finanziell hinlänglich gesorgt sei. Ein für internationale Diskussionen, wozu immer sie gut sein mögen, vorgesehenes Zentrum nennt sich Haus der Begegnungen; das sichtbare Haus, festgemauert in der Erden, wird zur Weihestätte durch die Veranstaltungen, die dadurch Diskussionen überlegen sein sollen, daß sie zwischen existierenden lebendigen Menschen sich erreignen, die schließlich doch auch ebensogut diskutieren könnten und, solange sie sich nicht umbringen, schwer etwas anderes vermögen als zu existieren. Wichtig soll vor allem Inhalt die Beziehung zum andern sein; dazu ist dem Jargon das abgeschabte Gemeinschaftsethos der Jugendbewegung gut genug, Zensur darüber, daß weder etwas weiter reich als die Nase des Redenden noch über die Kapazität der neuerdings so genannten Partner hinaus. Der Jargon bändigt Engagement zur festen Einrichtung und bestärkt überdies die subalternsten Redenden in der Selbstachtung: sie seien schon etwas, weil aus ihnen ein jemand spricht, auch wo er ganz nichtig ist. Die mitschwingende Weisung des Jargons, ihr Gedanke solle nicht zu sehr sich anstrengen, weil er sonst die Gemeinschaft verletze, wird ihnen auch noch zur Garantie höherer Bewährung. Unterschlagen ist, daß die Sprache selbst bereits jenen ganzen Menschen, das je redende Einzelsubjekt, vermöge ihrer Allgemeinheit und Objektivität verneint: erst einmal geht sie auf Kosten des Soseins der Individuen. Durch das Gebaren aber, der ganze Mensch rede und nicht der Gedanke, spiegelt der Jargon als »zuhandene« Kommunikationsweise vor, er wäre vor entmenschlichter Massenkommunikation gefeit; gerade das empfiehlt ihn dem enthusiastischen Einverständnis aller. Wer so hinter seinen Worten steht, wie diese es mimen, ist sicher vorm Verdacht dessen, was er im gleichen Augenblick tut: daß er für andere redet und um ihnen etwas aufzuschwatzen. Für sein Alibi sorgt das Wort Aussage, vollends, wo das »echt« sich anhängt. Es will durch sein Prestige jenem Für andere die Gediegenheit eines An sich zuspielen. Wo alles Kommunikation ist, sei diese besser als Kommunikation. Denn der verhimmelte Mensch, der vor nicht langer Zeit das Wort Himmelfahrtskommando erfand, ist dem Jargon ebenso Seinsgrund wie Adressat der Aussage, ohne daß beides sich unterscheiden ließe. Oft auch klebt am Wort Aussage das Attribut »gültig«; offenbar, weil die nachdrückliche Erfahrung, auf die das Wort pocht, von jenen gar nicht mehr vollzogen wird, die um jenes Anspruchs willen es begünstigen. Es bedarf eines Lautverstärkers. »Aussage« möchte anmelden, daß ein Gesagtes aus der Tiefe des redenden Subjekts komme, dem Fluch der Oberflächenverständigung entrückt sei. Aber zugleich vermummt sich in der Aussage das kommunikative Unwesen. Spricht einer, so soll das, dank des erhobenen Wortes Aussage, schon Zeichen von Wahrheit sein, als ob Menschen nicht vom Unwahren ergriffen werden, nicht für baren Unsinn das Martyrium erleiden könnten. Diese Verschiebung verurteilt die Aussage, sobald sie eine sein will, vor allem Inhalt zur Lüge. Wegen ihrer subjektiven Zuverlässigkeit soll an ihr der Vernehmende etwas haben. Das jedoch ist der Warenwelt entlehnt; die Forderung des Konsumenten, auch Geistiges müsse, wider seinen eigenen Begriff, nach ihm sich richten. Jene Mahnung an den Geist durchherrscht schweigend das gesamte Klima des Jargons. Das reale und vergebliche Bedürfnis nach Hilfe soll vom bloßen Geist befriedigt werden mit Trost ohne Eingriff. Das Gefasel von der Aussage ist die komplementäre Ideologie zu dem Verstummen, zu welchem die Ordnung diejenigen verhält, die nichts über sie vermögen und deren Appell darum vorweg hohl ist. Was aber kritisch dem Zustand absagt, wurde von Deutschen in Amt und Würden als »ohne Aussagewert« abgewertet. Nicht zuletzt wird mit der Aussage auf die neue Kunst geschlagen; ihre Widerspenstigkeit gegen herkömmlich mitteilbaren Sinn gleichwie von höherer Warte getadelt von solchen, deren ästhetisches Bewußtsein nicht mitkam. Fügt man der Aussage »gültig« hinzu, so läßt sich je Geltendes, Abgestempeltes als metaphysisch ermächtigt unterschieben. Die Formel erspart Besinnung auf die von ihr mitgeschleifte Metaphysik ebenso wie die übers Ausgesagte. Der Begriff der Aussage erscheint bei Heidegger als nichts Geringeres denn als Konstituens des Da[5].

Die hinter dem Jargon waltende These von der Ich-Du-Beziehung als dem Ort der Wahrheit schwärzt deren Objektivität als dinghaft an und wärmt insgeheim den Irrationalismus auf. Als solche Beziehung wird Kommunikation zu jenem Überpsychologischen, das sie einzig durchs Moment der Objektivität des Kommunizierten wäre; am Ende Dummheit zum Stifter der Metaphysik. Seitdem Martin Buber den Kierkegaardschen Begriff des Existentiellen von dessen Christologie abspaltete und zu einer Haltung schlechthin frisierte, herrscht die Neigung, den metaphysischen Gehalt vorzustellen als an die sogenannte Beziehung von Ich und Du gebunden. Er wird an die Unmittelbarkeit des Lebens überwiesen, Theologie festgemacht an Bestimmungen der Immanenz, die ihrerseits wieder durch Erinnerung an Theologie mehr sein wollen, virtuell schon wie die Worte des Jargons. Nicht weniger wird dabei fortgezaubert als die Schwelle von Natur und Übernatur. Weihevoll erheben bescheidenere Eigentliche vorm Tod die Augen, aber ihr geistiges Benehmen, vergafft ins Lebendige, unterschlägt ihn. Aus Theologie wird der Stachel entfernt, ohne den Erlösung nicht gedacht werden konnte. Nach deren Begriff ging nichts Natürliches unverwandelt durch den Tod hindurch, kein Von Mensch zu Mensch ist jetzt und hier die Ewigkeit und gewiß kein Von Mensch zu Gott, das diesem gleichsam auf die Schulter klopft. Der Existentialismus Buberschen Stils zieht daraus, daß spontane Beziehungen zwischen Menschen nicht auf dinghafte Pole zu bringen sind, in umgekehrter analogia entis seine Transzendenz. Er bleibt die Lebensphilosophie, aus der er geistesgeschichtlich hervorging und der er absagte: überhöht die Dynamik des Sterblichen in das unsterbliche Teil. So wird Transzendenz menschlich näher gebracht. Vollends im Jargon: er ist die Wurlitzer-Orgel des Geistes. In ihm muß jene auf Band eingesprochene und nach Bedarf abzuspulende Predigt aus Huxleys Brave New World verfaßt sein, die mit hoher sozialpsychologischer Wahrscheinlichkeit aufrührerische Massen, falls sie je noch einmal sich zusammenrotten sollten, durch eingeplante Ergriffenheit zur Raison bringt. Wie die Wurlitzer-Orgel das Vibrato, musikalisch einst Träger subjektiven Ausdrucks, für Reklamezwecke vermenschlicht, indem es mechanisch in den medianisch hervorgebrachten Ton nachträglich eingelegt wird, so liefert der Jargon den Menschen Schnittmuster des Menschseins, das ihnen die unfreie Arbeit ausgetrieben hat, wenn anders Spuren davon einmal verwirklicht gewesen sein sollten. Heidegger hat die Eigentlichkeit wider Man und Gerede statuiert, ohne darüber sich zu täuschen, daß zwischen den beiden Typen des von ihm als Existentialien Abgehandelten kein vollkommener Sprung herrscht, ja daß sie aus ihrer eigenen Dynamik ineinander übergehen. Nicht aber hat er vorausgesehen, daß das von ihm Eigentlichkeit Benamte, einmal Wort geworden, der gleichen Anonymität der Tauschgesellschaft zuwächst, gegen welche Sein und Zeit aufbegehrte. Der Jargon, der in Heideggers Phänomenologie des Geredes einen Ehrenplatz verdiente, qualifiziert die Adepten, nach ihrer Meinung, ebenso als untrivial und höheren Sinnes, wie er den stets noch schwärenden Verdacht der Wurzellosigkeit beschwichtigt.

In Berufsgruppen, die, wie das so heißt, geistige Arbeit verrichten, zugleich aber unselbständig und abhängig sind oder wirtschaftlich schwach, ist der Jargon Berufskrankheit. Bei solchen Gruppen tritt zur allgemein gesellschaftlichen eine spezifische Funktion hinzu. Ihre Bildung und ihr Bewußtsein hinken vielfach hinter jenem Geist her, mit dem sie nach gesellschaftlicher Arbeitsteilung befaßt sind. Durch den Jargon möchten sie den Abstand ausgleichen; ebenso als Teilhaber piekfeiner Kultur sich empfehlen – ihnen klingen noch die Ladenhüter modern – wie als Individuen eigenen Wesens: die Argloseren unter ihnen mögen das unverdrossen, mit einem Ausdruck des Kunstgewerbes, dem der Jargon nicht Weniges entlehnte, immer noch persönliche Note nennen. Die Stereotypen des Jargons versichern subjektive Bewegtheit. Sie scheinen zu garantieren, daß man nicht tue, was man doch tut, indem man sie in den Mund nimmt: mitblökt; man habe es sich selber, als unverwechselbar Freier, errungen. Das formale Gehabe von Autonomie ersetzt deren Inhalt. Hochtrabend Bindung getauft, wird er heteronom entlehnt. Was in der Kulturindustrie die Pseudo-Individualisierung besorgt, das besorgt bei ihren Verächtern der Jargon. Er ist das deutsche Symptom fortschreitender Halbbildung; wie erfunden für solche, die sich als geschichtlich verurteilt oder wenigstens absinkend empfinden, aber vor ihresgleichen und sich selber als inwendige Elite sich gerieren. Sein Gewicht ist nicht darum zu unterschätzen, weil nur eine schmale Gruppe ihn schreibt. Ihn sprechen ungezählte leibhaftige Menschen, von jenem Studenten, der im Examen über die echte Begegnung sich ergeht, bis zum Pressereferenten eines Bischofs, der fragt: Glauben Sie, daß Gott nur die Vernunft anspricht? Ihre unmittelbare Rede empfangen sie nach einem Verteiler. In den theologischen Gesprächen der Studenten des Doktor Faustus, Auerbachs Keller von 1945, erriet Thomas Mann, der kaum mehr Gelegenheit hatte, die Bräuche der neudeutschen Sprache zu beobachten, mit exakter Ironie das meiste; freilich gab es wohl schon vor 1933 einschlägige Modelle, nur ist erst nach dem Krieg, als die NS-Sprache unerwünscht ward, der Jargon allgegenwärtig geworden. Seitdem waltet zwischen dem Geschriebenen und dem Gesprochenen die innigste Wechselwirkung; so wird man gedruckten Jargon lesen können, der unverkennbar die Radiostimmen nachahmt, die es ihrerseits von den Schriftwerken der Eigentlichkeit haben. Mittelbarkeit und Unmittelbarkeit sind schaudervoll durcheinander vermittelt; weil man diese synthetisch zubereitet, ist das Vermittelte zur Spottgestalt des Natürlichen geworden. Der Jargon kennt keine primären und sekundären Gemeinschaften mehr; auch keine Parteien. Diese Entwicklung hat ihre reale Basis. Was Kracauer 1930 als Angestelltenkultur diagnostizierte, der institutionelle und psychologische Überbau, der damals den unmittelbar mit dem Absturz bedrohten Stehkragenproletariern vormachte, sie seien etwas Besseres, und sie dadurch bei der bürgerlichen Stange hielt, ist unterdessen, in der lang andauernden Konjunktur, zur universalen Ideologie einer Gesellschaft geworden, die sich als einiges Volk von Mittelständlern verkennt und das von einer Einheitssprache sich bestätigen läßt, der für Zwecke des kollektiven Narzißmus der Jargon der Eigentlichkeit hochwillkommen ist; nicht nur denen, die ihn reden, sondern dem objektiven Geist. Der Jargon bekundet Zuverlässigkeit fürs Allgemeine durch eine vom Allgemeinen gestempelte Besonderung bürgerlicher Herkunft: der vorschriftsmäßig wählerische Klang scheint der von einem selber. Der wichtigste Vorteil ist der des Leumundszeugnisses. Ganz gleich, was sie sagt, die Stimme, die so schwingt, unterzeichnet einen Sozialvertrag. Ehrfurcht vor jenem Seienden, das da mehr sei, als es ist, schlägt alles Unbotmäßige nieder. Zu verstehen gegeben wird, das sich Ereignende sei zu tief, als daß die Sprache das Gesagte entweihte, indem sie es sagt. Die reinen Hände verschmähen es, an geltenden Eigentums- und Herrschaftsverhältnissen etwas zu ändern; der Klang macht das verächtlich wie Heidegger das bloß Ontische. Wer den Jargon plappert, auf den kann man sich verlassen; man trägt ihn im Knopfloch anstelle derzeit nicht reputabler Parteiabzeichen. Der pure Ton trieft von Positivität, ohne daß er dazu sich herablassen müßte, für allzu Vorbelastetes zu plädieren; selbst dem längst sozialisierten Ideologieverdacht entschlüpft man. Glücklich überwintert im Jargon die Zweiteilung zwischen Zersetzendem und Aufbauendem, mit welcher der Faschismus den kritischen Gedanken abschnitt. Zum Verdienst einer Sache wird es bereits, überhaupt da zu sein, im Schutz des Doppelsinns von positiv: daseiend, gegeben; und bejahenswert. Positiv und negativ werden diesseits lebendiger Erfahrung vergegenständlicht, als gälten sie vor aller Erwägung; als bestimmte nicht erst der Gedanke, was positiv oder negativ sei; und als wäre nicht die Bahn solcher Bestimmung selber die der Negation. Der Jargon säkularisiert die deutsche Bereitschaft, den Menschen ein positives Verhältnis zur Religion unvermittelt als Positivum anzurechnen, auch wenn ihre Religion zergangen und als unwahr durchschaut ist. Die ungeminderte Irrationalität der rationalen Gesellschaft ermuntert dazu, Religion zum Selbstzweck ohne Rücksicht auf ihren Gehalt zu erküren, als bloße Gesinnung, schließlich als Beschaffenheit von Subjekten, auf Kosten von Religion selbst. Man muß nur ein gläubiger Mensch sein, einerlei, woran man glaubt. Solche Irrationalität hat die Funktion von Kitt. Der Jargon der Eigentlichkeit ererbt sie, kindisch in der Manier lateinischer Lesebücher, welche die Vaterlandsliebe an sich preisen, die viri patriae amantes, auch wenn das jeweilige Vaterland die äußersten Schandtaten deckt. Sonnemann hat das Phänomen beschrieben: als das »Nichtloswerden können einer Wohlgesinntheit, die partout die ›Ordnung‹ verteidigt – ja eine sogar noch, ›innerhalb derer alle diese Dinge nicht in Ordnung sind‹: was für Dinge? Nach der Logik des Satzes dürften es nur akzidentelle sein, statt dessen sind es denkbar essentielle; ›vergiftende Abgase‹, ›drückende Tabus‹, ›Unaufrichtigkeit‹, ›Ressentiments‹, ›versteckte Hysterie auf allen Seiten‹. Was bleibt dann von der Ordentlichkeit der Ordnung? Offenbar müßte sie erst hergestellt werden.«[6] Wohlgesinntheit ist eins mit Vorentschiedenheit; das Affirmative, Heilsame verdoppelt den Bann des Unheils. Der Jargon geleitet zur positiven Lebenseinstellung der Spießbürger aus Heiratsofferten; verlängert anspruchsvoller die ungezählten Veranstaltungen, die den Menschen ein Leben, das ihnen sonst widerwärtig würde und dem sie sich auch nicht gewachsen fühlen, schmackhaft machen wollen. Daß Religion ins Subjekt gerutscht, in Religiosität sich verwandelt hat, liegt im historischen Zug. Abgestorbene Zellen von Religiosität inmitten des Säkularen aber werden zum Gift. Anstatt daß die alte Kraft, von der nach Nietzsches Einsicht alles zehrt, rückhaltlos ins Profane einginge, bewahrt sie sich unreflektiert und erhebt die Beschränkung, die vor Reflexion zurückzuckt, zur Tugend.

Im Lob der Positivität sind alle des Jargons Kundigen von Jaspers abwärts miteinander einig. Einzig der umsichtige Heidegger vermeidet allzu offenherzige Affirmation um ihrer selbst willen und erfüllt sein Soll indirekt, durch den Ton beflissener Echtheit. Jaspers aber schreibt ungeniert: »Wahrhaft kann in der Welt nur bleiben, wer aus einem Positiven lebt, das er in jedem Fall nur durch Bindung hat.«[7] Ergänzt wird das: »Nur wer frei sich bindet, ist dagegen gefeit, verzweifelt gegen sich selbst zu revoltieren.«[8] Seine Existentialphilosophie hat sich zwar den illusionslos in die Brust sich werfenden Max Weber als Schutzpatron erwählt. Dennoch hat er's mit der Religion, gleichviel welcher, wofern sie nur einmal vorhanden ist, da sie die benötigte Bindung gewähre oder sei, unbekümmert um ihre Vereinbarkeit mit der Vorstellung ungegängelter Philosophie, die Jaspers sich wie ein Vorrecht reserviert: »Wer zwar der Transzendenz in Gestalt solchen Glaubens treu ist, sollte nie angegriffen werden, sofern er nicht intolerant wird. Denn im Glaubenden kann nur zerstört werden; er kann vielleicht dem Philosophieren offen sein und die auch ihm gehörende Schwere eines dem menschlichen Dasein unabnehmbaren Zweifelns wagen, doch er hat die Positivität eines Seins in geschichtlicher Gestalt als Ausgang und Maß, die ihn unersetzbar zu sich bringen. Von diesen Möglichkeiten sprechen wir nicht.«[9] Als der autonome Gedanke sich noch seine humane Verwirklichung zutraute, verfuhr er weniger human. Je weniger indessen Philosophen von Philosophie angekränkelt sind, desto unbefangener lassen sie die Katze aus dem Sack, an dem die Prominenten gleich Nornen weben. Sätze von O.F. Bollnow lauten: »Darum scheint es besonders bedeutsam, daß sich in der Dichtung, vor allem in der Lyrik der letzten Jahre nach all den Erfahrungen des Schreckens ein neues Gefühl der Seinsbejahung abzuzeichnen beginnt, eine freudige und dankbare Zustimmung zum eignen Dasein des Menschen, so wie es ist, und zur Welt, wie sie ihm begegnet. Insbesondere auf zwei dieser Dichter soll hier kurz hingewiesen werden: auf Rilke und auf Bergengruen. Bergengruens letzter Gedichtband ›Die heile Welt‹ (München 1950, S. 272) schließt mit dem Bekenntnis: ›Was aus Schmerzen kam, war Vorübergang. Und mein Ohr vernahm nichts als Lobgesang‹. Es ist also ein Gefühl dankbarer Zustimmung zum Dasein. Und Bergengruen ist bestimmt kein Dichter, dem man einen billigen Optimismus nachsagen könnte. Er berührt sich in diesem Gefühl einer tiefen Dankbarkeit mit Rilke, der am Abschluß seines Weges ebenfalls sagen kann: ›Alles atmet und dankt. O ihr Nöte der Nacht, wie ihr spurlos versankt‹.«[10] Der Band von Bergengruen ist nur ein paar Jahre jünger als die Zeit, da man Juden, die man nicht gründlich genug vergast hatte, lebend ins Feuer warf, wo sie das Bewußtsein wiederfanden und schrien. Der Dichter, dem man bestimmt keinen billigen Optimismus nachsagen könnte, und der philosophisch gestimmte Pädagoge, der ihn auswertet, vernahmen nichts als Lobgesang. »Wir bezeichnen diese innere Verfassung des Menschen in einer ersten Bestimmung als den getrosten Mut, und es ergibt sich die Aufgabe, das Wesen dieser Seelenverfassung auf seine Möglichkeiten hin zu untersuchen.«[11] Für diese Aufgabe, die angesichts des Entsetzens nicht einmal mehr durch ihre Komik versöhnt, hat Bollnow den besten aller möglichen Namen gefunden. Seinsgläubigkeit[12]; der Anklang an die Deutschgläubigkeit ist sicherlich Zufall. Ward jene einmal erlangt, so ist kein Halten mehr bis zum »positiven Bezug zur Welt und zum Leben«[13] und bis zur »aufbauenden Arbeit zur Überwindung des Existentialismus«[14]. Nach Abzug des existentialen Brimboriums bleibt übrig die Empfehlung religiösen Brauchtums abgelöst vom religiösen Inhalt; daß, als Gegenstände von Volkskunde, kultische Formen ihr Mysterium als leere Hülsen überdauern, wird nicht durchschaut, sondern mit Hilfe des Jargons verteidigt. Schmach widerfährt nicht nur dem Gedanken sondern auch der Religion, die einmal den Menschen die ewige Seligkeit verhieß, während die Eigentlichkeit resigniert mit einer »im letzten Grund heilen Welt« sich abfindet[15]: »Wir unterscheiden diese beiden Formen, um für das folgende eine handliche Bezeichnung zu haben, als die inhaltlich bestimmte und die inhaltlich unbestimmte Hoffnung oder auch kurz als die relative und die absolute Hoffnung.«[16] Die armselige Begriffsspalterei befleißigt sich der Daseinsfürsorge. Je nachdem, ob ein Mitläufer, für den es wenig ausmacht, welcher Sache er nun gerade anhängt, und der sich dessen auch noch als seiner Begeisterungsfähigkeit rühmt, als low brow, middle brow oder high brow sich einstuft, kann er unter dem Heilen das Seelenheil sich vorstellen oder das richtige Leben, oder noch nicht vom Industrialismus beherrschte soziale Enklaven, oder auch schlicht Gegenden, wo Nietzsche und die Aufklärung noch nicht sich herumsprachen, oder sittige Zustände, in denen die Mädchen ihre Kränzlein bis zur Ehe festhalten. Wohl wäre gegen die Parole der Geborgenheit nicht die ebenso zerschlissene vom gefährlichen Leben auszuspielen; wer wollte in der Schreckenswelt nicht ohne Angst leben. Aber Geborgenheit als Existential wird aus dem Ersehnten und Versagten zu einem jetzt und hier Gegenwärtigen, unabhängig von dem, was sie verhindert. Das hinterläßt seine Spur im geschändeten Wort: die Reminiszenz ans Eingehegte und sicher Umgrenzte ist gekettet an jenes Moment bornierter Partikularität, das aus sich heraus das Unheil erneuert, vor dem keiner geborgen ist. Heimat wird erst sein, wenn sie solcher Partikularität sich entäußert, sich aufgehoben hat, als universale. Richtet das Gefühl von Geborgenheit sich häuslich bei sich selber ein, so unterschiebt es die Sommerfrische fürs Leben. Wie Landschaft häßlicher wird vor dem Bewundernden, der mit den Worten: Wie schön! sie stört, so ergeht es den Bräuchen, Gewohnheiten, Einrichtungen, die sich verschachern, indem sie die eigene Naivetät unterstreichen, anstatt sie zu verändern. Kogons Mitteilung, die ärgsten Greueltaten der Konzentrationslager seien von jüngeren Bauernsöhnen verübt worden, richtet alle Rede von Geborgenheit; die ländlichen Verhältnisse, ihr Modell, stoßen ihre Enterbten in die Barbarei. Durchweg schmuggelt die Logik des Jargons Beschränktes, schließlich materielle Mangelsituationen als Positivität ein und wirbt für ihre Verewigung in dem Augenblick, in dem, nach dem Stand der menschlichen Kräfte, solche Beschränkung real nicht mehr sein müßte. Geist, der sie zu einer Sache macht, verdingt sich als Lakai des Übels.

In den höheren Dienstgraden der Hierarchie der Eigentlichen allerdings wird auch mit Negativitäten aufgewartet. Heidegger beschlagnahmt sogar den drunten verpönten Destruktionsbegriff samt der Schwärze von Angst, Sorge und Tod; Jaspers schmettert gelegentlich das Gegenteil der Bollnowschen Geborgenheit heraus: »Heute ist Philosophie dem bewußt Ungeborgenen die einzige Möglichkeit.«[17] Aber wie ein Stehaufmännchen läßt dann doch das Positive sich nicht unterkriegen. Mit Gefährdung, Wagnis, Sich-aufs-Spiel-Setzen und dem gesamten einschlägigen Schauer ist es nicht so weit her; schon eine von den Ur-Eigentlichen sprach seinerzeit davon, daß im Innersten der Dostojewskyschen Hölle das Licht der Erlösung wieder leuchte, und mußte sich sagen lassen, dann gliche die Hölle einem kurzen Eisenbahntunnel. Prominente Eigentliche sagen es ungern wie der Herr Pfarrer auch; lieber ernten sie auf verbrannter Erde. Sie sind nicht weniger klug als die Sozialpsychologie, welche beobachtete, daß negative Urteile, gleichgültig welchen Inhalts, bessere Aussicht haben, bejaht zu werden, als positive[18]. Nihilismus wird zur Farce, zur bloßen Methode wie einst schon der Cartesianische Zweifel. Die Frage, ein Lieblingsrequisit des Jargons, muß desto radikaler klingen, je loyaler sie am Typus einer Antwort sich ausrichtet, die alles sein darf, nur nicht radikal. Dafür ein Schulbeispiel aus Jaspers: »Existentialphilosophie würde sogleich verloren sein, wenn sie wieder zu wissen glaubt, was der Mensch ist. Sie würde wieder Grundrisse geben, um das menschliche und tierische Leben in seinen Typen zu erforschen, wieder Anthropologie, Psychologie, Soziologie werden. Ihr Sinn ist nur möglich, wenn sie in ihrer Gegenständlichkeit bodenlos bleibt. Sie erweckt, was sie nicht weiß; sie erhellt und bewegt, aber sie fixiert nicht. Für den Menschen, der auf dem Weg ist, ist sie der Ausdruck, durch den er sich selbst in seiner Richtung hält, das Mittel, ihm seine hohen Augenblicke zu bewahren zur Verwirklichung durch sein Leben.«[19] »Existenzerhellung führt, weil sie gegenstandslos bleibt, zu keinem Ergebnis.«[20] Eben. Besorgter Ton wird dräuend angeschlagen: keine Antwort sei ernst genug, jede wie immer auch inhaltliche würde als Vergegenständlichung verworfen. Aber der Effekt der grimmigen Unerbittlichkeit ist freundlich; der Lautere legt nirgends sich fest: die Welt ist gar zu dynamisch. Das alte protestantische Motiv des absurden, im Subjekt gründenden Glaubens, wie es von Lessing bis Kierkegaard sich wandelte zum Pathos der Existenz wider das subjektfremde geronnene Resultat, verbindet sich strategisch mit der Kritik an der positiven Wissenschaft, in der, nach Kierkegaards These, das Subjekt ausgegangen sei. Die radikale Frage wird sich selbst auf Kosten jeglicher Antwort zum Substantiellen; Wagnis ohne Risiko. Einzig noch einen Unterschied von Versiertheit und Einkommensgruppe macht es aus, ob man geborgen oder erst einmal ungeborgen auftritt; auch den Ungeborgenen kann nichts passieren, sobald sie in den Chor einstimmen. Das gestattet Passagen wie die aus Heinz Schwitzkes ›Drei Grundthesen zum Fernsehern‹: »Ganz anders bei der Predigt. Hier bekannte sich ein geistlicher Sprecher mehr als zehn Minuten lang in einer einzigen, dabei niemals wechselnden Großeinstellung aus sich selbst heraus in existentieller Weise. Und infolge der hohen menschlichen Überzeugungskraft, die er ausstrahlte, wurde sein durch seine bildliche Gegenwart bezeugtes Wort nicht nur vollständig glaubwürdig, sondern man vergaß darüber sogar die vermittelnde Apparatur ganz und gar, und es bildete sich vor dem Fernsehschirm zwischen den zufälligen Zuschauern ähnlich wie im Gotteshaus eine Art Gemeinde, die sich unmittelbar dem Sprecher gegenüberstellt und durch ihn an den Gegenstand seiner Predigt, das Wort Gottes, gebunden fühlte. Es gibt für diesen überraschenden Vorgang keine andere Deutung als die, daß es eben vor allem auf den sprechenden Menschen ankommt, auf den Menschen, der mutig und bedeutend genug ist, sich selbst mit seiner ganzen Substanz und Existenz in die Bresche zu stellen und allein der Sache, die er bezeugt, und den Zuhörern, mit denen er sich verbunden weiß, zu dienen.«[21] Das ist ein funkisches Commercial der Eigentlichkeit. Das »Wort« des Pfarrers – als wäre seines und das Gottes umstandslos eines – wird keineswegs von seiner »bildlichen Gegenwart« bezeugt, sondern allenfalls die Glaubwürdigkeit seiner Behauptungen durch sein Vertrauen einflößendes Benehmen unterstützt. Vergißt man über dem Auftritt des Pfarrers die vermittelnde Apparatur, so bekennt sich der Jargon der Eigentlichkeit, der darüber sich freut, zum Als ob: durch Inszenierung wird das Jetzt und Hier einer Kulthandlung, das durch ihre Allgegenwart im Fernsehen aufgehoben ist, vorgetäuscht. Unter der existentiellen Weise aber, in der der Pfarrer, »in niemals wechselnder Großeinstellung«, sich aus sich selbst heraus bekenne, ist nichts zu denken als die Selbstverständlichkeit, daß der Pfarrer, dem gar nichts anderes übrig bleibt, als empirische Person auf den Schirm projiziert wurde und vielleicht auf manche sympathisch wirkte. Daß er eine Gemeinde gebildet habe, entzieht sich der Prüfung. Aus der Wagnis-Sphäre ist die Wendung importiert, er hätte sich selbst mit seiner ganzen Substanz und Existenz in die Bresche zu stellen gehabt. Jedoch dem Prediger, der im Fernsehen aufsagt, wofür ihm die Kirche zu eng wurde, droht nicht das mindeste; weder Widerspruch von außen noch innere Nöte. Müßte er selbst, zwischen Scheinwerfer und Mikrophone eingeklemmt, Augenblicke der Anfechtung durchleiden, so hielte der Jargon zusätzliches Lob für seine Existentialität bereit. Der Nießbrauch des Negativen wird wie mit einem Federzug an die Positivität übertragen: positive Negativität zum Herzenswärmer. Die schwarzen Worte so gut wie die weißgewaschenen des Bollnowschen Sonntags sind numinos, so dicht am Jubel wie von je die schreckliche Posaune. Der Jargon nützt, wie den Doppelsinn des Wortes positiv, so den von Metaphysik, je nachdem, ob man gerade das Nichts oder das Sein bevorzugt. Metaphysik bezeichnet einerseits die Befassung mit metaphysischen Themen, auch wenn der metaphysische Gehalt bestritten wird, andererseits die affirmative Lehre von der Überwelt nach Platonischem Muster. In solchem Schwanken ist das metaphysische Bedürfnis, jener Stand des Geistes, der früh in der Abhandlung des Novalis über die Christenheit oder Europa sich bekundete, und der beim jungen Lukács transzendentale Obdachlosigkeit hieß, aufs Bildungsgut heruntergekommen. Die theologische Befreiung des Numinosen vom verknöcherten Dogma war seit Kierkegaard ungewollt auch ein Stück von dessen Verweltlichung. Die unersättliche Reinigung des Göttlichen vom Mythos, die in der Gebärde erschütterten Fragens nachzuzittern beliebt, übereignet es in mystischer Häresie dem, der irgend dazu sich verhält. Weil der Gehalt nur in der Beziehung sein soll, deren anderer Pol, als das »absolut Verschiedene«, jeder Bestimmung sich entzieht und ihr den Makel von Vergegenständlichung anheftet, wird überraschend die liberale Theologie wiedergeboren. Vollendete Entmythologisierung bringt Transzendenz ganz auf die Abstraktion, den Begriff. Wider den Willen der Dunkelmänner triumphiert in ihrem Gut die Aufklärung, die sie verklagen. In der gleichen Bewegung des Geistes jedoch beschwört die sich selbst verhüllte, setzende Gewalt des Subjekts in aller dialektischen Theologie den Mythos wieder herauf: ihr Höchstes, als absolut Verschiedenes, ist blind. Zwangshaft feiert man die Bindungen, anstatt in die Spekulation sich zu stürzen, die doch den radikalen Fragern die Bindungen allein rechtfertigen könnte. Ihr Verhältnis zur Spekulation ist verlegen. Man braucht sie, weil man tief sein will, und scheut sie als intellektuell. Am liebsten möchte man sie den Gurus reservieren. Die anderen beichten noch die Bodenlosigkeit, um den angebotenen Rettungen Relief zu verleihen, die in äußerster, wenngleich imaginärer Gefahr glücken sollen, schlagen aber auf bodenloses Denken, sobald es sich weigert, durch sein Gehabe vorweg den Bindungen beizustehen, die der Eigentlichkeit so unvermeidlich sind wie dem Film das happy end. Bleibt es aus, so hat bei den existentiellen Eigentlichen selbst der Existentialismus nichts zu lachen: »Erst vor diesem Hintergrund hebt sich die ganze Größe der existentialistischen Ethik ab. Sie verwirklicht auf dem Boden des modernen historischen Relativismus noch einmal eine ganz entschiedene sittliche Haltung. Aber damit ist zugleich die Gefahr gegeben, die in der Möglichkeit eines existentiellen Abenteurertums zum Ausdruck kommt. Im Inhaltlichen völlig bedingungslos geworden, ohne die auf der Treue beruhende Beständigkeit genießt der Abenteurer das Wagnis seines Einsatzes als einen letzten sublimsten Reiz. Gerade in der Unbedingtheit des jeweils augenblicklichen Einsatzes ist der Existentialist in besonderem Maße der Versuchung zur Unbeständigkeit und Treulosigkeit ausgeliefert.«[22]

All diese Worte beziehen von der Sprache, der sie geraubt sind, das Aroma des Leibhaften, Unmetaphorischen, werden aber im Jargon stillschweigend vergeistigt. Dadurch entgehen sie den Gefahren, von denen sie schwadronieren. Je geflissentlicher der Jargon seinen Alltag heiligt, gleichwie in Moquerie über die Kierkegaardsche Forderung der Einheit des Sublimen und Pedestren, desto trüber vermischt er Buchstäbliches und Bildliches: »Auf diese grundlegende Bedeutung des Wohnens für das gesamte menschliche Dasein zielt dann auch Heideggers Schlußbemerkung, mit der er an die ›Wohnungsnot‹ als eine der großen Schwierigkeiten unserer Zeit anknüpft: ›Die eigentliche Not des Wohnens‹, so sagt er hier, ›besteht nicht erst im Fehlen von Wohnungen‹, obgleich auch diese Not wirklich nicht leicht genommen werden soll, aber dahinter verbirgt sich eine andere tiefere Not: daß der Mensch sein eigenes Wesen verloren hat und darum nicht zur Ruhe kommt. ›Die eigentlidie Not des Wohnens beruht darin, daß die Sterblichen ... das Wohnen erst lernen müssen.‹ Wohnen lernen aber heißt: die Notwendigkeit dessen begreifen, daß der Mensch im Angesicht des Bedrohenden sich einen bergenden Raum schafft und sich getrosten Mutes in diesem niederläßt. Aber umgekehrt ist die Möglichkeit dieses Niederlassens dann wieder in einer bedrohlichen Weise mit der Beschaffbarkeit einer Wohnung verbunden.«[23] Schlicht wird das Sein des bergenden Raumes der Geborgenheit aus der Notwendigkeit abgeleitet, daß der Mensch sich einen »schafft«. Die sprachliche Unachtsamkeit im widerstandslosen Mechanismus des Jargons entblößt das ontologische Geborgensein, wie aus Geständniszwang, als bloß Gesetztes. Was aber im Spiel mit der Wohnungsnot sich anmeldet, ist ernster als die Pose existentiellen Ernstes: die in allen Angehörigen der hochkapitalistischen Länder lauernde, administrativ abgewehrte und darum an den Platonischen Sternenhimmel genagelte Furcht vor Arbeitslosigkeit, selbst in Perioden glorreicher Vollbeschäftigung. Weil jeder weiß, daß er nach dem Stand der Technik überflüssig wäre, solange um der Produktion willen produziert wird, empfindet jeder seinen Erwerb als verkappte Arbeitslosenunterstützung, ein vom gesellschaftlichen Gesamtprodukt der Erhaltung der Verhältnisse zuliebe willkürlich und auf Widerruf Abgezweigtes[24]. Wem keine Lebenskarten ausgestellt werden, den könnten sie prinzipiell morgen wegschicken; die Völkerwanderung könnte weitergehen, welche die Diktatoren bis nach Auschwitz hinein schon einmal ankurbelten. Die Angst, die man so emsig von der innerweltlichen, empirischen Furcht abgrenzt, braucht noch lange kein Existential zu sein. Als geschichtliche spricht sie darauf an, daß die in die vergesellschaftete, aber bis ins Innerste widerspruchsvolle Gesellschaft Eingespannten unablässig von ihr, die sie erhält, sich bedroht fühlen, ohne daß sie stets die Drohung durchs Ganze an Einzelheiten sich zu konkretisieren vermöchten. In der neuen Geborgenheit aber trumpft patzig der Deklassierte auf, der weiß, was er sich herausnehmen darf. Einerseits hat er nichts zu verlieren; andererseits achtet noch die verwaltete Welt die Kompromißstruktur der bürgerlichen Gesellschaft insofern, als sie vorm Äußersten, der Liquidation ihrer Mitglieder, aus eigenem Interesse zurückschreckt und in den Großplänen der Wirtschaft einstweilen über Mittel des Aufschubs verfügt. So berühren sich die Jaspersche Daseinsfürsorge und die Sozialfürsorge, die verwaltete Gnade. Auf dem gesellschaftlichen Grunde der Umdeutung vollendeter Negativität ins Positive durch den Jargon ist die erpresserische Zuversicht des verängstigten Bewußtseins zu argwöhnen. Selbst das wohlfeile, längst zur Formel automatisierte Leiden unter dem Verlust von Sinn ist nicht einfach das an der durch die Gesamtbewegung der Aufklärung entstandenen Leere, als welches anspruchsvollere Dunkelmänner es gern beschreiben. Vom taedium vitae wird schon aus Perioden unangefochtener Staatsreligion berichtet; den Kirchenvätern war es so geläufig wie denen, die Nietzsches Urteil über den modernen Nihilismus in den Jargon übertragen und sich einbilden, dadurch wären sie über Nietzsche und einen Nihilismus gleichermaßen hinaus, dessen Nietzscheschen Begriff sie auf den Kopf gestellt haben. Sozial reagiert das Gefühl der Sinnlosigkeit auf die weitreichende Abschaffung von Arbeit unter fortdauernder gesellschaftlicher Unfreiheit. Die freie Zeit der Subjekte enthält ihnen die Freiheit vor, die sie geheim sich erhoffen, und kettet sie an das Immergleiche, den Produktionsapparat, auch dort, wo dieser sie beurlaubt. Damit müssen sie die offenbare Möglichkeit vergleichen und werden desto verwirrter, je weniger die geschlossene Fassade des Bewußtseins, welche der der Gesellschaft nachgebildet ist, die Vorstellung möglicher Freiheit durchläßt. Zugleich wird im Gefühl von Sinnlosigkeit die spätbürgerliche Gestalt realer Not, die permanente Drohung des Untergangs, vom Bewußtsein verarbeitet. Es wendet, wovor ihm graut, derart, als wäre es ihm eingeboren, und schwächt so ab, was an der Drohung menschlich überhaupt nicht mehr zuzueignen ist. Daß Sinn, welcher auch immer, allerorten ohnmächtig scheint gegen das Unheil; daß keiner ihm abzugewinnen ist und daß seine Beteuerung es womöglich noch befördert, wird als Mangel an metaphysischem Gehalt, vorzugsweise an religiös-sozialer Bindung registriert. Das Lügenhafte der Verschiebung durch eine Art Kulturkritik, in welche das verkniffene Pathos der Eigentlichen regelmäßig einstimmt, wird sichtbar daran, daß Vergangenheiten, die je nach Geschmack vom Biedermeier bis zu den Pelasgern reichen, als Zeitalter anwesenden Sinnes figurieren, getreu der Neigung, auch politisch und sozial die Uhr zurückzustellen, durch Verwaltungsmaßnahmen mächtigster Cliquen die Dynamik einer anscheinend noch allzu offenen Gesellschaft zu beenden, die ihr innewohnt. Weil ihre gegenwärtige Gestalt von solcher Dynamik nichts Gutes zu erwarten hat, verblendet sie sich krampfhaft dagegen, daß die Kur, die sie anbietet, selbst das Übel ist, das sie fürchtet. Bei Heidegger spitzt das sich zu; klug verkoppelt er den Appell unromantisch-unbestechlicher Lauterkeit mit der Verheißung eines Rettenden, das dann als nichts anderes sich auslegen kann denn als jene Lauterkeit selbst. Der Held von ›Mahagonny‹ stimmte ein in die Klage über die Welt, in der es nichts gibt, woran man sich halten kann; dem folgt bei Heidegger wie bei dem Brecht der Lehrstücke die Proklamation zwangshafter Ordnung als Heil. Der Mangel an Halt ist der Spiegelreflex seines Gegensatzes, der Unfreiheit; nur weil der Menschheit Selbstbestimmung mißlang, tappte sie nach der Bestimmung durch anderes, der dialektischen Bewegung sicher Enthobenes. Der anthropologische Zustand sogenannter menschlicher Leere, den die Eigentlichen als sei's auch trübselige Invariante der entzauberten Welt um des Kontrasts willen auszupinseln pflegen, wäre veränderlich, das Verlangen nach einem Ausfüllenden zu stillen, sobald nicht länger versagt würde; nicht freilich durch Injektion eines geistigen Sinnes oder seine Substitution durchs bloße Wort. Die gesellschaftliche Verfassung dressiert die Menschen wesentlich zur Reproduktion ihrer selbst, und die Nötigung dazu verlängert sich in ihrer Psychologie, sobald sie auswendig verblaßt. Vermöge der zur Totalität aufgeschwollenen Selbsterhaltung wird, was man ohnehin ist, sich noch einmal zum Zweck. Vielleicht zerginge mit diesem Widersinn auch der Schein des Sinnlosen, die eifernd versicherte Nichtigkeit des Subjekts, Schatten des Standes, in dem jeder buchstäblich sich selbst der Nächste ist. Wurde kein metaphysischer Gedanke je geschöpft, der nicht Konstellation von Elementen der Erfahrungswelt gewesen wäre, so werden die tragenden Erfahrungen der Metaphysik bloß herabgemindert von einer Denkgewohnheit, die sie zum metaphysischen Leiden sublimiert und vom realen Leiden abspaltet, das sie veranlaßte. Gegen dessen Bewußtsein geht der ganze Haß des Jargons. Zwischen Marx und dem Aberglauben an die Rasse wird da nicht unterschieden: »Marxismus, Psychoanalyse und Rassentheorie sind heute die verbreitetsten Verschleierungen des Menschen. Das gradlinig Brutale im Hassen und Preisen, wie es mit dem Menschendasein zur Herrschaft gekommen ist, findet darin seinen Ausdruck: im Marxismus die Weise, wie Masse Gemeinschaft will; in der Psychoanalyse, wie sie die bloße Daseinsbefriedigung sucht; in der Rassentheorie, wie sie besser als Andere sein möchte ... Ohne Soziologie ist keine Politik zu machen. Ohne Psychologie wird niemand der Verwirrung Herr im Umgang mit sich selbst und mit den Anderen. Ohne Anthropologie würde das Bewußtsein für die dunklen Gründe dessen, worin wir uns gegeben sind, verlorengehen ... Keine Soziologie kann mir sagen, was ich als Schicksal will, keine Psychologie deutlich machen, was ich bin; eigentliches Sein des Menschen kann nicht als Rasse gezüchtet werden. Überall ist die Grenze dessen, was sich planen und machen läßt. Denn Marxismus, Psychoanalyse und Rassentheorie haben eigentümlich zerstörende Eigenschaften. Wie der Marxismus alles geistige Dasein als Überbau zu entlarven meint, so die Psychoanalyse als Sublimierung verdrängter Triebe; was man dann noch Kultur nennt, ist wie eine Zwangsneurose gebaut. Die Rassentheorie verursacht eine Auffassung von der Geschichte, die hoffnungslos ist; durch negative Auslese der Besten werde der Ruin eigentlichen Menschseins bald erreicht; oder es liegt im Wesen des Menschen, daß er in der Rassenmischung während dieses Prozesses höchste Möglichkeiten erzeugt, um nach Beendigung der Mischung innerhalb weniger Jahrhunderte das marklose Durchschnittsdasein seiner Reste ins Endlose zuzulassen. Alle drei Richtungen sind geeignet, zu vernichten, was Menschen Wert zu haben schien. Sie sind vor allem der Ruin jedes Unbedingten, da sie sich als Wissen zum fälschlichen Unbedingten machen, das alles andere als bedingt erkennt. Nicht nur die Gottheit muß fallen, sondern auch jede Gestalt philosophischen Glaubens. Das Höchste wie das Gemeinste bekommt die gleiche Terminologie umgehängt, um gerichtet in das Nichts zu schreiten.«[25] Herablassend wird zum Eingang die praktische Verwertbarkeit der aufklärenden Disziplinen eingeräumt, damit dann Entrüstung über Zerstörungssucht desto wirksamer Besinnung auf den Wahrheitsgehalt von Kritik verhindere. Eifernde Trauer über die Seinsvergessenheit als das Wesentliche bemäntelt, daß man am liebsten das Seiende vergessen möchte. All dem ist ahnungsvoller Bescheid bereits im ›Grünen Heinrich‹ erteilt: »Es gibt eine Redensart, daß man nicht nur niederreißen, sondern auch wissen müsse aufzubauen, welche Phrase von gemütlichen und oberflächlichen Leuten allerwegs angebracht wird, wo ihnen eine sichtende Tätigkeit unbequem entgegentritt. Diese Redensart ist da am Platze, wo obenhin abgesprochen oder aus törichter Neigung verneint wird; sonst aber ist sie ohne Verstand. Denn man reißt nicht stets nieder, um wieder aufzubauen; im Gegenteil, man reißt recht mit Fleiß nieder, um freien Raum für Licht und Luft zu gewinnen, welche überall sich von selbst einfinden, wo ein sperrender Gegenstand weggenommen ist. Wenn man den Dingen ins Gesicht schaut und sie mit Aufrichtigkeit behandelt, so ist nichts negativ, sondern alles ist positiv, um diesen Pfefferkuchenausdruck zu gebrauchen.«[26] Die alten Kämpfer dann hatten es bequemer; sie brauchten nur, ohne Pfefferkuchen, den Zweifelnden den Sinn mit dem Knüppel von Schicksal und nordischem Menschen einzubläuen. Aber ihnen schon stand dabei der Jargon zur Verfügung: »Die unsere Zeit kennzeichnende äußerste Steigerung aller Tätigkeit und Anspannung aller schöpferischen Kräfte, zumal das große politische Geschehen als solches, haben dieses Phänomen in seiner Eigentlichkeit und unverdeckten Ursprünglichkeit der Philosophie gleichsam vor Augen geführt, und diese hat es als einen Tatbestand höchster philosophischer Relevanz aufgegriffen, um sich durch seinen Gehalt und seine Problematik hinleiten zu lassen zu einem vollen und reinen Verständnis von Mensch und Welt ... Das menschliche Dasein ist nicht sinnlos: das ist die kategorische Erklärung, mit der dieses Dasein selber der Lebensphilosophie entgegentritt, um sich ihr gegenüber und gegen sie zu behaupten ... Ja sagen zum Schicksal und es doch verneinen, es erleiden und es doch beherrschen, d.h. ihm ins Gesicht schauen und sich ihm stellen: das ist die Haltung wahrhaften Menschentums. Diese Haltung entspricht dem Idealbild des Menschen, wie es, schlechthin gültig und aller ›Zeitgebundenheit‹ entrückt, nichts anderes als das Wesen des Menschen zur Darstellung bringt, und sie bestimmt zugleich und in eins damit den echten und tiefen Sinn von Schicksal, jenen Sinn, der nichts zu tun hat mit Fatalismus und für den gerade der deutsche Mensch offen ist; dieser Sinn nimmt für den Menschen nordischen Blutes tief religiösen Inhalt an und begründet das, was für diesen Schicksalsverbundenheit und Schicksalsglaube heißt.«[27]

Die Sprache benutzt das Wort »Sinn« ebensowohl für das harmlos erkenntnistheoretische intentionale Objekt Husserls wie dafür, daß etwas als sinnvoll gerechtfertigt sei, so wie man vom Sinn der Geschichte redet. Daß das faktisch Einzelne soweit Sinn hat, wie das Ganze, vorab das System der Gesellschaft darin erscheint; daß die zerstreuten Tatsachen immer mehr sind, als was sie unmittelbar sind, bleibt wahr, auch wenn solcher Sinn Wahnwitz ist. Die Frage nach Sinn als nach dem, was etwas eigentlich ist und was darin sich versteckt, schafft jedoch die nach dem Recht jenes Etwas vielfach unvermerkt, und deshalb um so prompter, fort; Bedeutungsanalyse wird ihr zur Norm für die Zeichen nicht bloß sondern fürs Bezeichnete. Das Zeichensystem Sprache, das durch sein pures Dasein vorweg alles in ein von der Gesellschaft Bereitgestelltes überführt, verteidigt diese seiner eigenen Gestalt nach, noch vor allem Inhalt. Dem stemmt Reflexion sich entgegen; der Jargon jedoch treibt mit dem Gefälle und möchte es am liebsten verstärken, einig mit den Rückbildungen des Bewußtseins. Der Positivismus hat in seinen semantischen Richtungen den geschichtlichen Bruch zwischen Sprache und Ausgedrücktem ungezählte Male logisch angemerkt. Die sprachlichen Formen, als vergegenständlichte – und einzig durch Vergegenständlichung werden sie Formen –, überlebten das, worauf sie einmal gingen, samt dessen Zusammenhang. Die ganz entmythologisierte Tatsache entzöge sich der Sprache; durchs bloße Meinen schon wird sie, gemessen am Idol ihrer reinen Vorfindlichkeit, zu einem Anderen. Daß ohne Sprache keine Tatsache ist, bleibt ebenso der Pfahl im Fleisch, und das Thema, des Positivismus, wie es den hartnäckig mythischen Rest der Sprache als solcher offenbart. Mit Grund ist die Mathematik Urbild positivistischen Denkens: auch als sprachloses System von Signa. Umgekehrt wird das zählebig Archaische in der Sprache fruchtbar nur, wo sie kritisch daran sich reibt; zum tödlichen Trugbild, wo sie es von sich aus bestätigt und verstärkt. Der Jargon teilt mit dem Positivismus die krude Vorstellung von der Archaik der Sprache; beide scheren sich nicht um das dialektische Moment, daß Sprache zugleich als ein Anderes ihren magischen Ursprüngen sich entringt, verflochten in fortschreitende Entmythologisierung. Daß das vernachlässigt wird, gestattet die soziale Verwertung des sprachlichen Anachronismus. Simpel verherrlicht der Jargon die Altertümlichkeit der Sprache, welche die Positivisten, samt allem Ausdruck, ebenso simpel vertilgen möchten. Die Unangemessenheit der Sprache an die rationalisierte Gesellschaft veranlaßt die Eigentlichen nicht, durch größere Schärfe zu dem ihr Fälligen sie anzuspornen, sondern zu ihrer Ausbeutung. Ihnen entgeht nicht, daß absolut anders als archaisch nicht sich sprechen läßt; was aber die Positivisten als Rückstand beklagen, verewigen sie als Segen. Der Block, den die Sprache vor dem Ausdruck ungeschmälert gegenwärtiger Erfahrung auftürmt, wird ihnen zum Altar. Läßt er sich schon nicht durchbrechen, so stellt er Allmacht und Unauflöslichkeit dessen vor, was in der Sprache sich niederschlug. Aber die Archaik rächt sich am Jargon, dessen Gier nach jener die Distanz verletzt. Sie wird zum zweiten Mal vergegenständlicht; an ihr wiederholt sich, was historisch den Sprachen ohnehin widerfuhr. Der Nimbus, in welchen die Worte verpackt werden wie Orangen in Seidenpapier, nimmt die Sprachmythologie in eigene Regie, als vertraute man ihrer Strahlkraft doch nicht ganz; mit Farbstoff versetzt, sollen die Worte selber reden, bar der Beziehung aufs Gedachte, die sie verändern und damit immer auch entmythologisieren müßte. Sprachmythologie und Verdinglichung vermischen sich mit dem, worin Sprache antimythologisch und rational ist. Der Jargon wird praktikabel auf der ganzen Skala von der Predigt bis zur Reklame. Im Medium des Begriffs ähnelt er überraschend deren Gepflogenheiten. Die Jargonworte und solche wie Jägermeister, Alte Klosterfrau, Schänke bilden eine Reihe. Ausgeschlachtet wird das Glücksversprechen dessen, was hinab mußte; das Blut dem abgezapft, was einzig um seines Untergangs willen nachträglich als Konkretes schimmert. Die reglos festgenagelten und mit einer leuchtenden Isolierschicht übermalten Worte erinnern zumindest der Funktion nach an die positivistischen Spielmarken; geeignet für beliebige Wirkungszusammenhänge, unbekümmert um das Pathos von Einzigkeit, das sie sich anmaßen und das selbst herstammt vom Markt, dem das Seltene ein Tauschwert ist.

Mit der Versicherung von Sinn um jeden Preis sickert der alte antisophistische Affekt in die sogenannte Massengesellschaft. Seit dem Sieg von Platon und Aristoteles über die Sokratische Linke beherrscht er die offizielle Tradition der Philosophie; was ihm nicht zu Willen war, wurde in ohnmächtige Unterströmungen abgedrängt. Erst der neuere Positivismus hat durch sein Bündnis mit der Wissenschaft sophistische Motive ehrbar gemacht. Der Jargon sträubt sich dagegen. Unbesehen tradiert er das Urteil der Tradition. Die Schmach der von Platon bekämpften Sophisten war, daß sie nicht wider die Lüge fochten, um die Sklavengesellschaft zu verändern, sondern die Wahrheit verdächtigten, um den Gedanken fürs Bestehende zuzurüsten. Ihre Art Destruktion war schon vom Schlag des totalen Ideologiebegriffs. Platon konnte die Gorgias-Sophisten als Clowns karikieren, weil der Gedanke, einmal unbeschwert von Sachkenntnis und schließlich von der Beschaffenheit des Objekts, das Moment des Spiels, das ihm wesentlich ist, zur Farce erniedrigt, Gespenst der von aller Aufklärung befochtenen Mimesis[28]. Die Antisophistik jedoch mißbraucht die Einsicht in solche Mißbildungen des losgelassenen Denkens dazu, durch Denken das Denken anzuschwärzen, so wie Nietzsche es Kant vorwarf, der schon von Vernünfteln im selben Ton spricht wie dann Hegel, obrigkeitlich, vom Raisonnieren. In der modischen Antisophistik fließen notwendige Kritik an der abgespaltenen instrumentalen Vernunft und finstere Verteidigung der Institutionen gegen das Denken trüb ineinander. Der Jargon, Abfallprodukt der Moderne, die er befehdet, sucht vorm Verdacht des Destruktiven sich selbst samt den buchstäblich zerstörerischen Institutionen zu schützen, indem er anderen, meist antikonservativen Gruppen als sündige Intellektualität aufbürdet, was in seinem eigenen, unnaiv-reflektierenden Prinzip liegt. Demagogisch nutzt er den Doppelcharakter der Antisophistik. So falsch ein Bewußtsein ist, das äußerlich, nach dem Hegelschen Wort ohne in der Sache zu sein, über diese sich stellt und sie von oben herab erledigt, so ideologisch wird Kritik in dem Augenblick, in dem sie selbstgerecht zu verstehen gibt, Denken müsse einen Boden haben. Worüber die Hegelsche Dialektik hinausgelangte: das Dogma, der Gedanke bedürfe, um wahr zu sein, eines absolut Ersten, Zweifelsfreien, wird im Jargon der Eigentlichkeit desto terroristischer, je selbstherrlicher er sein Erstes außerhalb des gedanklichen Gefüges ansiedelt. Antisophistik im Endstadium aufbereiteter Mythologie ist verhärtetes Ursprungsdenken. Den Rückfall der auferstandenen Metaphysik hinter die Dialektik verbucht der Jargon als Weg zu den Müttern. »Wenn alles abgehauen ist, liegt die Wurzel bloß. Die Wurzel, das ist der Ursprung, aus dem wir gewachsen sind, und den wir vergessen hatten in dem Schlinggewächse von Meinungen, Gewohnheiten, Auffassungsschematen.«[29] Früher schon, in ›Vernunft und Existenz‹: »Nur so wäre die wahre Stärke des Menschen zu verwirklichen. Die Macht des Unbedingten in ihm, in jeder Möglichkeit des Kampfes und der Frage geprüft, brauchte nicht mehr die Suggestion, den Haß, die Lust der Grausamkeit, um aktiv zu werden, nicht den Rausch der großen Worte und der unverstandenen Dogmen, um an sich zu glauben, und würde so erst eigentlich streng, hart und nüchtern. Erst auf diesem Wege können Selbsttäuschungen verschwinden, ohne daß der Mensch mit dem Vernichten seiner Lebenslügen selber vernichtet würde. So erst würde der echte Grund aus der Tiefe sich schleierlos offenbaren.«[30]

Mit der Sophistik, die sie lästern und deren Willkür ihre Entwürfe fortschleppen, anstatt ihr gewachsen sich zu zeigen, vertragen sich die Eigentlichen in ihrer Lieblingsthese, daß es allein auf den Menschen ankomme, dem mit unverhoffter Salbung aufgewärmten homo mensura-Satz. Gesellschaftliches Modell ihres erkorenen Butzemanns aber ist wie anno dazumal die städtische Freizügigkeit, welche einst dem Denken zur Emanzipation verhalf. Nur bedroht in der durchrationalisierten bürgerlichen Gesellschaft die Beweglichkeit von Person und Geist weniger altansässige Gruppen, die es in den hochindustriellen Ländern ohnehin kaum mehr gibt, als daß sie die fortdauernde Irrationalität des Gesamtsystems herausfordert, das gern beschnitte, was etwa von den unterm Liberalismus erworbenen Verhaltensweisen einstweilen noch fortvegetiert. Darum muß der Jargon vergängliche, mit dem gegenwärtigen Stand der Produktivkräfte unvereinbare gesellschaftliche Formen als unverlierbar verteidigen. Wollte er umstandslos fürs Bestehende selber, die Tauschgesellschaft, die Barrikade besteigen, so engagierte er sich nicht nur für ein auch von seinen Gläubigen viel Geschmähtes, sondern möglicherweise gar für die Rationalität, die sie ebenso verspricht wie enttäuscht, und durch die sie aufgehoben werden könnte. Die bürgerliche Gestalt von Rationalität bedarf von je irrationaler Zusätze, um sich als das zu erhalten, was sie ist, fortwährende Ungerechtigkeit durchs Recht. Solche Irrationalität inmitten des Rationalen ist das Betriebsklima der Eigentlichkeit. Diese kann darauf sich stützen, daß über lange Zeiträume buchstäbliche sowohl wie bildliche Mobilität, ein Hauptstück bürgerlicher Gleichheit, immer zum Unrecht ward an denen, die nicht ganz mitkamen. Sie erfuhren den Fortschritt der Gesellschaft als Verdikt: angedrehte Erinnerung an ihr Leiden darunter bringt die Eigentlichkeit samt ihrem Jargon zum Gären. Seine Blasen lassen das wahre Objekt des Leidens verschwinden, die bestimmte gesellschaftliche Verfassung. Denn die auserwählten Opfer des Affekts wider die Beweglichkeit sind selber verurteilt, seitdem die Zirkulationssphäre mit der der Produktion verschmolzen ward. Nur darum hat das Bestreben des Jargons, die Rancune des Seßhaften, Stummen in etwas wie ein metaphysisch-moralisches Vernichtungsurteil über den, der reden kann, zu wenden, soviel Erfolg, weil es prinzipiell bereits ausgesprochen, in Deutschland an Ungezählten exekutiert ist; weil die Gebärde des Wurzelechten mit den geschichtlichen Siegern es hält. Das ist das Substantielle der Eigentlichkeit, der heilige Quell ihrer Kraft. Wortkargheit und Schweigen sind der beste Kontrapunkt zu existentialem und existentiellem Geschwätz: die Ordnung, auf die es abzielt, greift selber zur Sprachlosigkeit von Zeichen und Befehl. Der Jargon füllt die Lücke aus, welche der gesellschaftlich notwendige Zerfall der Sprache schuf, in seligem Einklang mit seinen Konsumenten. Kleine Leute haben wenig Bekannte; ihnen ist unbehaglich, sobald sie mit Leuten zusammenkommen, die sie nicht bereits kennen, und ihre Rancune macht ihnen daraus eine Tugend. Nicht zuletzt hat der Jargon auch etwas von der rauhen Manier des Portiers im Gebirgshotel, der die Gäste anherrscht wie Eindringlinge, und damit ihr Vertrauen erwirbt, Angesichts der erneut heraufdämmernden Statik der Gesellschaft indessen fällt demgegenüber noch auf das geschäftig überredende Wort von vorgestern ein Widerschein des Humanen. Würde Philosophie die Erfahrungen, die im Jargon in verkehrter Gestalt sich niederschlugen, aus den von ihm ausgekochten Essenzen, den Seinsmöglichkeiten, in die Gesellschaft zurückholen, in der sie, wenn irgend das Wort Ursprung etwas sagen soll, entsprangen, so käme sie über den Gegensatz von Mobilität und Festigkeit, von Bodenlosem und Eigentlichem hinaus: erkennte beides als Momente des gleichen schuldhaften Ganzen, in dem Händler und Helden einander wert sind. Der Liberalismus, der die Kulturindustrie heckte, über deren Reflexionsformen der Jargon der Eigentlichkeit sich entrüstet und deren eine er selber ist, war der Ahne des Faschismus, der ihn und seine späteren Interessenten zertrampelte. Freilich ist die Blutschuld dessen, was heute im Jargon nachhallt, unvergleichlich viel größer als die Täuschungsmanöver der Mobilität, deren Prinzip dem unmittelbarer Gewalt inkompatibel ist.

 

Heidegger ist nicht der Matador solcher Politika des Jargons, und hütet sich vor dessen Plumpheit. Zwar verwendet er das Wort Eigentlichkeit zentral in Sein und Zeit[31], und die meisten anderen Sigel sind über seinen bekanntesten Text ausgestreut, mit Gesten einspruchsloser Autorität, die dann die Masse der Eigentlichen mechanisch nachahmt; Einverständnis im verschwiegenen Kern ist fraglos. Ebenso aber auch Heideggers Streben nach Reserve all den gängigen Sätzen gegenüber, die er spielend als vulgäres Mißverständnis abfertigen kann. Immerhin fällt er, sobald er die freiwillige Selbstkontrolle lockert, in den Jargon mit einer Provinzialität, die nicht dadurch sich entsühnt, daß sie sich selbst thematisch wird. Unter dem Titel ›Aus der Erfahrung des Denkens‹ hat er ein Bändchen mit Gnomen publiziert. Ihre Form hält die Mitte zwischen dem Gedicht und dem vorsokratischen Fragment, dessen sibyllinischer Charakter freilich, wenigstens in manchem, vom Zufall brüchiger Überlieferung, nicht von Geheimniskrämerei herrührt. Gepriesen wird die »Pracht des Schlichten«[32]. Heidegger holt die fadenscheinige Ideologie der reinen Stoffe aus dem Kunsthandwerk in den Geist zurück, wie wenn Worte reines, gleichsam gerauhtes Material wären. Aber wie derlei Textilien heute vermittelt sind durch ihren planvollen Gegensatz zur Massenproduktion, so will Heidegger den reinen Worten einen Ursinn synthetisch anschaffen. Hinein spielt in die Kategorie des Schlichten noch ein spezifisch Soziales: die Erhöhung des Wohlfeilen nach dem Wunsch der stolz absinkenden Elite, verwandt der Jugendmusik, die den Jargon gern begleitet und von ihm sich begleiten läßt. Geschichtliche Zurückgebliebenheit wird nicht weniger eifrig ins Gefühl von schicksalhafter Tragik umgemünzt als zum Höheren; auch das schwingt in der lautlosen Identifikation des Archaischen mit dem Echten. Die Trivialität des Schlichten aber ist nicht, wie es Heidegger gefiele, der Wertblindheit seinsverlustigen Denkens zuzuschreiben, während sie von dem angeblich vernehmenden abfiele und als Edelstes sich offenbarte. Sondern sie ist das Mal jenes zurichtenden Denkens in den einfachsten Worten selbst, dem Heidegger entronnen zu sein vorspiegelt: der Abstraktion. Schon in der ersten Fassung des Utopiebuchs von Bloch heißt es, die Symbolintentionen, die ihm die Spuren des messianischen Lichts in der verfinsterten Welt sind, seien gerade nicht einfachste Grundverhältnisse und -worte wie »der alte Mann, die Mutter und der Tod«. Heidegger aber läßt im anspruchsvollen Humanismusbrief sich vernehmen: »Der Mensch ist nicht der Herr des Seienden. Der Mensch ist der Hirt des Seins. In diesem ›weniger‹ büßt der Mensch nichts ein, sondern er gewinnt, indem er in die Wahrheit des Seins gelangt. Er gewinnt die wesenhafte Armut des Hirten, dessen Würde darin beruht, vom Sein selbst in die Wahrnis seiner Wahrheit gerufen zu sein. Dieser Ruf kommt als der Wurf, dem die Geworfenheit des Da-seins entstammt. Der Mensch ist in seinem seinsgeschichtlichen Wesen das Seiende, dessen Sein als Ek-sistenz darin besteht, daß es in der Nähe des Seins wohnt. Der Mensch ist der Nachbar des Seins.«[33] Philosophische Banalität entsteht, wo dem allgemeinen Begriff jene magische Teilhabe am Absoluten zugeschrieben wird, die seine eigene Begrifflichkeit Lügen straft.

Gefahr des Denkens sei, Heidegger zufolge, das Philosophieren[34]. Der eigentliche Denker aber, spröde gegen ein so Modernistisches wie Philosophie, schreibt: »Wenn im Vorsommer vereinzelte Narzissen verborgen in der Wiese blühen und die Bergrose unter dem Ahorn leuchtet ...«[35] oder: »Wenn es von den Hängen des Hochtales, darüber langsam die Herden ziehen, glockt und glockt ...«[36] Oder Verse: »Wälder lagern / Bäche stürzen / Felsen dauern / Regen rinnt. / Fluren warten / Brunnen quellen / Winde wohnen / Segen sinnt.«[37] Die Erneuerung des Denkens durch veraltete Sprache richtet sich an dieser. Das ausdrückliche Ideal ist Archaik: »Das Älteste des Alten kommt in unserem Denken hinter uns her und doch auf uns zu.«[38] Aber das Wort hat Jungnickel: Rache des Mythos an dem nach ihm Begierigen, dem Denunzianten des Denkens. »Der Dichtungscharakter des Denkens ist noch verhüllt«[39], fügt Heidegger hinzu, um auf alle Fälle Kritik abzufangen; »wo er sich zeigt, gleicht er für lange Zeit der Utopie eines halbpoetischen Verstandes«[40]. Der halbpoetische Verstand jedoch, der jene Weisheiten heraussprudelt, gleicht weniger dieser oder irgendeiner gescheiterten Utopie als der bewährten Heimatkunst, die ja auf jene nicht gut zu sprechen zu sein pflegt. Im Reich des Hitler hat Heidegger, was man ihm nachfühlen kann, einen Ruf nach Berlin abgelehnt. Er rechtfertigte das in einem Aufsatz ›Warum bleiben wir in der Provinz?‹. Mit erfahrener Strategie entkräftet er den Vorwurf des Provinzialismus dadurch, daß er ihn positiv wendet. Das sieht dann so aus: »Wenn in tiefer Winternacht ein wilder Schneesturm mit seinen Stößen um die Hütte rast und alles verhängt und verhüllt, dann ist die hohe Zeit der Philosophie. Ihr Fragen muß dann einfach und wesentlich werden.«[41] Ob Fragen wesentlich sind, darüber läßt allenfalls nach der Antwort sich urteilen, es läßt sich nicht vorwegnehmen und schon gar nicht nach dem Maß einer meteorologischen Ereignissen nachgebildeten Einfachheit. Sie besagt so wenig über Wahrheit wie ihr Gegenteil; Kant, Hegel waren so kompliziert und so einfach, wie der Gehalt es ihnen aufnötigte. Heidegger aber unterstellt prästabilierte Harmonie zwischen wesentlichem Gehalt und heimeligem Geraune. Darum sind die Jungnickelschen Klänge keine liebenswerten Schwächen. Sie sollen den Verdacht übertäuben, der Philosoph könnte ein Intellektueller sein: »Und die philosophische Arbeit verläuft nicht als abseitige Beschäftigung eines Sonderlings. Sie gehört mitten hinein in die Arbeit der Bauern.«[42] Man möchte dazu wenigstens deren Ansicht erfahren. Heidegger bedarf ihrer nicht. Denn er sitzt »zur Zeit der Arbeitspause abends mit den Bauern auf der Ofenbank ... oder am Tisch im Herrgottswinkel, dann reden wir meist gar nicht. Wir rauchen schweigend unsere Pfeifen.«[43] »Die innere Zugehörigkeit der eigenen Arbeit zum Schwarzwald und seinen Menschen kommt aus einer jahrhundertelangen, durch nichts ersetzbaren alemannisch-schwäbischen Bodenständigkeit.«[44] Er sagt es ja selbst. Johann Peter Hebel, der aus der gleichen Gegend stammt und den Heidegger in den Blickrauchfang hängen möchte, hat schwerlich auf diese Bodenständigkeit je sich berufen; statt dessen hat er, in einem der schönsten Prosastücke zur Verteidigung der Juden, das deutsch geschrieben wurde, die Hausierer Scheitele und Nausel grüßen lassen[45]. Bodenständigkeit indessen plustert sich auf: »Neulich bekam ich den zweiten Ruf an die Universität Berlin. Bei einer solchen Gelegenheit ziehe ich mich aus der Stadt auf die Hütte zurück. Ich höre, was die Berge und die Wälder und die Bauernhöfe sagen. Ich komme dabei zu meinem alten Freund, einem 75jährigen Bauern. Er hat von dem Berliner Ruf in der Zeitung gelesen. Was wird er sagen? Er schiebt langsam den sicheren Blick seiner klaren Augen in den meinen, hält den Mund straff geschlossen, legt mir seine treu-bedächtige Hand auf die Schulter und – schüttelt kaum merklich den Kopf. Das will sagen: unerbittlich Nein!«[46] Während der Philosoph an anderen Blubo-Freunden die Reklame für den Blubo beanstandet, die sein Monopol beeinträchtigen könnte, artet seine reflektierte Unreflektiertheit zum sich anbiedernden Geschwätz aus angesichts der landwirtschaftlichen Umgebung, mit der er auf vertrautem Fuß stehen will. Die Beschreibung des alten Bauern mahnt an die ausgelaugtesten Clichés von Schollenromanen aus der Zone Frenssens nicht weniger als das Lob der Schweigsamkeit, die der Philosoph nicht nur seinen Bauern sondern auch sich bescheinigt. Was eine nicht auf die muffigen Instinkte des deutschen Kleinbürgerkitschs eingestimmte Literatur – zumal der französische Realismus von Balzacs Spätwerk bis Maupassant – zur Kenntnis der Bauern beibrachte, wird ignoriert, obwohl sie in Übersetzungen selbst einem Vorsokratiker zugänglich wäre. Das Kleinbauerntum dankt seine Fortexistenz einzig Gnadengeschenken jener Tauschgesellschaft, der sein Grund und Boden dem bloßen Schein nach enthoben ist; vorm Tausch haben die Bauern nur noch ein Schlechteres voraus, die unmittelbare Ausbeutung der Familie, ohne die sie bankrott wären: dies Ausgehöhlte, die Dauerkrise kleinbäuerlicher Betriebe, hat in der Hohlheit des Jargons sein Echo. Die Zuschüsse, die ihnen gezahlt werden, sind der Seinsgrund dessen, was die urigen Jargonworte zu dem hinzuschießen, was sie bedeuten. Gleich den minder prominenten Sprechern von Eigentlichkeit ist Heidegger erfüllt von der Rancune der Innerlichkeit, die er philosophisch im Gedanken an ihre Hegelsche Kritik[47] streift. Wer durch die Gestalt seiner Arbeit zum lokalen Verharren gezwungen ist, macht gern aus der Not eine Tugend und sucht sich und andere davon zu überzeugen, seine Gebundenheit sei eine in höheren Ordnungen. Schlechte Erfahrungen des dauernd von Zahlungsunfähigkeit bedrohten Bauern mit Zwischenhändlern bestärken ihn darin. Der Haß des gesellschaftlich Unbeholfenen, womöglich nicht Zugelassenen auf den Geschliffeneren und Umgänglicheren als den Hans Dampf in allen Gassen eint sich mit dem Widerwillen gegen den Agenten, vom Viehhändler bis zum Journalisten. Die stabilen Berufe, die selbst eine Phase der gesellschaftlichen Entwicklung sind, werden von Heidegger noch 1956 im Namen einer falschen Ewigkeit agrarischer Verhältnisse normativ gewandt: »Der Mensch versucht, vergeblich, durch sein Planen den Erdball in eine Ordnung zu bringen, wenn er nicht dem Zuspruch des Feldweges eingeordnet ist.«[48] Nordamerika kennt keine Feldwege, nicht einmal Dörfer. Philosophie, die verschmäht, es zu sein, braucht, um den anders nicht vorhandenen Unterschied von Philosophie überhaupt zu markieren, das Bauernsymbol aus sechster Hand als Beweisstück ihrer Ursprünglichkeit. Wohl gilt wie zu dessen Zeit Lessings Einsicht, daß wer ästhetische Kritik übt, es nicht selber besser machen müsse. Was der Hamburgischen Dramaturgie recht war, ist der philosophischen Theorie billig: das Selbstbewußtsein ihrer Grenze verpflichtet sie nicht zur authentischen Dichtung. Aber die Kraft muß sie haben, den Denkenden an der Herstellung ästhetischer Stapelware zu hindern; sonst wird diese zum Argument gegen eine Philosophie, die Argumente als verwirrend zu verachten posiert. Ihre Edelbanausie wächst dem Jargon der Eigentlichkeit zu.

Wie in diesem wird Bodenständigkeit ihres Falschen auch in Heidegger sprachlich überführt, sobald er einmal zu Sachhaltigem herabsteigt. Er arbeitet mit einem Gegensatz von Alleinsein und Einsamkeit: »Die Städter wundern sich oft über das lange, eintönige Alleinsein unter den Bauern zwischen den Bergen. Doch es ist kein Alleinsein, wohl aber Einsamkeit. In den großen Städten kann der Mensch zwar mit Leichtigkeit so allein sein, wie kaum irgendwo sonst. Aber er kann dort nie einsam sein. Denn die Einsamkeit hat die ureigene Macht, daß sie uns nicht vereinzelt, sondern das ganze Dasein loswirft in die weite Nähe des Wesens aller Dinge.«[49] Wie immer es mit der Distinktion dem Inhalt nach sich verhalten mag, die Sprache, die Heidegger als Zeugen bemüht, kennt sie nicht so, wie er es behauptet. Der Elektra-Monolog Hofmannsthals, der auf solche Nuancen doch wohl sich verstand, beginnt: »Allein, ganz allein.« Die condition humaine der Heldin aber ist, wenn irgend etwas, jenes äußerste auf sich Zurückgeworfensein, dem Heidegger, einigermaßen optimistisch, zutraut, daß es »in die weite Nähe des Wesens aller Dinge« führe, während derlei Situationen zumindest nicht weniger zu obsessiver Verengung und Verarmung nötigen. Umgekehrt wird die Sprache, gegen Heidegger, eher so entscheiden, daß man in großen Städten, oder auf Festen, einsam ist, aber nicht allein sein kann. Allenfalls schwankt der gegenwärtige Gebrauch. Eine Philosophie, die aufs Vermögen zu lauschen soviel sich zugute tut, macht sich taub gegen die Worte, während ihr Nachdruck den Glauben erweckt, sie, Deckbild der Willkür, schmiege den Worten sich an. Heideggers Urlaute äffen wie die meisten. Kaum allerdings vermöchte ein feineres sprachliches Organ als das seine besser zu leisten, was ihm mißlingt. Jede solche Anstrengung hat ihre sprachlogische Grenze am okkasionellen Moment noch des genauesten Wortes. Die eigenen Bedeutungen der Worte wiegen schwer. Aber diese gehen in jenen nicht auf, sondern werden in sich betroffen vom Zusammenhang. Das unterschätzt, zum höheren Ruhm von Wissenschaft, jegliche reine Bedeutungsanalyse, bereits die Husserlsche; mehr noch die Heideggers, die hoch über der Wissenschaft sich dünkt. Nur der genügt dem, was Sprache erheischt, der ihres Verhältnisses zu den Einzelworten in deren Konfigurationen sich versichert. Wie die Fixierung des reinen Bedeutungsmoments in Willkür überzugehen droht, so freilich der Glaube an die Vormacht des konfigurativen ins schlecht Funktionelle, bloß Kommunikative; in Mißachtung des objektiven Aspekts der Worte. In Sprache, die etwas taugt, vermittelt sich beides.

Vorgeblich heiles Leben, als Gegensatz zu dem beschädigten, auf dessen sozialisiertes Bewußtsein, das »malaise«, der Jargon spekuliert, wird durch seine eingeschliffene Sprachgestalt, fern aller gesellschaftlichen Besinnung, agrarischen Verhältnissen oder wenigstens der einfachen Warenwirtschaft gleichgesetzt als einem Ungeteilten, schützend Geschlossenen, in festem Rhythmus und ungebrochener Kontinuität Verlaufenden. Das Assoziationsfeld ist der Abhub von Romantik und wird doch umstandslos in den gegenwärtigen Zustand verlegt, dem es schroffer widerspricht als je zuvor. Darum werden die Kategorien des Jargons gern vorgetragen, als wären sie nicht aus entsprungenen und vergänglichen gesellschaftlichen Zuständen abstrahiert, sondern kämen dem Menschenwesen selber zu, als dessen unveräußerliche Möglichkeit. Der Mensch ist die Ideologie der Entmenschlichung. Aus jenen Kategorien, die an einigermaßen naturwüchsige gesellschaftliche Verhältnisse mahnen, wo die Institutionen des Tauschs noch nicht über die Beziehungen der Menschen alle Macht haben sollen, wird herausgelesen, ihr Kern, der Mensch, sei in den zeitgenössischen Menschen unmittelbar gegenwärtig, sein Urbild zu realisieren. Vergangene vorarbeitsteilige Formen der Vergesellschaftung werden erschlichen als selbst ewige. Ihr Abglanz fällt auf Zustände, welche einmal Opfer fortschreitender Rationalisierung wurden und ihnen gegenüber die menschlicheren dünken. Was Eigentliche minderer Grade mit Gusto Menschenbild nennen, siedeln sie in einer Zone an, in der nicht mehr zu fragen ist, woraus jene Zustände entsprangen; was mit dem Übergang zur Seßhaftigkeit den jeweils Unterjochten angetan ward, und auch denen, die nicht mehr schweifen dürfen; ob nicht der ungeteilte Zustand selber, dumpf und zwangvoll zugleich, seinen Untergang ausbrütete und verdiente. Beliebt macht die Rede vom Menschen sich nicht nur im Geist von Fachwerk und Giebeldach, sondern ebenso durchs zeitgemäßere Gehabe eines Radikalismus, der abbaue, was da bloß verdeckt, und sich auf das nackte Wesen besinne, das unter allen kulturellen Verkleidungen stecke. Weil es jedoch um den Menschen gehe und nicht, der Menschen wegen, um die von ihnen gemachten und gegen sie verhärteten Zustände, wird von deren Kritik entbunden, als wäre sie, zeitgebunden gleich ihrem Gegenstand, allzu seicht. Das Motiv der Kantischen ›Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht‹: daß nur durch den Antagonismus hindurch, aus seinem eigenen Zwang, nicht aus der reinen Idee ein menschenwürdiger Zustand sich herstellen lasse, ist gründlich verdrängt. Die Rede vom Menschen ist darum so nichtswürdig, weil sie das Wahrste fürs Unwahre aufbereitet. Der Akzent auf den Existentialien des Menschen, an denen der erschlaffte und seiner selbst überdrüssige Gedanke die Konkretion in Händen zu halten wähnt, die er durch seine Verwandlung in Methode einbüßte, lenkt bloß davon ab, wie wenig eben es auf den zum Anhängsel verdammten Menschen ankommt. Der Ausdruck des Wortes Mensch selber hat historisch sich verändert. Noch in der expressionistischen Literatur aus der Ära des Ersten Krieges hatte er seinen geschichtlichen Stellenwert kraft des Protests gegen die flagrante Unmenschlichkeit, die für die Materialschlacht das Menschenmaterial erfand. Die altehrwürdige Verdinglichung der bürgerlichen Gesellschaft, die in den großen Zeiten zu sich selbst kommt und Menscheneinsatz heißt, wird dann greifbar und damit, polemisch, auch ihr Gegenbegriff. Der Satz »Der Mensch ist gut« war falsch, aber bedurfte wenigstens keiner metaphysisch-anthropologischen Sauce. Immerhin hatte schon das expressionistische O Mensch, Manifest gegen das, was bloß von Menschen gemacht, usurpatorische Setzung ist, die Neigung, deren Gewalt außer acht zu lassen. Der unangefochtene Kindersinn von Allmenschlichkeit befleckt sich mit dem, wogegen er opponiert; an den Schriften Franz Werfels wäre das darzutun. Das Menschenbild des Jargons indessen ist der Ausverkauf noch jenes hemmungslosen O Mensch, und die negative Wahrheit darüber. Zur Charakteristik des Funktionswechsels von »Mensch« genügen zwei Titel, die sich ähneln. Um die Zeit der deutschen Novemberrevolution erschien ein Buch des Pazifisten Ludwig Rubiner, ›Der Mensch in der Mitte‹; in den fünfziger Jahren wohl eines ›Der Mensch im Mittelpunkt des Betriebs‹. Dank seiner Abstraktheit läßt sich der Begriff als Schmieröl in die gleiche Maschinerie spritzen, die er einmal stürmen wollte. Sein unterdessen verdampftes Pathos hallt nach in der Ideologie, der Betrieb, den die Menschen bedienen müssen, sei um ihretwillen da. Gemeint ist, die Organisation der Arbeit habe der Arbeiter sich anzunehmen, damit ihre Produktivität steigt. Kaum jedoch wäre die Phrase vom Menschen, den sie zu pflegen ermuntert, wie Elsie, die zufriedene amerikanische Reklamekuh, so bestechend, lehnte sie nicht an die Ahnung sich an, es seien am Ende selbst die übermächtigen Verhältnisse wirklich von Menschen gemacht und von ihnen abzuschaffen. Ihre Übermacht hat, wie die mythische, auch etwas Fetischistisches und Scheinhaftes. So scheinhaft aber das Ansichsein der Institution, die Zurückspiegelung versteinerter menschlicher Verhältnisse, so real herrscht dieser Schein über die Menschen. Das erniedrigt die Berufung aufs unveräußerliche und längst veräußerte Menschenwesen zur Lüge. Nicht der Mensch schuf die Institutionen, sondern bestimmte Menschen in bestimmter Konstellation mit der Natur und miteinander: sie drängte ihnen die Institutionen ebenso auf, wie sie sie bewußtlos errichteten. All das wurde im Vormärz schneidend formuliert, zumal von Marx gegen Feuerbachs Anthropologie und gegen die Junghegelianer. Schein und Notwendigkeit sind beides Momente der Warenwelt; sobald Erkenntnis eines von ihnen isoliert, mißrät sie. Wer die Warenwelt als das An sich akzeptiert, als das sie sich gibt, wird von den von Marx im Fetischkapitel analysierten Mechanismen getäuscht; wer jenes An sich, den Tauschwert, als einzig Vorgespiegeltes vernachlässigt, willfahrt der Ideologie der Allmenschlichkeit und klammert sich an Formen des unmittelbaren Miteinander, die geschichtlich unwiederbringlich sind, wenn anders sie je existierten. Nachdem der Kapitalismus die Unbefangenheit der theoretischen Selbstbehauptung verlor, tragen seine Anwälte eher das von Menschen Gemachte in Kategorien spontanen Lebens vor, als gälten sie jetzt und hier. Der Jargon plätschert über all das geflissentlich hinweg; womöglich stolz auf seine historische Vergeßlichkeit, als wäre diese bereits das menschlich Unmittelbare.

Die Engelszungen, mit welchen er das Wort Mensch registriert, bezieht er von der Lehre von der Gottesebenbildlichkeit. Es klingt desto unwiderleglicher und bestechender, je sorgfältiger es gegen seinen theologischen Ursprung sich abdichtet. Etwas dabei weist zurück auf ein Sprachphänomen aus dem Jugendstil, das der Jargon massenkonsumfähig macht; geistesgeschichtliches Bindeglied zwischen dem Jugendstil und ihm war wohl die Jugendbewegung. Hauptmann wählte für ein Stück den Titel ›Einsame Menschen‹; in einem Roman der Reventlow wird ein Professor der Münchner Kostümfestbohème um 1910 verspottet, der über jeden Bekannten, dem er das Schwabinger Visum erteilt: ein wundervoller Mensch sagt. Verwandt ist der Gestus von Schauspielern aus der früheren Reinhardtära, welche die Hand aufs Herz legten und dazu die Augen weit aufrissen, überhaupt sich selbst inszenierten. Ward einmal das theologische Urbild gestürzt, so wird die Transzendenz, die in den großen Religionen vom Abbild durch mächtige Tabus geschieden war – »Du sollst dir kein Bild machen« –, aufs Abbild verschoben; es wird als wundervoll ausgegeben, weil kein Wunder mehr ist. Daran hat alle Konkretion der Eigentlichkeit ihr Mysterium; die des Seienden als seiner eigenen imago. Während nichts mehr ist, wovor der wundervolle Mensch sich zu neigen hat, der wundervoll sei, weil er nichts als Mensch ist, gebärdet doch der Jargon sich so, wie einmal der Mensch vor der Gottheit sich verhalten sollte. Er zielt auf unbefragte, unbezogene Demut. Sie sei menschliche Tugend an sich. Von je schickte sie sich zur Vermessenheit des sich selbst setzenden Subjekts. Die Verborgenheit dessen, dem die Demut gilt, lockt von sich aus bereits zur Feier. Längst war das im Begriff der Ehrfurcht angelegt, sogar im Goetheschen. Jaspers empfiehlt sie ausdrücklich, unabhängig vom zu Verehrenden, verdammt ihre Abwesenheit und findet leicht den Übergang zum Heldenkult, ohne daß Carlyles Spuren ihn schreckten: »Die Kraft der Ehrfurcht hält im Blick auf geschichtliche Gestalten menschlicher Größe das Maß fest dessen, was der Mensch ist und vermag. Sie läßt nicht zu, daß zerschlagen werde, was sie sah. Sie ist dem treu, was in ihrem Selbstwerden als Überlieferung wirksam war; sie ergreift, woraus ihr Sein erwuchs, in den besonderen Menschen, in deren Schatten sie zum Bewußtsein kam; sie bewahrt noch als Pietät, welche nie aufgibt. Ihr bleibt als absoluter Anspruch durch Erinnerung gegenwärtig, was in der Welt keine Wirklichkeit mehr hat.«[50] – Das Wort Mensch indessen vertraut im Jargon, trotz des Kultus geschichtlicher Gestalten und der Größe an sich, nicht mehr auf Menschenwürde wie der Idealismus. Statt dessen soll der Mensch, wie es dann bei den einschlägigen Philosophen thematisch wird, zur Substanz seine Ohnmacht und Nichtigkeit haben, der er in der gegenwärtigen Gesellschaft tatsächlich mehr stets sich annähert. Solcher geschichtliche Stand wird ins reine Menschenwesen verlegt; bejaht und verewigt in eins. Folgerecht raubt der Jargon dem Begriff des Menschen, der erhaben sei vermöge seiner Nichtigkeit, justament die Züge, die in aller Aufklärung und auch im früheren deutschen Idealismus Kritik an den Zuständen beinhalteten, in denen der Seele ihr göttlich Recht nicht wird. Der Jargon hält Kompanie mit einem Begriff des Menschen, aus dem jegliche Erinnerung ans Naturrecht getilgt ist, so sehr auch sein Mensch als Invariante selber zu etwas wie einer supranaturalen Naturkategorie wird. Theologie hielt der im falschen und unerfüllten Leben unerträglichen Vergänglichkeit des Menschen die Hoffnung aufs ewige entgegen. Diese verschwindet im Lob von Vergänglichkeit als Absolutem, zu dem freilich schon Hegel sich herbeiließ. Leid, Übel und Tod seien, wie es im Jargon heißt, anzunehmen: nicht zu ändern. Dem Publikum wird das äquilibristische Kunststück eingeübt, Nichtigkeit als Sein sich zurechtzulegen; real vermeidbare oder wenigstens korrigible Not als Menschlichstes des Menschenbildes zu ehren; um eingeborener menschlicher Unzulänglichkeit willen Autorität als solche zu achten. Wiewohl sie nur selten noch gottgewollt sich nennt, behält sie die Hoheitszeichen, die sie einmal vom Vatergott entlieh. Weil sie aber keine Legitimation mehr hat, als daß sie ist, blind und undurchsichtig, wird sie radikal böse. Darin versteht sich die allmenschliche Sprachgebärde mit dem totalen Staat. Gleich diesem sind ihr die Subjekte im doppelten Sinn egal angesichts der absoluten Gewalt. Bescheinigte einmal Hjalmar Schacht dem Dritten Reich, das ja mit so erklecklichen Majoritäten aufwarten konnte, daß man die Wahlziffern kaum erst zu fälschen brauchte, es sei die wahre Demokratie, so stimmt ihm die zeitweise unschuldigere Anschauung des Jargons vom Menschenbild zu. Nach diesem seien alle Menschen einander gleich in seinsmächtiger Ohnmacht. Menschsein wird zur allgemeinsten und leersten Gestalt des Privilegs: strikt angemessen einem Bewußtsein, das kein Privileg mehr duldet und doch gänzlich in dessen Bann steht. Ideologie aber ist solche Allmenschlichkeit – Fratze der Gleichheit dessen, was Menschenantlitz trägt – deshalb, weil sie die ungemilderten Unterschiede gesellschaftlicher Macht, die von Hunger und Überfluß, von Geist und fügsamem Schwachsinn an den Menschen unterschlägt. Mit keuscher Rührung läßt sich der Mensch im Menschen anrufen, ohne daß es irgendeinen etwas kostete; wer aber dem Appell sich widersetzt, überantwortet sich den Verwaltern des Jargons als Unmensch und kann im Bedarfsfall deren Opfern zur Beute vorgeworfen werden: er, nicht die Macht, sei der Hochmütige, welcher ihre Menschenwürde in den Schmutz zerrt. Jegliche eigennützige Praxis kann sich mit Hilfe des Jargons als Gemeinnutz, als Dienst am Menschen maskieren, ohne daß wider Not und Bedürftigkeit der Menschen im Ernst etwas geschähe. Daß aber selbstgerechte Menschlichkeit inmitten des allgemeinen Unmenschlichen es nur verstärkt, ist notwendig den jetzt und hier Bedürftigen verhüllt. Der Jargon verdoppelt die Hülle; Ersatz und Trost, wie er und seine Welt ihnen sie spendet, sind geeicht auf ihr verformtes Verlangen nach dem, was ihnen vorenthalten wird.

Die Phrase vom Menschen verunstaltet den Inhalt dessen, was unter dessen Begriff gedacht wird, nicht nur sein Verhältnis zur Gesellschaft. Um die reale, nicht aus bloßem Geist widerrufliche Zerlegung des Subjekts in voneinander getrennte Funktionen kümmert sie sich nicht. Schon die sogenannte Platonische Psychologie drückt Verinnerlichung der gesellschaftlichen Arbeitsteilung aus. Jedes Ressort innerhalb der Person, einmal fest umgrenzt, verneint deren Prinzip: sie wird zur Summe ihrer Funktionen. Dagegen ist sie um so schlechter geschützt, als ihre eigene mühsam erworbene Einheit zerbrechlich blieb. Ihre unterm Gesetz der Selbsterhaltung gesonderten Sparten verhärten sich derart, daß keine allein mehr lebt, kein Leben aus ihnen sich zusammenstücken läßt: sie kehren sich gegen das Selbst, dem sie dienen sollen. Leben, soweit es noch ist, überführt solche Scheidung, im Sprachgebrauch die von Denken, Fühlen und Wollen, ihrer Falschheit. Kein Gedanke ist einer, ist mehr als Tautologie, der nicht auch etwas wollte; kein Gefühl und kein Wille mehr als flüchtige Regung ohne das Element von Erkenntnis. Bequem kann der Jargon auf das Läppische der Einteilung mit Fingern weisen: den eingängigen Terminus Entfremdung hat er mittlerweile geschluckt, nur allzu bereit, dem jungen Marx Tiefe zuzubilligen, um dem Kritiker der politischen Ökonomie zu entschlüpfen. Dabei gerät die reale Gewalt der Aufspaltung des Subjekts aus dem Blickfeld; gescholten wird unvermerkt das Denken, das sie bezeugt. Der unersättlich wiederholte Triumph über die mechanistische Psychologie des neunzehnten Jahrhunderts mißbraucht die selbst nicht mehr taufrische Einsicht der Gestalttheorie zum Vorwand dafür, nicht anfassen zu müssen, was man als Wunde spürt; ein Fortschritt der Wissenschaft, auf den man sonst nicht viel gibt und der gerade hier nicht stattfand, entbinde einen davon. Sie drücken sich um Freud herum, indem sie grundlos als moderner denn jener auftrumpfen. Dem Salbadern über den ganzen seinsverwurzelten Menschen erteilt einstweilen die Psychoanalyse immer noch zeitgemäßen Bescheid. Keine Erhöhung des Begriffs vom Menschen vermöchte etwas gegen seine tatsächliche Erniedrigung zum Funktionsbündel, sondern bloß die Änderung der Bedingungen, die es dahin brachten und die unablässig erweitert sich reproduzieren. Wird statt dessen, mit Hilfe der Zauberformel Dasein, von der Gesellschaft und der von ihr abhängigen Psychologie der realen Individuen abgesehen und auf der Wandlung des im Hegelschen Sinn abstrakten Menschen bestanden, so strafft das bloß die Zügel; die Erhöhung ist keine sondern die Fortsetzung alter unterdrückender Ideologie. Während sie auf die Psychoanalyse schlagen, meinen sie den Trieb, dessen Entwürdigung ihre Moral unreflektiert sich zueignet. So Jaspers: »Die Ausschließlichkeit in der Liebe der Geschlechter bindet zwei Menschen ohne Bedingung für jede Zukunft. Sie wurzelt unbegründbar in der Entscheidung, welche das Selbst im Augenblick, wo es eigentlich zu sich kam durch den Anderen, an diese Treue band. Das Negative, sich die polygame Erotik zu versagen, ist die Folge eines Positiven, das als gegenwärtige Liebe nur wahr ist, wenn es das ganze Leben einschließt; das Negative, sich nicht zu vergeuden, ist Folge der kompromißlosen Bereitschaft eines möglichen Selbstseins zu dieser Treue. Ohne Strenge der Erotik ist kein Selbstsein; menschlich erfüllt aber wird Erotik erst durch die Ausschließlichkeit unbedingter Bindung.«[51]

Bindung ist die gängige Vokabel für die Zumutung von Zucht. Ihr Name schweißt die niedrigsten Traktätchen mit Heidegger und Jaspers zusammen. Zunächst wollte die Vokabel eindeutschen; patriotische Schulmänner mochten wiederkäuen, so heiße eigentlich Religion. Aber nicht nur Deutschtümelei bürgerte die Bindungen ein. Das Fremdwort Religion gebot Unterordnung unter ein Bestimmtes, die christliche Offenbarung oder das göttliche Gesetz der Juden. In der neu geprägten Bindung ist das nicht mehr mitzufühlen. Während der Ausdruck, dem Anschein nach, die sinnliche Konkretion wiederbelebt, die im Fremdwort verwischt war, sinkt gegenüber ihrer Leuchtfarbe das Woran in den Schatten. Statt dessen wird der Tatbestand der Bindung als solcher herausgeputzt. Ihr Begriff konserviert die Autorität, deren Quelle er verstopft. Nicht besser als das Wort Bindung ist die Sache: Bindungen werden als Medizin gegen den Nihilismus, nicht um ihrer eigenen Wahrheit willen, ausgeboten, wie eine Generation zuvor die heute wieder umgeisternden Werte. Sie rechnen zur geistigen Hygiene und unterminieren dadurch die Transzendenz, die sie verordnen; der Feldzug, zu dem der Jargon aufbricht, reiht einen Pyrrhussieg an den anderen. Die ohnehin fragwürdige Echtheit von Bedürfnis und Glauben muß sich überspielen zum Kriterium des Ersehnten und Geglaubten und wird unecht; darum kann niemand das bei Nietzsche noch antiideologische Wort Echtheit ohne Ideologie in den Mund nehmen. Im Jargon aber sticht es aus dem endlosen Gemurmel einer Liturgie von Innerlichkeit heraus. Wie ein Lumpensammler bemächtigt sich der Jargon der letzten aufbegehrenden Regungen des im Niedergang auf sich selbst zurückgeworfenen Subjekts, um sie zu verhökern. Der Protest des lebendigen Subjekts dagegen, daß es generell zu Rollen verurteilt ist – die amerikanische Rollentheorie ist so beliebt, weil sie das zur Struktur von Gesellschaft überhaupt auswalzt –, wird entschärft: die Macht, vor der das Subjekt in seine Höhle flüchtet, vermöge nichts über es. Sakral ist der Jargon nicht zuletzt als Sprache eines unsichtbaren Königreichs, das einzig im verbissenen Wahn der Stillen im Lande existiert. Daß man sich nicht verzettele – heute an den Konsum –, wird aus seinem sozialen Kontext gelöst und in ein Wesenhaftes umgedeutet, wo es doch bloß ein Negatives negiert. Kleinbürger überwachen Kleinbürger. Zerstreutheit, Folge der Konsumentengewohnheit, sei ein Urübel, während das Bewußtsein vorher schon in der Produktionssphäre enteignet ward, welche die Subjekte zu ihrer Zerstreuung abrichtet. Heidegger malt den eigentlichen wider den zerstreuten Zustand aus: »Das Selbst des alltäglichen Daseins ist Man-selbst, das wir von dem eigentlichen, d.h. eigens ergriffenen Selbst unterscheiden. Als Man-selbst ist das jeweilige Dasein in das Man zerstreut und muß sich erst finden. Diese Zerstreuung charakterisiert das ›Subjekt‹ der Seinsart, die wir als das besorgende Aufgehen in der nächst begegnenden Welt kennen.«[52] Des zumindest seit Georg Simmel notierten, schon von Baudelaire gespürten Zusammenhangs der Zerstreutheit mit der hochkapitalistischen Großstadt gedenkt er nicht. Was jedoch, wie sein eigentliches Dasein, einzig bei sich verbleibt, verarmt nicht weniger als was in Situationen zerfließt. Hegel wie Goethe erfuhren und kritisierten Innerlichkeit als bloßes Moment: Bedingung richtigen Bewußtseins ebenso wie ein von diesem seiner Beschränktheit wegen Aufzuhebendes. Die Erinnerung an jene Kritik wurde verdrängt, seitdem der Ungeist soviel gründlicher besorgte, was einst der Geist dem Geist abverlangte. Die Versöhnung von Innen und Außen, auf die noch die Hegelsche Philosophie hoffte, ward ins Unabsehbare vertagt, und die Fürsprache für die Entäußerung überflüssig, nachdem diese ohnehin als Gesetz der glücklich Extrovertierten waltet. Gleichzeitig jedoch wird das Bewußtsein des Risses immer unerträglicher, der allmählich Selbstbewußtsein in Selbstbetrug verwandelt. Seiner bedarf, um sich gut zuzureden, die totale Anpassung. Anknüpfen kann die Ideologie daran, daß die wachsende Ohnmacht des Subjekts, seine Verweltlichung, zugleich Verlust an Welt und Gegenständlichkeit war. Mit Grund hat man eine der ersten originalen Philosophien nach Hegel, die Kierkegaards, eine der Innerlichkeit genannt, und sie gerade hat des Motivs realer innerweltlicher Versöhnung schroff sich entledigt. Die Reflexion auf Innerlichkeit, ihre Selbstsetzung und damit etwas an ihrem Aufstieg verweist auf ihre reale Abschaffung. Viele ihrer Kategorien brachte der Jargon in Umlauf und hat durch solchen Widerspruch zu ihrer Zerstörung das Seine beigetragen. Die Geschichte der Innerlichkeit nach dem Scheitern der bürgerlichen Revolution in Deutschland war vom ersten Tag an auch ihre Verfallsgeschichte. Je weniger das für sich seiende Subjekt vermag; je mehr, was einmal mit Selbstbewußtsein als Innerlichkeit sich bekannte, zum abstrakten Punkt zusammenschrumpft, desto größer die Versuchung, daß Innerlichkeit sich proklamiert und auf den Markt wirft, vor dem sie zurückzuckt. Als Terminus wird sie Wert und Besitz, in den sie sich verschanzt; hintersinnig bezwungen von der Vergegenständlichung, Kierkegaards Schreckbild der »ästhetischen« Welt des bloßen Zuschauers, dessen Widerpart der existentielle Innerliche sein soll. Was vom Makel der Verdinglichung absolut rein bleiben will, wird, als feste Eigenschaft ans Subjekt angeheftet, zum Ding zweiten Grades, schließlich zum Massenartikel Rilkescher Trostsprüche, von »Bettler können dir Bruder sagen, und du kannst doch ein König sein« bis hinab zur berüchtigten Armut, dem großen Glanz aus Innen. Die Philosophen, die den unglücklichen Stand des für sich seienden Bewußtseins bezeugten, Hegel und noch Kierkegaard, erkannten, einig mit der protestantischen Überlieferung, Innerlichkeit wesentlich an der Selbstverneinung des Subjekts, der Reue. Die Erben, die aus dem unglücklichen Bewußtsein taschenspielerisch das glücklich-undialektische machten, hüten davon einzig noch die beschränkte Selbstgerechtigkeit, die Hegel mehr als hundert Jahre vorm Faschismus witterte. Sie säubern Innerlichkeit von dem, was Wahrheit an ihr wäre, der Selbstbesinnung, in der das Ich sich als Stück der Welt durchschaut, über die es sich stellt und der es gerade dadurch verfällt. Die verhärtete Innerlichkeit von heutzutage vergötzt ihre eigene, angeblich von Ontischem befleckte Reinheit: insofern deckt sich zumindest der ursprüngliche Ansatz der zeitgenössischen Ontologie mit dem Kultus von Innerlichkeit. Deren Flucht vor dem Weltlauf ist auch eine vorm empirischen Inhalt der Subjektivität selbst. Kant, der seinerseits dem Begriff des Inneren noch aufklärerisch abgeneigt war[53], hatte das empirische Subjekt, das Psychologie behandelt, wie ein Ding unter Dingen vom transzendentalen unterschieden und der Kausalität subsumiert. Dem folgt, mit umgekehrtem Akzent, das Pathos der Innerlichen. Sie gefallen sich in Verachtung für die Psychologie, ohne doch, wie Kant, den vermeintlichen Halt im Einzelmenschen der transzendentalen Allgemeinheit zu opfern; sie streichen gleichsam von beidem den Profit ein. Daß das Subjekt durch seine psychologischen Bestimmungen zu einem Moment von Auswendigkeit wird, versteift die triebfeindlichen Tabus der Innerlichen. Sie toben zumal in den Büchern von Jaspers sich aus[54]. Aber im Verbot realer Erfüllung, in ihrer Rückübersetzung in die bloß inwendige des Selbst durchs Selbst treffen sich alle; auch der frühere Heidegger führt »Genußfähigkeit« abschätzig unter den Kategorien des Uneigentlichen auf[55]; bescheinigt in Sein und Zeit Jaspers zustimmend, daß seine Psychologie der Weltanschauungen beileibe keine sei[56]. Der nicht minder abscheuliche Usus der psychoanalytischen Sprache, Genußfähigkeit als solche, ohne Rücksicht auf das, was da genossen werden soll, der Patientenschaft einzuhämmern, wird simpel auf den Kopf gestellt. Darf aber Innerlichkeit weder ein Seiendes noch ein wie immer auch Allgemeines des Subjekts sein, so wird sie zur imaginären Größe. Wird am Subjekt ein jegliches Seiendes, auch das psychische, ausgeschieden, so ist der Rest: nicht weniger abstrakt als das transzendentale Subjekt, vor dem einzelmenschliche Innerlichkeit als Dasein soviel voraus zu haben sich einbildet. Daß in existentialistischen Urtexten wie der Kierkegaardschen Krankheit zum Tode Existenz zum sich zu sich selbst verhaltenden Verhältnis wird, unter dem nichts mehr sich denken läßt; gleichsam zum verabsolutierten Moment der Vermittlung ohne Hinblick auf Vermitteltes, spricht am ersten Tag das Urteil über jegliche Philosophie der Innerlichkeit. Im Jargon schließlich ist von ihr nur noch das Äußerlichste übrig, das sich besser Dünken derer, die sich erwählen; ein Anspruch solcher, die sich für damit gesegnet halten, sie selber zu sein. Mühelos kann dieser Anspruch umschlagen in den elitären oder in die Bereitschaft, an Eliten sich anzuhängen, die dann der Innerlichkeit rasch den Tritt versetzen. Symptom der Wandlung von Innerlichkeit ist der Glaube zahlloser Menschen, einer ausgezeichneten Familie anzugehören. Der Jargon der Eigentlichkeit, der die sich selbst Gleichheit als Höheres an den Mann bringt, entwirft die Tauschformel dessen, was sich einbildet, nicht tauschbar zu sein; denn als biologisches Einzelwesen gleicht ein jeder sich selbst. Das bleibt nach Abzug von Seele und Unsterblichkeit von der unsterblichen Seele.

Die Totalität des Scheins von Unmittelbarem, der in der zum bloßen Exemplar gewordenen Innerlichkeit gipfelt, erschwert es den vom Jargon Berieselten ungemein, ihn zu durchschauen. In seiner Ursprünglichkeit aus zweiter Hand finden sie tatsächlich etwas wie Kontakt, vergleichbar dem Gefühl, in der angedrehten nationalsozialistischen Volksgemeinschaft sei für alle Artgenossen gesorgt, keiner werde vergessen: metaphysische Winterhilfe in Permanenz. Die gesellschaftliche Basis dafür ist, daß viele Vermittlungsinstanzen der Marktökonomie, welche das Bewußtsein der Fremdheit verstärkten, im Übergang zur Planwirtschaft beseitigt, die Bahnen zwischen dem Ganzen und den atomisierten Subjekten so verkürzt sind, als wären sie einander nah. Parallel läuft dem der technische Fortschritt der Kommunikationsmittel. Diese, zumal Radio und Fernsehen, erreichen die Bevölkerungen derart, daß sie nichts von den ungezählten technischen Zwischengliedern merken; die Stimme des Ansagers ertönt im Heim, als wäre er zugegen und kennte jeden Einzelnen. Ihre technisch-psychologisch ertüftelte Kunstsprache – Modell ist das abstoßend-vertrauliche Auf Wiederhören – ist vom gleichen Blut wie der Jargon der Eigentlichkeit. Das Stichwort dafür lautet Begegnung: »Das hier in einer Bearbeitung vorliegende Jesusbuch ist ganz ungewöhnlicher Art. Es will keine Biographie, kein ›Leben Jesu‹ im üblichen Sinn sein, sondern zu einer existentiellen Begegnung mit Jesus führen.«[57] Gottfried Keller, der von den Aposteln der Gestimmtheit als Lyriker über die Achsel angeschaut wird[58], schrieb ein Gedicht jenes Titels, von großartiger Unbeholfenheit. Der Dichter trifft unerwartet im Walde die, »Nach der allein mein Herz begehrt, / Mit Tuch und Huth weiß umgethan, / Von güldnem Schein verklärt. / Sie war allein, doch grüßt' ich sie / Verschüchtert kaum im Weitergehn, / Weil ich so feierlich sie nie, / So still und schön gesehn.« Das trübe Licht ist das der Trauer, und von ihr empfängt das Wort Begegnung seine Kraft. Es sammelt aber das mächtige, zum unmittelbaren Ausdruck unfähige Gefühl des Abschieds darum in sich, weil es nichts anderes bezeichnet als im genauen Wortsinn den Sachgehalt, daß die beiden ohne Absicht sich trafen. Was der Jargon mit dem Wort Begegnung verübte und was nie wieder sich reparieren läßt, frevelt an Kellers Gedicht mehr als je eine Fabrik an einer Landschaft. »Begegnung« wird dem buchstäblichen Sachgehalt entfremdet und durch dessen Idealisierung praktisch verwertbar. In einer Gesellschaft, in der virtuell der Zufall selbst dessen, daß Menschen einander kennenlernen: was man einmal einfach Leben nannte, immer mehr zusammenschmilzt und, wo es sich erhält, als Toleriertes bereits eingeplant ist, gibt es Begegnungen wie die Kellersche kaum mehr, sondern allenfalls Verabredungen vom Typus des Telefonats. Gerade deshalb aber wird Begegnung angepriesen, organisierte Kontakte von der Sprache mit Leuchtfarbe beschmiert, weil das Licht erlosch. Der Sprachgestus dabei ist der des Aug in Aug, wie Diktatoren ihn üben. Wer einem tief ins Auge sieht, möchte ihn hypnotisieren, Macht über ihn gewinnen, stets schon mit der Drohung: Bist du mir auch treu?, kein Verräter?, kein Judas? Psychologische Interpretation des Jargons dürfte in diesem Sprachgestus unbewußte homosexuelle Übertragung entdecken und damit auch die eifernde Abwehr der Psychoanalyse durch die Patriarchen des Jargons erklären. Der manische Blick des Aug in Aug ist verwandt dem Rassewahn; er will verschworene Gemeinschaft, das Wir sind vom gleichen Schlag; bekräftigt Endogamie. Selbst die Sehnsucht, das Wort Begegnung zu entsühnen und durch strengen Gebrauch wiederherzustellen, würde durch unvermeidliches Einverständnis mit Reinheit und Ursprünglichkeit zum Bestandstück des Jargons, aus dem sie heraus möchte. – Was der Begegnung angetan ward, befriedigt ein spezifisches Bedürfnis. Jene als veranstaltete sich selbst verneinenden Begegnungen, zu denen arglos guter Wille, Geschaftlhuberei und schlaue Machtgier unablässig ermuntern, sind Deckbilder der spontanen Aktionen, die unmöglich wurden. Sie trösten sich damit, oder werden damit getröstet, es sei schon etwas geschehen, wenn sie gemeinsam über das reden, was sie bedrängt. Das Gespräch wird, aus einem Mittel, über etwas sich klar zu werden, zum Selbstzweck und zum Ersatz dessen, was seinem Sinn nach daraus folgen sollte. Der Überschuß im Wort Begegnung, die Suggestion, es ereigne sich bereits etwas Wesenhaftes, wenn Hinbestellte sich unterhalten, hat ebenso jene Täuschung zum Kern wie die Spekulation auf Hilfe im Wort Anliegen. Es bedeutete einmal eine Krankheit. Darauf fällt der Jargon zurück: als wäre das Interesse des Einzelnen dessen Not. Sie erbettelt caritas, übt aber zugleich, um ihres menschlichen Wesens willen, Terror aus. Man soll eine transzendente Macht unterstellen, die verlange, daß man das Anliegen, wiederum nach dem Jargon, »vernimmt«. Der archaische Aberglaube, den die Formel »In der Hoffnung, keine Fehlbitte getan zu haben« ausbeutet, wird vom Jargon auf existentiale Touren gebracht, Hilfsbereitschaft gleichsam aus dem Sein herausgequetscht. Das Gegenstück dazu wäre, worüber die Eigentlichen fraglos sich entrüsteten, der kommunikative Gebrauch in Amerika. »Being cooperative« meint darin das Ideal, dem andern ohne Entgelt Dienste zu erweisen, wenigstens Zeit zur Verfügung zu stellen in der sei's noch so vagen Erwartung, daß einem das, weil alle aller bedürfen, irgendwann einmal heimgezahlt werde. Zum deutschen Anliegen jedoch hat sich das kapitalistische Tauschprinzip entwickelt in einer Phase, in der es stets noch herrscht, während das liberale Maß der Äquivalenz zerrüttet ist. So dynamisch ist der sprachliche Charakter des Jargons insgesamt: widerlich wird in ihm, was es keineswegs immer war[59]. Auf den Begegnungen, wo der Jargon schwatzt und von denen er schwatzt, ergreift er Partei für das, was er mit dem Wort Begegnung verklagt, die verwaltete Welt. Ihr paßt er sich an durch ein Ritual von Nichtanpassung. Um Zustimmung buhlte selbst die Hitlerdiktatur; an ihr überprüfte sie ihre Massenbasis. Vollends unter den Bedingungen formaler Demokratie will die verselbständigte Verwaltung in jedem Augenblick davon überzeugen, daß sie um des verwalteten Ganzen willen da sei. Daher liebäugelt sie ebenso mit dem Jargon, wie dieser mit ihr, der bereits irrationalen, sich selbst genügenden Autorität. Der Jargon bewährt sich als ein Stück negativen Geistes der Zeit; verrichtet gesellschaftlich nützliche Arbeit innerhalb der bereits von Max Weber beobachteten Tendenz, daß Verwaltungen sich ausdehnen über das hin, was sie dann als kulturelles Ressort betrachten. Anlässe häufen sich, bei denen Verwaltungsmänner, juristisch oder organisatorisch geschulte Fachleute, sich gezwungen fühlen, über Kunst, Wissenschaft und Philosophie gleichsam inhaltlich zu sprechen. Sie fürchten, durch Trockenheit zu langweilen, und möchten ihre Verbundenheit mit dem seinerseits ebenfalls verfachlichten Geist bekunden, ohne daß ihre Tätigkeit und Erfahrung mit ihm allzuviel zu schaffen hätte. Begrüßt ein Oberstadtdirektor einen Philosophenkongreß, dessen eigener Begriff schon genau so verwaltungsmäßig ist wie der Titel Oberstadtdirektor, so muß er sich dessen bedienen, was sich ihm an kulturellem Füllsel anbietet. Das ist der Jargon. Dieser beschirmt ihn vor der Unannehmlichkeit, ernsthaft zur Sache sich zu äußern, von der er nichts versteht, und erlaubt ihm doch, womöglich übersachliche Beziehungen zu ihr vorzutäuschen. Dazu eignet der Jargon sich so gut, weil er stets von sich aus den Schein eines abwesenden Konkreten mit dessen Veredelung vereint. Bestünde kein funktionales Bedürfnis nach dem funktionsfeindlichen Jargon, er wäre kaum zur zweiten Sprache geworden, der von Sprachfremden und Sprachlosen. Vor keiner Vernunft verantwortlich, einzig durch den zugleich standardisierten Ton zum Höheren befördert, verdoppelt sie den Bann, den die Verwaltung real übt, in einem geistigen. Er wäre als ideologischer Abguß jenes Lähmenden der Ämter zu beschreiben, dessen Grauen Kafkas nüchterne Sprache, vollkommenes Widerspiel zum Jargon, vergegenwärtigt. Kraß wird die gesellschaftliche Verfügungsgewalt den Bevölkerungen dort fühlbar, wo sie von den unansprechbaren Sprechern der Verwaltung etwas erbitten müssen. Gleich diesen spricht der Jargon direkt zu ihnen, ohne sie erwidern zu lassen; redet ihnen aber zusätzlich auf, der Mann hinter dem Schalter sei wirklich der Mensch, als den neuerdings das Schild mit seinem Namen ihn vorstellt. Latent sind die Heilsformeln des Jargons solche von Macht, abgeborgt der Stufenleiter der Instanzen. Die mit Eigentlichkeit gewürzte Verwaltungssprache ist denn auch keine bloße Verfallsform der einschlägigen philosophischen, sondern schon in deren angesehensten Texten vorgeformt. Das bei Heidegger beliebte »zunächst«, das seine Wurzeln ebenso in einem didaktischen Verfahren haben dürfte wie in einem Cartesianischen Erst-Nachher, gängelt die Gedanken im Geist philosophischer Systematik gleichwie durch eine Tagesordnung, vertagt unbotmäßige nach dem abdrosselnden Schema »aber ehe wir ... müssen noch gründliche Untersuchungen angestellt werden«: »Das Kapitel, das die Explikation des In-Seins als solchen, d.h. des Seins des Da übernimmt, zerfällt in zwei Teile: A. Die existenziale Konstitution des Da. B. Das alltägliche Sein des Da und das Verfallen des Daseins.«[60] Solche Pedanterie, welche noch für die angeblich radikale philosophische Besinnung als gediegene Wissenschaft Stimmung macht, wird überdies von dem Nebenprodukt belohnt, daß es zu dem, was Philosophie verspricht, gar nicht kommt. Das geht auf Husserl zurück, über dessen weitläufigen Vorerwägungen man leicht die Hauptsache vergißt; kritische Reflexion aber beträfe erst die Philosopheme, welche Gewissenhaftigkeit vor sich herschiebt. Auch die Behauptung, das Resultat sei verächtlich, die ihre ehrwürdige Vorgeschichte im deutschen Idealismus hat, enträt nicht der strategischen Klugheit. Analog drücken die Kafkaschen Instanzen sich um Entscheidungen, die dann unbegründet, jäh die Opfer ereilen. Das Quid pro quo des Personalen und Apersonalen im Jargon; die scheinhafte Vermenschlichung von Sachlichem; die reale Versachlichung von Menschlichem ist das leuchtende Abziehbild der Verwaltungssituation, in der abstraktes Recht und objektive Verfahrensordnung jeweils in Entscheidungen von Angesicht zu Angesicht sich vermummen. Unvergeßlich aus der Frühzeit des Hitlerschen Reiches der Anblick jener SA-Leute, in denen Verwaltung und Terror sichtbar sich zusammenfanden, oben die Aktenmappe, unten die Stulpenstiefel. Etwas von diesem Bild bewahrt der Jargon der Eigentlichkeit auf in Worten wie Auftrag, wo der Unterschied zwischen einem von gerechten oder ungerechten Instanzen Verfügten und einem absolut Gebotenen, zwischen Autorität und Sentiment berechnet verschwimmt. Zur Einverleibung des Wortes Auftrag in den Jargon dürfte die erste der Duineser Elegien von Rilke, einem seiner Stifter, animiert haben, die auszulegen jahrelang jeder ehrgeizige Privatdozent als Pflichtübung betrachtete: »Das alles war Auftrag.«[61] Die Zeile drückt das vage Gefühl aus, daß ein Unsagbares an Erfahrung von dem Subjekt etwas will wie schon die des Archaischen Torsos Apollos[62]: »Es muteten manche Sterne dir zu, daß du sie spürtest.«[63] Noch fügt dem das Gedicht den Ausdruck des Unverbindlichen und Vergeblichen solchen Gefühls von Weisung bei, freilich als Unzulänglichkeit des poetischen Subjekts: »Aber bewältigtest du's?«[64] Rilke verabsolutiert das Wort Auftrag unterm Schutz des ästhetischen Scheins und beschränkt im Fortgang den Anspruch, den sein Pathos bereits anmeldet. Der Jargon muß bloß, mit einem leisen Ruck, den Vorbehalt durchstreichen und das mit fragwürdiger Poeterei verabsolutierte Wort wörtlich nehmen. Daß aber neuromantische Lyrik zuweilen wie der Jargon verfährt, oder wenigstens zaghaft ihn vorbereitet, darf nicht dazu verleiten, sein Schlechtes bloß in der Form aufzusuchen. Es gründet keineswegs nur, wie eine allzu harmlose Ansicht es möchte, in der Vermischung von Dichtung und Prosa. Beides wird gleich unwahr vom Gleichen. Schlecht ist bereits in jener die Ausstattung der Worte mit einem theologischen Oberton, den der Stand des einsamen und säkularen Subjekts dementiert, das da redet: Religion als Ornament. Wo bei Hölderlin, insgeheim dem Vorbild, dergleichen Worte und Wendungen etwa passieren mögen, sind sie noch nicht die Tremulanten des Jargons, wie hemmungslos auch dessen Verwalter ihre Hand nach dem unbewehrten Genius ausstrecken. In Lyrik wie in Philosophie hat der Jargon seine Bestimmung daran, daß er, indem er ein Intendiertes vergegenwärtigt, als wäre es Sein ohne Spannung zum Subjekt, seine Wahrheit unterstellt; das macht ihn vor allem diskursiven Urteil zur Unwahrheit. Der Ausdruck ist sich selbst genug. Er wirft als lästig die Verpflichtung ab, ein von ihm Verschiedenes, samt seiner Differenz davon, auszudrücken; es darf schon nichts sein, und zum Dank wird dies Nichts zum Obersten. Rilkes Sprache steht noch auf dem Grat, wie vieles Irrationalistische aus der Ära vor dem Faschismus. Sie verdunkelt nicht nur, sondern verzeichnet auch Unterschwelliges, das der dinghaften Rationalität entgleitet, und protestiert so gegen diese. Das Gefühl des Angerührtseins, wie es das Wort Auftrag in jener Elegie beseelen soll, ist solchen Wesens. Ganz unerträglich wird es erst, sobald es sich vergegenständlicht, als Bestimmtes und Eindeutiges gerade in seiner Irrationalität sich aufspielt, vom hörigen und vernehmenden Denken Heideggers bis zu all dem Aufrufenden und Anrufenden, mit dessen kleiner Münze die subalterne Wichtigtuerei des Jargons um sich wirft. Dadurch, daß Rilke in dem Gedicht das Vieldeutige des Auftrags, ganz simpel, bekennt, will die Vieldeutigkeit entsühnt werden. Andererseits jedoch ist der Auftrag ohne Auftragenden schon wie im Jargon gebraucht und eine Vorstellung von Sein überhaupt erweckt, welche diesem paßt. Das wiederum fügt sich zu der kunstgewerblichen Religiosität des früheren Rilke, zumal des Stundenbuchs, die mit theologischen Wendungen Psychologisches einer Art von Veredelungsverfahren unterwirft; Lyrik, die jede Metapher sich erlaubt, selbst das schlechthin Unmetaphorische als Gleichnis, wird weder von der Frage nach der Objektivität dessen gestört, was dem Subjekt dessen Regungen angeblich zuraunen, noch von der, ob die aus der Bildung aufgelesenen Worte irgend die Erfahrungen decken, deren Objektivation die Idee solcher Lyrik ist. Dadurch, daß sie sich abstumpft gegen die Wahrheit und Genauigkeit ihrer Worte – noch das Vageste müßte als Vages bestimmt, nicht als Bestimmtes eingeschmuggelt sein –, ist sie auch als Lyrik schlecht trotz ihrer Virtuosität; die Problematik dessen, wohin sie sich zu erheben beansprucht, ihres Gehalts, ist auch die der Form, die glauben macht, sie wäre der Transzendenz mächtig, und dadurch Schein wird in verhängnisvollerem Sinn als dem des ästhetischen. Das schlimme Wahre hinter jenem Schein jedoch ist eben das Bündnis des Auftrags mit der Verwaltung, welche er in deren Dienst verleugnet. Seine Worte sind Aktenzeichen oder Siegel oder jenes betr. der Amtssprache, das zu übertünchen der Auftrag des Jargons bleibt. Der wählerische Blick auf einzelne Worte, wie sie in den Tagen der vor-Heideggerschen Bildchenphänomenologie lexikalisch abgehandelt wurden, war bereits der Vorbote verfügender Bestandsaufnahme. Wer Bedeutungen herauspräparierte, Geburtshelfer der reinen Worte von heutzutage, verhielt sich allemal zwangshaft, ohne Rücksicht auf die Heiltümer der Wesensphilosophie. Die Methode, die verpönt, daß ein Wort im leisesten mit dem nächsten vermischt werde, war, objektiv, gesonnen wie der kleine Beamte, der überwacht, daß alles so streng in seiner Kategorie bleibt wie er selbst in seiner Gehaltsklasse. Noch der Tod wird am Leitfaden behandelt, in den SS-Verordnungen und in den Existentialphilosophien; der Amtsschimmel als Pegasus, in extremis als apokalyptisches Roß geritten. Im Jargon bringt die Sonne, welche dieser im Herzen hat, das finstere Geheimnis der Methode an den Tag, als des Verfahrens, das an die Stelle dessen sich drängt, worauf es geht. So benimmt sich generell der Jargon. Gleichgültig gegen die Sache, ist er auf anbefohlene Zwecke anzuwenden, anstatt daß die Sprache, wie einmal in großer Philosophie, aus der Nötigung der Sache flösse. Solche Gleichgültigkeit des sprachlichen Verfahrens ist zur Sprachmetaphysik geworden: was der Form nach zu überfliegen scheint, worauf es sich bezieht, setzt dadurch sich als Höheres. Je weniger das philosophische System, das Nietzsche unredlich nannte, theoretisch möglich ist, desto mehr verwandelt sich, was bloß im System seinen Stellenwert hatte, in bloße Beteuerung. Erbe der zerfallenen Stringenz des Systems ist das wirksame sprachliche Brimborium. Freilich kippt es, als nichtige Veranstaltung, immer wieder aus den Pantinen und stolpert in Quatsch.

Auftrag maßt sich, im Vulgärjargon der Eigentlichkeit, unbefragte Autorität an. Ihre Fehlbarkeit wird vom absoluten Gebrauch des Wortes vertuscht. Indem von den Gremien oder Personen abgesehen ist, welche den Auftrag erteilen, richtet er sich als sprachlicher Horst totalitärer Anordnungen ein, ohne rationale Rückfrage auf das Recht derer, welche das Charisma des Führers sich zuerkennen. Verschämte Theologie paart sich mit weltlicher Unverschämtheit. Querverbindungen bestehen zwischen dem Jargon der Eigentlichkeit und alten schulischen Phrasen wie der einmal von Tucholsky beobachteten »So wird das hier gemacht« oder dem militärischen Kommandotrick, einen Imperativ in einen Aussagesatz zu kleiden, um dem Gewollten durch Tilgung der sprachlichen Spur des Willens der Vorgesetzten den Nachdruck zu verleihen, es müsse gehorcht werden, weil das Verlangte faktisch bereits geschehe: »Die Teilnehmer der Heldengedenkfahrt versammeln sich in Lüneburg.« So knallt auch Heidegger mit der Peitsche, wenn er in dem Satz »Der Tod ist« das Verbum sperren läßt[65]. Die grammatische Übersetzung des Imperativs in die Prädikation macht ihn kategorisch; er duldet keine Weigerung, weil er schon gar nicht mehr, wie einst der Kantische, nötigt, sondern den Gehorsam als vollzogene Tatsache beschreibt, möglichen Widerstand noch der bloßen logischen Form nach ausmerzt. Der Einspruch der Vernunft wird aus dem Umkreis des gesellschaftlich überhaupt Denkbaren verbannt. Solche Irrationalität dessen, was gleichwohl noch im Stadium des angedrehten Mythos nicht darauf verzichtet, sich Denken zu nennen, war freilich der Schatten bereits der Kantischen Aufklärung, die betulich versichert, man bedürfe, um gut zu handeln, nicht der Kenntnis des kategorischen Imperativs, während dieser, wenn er wahrhaft eins sein soll mit dem Vernunftprinzip, jedem Handelnden die Vernunft zutraut, die als ungeschmälerte die philosophische wäre.

Christian Schütze hat eine Satire veröffentlicht, die ›Gestanzte Festansprache‹. Sie rückt den Jargon als Syndrom mit großer komischer Kraft ins Licht:

»Hochverehrter Herr Präsident, meine Herren Minister, Staatssekretäre, Bürgermeister, Referenten, Dezernenten und Assistenten, hochgeschätzte Männer und Frauen unseres Kulturlebens, Vertreter der Wissenschaft, der Wirtschaft und des selbständigen Mittelstandes, geehrte Festversammlung, meine Damen und Herren!

Wenn wir uns heute hier zusammengefunden haben, um miteinander diesen Tag zu begehen, so geschieht das nicht von ungefähr. Denn gerade in einer Zeit wie der unseren, da die echten menschlichen Werte mehr denn je unser ernstes, tiefinnerstes Anliegen sein müssen, wird von uns eine Aussage erwartet. Ich möchte Ihnen keine Patentlösung vortragen, sondern lediglich eine Reihe von heißen Eisen zur Diskussion stellen, die nun einmal im Raum stehen. Was wir brauchen, sind ja nicht fertige Meinungen, die uns doch nicht unter die Haut gehen, sondern was wir brauchen, ist vielmehr das echte Gespräch, das uns in unserer Menschlichkeit aufrührt. Es ist das Wissen um die Macht der Begegnung bei der Gestaltung des zwischenmenschlichen Bereichs, das uns hier zusammengeführt hat. In diesem zwischenmenschlichen Bereich sind die Dinge angesiedelt, die zählen. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, was ich damit meine. Sie alle, die Sie im besonderen und hervorragenden Sinne mit Menschen zu tun haben, werden mich verstehen.

In einer Zeit wie der unseren – ich sagte es bereits –, in der die Optik der Dinge gleichsam allenthalben ins Wanken geraten ist, kommt es mehr denn je auf den einzelnen an, der um das Wesen der Dinge selbst weiß, der Dinge als solcher, der Dinge in ihrer Eigentlichkeit. Wir brauchen aufgeschlossene Menschen, die dazu in der Lage sind. Wer sind diese Menschen? – werden Sie mich fragen, und ich antworte Ihnen: Sie! Indem Sie sich hier versammelt haben, beweisen Sie deutlicher, als Worte es könnten, daß Sie bereit sind, Ihrem Anliegen Nachdruck zu verleihen. Dafür möchte ich Ihnen danken. Aber auch dafür, daß Sie mit diesem Bekenntnis zu einer guten Sache der Flut des Materialismus, in der um uns herum alles zu versinken droht, ein energisches Halt entgegensetzen.

Um es gleich vorweg zu sagen: Sie sind hierher gekommen, um Wegweisung zu empfangen, um zu hören. Sie erwarten von dieser Begegnung auf zwischenmenschlicher Ebene einen Beitrag zur Wiederherstellung des mitmenschlichen Klimas, der Nestwärme, die unserer modernen Industriegesellschaft in so erschreckendem Maße zu fehlen scheint ...

Aber was bedeutet das für uns in unserer konkreten Situation hier und jetzt? Die Frage aussprechen heißt, sie stellen. Ja, es heißt noch viel mehr. Es heißt, uns ihr aussetzen, uns ihr stellen. Das dürfen wir nicht vergessen. Der moderne Mensch vergißt das aber in der Hast und im Getriebe des Tages gar zu leicht. Sie jedoch, die Sie zu den Stillen im Lande gehören, wissen darum. Unsere Probleme entstammen ja einem Bereich, den zu pflegen wir gerufen sind. Die heilsame Betroffenheit, die von dieser Tatsache ausgeht, reißt Horizonte auf, die wir uns nicht einfach dadurch verstellen sollten, daß wir uns gelangweilt abwenden. Es gilt, mit dem Herzen zu denken und die menschliche Antenne auf die gleiche Wellenlänge zu schalten. Keiner weiß heute besser als der Mensch, worauf es im letzten ankommt.«[66]

Da ist nun alles beisammen: das tiefinnerste Anliegen, das echte Gespräch, die Dinge in ihrer Eigentlichkeit mit vager Reminiszenz an Heidegger, die Begegnung auf zwischenmenschlicher Ebene, die Frage um ihrer selbst willen, auch die ein wenig anachronistische Reserve-Armee der Stillen im Lande. Die langatmige Anrede, welche die anwesenden Notabeln mit ihrer Funktion bezeichnet, unterwirft das Ganze vorweg einem – selber angreifbaren – administrativen Anlaß. Während man nicht erfährt, was der Festredner bezweckt, bringt der Jargon es an den Tag. Das Anliegen ist Betriebsklima. Die Apostrophierung der Hörer als solcher, »die im besonderen und hervorragenden Sinne mit Menschen zu tun haben«, läßt durchblicken, daß es um jene Art Menschenführung geht, der die Menschen Vorwand sind für die Führung. Präzis stimmt dazu die unverwüstliche Phrase wider die »Flut des Materialismus«, welche Vollblutwirtschaftsführer in den von ihnen Abhängigen zu verdammen pflegen. Das ist der Seinsgrund des Höheren im Jargon. Verwaltung als sein Wesen gesteht er in Fehlleistungen ein. Die »zwischenmenschliche Ebene«, die »zur Wiederherstellung des menschlichen Klimas« einen Beitrag leisten soll, placiert das Wort Ebene neben »zwischenmenschlich«, mit der ebenso sozialwissenschaftlichen wie trauten Assoziation des Ich und Du; die Ebenen jedoch – Länderebene, Bundesebene – sind solche verwaltungsrechtlicher Zuständigkeiten. Im selben Atemzug wie die Ermahnung, mit dem Herzen zu denken – die Pascalsche Formel que les grandes pensées proviennent du cœur behagte von je den Geschäftsleuten –, wird »die menschliche Antenne auf die gleiche Wellenlänge« geschaltet. Der Inhalt insgesamt aber ist blühender Blödsinn, Sätze wie »Die Frage aussprechen heißt, sie stellen« oder »Keiner weiß heute besser als der Mensch, worauf es im letzten ankommt«. Solcher Blödsinn hat wiederum seine Weltvernunft: verbergen, daß manipuliert wird, und was erreicht werden soll; darum ist, wie das Verwaltungsdeutsch sagt, jeder Inhalt ausgeklammert, während doch auf den Schein von Inhalt nicht verzichtet werden darf, damit die Angesprochenen – wiederum nach demselben Deutsch – spuren. Die Absicht, die Intention zieht sich in eine unterweltlich intentionslose Sprache zusammen, treu der objektiven Bestimmung des Jargons selbst, der keinen Gehalt hat als die Verpackung.

Der Jargon paßt nachträglich sich dem Bedürfnis der um 1925 gängigen Philosophie nach der Konkretion von Erfahrung, Gedanken und Verhalten inmitten einer Gesamtverfassung an, die real nach einem Abstrakten, dem Tausch, verläuft. Weder ist denn auch der Jargon fähig noch gesonnen, zu konkretisieren, was zur Abstraktheit verdammt. Er dreht sich im Kreis; möchte unmittelbar konkret sein, ohne in bloße Faktizität abzugleiten, und wird dadurch zur geheimen Abstraktion gezwungen, allmählich zum gleichen Formalismus, gegen den Heideggers eigene Schule, die phänomenologische, einmal wetterte. Das wird theoretischer Kritik greifbar in der Existentialontologie; vor allem am Begriffspaar Eigentlichkeit und Uneigentlichkeit aus Sein und Zeit. Dort schon verschwistert sich dem Drang zur Konkretion ein Rühr mich nicht an. Gesprochen wird wie aus einer Tiefe, die geschändet würde als der Gehalt, der sie doch wieder sein und der sich aussprechen möchte. Heideggers Abwehrtechnik des sich Entziehens in Ewigkeit hat zum Schauplatz jene »reine und ekle Höhe«[67], von der Hegel in der Polemik wider Reinhold handelt; wie dieser kann auch Heidegger in rituellen Präliminarien zum »Schritt in den Tempel«[68] nicht sich genug tun; nur daß kaum einer mehr wagt, der Katze die Schelle anzuhängen. Keineswegs ist Heidegger unverständlich, wie Positivisten ihm rot an den Rand schreiben; aber er legt um sich das Tabu, ein jegliches Verständnis fälsche ihn sogleich. Die Unrettbarkeit dessen, was dies Denken retten will, wird weltklug zu dessen eigenem Element gemacht. Es weist jeden Inhalt von sich, gegen den zu argumentieren wäre; Metaphysik verfehle es ebenso wie die Übersetzung in ontische Behauptungen, die doch wiederum, als »Anteile« der Einzelwissenschaften, nicht ungern gesehen werden[69]. Auch mit Eigentlichkeit und Uneigentlichkeit wird erst einmal behutsam umgegangen. Heidegger hütet sich vorm Einwand der Schwarzweißmalerei. Er biete keine Richtschnur philosophischen Urteils, sondern führe deskriptive, neutrale Termini im Stil dessen ein, was in der früheren Phänomenologie Forschung hieß und in der Weberschen Lesart der von Heidegger denunzierten Soziologie Wertfreiheit: »Die beiden Seinsmodi der Eigentlichkeit und Uneigentlichkeit – diese Ausdrücke sind im strengsten Wortsinne terminologisch gewählt – gründen darin, daß Dasein überhaupt durch Jemeinigkeit bestimmt ist. Die Uneigentlichkeit des Daseins bedeutet aber nicht etwa ein ›weniger‹ Sein oder einen ›niedrigeren‹ Seinsgrad. Die Uneigentlichkeit kann vielmehr das Dasein nach seiner vollsten Konkretion bestimmen in seiner Geschäftigkeit, Angeregtheit, Interessiertheit, Genußfähigkeit.«[70] Noch an einer viel späteren Stelle von Sein und Zeit, die der zur Uneigentlichkeit geschlagenen Kategorie des Man gilt, sagt Heidegger, »daß die Interpretation eine rein ontologische Absicht hat und von einer moralisierenden Kritik des alltäglichen Daseins und von ›kulturphilosophischen‹ Aspirationen weit entfernt ist«. Sogar »der Ausdruck ›Gerede‹ soll hier nicht in einer ›herabziehenden‹ Bedeutung gebraucht werden«[71]. Die Anführungszeichen vor »herabziehend« sind Handschuhe der zimperlichen Metaphysik. Die Vorteile von derlei methodologischen Veranstaltungen, die ihr Muster haben an den

 
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