Was bedeutet: Aufarbeitung der Vergangenheit

 

Die Frage »Was bedeutet: Aufarbeitung der Vergangenheit« muß erläutert werden. Sie geht von einer Formulierung aus, die sich während der letzten Jahre als Schlagwort höchst verdächtig gemacht hat. Mit Aufarbeitung der Vergangenheit ist in jenem Sprachgebrauch nicht gemeint, daß man das Vergangene im Ernst verarbeite, seinen Bann breche durch helles Bewußtsein. Sondern man will einen Schlußstrich darunter ziehen und womöglich es selbst aus der Erinnerung wegwischen. Der Gestus, es solle alles vergessen und vergeben sein, der demjenigen anstünde, dem Unrecht widerfuhr, wird von den Parteigängern derer praktiziert, die es begingen. In einer wissenschaftlichen Kontroverse schrieb ich einmal: im Hause des Henkers soll man nicht vom Strick reden; sonst hat man Ressentiment. Aber daß die Tendenz der unbewußten und gar nicht so unbewußten Abwehr von Schuld mit dem Gedanken der Aufarbeitung des Vergangenen so widersinnig sich verbindet, ist Anlaß genug für Überlegungen, die sich auf einen Bereich beziehen, von dem heute noch ein solches Grauen ausgeht, daß man zögert, ihn beim Namen zu nennen.

Man will von der Vergangenheit loskommen: mit Recht, weil unter ihrem Schatten gar nicht sich leben läßt, und weil des Schreckens kein Ende ist, wenn immer nur wieder Schuld und Gewalt mit Schuld und Gewalt bezahlt werden soll; mit Unrecht, weil die Vergangenheit, der man entrinnen möchte, noch höchst lebendig ist. Der Nationalsozialismus lebt nach, und bis heute wissen wir nicht, ob bloß als Gespenst dessen, was so monströs war, daß es am eigenen Tode noch nicht starb, oder ob es gar nicht erst zum Tode kam; ob die Bereitschaft zum Unsäglichen fortwest in den Menschen wie in den Verhältnissen, die sie umklammern.

Ich möchte nicht auf die Frage neonazistischer Organisationen eingehen. Ich betrachte das Nachleben des Nationalsozialismus in der Demokratie als potentiell bedrohlicher denn das Nachleben faschistischer Tendenzen gegen die Demokratie. Unterwanderung bezeichnet ein Objektives; nur darum machen zwielichtige Figuren ihr come back in Machtpositionen, weil die Verhältnisse sie begünstigen.

Daß die Vergangenheit in Deutschland keineswegs bloß im Kreis der sogenannten Unverbesserlichen, wenn es denn so sein soll, noch nicht bewältigt ward, ist unbestritten. Es wird da immer wieder auf den sogenannten Schuldkomplex verwiesen, oft mit der Assoziation, dieser sei durch die Konstruktion einer deutschen Kollektivschuld eigentlich erst geschaffen worden. Unbestreitbar gibt es im Verhältnis zur Vergangenheit viel Neurotisches: Gesten der Verteidigung dort, wo man nicht angegriffen ist; heftige Affekte an Stellen, die sie real kaum rechtfertigen; Mangel an Affekt gegenüber dem Ernstesten; nicht selten auch einfach Verdrängung des Gewußten oder halb Gewußten. So sind wir im Gruppenexperiment des Instituts für Sozialforschung häufig darauf gestoßen, daß bei Erinnerungen an Deportation und Massenmord mildernde Ausdrücke, euphemistische Umschreibungen gewählt werden oder ein Hohlraum der Rede sich darum bildet; die allgemein eingebürgerte, fast gutmütige Wendung »Kristallnacht« für das Pogrom vom November 1938 belegt diese Neigung. Sehr groß ist die Zahl derer, die von den Geschehnissen damals nichts gewußt haben wollen, obwohl überall Juden verschwanden, und obwohl kaum anzunehmen ist, daß die, welche erlebten, was im Osten geschah, stets über das geschwiegen haben sollen, was ihnen unerträgliche Last gewesen sein muß; man darf wohl unterstellen, daß zwischen dem Gestus des Von-allem-nichts-gewußt-Habens und zumindest stumpfer und ängstlicher Gleichgültigkeit eine Proportion besteht. Jedenfalls haben die dezidierten Feinde des Nationalsozialismus frühzeitig sehr genau Bescheid gewußt.

Wir alle kennen auch die Bereitschaft, heute das Geschehene zu leugnen oder zu verkleinern – so schwer es fällt zu begreifen, daß Menschen sich nicht des Arguments schämen, es seien doch höchstens nur fünf Millionen Juden und nicht sechs vergast worden. Irrational ist weiter die verbreitete Aufrechnung der Schuld, als ob Dresden Auschwitz abgegolten hätte. In der Aufstellung solcher Kalküle, der Eile, durch Gegenvorwürfe von der Selbstbesinnung sich zu dispensieren, liegt vorweg etwas Unmenschliches, und Kampfhandlungen im Krieg, deren Modell überdies Coventry und Rotterdam hieß, sind kaum vergleichbar mit der administrativen Ermordung von Millionen unschuldiger Menschen. Auch diese Unschuld, das Allereinfachste und Plausibelste, wird abgestritten. Das Unmaß des Verübten schlägt diesem noch zur Rechtfertigung an: so etwas, tröstet sich das schlaffe Bewußtsein, könne doch nicht geschehen sein, wenn die Opfer nicht irgendwelche Veranlassung gegeben hätten, und dies vage »irgendwelche« mag dann nach Belieben fortwuchern. Verblendung setzt sich hinweg über das schreiende Mißverhältnis zwischen höchst fiktiver Schuld und höchst realer Strafe. Zuweilen werden die Sieger zu Urhebern dessen gemacht, was die Besiegten taten, als sie selber noch obenauf waren, und für die Untaten des Hitler sollen diejenigen verantwortlich sein, die duldeten, daß er die Macht ergriff, und nicht jene, die ihm zujubelten. Die Idiotie alles dessen ist wirklich Zeichen eines psychisch Nichtbewältigten, einer Wunde, obwohl der Gedanke an Wunden eher den Opfern gelten sollte.

Bei alldem jedoch hat die Rede vom Schuldkomplex etwas Unwahrhaftiges. In der Psychiatrie, der sie entlehnt ist und deren Assoziationen sie mitschleift, besagt sie, daß das Gefühl der Schuld krankhaft sei, der Realität unangemessen, psychogen, wie die Analytiker es nennen. Mit Hilfe des Wortes Komplex wird der Anschein erweckt, daß die Schuld, deren Gefühl so viele abwehren, abreagieren und durch Rationalisierungen der törichtesten Art verbiegen, gar keine Schuld wäre, sondern bloß in ihnen, ihrer seelischen Beschaffenheit bestünde: die furchtbar reale Vergangenheit wird verharmlost zur bloßen Einbildung jener, die sich davon betroffen fühlen. Oder sollte gar Schuld selber überhaupt nur ein Komplex, sollte es krankhaft sein, mit Vergangenem sich zu belasten, während der gesunde und realistische Mensch in der Gegenwart und ihren praktischen Zwecken aufgeht? Das zöge die Moral aus jenem »Und ist so gut, als wär' es nicht gewesen«, das von Goethe stammt, aber, an entscheidender Stelle des Faust, vom Teufel gesprochen wird, um dessen innerstes Prinzip zu enthüllen, die Zerstörung von Erinnerung. Die Ermordeten sollen noch um das einzige betrogen werden, was unsere Ohnmacht ihnen schenken kann, das Gedächtnis. Die verstockte Gesinnung derer, die nichts davon hören wollen, fände sich freilich in Übereinstimmung mit einer mächtigen historischen Tendenz. Hermann Heimpel hat mehrfach vom Schrumpfen des Bewußtseins historischer Kontinuität in Deutschland gesprochen, einem Symptom jener gesellschaftlichen Schwächung des Ichs, die Horkheimer und ich schon in der ›Dialektik der Aufklärung‹ abzuleiten versucht haben. Empirische Befunde von der Art, daß die junge Generation vielfach nicht mehr weiß, wer Bismarck und wer Kaiser Wilhelm I. waren, haben den Verdacht des Geschichtsverlusts bestätigt.

Aus der allgemeinen gesellschaftlichen Situation weit eher als aus der Psychopathologie ist denn wohl das Vergessen des Nationalsozialismus zu begreifen. Noch die psychologischen Mechanismen in der Abwehr peinlicher und unangenehmer Erinnerungen dienen höchst realitätsgerechten Zwecken. Die Abwehrenden selbst plaudern sie aus, wenn sie etwa praktischen Sinnes darauf hinweisen, daß die allzu konkrete und hartnäckige Erinnerung ans Geschehene dem deutschen Ansehen im Ausland schaden könne. Solcher Eifer reimt sich schlecht zusammen mit dem Ausspruch Richard Wagners, der doch nationalistisch genug war, deutsch sein heiße, eine Sache um ihrer selbst willen tun – wenn nicht a priori die Sache selbst als Geschäft bestimmt ist. Die Tilgung der Erinnerung ist eher eine Leistung des allzu wachen Bewußtseins als dessen Schwäche gegenüber der Übermacht unbewußter Prozesse. Im Vergessen des kaum Vergangenen klingt die Wut mit, daß man, was alle wissen, sich selbst ausreden muß, ehe man es den anderen ausreden kann.

Sicherlich sind die angezogenen Regungen und Verhaltensweisen insofern nicht unmittelbar rational, als sie die Tatsachen verzerren, auf die sie sich beziehen. Rational aber sind sie in dem Sinn, daß sie sich an gesellschaftliche Tendenzen anlehnen, und daß, wer so reagiert, sich einig weiß mit dem Zeitgeist. Ein solches Reagieren kommt unmittelbar dem Fortkommen entgegen. Wer sich keine unnützen Gedanken macht, streut keinen Sand ins Getriebe. Es empfiehlt sich, nach dem Mund dessen zu reden, was Franz Böhm so prägnant nicht-öffentliche Meinung nannte. Die sich einer Stimmung anpassen, die zwar durch offizielle Tabus in Schach gehalten wird, darum aber nur um so mehr Virulenz besitzt, qualifizieren sich gleichzeitig als dazugehörig und als unabhängige Männer. Schließlich blieb die deutsche Widerstandsbewegung ohne Massenbasis, und eine solche ist schwerlich von der Niederlage herbeigezaubert worden. Wohl darf man mutmaßen, daß die Demokratie tiefer eingedrungen ist als nach dem ersten Weltkrieg: der antifeudale, durchaus bürgerliche Nationalsozialismus hat durch Politisierung der Massen, gegen seinen Willen, der Demokratisierung in gewissem Sinn sogar vorgearbeitet. Junkerkaste wie radikale Arbeiterbewegung sind verschwunden; zum ersten Mal ist etwas wie ein homogen bürgerlicher Zustand hergestellt. Aber daß in Deutschland Demokratie zu spät kam, nämlich nicht zeitlich zusammenfiel mit dem wirtschaftlichen Hochliberalismus, und daß sie von den Siegern eingeführt ward, läßt das Verhältnis des Volkes zu ihr schwerlich unberührt. Unmittelbar wird das selten geäußert, weil es einstweilen unter der Demokratie zu gut geht, auch weil es der in politischen Bündnissen institutionalisierten Interessengemeinschaft mit dem Westen, zumal Amerika, entgegen wäre. Aber die Rancune gegen die re-education spricht doch deutlich genug. Soviel wird man sagen können, daß das System politischer Demokratie zwar in Deutschland als das akzeptiert wird, was in Amerika a working proposition heißt, als ein Funktionierendes, das bis jetzt Prosperität gestattete oder gar förderte. Aber Demokratie hat nicht derart sich eingebürgert, daß sie die Menschen wirklich als ihre eigene Sache erfahren, sich selbst als Subjekte der politischen Prozesse wissen. Sie wird als ein System unter anderen empfunden, so wie wenn man auf einer Musterkarte die Wahl hätte zwischen Kommunismus, Demokratie, Faschismus, Monarchie; nicht aber als identisch mit dem Volk selber, als Ausdruck seiner Mündigkeit. Sie wird eingeschätzt nach dem Erfolg oder Mißerfolg, an dem dann auch die einzelnen Interessen partizipieren, aber nicht als Einheit des eigenen Interesses mit dem Gesamtinteresse; die parlamentarische Delegation des Volkswillens in den modernen Massenstaaten macht das auch schwer genug. Oftmals wird man in Deutschland, unter Deutschen, der sonderbaren Äußerung begegnen, die Deutschen seien noch nicht reif für die Demokratie. Man macht aus der eigenen Unreife eine Ideologie, nicht unähnlich den Halbwüchsigen, die, wenn sie bei irgendwelchen Gewalttätigkeiten ertappt werden, sich auf ihre Zugehörigkeit zur Gruppe der Teenagers herausreden. Das Groteske dieser Argumentationsweise zeigt einen flagranten Widerspruch im Bewußtsein an. Die Menschen, die derart unnaiv die eigene Naivetät und politische Unreife ausspielen, fühlen sich auf der einen Seite schon als politische Subjekte, an denen es wäre, ihr Schicksal zu bestimmen und in Freiheit die Gesellschaft einzurichten. Andererseits stoßen sie aber darauf, daß dem durch die Verhältnisse harte Grenzen gesetzt sind. Weil sie diese Grenzen mit dem eigenen Gedanken nicht zu durchdringen vermögen, schreiben sie die Unmöglichkeit, die in Wahrheit ihnen angetan wird, sich selber zu oder den Großen oder den anderen. Sie spalten sich gleichsam noch einmal, von sich aus, in Subjekt und Objekt auf. Ohnehin definiert es die heute herrschende Ideologie, daß die Menschen, je mehr sie objektiven Konstellationen ausgeliefert sind, über die sie nichts vermögen oder über die sie nichts zu vermögen glauben, desto mehr dies Unvermögen subjektivieren. Nach der Phrase, es käme allein auf den Menschen an, schieben sie alles den Menschen zu, was an den Verhältnissen liegt, wodurch dann wieder die Verhältnisse unbehelligt bleiben. In der Sprache der Philosophie könnte man wohl sagen, daß in der Fremdheit des Volkes zur Demokratie die Selbstentfremdung der Gesellschaft sich widerspiegelt.

Unter jenen objektiven Konstellationen ist die vordringlichste vielleicht die Entwicklung der internationalen Politik. Sie scheint den Überfall, welchen der Hitler auf die Sowjetunion verübte, nachträglich zu rechtfertigen. Indem die westliche Welt als Einheit sich wesentlich durch die Abwehr der russischen Drohung bestimmt, sieht es so aus, als hätten die Sieger von 1945 das bewährte Bollwerk gegen den Bolschewismus nur aus Torheit zerstört, um es wenige Jahre danach wieder aufzubauen. Von dem zur Hand liegenden »Hitler hat es ja immer gesagt« führt ein rascher Weg zur Extrapolation, daß er auch mit anderem recht gehabt habe. Nur erbauliche Sonntagsredner könnten über die historische Fatalität hinweggleiten, daß in gewissem Sinne jene Konzeption, welche einst die Chamberlains und ihren Anhang dazu bewog, den Hitler als Büttel gegen den Osten zu tolerieren, den Untergang des Hitler überlebt hat. Wahrhaft eine Fatalität. Denn die Drohung des Ostens, das Vorgebirge Westeuropa in sich hineinzuschlingen, ist offenbar. Wer ihr nicht widersteht, macht buchstäblich der Wiederholung des Chamberlainschen appeasement sich schuldig. Vergessen wird bloß – bloß! –, daß eben diese Drohung durch die Aktion des Hitler erst ausgelöst worden ist, der genau das über Europa brachte, was er nach dem Willen der appeasers mit seinem Expansionskrieg verhindern sollte. Mehr noch als das einzelmenschliche Schicksal ist das der politischen Verflechtung ein Schuldzusammenhang. Der Widerstand gegen den Osten hat in sich selbst eine Dynamik, welche das in Deutschland Vergangene erweckt. Nicht bloß ideologisch, weil die Parole vom Kampf gegen den Bolschewismus von jeher denen zur Tarnung verhalf, die es mit der Freiheit nicht besser meinen als jener. Sondern auch real. Nach einer schon während der Hitlerzeit gemachten Beobachtung zwingt die organisatorische Schlagkraft der totalitären Systeme ihren Gegnern etwas von ihrem eigenen Wesen auf. Solange das ökonomische Gefälle zwischen dem Osten und dem Westen noch andauert, hat die faschistische Spielart größere Chancen bei den Massen als die östliche Propaganda, während man andererseits freilich auch noch nicht zur faschistischen ultima ratio sich gedrängt sieht. Für beide totalitären Formen aber sind die gleichen Typen anfällig. Man beurteilte die autoritätsgebundenen Charaktere überhaupt falsch, wenn man sie von einer bestimmten politisch-ökonomischen Ideologie her konstruierte; die wohlbekannten Schwankungen der Millionen von Wählern vor 1933 zwischen der nationalsozialistischen und kommunistischen Partei sind auch sozialpsychologisch kein Zufall. Amerikanische Untersuchungen haben dargetan, daß jene Charakterstruktur gar nicht so sehr mit politisch-ökonomischen Kriterien zusammengeht. Vielmehr definieren sie Züge wie ein Denken nach den Dimensionen Macht-Ohnmacht, Starrheit und Reaktionsunfähigkeit, Konventionalismus, Konformismus, mangelnde Selbstbesinnung, schließlich überhaupt mangelnde Fähigkeit zur Erfahrung. Autoritätsgebundene Charaktere identifizieren sich mit realer Macht schlechthin, vor jedem besonderen Inhalt. Im Grunde verfügen sie nur über ein schwaches Ich und bedürfen darum als Ersatz der Identifikation mit großen Kollektiven und der Deckung durch diese. Daß man auf Schritt und Tritt Figuren wiederbegegnet, wie sie in dem Wunderkinderfilm dargestellt werden, hängt weder an der Schlechtigkeit der Welt als solcher noch an angeblichen Sondereigenschaften des deutschen Nationalcharakters sondern an der Identität jener Konformisten, die vorweg eine Beziehung zu den Schalthebeln aller Machtapparatur haben, mit den potentiellen totalitären Gefolgsleuten. Überdies ist es eine Illusion, daß das nationalsozialistische Regime nichts bedeutet hätte als Angst und Leiden, obwohl es das auch für viele der eigenen Anhänger bedeutete. Ungezählten ist es unterm Faschismus gar nicht schlecht gegangen. Die Terrorspitze hat sich nur gegen wenige und relativ genau definierte Gruppen gerichtet. Nach den Krisenerfahrungen der Ära vor Hitler überwog das Gefühl des »Es wird gesorgt«, und gar nicht nur als Ideologie von KdF-Reisen und Blumenkästen in Fabrikräumen. Gegenüber dem laissez faire beschützte die Hitlerwelt tatsächlich bis zu einem gewissen Grade die Ihren vor den Naturkatastrophen der Gesellschaft, denen die Menschen überlassen waren. Gewalttätig nahm sie die gegenwärtige Krisenbeherrschung vorweg, ein barbarisches Experiment staatlicher Lenkung der Industriegesellschaft. Die viel berufene Integration, die organisatorische Verdichtung des gesellschaftlichen Netzes, das alles einfing, gewährte auch Schutz gegen die universale Angst, durch die Maschen durchzufallen und abzusinken. Ungezählten schien die Kälte des entfremdeten Zustands abgeschafft durch die wie immer auch manipulierte und angedrehte Wärme des Miteinander; die Volksgemeinschaft der Unfreien und Ungleichen war als Lüge zugleich auch Erfüllung eines alten, freilich von alters her bösen Bürgertraums. Wohl barg das System, das derlei Gratifikationen bot, das Potential des eigenen Untergangs in sich. Die wirtschaftliche Blüte des Dritten Reiches beruhte in weitem Maß auf der Rüstung zu dem Krieg, der die Katastrophe brachte. Aber jenes geschwächte Gedächtnis, von dem ich sprach, sträubt sich dagegen, diese Argumentationen in sich aufzunehmen. Es verklärt zäh die nationalsozialistische Phase, in der die kollektiven Machtphantasien derer sich erfüllten, die als Einzelne ohnmächtig waren und nur als eine solche Kollektivmacht überhaupt sich als etwas dünkten. Keine noch so einleuchtende Analyse kann die Realität dieser Erfüllung hinterher aus der Welt schaffen und die Triebenergien, die in sie investiert sind. Selbst das Hitlersche va banque-Spiel war nicht so irrational, wie es damals der mittleren liberalen Vernunft dünkte oder heute dem historischen Rückblick aufs Mißlingen. Hitlers Rechnung, den temporären Vorteil maßlos vorangetriebener Aufrüstung über die anderen Staaten auszunutzen, war im Sinn dessen, was er wollte, keineswegs töricht. Wer die Geschichte des Dritten Reiches, zumal die des Krieges sich vergegenwärtigt, dem werden immer wieder die einzelnen Momente, in denen Hitler unterlag, als zufällig erscheinen und als notwendig nur der Verlauf des Ganzen, in dem eben doch das größere technisch-ökonomische Potential des Restes der Erde sich durchsetzte, die sich nicht fressen lassen wollte – gewissermaßen eine statistische Notwendigkeit, keineswegs eine erkennbare Logik Zug um Zug. Die nachlebende Sympathie mit dem Nationalsozialismus braucht nicht gar zu viel Sophistik aufzuwenden, um sich und anderen einzureden, es hätte auch immer ebensogut anders gehen können, eigentlich seien nur Fehler gemacht worden, und der Sturz Hitlers sei ein welthistorischer Zufall, den möglicherweise der Weltgeist doch noch korrigiere.

Nach der subjektiven Seite, in der Psyche der Menschen, steigerte der Nationalsozialismus den kollektiven Narzißmus, schlicht gesagt: die nationale Eitelkeit ins Ungemessene. Die narzißtischen Triebregungen der Einzelnen, denen die verhärtete Welt immer weniger Befriedigung verspricht und die doch ungemindert fortbestehen, solange die Zivilisation ihnen sonst so viel versagt, finden Ersatzbefriedigung in der Identifikation mit dem Ganzen1. Dieser kollektive Narzißmus ist durch den Zusammenbruch des Hitlerregimes aufs schwerste geschädigt worden. Seine Schädigung ereignete sich im Bereich der bloßen Tatsächlichkeit, ohne daß die Einzelnen sie sich bewußt gemacht hätten und dadurch mit ihr fertig geworden wären. Das ist der sozialpsychologisch zutreffende Sinn der Rede von der unbewältigten Vergangenheit. Auch jene Panik blieb aus, die nach Freuds Theorie aus ›Massenpsychologie und Ich-Analyse‹ dort sich einstellt, wo kollektive Identifikationen zerbrechen. Schlägt man nicht die Weisung des großen Psychologen in den Wind, so läßt das nur eine Folgerung offen: daß insgeheim, unbewußt schwelend und darum besonders mächtig, jene Identifikationen und der kollektive Narzißmus gar nicht zerstört wurden, sondern fortbestehen. Die Niederlage hat man innerlich so wenig ganz ratifiziert wie nach 1918. Noch angesichts der offenbaren Katastrophe hat das durch Hitler integrierte Kollektiv zusammengehalten und an schimärische Hoffnungen wie jene Geheimwaffen sich geklammert, die doch in Wahrheit die anderen besaßen. Sozialpsychologisch wäre daran die Erwartung anzuschließen, daß der beschädigte kollektive Narzißmus darauf lauert, repariert zu werden, und nach allem greift, was zunächst im Bewußtsein die Vergangenheit in Übereinstimmung mit den narzißtischen Wünschen bringt, dann aber womöglich auch noch die Realität so modelt, daß jene Schädigung ungeschehen gemacht wird. Bis zu einem gewissen Grad hat der wirtschaftliche Aufschwung, das Bewußtsein des Wie tüchtig wir sind, das geleistet. Aber ich bezweifle, ob das sogenannte Wirtschaftswunder, an dem alle zwar partizipieren, über das aber zugleich alle auch etwas hämisch reden, sozialpsychologisch wirklich so tief reicht, wie man in Zeiten relativer Stabilität denken könnte. Gerade weil der Hunger auf ganzen Kontinenten fortwährt, obwohl er technisch abgeschafft werden könnte, vermag keiner so recht am Wohlstand sich zu freuen. Wie individuell, etwa in Filmen, wenn einer es sich gut schmecken läßt und die Serviette in den Kragen steckt, mißgünstig gelacht wird, so gönnt die Menschheit ein Behagen sich selber nicht, dem sie zutiefst anmerkt, daß es stets noch mit Mangel bezahlt wird; Ressentiment trifft jedes Glück, auch das eigene. Sattheit ist zu einem Schimpfwort a priori geworden, während an ihr schlecht doch nur wäre, daß es solche gibt, die nichts zu essen haben; der angebliche Idealismus, der gerade im heutigen Deutschland so pharisäisch über den angeblichen Materialismus sich hermacht, verdankt vielfach, was er für seine Tiefe hält, nur verdrückten Instinkten. Haß aufs Behagen zeitigt in Deutschland Unbehagen am Wohlstand, und ihm verklärt sich die Vergangenheit zur Tragik. Jenes malaise kommt aber keineswegs bloß aus trüben Quellen sondern auch selber wiederum aus viel rationaleren. Der Wohlstand ist einer von Konjunktur, niemand traut seiner unbegrenzten Dauer. Tröstet man sich damit, daß Ereignisse wie die des Schwarzen Freitags von 1929 und die daran anschließende Wirtschaftskrise sich kaum wiederholen könnten, so steckt darin bereits implizit das Vertrauen auf eine starke Staatsmacht, von der man sich Schutz auch dann verspricht, wenn die ökonomische und politische Freiheit nicht funktioniert. Noch inmitten der Prosperität, selbst während des temporären Mangels an Arbeitskräften fühlt insgeheim wahrscheinlich die Mehrheit der Menschen sich als potentielle Arbeitslose, Empfänger von Wohltaten und eben damit erst recht als Objekte, nicht als Subjekte der Gesellschaft: das ist der überaus legitime und vernünftige Grund ihres Mißbehagens. Daß es im gegebenen Augenblick nach rückwärts gestaut und für die Erneuerung des Unheils mißbraucht werden kann, ist offenbar.

Das faschistische Wunschbild heute verschmilzt ohne Frage mit dem Nationalismus der sogenannten unterentwickelten Länder, die man bereits nicht mehr solche, sondern Entwicklungsländer nennt. Einverständnis mit denen, die in der imperialistischen Konkurrenz sich zu kurz gekommen fühlten und selber an den Tisch wollten, drückte schon während des Krieges in den slogans von den westlichen Plutokratien und den proletarischen Nationen sich aus. Ob und in welchem Maß diese Tendenz bereits eingemündet ist in den antizivilisatorischen, antiwestlichen Unterstrom der deutschen Überlieferung; ob auch in Deutschland eine Konvergenz von faschistischem und kommunistischem Nationalismus sich abzeichnet, ist schwer auszumachen. Nationalismus heute ist überholt und aktuell zugleich. Überholt, weil angesichts der zwangsläufigen Verbindung von Nationen zu Großblöcken unter der Suprematie der mächtigsten, wie sie allein schon die Entwicklung der Waffentechnik diktiert, die souveräne Einzelnation, zumindest im fortgeschrittenen kontinentalen Europa, ihre geschichtliche Substantialität eingebüßt hat. Die Idee der Nation, in der einmal sich die wirtschaftliche Einheit der Interessen freier und selbständiger Bürger gegenüber den territorialen Schranken des Feudalismus zusammenfaßte, ist selbst, gegenüber dem offensichtlichen Potential der Gesamtgesellschaft, zur Schranke geworden. Aktuell aber ist der Nationalismus insofern, als allein die überlieferte und psychologisch eminent besetzte Idee der Nation, stets noch Ausdruck der Interessengemeinschaft in der internationalen Wirtschaft, Kraft genug hat, Hunderte von Millionen für Zwecke einzuspannen, die sie nicht unmittelbar als die ihren betrachten können. Der Nationalismus glaubt sich selbst nicht ganz mehr und wird doch politisch benötigt als wirksamstes Mittel, die Menschen zur Insistenz auf objektiv veralteten Verhältnissen zu bringen. Daher, als ein sich selbst nicht ganz Gutes, absichtsvoll Verblendetes, hat er heute die fratzenhaften Züge angenommen. Sie haben ihm, der Erbschaft barbarisch primitiver Stammesverfassungen, freilich nie ganz gefehlt, waren aber doch so lange gebändigt, wie der Liberalismus das Recht der Einzelnen auch real als Bedingung kollektiver Wohlfahrt bestätigte. Erst in einem Zeitalter, in dem er sich bereits überschlug, ist der Nationalismus ganz sadistisch und destruktiv geworden. Schon die Wut der Hitlerschen Welt gegen alles, was anders ist, Nationalismus als paranoides Wahnsystem, war von solchem Schlag; die Attraktionskraft gerade dieser Züge ist heute schwerlich geringer. Paranoia, der Verfolgungswahn, der die anderen verfolgt, auf die er projiziert, was er selber möchte, steckt an. Von kollektiven Wahnvorstellungen wie dem Antisemitismus wird die Pathologie des Einzelnen, der psychisch der Welt nicht mehr gewachsen sich zeigt und auf ein scheinhaftes inneres Königreich zurückgeworfen ist, bestätigt. Sie mögen wohl gar, nach der These des Psychoanalytikers Ernst Simmel, den einzelnen Halbirren davon dispensieren, ein ganzer zu werden. So offen das Wahnhafte des Nationalismus heute in der vernünftigen Angst vor erneuten Katastrophen zutage liegt, so sehr befördert es seine Ausbreitung. Wahn ist der Ersatz für den Traum, daß die Menschheit die Welt menschlich einrichte, den die Welt der Menschheit hartnäckig austreibt. Mit dem pathischen Nationalismus geht aber alles zusammen, was sich von 1933 bis 1945 zutrug.

Daß der Faschismus nachlebt; daß die vielzitierte Aufarbeitung der Vergangenheit bis heute nicht gelang und zu ihrem Zerrbild, dem leeren und kalten Vergessen, ausartete, rührt daher, daß die objektiven gesellschaftlichen Voraussetzungen fortbestehen, die den Faschismus zeitigten. Er kann nicht wesentlich aus subjektiven Dispositionen abgeleitet werden. Die ökonomische Ordnung und, nach ihrem Modell, weithin auch die ökonomische Organisation verhält nach wie vor die Majorität zur Abhängigkeit von Gegebenheiten, über die sie nichts vermag, und zur Unmündigkeit. Wenn sie leben wollen, bleibt ihnen nichts übrig, als dem Gegebenen sich anzupassen, sich zu fügen; sie müssen eben jene autonome Subjektivität durchstreichen, an welche die Idee von Demokratie appelliert, können sich selbst erhalten nur, wenn sie auf ihr Selbst verzichten. Den Verblendungszusammenhang zu durchschauen, mutet ihnen eben die schmerzliche Anstrengung der Erkenntnis zu, an welcher die Einrichtung des Lebens, nicht zuletzt die zur Totalität aufgeblähte Kulturindustrie, sie hindert. Die Notwendigkeit solcher Anpassung, die zur Identifikation mit Bestehendem, Gegebenem, mit Macht als solcher, schafft das totalitäre Potential. Es wird verstärkt von der Unzufriedenheit und der Wut, die der Zwang zur Anpassung selber produziert und reproduziert. Weil die Realität jene Autonomie, schließlich jenes mögliche Glück nicht einlöst, das der Begriff von Demokratie eigentlich verspricht, sind sie indifferent gegen diese, wofern sie sie nicht insgeheim hassen. Die politische Organisationsform wird als der gesellschaftlichen und ökonomischen Realität unangemessen erfahren; wie man selber sich anpassen muß, so möchte man, daß auch die Formen des kollektiven Lebens sich anpassen, um so mehr, als man von solcher Anpassung das streamlining des Staatswesens als eines Riesenunternehmens im keineswegs so friedlichen Wettbewerb aller sich erwartet. Die, deren reale Ohnmacht andauert, ertragen das Bessere nicht einmal als Schein; lieber möchten sie die Verpflichtung zu einer Autonomie loswerden, von der sie argwöhnen, daß sie ihr doch nicht nachleben können, und sich in den Schmelztiegel des Kollektiv-Ichs werfen.

Ich habe das Düstere übertrieben, der Maxime folgend, daß heute überhaupt nur Übertreibung das Medium von Wahrheit sei. Mißverstehen Sie meine fragmentarischen und vielfach rhapsodischen Anmerkungen nicht als Spenglerei: die macht selber mit dem Unheil gemeinsame Sache. Meine Absicht war, eine von der glatten Fassade des Alltags verdeckte Tendenz zu bezeichnen, ehe sie die institutionellen Dämme überspült, die ihr einstweilen gesetzt sind. Die Gefahr ist objektiv; nicht primär in den Menschen gelegen. Wie gesagt, vieles spricht dafür, daß Demokratie samt allem, was mit ihr gesetzt ist, die Menschen tiefer ergreift als in der Weimarer Zeit. Indem ich das nicht so Offenbare hervorhob, habe ich vernachlässigt, was doch Besonnenheit mitdenken muß: daß innerhalb der deutschen Demokratie nach 1945 bis heute das materielle Leben der Gesellschaft reicher sich reproduzierte als seit Menschengedenken, und das ist denn auch sozialpsychologisch relevant. Die Behauptung, es stünde nicht schlecht um die deutsche Demokratie und damit um die wirkliche Aufarbeitung der Vergangenheit, wenn ihr nur Zeit genug und viel anderes bleibt, wäre sicherlich nicht allzu optimistisch. Nur steckt im Begriff des Zeithabens etwas Naives und zugleich schlecht Kontemplatives. Weder sind wir bloße Zuschauer der Weltgeschichte, die sich innerhalb ihrer Großräume mehr oder minder unangefochten tummeln können, noch scheint die Weltgeschichte selbst, deren Rhythmus zunehmend dem der Katastrophe sich anähnelt, ihren Subjekten jene Zeit zuzubilligen, in der alles von selber besser werde. Das verweist unmittelbar auf demokratische Pädagogik. Vor allem muß Aufklärung über das Geschehene einem Vergessen entgegenarbeiten, das nur allzu leicht mit der Rechtfertigung des Vergessenen sich zusammenfindet; etwa durch Eltern, die von ihren Kindern die peinliche Frage nach dem Hitler hören müssen, und die daraufhin, schon um sich selbst weißzuwaschen, von den guten Seiten reden und davon, daß es eigentlich gar nicht so schlimm gewesen sei. In Deutschland ist es Mode, auf den politischen Unterricht zu schimpfen, und sicherlich könnte er besser sein, aber der Bildungssoziologie liegen jetzt schon Daten vor, die darauf hinweisen, daß der politische Unterricht, wo er überhaupt mit Ernst und nicht als lästige Pflicht betrieben wird, mehr Gutes stiftet, als man ihm gemeinhin zutraut. Nimmt man jedoch das objektive Potential eines Nachlebens des Nationalsozialismus so schwer, wie ich es glaube nehmen zu müssen, dann setzt das auch der aufklärenden Pädagogik ihre Grenzen. Mag sie nun soziologisch oder psychologisch sein, praktisch erreicht sie ohnehin wohl meist nur die, welche dafür offen und eben darum für den Faschismus kaum anfällig sind. Andererseits jedoch ist es keineswegs überflüssig, auch diese Gruppe gegen die nicht-öffentliche Meinung durch Aufklärung zu stärken. Im Gegenteil, man könnte sich wohl vorstellen, daß sich aus ihr so etwas wie Kaders bilden, deren Wirken in den verschiedensten Bereichen dann doch das Ganze erreicht, und die Chancen dafür sind um so günstiger, je bewußter sie selbst werden. Selbstverständlich wird Aufklärung bei diesen Gruppen sich nicht bescheiden. Ich will dabei von der sehr schwierigen und mit größter Verantwortung belastenden Frage absehen, wie weit es geraten sei, bei Versuchen zu öffentlicher Aufklärung aufs Vergangene einzugehen, und ob nicht gerade die Insistenz darauf trotzigen Widerstand und das Gegenteil dessen bewirke, was sie bewirken soll. Mir selbst will es eher scheinen, das Bewußte könne niemals so viel Verhängnis mit sich führen wie das Unbewußte, das Halb- und Vorbewußte. Es kommt wohl wesentlich darauf an, in welcher Weise das Vergangene vergegenwärtigt wird; ob man beim bloßen Vorwurf stehenbleibt oder dem Entsetzen standhält durch die Kraft, selbst das Unbegreifliche noch zu begreifen. Dazu bedürfte es freilich einer Erziehung der Erzieher. Sie wird aufs schwerste dadurch beeinträchtigt, daß das, was in Amerika behavioural sciences genannt wird, in Deutschland einstweilen gar nicht oder nur äußerst dürftig vertreten ist. Dringend wäre zu fordern, daß man an den Universitäten eine Soziologie verstärkt, die zusammenfiele mit der geschichtlichen Erforschung unserer eigenen Periode. Pädagogik müßte, anstatt mit Tiefsinn aus zweiter Hand übers Sein des Menschen zu schwafeln, eben der Aufgabe sich annehmen, deren unzulängliche Behandlung man der re-education so eifrig vorwirft. Kriminologie hat in Deutschland den modernen Standard überhaupt noch nicht erreicht. Vor allem aber ist an die Psychoanalyse zu denken, die nach wie vor verdrängt wird. Entweder fehlt sie ganz, oder man hat sie durch Richtungen ersetzt, die, während sie sich rühmen, das vielgescholtene neunzehnte Jahrhundert zu überwinden, in Wahrheit hinter die Freudsche Theorie zurückfallen, womöglich sie in ihr eigenes Gegenteil verkehren. Ihre genaue und unverwässerte Kenntnis ist aktueller als je. Der Haß gegen sie ist unmittelbar eins mit dem Antisemitismus, keineswegs bloß weil Freud Jude war, sondern weil Psychoanalyse genau in jener kritischen Selbstbesinnung besteht, welche die Antisemiten in Weißglut versetzt. So wenig, allein schon des Zeitfaktors wegen, etwas wie eine Massenanalyse sich durchführen läßt, so heilsam wäre doch, fände strenge Psychoanalyse ihre institutionelle Stelle, ihren Einfluß auf das geistige Klima in Deutschland, auch wenn er bloß darin bestünde, daß es zur Selbstverständlichkeit wird, nicht nach außen zu schlagen, sondern über sich selbst und die eigene Beziehung zu denen zu reflektieren, gegen die das verstockte Bewußtsein zu wüten pflegt. Jedenfalls aber sollten Versuche, dem objektiven Potential des Verhängnisses subjektiv entgegenzuarbeiten, nicht mit Berichtigungen sich begnügen, welche die Schwere dessen, wogegen anzugehen ist, kaum in Bewegung setzen würden. Hinweise etwa auf die großen Leistungen von Juden in der Vergangenheit, so wahr sie auch sein mögen, nützen kaum viel, sondern schmecken nach Propaganda. Propaganda aber, die rationale Manipulation des Irrationalen, ist das Vorrecht der Totalitären. Die diesen widerstehen, sollten nicht sie nachahmen auf eine Weise, die sie doch nur notwendig ins Hintertreffen brächte. Lobreden auf die Juden, welche diese als Gruppe absondern, geben selber dem Antisemitismus allzuviel vor. Dieser läßt darum nur so schwer sich widerlegen, weil die psychische Ökonomie zahlloser Menschen seiner bedurfte und, abgeschwächt, vermutlich seiner heute noch bedarf. Was immer propagandistisch geschieht, bleibt zweideutig. Man hat mir die Geschichte einer Frau erzählt, die einer Aufführung des dramatisierten Tagebuchs der Anne Frank beiwohnte und danach erschüttert sagte: ja, aber das Mädchen hätte man doch wenigstens leben lassen sollen. Sicherlich war selbst das gut, als erster Schritt zur Einsicht. Aber der individuelle Fall, der aufklärend für das furchtbare Ganze einstehen soll, wurde gleichzeitig durch seine eigene Individuation zum Alibi des Ganzen, das jene Frau darüber vergaß. Das Vertrackte solcher Beobachtungen bleibt, daß man nicht einmal um ihretwillen Aufführungen des Anne Frank-Stücks, und ähnlichem, widerraten kann, weil ihre Wirkung ja doch, so viel einem daran auch widerstrebt, so sehr es auch an der Würde der Toten zu freveln scheint, dem Potential des Besseren zufließt. Ich glaube auch nicht, daß durch Gemeinschaftstreffen, Begegnungen zwischen jungen Deutschen und jungen Israelis und andere Freundschaftsveranstaltungen allzuviel geschafft wird, so wünschbar solcher Kontakt auch bleibt. Man geht dabei allzusehr von der Voraussetzung aus, der Antisemitismus habe etwas Wesentliches mit den Juden zu tun und könne durch konkrete Erfahrungen mit Juden bekämpft werden, während der genuine Antisemit vielmehr dadurch definiert ist, daß er überhaupt keine Erfahrung machen kann, daß er sich nicht ansprechen läßt. Ist der Antisemitismus primär objektiv-gesellschaftlich begründet, und dann in den Antisemiten, dann hätten diese wohl, im Sinn des nationalsozialistischen Witzes, die Juden erfinden müssen, wenn es sie gar nicht gäbe. Soweit man ihn in den Subjekten bekämpfen will, sollte man nicht zuviel vom Verweis auf Fakten erwarten, die sie vielfach nicht an sich heranlassen, oder als Ausnahmen neutralisieren. Vielmehr sollte man die Argumentation auf die Subjekte wenden, zu denen man redet. Ihnen wären die Mechanismen bewußt zu machen, die in ihnen selbst das Rassevorurteil verursachen. Aufarbeitung der Vergangenheit als Aufklärung ist wesentlich solche Wendung aufs Subjekt, Verstärkung von dessen Selbstbewußtsein und damit auch von dessen Selbst. Sie sollte sich verbinden mit der Kenntnis der paar unverwüstlichen Propagandatricks, die genau auf jene psychologischen Dispositionen abgestimmt sind, deren Vorhandensein in den Menschen wir unterstellen müssen. Da diese Tricks starr sind und von begrenzter Zahl, so bereitet es keine gar zu großen Schwierigkeiten, sie auszukristallisieren, bekanntzumachen und für eine Art von Schutzimpfung zu verwenden. Das Problem des praktischen Vollzugs solcher subjektiven Aufklärung könnte wohl nur eine gemeinsame Anstrengung von Pädagogen und Psychologen lösen, die nicht unterm Vorwand wissenschaftlicher Objektivität der dringendsten Aufgabe sich entziehen, die ihren Disziplinen heute gestellt ist. Angesichts der objektiven Gewalt hinter dem fortlebenden Potential jedoch wird die subjektive Aufklärung, auch wenn sie mit ganz anderer Energie und in ganz anderen Tiefendimensionen angegriffen wird als bisher, nicht ausreichen. Will man objektiv der objektiven Gefahr etwas entgegenstellen, so genügt dafür keine bloße Idee, auch nicht die von Freiheit und Humanität, die ja, wie man mittlerweile gelernt hat, in ihrer abstrakten Gestalt den Menschen nicht eben gar zu viel bedeutet. Knüpft das faschistische Potential an ihre, sei's auch noch so begrenzten, Interessen an, dann bleibt das wirksamste Gegenmittel der durch seine Wahrheit einleuchtende Verweis auf ihre Interessen, und zwar auf die unmittelbaren. Man machte sich schon wirklich des spintisierenden Psychologismus schuldig, wenn man bei derlei Bemühungen sich darüber hinwegsetzte, daß der Krieg und das Leiden, das er über die deutsche Bevölkerung brachte, zwar nicht hinreichte, jenes Potential zu tilgen, aber ihm gegenüber doch ins Gewicht fällt. Erinnert man die Menschen ans Allereinfachste: daß offene oder verkappte faschistische Erneuerungen Krieg, Leiden und Mangel unter einem Zwangssystem, am Ende vermutlich die russische Vorherrschaft über Europa zeitigen; kurz, daß sie auf Katastrophenpolitik hinauslaufen, so wird sie das tiefer beeindrucken als der Verweis auf Ideale oder selbst der auf das Leid der anderen, mit dem man ja, wie schon La Rochefoucauld wußte, immer verhältnismäßig leicht fertig wird. Gegenüber dieser Perspektive bedeutet das gegenwärtige malaise kaum mehr als den Luxus einer Stimmung. So vergessen aber sind Stalingrad und die Bombennächte trotz aller Verdrängung nicht, daß man den Zusammenhang zwischen einer Wiederbelebung der Politik, die es dahin brachte, und der Aussicht auf einen dritten Punischen Krieg nicht allen verständlich machen könnte. Auch wenn das gelingt, besteht die Gefahr fort. Aufgearbeitet wäre die Vergangenheit erst dann, wenn die Ursachen des Vergangenen beseitigt wären. Nur weil die Ursachen fortbestehen, ward sein Bann bis heute nicht gebrochen.

 
Fußnoten

 

1 Vgl. Text. S. 588f.

 

 

Meinung Wahn Gesellschaft

Der Begriff der öffentlichen Meinung wird, trotz seiner Mehrdeutigkeit, weithin positiv akzeptiert. Der von der Philosophie seit Platon tradierte von Meinung überhaupt ist insofern neutral, wertfrei, als ihm zufolge Meinungen richtig oder falsch sein können. Beidem steht die Vorstellung von pathogenen, abartigen, wahnhaften Meinungen gegenüber, oft verbunden mit dem Begriff des Vorurteils. Nach dieser schlichten Zweiteilung soll es auf der einen Seite etwas wie gesunde, normale Meinung geben, auf der anderen solche extremer, exzentrischer, bizarrer Natur. In Amerika heißen etwa die Ansichten faschistischer Splittergruppen die eines lunatic fringe, eines verrückten Randes der Gesellschaft. Seine Pamphlete, zu deren Gedankengut trotz aller Widerlegung die Ritualmorde und die Protokolle der Weisen von Zion zählen, gelten als »skurril«. Tatsächlich läßt ein Moment des Irren an solchen Produkten kaum sich übersehen, das allerdings wohl gerade das Ferment ihrer Wirkung ist. Eben das jedoch sollte gegen eine eingeschliffene Konsequenz der verbreiteten Vorstellung mißtrauisch machen: daß die normale Meinung bei der Majorität über die wahnhafte notwendig siege. Nicht anders dachte sich der naiv liberale Leser des Berliner Tageblatts zwischen den beiden Kriegen die Welt, als eine des common sense, die zwar von rabiaten Leuten rechts und links gestört werde, aber doch Recht behalten müsse. So groß war das Vertrauen in die normale Meinung gegenüber der fixen Idee, daß manche älteren Herren ihrem Leibblatt weiterhin trauten, als es längst von den Nationalsozialisten gleichgeschaltet war, die nur noch, schlau genug, die alte Titeltype beibehielten. Die Erfahrung, die jene Abonnenten zu machen hatten, als ihre Besonnenheit, sobald es nicht mehr nach den approbierten Spielregeln zuging, von einem Tag zum anderen in hilflose Torheit sich verkehrte, sollte aber zur kritischen Besinnung auf ein argloses Bild von Meinung als solcher nötigen, das eine normale und eine abnorme friedlich und unverbunden nebeneinander ausmalt. Nicht bloß ist die Annahme, vorweg sei das Normale wahr und das Abweichende falsch, überaus dubios, selber die Glorifizierung bloßer Meinung, nämlich der herrschenden, die das Wahre nicht anders zu denken vermag denn als das, was alle denken. Sondern die sogenannte pathische Meinung, die Deformationen des Vorurteils, des Aberglaubens, des Gerüchts, des kollektiven Wahns, wie sie die Geschichte, und zumal die aller Massenbewegungen, durchwachsen, sind vom Begriff der Meinung: gar nicht zu trennen. Schwer fiele es, a priori zu entscheiden, was zum einen oder anderen rechnet; die Geschichte enthält auch das Potential, daß hoffnungslos isolierte und ohnmächtige Ansichten durch den Verlauf sei es als vernünftig verifiziert werden, sei es trotz ihrer Absurdität zur Herrschaft gelangen. Darüber hinaus jedoch entspringt die pathische Meinung, das Deformierte und Aberwitzige von Kollektivideen, in der Dynamik des Begriffs der Meinung selbst, in der wiederum die reale Dynamik der Gesellschaft steckt, die solche Meinungen, die falsches Bewußtsein notwendig produziert. Soll der Widerstand dagegen nicht von Anbeginn zur Harmlosigkeit und Hilflosigkeit verurteilt sein, so ist die Tendenz zur pathischen Meinung aus der normalen herauszulesen.

Meinung ist die wie immer auch eingeschränkte Setzung eines subjektiven, in seinem Wahrheitsgehalt beschränkten Bewußtseins als gültig. Die Gestalt solcher Meinung mag wirklich harmlos sein. Sagt jemand, er meine, das neue Fakultätsgebäude sei sieben Stockwerke hoch, so kann das bedeuten, er habe das von Dritten gehört, wisse es aber nicht genau. Ganz anderen Sinnes ist, wenn jemand sagt, er jedenfalls meine, daß die Juden eine mindere Rasse von Schädlingen seien, wie in Sartres instruktivem Beispiel vom Onkel Armand, der darum sich als etwas fühlt, weil er die Engländer verabscheut. Hier schränkt das »Ich meine« nicht das hypothetische Urteil ein, sondern unterstreicht es. Indem so einer seine untriftige, durch keine Erfahrung erhärtete, durch keine Überlegungen bündige Meinung als die seine proklamiert, verleiht er ihr, mag er sie auch scheinbar einschränken, gerade durch die Beziehung auf ihn selbst als Subjekt Autorität, die des Bekenntnisses. Durchschimmert, daß er mit Leib und Seele dahintersteht; er habe die Zivilcourage, Unbeliebtes, in Wahrheit freilich nur allzu Beliebtes zu sagen. Umgekehrt ist ebenso verbreitet die Neigung, wenn man auf ein triftiges und begründetes Urteil stößt, das einem unbequem ist, ohne daß man es doch widerlegen könnte, es dadurch zu disqualifizieren, daß man es als bloße Meinung hinstellt. In einem Vortrag zum hundertsten Todestag Schopenhauers1 war mit Evidenz ausgeführt worden, daß die Differenz zwischen Schopenhauer und Hegel nicht so absolut sei, wie sie nach Schopenhauers Invektiven erscheint, und daß in dem emphatischen Begriff der Negativität des Daseins die beiden, ohne es von sich selbst zu wissen, sich berühren. Ein Zeitungsschreiber, der von Hegel nichts anderes mag gewußt haben, als daß Schopenhauer auf ihn schimpfte, versah in seinem Bericht jene These des Vortragenden mit einem »nach seiner Ansicht«, durch das der Reporter sich das Air der Überlegenheit über Gedanken zulegte, die er schwerlich mitdenken oder gar überprüfen konnte. Meinung war die des Reporters, nicht die des Vortragenden: dieser hatte etwas erkannt; während aber der Reporter ihn der bloßen Meinung verdächtigte, hatte er selber bereits zu seinem Vorteil einem Mechanismus gehorcht, der die Meinung, nämlich seine unmaßgeblich eigene, als Kriterium der Wahrheit unterschiebt, die sie virtuell abschafft.

Bei harmlosen Meinungen wie der dessen, der nicht genau weiß, wie viele Stockwerke das neue Gebäude hat, bleibt es selten. Zwar kann das Individuum an seiner Meinung Reflexion üben und sich hüten, sie zu hypostasieren. Die Kategorie der Meinung selbst aber, als eine objektive Stufe des Geistes, ist gepanzert gegen solche Reflexion. Das läßt zunächst auf einfache Tatbestände der individuellen Psychologie sich zurückführen. Wer eine Meinung hat über eine Frage, die einigermaßen offen ist, nicht vorentschieden; deren Beantwortung nicht ebenso leicht sich überprüfen läßt wie die Anzahl der Stockwerke eines Gebäudes, neigt dazu, sich in diese Meinung festzumachen oder, nach der Sprache der Psychoanalyse, sie affektiv zu besetzen. Töricht wäre, wer immer von dieser Neigung sich freispräche. Sie beruht auf Narzißmus, also darauf, daß die Menschen bis heute dazu gehalten sind, ein Maß ihrer Liebesfähigkeit nicht etwa geliebten Anderen zuzuwenden, sondern sich selber, auf eine verdrückte, uneingestandene und darum giftige Weise zu lieben. Was einer für eine Meinung hat, wird als sein Besitz zu einem Bestandstück seiner Person, und was die Meinung entkräftet, wird vom Unbewußten und Vorbewußten registriert, als werde ihm selber geschadet. Rechthaberei, der Hang der Menschen, törichte Meinungen selbst dann hartnäckig zu verteidigen, wenn ihre Falschheit rational einsichtig geworden ist, bezeugt die Verbreitung des Sachverhalts. Der Rechthaber entwickelt, um nur ja die narzißtische Schädigung von sich fern zu halten, die ihm durch die Preisgabe der Meinung widerfährt, einen Scharfsinn, der oft weit seine intellektuellen Verhältnisse übersteigt. Die Klugheit, die in der Welt aufgewandt wird, um narzißtisch Unsinn zu verteidigen, reichte wahrscheinlich aus, das Verteidigte zu verändern. Vernunft im Dienst der Unvernunft – nach Freuds Sprache: die Rationalisierung – springt der Meinung bei und verhärtet sie so, daß sich weder mehr daran rühren läßt, noch ihre Absurdität offenbar wird. Über den aberwitzigsten Meinungen wurden erhabene Lehrgebäude errichtet. Man mag bei der Genese solcher verhärteten Meinung – und sie ist eins mit deren Pathogenese – über die Psychologie hinausgehen. Die Setzung einer Meinung, die bloße Aussage, irgend etwas sei so, enthält potentiell bereits Fixierung, Verdinglichung, noch ehe die psychologischen Mechanismen ins Spiel kommen, welche die Meinung zum Fetisch verhexen. Die logische Form des Urteils, gleichgültig ob richtig oder falsch, hat in sich etwas Herrschaftliches, Verfügendes, das dann in der Insistenz auf Meinungen als auf einem Besitz sich widerspiegelt. Überhaupt eine Meinung haben, urteilen, dichtet sich schon in gewissem Maß gegen die Erfahrung ab und tendiert zum Wahn, während andererseits doch nur der zum Urteil Fähige Vernunft hat: das ist vielleicht der tiefste und untilgbare Widerspruch im Meinen.

Ohne festgehaltene Meinung, ohne Hypostasis eines nicht ganz Erkannten, ohne Hinnahme von etwas als Wahrheit, von dem man gar nicht durchaus weiß, ob es die Wahrheit sei, ist Erfahrung, ja die Erhaltung des Lebens kaum möglich. Der verängstigte Fußgänger, der eine Straße überschreitet und, bei gelbem Licht, urteilt, wenn er jetzt noch hinübergehe, werde er überfahren werden, ist nicht ganz sicher, ob das wirklich geschehen wird. Das nächste Auto könnte einmal einen humanen Fahrer haben, der noch nicht auf den Gashebel tritt. Aber im Augenblick, in dem der Fußgänger darauf sich verließe und gegen das Licht die Straße überschritte, nur weil er kein Prophet sei, würde er mit größter Wahrscheinlichkeit getötet. Um so sich zu verhalten, wie es der gesunde Menschenverstand der Selbsterhaltung von ihm verlangt, muß er gleichsam übertreiben. Alles Denken ist Übertreibung, insofern als jeder Gedanke, der überhaupt einer ist, über seine Einlösung durch gegebene Tatsachen hinausschießt. In dieser Differenz zwischen Gedanken und Einlösung nistet aber wie das Potential der Wahrheit so auch das des Wahns. Darauf dann, daß überhaupt keinem Gedanken jemals die Garantie beigegeben sei, ob nicht die Erwartung enttäuscht werde, die er enthält, kann der Wahn erst recht sich berufen. Isoliert bündige, absolut zuverlässige Einzelkriterien gibt es nicht, die Entscheidung ist nur durch ein Gefüge komplexer Vermittlungen hindurch zu fällen. Husserl hat einmal darauf hingewiesen, daß der Einzelne zahllose Sätze als gültig unterstellen muß, die er weder auf ihre Bedingungen zurückführen noch ganz verifizieren kann. Der tägliche Umgang mit der Technik, der ja längst kein Privileg von Fachausbildung mehr ist, zeitigt unablässig solche Situationen. Der Unterschied von Meinung und Einsicht, nämlich daß die Einsicht die verifizierte Meinung sei, so wie es die übliche Erkenntnistheorie lehrt, war meist eine leere Versprechung, der die tatsächlichen Erkenntnisakte selten sich anmaßen; die Menschen sind individuell und kollektiv genötigt, auch mit Meinungen zu operieren, die ihrer Prüfung prinzipiell entzogen sind. Indem aber der Unterschied von Meinung und Einsicht dadurch selbst der lebendigen Erfahrung entgleitet und als abstrakte Behauptung fern am Horizont hängt, büßt er zumindest subjektiv, im Bewußtsein der Menschen, seine Substanz ein. Sie verfügen über kein Mittel, sich prompt dagegen zu schützen, daß sie ihre Meinungen für Einsichten und Einsichten für bloße Meinung halten. Haben die Philosophen seit Heraklit auf den Vielen herumgehackt, die in der bloßen Meinung befangen blieben, anstatt das wahre Wesen der Dinge zu erkennen, so hat ihr Elite-Denken der underlying population nur eine Schuld aufgebürdet, die bei der Einrichtung der Gesellschaft liegt. Denn die Instanz, welche den Menschen die ad Kalendas Graecas verschobene Entscheidung über Meinung und Wahrheit abnimmt, ist die Gesellschaft. Die communis opinio substituiert die Wahrheit, faktisch, schließlich indirekt auch in manchen positivistischen Erkenntnistheorien. Über das, was wahr und was bloße Meinung, nämlich Zufall und Willkür sein soll, entscheidet nicht, wie die Ideologie es will, die Evidenz sondern die gesellschaftliche Macht, die das als bloße Willkür denunziert, was mit ihrer eigenen Willkür nicht zusammenstimmt. Die Grenze zwischen der gesunden und der pathogenen Meinung wird in praxi von der geltenden Autorität gezogen, nicht von sachlicher Einsicht.

Je mehr diese Grenze verfließt, desto ungehemmter wuchert die Meinung fort. Ihr Korrektiv, das, wodurch sie zur Erkenntnis werden kann, ist die Beziehung des Gedankens zu seinem Gegenstand. Indem er mit diesem sich sättigt, verändert er sich und entäußert sich des Moments der Beliebigkeit; Denken ist keine bloß subjektive Tätigkeit, sondern wesentlich, als was die Philosophie auf ihrer Höhe es wußte, der dialektische Prozeß zwischen Subjekt und Objekt, in dem beide Pole sich selbst überhaupt erst bestimmen. Auch das Organ des Denkens, Klugheit, besteht nicht allein in der formalen Kraft des subjektiven Vermögens, Begriffe, Urteile, Schlüsse korrekt zu bilden, sondern zugleich in der Fähigkeit, dies Vermögen an das zu wenden, was ihm selbst nicht gleicht. Das von der Psychologie »Kathexis« genannte Moment, die Besetzung des Objekts im Denken, ist diesem nicht äußerlich, nicht nur psychologisch, sondern die Bedingung seiner Wahrheit. Wo es verkümmert, verdummt die Intelligenz. Blindheit gegen den Unterschied von Wesentlichem und Unwesentlichem ist dafür ein erster Index. Etwas von dieser Dummheit triumphiert, wann immer die Denkmechanismen sich selbst entrollen, leerlaufen, ihre Formalismen und Ordnungsbestimmungen anstelle der Sache setzen. Spuren dessen trägt die Meinung, die sich in sich festmacht und widerstandslos weitergeht. Meinung ist zunächst Bewußtsein, das seinen Gegenstand noch nicht hat. Schreitet aber solches Bewußtsein lediglich vermöge des eigenen Motors fort, ohne Fühlung mit dem, was es meint und was es eigentlich erst fassen soll, so wird es ihm zu leicht. Meinung, als die von ihrem Gegenstand noch getrennte ratio, gehorcht einer Art von Kräfteökonomie, folgt der Linie des geringsten Widerstands, wenn sie undurchbrochen der bloßen Konsequenz sich überläßt. Diese erscheint ihr ein Verdienst, während sie vielfach nur Mangel dessen ist, was Hegel die »Freiheit zum Objekt« nannte, nämlich die des Gedankens dazu, in der Sache sich selbst zu vergessen und sich zu verändern. Brecht hat dem sehr drastisch den Grundsatz kontrastiert, wer A sagt, müsse nicht B sagen. Bloße Meinung neigt zu jenem Nichtaufhören-Können, das pathische Projektionen heißen darf2.

Zugleich aber ist die permanente Wucherung des Meinens vom Objekt her motiviert. Die Undurchsichtigkeit der Welt nimmt offenbar für das naive Bewußtsein zu, während sie in so vielem durchsichtiger wird. Ihre Übermacht, welche es verwehrt, die dünne Fassade zu durchstoßen, verstärkt solche Naivetät, anstatt daß sie, wie der arglose Bildungsglaube es möchte, geringer würde. An was aber Erkenntnis nicht heranreicht, dessen bemächtigt sich die Meinung als deren Ersatz. Trügend räumt sie die Fremdheit zwischen dem erkennenden Subjekt und der ihm entgleitenden Realität weg. Dabei verrät sich in der Inadäquanz der bloßen Meinung jene Entfremdung selber. Weil dies nicht unsere Welt, weil sie heteronom ist, deshalb kann sie in der verbissenen und hartnäckigen Meinung nur verzerrt sich ausdrücken, und solcher Wahn in der Meinung tendiert dann wiederum dazu, schließlich in totalitären Systemen die Übermacht des Entfremdeten zu vermehren. Darum genügt es weder für die Erkenntnis noch für eine verändernde Praxis, auf den Nonsens der unsäglich populären Anschauungen hinzuweisen, nach denen Menschen sich den Charakterologien und Prognosen unterwerfen, die eine kommerziell wiedererweckte und standardisierte Astrologie an die Tierkreiszeichen knüpft3. Nicht einfach deshalb werden die Menschen sich selbst zum Stier und zur Jungfrau, weil sie so dumm sind, der Suggestion der Zeitungsspalten zu gehorchen, die als selbstverständlich unterstellen, etwas sei daran, sondern weil ihnen jene Clichés, und die stupiden Anweisungen zu einem Leben, die bloß verdoppeln, was sie ohnehin müssen, ihnen wie sehr auch scheinhaft die Orientierung erleichtern und momentan das Gefühl ihrer Fremdheit dem Leben, auch dem eigenen gegenüber beschwichtigen. Die Resistenzkraft der bloßen Meinung erklärt sich aus deren psychischer Leistung. Sie bietet Erklärungen an, durch die man die widerspruchsvolle Wirklichkeit widerspruchslos ordnen kann, ohne sich groß dabei anzustrengen. Hinzu kommt die narzißtische Befriedigung, welche die Patentmeinung gewährt, indem sie ihre Anhänger darin bestärkt, sie hätten es immer gewußt und gehörten zu den Wissenden. Das Selbstvertrauen der unentwegt Meinenden fühlt sich gefeit gegen jedes abweichende konträre Urteil. Diese psychische Leistung wird aber von pathischen Meinungen weit besser erfüllt als von den angeblich gesunden. Karl Mannheim hat einmal darauf aufmerksam gemacht, wie genial der Rassewahn dadurch ein massenpsychologisches Bedürfnis befriedige, daß er es der Majorität erlaubt, sich als Elite zu fühlen und für die Ahnung ihrer Ohnmacht und Inferiorität an einer potentiell wehrlosen Minorität sich zu rächen. Die Ich-Schwäche heute, die gar nicht nur psychologisch ist, sondern in der der seelische Mechanismus die reale Ohnmacht des Einzelnen gegenüber der vergesellschafteten Apparatur registriert, wäre einem unerträglichen Maß an narzißtischer Kränkung ausgesetzt, wenn sie nicht, durch Identifikation mit der Macht und Herrlichkeit des Kollektivs, sich einen Ersatz suchen würde. Eben dazu taugen die pathischen Meinungen, die unaufhaltsam aus dem infantil narzißtischen Vorurteil hervorgehen, man selber sei gut und was anders ist, minderwertig und schlecht.

Die Entwicklung der Meinung zur pathischen erinnert an jene Dinosaurier, deren Geschichte, mit zunehmender Spezialisierung der Organe, die sie immer besser für den Kampf ums Dasein ausstattete, in der Endphase Mißbildung und Auswüchse hervorbrachte. Man nähme solche Entwicklung zu leicht, wenn man sie lediglich von den Menschen, ihrer Psychologie, allenfalls einer Tendenz des Denkens selbst herleiten wollte. Die Zersetzung von Wahrheit durch Meinung samt all dem Verhängnis, das sie involviert, weist zurück auf das, was, zwangvoll und keineswegs als widerrufliche Aberration, mit der Idee von Wahrheit selber sich zutrug. Diese Idee, als die eines Objektiven, unveränderlich sich selbst Gleichbleibenden, Einheitlichen und an sich Seienden, war das Maß, an dem Platon den Gegenbegriff der bloßen Meinung abgelesen und diese als fragwürdig Subjektives kritisiert hatte. Die Geschichte des Geistes aber hat diesen starren Gegensatz von den Ideen als dem Wahren, und dem bloß Seienden, in dessen Bann die hinfälligen Meinungen gefangen sind, nicht unproblematisch stehen lassen. Aristoteles schon wandte ein, daß Idee und Dasein durch keinen Abgrund getrennt, sondern wechselseitig aufeinander verwiesen sind. Kritik hat in zunehmendem Maße die Idee der an sich seienden Wahrheit, die bei Platon der Meinung, der doxa, entgegensteht, selber als bloße Meinung angegriffen und die Frage nach der objektiven Wahrheit zurückgewandt auf das Subjekt, das da erkennen, vielleicht gar solche Wahrheit aus sich heraus erzeugen soll. Auf ihrer Höhe in Kant und Hegel hat die spätere abendländische Metaphysik versucht, die Objektivität von Wahrheit durch ihre Subjektivierung hindurch zu erretten, ja sie dem Inbegriff von Subjektivität, dem Geist gleichzusetzen. Diese Konzeption hat aber weder in den Menschen noch gar in der Wissenschaft sich durchgesetzt. Die Naturwissenschaften verdanken ihre bestechendsten Erfolge gerade einer Preisgabe der Lehre von der Selbständigkeit der Wahrheit, der reinen Formen, und der rückhaltlosen Einschränkung des Wahren auf primär subjektiv beobachtete, dann verarbeitete Tatsachen. Damit ist der Lehre von der an sich seienden Wahrheit etwas von ihrer eigenen Unwahrheit heimgezahlt worden, von jenem Übermut des Subjekts, das sich selbst schließlich zur Objektivität und zur Wahrheit aufwirft und eine Gleichheit oder Versöhntheit von Subjekt und Objekt behauptet, die vom widerspruchsvollen Charakter der Welt Lügen gestraft wird.

Neuerdings wird die Aporie des objektiven Vernunftbegriffs obskurantistisch ausgeschlachtet. Weil man nicht wie mit einem Verwaltungsakt unmittelbar, absolut ausmachen kann, was Wahrheit und was Meinung sei, wird der Unterschied zum höheren Ruhm der Meinung schlechthin geleugnet. Die Fusion von Skepsis und Dogmatismus, deren bereits Kant gewahr wurde, und deren Überlieferung bis in die Anfänge des bürgerlichen Denkens, bis zu Montaignes Verteidigung von Sebond zurückzuverfolgen wäre, feiert fröhliche Urständ in einer Gesellschaft, die vor der eigenen Vernunft zittern muß, weil es noch nicht Vernunft ist. Eingespielt hat sich dafür die Formel: Vernunftglaube. Weil ein jedes Urteil verlange, daß das Subjekt das Geurteilte annehme, also daran glaube, sei der Unterschied zwischen bloßer Meinung oder Glauben und gegründetem Urteil überhaupt hinfällig. Wer rational sich verhalte, der glaube an die ratio ebenso wie der Irrationale an sein Dogma. Deshalb sei das dogmatische Bekenntnis zu einem vermeintlich Geoffenbarten vom selben Wahrheitsgehalt wie die vom Dogma emanzipierte Einsicht. In der Abstraktheit der These versteckt sich ihr Trug. Glaube hier und dort ist ein ganz Verschiedenes: beim Dogma ein sich Festmachen in Sätze, die wider die Vernunft gehen oder ihr inkompatibel sind, bei der Vernunft nichts anderes als die Verpflichtung auf eine Verhaltensweise des Geistes, die nicht gewalttätig sich sistiert oder durchstreicht, sondern in der Negation der falschen Meinung bestimmt sich fortbewegt. Vernunft ist unter keinen allgemeineren Begriff von Glauben oder Meinung zu subsumieren. Sie hat ihren spezifischen Gehalt an der Kritik dessen, was unter diese Kategorien fällt und an sie sich bindet. Das individuelle Moment des Für-wahr-Haltens, das im übrigen gerade auch die geschärfte Theologie als insuffizient von sich weist, ist der Vernunft unwesentlich. Ihr Interesse ist die Erkenntnis; nicht, wofür diese sich hält. Ihre Richtung führt das Subjekt von sich weg, anstatt es in seinen ephemeren Überzeugungen zu bestärken. Bloß in schlecht souveräner Äußerlichkeit lassen Meinung und Einsicht aufs Gemeinsame subjektiver Zueignung eines Bewußtseinsinhalts sich nivellieren; eher ist dies je Gemeinsame, die subjektive Beschlagnahme, bereits der Übergang zum Falschen. In der Motivationsweise eines jeglichen Einzelsatzes, wie fehlbar auch immer er sei, tritt der Unterschied konkret hervor. Mit schöner Unbefangenheit, die auch durch den allzu psychologischen Ton nicht getrübt wird, hat Arthur Schnitzler vor einem Menschenalter aufgezeichnet: »Es ist meist bewußte Unaufrichtigkeit, die Dogmen der Kirche mit den Dogmen der Wissenschaft, selbst wo diese zweifelhaft sein sollten, auf eine Stufe zu stellen. Was – selbst zu Unrecht – als wissenschaftliches Dogma gilt, verdankt seinen Rang in jedem Falle der Ehrlichkeit und der Mühe von Denkern und Forschern und der Nachprüfung von Hunderttausenden Beobachtungen. Das kirchliche Dogma ist im allerbesten Falle die gutgläubige Behauptung eines Visionärs, an die zu glauben Hunderttausende oft nur durch Terrorismus gezwungen werden.«4 Hinzuzufügen wäre dem freilich, daß Vernunft, will sie nicht tatsächlich zweitem Dogmatismus sich verschreiben, auch auf den Begriff von Wissenschaft kritisch zu reflektieren hätte, den Schnitzler noch einigermaßen naiv unterstellte. In solcher Reflexion hat Philosophie ihre Stätte; als sie noch auf sich vertraute, war ihr Wissenschaft nichts anderes, als was solche Selbstreflexion vollbringt, und daß auf diese verzichtet wird, ist selbst Symptom der Rückbildung aufs bloße Meinen.

Denn das geschwächte und der Realität immer hörigere Bewußtsein verliert mittlerweile die Fähigkeit, jene Anspannung der Reflexion zu leisten, die ein Begriff von Wahrheit fordert, der nicht dinghaft und abstrakt der bloßen Subjektivität gegenübersteht, sondern sich entfaltet durch Kritik, kraft der wechselseitigen Vermittlung von Subjekt und Objekt. Im Namen der Wahrheit also, die den Wahrheitsbegriff als eine Schimäre, ein Stück übriggebliebener Mythologie liquidiert, wird die Unterscheidung von Wahrheit und Meinung selbst immer prekärer. Gewiß stellt das gesellschaftliche Bewußtsein, das längst vom philosophischen wie von einer Spezialbranche sich abgeschieden hat, solche Erwägungen nicht an. Aber sie spiegeln sich wider in den Verfahrungsweisen der Forschung, die zum Modell von Erkenntnis überhaupt, im Gegensatz zu bloßer Meinung wurde. Daher ihre Gewalt. Vorgänge, die, wenn man so reden darf, im Inneren des philosophischen Begriffs sich zutragen, haben ihre Konsequenzen für das alltägliche, zumal das gesellschaftliche Bewußtsein. Stillschweigend verzichtet es auf eine Unterscheidung von Wahrheit und Meinung, welche die Bewegung des Geistes nicht unberührt ließ. Dem gewitzigten Bewußtsein wird Wahrheit vielfach so zur Meinung wie jenem Journalisten. Meinung aber substituiert sich als Wahrheit. Anstelle der zugleich problematischen und verpflichtenden Idee von Wahrheit an sich tritt die bequemere der Wahrheit für uns, sei es für alle, sei es wenigstens für viele. »Thirteen million Americans can't be wrong«, heißt ein beliebter Reklameslogan, getreueres Echo des Geistes der Epoche, als dem abgekapselten Stolz derer recht ist, die als Kulturelite sich fühlen. Der Durchschnitt der Meinung wird – mit der gesellschaftlichen Macht, die in ihm sich zusammenballt – zum Fetisch, auf den die Attribute der Wahrheit sich übertragen. Unvergleichlich viel leichter, das Armselige darin zu spüren, darüber sich zu entrüsten oder es zu belächeln, als ihm stringent zu begegnen. Auch die wunderlichen Zumutungen der jüngsten Gestalt der Auflösung des Wahrheitsbegriffs, in manchen – nicht allen – Richtungen des logischen Positivismus, springen in die Augen, während sie gleichzeitig auf ihrem eigenen Boden sehr schwer nur sich widerlegen lassen. Denn das setzte eben jene Beziehungen des Gedankens auf die Sache, jene Erfahrung voraus, die im Namen der Verwandlung des Denkens in eine von der Sache möglichst unabhängige Methode zum alten Eisen geworfen wird. Zeitgemäß ist jener alte common sense, der, während er auf die eigene Vernünftigkeit so viel sich zugute tut, gleichzeitig hämisch der Vernunft abschwört, wissend, daß es in der Welt nicht auf den Gedanken ankommt, sondern auf Besitz und Macht, und der es auch gar nicht anders will. Was sich als die unbestechliche Skepsis dessen geriert, der sich keinen blauen Dunst vormachen lassen will, ist das Achselzucken des Bürgers, »was wird schon sein«, wie es an einer Stelle von Becketts ›Endspiel‹ heißt, die befriedigte Verkündung der subjektiven Relativität aller Erkenntnis. Sie läuft darauf hinaus, daß das sture und verblendete subjektive Eigeninteresse das Maß aller Dinge sein und bleiben solle.

Man kann das an der Geschichte eines der wichtigsten gesellschaftstheoretischen Begriffe wie im Reagenzglas studieren, dessen der Ideologie. In seiner vollen theoretischen Ausbildung war der Ideologiebegriff an eine Lehre von der Gesellschaft geknüpft, die sich als objektiv verstand, den objektiven Bewegungsgesetzen der Gesellschaft nachfragte und eine richtige Gesellschaft dachte, eine, in der objektive Vernunft realisiert, die Illogizität der Geschichte, ihre blinden Widersprüche beseitigt wären. Ideologie hieß dieser Theorie gesellschaftlich notwendiges falsches Bewußtsein, also der Gegensatz zu einem wahren, und war nur in diesem Gegensatz zu bestimmen, zugleich aber selbst ableitbar aus objektiven gesellschaftlichen Gesetzmäßigkeiten, zumal aus der Struktur der Warenform. Noch in ihrer Unwahrheit, als Ausdruck solcher Notwendigkeit, war Ideologie auch ein Stück Wahrheit. Die spätere Wissenssoziologie, insbesondere die von Pareto und Mannheim, hat sich etwas auf ihre wissenschaftlich geläuterte Begrifflichkeit und dogmenfreie Aufgeklärtheit zugute getan, als sie diesen Ideologiebegriff durch einen ersetzte, den sie nicht zufällig den totalen nannte und der mit blinder, totaler Herrschaft nur allzu gut sich zusammenreimte5. Jegliches Bewußtsein soll demnach vorweg interessenbedingt, bloße Meinung sein; die Idee der Wahrheit selbst verdünnt sich zu einer aus diesen Meinungen zu komponierenden Perspektive, ungeschützt gegen den Einwand, auch sie sei nichts als Meinung, die der freischwebenden Intelligenz. Durch solche universale Erweiterung verliert der kritische Ideologiebegriff seinen Sinn. Weil, der lieben Wahrheit zu Ehren, alle Wahrheiten doch bloß Meinungen seien, weicht die Idee von Wahrheit der Meinung. Die Gesellschaft wird von der Theorie nicht länger kritisch analysiert, sondern bestätigt als das, wozu sie real zunehmend wird, ein Chaos ungelenkter, zufälliger Ideen und Kräfte, deren Blindheit das Ganze dem Untergang zutreibt. – Wie schwer die von Nietzsche großartig antezipierte Selbstvernichtung der Wahrheit durch einen unreflektiert losgelassenen Prozeß von Aufklärung zu nehmen ist, läßt an eben solchen Exzentrizitäten sich beobachten wie der Stellung zur pathischen Meinung par excellence, zum Aberglauben. Kant, subjektiver Aufklärer im Namen objektiver Wahrheit, hatte den Aberglauben in seiner gegen Swedenborg gerichteten Schrift ›Träume eines Geistersehers‹ bloßgestellt. Manche Empiristen, die zwar im Gegensatz zu Kant von konstitutiver Subjektivität nichts wissen wollen, dafür aber in ihrer Reduktion des Wahrheitsbegriffs einem seiner selbst unbewußten und darum nur um so ungehemmteren Subjektivismus huldigen, stehen gegen den Aberglauben längst nicht mehr so entschieden. Sie wären geneigt, sich auch ihm gegenüber auf die Neutralität eines begriffslos beobachtenden Wissenschaftsbetriebs zurückzuziehen. Auch okkulten Tatsachen könne man abwartend, beobachtend, vorurteilslos sich nähern. Man begibt sich des Rechts, den Schwindel von der Schwelle fortzuweisen, der darin besteht, daß, was dem eigenen Sinn nach die Grenzen der Möglichkeit sinnlicher Erfahrung überschreitet, zum Gegenstand solcher Erfahrung soll gemacht werden können. Man ist noch dem Wahn gegenüber aufgeschlossen. Es gibt auch falsche Vorurteilslosigkeit, das Abschneiden des Gedankens, das sich besinnungslos den isolierten Materialien der Erkenntnis anvertraut; was Vorurteil und was Vorurteilslosigkeit sei, läßt sich überhaupt nicht abstrakt angeben, sondern entscheidet sich allein in dem Zusammenhang der Erkenntnis wie der Realität, in dem die Frage danach sich stellt. Schon fehlt es, in einer zur Apologetik gestimmten Wissenschaft, nicht an solchen, die sogar die pathischen Vorurteile gelassen verzeichnen und ihre theoretische Durchdringung, ihre Reduktion auf soziale und psychologische Defekte, selber als Vorurteil abtun, während ihrer Meinung zufolge vorurteilslose Wissenschaft genauso gut ein Koordinatensystem zu bilden vermöchte, in dem, wie bei dem verstorbenen Marburger Psychologen Jaensch, die ›Authoritarian Personality‹ zum Positiven würde und die potentiell freien Menschen, die ihr widerstehen, zu dekadenten Schwächlingen. Dahin ist es nicht weit für eine wissenschaftliche Gesinnung, die am Begriff der Wahrheit sich desinteressiert und sich begnügt mit der Herstellung mehr oder minder in sich einstimmiger klassifikatorischer Systeme, in denen man das Beobachtete elegant einfangen kann.

Daß die pathische Meinung der sogenannten normalen immanent ist, zeigt drastisch sich daran, daß, in krassem Widerspruch zu der offiziellen Unterstellung einer vernünftigen Gesellschaft von Vernünftigen, grundlose und unsinnige Vorstellungen jeglichen Schlages keineswegs die Ausnahme, keineswegs im Abnehmen sind. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung der Bundesrepublik ist der Ansicht, es sei an der gleichen Astrologie etwas dran, die schon in der Frühzeit der bürgerlichen Epoche, als die Methoden wissenschaftlicher Kritik noch nicht so entwickelt waren wie heute, Leibniz als die einzige Wissenschaft bezeichnete, für die er nichts hege als Verachtung. Wie viele Menschen immer noch ungezählte Male widerlegten Anschauungen der Rassentheorie anhängen, etwa der Überzeugung, irgendwelche Schädelmerkmale gingen mit Charaktereigenschaften zusammen, ist wohl nur deshalb nicht nachweisbar, weil eine solche Angst vor den Ergebnissen von Umfragen in der Bundesrepublik herrscht, die dem nachgingen, daß sie gar nicht erst angestellt werden. Die Überzeugung, Rationalität sei das Normale, ist falsch. Unterm Bann der zähen Irrationalität des Ganzen ist normal auch die Irrationalität der Menschen. Sie und die Zweckrationalität ihres praktischen Handelns klaffen weit auseinander, aber Irrationalität ist stets auf dem Sprung, auch diese Zweckrationalität, im politischen Verhalten, zu überfluten. Daher rührt eine der ernstesten all der Schwierigkeiten, denen der Begriff der öffentlichen Meinung, in ihrem Verhältnis zur privaten, begegnet. Soll öffentliche Meinung legitim jene Kontrollfunktion ausüben, welche ihr seit Locke die Theorie einer demokratischen Gesellschaft zuschreibt, dann muß sie selbst in ihrer Wahrheit kontrollierbar sein. Gegenwärtig gilt sie für kontrollierbar bloß als der statistische Durchschnittswert der Meinungen aller Einzelnen. In diesem Durchschnittswert müssen notwendig die Irrationalitäten jener Meinung, das Moment ihrer Beliebigkeit und sachlichen Unverbindlichkeit, wiederkehren; sie wäre also gerade nicht jene objektive Instanz, die sie dem eigenen Begriff nach, als Korrektiv fehlbarer politischer Einzelhandlungen, zu sein beansprucht. Wollte man jedoch statt dessen die öffentliche Meinung deren sogenannten Organen gleichsetzen, die mehr wüßten und verständen, so würde zu ihrem Kriterium dieselbe Verfügung über die Mittel der Massenkommunikation, deren Kritik nicht die unwesentlichste Aufgabe der öffentlichen Meinung darstellt. Die öffentliche Meinung gar der einer Schicht gleichzusetzen, die sich selbst als Elite versteht, wäre darum unverantwortlich, weil in einer solchen Gruppe das wirkliche Sachverständnis, und damit die Möglichkeit eines Urteils, das mehr taugt als bloße Meinung, unauflöslich verstrickt ist in Partikularinteressen, die jene Elite wahrnimmt, als ob es die allgemeinen wären. Im Augenblick, in dem eine Elite als solche sich weiß und erklärt, macht sie sich schon zum Gegenteil dessen, was sie zu sein beansprucht, und leitet aus Umständen, die ihr vielleicht manches an rationaler Einsicht gestatten, irrationale Herrschaft ab. Elite mag man in Gottes Namen sein; niemals darf man als solche sich fühlen. Wollte man indessen, angesichts von derlei Aporien, den Begriff der öffentlichen Meinung einfach ausstreichen, auf sie ganz verzichten, so fiele damit doch wiederum ein Moment weg, das noch in einer antagonistischen Gesellschaft, solange sie nicht zur totalitären übergegangen ist, das Schlimmste verhindern kann. Die Revision des Dreyfus-Prozesses, auch der Sturz eines niedersächsischen Kultusministers durch den Widerstand der Göttinger Studenten wären ohne öffentliche Meinung nicht möglich gewesen. Zumal in westlichen Ländern bewahrt sie sich bis in die Zeiten der verwalteten Welt hinein etwas von der Funktion, die sie einmal im Kampf mit dem Absolutismus innehatte. In Deutschland freilich, wo die öffentliche Meinung als wie sehr auch problematische Stimme eines selbständigen Bürgertums nie recht sich formierte, ist ihr auch heute, da sie erstmals kräftiger sich zu regen scheint, etwas von der alten Ohnmacht gesellt.

Die charakteristische Gestalt absurder Meinung heute ist der Nationalismus6. Mit neuer Virulenz steckt er die gesamte Welt an, in einer Phase, in der er zugleich durch den Stand der technischen Produktivkräfte, die potentielle Bestimmung der Erde als eines Planeten, zumindest in den nicht unterentwickelten Ländern, seine reale Basis verloren hat und gänzlich zu der Ideologie geworden ist, die er freilich immer auch schon war. Im Privatleben ist Selbstlob und was ihm ähnelt anrüchig, weil Äußerungen solchen Sinnes allzuviel von der Übergewalt des Narzißmus ausplaudern. Je befangener die Individuen in sich selbst sind und je verhängnisvoller sie die Einzelinteressen verfolgen, die in jener Gesinnung sich abbilden und deren sture Gewalt auch wiederum von ihr verstärkt wird, desto sorgfältiger muß eben dies Prinzip verschwiegen, muß unterstellt werden, es gehe, wie der nationalsozialistische Slogan lautete, Gemeinnutz vor Eigennutz. Gerade die Kraft des Tabus über dem individuellen Narzißmus jedoch, dessen Verdrängung, verleiht dem Nationalismus die perniziöse Macht. Im Leben des Kollektivs geht es anders zu als nach den Spielregeln in den Beziehungen zwischen den Individuen. Schon bei jedem Fußballmatch jubelt die jeweils einheimische Bevölkerung unter Mißachtung des Gastrechts schamlos dem eigenen Team zu; der heute nicht umsonst so gern en canaille behandelte Anatole France konstatierte in der ›Insel der Pinguine‹, daß jedes Vaterland über allen in der Welt ist. Man müßte nur die Normen des bürgerlichen Privatlebens ernst nehmen und zu gesellschaftlichen erheben. Aber eine derart gutmütige Empfehlung verkennt die Unmöglichkeit, daß es dazu komme unter Bedingungen, die den Einzelnen solche Versagungen auferlegen, ihren individuellen Narzißmus so konstant enttäuschen, sie real so sehr zur Ohnmacht verdammen, daß sie zu kollektivem Narzißmus verurteilt sind. Ersatzweise zahlt er ihnen dann gleichsam als Individuen etwas von jener Selbstachtung zurück, die ihnen dasselbe Kollektiv entzieht, von dem sie die Rückerstattung erhoffen, indem sie wahnhaft mit ihm sich identifizieren. Der Glaube an die Nation ist mehr als jedes andere pathische Vorurteil die Meinung als Verhängnis; die Hypostasis dessen, wozu man nun einmal gehört, wo man nun einmal steht, als des Guten und Überlegenen schlechthin. Er bläht die abscheuliche Notstandsweisheit, daß wir alle im gleichen Boot sitzen, zur moralischen Maxime auf. Gesundes Nationalgefühl vom pathischen Nationalismus zu scheiden, ist so ideologisch wie der Glaube an die normale Meinung gegenüber der pathogenen; unaufhaltsam ist die Dynamik des angeblich gesunden Nationalgefühls zum überwertigen, weil die Unwahrheit in der Identifikation der Person mit dem irrationalen Zusammenhang von Natur und Gesellschaft wurzelt, in dem die Person zufällig sich findet.

Angesichts alles dessen bleibt es bei dem Diktum Hegels, der bereits den Widerspruch im Inneren des Begriffs der öffentlichen Meinung selbst gewahrte, ehe er sich real voll entfalten konnte: die öffentliche Meinung sei zugleich zu achten und zu verachten. Das Paradoxon rührt nicht von schwankender Unentschiedenheit derer her, die über Meinung nachzudenken haben, sondern ist unmittelbar eins mit dem Widerspruch der Realität, der die Meinung gilt und von der die Meinung produziert wird. Keine Freiheit ohne die Meinung, die von der Realität abweicht; aber solche Abweichung gefährdet die Freiheit. Die Idee der freien Meinungsäußerung, die von der Idee einer freien Gesellschaft gar nicht getrennt werden kann, wird notwendig zu dem Recht, die eigene Meinung vorzubringen, zu verfechten und womöglich durchzusetzen, auch wenn sie falsch, irr, verhängnisvoll ist. Wollte man aber darum das Recht der freien Meinungsäußerung beschneiden, so steuerte man unmittelbar auf jene Tyrannei los, die freilich mittelbar in der Konsequenz von Meinung selbst liegt. Der Antagonismus im Begriff der freien Meinungsäußerung läuft darauf hinaus, daß dieser die Gesellschaft als die von Freien, Gleichen und Mündigen setzt, während ihre eigene reale Einrichtung all das hintanhält und einen Zustand permanenter Regression der Subjekte produziert und reproduziert. Das Recht auf freie Meinungsäußerung unterstellt eine Identität des Einzelwesens und seines Bewußtseins mit dem rationalen Gesamtinteresse, welche in eben der Welt verhindert wird, in der man sie der Form nach als gegeben ansieht.

Heute ist es vollends problematisch, der bloßen Meinung im Namen von Wahrheit zu opponieren, weil zwischen jener und der Realität eine fatale Wahlverwandtschaft sich herstellt, die dann wiederum der Verstocktheit der Meinung zugute kommt. Sicherlich ist die Meinung der Närrin, die ihr Bett im Schlafzimmer anders aufstellen läßt, um sich vor der Gefahr bösartiger Strahlungen zu schützen, pathogen. Aber die Gefahr von Strahlen in der atomverseuchten Welt ist so angewachsen, daß ihre Sorge nachträglich von derselben Vernunft honoriert wird, der ihr psychotischer Charakter sich entzieht. Die objektive Welt nähert sich dem Bild, das der Verfolgungswahn von ihr entwirft. Davor bleibt der Begriff des Verfolgungswahns, und die pathische Meinung insgesamt, nicht geschützt. Wer heute noch das Pathogene der Realität mit den traditionellen Kategorien des Menschenverstandes zu begreifen hofft, verfällt der gleichen Irrationalität, vor der er sich durch seine Treue zum gesunden Menschenverstand zu sichern einbildet.

Man mag die allgemeine Bestimmung riskieren, die pathische Meinung sei die verhärtete, das verdinglichte Bewußtsein, die lädierte Fähigkeit zur Erfahrung. Die seit der Platonischen Kritik an der Sophistik nachgeredete Identifikation der doxa mit bloß subjektiver Vernunft nennt denn auch nur ein Moment. Meinung, und gewiß die pathische, ist immer zugleich auch Mangel an Subjektivität und gesellt sich deren Schwäche. Den Platonischen Karikaturen der fuchtelnden Widersacher des Sokrates ist das deutlich eingezeichnet. Wo das Subjekt die Kraft zur vernünftigen Synthesis nicht mehr hat oder sie, verzweifelnd vor Übermacht, verleugnet, dort nistet Meinung sich ein. Meist ist es mit dem Subjektivismus dabei gar nicht weit her; vielmehr redet auf ihn automatisch fast Bewußtsein sich heraus, das gerade nicht jenes Selbstbewußtsein ist, dessen die Erkenntnis bedarf, um objektiv zu geraten. Was das Subjekt im Namen von Meinung sich als private Prärogative zuschreibt, ist durchweg nur der Abdruck der objektiven Verhältnisse, in die es eingelassen ist. Seine vermeintliche Meinung wiederholt die geronnene aller. Dem Subjekt, das keine genuine Beziehung zur Sache hat; das abprallt von ihrer Fremdheit und Kälte, wird alles, was es darüber sagt, für es selbst und auch an sich, zu bloßer Meinung, einem Reproduzierten und Registrierten, das ebenso auch anders sein könnte. Die subjektivistische Reduktion auf die Zufälligkeit individuellen Bewußtseins fügt sich genau in den unterwürfigen Respekt vor einer Objektivität, die solches Bewußtsein unangefochten stehen läßt und der es die Reverenz zeigt noch in der Versicherung, was immer es denke, sei angesichts ihrer Gewalt unverbindlich; nach deren Maß sei Vernunft überhaupt nichts. In der Zufälligkeit des Meinens spiegelt sich der Riß zwischen Objekt und Vernunft. Das Subjekt ehrt die Mächte, indem es zur eigenen Zufälligkeit sich erniedrigt. Darum ist der Stand pathischer Meinung durch das bloße Bewußtsein kaum zu ändern. Die Verdinglichung des Bewußtseins, das zur Dingwelt überläuft, vor ihr kapituliert, ihr sich gleichmacht; die verzweifelte Anpassung dessen, der die Kälte und Übergewalt der Welt anders nicht zu bestehen vermag, als indem er sie womöglich überbietet, gründet in der verdinglichten, der Unmittelbarkeit menschlicher Beziehungen entäußerten, vom abstrakten Prinzip des Tausches beherrschten Welt. Gibt es wirklich kein richtiges Leben im falschen, so kann es eigentlich auch kein richtiges Bewußtsein darin geben. Nur real, nicht durch ihre intellektuelle Berichtigung allein wäre über die falsche Meinung hinauszukommen. Ein Bewußtsein, das heute und hier jener Verhärtung der Meinung ganz entsagte, die das pathische Prinzip ist, wäre ebenso problematisch wie jene Verhärtung selbst. Es verfiele dem flüchtigen strukturlosen Wechsel von Anschauung zu Anschauung, jenem molluskenhaften Unwesen, das an manchen sogenannten feinsinnigen Menschen sich beobachten läßt, und das zur Synthesis der Einsicht gar nicht erst gelangt, die dann im verdinglichten Bewußtsein einfriert. Ein solches, gewissermaßen paradiesisches Bewußtsein wäre a priori der Realität unangemessen, die es zu erkennen hat und die das Verhärtete selbst ist. Jegliche Anweisung zum richtigen Bewußtsein wäre vergeblich. Eigentlich besteht es nur in der Anstrengung, unermüdlich auf seine Aporien und auf sich selber zu reflektieren.

Die angelsächsische Gestalt des Problems von Meinung ist die Aufweichung von Wahrheit durch Skepsis. Die objektive Erkenntnis der Realität, und damit die Frage ihrer Gestaltung, wird auf die erkennenden Subjekte reduziert, so wie deren in keinem objektiven Oberbegriff versöhnte Interessen nach der Doktrin des Liberalismus das Ganze blindlings reproduzieren sollen, das sie doch zugleich immerfort zu zerreißen drohen. Der latente, sich selbst verborgene Subjektivismus der objektivszientifischen Gesinnung des angelsächsischen Kulturkreises geht zusammen mit Mißtrauen gegen ungezügelte Subjektivität, mit der steten, bereits automatisierten Neigung, Erkenntnisse durch den Hinweis auf ihre Bedingtheit im Erkennenden zu relativieren. Mit starken Affekten wird das Bewußtsein vom eigenen Subjektivismus, das Gedächtnis daran abgewehrt, daß die Position, die man selbst einnimmt, keine andere Rechtsquelle hat als das in letzter Instanz bloßen Individuen unmittelbar Gegebene und damit schließlich die Meinung. – Die deutsche Versuchung, wenn nicht die all der Völker, die östlich des mittelländischen Kulturkreises leben und niemals ganz latinisiert wurden, ist demgegenüber die unansprechbare Verhärtung der Idee objektiver Wahrheit, welche diese nicht minder zu einem nur Subjektiven macht, als die Meinung es ist. Der Kapitulation vor undurchdrungenen Fakten und der Anpassung des Gedankens an die je bestehende Realität im Westen entspricht in Deutschland der Mangel an Selbstbesinnung, die Unerbittlichkeit des Größenwahns. Beide Gestalten des Bewußtseins, die, welche vor den Tatsachen sich beugt, und die, welche sich als Souverän oder Schöpfer der Tatsachen verkennt, sind wie die auseinandergesprungenen Hälften der Wahrheit, die in der Welt nicht sich realisierte und deren Scheitern auch den Gedanken schlägt. Aus ihren Stücken läßt die Wahrheit nicht sich zusammenflicken. Im Effekt verstehen sie sich gar nicht schlecht: wer die Welt, in der man sein Plätzchen sucht, so läßt, wie sie ist, bestätigt sie als das wahre Sein, als eben das Gesetz, das sie ist und von dem der herrschaftliche Geist sich einbildet, er sei es selber. Die traditionelle deutsche Metaphysik, und der Geist, der sie hervorbrachte und in dem sie nachlebt, verbeißt sich in die Wahrheit und fälscht sie tendenziell in ein beliebig Gemeintes, eine ewige pars pro toto. Der Positivismus sabotiert Wahrheit durch den Verweis auf angeblich bloße Meinung und nimmt dadurch deren Partei, daß ihm nichts übrigbleibt als sie. Gegen beides hilft nichts als die unbeirrte Anstrengung von Kritik. Wahrheit hat keinen Ort als den Willen, der Lüge von Meinung zu widerstehen.

Der Gedanke, wahrscheinlich nicht erst der von heute, erprobt sich in der Liquidation der Meinung: buchstäblich der herrschenden. Diese ist nicht bloße Unzulänglichkeit der Erkennenden, sondern ihnen aufgedrungen von der gesellschaftlichen Gesamtverfassung und damit von den Herrschaftsverhältnissen. Ihre Verbreitung gewährt einen ersten Index des Falschen: wie weit die Gedankenkontrolle durch Herrschaft reicht. Deren Signatur ist die Banalität. Daß das Banale, als Selbstverständliches, unproblematisch sei; daß darüber dann schichtenweise das Differenziertere sich erhebe, ist selbst ein Stück jener Meinung, die zu liquidieren wäre. Das Banale kann nicht wahr sein. Was, in einem falschen Zustand, von allen akzeptiert wird, hat, indem es diesen Zustand als den ihren bestätigt, vor jedem besonderen Inhalt schon sein ideologisches Unwesen. Kruste verdinglichter Meinungen, beschirmt es das Bestehende und sein Gesetz. Dagegen sich zu wehren, ist allein noch nicht die Wahrheit und mag leicht genug in der abstrakten Negation verkommen. Aber es ist das Agens jenes Prozesses, ohne den Wahrheit nicht ist. Die Kraft des Gedankens jedoch mißt sich daran, daß er im Bestreben, Meinung zu liquidieren, nicht allzu leicht dadurch sich befriedigt, daß er bloß nach außen sich zuspitzt. Er soll der Meinung auch in sich selbst widerstehen. Nämlich der jeweiligen Position oder Richtung, der im Stand totaler Vergesellschaftung zugehört noch, wer leidenschaftlich sich dagegen sträubt. Sie bildet in ihm selber das Moment von Meinung, das er reflektieren, dessen Beschränktheit er sprengen muß. Schlecht am Gedanken ist all das, was ungebrochen solche Position wiederholt; was so redet wie jene, die vorweg mit dem Autor gleicher Meinung sind. In diesem Habitus wird der Gedanke stillgestellt, zum bloßen Vortrag eines Akzeptierten erniedrigt und unwahr. Denn er drückt, was er nicht durchdrungen hat, aus, als wäre es sein Resultat. Kein Gedanke, dem nicht Reste solcher Meinung innewohnen. Sie sind ihm notwendig und äußerlich zugleich. Element des Denkens ist, sich treu zu bleiben, indem es an diesen Momenten sich negiert. Das ist die kritische Gestalt des Gedankens. Sie erst, nicht sein befriedigtes Einverständnis mit sich selbst mag zur Veränderung helfen.

 
Fußnoten

 

1 Vgl. Max Horkheimer, Die Aktualität Schopenhauers, in: Max Horkheimer und Theodor W. Adorno, Sociologica II. Reden und Vorträge, 2. Aufl., Frankfurt a.M. 1967, S. 124ff.

 

2 Vgl. Max Horkheimer und Theodor W. Adorno, Dialektik der Aufklärung, Amsterdam 1947, S. 220ff. [GS 3, s. S. 211ff.]

 

3 Vgl. Theodor W. Adorno, Aberglaube aus zweiter Hand, in: Sociologica II, a.a.O., S. 142ff. [jetzt auch: GS 8, s. S. 147ff.].

 

4 Arthur Schnitzler, Bemerkungen. Aus dem Nachlaß, in: Die neue Rundschau 73 (1962), S. 350.

 

5 Vgl. Ideologie, in: Institut für Sozialforschung, Soziologische Exkurse. Nach Vorträgen und Diskussionen, Frankfurt a.M. 1956, S. 162ff.

 

6 Vgl. Text S. 562f.

 

 
Gesammelte Werke
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