Sittlichkeit und Kriminalität

 

Zum elften Band der Werke von Karl Kraus

Für Lotte von Tobisch

 

Der Herausgeber der neuen Edition von ›Sittlichkeit und Kriminalität‹, Heinrich Fischer, sagt im Nachwort, kein Buch von Karl Kraus sei aktueller als dies vor bald sechzig Jahren publizierte. Das ist die pure Wahrheit. Trotz allem Geschwätz vom Gegenteil hat in der Grundschicht der bürgerlichen Gesellschaft nichts sich geändert. Böse hat sie sich vermauert, als wäre sie so naturgesetzlich-ewig, wie sie es ehedem in ihrer Ideologie positiv behauptete. Sie läßt die Verhärtung des Herzens, ohne welche die Nationalsozialisten nicht unbehelligt Millionen hätten morden können, so wenig sich abmarkten wie die Herrschaft des Tauschprinzips über die Menschen, den Grund jener subjektiven Verhärtung. Flagrant wird das Bedürfnis, zu bestrafen, was nicht zu bestrafen wäre. Die Judikatur maßt, nach der Diagnose von Kraus, mit der Verstocktheit des gesunden Volksempfindens das Recht zur Verteidigung nicht-existenter Rechtsgüter sich an, selbst wo nachgerade sogar die offizielle Wissenschaft in der Majorität ihrer Vertreter nicht länger zu dem sich hergibt, wogegen in den ersten Jahren des Jahrhunderts nur wenige, damals von Kraus gerühmte Psychologen wie Freud und William Stern anzugehen wagten. Je geschickter das fortdauernde soziale Unrecht unter der unfreien Gleichheit der Zwangskonsumenten sich versteckt, desto lieber zeigt es im Bereich nicht-sanktionierter Sexualität seine Zähne und bedeutet den erfolgreich Nivellierten, daß die Ordnung im Ernst nicht mit sich spaßen läßt. Geduldetes Freiluftvergnügen und ein paar Wochen mit einteiligem Bikini haben womöglich nur eine Wut gesteigert, die, hemmungsloser als je die von ihr verfolgten sogenannten Laster, sich zum Selbstzweck wird, seitdem sie auf die theologischen Rechtfertigungen verzichten muß, die zuzeiten auch für Selbstbesinnung, und Duldung, Raum gewährten.

Der Titel ›Sittlichkeit und Kriminalität‹ wollte ursprünglich nichts, als zwei Zonen auseinanderhalten, von denen Kraus wußte, daß sie nicht bruchlos ineinander aufgehen; die der privaten Ethik, in der kein Mensch über einen anderen richten dürfe, und die der Legalität, welche Eigentum, Freiheit, Unmündigkeit zu schützen habe. »Wir können uns nicht daran gewöhnen, Sittlichkeit und Kriminalität, die wir so lange für siamesische Begriffszwillinge hielten, von einander getrennt zu sehen.«1 Denn: »die schönste Entfaltung meiner persönlichen Ethik kann das materielle, leibliche, moralische Wohl meines Nebenmenschen, kann ein Rechtsgut gefährden. Das Strafgesetz ist eine soziale Schutzvorrichtung. Je kulturvoller der Staat ist, umso mehr werden sich seine Gesetze der Kontrolle sozialer Güter nähern, umso weiter werden sie sich aber auch von der Kontrolle individuellen Gemütslebens entfernen.«2 Diesem Gegensatz genügt jedoch nicht einfach die Trennung verschiedener Gebiete. Er drückt den Antagonismus eines Ganzen aus, welches nach wie vor die Versöhnung des Allgemeinen und des Besonderen beiden verweigert. Zur Dialektik wird Kraus allmählich von der Gewalt der Sache gedrängt, und ihr Fortgang schafft die innere Form des Buches. Sittlichkeit, die herrschende, jetzt und hier geltende, produziere Kriminalität, werde kriminell. Berühmt wurde der Satz: »Ein Sittlichkeitsprozeß ist die zielbewußte Entwicklung einer individuellen zur allgemeinen Unsittlichkeit, von deren düsterem Grunde sich die erwiesene Schuld des Angeklagten leuchtend abhebt.«3

Die Befreiung des Sexus von seiner juristischen Bevormundung möchte tilgen, wozu ihn der soziale Druck macht, der in der Psyche der Menschen als Hämischkeit, Zote, grinsendes Behagen und schmierige Lüsternheit sich fortsetzt. Die Libertinage des Amüsierbetriebes, die Anführungszeichen, in die ein Gerichtsreporter das Wort Dame setzt, wenn er ihr Privatleben betasten will, und die offizielle Entrüstung sind von gleichem Blute. Kraus wußte alles über die Rolle des Sexualneids, der Verdrängung und der Projektion in den Tabus. Mag er darin bloß für sich wiederentdeckt haben, was nachsichtige Skepsis von je vorbrachte – und der Parodist Kraus ist einer der wenigen in der Geschichte, der nicht, als Freund alter Sitten, ins Gezeter über Verderbnis einstimmte; quo usque tandem abutere, Cato, patientia nostra?, fragte er –: der antipsychologische Psychologe verfügt auch über Einsichten recentester Art wie die in die Gereiztheit des Glaubens, sobald er seiner selbst nicht mehr sicher ist: »Man muß die leichte Reizbarkeit des katholischen Gefühls kennen. Es gerät immer in Wallung, wenn der Andere es nicht hat. Die Heiligkeit einer religiösen Handlung hält den Religiösen nicht so ganz gefangen, daß er nicht die Geistesgegenwart hätte, zu kontrollieren, ob sie den Andern gefangen hält, und die von wachsamen Kooperatoren geführte Menge hat sich daran gewöhnt, die eigentliche Andacht nicht so sehr im Abnehmen des Hutes wie im Herunterschlagen des Hutes zu betätigen.«4 Das verdichtet er zur Sentenz: »Gewissensbisse sind die sadistischen Regungen des Christentums. So hatte Er's nicht gemeint.«5 Nicht nur den Zusammenhang der Tabus mit einem in sich selbst unsicheren religiösen Eifer hat er gewahrt, sondern auch jenen mit völkischer Ideologie, den die Sozialpsychologen erst ein Menschenalter später erhärten konnten. Wo er gleichwohl gegen die Wissenschaft, zumal die Psychologie, seine Pointen kehrt, bekämpft er nicht die Humanität von Aufklärung sondern ihre Inhumanität, das Einverständnis mit dem herrschenden Vorurteil, den Hang zum Schnüffeln, zum Einbruch in die Privatsphäre, die zumindest in ihren Anfängen die Psychoanalyse vor gesellschaftlicher Zensur retten wollte. Wissenschaft so wenig wie irgendeine isolierte Kategorie ist ihm als solche gut oder schlecht. Das Bewußtsein von der unseligen Verkettung des Ganzen hebt die Position von Kraus scharf von der einer Toleranz im schmählichen Ganzen ab, die auch es toleriert und ihrerseits, geschäftlichen Interessen hörig, den Puritanismus als dessen Reversbild ergänzt. Kraus hütet sich, gegen das herrschende Unwesen Freiheit frisch-fröhlich zu entwerfen. Der für Philosophie, trotz des unvergleichlichen Gedichts über Kant, schwerlich allzuviel Neigung hegte, hat auf eigene Faust das Prinzip der immanenten Kritik entdeckt, Hegel zufolge der allein fruchtbaren. Er akzeptiert es im Programm einer »rein dogmatische[n] Analyse eines strafrechtlichen Begriffes, die die bestehende Rechtsordnung nicht negiert, sondern interpretiert«6. Immanente Kritik ist bei Kraus mehr als Methode. Sie bedingt die Wahl des Gegenstands seiner Fehde mit dem bürgerlichen Kommerzialismus. Nicht bloß um der glanzvollen Antithese willen verhöhnt er die Käuflichkeit der Presse und verteidigt die der Prostitution: »So hoch das Freimädchen moralisch über dem Mitarbeiter des volkswirtschaftlichen Teiles steht, so hoch steht die Gelegenheitsmacherin über dem Herausgeber. Sie hat nie gleich diesem vorgeschützt, die Ideale hochzuhalten, aber der von der geistigen Prostitution seiner Angestellten lebende Meinungsvermittler pfuscht oft genug der Kupplerin auf ihrem eigensten Gebiet ins Handwerk. Nicht in puritanischem Entsetzen habe ich hin und wieder auf die Sexualinserate der Wiener Tagespresse hingewiesen. Unsittlich sind sie bloß im Zusammenhang mit der vorgeblich ethischen Mission der Presse, geradeso wie Inserate einer Sittlichkeitsliga in Blättern, die für die Sexualfreiheit kämpfen, in höchstem Grade anstößig wären. Und wie die moralistische Anwandlung einer Kupplerin auch nicht an und für sich, sondern nur im Zusammenhang mit ihrer Mission unsittlich ist.«7

Der Haß von Kraus gegen die Presse ist gezeitigt von seiner Besessenheit von der Forderung nach Diskretion. Auch in dieser manifestiert sich der bürgerliche Antagonismus. Der Begriff des Privaten, den Kraus ohne Kritik ehrt, wird vom Bürgertum fetischisiert zum My home is my castle. Andererseits ist nichts, das Heiligste nicht und nicht das Privateste, sicher vorm Tausch. Nie zögert die Gesellschaft, die Geheimnisse, in deren Irrationalität ihre eigene sich verschanzt, auf dem Markt auszubieten, sobald verdrückte Lust am Verbotenen dem Kapital in der Sphäre der Publizität neue Investitionschancen gewährt. Erspart blieb Kraus noch der Schwindel, der heute mit dem Wort Kommunikation getrieben wird; das wissenschaftlich wertneutrale air für das, was einer dem anderen mitteilt, um zu verschleiern, daß zentrale Stellen, die zusammengeballte wirtschaftliche Macht und ihre administrativen Handlanger, die Masse durch Anpassung an sie dupieren. Das Wort Kommunikation täuscht vor, das quid pro quo wäre die natürliche Folge der elektrischen Erfindungen, die es bloß für den direkten oder indirekten Profit mißbraucht. In den Kommunikationen ist zum Gesetz des Geistes geworden, was Kraus als dessen Auswuchs vor einem Menschenalter wegschneiden wollte. Verhaßt ist ihm nicht der Kommerzialismus als solcher – das wäre nur einer Gesellschaftskritik möglich, deren Kraus sich enthielt – sondern der Kommerzialismus, der sich nicht einbekennt. Er ist Kritiker der Ideologie im genauen Sinn: er konfrontiert das Bewußtsein, und die Gestalt seines Ausdrucks, mit der Realität, die es verzerrt. Bis zu den großen Polemiken der reifen Zeit gegen Erpresserfiguren benutzte er die Prämisse, die Herrschaften sollten treiben, was sie mochten; nur sollten sie es zugeben. Ihn leitete die tiefe, wie immer auch unbewußte Einsicht, das Böse und Zerstörende höre, sobald es sich nicht mehr rationalisiert, auf, ganz böse zu sein, und möchte durch Selbsterkenntnis etwas wie zweite Unschuld gewinnen. Die Moralität von Kraus ist Rechthaberei, gesteigert bis zu dem Punkt, wo sie umschlägt in den Angriff aufs Recht selber; advokatorischer Gestus, der den Advokaten das Wort in der Kehle erstickt. Juristisches Denken nimmt er bis in die Kasuistik hinein so streng, daß das Unrecht des Rechts darüber sichtbar wird; dazu hat sich bei ihm das Erbteil des verfolgten und plädierenden Juden vergeistigt, und durch diese Vergeistigung hat zugleich das Rechthaben seine Mauern durchstoßen. Kraus ist der Shylock, der das eigene Herzblut hergibt, wo der Shakespearesche das Herz des Bürgen herausschneiden möchte. Er verbarg nicht, was er von der Jurisdiktion hielt: »›Der Richter verurteilte die Angeklagte zu einer Woche strengen Arrests.‹ Den Richter hat man.«8 Mit desto größerem Bedacht fügte er in das Buch den Exkurs über den Begriff der Erpressung9 ein, dem schwerlich Fachleute die Kompetenz juristischen Denkens bestritten. Der Verächter der offiziellen Wissenschaft qualifiziert sich als Wissenschaftler. Die Spur des Juridischen reicht tief bis in die Kraus'sche Sprachtheorie und -praxis hinein: er führt Prozesse in Sachen der Sprache gegen die Sprechenden, mit dem Pathos der Wahrheit wider die subjektive Vernunft. Archaisch die Kräfte, die dabei ihm zuwachsen. Sind alle Kategorien der Erkenntnis, einer wissenssoziologischen Hypothese zufolge, aus solchen der Rechtsfindung entsprungen, so desavouiert Kraus die Intelligenz, Verfallsform von Erkenntnis, ihrer Dummheit wegen, indem er sie zurückübersetzt in jene Rechtsverhältnisse, welche sie, zum formalen Prinzip ausgeartet, verleugnet. Dieser Prozeß reißt das geltende Recht in sich hinein. Kraus konstatiert: »Das Charakteristische der österreichischen Strafrechtspflege ist, daß sie Zweifel schafft, ob man mehr die richtige oder die falsche Anwendung des Gesetzes beklagen soll.«10 Schließlich zog er die extreme Konsequenz, als er wahrhaft das Recht in die eigene Hand nahm und 1925 in einer Vorlesung, die keiner vergessen wird, der zugegen war, den Herrn der ›Stunde‹, Imre Bekessy, mit den Worten »hinaus mit dem Schuft aus Wien« von der Stätte seines Wirkens endgültig vertrieb. Seit Kierkegaards Kampf gegen die Christenheit hat kein Einzelner so eingreifend das Interesse des Ganzen gegen das Ganze wahrgenommen.

Titel und fabula docet des Shakespeareschen ›Maß für Maß‹, das vor dem einleitenden Aufsatz ausführlich zitiert wird, sind für den immanenten Kritiker kanonisch. Als Künstler nährt ihn die Goethesche Tradition, daß eine Sache, die selber redet, unvergleichlich viel mehr Gewalt hat als hinzugefügte Meinung und Reflexion. Die Sensibilität des »Bilde Künstler, rede nicht« ist verfeinert bis zum Unbehagen am Bilden herkömmlichen Sinnes. Kraus argwöhnt noch in der sublimen ästhetischen Fiktion das schlechte Ornament. Gegenüber dem Schrecken der nackten, ohne Zusatz hingestellten Sache erniedrigt selbst das dichterische Wort sich zur Beschönigung. Für Kraus wird die ungestalte Sache zum Ziel der Gestaltung, Kunst so geschärft, daß sie sich kaum mehr erträgt. Dadurch assimiliert seine Prosa, die sich primär als ästhetisch empfand, sich der Erkenntnis. Wie diese darf sie keinen richtigen Zustand ausmalen, der notwendig die Schmach des falschen mitschleppte, aus dem er extrapoliert ward. Lieber überantwortet verzweifelte Sehnsucht sich einer Vergangenheit, deren eigenes Grauen durch Vergängnis versöhnt erscheint, als daß Kraus für den »Einbruch einer traditionslosen Horde« einträte: mit Grund hat er »zuweilen selbst die gute Sache aus Abscheu gegen ihre Verfechter im Stich gelassen«11. Halbe und ängstliche Apologie der Freiheit ist ihm womöglich noch verhaßter als die plane Reaktion. Eine Schauspielerin hat »vor Gericht ihr Verhalten mit den freieren Sitten der Theatermenschheit entschuldigt«. Kraus sagt gegen sie: »Ihre Unwahrhaftigkeit lag darin, daß sie zu ihrer Rechtfertigung sich erst auf eine Konvention, auf die Konvention der Freiheit, berufen zu müssen glaubte.«12 So frei war Kraus auch der Freiheit gegenüber, daß er über dieselbe Frau von Hervay, die er vor den Leobener Richtern beschützt hatte, einen vernichtenden Aufsatz schrieb, als sie ihre Memoiren veröffentlichte. Nicht nur deshalb, weil sie darin eine bündige Zusicherung brach: die Unselige hatte zu schreiben begonnen, und vor Gedrucktem hörte die Solidarität von Kraus mit der verfolgten Schuld jäh auf. Die ethischen Deklamationen der Skribentin decouvrierten sie als artverwandt mit ihren Peinigern. Wenige Erfahrungen müssen für Kraus so bitter gewesen sein wie die, daß die Frauen, die permanenten Opfer patriarchalischer Barbarei, diese sich einverleibt haben und sie proklamieren, noch wo sie sich zur Wehr setzen: »Aber sogar die Protokolle der Mädchen – man sehe, wie lebensecht Protokolle sind – enthielten in allen erdenklichen Variationen die Erklärung: ›Ich habe keinen Schandlohn bekommen.‹«13 Man kann erraten, wie danach die Frauenrechtlerinnen abschneiden, nämlich wie bei Frank Wedekind, mit dem Kraus befreundet war: »Und die Frauenrechtlerinnen? Anstatt für die Naturrechte des Weibes zu kämpfen, erhitzen sie sich für die Verpflichtung des Weibes zur Unnatur.«14 Die wahrhaft emanzipierte Intelligenz von Kraus hebt einen Konflikt ins Bewußtsein, der seit der beruflichen Emanzipation der Frauen sich formierte, welche sie nur desto gründlicher als Geschlechtswesen unterdrückte. Unter den Saint-Simonisten, zwischen Bazard und Enfantin, wurde mit der Naivetät stur behaupteter Standpunkte ausgefochten, worüber erst Kraus sich erhob, indem er es als Antinomie bestimmte. Solche Zweideutigkeit des Fortschritts ist universal. Sie veranlaßt ihn dazu, manchmal nicht Milderung sondern Verschärfung von Strafgesetzen zu fordern. Die Sachverhalte, die das motivierten, begegnen stereotyp dem wieder, der mit jenem bösen Blick, in dem heute wie damals Güte sich zusammenzieht, die Gerichtsspalten der Zeitungen liest: »Vor einem galizischen Schwurgericht wird eine Frau, die ihr Kind totgeprügelt hat, von der Anklage des Mordes, beziehungsweise Totschlags freigesprochen und wegen ›Überschreitung des häuslichen Züchtigungsrechtes‹ zur Strafe des Verweises verurteilt. ›Sie Angeklagte, Sie haben Ihr Kind getötet. Daß mir so etwas nicht wieder vorkommt!‹ ... Und man erfährt nicht einmal, ob die Angeklagte für den Beweis ihrer Besserungsfähigkeit ein zweites Kind vorrätig hat.«15 Das sind die wahren anthropologischen Invarianten, kein ewiges Menschenbild. Auch ›Volltrunkenheit‹ ist nach wie vor als mildernder Umstand bei denen beliebt, die sonst gar zu gern Exempel statuieren; Kraus mußte das erleben, nachdem er von einem antisemitischen Rüpel der Unterhaltungsbranche mißhandelt worden war16.

Des Antisemitismus zeiht man ihn, den Juden, selbst. Verlogen trachtet die restaurative deutsche Nachkriegsgesellschaft den intransigenten Kritiker unter Berufung darauf loszuwerden. Das drastische Gegenteil steht in ›Sittlichkeit und Kriminalität‹: »Und ist nicht auch der Kretinismus, der die Parteinahme für eine Mißhandelte der ›jüdischen Solidarität‹ zuschreibt, seines Lacherfolges sicher? Ich allein könnte mit Leichtigkeit hundert ›Arier‹ – ohne Anführungszeichen sollte das dumme Wort gar nicht mehr gebraucht werden – aufzählen, die in und nach den Prozeßtagen ihrem Entsetzen über jeden Satz, der in Leoben gesprochen wurde, beinahe ekstatischen Ausdruck gegeben haben.«17 Vielfach trifft das Buch jüdische Richter, Anwälte und Experten; aber nicht darum, weil sie Juden sind, sondern weil die von Kraus Inkriminierten aus assimilatorischem Eifer der Gesinnung jener sich gleichgeschaltet haben, für die im Deutschen der Sammelbegriff Pachulke existiert, während der Österreicher Kraus sie Kasmader taufte. Polemik, die zwischen ihren Objekten auswählte, Christen angriffe und Juden schonte, eignete damit bereits das antisemitische Kriterium eines wesenhaften Unterschieds beider Gruppen sich zu. Was Kraus den Juden nicht verzieh, gegen die er schrieb, war, daß sie den Geist an die Sphäre des zirkulierenden Kapitals zedierten; den Verrat, den sie begingen, indem sie, auf denen das Odium lastet und die insgeheim als Opfer auserkoren sind, nach dem Prinzip handelten, das als allgemeines das Unrecht gegen sie meint und auf ihre Vernichtung hinauslief. Wer diesen Aspekt des Abscheus von Kraus vor der liberalen Presse verschweigt, verfälscht ihn, damit das Bestehende, dessen Physiognomiker er war wie keiner sonst, ungestört weiter sein Geschäft verrichte. Denen, die gleichzeitig die Todesstrafe wieder einführen und die Folterknechte von Auschwitz freisprechen möchten, wäre es nur allzu willkommen, wenn sie, Antisemiten im Herzen, Kraus als einen solchen unschädlich machen könnten. In ›Sittlichkeit und Kriminalität‹ duldet er keinen Zweifel daran, warum er die Wiener jüdische Presse vor der nationalistischen und völkischen anprangert: »Das muß gegenüber dem Toben einer antisemitischen Presse ausgesprochen werden, die sonst schärferer Kontrolle nicht bedarf, weil sie – neben der jüdischen – einen geringeren Grad von Gefährlichkeit dem höheren Grad von Talentlosigkeit dankt.«18 Nichts anderes wäre gegen ihn einzuwenden, als daß er über die Grade von Gefährlichkeit sich täuschte wie vermutlich die meisten Intellektuellen seiner Epoche. Er konnte nicht voraussehen, daß gerade das Moment des unterkitschig Apokryphen, das nicht weniger als den Streicherschen ›Stürmer‹ ein Wort wie ›Völkischer Beobachter‹ auszeichnet, am Ende der Ubiquität einer Wirkung half, deren Provinzialismus Kraus mit räumlicher Begrenzung gleichsetzte. Der Geist von Kraus, der einen Bann um sich legt, war auch seinerseits gebannt: auf Geist verhext. Nur als Bannender vermochte er inmitten des Verstrickten von dessen Bann zu lösen. Der Preis dafür war seine eigene Verstricktheit. Alles antezipierte er, ahndete jede Schandtat, die durch den Geist hindurch geschieht. Nicht jedoch konnte er den Begriff einer Welt fassen, in der der Geist schlechthin entmächtigt ist zugunsten jener Macht, an die er zuvor wenigstens sich verkaufen durfte. Das ist die Wahrheit des Wortes aus den letzten Lebensjahren von Kraus, ihm falle zu Hitler nichts ein.

 

Die bürgerliche Gesellschaft lehrt den Unterschied des öffentlichen und beruflichen Lebens vom privaten und verspricht dem Individuum, als der Keimzelle ihrer Wirtschaftsweise, Schutz. Die Methode von Kraus fragt, ironisch bescheiden, eigentlich nicht mehr, als wie weit die Gesellschaft, in der Praxis ihrer Strafgerichtsbarkeit, dies Prinzip anwende, dem Individuum den versprochenen Schutz gewähre und nicht vielmehr, im Namen fadenscheiniger Ideale, auf dem Sprung stehe, auf es sich zu stürzen, sobald es wirklich von der verheißenen Freiheit Gebrauch macht. Mit Scheuklappen als Brille insistiert Kraus auf dieser einen Frage. Darüber wird der gesellschaftliche Zustand insgesamt verdächtig. Die Verteidigung der privaten Freiheit des Einzelnen gewinnt paradoxen Vorrang vor der einer politischen, die er wegen ihrer Unfähigkeit, privat sich zu realisieren, als in weitem Maße ideologisch verachtet. Weil es ihm um die ganze Freiheit geht, nicht um die partikulare, nimmt er sich der partikularen der verlassensten Einzelnen an. Eingeschworenen Progressiven war er kein zuverlässiger Bundesgenosse. Bei Gelegenheit der Affäre der Prinzessin Coburg schrieb er: »Was wiegt – selbst dem Dreyfusgläubigen – das von einem Weltlamento beweinte Unrecht der ›Affäre‹ neben dem Fall Mattassich? Das Opfer des Staatsinteresses neben dem Staatsmartyrium privater Rache! Die scheinheilige Niedertracht, die aus jeder ›Maßnahme‹ gegen das unbequeme Liebespaar in die Nasen anständiger Menschen drang, hat dem Begriff ›Funktionär‹ für alle Zeiten eine penetrante Bedeutung verschafft, die unabänderlicher ist als das Gutachten einer psychiatrischen Kommission und als das Urteil eines Militärgerichts.«19 Am Ende hielt er es eher noch mit Dollfuss, von dem er glaubte, daß er den Hitler hätte aufhalten können, als mit den Sozialdemokraten, denen er es nicht zutraute. Schlechthin unerträglich war ihm die Perspektive einer Ordnung, in der man ein schönes Mädchen mit kahlgeschorenem Kopf wegen Rassenschande durch die Straßen hetzt. Der Polemiker bezieht den Standpunkt des ritterlichen Feudalen, gehorsam der einfachsten und darum vergessenen Selbstverständlichkeit, daß einer, der in glücklicher Kindheit gut erzogen ward, die Normen guter Erziehung in der Welt respektiert, auf die jene vorbereiten soll und mit deren Normen sie doch zwangsläufig zusammenprallt. Das reifte in Kraus zur schrankenlosen männlichen Dankbarkeit für das Glück, das die Frau gewährt, das sinnliche, das den Geist in seiner Verlassenheit und Bedürftigkeit tröstet. Unausgesprochen wird das davon motiviert, daß die Freigabe des Glücks Bedingung richtigen Lebens ist; die intelligible Sphäre geht auf an der sinnlichen Erfüllung, nicht an Versagung. Solche Dankbarkeit steigert die idiosynkratische Diskretion von Kraus zum moralischen Prinzip. »Es ist ein Gefühl, an einer unaussprechlichen Schmach teilzuhaben, wenn man Tag für Tag Möglichkeiten und Chancen, Art und Intensität eines Liebesverhältnisses mit der Sachlichkeit einer politischen Diskussion erörtert sieht.«20 Für ihn ist die schwerste Schuld, »mit der ein Mann und Arzt sein Gewissen belasten kann: die Verletzung der Verschwiegenheitspflicht gegen eine Frau«21. Als Gentleman möchte er im bürgerlichen Zeitalter wiedergutmachen, was die patriarchale Ordnung, gleichgültig fast welchen politischen Systems, an den Frauen frevelt. Mag ihm den Widerspruch zwischen Freiheitsbewußtsein und aristokratischer Sympathie vorrechnen, wer Teilhabe am Allerweltsgeblök mit autonomem Urteil verwechselt und es sich nicht beikommen läßt, daß ein Feudaler immer noch eher die Freiheit der eigenen Lebensführung als allgemeine Maxime wünschen kann denn ein dem Tauschprinzip verschriebener Bürger, der keinem anderen den Genuß gönnt, weil er ihn sich selbst nicht gönnt. Kraus überführt die Männer der Bestialität, die dort am abscheulichsten ist, wo sie im Namen jener Ehre agieren, die sie selber für die Frauen ersonnen haben und in der nur deren Unterdrückung ideologisch sich fortsetzt. Den Geist, der als naturbeherrschendes Prinzip an der Frau sich verging, will Kraus zur Integrität restituieren. Möchte er aber das Privatleben einer Frau vor der Öffentlichkeit beschützen, auch wenn sie es ihrerseits um der Öffentlichkeit willen führt, so ahnt er das Einverständnis von kochender Volksseele und Gewaltherrschaft, von plebiszitärem und totalitärem Prinzip. Der, dem die Richter Henker waren, zittert vor dem Schrecken, den der ›Unfug »Volksjustiz«‹ noch deren liberalstem Verteidiger einflößen müsse22.

Er hält der Gesellschaft nicht die Moral entgegen; bloß ihre eigene. Das Medium aber, in dem sie sich überführt, ist die Dummheit. Zu deren empirischem Nachweis wird bei Kraus Kants reine praktische Vernunft, jener Sokratischen Lehre gemäß, welche Tugend und Einsicht als identisch ansieht und kulminiert im Theorem, das Sittengesetz, der kategorische Imperativ sei nichts anderes als die ihrer heteronomen Schranken ledige Vernunft an sich. An Dummheit erweist Kraus, wie wenig die Gesellschaft es vermochte, in ihren Mitgliedern den Begriff des autonomen und mündigen Individuums zu verwirklichen, den sie voraussetzt. Die Kritik des in den Entstehungsjahren des Buches noch konservativen Kraus am Liberalismus war eine an dessen Borniertheit. Dies Stichwort fällt in den großartigen Entwürfen zum ›Kapital‹, die Marx in der endgültigen Fassung, wohl als allzu philosophisch, zugunsten der strikt ökonomischen Beweisführung ausschied. Das falsche Bewußtsein des Kapitalismus verschandle die ihm mögliche Erkenntnis; freie Konkurrenz sei »eben nur die freie Entwicklung auf einer bornierten Grundlage – der Grundlage der Herrschaft des Kapitals«23. Kraus, der jene Notiz kaum kannte, hat von Borniertheit dort geredet, wo es wehtut: angesichts des konkreten bürgerlichen Bewußtseins, das sich wunder wie aufgeklärt dünkt. Er spießt die unreflektierte, mit dem Zustand einige Intelligenz auf. Sie widerspricht ihrem eigenen Anspruch auf Urteilsfähigkeit und Erfahrung von der Welt. Konformistisch fügt sie sich einer Gesamtverfassung, vor deren Convenus sie innehält und die sie unverdrossen wiederkäut. Hofmannsthal, dem Kraus zürnte, vermerkt im ›Buch der Freunde‹, wohl als eigenen Einfall: »Die gefährlichste Sorte von Dummheit ist ein scharfer Verstand.«24 Das ist nicht plump wörtlich zu nehmen; logische Denkkraft und Subtilität sind unentbehrliche Momente des Geistes, und es mangelte Kraus wahrhaft nicht daran. Gleichwohl enthält das Aperçu mehr als bloß irrationalistische Rancune. Dummheit ist keine von außen zugefügte Beschädigung der Intelligenz zumal jenes Wienerischen Typus, an dem Hofmannsthal wie sein Widersacher sich ärgerten. In sie geht die verselbständigte instrumentelle Vernunft aus eigener Konsequenz über, formales Denken, das die eigene Allgemeinheit, und damit seine Verwendbarkeit für beliebige Zwecke, der Absage an die inhaltliche Bestimmung durch seine Gegenstände verdankt. Der törichte Scharfsinn verfügt über die Allgemeinheit der logischen Apparatur als einsatzbereite Spezialität. Der Fortschritt jener Intelligenz hat die Triumphe der positiven Wissenschaft, vermutlich auch die rationalen Rechtssysteme erst ermöglicht; die Scharfsinnigen besorgen nicht nur ihre Selbsterhaltung durch aggressives Rechtbehalten, sondern leisten überdies, was Marx, mit höchster Ironie, gesellschaftlich nützliche Arbeit nannte. Aber indem sie die Qualitäten subsumierend ausschalten, verkümmern ihnen die Organe von Erfahrung. Je ungestörter von Unterbrechungen ihr Denkmechanismus sich dem zu Denkenden gegenüber etabliert, desto mehr entfernt er zugleich sich von der Sache und substituiert sie naiv durch die abgespaltene fetischisierte Methode. Die an ihr bis in ihre Reaktionsweisen hinein sich orientieren, tun es ihr allmählich gleich. Sie kommen zu sich selbst als das gescheite Rindvieh, dem das Wie, der Modus, etwas herauszufinden und nach vorgegebenen Klassen der Begriffsbildung zu organisieren, jegliches Interesse an der sei's auch subjektiv vermittelten Sache verdrängt. Ihre Urteile und Ordnungen werden schließlich so irrelevant wie die angehäuften Fakten, die mit Methode gut sich vertragen. Die Beziehungslosigkeit zur Sache neutralisiert diese. Nichts geht ihr mehr auf; aus nichts vermöchte der sich selbst genügende Scharfsinn mehr zu lesen, daß, was ist, anders sein sollte. Der geistige Defekt wird zum moralischen unmittelbar; die herrschende Gemeinheit, der Gedanke und Sprache sich anbequemen, frißt deren Gehalt an, sie wirken bewußtlos mit am Geflecht des totalen Unrechts. Vom Moralisieren ist Kraus entbunden. Er kann darauf deuten, wie jegliche Perfidie als Schwachsinn anständiger, auch intelligenter Leute sich durchsetzt, Index seiner eigenen Unwahrheit. Darum die Witze; sie konfrontieren den herrschenden Geist mit seiner Dummheit so unversehens, daß ihm das Argumentieren vergeht, und er geständig wird als das, was er ist. Der Witz hält Gericht jenseits möglicher Diskussion. Verführte je einer, wie Kierkegaard, der Schutzpatron von Kraus, es wollte, zur Wahrheit, dann Kraus durch die Witze. Die großartigsten sind verstreut über den Aufsatz ›Die Kinderfreundes‹, ein Zentralstück des Buchs, geschrieben nach einem Prozeß, in dem ein Wiener Universitätsprofessor beschuldigt worden war, »in seinem photographischen Atelier zwei Knaben, Söhne zweier Advokaten, über geschlechtliche Dinge aufgeklärt, zur Onanie aufgefordert und ›unzüchtig berührt‹ zu haben«25. Der Essay verteidigt nicht den Angeklagten, sondern klagt die Ankläger, Nebenkläger und Experten an. Über den Kronzeugen, den einen jener Knaben, äußert sich Kraus: »Dies Kind – kein Engel ist so rein, aber auch keiner so ahnungsvoll – spricht von den Gefahren, die seiner Jugend drohen, etwa so, wie jener Possenfriedrich von dem siebenjährigen Krieg, in den er zu ziehen beschließt. Um im perversen Milieu des Prozesses zu bleiben: Diese kleinen Historiker sind wirklich rückwärts gekehrte Propheten ...«26

Das stärkste Mittel jedoch, mit dem Kraus die Richter richtet, ist das strafende Zitat, nicht zu vergleichen landläufigen Belegen für irgendwelche Vorwürfe. Das Kapitel ›Ein österreichischer Mordprozeß‹ reiht auf vier Seiten wörtlich, kommentarlos Stellen aus der Verhandlung gegen eine wegen Totschlags Bezichtigte aneinander. Sie übertreffen jede Invektive. Sein Sensorium muß so früh wie 1906 vorausgefühlt haben, daß vorm Massiv der unmenschlichen Welt das subjektive Zeugnis wider sie versagt; nicht minder aber auch der Glaube, die Tatsachen sprächen rein gegen sich in einer Gesamtverfassung, der die Organe lebendiger Erfahrung abstarben. Kraus ist mit dem Dilemma genial fertig geworden. Seine Sprachtechnik hat einen Raum geschaffen, in dem er, ohne etwas hinzuzutun, Blindes, Intentionsloses und Chaotisches strukturiert wie ein Magnet eisernen Abfall, der in seine Nähe gerät. Ganz konnte diese Fähigkeit von Kraus, für die es kaum ein anderes Wort gibt als das peinliche ›dämonisch‹27, nur ermessen, wer noch die originalen roten Hefte der Fackel las. Doch ist im Buch etwas davon übriggeblieben. Wenn heute die Scham des Wortes vor einem Entsetzen, das alles überbietet, was Kraus aus trivialen Sprachfiguren prophezeite, in literarischer Darstellung zum Verfahren der Montage sich gedrängt sieht, anstatt Unsagbares vergebens zu erzählen, so tastet das nach der Konsequenz dessen, was Kraus bereits gelang. Er ist vom Schlimmeren nicht überholt, weil er im Mäßigen das Schlimmste erkannte, und indem er es spiegelte, es enthüllte. Unterdessen hat sich das Mäßige als das Schlimmste deklariert, der Spießer als Eichmann, der Erzieher, welcher die Jugend anhärtet, als Boger. Was alle die befremdet, welche Kraus von sich abwehren möchten, nicht weil er unaktuell, sondern weil er aktuell ist, hängt mit seiner Unwiderstehlichkeit zusammen. Gleich Kafka macht er potentiell den Leser zum Schuldigen: nämlich wenn er nicht jedes Wort von Kraus gelesen hat. Denn nur die Totalität seiner Worte erzeugt den Raum, in dem er durch Schweigen redet. Wer jedoch nicht den Mut hat, in den Höllenkreis sich hineinzustürzen, der verfällt ohne Gnade dem Bann, den jener um sich verbreitet; Freiheit von Kraus kann nur der erlangen, der gewaltlos seiner Gewalt sich ausliefert. Was das ethische Mittelmaß ihm als Mitleidlosigkeit vorwirft, ist die Mitleidlosigkeit der Gesellschaft, die heute wie damals auf menschliches Verständnis dort sich herausredet, wo Menschlichkeit gebietet, daß das Verständnis aufhört.

Das Moment mythischer Unwiderstehlichkeit zeitigt die Widerstände gegen Kraus so heftig wie vor dreißig Jahren, als er noch lebte; ungenierter, weil er starb. Wer mit schnöseliger Superiorität ihn kritisiert, braucht nicht mehr zu fürchten, sich in der Fackel zu lesen. Die Widerstände haben, wie stets, ihre Angriffspunkte im oeuvre. Wiederholungen beeinträchtigen ›Sittlichkeit und Kriminalität‹. Mythos und Wiederholung stehen in Konstellation, der des Zwanges von Immergleichem im Naturzusammenhang, aus dem nichts herausführt28. Soweit Kraus die Gesellschaft als Fortsetzung der verruchten Naturgeschichte diagnostiziert, werden ihm die Wiederholungen vom schuldhaften Gegenstand abverlangt, den unansprechbar stereotypen Situationen. Kraus hat sich darüber nicht getäuscht; er wiederholt auch das Motiv, man müsse wiederholen, solange das kritische Wort nicht abschafft, was doch das Wort allein nicht abzuschaffen vermag: »Es ist immer wieder, als ob man's zum erstenmal sagte: Die Zudringlichkeit einer Justiz, die den Verkehr der Geschlechter reglementieren möchte, hat stets noch die ärgste Unmoral gezeitigt; kriminelle Belastung des Sexualtriebs ist staatliche Vorschubleistung zu Verbrechen.«29 Trotzdem nimmt es wunder, daß ein Schriftsteller, der in der sprachlichen Kraft der Einzelformulierung, der Prägnanz der Details, auch dem Reichtum an syntaktischen Formen von keinem seiner deutschen und österreichischen Zeitgenossen übertroffen ward, einigermaßen gleichgültig sich zu dem verhielt, was man, mit musikalischer Analogie, als die große Form der Prosa bezeichnen könnte. Zu erklären ist das allenfalls aus der Methode der immanenten Kritik und dem juridischen Habitus. Sein Ingenium entzündet sich überall dort, wo die Sprache feste Regeln kennt, die der Schmock verletzt, dem dann ganze Völkerschaften nachplappern. Noch jene Erhebungen seiner Prosa, die umschlagend bedeutenden, aber nach dem Schulverstand mit den Regeln unvereinbaren Werken beistehen, erreicht Kraus in Fühlung mit den Regeln. Dialektik ist der Äther, in dem, wie eine Galaxis geheimer Gegenbeispiele, die autonome Sprachkunst von Kraus gedieh. Große Prosaformen indessen verfügen über keinen Kanon, der mit den Normen der Formenlehre, der Grammatik und der Syntax irgend vergleichbar wäre; die Entscheidung über richtig und falsch im Bau umfangreicher Prosastücke oder gar Bücher vollzieht sich allein in den Gesetzen, die jeweils das Werk, aus immanenter Notwendigkeit, sich selbst auferlegt. Diesem Sachverhalt gegenüber hatte Kraus seinen blinden Fleck, den gleichen wie in seiner freilich erbittlichen Aversion gegen den Expressionismus, vielleicht auch in seinem Verhältnis zu Musik von emphatischem Anspruch. Wiederholt er gar, wider allen billigen Rat, Witze, so vollstreckt sich an ihm ein Verhängnis wie jenes, daß wir, Proust zufolge, nicht Taktlosigkeiten begehen, sondern daß diese darauf warten, begangen zu werden. So zudringlich sind, auf Kosten der eigenen Wirkung, Witze; Freud, der diesen wie den Fehlleistungen seine Aufmerksamkeit widmete, wäre um die Theorie nicht verlegen gewesen. In ihnen kristallisiert sich jäh die Sprache wider ihre Intention. Stets sind sie in der Sprache schon angelegt, und der Witzige ihr Exekutor. Er ruft die Sprache gegen die Intention zum Zeugen auf. Prästabilisiert, ist die Mannigfaltigkeit der Wortwitze zählbar. Darum verdoppeln sie sich so gern; verschiedenen Autoren fallen, ohne daß sie voneinander wüßten, dieselben ein. Die Zimperlichkeit, die an den Kraus'schen Wiederholungen leidet, mag sich entschädigen an der unerschöpflichen Fülle des Neuen, das ihm dazwischen einfällt.

Diese Qualität – in der Musik heißt sie Gestaltenreichtum – teilt sich der großen Prosaform mit als Kunst der Verknüpfung. Am Ende eines Absatzes aus den ›Kinderfreunden‹ schreibt Kraus in Anführungszeichen: »›Eine Verurteilung zweier erwachsener Personen wegen homosexuellen Verkehrs ist zu bedauern; ein Mensch, der Knaben mißbraucht hat, die noch nicht das gesetzliche Alter erreicht haben, soll verurteilt werden.‹« Der nächste Absatz beginnt: »Aber die Väter sollen ihn nicht anzeigen.«30 Die komische Kraft, Äquivalent eines Witzes, ist kaum rein auf die Gedankenführung zu bringen, die in der Anwendung des zuvor ausgesprochenen allgemeinen Grundsatzes auf den besonderen Fall die Allgemeinheit des Grundsatzes zum Wackeln bringt und verhöhnt. Vielmehr ist der Ort der vis comica der Hiatus. Er erweckt, mit unbewegtem Gesicht, den Schein bedächtigen Neubeginnens, während durch seine Gewalt das Vorausgegangene zusammenstürzt. Die pure Form des Hiatus ist die Pointe: eine des Vortrags. Die Anmut des Sprechers Kraus, zärtlich zu seinen Monstren, steckte in solchen Augenblicken mit Lachen an. Es waren die der Geburt der Operette aus dem Geist der Prosa; so müßten Operetten sein, so Musik in ihnen triumphieren wie seine Witze dort, wo er auf den Witz verzichtet. Insgesamt wirft das Buch Licht auf seine Beziehung zur Operette; Stücke wie das über Ankläger und Opfer im Falle Beer, oder das über den Prozeß gegen die Bordellwirtin Riehl sind fast schon Textbücher Wienerischer Offenbachiaden, denen in Wien der Budapester Import die Möglichkeit, geschrieben und aufgeführt zu werden, gestohlen hatte. Kraus errettete die abgetriebene Operette. In ihrem Unsinn, den er liebte, verklärt sich überweltlich der Unsinn der Welt, den der Unnachsichtige innerweltlich anprangerte. Ein Paradigma dessen, wie eine Operette auszusehen hätte, um der Gattung zurückzuerstatten, was der rationalisierte Betrieb des Schwachsinns ihr entzog, wäre etwa: »Ein Gericht also wird künftig die Frage zu entscheiden haben, ob ein Mädchen ›das Schandgewerbe‹ ergreifen darf! Freuen wir uns, daß die öffentliche Vertrottelung in sexuellen Dingen bis zu dieser Kristallform gediehen ist, in der sie auch der Trottel erkennt. Und daß der ›Beweis der völligen sittlichen Verkommenheit‹ erbracht werden muß. Szene in einem Kommissariat: ›Ja, was wollns denn?‹ ›Ich möchte das Schandgewerbe anmelden!‹ ›Ja, könnens denn (hochdeutsch) den Beweis der völligen sittlichen Verkommenheit erbringen?‹ (Verlegen:) ›Nein.‹ ›Nacher schauns, daß S'weiter kommen! – So a Schlampen!‹ Ein humaner Kommissär, der mit sich reden läßt, wird der Partei den Rat geben, vorerst ein wenig verbotene Prostitution zu treiben. Aber die ist doch gerade verboten? Natürlich ist sie verboten! Aber sie muß bewiesen sein, um das Recht auf ihre ›Ausübung‹ zu gewährleisten. Protektion hilft natürlich auch da, und der Beweis völliger sittlicher Verkommenheit wird manchmal als erbracht angesehen werden, wenn einer Petentin sogar nachgewiesen werden könnte, daß an ihr noch etwas zu verderben sei. Dagegen wird streng darauf gesehen werden, daß kein Fall von ›clandestiner Prostitution‹ der behördlichen Kenntnis entzogen bleibe, auch wenn er als Befähigungsnachweis für die Ausübung des Schandgewerbes gar nicht in Betracht kommen sollte. Die Erteilung des Büchls aber ist eine Art Prämie auf die Selbstanzeige wegen geheimer Prostitution.«31

Die Stimme des lebendigen Kraus hat sich in der Prosa verewigt: sie verleiht dieser die mimische Qualität. Seine schriftstellerische Gewalt ist nah an der des Schauspielers. Das und der juridische Aspekt seines Werkes verbindet sich im forensischen. Das ungehemmte Pathos der gesprochenen Rede, jener ältere Burgtheaterstil, den Kraus gegen das sprachfremde, sinnlich anschauliche Theater der Regisseure der neuromantischen Ära verteidigte, verschwand von der Bühne nicht bloß, wie er dachte, weil es an sprachlicher Kultur gebrach, sondern auch, weil die tönende Stimme des Mimen nicht mehr trägt. Die verurteilte fand Unterschlupf im Geschriebenen, in eben jener objektivierten und durchkonstruierten Sprache, die ihrerseits das mimetische Moment beschämte und, bis zu Kraus, dessen Feind war. Vor der Deklamation jedoch bewahrte er das Pathos, indem er es herausbrach aus einem ästhetischen Schein, der zur unpathetischen Realität kontrastierte, und es der Realität zuwendete, die schon vor gar nichts mehr sich scheut und darum nur vom Pathos mit Namen gerufen werden kann, über das sie sich mokiert. Die aufsteigende Kurve des Buches fällt zusammen mit dem Fortschritt seines Pathos. Im Archaismus der rollenden Perioden und weitgebauten Hypotaxen von Kraus hallen die des Schauspielers nach. – Die Sympathie, die Kraus manchen Dialektdichtern und Komödianten vor der sogenannten hohen Literatur, und als Einspruch gegen diese, zollte, wird beseelt vom Einverständnis mit dem undomestizierten mimetischen Moment. Es ist auch die Wurzel der Kraus'schen Witze: in ihnen macht Sprache die Gesten von Sprache nach wie die Grimassen des Komikers das Gesicht des Parodierten. Die konstruktive Durchbildung der Sprache von Kraus ist, bei all ihrer Rationalität und Kraft, ihre Rückübersetzung in Gestik, in ein Medium, das älter ist als das des Urteils. Ihm gegenüber wird Argumentation leicht zur hilflosen Ausrede. Daraus wächst Kraus zu, wogegen die blökenden Weltfreunde vergebens aufmucken mit der Beteuerung, es sei altmodisch. Immanente Kritik ist bei ihm stets die Rache des Alten an dem, was daraus wurde, stellvertretend für ein Besseres, das noch nicht ist. Deswegen sind die Passagen, in denen seine Stimme donnert, so frisch wie am ersten Tag. In dem Aufsatz ›Ein Unhold‹, über Johann Feigl, Hofrat und Vizepräsidenten des Wiener Landesgerichts, schließt ein Absatz: »Wenn Herr Feigl einst sein tatenreiches Leben endet, das etwa zehntausend Jahre, die andere im Kerker verbrachten, umfaßt hat, so mag sich ihm in schwerer Stunde, vor der Entscheidung einer höhern Instanz, die Beichte seiner schwersten Sünde entringen: ›Ich habe mein ganzes Leben hindurch das österreichische Strafgesetz angewendet!‹«32

 

Von umständlichen Beweisführungen für die Aktualität von ›Sittlichkeit und Kriminalität‹ dispensieren die Schlußabsätze eines Artikels »Alle jagen ›gute Onkels‹«, die 1964 im Lokalblatt einer großen Tageszeitung standen. In ihnen kehren, gewiß ohne daß der Reporter im Verdacht stünde, Kraus gelesen und plagiiert zu haben, wörtlich und bar aller Ironie Motive wieder, welche dieser in den Operettenpartien des Aufsatzes über die Kinderfreunde polemisch erfand: »Wie beschlagen die Kinder geworden sind, hat vor kurzem ein zwölfjähriger Junge bewiesen. Nachdem er mit Freunden das Jugendkino im Zoo besucht hatte, schlenderte er noch durch den Tierpark. In einer Ecke des Affenhauses entblößte sich vor ihm plötzlich ein Mann, der sich dem Kind schon vorher genähert hatte. Als der Fremde den Zwölfjährigen zu unsittlichen Handlungen bewegen wollte, antwortete ihm der Bub: ›Sie sind wohl ein Sittlichkeitsverbrecher!‹ Daraufhin suchte der Unhold eilig das Weite. Die Eltern des Jungen informierten die Kriminalpolizei; auf einer Karte des Verbrecheralbums im Polizeipräsidium erkannte das Kind den Täter wieder, der einschlägig vorbestraft ist. Er wurde noch am gleichen Tag an seinem Arbeitsplatz festgenommen und legte ein Geständnis ab. – In diesen Tagen ist ein 35 Jahre alter Schriftsetzer im Hauptbahnhof in eine Falle gegangen, die ihm ein erst zwölf Jahre alter Schüler gestellt hatte. Der Homosexuelle hatte sich im Aktualitätenkino neben den Jungen gesetzt und ihm ein Eis gegeben. Aus Furcht vor dem Fremden nahm das Kind das Geschenk an, warf es aber gleich unauffällig unter seinen Sitz. Später vereinbarte der Schüler auf Drängen des Mannes für den nächsten Morgen einen Treffpunkt. Dort nahmen ihn Kriminalisten in Empfang.« Angesichts der Gefahr, zu der sich ihre präsumtiven Opfer ausgewachsen haben, wird für die, welche die Sprache des nach-Hitlerschen Deutschland, fortgeschritten über die von Kraus gegeißelte, zu Sittenstrolchen erklärte, nichts übrigbleiben, als sich zu organisieren und die Gefahr für ihre Opfer wiederum zu vermehren, eine Schraube ohne Ende. Über die unfreiwillig nachgedichteten Zitate von Zitaten der Fackel hinaus sind nicht wenige Sätze des Buches auf Ereignisse der jüngsten Deutschland anzuwenden. 1905 hat Kraus den Fall Vera Brühne resümiert: »Und siehe, der Mangel an Beweisen dafür, daß Frau Klein gemordet hat, ward reichlich wettgemacht durch den Überfluß an Beweisen für ihren unsittlichen Lebenswandel.«33 Unterdessen sind allerdings die Fachmenschen weitsichtiger geworden. Sind sie schon vom menschlichen Recht der Paragraphen nicht mehr durchdrungen, so haben sie es desto besser gelernt, die von den aufs Privatleben gemünzten Paragraphen Anbetroffenen aus dem öffentlichen auszuschalten; im Syndrom jener totalen Lust des verwalteten Deutschland, durch formalrechtliche Reflexionen und Geschäftsordnungsdenken alles dem Inhalt nach Bessere fernzuhalten, ohne dabei mit den abstrakten Spielregeln der Demokratie in Konflikte zu geraten, die ihrerseits juristisch zu greifen wären. »Ob das neue Strafgesetz solche Siege unmöglich machen wird?«34

 
Fußnoten

 

1 Karl Kraus, Sittlichkeit und Kriminalität, München, Wien o.J. [1963] (Elfter Band der Werke), S. 66.

 

2 a.a.O.

 

3 a.a.O., S. 173.

 

4 a.a.O., S. 223f.

 

5 a.a.O., S. 249.

 

6 a.a.O., S. 52, Fußnote.

 

7 a.a.O., S. 33.

 

8 a.a.O., S. 337.

 

9 Vgl. a.a.O., S. 52ff.

 

10 a.a.O., S. 71.

 

11 a.a.O., S. 12.

 

12 a.a.O., S. 157.

 

13 a.a.O., S. 241.

 

14 a.a.O., S. 252.

 

15 a.a.O., S. 328f.

 

16 Vgl. a.a.O., S. 211ff.

 

17 a.a.O., S. 118.

 

18 a.a.O., S. 116f.

 

19 a.a.O., S. 86f.

 

20 a. a, O., S. 140.

 

21 a.a.O., S.173.

 

22 Vgl. a.a.O., S. 41.

 

23 Karl Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie (Rohentwurf), 1857–1858, Berlin 1953, S. 545.

 

24 Hugo von Hofmannsthal, Aufzeichnungen, Frankfurt a.M. 1959, S. 44.

 

25 Kraus, a.a.O., S. 164, Fußnote.

 

26 a.a.O., S. 178.

 

27 Vgl. dazu Walter Benjamin, Schriften, Frankfurt a.M. 1955, Bd. 2, S. 159ff. Das zweite Kapitel der Kraus-Arbeit ist ›Dämon‹ betitelt.

 

28 Vgl. Max Horkheimer und Theodor W. Adorno, Dialektik der Aufklärung. Philosophische Fragmente, Amsterdam 1947, S. 23 [GS 3, s. S. 28f.].

 

29 Kraus, a.a.O., S. 180.

 

30 a.a.O., S. 183.

 

31 a.a.O., S. 262f.

 

32 a.a.O., S. 45.

 

33 a.a.O., S. 160.

 

34 a.a.O., S. 315.

 

 

Der wunderliche Realist

Über Siegfried Kracauer

In den letzten Jahren wurden in Deutschland eine Reihe von Schriften Siegfried Kracauers wieder zugänglich. Aber das Bild des Autors ist der deutschen Öffentlichkeit aus ihnen, den vielverzweigten, bislang nicht so deutlich geworden, wie es gebührte. Einen Anfang zu machen und einiges zur Figur Kracauers zu entwerfen, mag ich qualifiziert sein aus dem einfachsten Grunde: wir sind seit meiner Jugend miteinander befreundet. Ich war Sekundaner, als ich ihn gegen Ende des ersten Weltkrieges kennenlernte. Eine Freundin meiner Eltern, Rosie Stern, hatte uns zusammen eingeladen, Studienrätin am Philanthropin, zu dessen Lehrkörper Kracauers Onkel gehörte, der Historiograph der Frankfurter Juden. Wie es wohl die Absicht unserer Gastgeberin war, stellte zwischen uns intensiver Kontakt sich her. Aus der Erinnerung an jene Zeit, im Bewußtsein der Mängel einer solchen Erkenntnisquelle, möchte ich etwas wie die objektive Idee von Kracauers geistigem Wesen zu skizzieren suchen, geleitet von seiner Möglichkeit eher als dem in handfester Leistung Verwirklichten: Kracauer selbst pointierte sich, vor Dezennien, gegen den Typus, welchen er den des werkhaften Menschen nannte.

Über Jahre hindurch las er mit mir, regelmäßig Samstag nachmittags, die Kritik der reinen Vernunft. Nicht im leisesten übertreibe ich, wenn ich sage, daß ich dieser Lektüre mehr verdanke als meinen akademischen Lehrern. Pädagogisch ausnehmend begabt, hat er mir Kant zum Sprechen gebracht. Von Anbeginn erfuhr ich, unter seiner Anleitung, das Werk nicht als eine bloße Erkenntnistheorie, als Analyse der Bedingungen wissenschaftlich gültiger Urteile, sondern als eine Art chiffrierter Schrift, aus der der geschichtliche Stand des Geistes herauszulesen war, mit der vagen Erwartung, daß dabei etwas von der Wahrheit selber zu gewinnen sei. Ließ ich später, im Verhältnis zu den überlieferten philosophischen Texten, weniger von deren Einheit und systematischer Einstimmigkeit mir imponieren, als daß ich mich um das Spiel der unter der Oberfläche jeder geschlossenen Lehrmeinung aneinander sich abarbeitenden Kräfte bemühte, die kodifizierten Philosophien jeweils als Kraftfelder betrachtete, so hat dazu gewiß Kracauer mich angeregt. Er vergegenwärtigte mir die Vernunftkritik nicht einfach als System des transzendentalen Idealismus. Vielmehr zeigte er mir, wie objektiv-ontologische und subjektiv-idealistische Momente darin streiten; wie die beredtesten Stellen des Werkes die Wunden sind, welche der Konflikt in der Lehre hinterließ. Unter einem gewissen Aspekt sind die Brüche einer Philosophie wesentlicher denn die Kontinuität des Sinnzusammenhangs, welchen die meisten von sich aus betonen. Dies Interesse, an dem Kracauer um 1920 partizipierte, ging unter der Parole Ontologie gegen den erkenntniskritischen, systemwütigen Subjektivismus; zwischen eigentlich Ontologischem und Spuren von naivem Realismus bei Kant wurde dabei noch nicht recht unterschieden. Ohne daß ich mir davon hätte volle Rechenschaft geben können, gewahrte ich durch Kracauer erstmals das Ausdrucksmoment der Philosophie: sagen, was einem aufgeht. Das diesem Moment konträre der Stringenz, des objektiven Zwangs im Gedanken, trat dahinter zurück. Wie ich erst im philosophischen Betrieb der Universität darauf stieß, so dünkte es mir lange genug akademisch, bis ich herausfand, daß unter den Spannungen, an denen Philosophie ihr Leben hat, die zwischen Ausdruck und Verbindlichkeit vielleicht die zentrale ist. Kracauer bezeichnete sich gern als alogischen Menschen. Ich weiß noch, wie sehr mich solche Paradoxie an einem Philosophierenden, mit Begriff, Urteil und Schluß Operierenden beeindruckte. Was aber bei ihm philosophisch zum Ausdruck drängte, war fast unbegrenzte Leidensfähigkeit: Ausdruck und Leiden sind miteinander verschwistert. Sein Verhältnis zur Wahrheit war, daß Leiden unverstellt, ungemildert in den Gedanken einging, der es sonst verflüchtigt; auch in den Gedanken der Überlieferung entdeckte Leiden sich wieder. Das Wort Leiden drang bis in den Titel einer der ersten von Kracauers Abhandlungen. Mir schien er, obschon keineswegs sentimental, ein Mensch ohne Haut; so wie wenn alles Auswendige sein schutzloses Inneres ereilte; wie wenn er dessen nicht anders sich erwehrt hätte, als indem er seinem Preisgegebensein zum Wort verhalf. Er hatte es, aus mehr als einem Grund, in seiner Kindheit schwer gehabt; dem Schüler der Klinger-Oberrealschule wurde, recht ungewöhnlich in der Handelsstadt Frankfurt, auch antisemitisches Unrecht zugefügt, und über seinem eigenen Milieu lagerte, trotz human gelehrter Tradition, etwas wie Unfreude; sein späterer Widerwille gegen den Brotberuf des Architekten, den er hatte ergreifen müssen, stammte wohl daher. Im Rückblick will es mir scheinen, als wäre in Kracauers häuslicher Atmosphäre, bei aller Freundlichkeit, die man mir bewies, längst das Unheil antezipiert worden, das seiner Mutter und deren Schwester, die auf ihn Einfluß auszuüben schien, noch im höchsten Alter widerfuhr. Genügen mag, daß er, seiner eigenen Erzählung zufolge, in trostloser Parodie der roten Büchlein, in welche die Lehrer gern Zensuren eintrugen, eines führte, das Noten über seine Mitschüler enthielt, danach, wie sie sich zu ihm benahmen. Vieles bei ihm war reaktiv; Philosophie nicht zuletzt ein Medium der Selbstbehauptung.

Verbindungslinien laufen von da zum antisystematischen Zug seines Denkens und zu seiner Aversion gegen Idealismus im weitesten Verstande, die ihn sein Leben lang nicht losließ. Idealismus war ihm verklärendes Denken, dem Diktum Georg Simmels gemäß, es sei erstaunlich, wie wenig man der Philosophie der Menschheit ihre Leiden anmerke. Dem, der an der Universität nicht Philosophie als Hauptfach studiert hatte, blieb die Gewalt ihrer großen Konstruktionen, die so gern in Lobpreisung ausarten, fremd, Hegel vor allem. Kracauers Arbeit wurde dadurch so weit geprägt, daß Benjamin ihn einmal, um 1923, einen Feind der Philosophie nannte. Etwas von liebhaberhaftem Nachdenken auf eigene Faust hat sein oeuvre begleitet, ebenso wie eine gewisse Lässigkeit die Selbstkritik dämpfte zugunsten verspielten Vergnügens am hübschen Einfall. Freilich, Gedanken, welche vor der Gefahr des Irrtums sich allzu sehr absichern, sind ohnehin verloren, und die Risiken, die Kracauer lief, entbehren darum nicht der verschlagenen Vorsicht; einmal hat er einem Traktat als Motto einen Satz Nietzsches vorangestellt des Inhalts, ein Gedanke, der nicht gefährlich ist, sei nicht wert, gedacht zu werden; nur wird das Opfer solcher Gefahren häufiger der Gedanke selbst als dessen Objekt. Andererseits verlieh Kracauers Autodidaktentum ihm einige Unabhängigkeit von der eingeschliffenen Methode. Erspart blieb ihm das Verhängnis professioneller Philosophie, als Branche, als Spezialwissenschaft jenseits der Spezialwissenschaften sich zu etablieren; so hat er von der Demarkationslinie zwischen Philosophie und Soziologie nie sich erschrecken lassen. Das Medium seines Denkens war Erfahrung. Nicht die der empiristischen und positivistischen Schulen, welche Erfahrung selbst auf ihre allgemeinen Prinzipien abdestillieren, Methode daraus machen. Er folgte geistiger Erfahrung als einem Individuellen, entschlossen, nur das zu denken, was er zu füllen vermochte, was ihm selber an Menschen und Dingen sich konkretisiert hatte. Die Tendenz zur Verinhaltlichung des Denkens gegenüber dem in seiner Jugend noch unerschütterten neukantischen Formalismus war dadurch gesetzt. Er knüpfte an Georg Simmel und Max Scheler an, welche als erste, wider die offizielle Arbeitsteilung, das philosophische mit einem gesellschaftlichen Interesse verbanden, das seit Hegels Tod zumindest in der approbierten Philosophie in Mißkredit geraten war. Beide hat er auch privat gut gekannt. Simmel, über den er eine Studie verfaßte, riet ihm, ganz zur Philosophie überzugehen. Nicht nur schulte er an ihm die Fähigkeit, spezifische, sachhaltige Phänomene auf das zu interpretieren, was, nach jener Konzeption, an allgemeinen Strukturen in ihnen erscheint. Er war ihm darüber hinaus in einer Attitude von Denken und Darstellung verpflichtet, welche mit verweilender Sorgfalt ein Glied ans andere fügt, selbst dort, wo die Bewegung des Gedankens vieler solcher Zwischenglieder eintraten, wo das Tempo sich straffen könnte: Denken mit dem Bleistift in der Hand. Dies Moment von Bedächtigkeit hat Kracauer später, während seiner Tätigkeit als Redakteur, vorm Journalismus geschützt; schwer fiel ihm, das Umständliche dessen loszuwerden, der stets wieder alles, auch das Bekannte, für sich finden muß, als wäre es frisch entdeckt. Die Wirkung Simmels auf ihn war wohl eher die des Denkgestus als Wahlverwandtschaft mit der irrationalistischen Lebensphilosophie. In Scheler dann begegnete ihm die Phänomenologie, früher als die Husserlsche. Sein Buch ›Soziologie als Wissenschaft‹ (1922) bemüht sich deutlich, das materialsoziologische Interesse mit erkenntnistheoretischen Reflexionen zu verbinden, die auf der phänomenologischen Methode basieren. Diese kam seiner spezifischen Begabung entgegen. So wenig der Reifende mit seinem Metier, der Architektur, zu tun haben mochte, der Primat des Optischen, den diese verlangt, blieb, vergeistigt, ihm erhalten. Seine Art Intellektualität hat nichts vom hochtrabenden Intuitionismus, viel vom nüchternen Sehen. Er denkt mit dem fast hilflos erstaunten, jäh dann aufleuchtenden Auge. Mit solchem Blick mögen wohl Unterdrückte ihres Leidens Herr werden. In einem nur schwer zu treffenden Sinn war sein Denken eigentlich immer mehr Anschauung als Denken, eigensinnig bestrebt, nichts von dem durch Erklärung sich abmarkten zu lassen, was die harten Dinge im Aufprall ihm eingeprägt hatten. Sein Verdacht gegen die Spekulation nährte sich nicht zuletzt an seinem Naturell, das um so spröder war gegen die Illusion, weil es diese mit soviel Mühe sich abgewöhnt hatte. Das Programm der Wesensschau, zumal die sogenannte Bildchen-Phänomenologie, schien dem schmerzlich ausdauernden Blick, der sich nicht abweisen läßt, angemessen, wie wenig auch im übrigen Kracauers skeptischer Zug den Schelerschen Anspruch billigen mochte, ein schlechthin und objektiv Gültiges unmittelbar, reflexionslos zu ergreifen. Die Phänomenologie jener Zeit enthielt noch ganz andere Potentiale als die, welche nach Scheler dominierend aus ihr hervortraten. Sie war gleichsam einem neu heraufkommenden Intellektuellentypus und seinen Nöten auf den Leib geschrieben. Das Stichwort Wesensschau bot sich als Heilmittel dar für die anwachsende Unfähigkeit des erfahrenden Bewußtseins, die komplexe und ideologisch immer dichter übersponnene gesellschaftliche Realität zu verstehen und zu durchdringen. Deren Physiognomik okkupierte den Platz der in Mißkredit geratenen Theorie. Keineswegs war sie einzig Surrogat für diese; sie lehrte das Bewußtsein, das sich zu assimilieren, was dem, der von oben her denkt, leicht entschlüpft, und doch nicht mit stumpfen Tatsachen sich abspeisen zu lassen. Phänomenologie taugte für solche, die weder von Ideologien verblendet werden mochten, noch von der Fassade dessen, was bloß konstatierbar ist. Derlei Innervationen sind in Kracauer so fruchtbar geworden wie nur in wenigen anderen.

Sein zentrales und darum als solches bei ihm kaum je thematisches Thema ist die Inkommensurabilität, wie sie die Philosophie als Verhältnis von Idee und Existenz perennierend beschäftigt. In dem Soziologiebuch meldet es sich darin, daß von den obersten abstrakten Bestimmungen, zu denen jene Disziplin sich erhebt, nicht bruchlos, kontinuierlich zur Empirie zurückzukehren sei, nachdem einmal das bestimmte Seiende ausgeschieden ward. In all seinen Arbeiten erinnert Kracauer daran, daß Denken, rückblickend, das nicht vergessen dürfe, wessen es sich, um Gedanke zu werden, notwendig entledigt habe. Dies Motiv ist materialistisch; es führte Kracauer, fast gegen seinen Willen, zur Kritik der Gesellschaft, deren Geist solches Vergessen angelegentlich besorgt. Zugleich indessen fährt der Widerwille gegen den rückhaltlosen Gedanken auch der materialistischen Konsequenz in die Parade. Allemal trägt das rechte Maß seine Strafe in sich, den Moderantismus. In den politischen Berliner Jahren hat Kracauer sich einmal über sich als Derrièregarde der Avantgarde mokiert. Zum Bruch mit dieser kam es so wenig wie zum Einverständnis. Ich erinnere mich an ein etwas früheres Gespräch von großer Tragweite zwischen uns, in dem Kracauer, wider mich, den Begriff der Solidarität nicht hoch stellen wollte. Aber die pure Individualität, in der er sich zu verstocken schien, durchschaute virtuell sich in ihrer Selbstreflexion. Der Philosophie ausweichend, wird das Existentielle sich zur Clownerie, gar nicht soviel anders als Brechts Exzentrikvers: In mir habt ihr einen, auf den könnt ihr nicht bauen. Wie Kracauers Selbstverständnis des Individuellen aussah, projizierte er auf Chaplin: er sei ein Loch. Was da die Stelle von Existenz eroberte, war der Privatmann als imago, der Sokratische Sonderling als Ideenträger, ein Ärgernis nach den Kriterien des herrschend Allgemeinen. Seinen parti pris fürs Unauflösliche – Konstante inmitten einer höchst wechselvollen Entwicklung – definierte Kracauer gelegentlich als Abneigung gegen das Hundertprozentige. Das ist aber keine andere als die gegen emphatische Theorie: diese muß, in der Interpretation ihrer Gegenstände, bis zum Äußersten gehen, wenn sie nicht ihrer eigenen Idee widerstreiten will. Zäh beharrte Kracauer demgegenüber auf einem Moment, das dem deutschen Geist, fast gleichgültig welcher Richtung, stets wieder im Begriff verdampft. Freilich hat er damit der Aufgabe sich versagt, an die sein Bewußtsein von der Nichtidentität der Sache mit ihrem Begriff dicht ihn heranführte: den Gedanken aus dem ihm Widerspenstigen zu extrapolieren, das Allgemeine aus dem Extrem der Besonderung. Dialektisches Denken war seinem Naturell nie gemäß. Er beschied sich bei genauer Fixierung des Besonderen zugunsten seines Gebrauchs als Exempel für allgemeine Sachverhalte. Das Bedürfnis nach strikter Vermittlung in der Sache selbst, nach dem Aufweis des Wesenhaften inmitten der innersten Zelle von Besonderung, war kaum das seine. Er hielt sich darin konservativ an die Umfangslogik. Die Idee geistiger Atomzertrümmerung, den unwiderruflichen Bruch mit der Erscheinung, wiese er wohl als spekulativ von sich, schlüge eigensinnig sich auf die Seite Sancho Pansas. Im Zeichen ihrer Undurchdringlichkeit läßt sein Gedanke die Realität, an die er erinnert und die er durchdringen sollte, stehen. Von da bietet sich ein Übergang zu ihrer Rechtfertigung als der des Unabänderlichen an. Dem entspricht, daß die Inthronisation einer sei's noch so queren individuellen Erfahrung, die bei sich selber zu Hause ist, gesellschaftlich akzeptabel bleibt. Das principium individuationis, wie sehr es sich auch in Opposition zur Gesellschaft fühlt, ist deren eigenes. Der Gedanke, der zögert, über seine idiosynkratische Reaktionsform hinauszuschießen, bindet damit sich auch an ein Zufälliges und verklärt es, um nur ja nicht das große Allgemeine zu verklären. Die spontane Reaktion des Individuums ist aber kein Letztes und darum auch nicht der Garant verbindlicher Erkenntnis. Sogar vermeintlich extrem individuelle Reaktionsweisen sind vermittelt durch die Objektivität, auf die sie ansprechen, und müßten dieser Vermittlung um ihres eigenen Wahrheitsgehalts willen innewerden. So motiviert das Desinteressement an allem bloß Gelernten ist, als das an der Äußerlichkeit des Wissenschaftsbetriebes, so sehr bedarf umgekehrt der Gedanke der Entäußerung dem Erfahrungsumkreis gegenüber, in dem er sich bildet. Kracauers soupçon gegen die Theorie als gegen den Übermut einer Vernunft, welche der eigenen Naturwüchsigkeit vergißt, hat Grund genug. Nicht der geringfügigste ist, wie sehr Theorie in ihrer Reinheit zum Herrschaftsmittel wurde. Der schlechte Bann, den Gedanken ausüben – auch ihr Erfolg auf dem Markt –, wird von ihrer konsequenzlogischen, systematischen Artikulation mitbewirkt. Der Gedanke jedoch, der als Antwort darauf der theoretischen Verbindlichkeit sich entzieht, die doch jeder Gedanke an sich anmeldet, wird nicht nur in der Realität ohnmächtig; das allein wäre kein Einwand. Aber er büßt auch in sich an Kraft und Evidenz ein. Der Widerstreit von Erfahrung und Theorie ist nicht nach der einen oder anderen Seite bündig zu entscheiden, sondern wahrhaft eine Antinomie, so auszutragen, daß die konträren Elemente wechselseitig sich durchdringen.

Auf die Phänomenologie ließ Kracauer so wenig, sich vereidigen wie auf irgendeine andere geistige Position; Simmel am treuesten in einer Art philosophischer Treulosigkeit, der überwachen Angst gleichsam vor intellektuellen Verpflichtungen, als wären es Schulden. Die reaktive Verhaltensweise Kracauers sprang gern ab, wo er sich gebunden fühlte. Die vielen Kritiken, die er in seinem Leben schrieb und unter denen es an schneidenden nicht fehlt, sagen fast alle von Momenten seines Eigenen sich los, oder wenigstens von Eindrücken, die ihn überwältigten. Mit einer Hegelschen Wendung wäre deshalb wohl gegen ihn einzuwenden, es mangele ihm, bei aller Aufgeschlossenheit und gerade um deren Hartnäckigkeit willen, an Freiheit zum Objekt. In dem Blick, der an die Sache sich festsaugt, ist bei Kracauer, anstelle der Theorie, immer schon er selber da. Das Ausdrucksmoment gewinnt Übergewicht über die Sache, der die Erfahrung gilt. Während dies Denken vorm Denken scheut, gelangt es selten zur Selbstvergessenheit. Das Subjekt, das seine primäre Erfahrung als Eigentum hütet, wird leicht mit dem Spruch anch' io sono pittore vors Erfahrene sich stellen. Immer wieder warf er gegen andere Widerhaken aus; auch gegen Scheler, über den er trotz der nahen persönlichen Beziehung einen Aufsatz in der Frankfurter Zeitung publizierte, der die Willkür der von Scheler lancierten Ewigkeitswerte, und damit ihr Ideologisches, brüsk und aufrichtig beim Namen nannte. Nicht etwa predigt Kracauer das Individuum als Norm oder Endzweck; dazu reagiert er zu gesellschaftlich. Aber sein Denken beißt darin sich fest, daß nicht gedacht werden könne, was zu denken wäre; erkürt dies Negative als Substanz. Das, nicht eigentlich theologisches Bedürfnis, fesselte ihn an Kierkegaard und die Existenzphilosophie, der er in Abhandlungen wie der ungedruckten über den Detektivroman – das erste Kapitel daraus steht jetzt im ›Ornament der Masse‹ – sich näherte. Längst vor Heidegger und Jaspers hat er ein existentialistisches Werk entworfen, so wenig jedoch es vollendet, wie einige Jahre darauf eines über den Begriff des Menschen bei Marx. Kein Bonmot ist es, sondern simple Feststellung, es rechne zu Kracauers erheblichsten Leistungen, daß er jene anspruchsvollen Manuskripte liegen ließ, obwohl seine Kraft ihnen gewachsen gewesen wäre. Seine insistente Scheu, der Theorie anderer oder der eigenen botmäßig zu werden, wendete er produktiv. Der vom Inkommensurablen Besessene fand sich nicht bereit, gegen sein eigenes Motiv zu freveln, indem er Inkommensurabilität zur Philosophie ausgewalzt hätte. Scharfsinnig erkannte er, daß die Marxische Idee des Menschen, mag immer sie dessen Doktrin gespeist haben, zu einem Statischen herabgewürdigt, der Tenor seiner Dialektik verfehlt werde, wenn man sie positiv im Menschenwesen fundiert, anstatt sie kritisch an den von Menschen verschandelten und durch Menschen zu ändernden Verhältnissen aufgehen zu lassen. Daß Kracauer seine existentialistischen Erwägungen so wenig wie die gesellschaftlichen als solche exponierte, sondern nur indirekt, am liebsten in der Darstellung von apokryphen Phänomenen, die ihm zu geschichtsphilosophischen Allegorien wurden wie der Detektivroman, war mehr als literarische Laune. Seinem material gerichteten Denken mochte unbewußt von Anbeginn vorschweben, daß die sogenannten großen geistigen Gehalte, Ideen und ontologischen Strukturen nicht für sich, jenseits der Stoffschichten und unabhängig von ihnen sind, sondern unablöslich mit diesen verwachsen; das hat ihn dann zur Rezeption Walter Benjamins befähigt. Gegen Martin Buber, in dem ihm der Existentialismus leibhaftig entgegentrat, richtete er eine ebenfalls im ›Ornament‹ neu aufgelegte, höchst lesenswerte Polemik, in der er das restaurative Wesen der Bibelübersetzung identifizierte, eines Prototyps für den Jargon der Eigentlichkeit von heutzutage. Die Polemik wird getragen von der Einsicht, daß Theologie nicht sich wiederherstellen läßt aus dem bloßen Willen, weil es gut wäre, eine zu haben; das kettete Theologie selber an das Innermenschliche, jenseits dessen sie sich behauptet.

Nach dem Tenor solcher Kritik war die energische Wendung Kracauers zur Soziologie kein Bruch mit seiner philosophischen Absicht sondern deren Konsequenz. Je blinder er an die Stoffe sich verlor, welche seine Erfahrung ihm zutrug, desto fruchtbarer das Ergebnis. So hat er den Film als soziale Tatsache recht eigentlich entdeckt. Nicht fragte er unmittelbar den Wirkungen nach; sein flair mochte ihn davor warnen, diese Wirkungen dingfest zu machen. Sie sind kaum auf einzelne Kinobesuche, vielleicht nicht einmal auf eine Vielfalt zu reduzieren, sondern nur auf die Totalität der Reize, welche im Film, jedenfalls vor dem Fernsehen, am prononciertesten waren. Kracauer hat den Film selber als Ideologie dechiffriert. Die unausgesprochene Hypothese wäre nach den Regeln der mittlerweile technisch hochentwickelten empirischen Sozialforschung anstößig, behielt aber bis heute ihre volle Plausibilität: daß nämlich, wenn ein von Massen begehrtes und konsumiertes Medium eine in sich einstimmige, fest zusammengebackene Ideologie übermittelt, diese Ideologie vermutlich ebenso den Bedürfnissen der Kunden sich anpaßt, wie sie diese umgekehrt zunehmend modelt. Die Entblätterung der Filmideologie war ihm soviel wie die Phänomenologie einer neu sich bildenden Stufe des objektiven Geistes. Die Suite ›Die kleinen Ladenmädchen gehen ins Kino‹, die in der Frankfurter Zeitung großes Aufsehen erregte, hat diese Verfahrungsweise erstmals demonstriert. Dabei war das Interesse Kracauers an der Massenpsychologie des Films niemals bloß kritisch. Er hat in sich selbst etwas von der naiven Sehlust des Kinobesuchers; noch in den kleinen Ladenmädchen, die ihn belustigen, trifft er ein Stück seiner eigenen Reaktionsform. Nicht zuletzt darum wurde sein Verhältnis zu den Massenmedien nie so schroff, wie es seine Reflexion auf deren Wirkung hätte erwarten lassen. Seine Hinneigung zum Unteren, von der hohen Kultur Ausgeschlossenen, in der er sich mit Ernst Bloch verstand, ließ ihn dort noch über Jahrmarkt und Drehorgel sich freuen, wo längst industrielle Großplanung jene verschluckt hatte. Im Caligaribuch werden Filmhandlungen seriös, ohne Wimperzucken referiert; jüngst in der Filmtheorie von Greueln wie der sichtbaren Genese eines Musikstücks im Komponisten, dem Helden, erzählt, als waltete dabei so etwas wie die technische Vernunft des Mediums. Der kommerzielle Film, dem Kracauer zuleibe rückte, profitiert unversehens von seiner Toleranz; vorm Intoleranten – dem experimentellen Film – zeigt jene zuweilen Grenzen.

Meldet der strikte soziologische Empirismus gegen die asystematische Erfahrung, die Kracauers Soziologie aufbietet, an, der Zusammenhang zwischen jenem angeblich objektiven Geist und dem tatsächlichen Bewußtsein der Massen, das in ihm sich niederschlagen solle, sei nicht bewiesen, so ist dem Einwand etwas zu konzedieren. So verhökert die sogenannte Boulevardpresse in den meisten Ländern der Erde neben ihren Sensationen rechtsextreme politische Konterbande, ohne daß das in den angelsächsischen Ländern die Millionen von Lesern gar zu sehr beeinflußt hätte. Indessen sind solche Einwände durchweg fast verschworen mit dem Film als Ware, und insgesamt dem, was sich durch die Kennmarke Massenmedien salviert. Diese werden dadurch entlastet, daß man nicht streng beweisen könne, was für Unheil sie anrichten. Die Analyse des Gebotenen selbst ergibt zumindest, daß sie anderes als Unheil schwer anrichten könnten. Ratsamer wäre der Versuch, eben die Analyse der Reize, die Kracauer inaugurierte und für die heute der Name content analysis sich eingebürgert hat, über die ursprüngliche These von der ideologischen Wunscherfüllung hinaus zu verfeinern, als einem Studium von Wirkungen nachzuhängen, das nur allzu leicht den konkreten Inhalt des Einwirkenden, das Verhältnis zur dargebotenen Ideologie versäumt. Kracauer steht zum soziologischen Empirismus ambivalent. Einerseits sympathisiert er mit ihm, im Sinne seines Reservats gegen soziale Theorie; andererseits hat er, nach dem Maß seiner Vorstellung von Erfahrung, gegen die festnagelnde, quantifizierende Methode nachdrückliche Vorbehalte. Als er schon lange Jahre in Amerika gelebt hatte, exponierte er sich durch eine scharfsinnige theoretische Verteidigung der qualitativen Analyse. Sie gewinnt ihren rechten Stellenwert erst, wenn man weiß, wie sehr sie den fast universalen Usus der institutionellen Soziologie drüben herausfordert. Kracauers erfahrendes Verhalten blieb das des Fremden, in den Geist transponiert. Er denkt, als hätte er das Kindheitstrauma problematischer Zugehörigkeit umgewandelt in eine Sehweise, der alles sich darstellt wie auf der Reise, auch das grau Gewohnte als buntes Objekt des Staunens. Solche Unabhängigkeit von der konventionellen Schale wurde durch den Brechtschen Terminus Verfremdung mittlerweile selber konventionalisiert; bei Kracauer war sie originär. Er kostümiert sich geistig gleichwie mit Sportanzug und Kappe. Im Untertitel des Angestelltenbuchs, ›Aus dem neuesten Deutschland‹, klingt das an. Gemeint ist Humanität nicht durch Identifikation, sondern durch deren Abwesenheit; sich Draußenhalten als Medium der Erkenntnis.

Kracauer emanzipierte sich als Soziologe ganz in jenem Angestelltenbuch. Die Methode teilt manches mit dem, was man in den Vereinigten Staaten als Verfahren des participant observer bezeichnet, etwa dem der Lynds in Middletown; ihr Werk war 1930 Kracauer gewiß unbekannt. In den ›Angestellten‹ benutzte er weithin Interviews, jedoch keine standardisierten Befragungsschemata; flexibel schmiegte er sich der Gesprächssituation an. Wird die angebliche Strenge und Objektivität von Erhebungen vielfach bezahlt mit einem Mangel an Konkretion und wesentlicher Einsicht, so hat Kracauer sein Leben lang versucht, auf jene planvoll-unsystematische Weise die Forderung nach Empirie auszugleichen mit der, daß etwas Sinnvolles resultiere. Darin liegen die besonderen Meriten des Buches, das neu zugänglich gemacht zu haben dem mit dem Allensbacher Institut verbundenen Verlag für Demoskopie zu danken ist. Gewitzigter als die gleichzeitigen Veröffentlichungen der akademischen Wissenschaft hat er diagnostiziert, was er Angestelltenkultur taufte. Er beschrieb sie etwa am Berliner Haus Vaterland, dem Urbild des synthetisch hergestellten Bewußtseins jenes neuen Mittelstands, der keiner war. Der Stil hat unterdessen über die Gesamtgesellschaft der hochindustriellen Länder sich ausgedehnt. Wörter wie nivellierte Mittelstands- und Konsumgesellschaft neutralisieren sein Unwahres. In seinen wesentlichen Ingredienzien gleicht er nach wie vor dem, was Kracauer an den Angestellten von 1930 beobachtete. Ökonomisch proletarisiert, der Ideologie nach krampfhaft bürgerlich, stellten sie ein erhebliches Kontingent zur Massenbasis des Faschismus bei. Das Angestelltenbuch gibt wie unter Laboratoriumsbedingungen eine vorausschauende Ontologie jenes erst in der jüngsten Phase dem Gesamtsystem fugenlos integrierten Bewußtseins. Beeinträchtigt wird es allenfalls durch den Ton von Ironie, in dem es sich gefällt. Nach dem Grauen, das jenes Bewußtsein ausbrüten half, klingt er harmlos zugleich und ein wenig hochmütig, als Preis für Kracauers Feindseligkeit gegen eine Theorie, der, würde sie unbeirrt verfolgt, das Lachen im Hals erstickte. Selbstverständlich wußte er, daß der Geist, auf den er mit Fingern deutete, in dessen Trägern erweckt, angestachelt und planvoll reproduziert, nicht ihr spontan eigener war und ist. Aber indem er, warum auch immer, das ausspart, lieber auf die unmittelbare Fühlung mit den von der Massenkultur Manipulierten als auf das Gesamtsystem sich bezieht, scheint er es doch gelegentlich ihnen zur Last zu legen. Selbst diese Verschiebung hat ihr Legitimes: die Empörung darüber, daß Ungezählte, die es besser wissen müßten, zutiefst auch es besser wissen, gleichwohl dem falschen Bewußtsein mit Passion sich überantworteten. Wie weit Kracauer im Angestelltenbuch sich vorwagte, zeigt am besten seine Kritik an der Rationalität der technologischen Rationalisierung, welche die Angestellten zur Arbeitslosigkeit verurteilte: »Er – der Kapitalismus – rationalisiert nicht zu viel, sondern zu wenig. Das von ihm getragene Denken widerstrebt der Vollendung zur Vernunft, die aus dem Grunde des Menschen redet.«1 Kracauers Rede von dem mittlerweile anrüchigen »Grunde des Menschen« wird entschuldigt dadurch, daß er damit eben die Vernunft meint, welche solche Rede sonst diffamiert. Sein dégôut aber heftet sich an die Signatur des Gesamtzeitalters: daß die Menschen nicht einfach von der Ideologie betrogen werden, sondern daß sie vollends dem lateinischen Spruch gehorchen, betrogen werden wollen, und zwar desto verbissener, je leidvoller es wäre, dem Zustand ins Auge zu sehen. Kracauer hat im übrigen seine Ideologiekritik keineswegs auf die Massensphäre beschränkt. Er übte sie auch dort, wo gehobenere Ansprüche des Kulturbürgertums fortwesten, aber unvermerkt zu einem Schund verkamen, der sich fürs Gegenteil hält. Die sinistren Implikationen der Biographienmode förderte er als erster zutage.

Für Kracauers bedeutendste Leistung halte ich ein Gebilde, das, paradox genug, selbst im Niemandsland zwischen Roman und Biographie angesiedelt ist, den zuerst 1928 erschienenen ›Ginster‹. Der Titel, nach einer Pflanze, die, wie er einmal gleich Ringelnatz sagte, an Bahndämmen blüht, ersetzte den Autorennamen; »von ihm selbst geschrieben« sollte es sein, anonym, nicht pseudonym. Das ästhetische Subjekt wird nicht schroff von der empirischen Person abgehoben. Noch die erzählende Gestalt gerät, der Form und der Bestimmung nach, ins Feld der Kracauerschen Ironie. Der Ginster ist kein blindes, autarkisches Kunstwerk, sondern das Atheoretische daran theoretisch. Dargestellt wird jenes Unauflösliche, das Kracauer, wenn man so sagen will, lehrt; auf eine in Deutschland höchst seltene Weise, für die es hierzulande kaum ein Vorbild gibt als Lichtenberg, erneute Manifestation einer ehrwürdig aufklärerischen Gattung, des roman philosophique. Kracauer hat den Ginster einen intellektuellen Schwejk genannt. Produktiv wurde das Buch, dem die Jahre wenig anhaben konnten, indem es nicht den Knoten der Individualität als Substantielles affirmativ hinstellt. Vermöge der ästhetischen Reflexion wird das tragende Ich selbst relativiert. Raffinierte Läppischkeit, die sich stellt, als verstünde sie nicht, während sie tatsächlich nicht versteht, ist das Reversbild absoluter Individuation. Schlau bändigt Ginster die Realität, in der er haust, nicht weniger als vor ihm die stolz in die Brust sich werfenden Persönlichkeiten schrumpfen. Naivetät, die sich selbst als Lebenstechnik durchschaut und beschreibt, ist es nicht länger. Sie transzendiert zu jener Theorie, der sie eine Nase dreht. Die Möglichkeit des menschlich Unmittelbaren wird demonstriert und negiert in eins. Gründlich bewährt der Ginster, daß Freiheit, Positivität überhaupt heute nicht als solche sich setzen ließe; sonst würde das idiosynkratische Moment in Kracauer unweigerlich zur Manie. Weise hat er in der Neuausgabe auf das letzte Kapitel des Originals verzichtet, das mit solcher Positivität kokettierte. Ebenbürtig der Konzeption ist die Sprache. Mit ihrer unzähmbaren Lust, Metaphern wörtlich zu nehmen, eulenspiegelhaft zu verselbständigen, aus ihnen eine Arabeskenrealität zweiten Grades zu stricheln, treibt sie Luftwurzeln weit in die Moderne hinein. Bitterschade, daß Kracauer unterm Zwang, englisch zu schreiben, wohl auch aus Empörung über das Geschehene, in seinen reifsten Jahren der eigenen Sprachkunst gegenüber, die unablösbar ist vom Deutschen, Askese übte.

Die sozialkritische Phase Kracauers, zu der der Ginster schon zählt, datiert hinter seine Berliner Tätigkeit für die Frankfurter Zeitung zurück. Doch empfing er, in den letzten Jahren vor dem Faschismus, von der scharfen Luft jenes Berlin Impulse. Gleichwohl behielt seine Gesellschaftskritik, auch nachdem er mit Marx sich beschäftigt hatte, das Einzelgängerische. Noch angesichts des äußersten Konflikts war er nicht aus der Position des vertrackten Individualisten herauszumanövrieren, so genau ihm auch die Einwände dagegen vor Augen standen. Er entschädigte sich an dem, was durch die Maschen der großen Theorie fiel. Humanität suchte er im Besonderen, genau dem, was den Totalitären unerträglich war. Mit Brecht geriet er aneinander, erfand gegen ihn den Witz von der Augsburger Konfusion und erklärte, als Brecht auf den Jasager den Neinsager folgen ließ, er, Kracauer, gedächte, den Vielleichtsager zu schreiben; kein übles Programm dessen, der einmal die Haltung des Wartenden als die seine entwickelte; zugleich auch Formel kritischer Selbstreflexion.

 

Schon vor den Berliner Jahren allerdings begann an Kracauer ein schwer Präzisierbares, aber Essentielles sich zu ändern; so als ob er mit einem Entschluß, wie Hans Sachs vorm Gang auf die Festwiese befiehlt, die Läden gut zu schließen, seine Leidensfähigkeit sich verboten, gelobt hätte, glücklich zu sein. Bereits Ginster entfährt, nach der Szene mit einem Offizier, die freilich noch ironische Maxime, man müsse feuerfest werden. Der keine Haut hatte, ließ sich einen Panzer wachsen. Und von dem Tag an, da er nicht mehr der Welt schutzlos ausgeliefert sein wollte, sondern sich in sich zurücklehnte, hat er mit der Welt besser kommuniziert. Der Gestus des So- und nicht anders Seins harmoniert recht wohl mit erfolgreicherer Anpassung, denn die Welt ist ihrerseits so und nicht anders, nach dem Prinzip unerhellt expansiver Selbsterhaltung. Ihm fehlte bei Kracauer nie die Clownerie. Einer ihrer Aspekte war stets planvolle Vogel Strauß-Politik. So hat er noch, als wir uns während der Emigration zum erstenmal, in Paris, wiedersahen, in dem bescheidenen Hotel mich empfangen wie Stauffacher auf dem Seinigen. Er empfand, auf seine hintersinnige Weise, das Frankreich vorm Zweiten Krieg, das schon in den Fugen knackte, ebenso als ihm gemäß wie, nach gelungener Flucht, Amerika, wo er tatsächlich überraschend reussierte. Er hat auch diesen Aspekt seines Schicksals und Charakters noch reflektiert in einem unveröffentlichten Roman, dessen Held in seinen Bedürfnissen und Neigungen quer übereinstimmt mit den wechselnden Lagen, in die er gerät, bis er schließlich doch wegen linker politischer Ansichten seine Stellung verliert. Kracauers Strategie der Anpassung hatte immer etwas von List, vom Willen, mit dem Feindseligen und Übermächtigen fertig zu werden, indem er es im eigenen Bewußtsein womöglich überbot und dadurch, inmitten zwangsläufiger Identifikation, sich distanzierte. In der Filmtheorie hat er, bei Gelegenheit der David und Goliath-Thematik, ein Programm für sich selbst eingeschmuggelt: »Obwohl sich alle diese Figuren den bestehenden Gewalten zu unterwerfen scheinen, gelingt es ihnen doch, sie zu überdauern.«2

Um seiner Produktion nach 1933 – gleich der mancher anderer Vertriebener – Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, ist, ohne daß die Dankbarkeit fürs Asyl verletzt würde, von der Lage der emigrierten Intellektuellen ungeschminkter zu reden als sonst in Deutschland üblich. Devisenbestimmungen und Sondersteuern zwangen die Intellektuellen, buchstäblich als Bettler auszuwandern. Die Kalkulation der Nationalsozialisten, deshalb würden die ihnen Verhaßten auch dort, wo sie Zuflucht fänden, nicht zu gern gesehen, war nicht durchaus abwegig. Daß manche Staaten nur solche aufnahmen, die über nützliche praktische Fertigkeiten verfügten, wirft Licht selbst auf Länder, die auf derlei Stacheldrahtzäune verzichteten. Überall fühlte der Intellektuelle, soweit er nicht innerhalb des etablierten Wissenschaftsbetriebs sich durch sogenannte positive Leistungen qualifiziert hatte oder wenigstens aus der Universitätshierarchie kam, sich als überflüssig. Wahrscheinlich war der Zwang, sich einzugliedern, ärger als bei früheren Emigrationen. In den wichtigsten Zufluchtsländern war das soziale Netz allzu dicht gesponnen, die thought control allzu rigoros. Drohende Arbeitslosigkeit machte potentielle Konkurrenten unerwünscht. Emigranten, die keine Freunde hatten, welche solidarisch zu ihnen standen, mußten kapitulieren, um zu leben. Im wirtschaftlichen Bereich geht, nach der bürgerlichen Spielregel von Angebot und Nachfrage, alles mit rechten Dingen zu. Daß sie auf den Geist übergreift; daß er schließlich vom Funktionszusammenhang absorbiert wird, liegt in der unverrückbaren Konsequenz des Systems, widerspricht aber zugleich unversöhnlich dem Prinzip des Geistes selbst, der in der Reproduktion des Lebens nicht aufgehen soll und, indem er das Bestehende bewußt macht, ein mögliches Anderes im Negativ umreißt. Geist, der, nach einer Logik, die nur im glücklichen Ausnahmefall suspendiert wird, willfahrt, streicht eben dadurch sich selbst aus; drastischer noch als sonstwo wird für ihn der Primat der Produktionsverhältnisse zur Fessel der Produktivkraft. Unvergeßlich, wie in den ersten Emigrationsmonaten ein seitdem verstorbener, sehr berühmter deutscher Soziologe, als ich in einer Diskussion Englisch radebrechte, scherzend mich ermunterte: ich dürfe in angelsächsischen Ländern nie versuchen, mehr auszudrücken als das, was ich gestammelt hatte. Während ich mich an den Rat nicht hielt, hat er mich immerhin davor bewahrt, über die anderen mich erhaben zu fühlen. Zur Entrüstung ist um so weniger Anlaß, als, was so leicht solche als Charakterlosigkeit beanstanden, denen die Probe erspart blieb, seinerseits ein Moment bürgerlichen Anstands enthält, den Willen, nicht von Almosen zu leben, sondern die Existenz aus Eigenem zu erwerben. Zum Zynismus jedoch, zu einer doppelschlächtigen Produktion, in der man geistige Integrität bewahrt und mit der linken Hand verkäufliche Bücher schreibt, bedürfte es einer Kraft, die offenbar so wenig irgendeinem vergönnt ward, wie etwa ein Musiker bis heute nebeneinander avantgardistisch komponieren und mit Schlagern Geld verdienen konnte. Brechts Bitte um Nachsicht wäre auf diesen Komplex auszudehnen.

Die amerikanische Regierung war der vieler europäischer Länder der Hitlerzeit insofern überlegen, als sie allen Emigranten die Möglichkeit zu arbeiten gewährte, keinen auf den dauernden Status des Unterstützungsempfängers herabdrückte. Dafür war die Last des Konformismus, welche auch die Einheimischen beugt, besonders hart. Ihre begeisterten Fürsprecher waren bereits erfolgreiche intellektuelle Einwanderer. Anpassung wurde nochmals zu der Norm, die sie ohnehin in der frühen Entwicklung der meisten gewesen war, verinnerlicht von all denen, die schwerlich anders ihren äußeren und inneren Schwierigkeiten gewachsen gewesen wären, als indem sie dem von Anna Freud Identifikation mit dem Angreifer genannten psychologischen Mechanismus gehorchten. Für das Unselige hat einmal ein Angepaßter triumphierend den Satz gebraucht, es gäbe keinen geistigen Transfer. Ein Korrektiv wäre gewesen, nach dem Sturz des Hitler gerade diejenigen Emigranten, deren Qualität in dem nicht umstandslos Tauschbaren und Verwertbaren bestand, zurückzuholen. Das taten zwar einzelne Universitäten, wie die Frankfurter, und jüngst, so dezidiert wie keiner zuvor, Adolf Arndt als Berliner Kultursenator. Nicht aber geschah es generell. Daß diese Art Wiedergutmachung, die an dem beschädigten geistigen Leben selber, versäumt ward, ist unverantwortlich nicht nur den Opfern sondern erst recht dem gegenüber, was sonst mit Vorliebe als deutsches Interesse sich vorträgt. Was ein Mann wie Kracauer an maßgeblicher Stelle, etwa als Kulturpolitiker einer großen Zeitung, Gutes hätte tun können, läßt sich nicht überschätzen. Erinnert sei bloß an seine Definition der Sprache Heideggers durchs Sprichwort: die Eifersucht ist eine Leidenschaft, die mit Eifer sucht, was Leiden schafft. Kracauers hartnäckige Weigerung, sich blauen Dunst vormachen zu lassen, wäre eine heilsame Droge gegen das synthetische Klima der auferstandenen Kultur geworden. Er widerstand Brecht und Heidegger gleichermaßen, immun gegen jene Beherrschungstechniken, die man in Deutschland so prompt der Größe gleichsetzt, und die den Begriff der Größe selbst fatal gemacht haben. An dem Scheinhaften, schlecht Affirmativen des gegenwärtigen objektiven Geistes trägt keine geringe Schuld das Vakuum, welches die Abwesenheit der emigrierten intelligentsia schuf. Verstärkt wird die Schuld durch jene, welche am liebsten die Vertriebenen verantwortlich machen möchten für den Niedergang der Weimarer Republik, weil sie ihn erkannten. Das Verhängnis der faschistischen Diktatur reicht hinaus über das Schicksal der Ermordeten, obwohl es die Besinnung über andere Folgen verschlägt. Mit Variation eines kabbalistischen Wortes wäre wohl zu fragen, ob nicht das Land, das seine Juden vertrieb, ebensoviel verlor wie diese.

Keiner sollte Kracauers ›Offenbach‹, der in Deutschland neu unter dem Titel ›Pariser Leben‹ herauskam, oder ›Von Caligari zu Hitler‹ lesen, ohne das zu erwägen, und kein Gran des Gönnerhaften dürfte beigemischt sein. Der ›Offenbach‹ zählt, mit Kracauerschem Augenblinzeln, zu jener Romanbiographik, deren rücksichtsloses Röntgenbild er präsentiert hatte; zugleich möchte er über die Pseudo-Individualisierung von derlei Produkten sich erheben durch die Idee einer »Gesellschaftsbiographie«. Die soziale Problematik des Zweiten Kaiserreichs sollte durchscheinen, auf welche die große Operette reagierte. Seine Grenzen hat das Buch auch an der Abstinenz der Musik gegenüber, deren sein Autor sich befleißigen mußte. – Der ›Caligari‹, reich an technischen Einzelanalysen, entwickelt, einleuchtend genug, die Geschichte des deutschen Films nach dem Ersten Krieg als die zur fortschreitenden Ideologie totalitärer Gewalt. Allerdings war jene Tendenz keineswegs auf den deutschen Film beschränkt; sie dürfte kulminiert haben im amerikanischen ›King Kong‹, wahrhaft einer Allegorie des unmäßigen und regressiven Monstrums, zu welchem das öffentliche Wesen sich auswuchs; zu schweigen von der Ehrenrettung Iwans des Schrecklichen und anderer Scheusäler im Stalinistischen Rußland. Doch läßt gerade aus dem an der Oberfläche Anfechtbaren der Kracauerschen These ein Wahres sich lernen: daß die Dynamik, die im Entsetzen des Dritten Reichs explodierte, hinabreichte bis in die Förderschächte der Gesellschaft insgesamt, und darum in der Ideologie auch solcher Länder sich spiegelte, denen die politische Katastrophe erspart ward. Gern wird ein gesellschaftlich Allgemeines als allein dort zuständig verkannt, wo man es erfuhr; schon Hölderlins Invektive gegen die Deutschen war in Wahrheit eine gegen die Deformation der Menschen durch die bürgerliche Gestalt der Arbeitsteilung überall. – Allmählich kehrte Kracauer zu dem zurück, was ihn ursprünglich bewegte, dem Film etwa, dessen Konstituentien er theoretisch zu destillieren sich anschickte, und schließlich, in einem groß intendierten Projekt, zur Geschichtsphilosophie.

 

Riskiert man etwas wie eine Deutung von Kracauers Figur, die dagegen widerborstig ist, so muß man für jenen Realismus besonderer Farbe das Wort suchen, der mit dem vertrauten Bild eines Realisten so wenig zu tun hat wie mit verklärendem Pathos oder der unentwegten Überzeugung von der Vormacht des Begriffs. Den Geist aus Geist vor seiner Selbstvergötzung zu behüten, war wohl Kracauers primäre Nötigung, gezeitigt vom Leiden dessen, dem man früh einbrannte, wie wenig der Geist vermag gegenüber der Brutalität des bloß Seienden. Aber die Rechnung seines Realismus geht nicht auf. Wie dieser reaktiv war, so kann er nicht bei der Desillusion sich beruhigen. Auch wo Kracauer defaitistisch gegen die Utopie eiferte, attackiert er eigentlich, gleichwie aus Angst, etwas, was ihn selbst beseelte. Der utopische Zug, der sich fürchtet vorm eigenen Namen und Begriff, verkriecht sich in die Gestalt des nicht recht Hineinpassenden. So leuchten die Augen eines schlecht behandelten und unterdrückten Kindes in Momenten, da es, plötzlich verstehend, sich verstanden fühlt und daraus Hoffnung schöpft. Das Bild Kracauers ist das des Menschen, der am Furchtbarsten gerade vorbeikam, und wie die Hoffnung der Menschheit sich verkapselt hat in die Chance, daß sie die Katastrophe vermeidet, so fällt der Widerschein solcher Hoffnung auf das Individuum, das diesen Vorgang gleichsam vorwegnimmt. »Denn nichts als nur Verzweiflung kann uns retten«, lautet ein Satz Grabbes. Deckbild der Hoffnung wird für Kracauer die bis zur Unansprechbarkeit sich in sich verschließende Individualität, die auf Hoffnung undurchlässig ist. Sie bekundet die Sehnsucht, einmal ohne Angst so unabgeschliffen sein zu dürfen, wie die Angst den Abweichenden prägte. Aus seiner Kindheit erzählte er einmal, er sei von Indianergeschichten derart besessen gewesen, daß sie die Grenze zur Realität überspülten. Eines Nachts erwachte er aus dem Traum schockhaft mit den Worten: »Ein fremder Stamm hat mich geraubt.« Darin ist sein Rebus aufgezeichnet, das Grauen, das in den Deportationen buchstäblich ward, samt der Sehnsucht nach der ungestraften und unschuldigeren Barbarei der beneideten Rothäute. Freuds Lehre, daß die Entscheidungen der individuellen Genese in der Kindheit fallen, gilt erst recht für den intelligiblen Charakter. Die Kinderimago lebt noch in dem vergeblichen und kompensatorischen Willen, auch ein rechter Erwachsener zu werden. Denn das Erwachsene gerade ist das Infantile. Desto begründeter die Trauer, die aus der Mimik klagt, je angestrengter Lächeln versichert, alles sei in bester Ordnung. Kind bleiben ist diesem Naturell soviel wie: einen Stand des Wesens festhalten, in dem einem weniger passierte; die sei's noch so oft enttäuschte Erwartung, solches unausrottbare Vertrauen werde belohnt. Wie ungewiß es darum bestellt ist, drückt Kracauers geistiges Dasein selbst noch aus. Die Fixierung an die Kindheit, als eine ans Spiel, hat bei ihm die Gestalt von einer an die Gutartigkeit der Dinge; vermutlich ist der Vorrang des Optischen bei ihm gar nicht das erste, sondern die Folge dieses Verhältnisses zur Dingwelt. Im Motivschatz seiner Gedanken dürfte man Aufbegehren wider die Verdinglichung vergebens suchen. Einem Bewußtsein, das argwöhnt, es sei von den Menschen verlassen, sind die Dinge das Bessere. An ihnen macht der Gedanke wieder gut, was die Menschen dem Lebendigen angetan haben. Der Stand der Unschuld wäre der der bedürftigen Dinge, der schäbigen, verachteten, ihrem Zweck entfremdeten; sie allein verkörpern dem Bewußtsein Kracauers, was anders wäre als der universale Funktionszusammenhang, und ihnen ihr unkenntliches Leben zu entlocken, wäre seine Idee von Philosophie. Das lateinische Wort für Ding heißt res. Davon ist Realismus abgeleitet. Kracauer hat seiner Filmtheorie den Untertitel ›The Redemption of Physical Reality‹ verliehen. Wahrhaft zu übersetzen wäre das: Die Rettung der physischen Realität. So wunderlich ist sein Realismus.

 
Fußnoten

 

1 Siegfried Kracauer, Das Ornament der Masse, Frankfurt a.M. 1963, S. 57

 

2 Siegfried Kracauer, Theorie des Films, Frankfurt a.M. 1964, S. 366.

 

 
Gesammelte Werke
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