V

 

Während die Wagnersche Harmonik zwischen Gewesenem und Zukünftigem schwankt, ist die koloristische Dimension recht eigentlich von ihm entdeckt worden. Instrumentationskunst im prägnanten Sinne, als produktiven Anteil der Farbe am musikalischen Geschehnis »in der Art, daß jene Farbe selbst zur Aktion wurde«1, hat es vor ihm nicht gegeben. Er als erster hat feinste kompositorische Differenzen sowohl wie die Einheit kompositorischer Komplexe durch koloristische faßlich gemacht: Richard Strauss bemerkt in seiner Neuausgabe der Berliozschen Instrumentationslehre, daß jedes einzelne Werk Wagners seinen eigenen Instrumentationsstil, ja sein eigenes Orchester habe, und Wagners Fähigkeit der instrumentalen Stilisierung ist so weit entwickelt, daß selbst innerhalb der Stileinheit des Ringes die vier Opern sich ihrem spezifischen Klangcharakter nach voneinander abheben. Die Wagnersche Instrumentationskunst hat die harmonische der Mischung und des Übergangs eingeholt, ohne dabei an ältere Materialbereiche nach Art der harmonischen Diatonik gebunden zu sein. Die Leistung von Berlioz bleibt, damit verglichen, noch stofflich. Er hat zwar das Element des leuchtenden Orchesterklangs und die Valeurs der einzelnen Farben darin entdeckt, nicht aber die koloristischen Funde der Komposition als solcher zugeführt, nicht sie kompositorisch produktiv angewandt. Lernt Wagner von Berlioz die Emanzipation der Farbe von der Zeichnung, so gewinnt er der Zeichnung die befreite Farbe zurück und hebt die alte Divergenz von Farbe und Zeichnung auf. Hier triumphiert er wahrhaft über jegliches Schema. Wie es vor Wagner keine Instrumentationskunst gab, so konnte bis heute keine Instrumentationslehre im kanonischen Sinne von Harmonielehre und Kontrapunkt, sondern bloß Klangbeschreibung und empirische Satzanweisungen geliefert werden. Die Wahl der Farbe hängt von keiner Regel ab; sie weist sich allein nach den konkreten Erfordernissen des spezifischen kompositorischen Zusammenhangs aus, so wie es für die harmonische Dimension und gar für die Melodiebildung erst in der gegenwärtigen Musik durchgesetzt wurde. Das koloristische Moment, über das Wagner in voller Freiheit gebietet, ist zunächst die Domäne seines Subjektivismus, und die koloristische Empfindlichkeit des Instrumentators Wagner bildet das Seitenstück zur sensuellen Reizsamkeit dessen, der die Briefe an die Putzmacherin schrieb. Aller Vergrößerung des instrumentalen Apparates, ja aller verselbständigten Technik zum Trotz ist das Orchester Wagners intimster Bereich: der Komponist, der zum Dirigentenpult floh, ist erst im Orchester zu Hause, wo ihn die Stimmen der Instrumente ansprechen, magisch zugleich und vertraut, wie Farben für Kinder es sind. In der Tat fällt die eigentliche Konzeption der Wagnerschen Orchesterkunst mit der Wendung zur Intimität im Lohengrin zusammen. Strauss, dem die einzigen fördernden Hinweise zur Theorie der Wagnerschen Instrumentation zu danken sind, rät dem Lernenden dringend das Studium der »feineren Holzbläsermischungen« dort an. Holländer, Tannhäuser kennen großartige instrumentale Intuitionen. Das kompositorisch relevante Prinzip der Mischung ist erst im Lohengrin aufgestellt.

Die besondere Stellung der Holzbläser und Holzbläsermischungen im Lohengrin hängt zusammen mit der poetischen Idee der Hochzeit, die den Stil der ganzen Oper, nicht nur den von Brautzug und Brautgemach, vorschreibt. Strauss hat an einer Stelle auf die Imitation des Orgelklangs aufmerksam gemacht, die jener poetischen Idee allegorisch dient: indem der Lohengrin die Orgel selber verwendet, stellt sich zugleich die kompositorische Aufgabe, den formfremden, in der Behandlungsweise der Großen Oper unerträglich banalen Orgelklang mit dem des Orchesters zu verschmelzen. Danach kombinieren sich selbst in Wagners Instrumentationstechnik die widersprechenden Elemente. Im Sinne des romantischen Mittelalters von Münster und Kemenate wird auf die Orgel als Wunschbild eines umfangenden, von der Gottheit bestätigten Kosmos zurückgegriffen, und die Holzbläser erstellen dessen archaisierendes Bild. Sie sollen gleichsam dem subjektiven Streicherespressivo das objektive Gegengewicht bieten. Zugleich aber sollen, um jener Idee der bruchlosen Formtotalität willen, die den Inhalt von Wagners Polemik gegen die traditionelle Oper ausmacht, die Holzbläser möglichst eng mit dem Streicherklang sich verbinden, ihm selbst ohne Sprung sich einfügen. Strauss spricht vom »Kitt« der Holzbläser. Indem sie die Orgel imitieren, wird ihre Orgelstarrheit aufgetaut. Für ihre Mischklänge sind hier die gekoppelten Orgelregister, dort die Verschmelzungsmöglichkeiten des Streichkörpers das Modell.

Einsicht darein und damit in die Funktion der Wagnerschen Instrumentationskunst läßt sich bloß an einer Instrumentationsanalyse aus jenem für die Idee seines Orchesters entscheidenden Werk gewinnen. Zu Beginn der zweiten Szene des ersten Aktes Lohengrin, nach den Worten »Seht hin! Sie naht, die hart Beklagte!«2, findet sich ein achttaktiger Bläserchor. Die Periode ist thematisch nächstverwandt jener enharmonischen Stelle in Elsas Traumerzählung. Sie gliedert sich nach zwei Viertaktern. Im Vordersatz werden die Holzbläserstimmen, und zwar auch im Piano, durchweg verdoppelt. Dafür ist die unmittelbare Veranlassung die Aufgabe, eine gewisse Inhomogenität zu korrigieren. Die Flöten sind einerseits weniger tragfähig, andererseits schwieriger zu verschmelzen als die Klarinetten; sie sind zu schwach, und dabei fallen sie aus der Totalfarbe heraus. Im Sinne der subtilen Klangkritik, die von der Wagnerschen Instrumentation ausgeübt wird, sind indessen die Oboen als Verdoppelungsinstrumente wesentlich nur im Forte zu gebrauchen. Im Piano ist ihr Timbre gewissermaßen zu prägnant, zu eng seinem expressiven Aktionsradius nach, um nicht sogleich als das der Oboe aufzufallen; werden sie mit den Flöten unisono geführt, so decken sie diese, anstatt sich mit ihnen zu verbinden. Negativ ist die veränderte Behandlung der Oboen eine der wichtigsten Neuerungen Wagners gegenüber der traditionellen Verfahrungsweise. Im herkömmlichen Partiturschema stehen die Oboen über den Klarinetten und werden im Wiener Klassizismus meist auch höher als diese gesetzt. Dadurch, im Verein mit der Farblosigkeit der Klarinette in ihrem mittleren Register, ergibt sich im klassischen Holzbläserchor oftmals jene auffällige Unbalanciertheit und Zufälligkeit der Klangkombination, die Wagner unerträglich war. Er hat darum die Oboen prinzipiell nur entweder solistisch oder im Tuttiforte, nicht mehr jedoch unbedenklich als den natürlichen zweiten Sopran des Bläserchors gehandhabt. Im Vordersatz jener Lohengrinperiode zieht er nun aus der Kritik hier des Flöten- und dort des Oboenklangs die Konsequenz, sowohl die Flötenmelodie der Oberstimme wie den ebenfalls von einer Flöte gespielten zweiten Sopran durch Klarinetten zu verdoppeln. Diese Verdoppelung ist aber so wenig bloße Verstärkung, wie die Verdoppelung der Streicher im Piano bei Beethoven. Vielmehr verändert sie die Klangfarbe. Zwischen Flöte und Klarinette ergibt sich im Unisono eine Art von schwebendem, vibrierendem Interferenzklang. In ihm gehen die spezifischen Charaktere beider Instrumente unter; sie sind nicht mehr zu identifizieren, man hört dem Klang nicht mehr an, wie er zustande kommt. Damit eben nähert er sich dem dinghaften Orgelton an. Er gewinnt aber zugleich – und das ist höchst bezeichnend für den Doppelcharakter von Wagners Instrumentationskunst – durch solche Objektivierung höhere Flexibilität zugunsten des Ganzen. Was dem einzelnen Instrument durch Verdoppelung an spezifischem Klangcharakter verlorengeht, wird aufgewogen von der Möglichkeit, es bruchlos der Totalität des Orchesterklangs einzufügen. Vermag es weniger, die eigene Spielweise zu bekunden; werden die subjektiven Teilaktionen der Spieler vom Gesamtklang aufgesogen, so wird dieser eben in solcher Einheit zum willigen Medium des Ausdrucks, den der Komponist ihm zumutet. Je mehr Verdinglichung, desto mehr Subjektivismus: das gilt wie für die Erkenntnis so für die Instrumentation. Wenn die Klarinetten die archaische Irrationalität der Flöte ausgleichen, so hilft die Baßklarinette dem altmodisch zurückgebliebenen Holzbläserbaß nach, dem Fagott. Auch dieses dient fortab nur noch als unqualifiziertes Tutti-Instrument oder wird für besondere Effekte wie Mimes Terzen aufgespart. Als Baß jenes Bläserchors3 ist das dritte Fagott durch die Baßklarinette verdoppelt; das erste geht unisono mit der dritten Flöte, in einer meist liegenden, wohl absichtlich auch instrumental substanzloseren Stimme.

Der simultanen Verschmelzung im ausgewogenen Klang entspricht sukzessiv das Ausinstrumentieren der Übergänge vermöge einer Technik instrumentaler »Reste«, die nicht bloß später im Tristan zur äußersten Virtuosität gesteigert ist, sondern bis Schönberg und insbesondere Alban Berg verbindlich bleibt. Das Verhältnis von Vordersatz und Nachsatz in jener Lohengrinperiode bietet dafür ein elementares und instruktives Modell. Beide sind nämlich derart miteinander verschränkt, daß die Intonation des Nachsatzes durch eine frische Instrumentalgruppe – zwei Oboen, Englisch Horn und das zuvor nicht gebrauchte zweite Fagott – zusammenfällt mit dem Abschluß des Vordersatzes. Der ist aber den Flöten allein anvertraut, während die mit diesen bis dahin unisono geführten Instrumente, zwei Klarinetten und erstes Fagott, verstummen. Dadurch wird erreicht, daß ein »Rest« des bisherigen Klanges in den neuen eingeht, so daß kein Bruch entsteht. Als solcher Rest fungiert gerade der schwächere Teil des bisherigen Klanges, der nicht selbständig hervortritt; das wird durch die dynamische Disposition unterstützt, da die Flöten im Pianissimo verklingen, während der Einsatz der neuen Gruppe im einfachen Piano erfolgt. Für den Augenblick des instrumentalen Umschlags verschmelzen die Flöten derart mit Oboen und Englisch Horn, daß bei sinngemäßer Darstellung überhaupt kein eigentlicher »Einsatz«, sondern bloß eine Flexion des Klanges zu vernehmen sein dürfte. Auf diese Weise werden Vorder-und Nachsatz aneinander gekittet, in einem Übergang, so eng wie nur die melodische kleine Sekunde, in welcher der Nachsatz an den Vordersatz sich anschließt, und doch sinnvoll unterschieden. So verwandelt sich die Instrumentationstechnik in einen integralen Bestandteil der Komposition. Vorder- und Nachsatz stehen, wie immer auch sublimiert, im Verhältnis von Tutti und Solo. Die Geste des Vordersatzes ist flehentlich ausgreifend; die des Nachsatzes nimmt sich ergeben zurück. Der Vordersatz enthält Crescendo und Diminuendo, der Nachsatz Diminuendo allein. Wäre dies Verhältnis bloß durch die Dynamik des Vortrags zum Ausdruck gebracht, so ginge es bei der Vergröberung alles Musikalischen im Theater verloren. Durch die instrumentale Disposition wird seine Faßlichkeit gerettet. Der Vordersatz erscheint als Tutti durch jene Verdoppelungen; er wird von acht Instrumenten gespielt, der Nachsatz zu Beginn nur von vieren. Aber daran nicht genug. Der formale Sinn der Vordersatz-Nachsatz-Relation ist durch die Wahl der instrumentalen Farben selber realisiert. Anstelle des Interferenzklangs von Flöte und Klarinette tritt der solistische der Oboe. Er steht in gewisser Weise zwischen der Flöte, mit der er den Charakter des archaisch Pastoralen teilt, und der Klarinette, welcher er in dem in Rede stehenden Register sich annähert. Der Ton der Oboe hat nicht die flockige Einsamkeit des Flötentons, aber er ist auch nicht so gesellig wie die Klarinette, und sein Pastorales ist eine Unschuld, die darauf wartet, aus ihrem eigenen Bann gelöst zu werden. Darum ist die Oboe, selber zweideutig, prädestiniert, das Erbe des voraufgehenden zweideutigen Interferenzklangs anzutreten, ohne zu diesem grob zu kontrastieren. Denn die ganze Periode bildet musikalisch so gut wie gestisch eine Einheit, und der großen Zeitdimensionen wegen muß Wagner auch instrumental mit starken Kontrasten höchst sparsam verfahren. Daher die Verkittung durch den Flötenakkord. Zugleich jedoch wirkt die Oboe, einfach weil sie nicht verdoppelt ist, solistisch. Ihr Klangcharakter ist dem »verschämten« der Nachsatzgeste angemessen, von dem Wagners Regiebemerkung spricht. Bei minimaler Variierung des Klangs, unter strikter Vermeidung aller Außenkontraste, vermag so in der Sukzession der Oboe auf den Flöten-Klarinetten-Komplex das Vordersatz-Nachsatz-Verhältnis als eines von Tutti und Solo im engsten Rahmen sich durchzusetzen. Instrumentation fügt der blanken Symmetrie von Vordersatz und Nachsatz eine neue kompositorische Dimension hinzu und entreißt den Achttakter dem Schema. Die latente Intention der Form ist ausinstrumentiert. Wollte die Komposition das gleiche Resultat ohne Instrumentationskunst erreichen, so müßte sie das kleine Teilganze der Periode überanstrengen. Die kompositorische Funktion der instrumentalen Setzweise geht aus den Anforderungen der kompositorischen Ökonomie selber hervor.

Wenn man Flöte und Klarinette in ihrer simultanen Kombination den Modus der Hervorbringung nicht mehr anhört; wenn ihre spezifischen Charaktere verlorengehen und sie sich in einen Klang verzaubern, dem keine reale instrumentale Spielweise mehr zugeordnet wird, so ist damit ein Grundbestand der Wagnerschen Instrumentation berührt. Er kommt vor allem am Horn zutage. Seine zentrale Stellung im Wagnerschen Orchester wurde von Strauss bezeichnet. Als Träger von Fanfaren und Signalen war es ursprünglich, und weit über Beethoven hinaus, ein gestisches Instrument. Es nimmt bei Wagner expressiven Charakter an, nicht anders als die orchestrale Geste des Recitativo accompagnato. Der Wechsel seiner Funktion manifestiert sich im Einsatz des auf die Diatonik beschränkten Naturhorns durch das Ventilhorn, das über die chromatische Skala verfügt. Zur Einführung des Ventilhorns, das schon während Wagners Kindheit erfunden war, hat dieser offenbar nur schwer sich entschließen können. In einer Bemerkung zur Tristanpartitur heißt es: »Durch die Einführung der Ventile ist für dieses Instrument unstreitig so viel gewonnen, daß es schwer fällt, diese Vervollständigung außer acht zu lassen, obgleich dadurch das Horn unleugbar an der Schönheit seines Tones, wie namentlich auch an der Fähigkeit, die Töne weich zu binden, verloren hat. Bei diesem großen Verlust müßte allerdings der Komponist, dem an der Erhaltung des echten Charakters des Hornes liegt, sich der Anwendung der Ventilhörner zu enthalten haben, wenn er nicht andererseits die Erfahrung gemacht hätte, daß vorzügliche Künstler durch besonders aufmerksame Behandlung die bezeichneten Nachteile fast bis zur Unmerklichkeit aufzuheben vermochten, so daß in bezug auf Ton und Bindung kaum noch ein Unterschied wahrzunehmen war.« Diese Sätze belegen Newmans gelegentliche Bemerkung, daß Wagner von rein musikalischen Dingen stets mit größter Vernunft rede und unverantwortlich nur, sobald er den Umkreis der eigenen Erfahrung überschreitet, den ihm die verhaßte Arbeitsteilung gezogen hat. Seine romantische Gesinnung verkümmert ihm nicht die konkrete Einsicht, daß in dem gleichen Rationalisierungsprozeß, der den »echten Charakter« bedroht, auch die Kräfte – die bewußter Menschen – heranreifen, die solche »Nachteile« aufheben. Er zeigt damit der Phrase vom »Substanzverlust« weit sich überlegen, die auf einer späteren Stufe der Rationalisierung diese summarisch verwirft und damit nur den Mächten desto genehmer wird, welche die Rationalisierung verfügen. Dabei hat jedoch Wagner so wenig wie die Kritiker der politischen Ökonomie über den Preis sich getäuscht, der für den Fortschritt zu entrichten ist. Wer je ein Naturhorn neben einem Ventilhorn hörte, dem kann es nicht fraglich sein, worin der von ihm beklagte »echte Charakter« des Horns zu suchen sei. Er ist die Spur, den die Hervorbringung des Tons in diesem hinterläßt; ein Ton »klingt wie Horn«, solange man ihm anhört, daß er auf dem Horn gespielt ist: die Genesis, samt der Gefahr des Kicksens, wandert in die Qualität des Phänomens ein. Diese Spur ist es, die dem Ventilhorn verlorengeht. Man pflegt die Wagnerschen Hornstimmen mit Klavierpedalen zu vergleichen. Einerlei wie der Prioritätsstreit zwischen dem Lisztschen Klavier- und dem Wagnerschen Orchesterstil zu schlichten ist; soviel steht außer Frage, daß der Pedalton des Klaviers vom nicht pedalisierten Ton dadurch sich unterscheidet, daß aus ihm die Spur der Hervorbringung im Augenblick, da der Hammer die Saite anschlägt, verscheucht ist. Ähnliches gilt für die Hörner, die durch Einschaltung des Ventilmechanismus der unmittelbaren Produktion ihres Tones sich entfremden. Ihnen dankt Wagners Orchester, daß es in verschiedenen Schichten der Präsenz spielt. Von mehreren Simultanstimmen sind bei ihm nicht alle im gleichen Maße »da«, und zwar nicht bloß im Sinne der Abhebung hervortretender Haupt- und zurücktretender Nebenstimmen. Es gibt bei ihm Instrumentalparts, die, obschon als obligat durchaus vernehmlich, dennoch gewissermaßen unterhalb der manifesten kompositorischen Oberfläche zu verlaufen scheinen, ähnlich wie der Traum verschiedene Schichten von Präsenz kennt. Der oftmals verschleierte, unausgesprochene Ton des Ventilhorns prädestiniert es für derartige Obligatstimmen. Seine Emanzipation vom Modus der Hervorbringung gestattet weiter, ihm mehr noch als selbst der flexiblen Klarinette die Aufgabe des orchestralen »Kitts« anzuvertrauen. Der Verlust an »Charakter« nähert es anderen Instrumentalklängen an, so wie diese wiederum sich dem Horn und allgemein untereinander annähern. Das Wagnersche Orchester zielt auf die Herstellung eines Kontinuums von Klangfarben ab und inauguriert damit eine Entwicklung, die heute an den Polen der Produktion sich durchsetzt. Wie in der Schönbergschule die Instrumente füreinander substituierbar werden und ihre krude Spezifikation einbüßen; wie, nach einer Äußerung von Alban Berg, der Instrumentator zu verfahren hat wie ein Schreiner, der kontrolliert, daß an seinem Tisch nicht die Nägel herausstehen und nicht der Geruch des Leims bemerkbar bleibt, so können im Jazz Dämpfertrompeten wie Saxophone klingen und umgekehrt, und selbst die flüsternde oder durch den Schalltrichter übertragene Singstimme ähnelt ihnen sich an. Die Idee eines elektrischen Kontinuums aller möglichen Klangfarben hat diese Tendenz auf die radikale: die mechanische Formel gebracht. Wagner freilich sucht die technologische Tendenz in ein Naturverhältnis umzudeuten, indem er anstelle der einzelnen Orchesterinstrumente jeweils instrumentale »Familien« wie besonders die der Klarinetten und der Tuben setzt, die dann Beziehungen eingehen, welche er als Wahlverwandtschaften sich ausmalen mochte. Man darf in der Tat annehmen, daß Wagners Instrumentationskunst verschränkt ist mit dem Gedanken an den menschlichen Leib: er gibt szenische Gestalten, die fleischgewordene Orchesterinstrumente scheinen, und leicht könnten die Kontraste von Kundrys Charakter aus denen der Klarinettenregister entsprungen sein, an die ihre Thematik gemahnt, obwohl sie nur gelegentlich von der Klarinette vorgetragen wird. Aber die Entdeckung der produktiven Phantasiekraft des Klanges schlägt der Komposition nicht nur zum Guten an. Die Erscheinung, die bei Wagner das Wesen nährt, wenn nicht gar erzeugt, ist zugleich die Seite, die das Kunstwerk nach außen kehrt, der »Effekt«. Nicht bloß wird die Erscheinung wesenhaft, sondern in eins damit und notwendig das Wesen scheinhaft; die Integration der Elemente geht auf Kosten der kompositorischen Integrität. Wird, in idiosynkratischer Abwehr des nackten Instrumentaltons, dem die Hervorbringung anzuhören ist, verdoppelt – und Verdoppelung im Unisono ist das Urphänomen des Wagnerschen Mischklangs –, so gerät zugleich, eben durch die Verdoppelung, ein Element des Überflüssigen, Falschen und Aufgeschmückten in die Instrumentation, das sich der Einheit von Komposition und Orchesterklang in den Weg stellt, um derentwillen doch gerade die Instrumentationskunst ausgebildet ist. Schon bei Wagner, von den Neudeutschen zu schweigen, findet sich eine Tendenz zum Überinstrumentieren, dazu, Ereignisse für mehr auszugeben, als sie musikalisch sind. Manchmal folgen daraus sinnfällige Differenzen von Klang und Konstruktion, insbesondere in Gestalt der »Füllstimmen«. Diese werden erzeugt aus der Tendenz zur Mischung und damit zur bruchlosen klanglichen Darstellung des kompositorischen Gefüges, fallen aber selber nicht mit diesem zusammen und gewinnen trügende Selbständigkeit, zu ausgesprochen für harmonischen, zu unplastisch für kontrapunktischen Satz. Die vielberufene »Einfachheit« der Instrumentation des Parsifal ist daher gegenüber Tristan, Meistersingern und Ring nicht bloß reaktionär, nicht bloß falsch sakral, sondern vollzieht auch legitime Kritik an den ornamentalen Bestandteilen im charakteristischen Instrumentationsstil Wagners. Es gibt im Parsifal nicht bloß frömmelnde Blechbläserchöre, sondern zugleich eine düstere Abblendung des Klangs, wie sie in Mahlers letzten Werken und danach in der Wiener Schule beherrschend wurde. Das asketische Ideal ist in Kunst dialektisch. Heute dient es, sachlich drapiert, meist dem Obskurantismus und der Rancune gegen das sinnliche Glück wie gegen das des Geistes. Seine andere Seite ist die Zersetzung des ästhetischen Scheins, die dazu beiträgt, das Versprechen von Kunst zu verwirklichen, indem die illusionäre Verwirklichung in der ästhetischen Gestalt beseitigt wird, und indem deren eigene Negativität den Widerspruch des Wirklichen zum Möglichen ausdrückt.

Die Errungenschaften der Wagnerschen Instrumentation sind nicht auf die Bläser beschränkt. Strauss spricht von der al fresco-Behandlung der Streicher im Feuerzauber, wo Figuren geschrieben sind, die keine einzelne Violine im Tempo mehr exakt spielen kann, und die doch im Chor »klingen«, weil dort die Unzulänglichkeiten der individuellen Spielweise verschwinden. In der chorischen Besetzung der Streicher hat die Entdeckung der Bläsermischungen bei Wagner ihr Vorbild. Ihr kompositorischer Stellenwert ist nicht erst ihm eigentümlich. Mit dem Opfer der Einzelspontaneitäten der Streicher, gleichsam der Naturalform des Klanges, erkauft sich das klassische Orchester den Aspekt des Umfassenden, des Gesamtprozesses; zum Gleichnis des Unendlichen wird es, indem es die endlichen Leistungen kassiert, die es bilden, und die Idee seiner Allmenschlichkeit verwischt die Spuren der lebendigen Arbeit, des individuell Menschlichen. Vielleicht ist die idiosynkratische Scheu der Komponisten Wagnerscher Tradition vorm nackten Klang des Soloinstruments inmitten des Orchesters die Furcht, daran erinnert zu werden und an das Moment von Unrecht in der Totalität selber. Am klarsten hat Schreker diese Idiosynkrasie ausgesprochen in einem 1919 im »Anbruch« publizierten Aufsatz: »Nichts wirkt störender als zum Beispiel eine Celesta, die sich mir als solche aufdrängt ... Ich verneine ... den allzu deutlichen, differenzierbaren Klang und möchte im Dienste der Oper nur ein Instrument anerkennen: das Orchester selbst.«4 Die später gängige Forderung eines materialgerechten, Mischungen und Pseudomorphosen meidenden Instrumentierens hat diese Scheu eher im Namen der Redlichkeit übertäubt als überwunden, jedenfalls aber in der Breite der Produktion das Niveau des Instrumentierens gesenkt. Rasch genug ist das kritische Recht jener Forderung ins amusisch Pharisäische, den Verlust der kaum errungenen Instrumentationskunst umgeschlagen. Mit Grund hat sich das artistische Gehör gesträubt gegen einen Streichkörper, der so schwach besetzt ist, daß man die individuellen Geigen herauszuhören vermag; das Orchester suggeriert transzendierende Ferne vermöge der chorischen Neutralisierung des einzelnen Bogenstrichs im Tutti. Für die Theorie des Wagnerschen Orchesters, das derlei Tendenzen zum Prinzip erhebt, gibt dessen Vorgeschichte den Schlüssel. Dabei ist aber mehr noch als an die chorische Besetzung der Streicher an die klassische Verdoppelung von Streichern durch Bläser zu denken, die im Piano ebenfalls bereits der Bindung dienen. Solche Verdoppelungen kamen gewiß schon in der alten Kontinuopraxis vor und bezogen dort die divergenten Instrumente auf die Einheit des harmonischen Verlaufs. Bei Haydn und Mozart aber wird nicht bloß die Einheit in der Mannigfaltigkeit, sondern die Mannigfaltigkeit in der Einheit selber wichtig. Daß Violinen und Flöten, daß Celli und Fagotte als verschiedene dasselbe spielen, gewinnt von nun an in der Organisation des Ganzen einen Sinn. Die herkömmliche Antwort, welche die Bindung des Klanges etwa mit der Stetigkeit des Mannheimer Orchestercrescendos zusammenbringt, ist unzulänglich, denn gerade der Mozartsche Kompositionsstil ist keineswegs auf Stetigkeit aus, sondern setzt viel eher monadische Einheiten nebeneinander, wägt sie aus, kontrastiert Streich- und Blaskörper nach älterer konzertanter Manier. Trotzdem jedoch favorisiert er jene Verdoppelung im Unisono oder der Oktav. Es ist danach nichts anderes als der nackte Instrumentalton selber, der Strich der einen Geige, der Atem des einen Horns, der im Orchester hier schon nicht ertragen werden kann, weil er der orchestralen Synthesis prinzipiell widerspricht, wie das Einzelinteresse des bürgerlichen Individuums dem totalen der Gesellschaft. Die »Subjektivierung« des Orchesterklangs, die Verwandlung des ungefügen Instrumentenchors in die willfährige Palette des Komponisten, ist zugleich Entsubjektivierung, indem sie tendenziell alle Momente der Entstehung des Klangs unhörbar macht. Wenn dies Prinzip zunächst in der chorischen Besetzung der Streicher sich verwirklicht und erst bei Wagner durch das der Mischung auf die Bläser übergeht, so hat das keinen anderen Grund als den, daß die starren Bläser nicht ebenso die Spur der subjektiven Hervorbringung tragen wie die Streicher; man hat nicht umsonst den beseelten Violinton zu den großen Innovationen des Cartesischen Zeitalters gerechnet. Wagners nuancierende Orchesterkunst ist der Sieg der Verdinglichung in der instrumentalen Praxis: der objektive Klang, zur Verfügung des komponierenden Subjekts, hat den Anteil der unmittelbaren Produktion des Tons aus der ästhetischen Gestalt vertrieben. Ist die Geschichte von Wagners Werk, gerade nach ihrer chromatisch-koloristischen Dimension, die Fluchtbahn vorm Banalen, auf welcher der Komponist den genormten Marktanforderungen der Ware Oper zu entrinnen hofft, so führt doch diese Fluchtbahn nur um so tiefer in die Ware hinein. Der gegen seine Produktion abgeblendete, verabsolutierte Klang, dessen Idee seine Instrumentationstechnik lenkt, hat Warencharakter nicht weniger als der triviale, zu dessen Vermeidung er ersonnen ward. Für ihn gilt, was Schopenhauer vom Menschenleben selber aussagt, das jener Klang bei Wagner vorstellt: an ihm ist, »wie an jeder schlechten Waare, die Außenseite mit falschem Schimmer überzogen: immer verbirgt sich was leidet«5; selbst noch, wenn Leiden ausgedrückt wird.

Musik, als bürgerliche eine junge Kunst, setzt mit Instrumentation ihren spätesten Zweig an. Sie entspringt aber nicht wie Athena fertig aus dem Haupt des Zeus, sondern wiederholt verkürzt die Geschichte der ganzen Gattung. Urgeschichtliche Züge der bürgerlichen Praxis kommen in ihr nochmals zutage. Wer ganz begriffe, warum Haydn im Piano die Geigen durch eine Flöte verdoppelt, dem könnte aufblitzen, warum die Menschheit vor Jahrtausenden aufgab, rohes Getreide zu essen, und Brot buk, oder warum sie ihre Geräte glättete und polierte. Die Kunstwerke verdanken ihr Dasein der gesellschaftlichen Arbeitsteilung, der Trennung geistiger und körperlicher Arbeit. Dabei jedoch treten sie selbst als Dasein auf; ihr Medium ist nicht der reine, für sich seiende Geist, sondern der, welcher in die Existenz sich zurückbegibt und kraft solcher Bewegung das Getrennte als vereint behauptet. Dieser Widerspruch zwingt die Kunstwerke dazu, vergessen zu lassen, daß sie gemacht sind: der Anspruch ihres Daseins, und damit der von Dasein selber als eines Sinnvollen, gerät um so überzeugender, je weniger mehr in ihnen daran mahnt, daß sie hervorgebracht wurden, daß sie dem Geist als einem ihnen selber Äußerlichen sich verdanken. Kunst, welche nicht mehr das gute Gewissen hat zu solchem Trug, ihrem eigenen Prinzip, hat bereits das Element aufgelöst, in dem einzig sie sich realisieren kann. Bei Wagner ist jenes gute Gewissen dahin, und trotzdem hält seine Kunst am Anspruch ihres Ansichseins retrospektiv fest. Daher muß sie diesen Anspruch übertreiben und um so mehr den falschen Naturalcharakter des Produkts hervorkehren, je weiter sie sich in der Reflexion von der ästhetischen Naturwüchsigkeit abgelöst, dem Artifiziellen überantwortet hat. Das Wagnersche oeuvre findet darin sich zusammen mit jenem Typus von Konsumgütern des neunzehnten Jahrhunderts, der keinen höheren Ehrgeiz kennt, als jegliche Spur der Arbeit zuzudecken – vielleicht, weil damals diese Spur noch allzu vehement an gefühltes Unrecht, an die Aneignung fremder Arbeit erinnert hätte. Läßt überhaupt keine Autonomie der Kunst ohne Verdeckung der Arbeit sich denken, so wird diese im Hochkapitalismus, unter der totalen Herrschaft des Tauschwerts und der gerade kraft solcher Herrschaft anwachsenden Widersprüche problematisch und zum Programm. Das ist der objektive Grund dessen, was psychologisch Wagners Verlogenheit heißt. Die Magisierung des Kunstwerks läuft darauf hinaus, daß Menschen die eigene Arbeit als heilig verehren, weil sie sie als solche nicht erkennen können. Daher ist dies Kunstwerk reine Erscheinung: absolut gegenwärtiges, gleichsam räumliches Phänomen. Erst die Wagnersche Spätkunst macht die Probe aufs Exempel der klassischen Ästhetik und überführt damit, freilich ungewollt, diese der eigenen Unwahrheit. Während der Betrachter des Kunstwerks zur Passivität angehalten, von »Arbeit« entlastet und in solcher Passivität zum bloßen Objekt der künstlerischen Wirkung reduziert wird, läßt ihn eben diese Erleichterung nicht mehr das Bewußtsein der im Kunstwerk enthaltenen Arbeit erreichen. Das Kunstwerk bekräftigt, was sonst die Ideologie bestreitet: Arbeit schändet. Von deren Begriff hat Wagner den Künstler ausdrücklich ausgenommen. »Der Künstler hat, außer dem Zwecke seines Schaffens, schon an diesem Schaffen, an der Behandlung des Stoffes und dessen Formung selbst Genuß; sein Produzieren ist ihm an und für sich erfreuende und befriedigende Thätigkeit, nicht Arbeit.«6 Die gesellschaftliche Abblendung des Kunstwerks gegen die eigene Produktion ist aber auch das Maß seines immanenten Fortschritts, dem der künstlerischen Materialbeherrschung. Alle Paradoxie der hochkapitalistischen Kunst – und ihre Existenz selber ist paradox – konzentriert sich darin, daß sie vermöge ihrer Verdinglichung vom Menschlichen redet, nur durch die Vollendung ihres Scheincharakters teilhat an der Wahrheit.

 

VI

 

Die Verdeckung der Produktion durch die Erscheinung des Produkts ist das Formgesetz Richard Wagners. Das Produkt präsentiert sich als sich selbst Produzierendes: daher auch der Primat von Leitton und Chroma. Indem die ästhetische Erscheinung keinen Blick mehr durchläßt auf Kräfte und Bedingungen ihres realen Produziertseins, erhebt ihr Schein als lückenloser den Anspruch des Seins. Die Vollendung des Scheins ist zugleich die Vollendung des illusionären Charakters des Kunstwerks als eines Wirklichen sui generis, das im Bereich der absoluten Erscheinung sich konstituiert, ohne doch auf Abbildlichkeit zu verzichten. Wagners Opern tendieren zum Blendwerk, wie Schopenhauer die »Außenseite der schlechten Ware« nennt: zur Phantasmagorie. Das begründet den Primat des harmonischen und instrumentalen Klanges bei ihm. Die großen Phantasmagorien, die immer wieder im Wagnerschen Werke auftreten; in denen die Bewegung der Werke einsteht und aus denen alle Bewegung zugleich entspringt, sind aufs Medium des Klangs bezogen. »Aus holder Ferne mahnen süße Klänge«, heißt es schon in der Venusbergszene des Tannhäuser, der Phantasmagorie schlechthin. Die neudeutsche Schule hat bis zu ihrer Selbstauflösung in Schreker an der Idee des »fernen Klanges« als des akustischen Blendwerks festgehalten; des Klingens, in welchem Musik verräumlicht innehält, Nähe und Ferne so trugvoll verschränkend wie die tröstende Fata Morgana, die Städte und Karawanen aus ihrer Ferne als Naturschauspiel in die Nähe rückt und die gesellschaftliche Modelle abbildlich in Natur selber verzaubert. Der phantasmagorische Charakter der Venusbergmusik ist in technischen Kategorien zu bestimmen. Er schafft sich seinen eigentümlichen Klang durchs Mittel der Verkleinerung. Ein verkleinertes Forte, Bild des Lauten aus der Ferne, herrscht vor. Es wird von leichten Holzbläsern ausgeführt. Unter ihnen dominiert die Piccoloflöte, von allen Orchesterinstrumenten das archaischste, an dem die Entwicklung der Instrumententechnik fast spurlos vorüberging. Es ist ein musikalisches Elfenreich, nicht unähnlich dem vom jungen Mendelssohn entworfenen, dem der späte Wagner seine Gunst bewahrte. Der Venusberg erscheint Tannhäuser verkleinert. Er gemahnt an die Spiegelvorrichtungen jenes Tanagratheaters, das Rummelplätze und Vorstadtkabaretts heute noch zuweilen präsentieren. Tannhäuser spiegelt das Bacchanal aus der Ferne heidnischer Vorzeit auf der Traumbühne des eigenen Leibes. Es fehlen die Baßinstrumente, die den harmonischen Fortgang und damit den Zeitcharakter von Musik markieren: diese ist als verkleinerte zugleich Bild eines unerreichbar vergangenen Modells. Wenn aber im Venusbergteil der Ouvertüre, beim Buchstaben B, mit dem Ritardando, Celli und Bässe einsetzen, so bezeichnen sie den Augenblick, da der Träumende des eigenen Leibes innewird und im Traum sich dehnt. Die Technik der baßlosen Verkleinerung des Klangs verleiht noch einer Stelle im Lohengrin phantasmagorischen Ausdruck, die, weniger offenbar als im Tannhäuser, das ganze Werk determiniert. Es ist Elsas Vision, in welcher sie als Träumende den Ritter und alle Handlung gleichsam herbeizieht. Ihre Beschreibung des Ritters ähnelt dem Bilde Oberons: der inwendige Lohengrin ist ein winziger Elfenfürst. »In lichter Waffen Scheine ein Ritter nahte da, so tugendlicher Reine ich keinen noch ersah: ein golden Horn zur Hüften, gelehnet auf sein Schwert, – so trat er aus den Lüften zu mir, der Recke werth.« Soweit Baßnoten vorkommen, sind sie abermals schwerelosen Instrumenten, Baßklarinette und Harfe, zugeteilt. Der Klang der Baßklarinette, von besonderer Transparenz, wird nicht unter das kleine es geführt. Für das Horn des Textes wird in der Musik als Verkleinerung die Pianissimotrompete eingesetzt. Der Hinzutritt der Bässe bei den Worten »mit züchtigem Gebahren« ist äquivalent dem in der Tannhäuserstelle und bezieht die gleichsam in die Luft gebannte Musik auf den Leib der Träumenden. Es ist die Beziehung des Trostes aus der Fata Morgana: »gab Tröstung er mir ein«. Als Trost spendende ist die Phantasmagorie die des Grals selber, und wie Elsas Vision motivisch dem Gralsthema verwandt ist, so hat bereits das Lohengrinvorspiel, allegorische Darstellung des Grals, die gleichen phantasmagorischen Züge der Technik wie Elsas Vision. Selbst jene Stockung des harmonischen Fortgangs am Beginn des Lohengrinvorspiels gewinnt im Namen der Phantasmagorie ihren Sinn. Der Mangel eigentlich harmonischer Progression wird zum phantasmagorischen Stillstehen der Zeit. Tannhäuser sagt im Venusberg: »Die Zeit, die ich hier verweil', ich kann sie nicht ermessen: – Tage, Monde gibt's für mich nicht mehr; denn nicht mehr sehe ich die Sonne, nicht mehr des Himmels freundliche Gestirne; den Halm seh' ich nicht mehr, der frisch ergrünend den neuen Sommer bringt.« Der Stillstand der Zeit und die vollkommene Verdeckung der Natur durch die Phantasmagorie sind damit zusammengedacht in Erinnerung an eine Archaik, die keine Zeit kennt, welche nicht von den Gestirnen verbürgt wäre. Das Moment der Zeit ist jenes entscheidende der Produktion, über das die Phantasmagorie täuscht als Trugspiel der Ewigkeit. Rinnen in ihr Tage und Monde in den Augenblick zusammen, so vermag sie dafür zugleich den Augenblick als Dauer vorzustellen. Das ist der Fall des Fliegenden Holländers. Er war ursprünglich als Einakter konzipiert und ging aus der Sentaballade hervor. Noch das ausgeführte Werk ließe sich reduzieren auf den Moment, da der Holländer unter seinem Bilde – man möchte denken: aus seinem Bilde – heraustritt; da Senta, die ihn beschwor wie Elsa den Ritter, mit ihm Aug in Auge steht. Die ganze Oper ist nichts als der Versuch, diesen Augenblick in die Zeit zu entfalten, und an ihren schwächeren Stellen, zumal der dramaturgischen Hilfsfigur Eriks, ist die Spur solcher Mühe mit Händen noch zu greifen. Die späteren Werke haben der dramatischen Explikation der Phantasmagorie vollkommener sich gewachsen gezeigt, ohne sie doch je zu verleugnen. Im Parsifal wird der phantasmagorische Schein in die sakrale Sphäre transferiert, deren Magie eben Züge des Blendwerks festhält. Beim Wege zum Gral ereignet sich das Gespräch: »Gurnemanz: Mich dünkt, daß ich dich recht erkannt: kein Weg führt zu ihm« – dem Gral – »durch das Land, und Niemand könnte ihn beschreiten, den er nicht selber möcht' geleiten. Parsifal: Ich schreite kaum, doch wähn' ich mich schon weit. Gurnemanz: Du sieh'st, mein Sohn, zum Raum wird hier die Zeit.« Die Personen selber verlieren ihre empirische Zeitstelle, sobald das wesenlose Reich der Wesen betreten wird. Wenn der letzte Wagner mit dem Gedanken der Metempsychose spielte, so hätte es dazu kaum erst mehr der Anregung durch die buddhistischen Sympathien Schopenhauers bedurft. In der Phantasmagorie ist schon Frau Venus, die heidnische Göttin, bildlich eingewandert ins christliche Zeitalter, Wiedergeburt so gut wie Kundry, die Klingsor im bläulichen Licht schlafend beschwört, »Herodias war'st du, und was noch? Gundryggia dort, Kundry hier!« Selbst der Ring bezeugt diese Intention, wenn Brünnhildes Liebe zu Siegfried als vorzeitliche seinem Bilde gehört und nicht der empirischen Figur: »Dich zarten nährt' ich noch eh' du gezeugt; noch eh' du geboren barg dich mein Schild: so lang lieb' ich dich, Siegfried!« Wagners Gestalten lassen nur darum beliebig als Symbole sich nutzen, weil in der Phantasmagorie ihre Existenz nebelhaft zerrinnt.

Der Zeit enthoben ist Brünnhilde, schlafend gleich Kundry, in der jäh befohlenen Phantasmagorie des Feuerzaubers als der beherrschenden des Rings, der endlich das Bild der Götterdämmerung musikalisch selbst abgewonnen wird. Ist in seinen Streicherfiguren der Modus der Hervorbringung vollständig verdeckt, so ist harmonisch zugleich sein Fortgang aufs kunstvollste einer im Stillstand: bei stetem Harmoniewechsel werden nicht sowohl eigentlich neue Stufen erreicht, als auf den wechselnden Spiegelflächen verschiedener Tonarten die jeweils konstanten Grundharmonien durch ein System der Ausweichung umkreist: dem Feuer gleich, das unablässig flackernd nicht von der Stelle sich regt. Als Gleichnis des Feuers geben die sechzig Schlußtakte der Walküre entscheidenden Aufschluß über die Phantasmagorie. Wenn die Wagnernachfolge ihnen den Namen des Zaubers verlieh, so sind sie ein solcher nur im uneigentlichen Sinne der illusionären Veranstaltung und gehören in die Reihe der Elementarschauspiele, deren erstes der Holländer bringt, die dann mit der Gewitterallegorik des Walkürenrittes aus dem Stimmungshintergrund in die Handlung schlagen und schließlich in der Karfreitagsmusik des Parsifal sich sedimentieren, wo vom Wunder nicht mehr gesagt wird, als daß »Wald und Wiese im Vormittagslichte leuchten«, das ihnen als natürliches den Ausdruck der Versöhnung leiht, der dem Tau eignet und der Träne. Von solcher Unscheinbarkeit des Scheins aber sind Wagners Phantasmagorien sonst weit entfernt. Es liegt nahe, sie auf die musikalischen Zauberformeln der älteren Romantik zurückzuführen; wie auf Mendelssohns Sommernachtstraummusik so auf die Geisterstellen der Euryanthe, die Klanggesichte des Oberon, vor allem auch auf die chthonischen zweiten Themen Schuberts; im Dualismus wacher und träumender Musik, wie er etwa die Tannhäuserouvertüre bestimmt, deren Pilgerzug verdämmert, um wie im Schlaf den Venusberg aufzutun, ist das Erbe jener Romantik gewiß gegenwärtig. Jedoch die Wagnersche Phantasmagorie gewinnt ihren Kontur erst, indem sie von der romantischen Zaubermusik sich scheidet, Paul Bekker hat die überaus wichtige Bemerkung gemacht, daß Wagner im Gegensatz zur älteren Romantik »wirkliche Geister« nicht mehr kennt: »Indem er das Wunderbare in die menschliche Seele legt, kennzeichnet er es als wahr im künstlerischen Sinne, steigert er die Sagen- und Märchenidee zur Illusion der absoluten Wirklichkeit des Unwirklichen.«1 Läßt man die fragwürdige »Wahrheit im künstlerischen Sinne« und die Wagner unangemessene Kategorie der Verinnerlichung beiseite, so wird der Begriff der Illusion als der absoluten Wirklichkeit des Unwirklichen um so fruchtbarer. Er trifft die unromantische Seite der Phantasmagorie. In ihr wird der ästhetische Schein vom Charakter der Ware ergriffen. Als Ware ist sie illusionär; die absolute Wirklichkeit des Unwirklichen ist keine andere als die des Phänomens, das nicht bloß seine eigene Genesis in Arbeit beschwörend fortzubannen trachtet, sondern in eins damit, vom Tauschwert beherrscht, geflissentlich seinen Gebrauchswert als echte Realität, als »keine Imitation« pointieren muß, nur um den Tauschwert durchzusetzen. Wie die ausgestellten Konsumgüter von Wagners Epoche den Käufermassen einzig noch ihre phänomenale Seite verlockend zukehren und damit ihren bloß phänomenalen Charakter, nämlich ihre Unerreichbarkeit, vergessen machen, so tendieren die Wagnerschen Opern in der Phantasmagorie zur Ware. Ihre tableaux nehmen Ausstellungscharakter an: indem das romantische Flämmchen Hans Heilings zum totalen Feuerzauber sich auswächst, schlägt es um in den Prototyp zukünftiger Lichtreklamen. Wotans Parole: »Wer meines Speeres Spitze fürchtet, durchschreite das Feuer nie« wäre leicht zu ergänzen durch die Anpreisung eines Apparats, der dem vorsichtigen, doch entschlossenen Käufer dennoch gestattet, das Feuer zu durchschreiten. Die Wagnerschen Phantasmagorien rechnen zu den frühen »Wunderwerken der Technik«, denen die große Kunst Aufnahme gewährte, und Wotan ist nicht bloß die Allegorie des sich verneinenden Willens zum Leben, sondern auch der vertrauenswürdige Demonstrator einer technisch lückenlos nachgeahmten und souverän kommandierten Natur. Der phantasmagorische Stil verewigt den Augenblick zwischen romantischem und veristischem. Seine Wunderwerke sind undurchschaubar geworden wie der Alltag der verdinglichten Gesellschaft und treten deshalb das Erbe der magischen Gewalt an, die romantisch den transzendenten Mächten zugesprochen war. In dieser Magie befriedigen sie aber zugleich als Waren Bedürfnisse des Kulturmarktes. Der Venusberg, den Wagner auf der Höhe des Tristan auskomponierte und noch in der Blumenmädchenszene des Parsifal blaß wiederholte, ist aus den theaterüblichen Anforderungen des Balletts hervorgegangen. Diese Szenen sind die einzigen, in denen die Bedingungen der Warenproduktion Wagners Werk unvermittelt erreichen; sie sind es zugleich auch, in denen Musik ihre Produktion selber am sorglichsten in der passiv-visionären Präsenz versteckt. Wo der Traum am höchsten, ist die Ware am nächsten. Zum Traum tendiert die Phantasmagorie nicht bloß als trügende Wunscherfüllung der Käufer, sondern gerade um der Verdeckung der Arbeit willen: sie spiegelt Subjektivität, indem sie dieser das Produkt der eigenen Arbeit vor Augen stellt, ohne daß die Arbeit zu identifizieren wäre. Ohnmächtig begegnet der Träumende dem Bilde seiner selbst wie einem Wunder und verbleibt im unentrinnbaren Zirkel der eigenen Arbeit, als wäre dieser ewig; das Ding, von dem er vergaß, daß er es machte, wird ihm vorgegaukelt als absolute Erscheinung.

Unterm Gesetz des Traumes unterliegt die Phantasmagorie ihrer eigentümlichen Dialektik. Diese ist zumal im Tannhäuser entfaltet. Mit dessen ersten Worten wird das Blendwerk als Traum benannt: »Zuviel! Zuviel! Oh, daß ich nun erwachte!« Das Motiv der Handlung ist in dem Zuviel beschlossen: wie Unterdrückte ist Tannhäuser dem Anspruch der eigenen Lust nicht gewachsen. Seine asketische Wandlung wird mit nichts anderem begründet als dem Ideal der Freiheit: »Doch hin muß ich zur Welt der Erden, bei dir kann ich nur Sklave werden; nach Freiheit doch verlangt es mich, nach Freiheit, Freiheit dürste ich.« So antwortet Tannhäuser auf das Feuerbachische Versprechen der Lust durch Venus: »Nicht sollst du ihr ein scheues Opfer weih'n, nein! – mit der Liebe Göttin schwelge im Verein!« Er will das Bild der Lust aus dem Venusberg auf die Erde tragen: sein Abschied von Venus ist einer der echten politischen Momente in Wagners Werk. Gerade er aber wird zweideutig. Denn die Treue zu Venus ist nicht die zur Lust, sondern die zu deren Phantasmagorie. Gelobt der Scheidende: »zu Kampf und Streite will ich stehn, sei's auch auf Tod und Untergehn!«, so hält er besser noch sein anderes Versprechen: »stets soll nur dir, nur dir mein Lied ertönen.« Sein Verrat ist nicht, daß er zu den Rittern sich begibt, sondern daß er weltfremd und traumbefangen ihnen das Preislied auf Venus singt – das gleiche Preislied, das ihn zum zweitenmal eben der Welt als Opfer vorwirft, vor der er einmal in die Phantasmagorie floh. Sein Ausbruch selber ist scheinhaft: er führt aus dem Venusberg in den Sängerkrieg, aus dem Traum ins Lied, und die Spur dessen, was ihn zur Rebellion trieb, ist allein im genialischen Gesang des Hirten festgehalten, der die Produktivität der Natur selber, jenseits von Traum und Gefangenschaft, als Werk der gleichen Macht anruft, die dem Befangenen als bloße Unfreiheit erschien. Mit den Worten: »Frau Holda kam aus dem Berg hervor« und nicht mit Tannhäusers verräterischem Lob ist Venus gerettet. Der gesellschaftlich determinierten Erfahrung der Lust als Unfreiheit verschiebt die Triebmacht selber sich in Krankheit, so wie Tannhäuser schon im Reiche der Venus des eigenen Genusses gleichwie einer Schwäche, mit dem Ruf »Zu viel!«, gewahr wird. Die Erfahrung der Lust als Krankheit durchdringt das gesamte Wagnersche oeuvre. Die nicht Entsagenden, Tannhäuser, Tristan, Amfortas, sind allemal »siech«. In der Romerzählung heißt es, zu einer Musik von größter Gewalt, wie sie allein noch in Tristans Fluch von Wagner überboten ward: »Da naht' auch ich; das Haupt gebeugt zur Erde, klagt ich mich an mit jammernder Gebärde der bösen Lust, die meine Sinn' empfanden, des Sehnens, das kein Büßen noch gekühlt.« Krankheit und Begierde verwirren sich einer Ansicht, die Lebendiges nur durch Unterdrückung seines Lebens lebendig zu erhalten wähnt. Die Begierde ist auf Wagners Bühne zur Karikatur geworden: zu jenem Bilde aufgeschwemmter Bleichheit, das mit der kastratenhaften Physis der Tenöre so völlig zu konvenieren scheint. In einer Regression, die aus der bürgerlichen Erziehung wohl vertraut, von der Psychoanalyse als »Syphilophobie« längst gedeutet ist, ähneln sich Geschlecht und Geschlechtskrankheit an, und nicht zufällig hat Wagner noch in seinem Kampf gegen die Vivisektion dagegen geeifert, daß deren Resultate der Heilung von Krankheiten zugute kämen, die durch »Laster« erworben seien. Die Verkehrung der Lust in die Krankheit ist das denunziatorische Werk der Phantasmagorie. Gemahnen zwei der Wagnerschen Phantasmagorien, Venusberg und Klingsors Zaubergarten, ans geträumte Bordell, so sind die Bordelle zugleich diffamiert als Ort, den keiner heil verläßt, und gewiß bedurfte es aller tiefsinnigen Veranstaltungen Wagners, mit den Blumenmädchen zu versöhnen, indem er sie von Anbeginn als »nichtige Blendwesen«2 dem Untergang preisgab. Es ist bemerkt worden, daß bei Wagner die Flöten, die den Venusberg durchtönen, späterhin nur selten noch als Soloinstrumente hervortreten. Sie sind der Diffamierung der Lust durch die Phantasmagorie zum Opfer gefallen, die sie in der Phantasmagorie selbst vertraten. Nietzsche hat das wohl gewahrt: »Woran ich leide, wenn ich am Schicksal der Musik leide? Daran, daß die Musik um ihren weltverklärenden, jasagenden Charakter gebracht worden ist, daß sie Décadence-Musik und nicht mehr Flöte des Dionysos ist.«3 Die Wagnersche Flöte ist die des Rattenfängers von Hameln; als solche aber wird sie dann tabuiert.

Mit der Verfemung der Lust, die sie selbst vor Augen stellt, ist der Phantasmagorie von Anbeginn das Element ihres eigenen Untergangs beigesellt. Der Illusion wohnt ihre Desillusionierung inne. Sie hat in Wagners Werk ihr sehr verborgenes Modell: das des Don Quixote, den Wagner besonders hoch stellte. Die Phantasmagorie der Meistersinger, deren zweiter Akt, versetzt den Helden in die Rolle dessen, der gegen Windmühlen kämpft. Walther Stolzing, der die alte feudale Unmittelbarkeit gegenüber der bürgerlichen Arbeitsteilung der Zünfte wiederherstellen will, wird im Angesicht der bürgerlichen Welt zur latent komischen Figur, indem jene in eine mythische ihm sich verzaubert. Beim Ruf des Nachtwächters legt er »mit emphatischer Gebärde die Hand an sein Schwert und starrt wild vor sich hin«, während ihn die bürgerliche Eva belehrt: »Geliebter, spare den Zorn! 's war nur des Nachtwächters Horn.« Die Szene Beckmessers und dann die Prügelszene sind zunächst Vorgänge, die in den Grenzen des Alltags sich halten und allein vom Don Quixote Walther als Spuk und Traum erfahren werden. Die bürgerliche Welt selber aber produziert aus sich heraus Momente, die objektiv jenen Scheincharakter annehmen, der subjektiv auf der Traumbühne des romantischen Protests sich herstellt. Es herrscht prästabilierte Harmonie zwischen der Monade, die aus Angst vor den Meistern in die Vorwelt von Burg, Hof und Minnesang sich zurückbegibt, und der bürgerlichen Welt der Meister selber, die den Ausdruck des Vorzeitlichen annimmt, weil ihr bei ihr selbst nicht wohl zumute ist. Wie die Zünfte einander nicht mehr verstehen und sich gegenseitig der Unredlichkeit zeihen, die sie doch allesamt trägt, kommt es zum flüchtigen Widerschein vorzeitlicher Anarchie: der Rauferei, schlechtem Ersatz der politischen Aktion ebenso wie der Sängerkrieg auf der Wartburg, den ursprünglich die Meistersinger parodieren sollten. Das bürgerlich Neue und das regressiv Vorzeitliche finden in der Phantasmagorie zur Indifferenz, und der Traum des Ritters behält objektiv recht. Im dritten Akt wird der Spukcharakter des phantasmagorischen Vorgangs von Sachs bestätigt und der Traumgrund selber erreicht: »Ein Kobold half wohl da! Ein Glühwurm fand sein Weibchen nicht; der hat den Schaden angericht'.« Der Traum des zweiten Aktes wird von Sachs gedeutet als Produkt der Verdrängung; Glühwürmchen aber sind wie Lampions der Natur: Phantasmagorie konstituiert sich, indem die Moderne unterm Zwang der eigenen Fessel in ihren neuesten Produkten dem längst Gewesenen sich anähnelt. Jeder Schritt nach vorwärts ist ihr zugleich einer ins Urvergangene. Die fortschreitende bürgerliche Gesellschaft bedarf ihrer eigenen illusionären Verdeckung, um fortzubestehen. Sie wagt dem Neuen anders nicht ins Auge zu sehen, als indem sie als alt es wiedererkennt. Jene Formel »Es klang so alt und war doch so neu« ist die Chiffre eines gesellschaftlichen Sachverhalts. Wenn der generöse Pogner, den, seiner eigenen Angabe zufolge, Gott zum reichen Mann schuf, von der kleinbürgerlichen Beschränktheit, dem Vorwurf praktisch engen und geizigen Sinnes sich reinigen will, vermag er es bloß durch die Farce des sagenhaften Sängerkriegs. In der Phantasmagorie gerät die bilderarme Welt der Bürger selber zum Bilde, und diesem Bilde dient Wagners Kunstwerk, wie es zugleich den Bürgern dient. Als Entwurf einer bürgerlichen Urzeit sind daher die Meistersinger sein zentrales Werk: »So leitete mich bei meiner Ausführung und Aufführung der ›Meistersinger‹, welche ich zuerst sogar in Nürnberg selbst zu veranstalten wünschte, die Meinung, mit dieser Arbeit ein dem deutschen Publikum bisher nur stümperhaft noch vorgeführtes Abbild seiner eigenen wahren Natur darzubieten, und ich gab mich der Hoffnung hin, dem Herzen des edleren und tüchtigeren deutschen Bürgerthumes einen ernstlich gemeinten Gegengruß abzugewinnen.«4 Dieser Gegengruß ist aber der Dank für den Traum und dessen Zerstörung zugleich, und die Askese, die Tannhäuser um der Freiheit willen auf sich nimmt, kehrt sich endlich gegen diese. Mit seinem Anruf der Jungfrau Maria zerstört er das Bild des Schönen, das mehr verspricht als bloß Gewesenes, und wenn der heilige Speer phantasmagorisch innehält über Parsifals Haupt, so nutzt er ihn zum Fluche: »In Trauer und Trümmer stürz' er die trügende Pracht!« Es ist der Fluch jenes Rebellen, der in seiner Jugend die unvergessenen Bordelle stürmte.

 

VII

 

Am Einstand der Welt in der Phantasmagorie hat Wagners ästhetische Idee nicht ihr Genügen. Die Phantasmagorie wie der Rhythmus ihres Untergangs soll im episch-extensiven Kunstwerk sich auseinanderlegen. Dessen umfassende Organisationsform ist das Gesamtkunstwerk oder, wie Wagner lieber es nennt, das »Drama der Zukunft«, das dichterische, musikalische und mimische Elemente vereint. Mag immer die Intention, die Grenzen der einzelnen Künste im Namen des alle durchwirkenden Unendlichen aufzuheben, ebenso wie die Erfahrung der Synästhesie zu den Grundstücken der Romantik gehören, so ist doch das Gesamtkunstwerk den fünfzig Jahre älteren, eigentlich romantischen Konzeptionen fremd. Denn indem es auf ein quid pro quo der ästhetischen Medien ausgeht, welches durch artifizielle Vollendung alle Nahtstellen des Artefakts, ja dessen Differenz von der Natur selber verdecken soll, setzt es eben die radikale Entfremdung von jeglichem Naturwüchsigen voraus, welche das als zweite Natur sich einrichtende, all-eine Gebilde vergessen machen möchte. Auf das phantasmagorische Motiv des Verdeckens ist denn auch Wagner, erstaunlich genug, in der Erörterung der Einheit des Gesamtkunstwerks selbst gestoßen, und zwar dort, wo er die »dichterische Absicht«, aus der jenes Kunstwerk entspringen soll, charakterisiert: »Ein solcher Ausdruck ist nun derjenige, der in jedem seiner Momente die dichterische Absicht in sich schließt, in jedem sie aber auch vor dem Gefühle verbirgt, nämlich – sie verwirklicht. – Selbst der Worttonsprache wäre dieses vollständige Bergen der dichterischen Absicht nicht möglich, wenn ihr nicht ein zweites, mitertönendes Tonsprachorgan zugegeben werden könnte, welches überall da, wo die Worttonsprache, als unmittelbarste Bergerin der dichterischen Absicht, in ihrem Ausdrucke nothwendig so tief sich herabsenken muß, daß sie, um der unzerreißlichen Verbindung dieser Absicht mit der Stimmung des gewöhnlichen Lebens willen, sie mit einem fast schon durchsichtigen Tonschleier nur noch verdecken kann, das Gleichgewicht des einigen Gefühlsausdruckes vollkommen aufrecht zu erhalten vermag.«1 Das Verbergen des dichterischen Produktionsvorganges um seiner Absichtlichkeit, also Rationalität willen ebenso wie die konstitutive Beziehung des Kunstwerks aufs »gewöhnliche Leben«, an die zu erinnern »Oper und Drama« nicht müde wird2, sind damit von Wagner selbst in die Konfiguration gerückt, welche die Phantasmagorie definiert. Das »zweite Sprachorgan« ist denn auch kein anderes als Wagners phantasmagorisches Medium, das Orchester. Die Emanzipation der Farbe selbst, welche diesem Orchester gelang, steigert das illusionäre Moment, indem der Akzent vom Wesen, dem musikalischen Ereignis an sich, auf die Erscheinung, den Klang fällt. Neuerungen wie die Herstellung musikalischer Farbflächen konnten nur auf Kosten der zeitlichen Artikulation, nur zugunsten der blendenden Gegenwart gelingen, und die Aufweichung der konstruktiven Elemente in Wagners Komponieren kommt nicht zuletzt der illusionären Präsenz zugute. Mit der »Verdeckung der Absicht« der Dichtung durch die Musik strebt das Gesamtkunstwerk dem Ideal des absoluten Phänomens nach, das die Phantasmagorie ihm vorgaukelt: »so bezeichnen wir also die vollendetste einheitliche Kunstform als diejenige, in welcher ein weitester Zusammenhang von Erscheinungen des menschlichen Lebens – als Inhalt – sich in einem so vollkommen verständlichen Ausdrucke an das Gefühl mittheilen kann, daß dieser Inhalt in all' seinen Momenten sich als ein das Gefühl vollkommen erregender und vollkommen befriedigender kundgiebt. Der Inhalt hat also ein im Ausdrucke stets gegenwärtiger, und dieser Ausdruck daher ein den Inhalt nach seinem Umfange stets vergegenwärtigender zu sein; denn das Ungegenwärtige erfaßt nur der Gedanke, nur das Gegenwärtige aber das Gefühl.«3 So plausibel ein solches Postulat der sentimentalen Ästhetik des »reinen Gefühls« klingen mußte, die dem Bürgertum des neunzehnten Jahrhunderts selbstverständlich war, längst ehe Hermann Cohen ihr den Namen gab, so wenig wird sie doch in Wahrheit der Musik gerecht. Diese verdichtet sich zur Gegenwart überhaupt nur in der äußersten Anspannung von Erinnerung und Vorblick – jener Anspannung der eigentlich thematischen Arbeit, welche bei Wagner durch den Trick der außermusikalischen Erinnerungsstützen, der allegorisch befrachteten Motive, umgangen ist. Die innerste Schwäche solcher Ästhetik ebenso wie ihrer Praxis besteht darin, daß die ding- und stückhaften, nicht rein aktualisierbaren Elemente des ästhetischen Vollzugs, allzu mächtig, als daß dieser sie noch bewältigen könnte, stattdessen verleugnet werden und weggezaubert. Die permanente Vergegenwärtigung, die Musik an Dichtung auf Kosten der musikalischen Zeit vollziehen soll, verfolgt den Zweck, alles starr Gegenständliche der Dichtung, und damit den Reflex der Warenwelt im Kunstwerk, durch Verflüssigung und Verlebendigung in den Schein reiner subjektiver Aktualität überzuführen: »Die Wissenschaft hat uns den Organismus der Sprache aufgedeckt; aber was sie uns zeigte, war ein abgestorbener Organismus, den nur die höchste Dichternoth wieder zu beleben vermag, und zwar dadurch, daß sie die Wunden, die das anatomische Sezirmesser schnitt, dem Leibe der Sprache wieder schließt, und ihm den Athem einhaucht, der ihn zur Selbstbewegung beseele. Dieser Athem aber ist – die Musik. – – «4 Es wird also der Musik nicht weniger zugemutet, als die geschichtliche Tendenz der Sprache, die auf die Signifikation hin, zugunsten der Expression zurückzunehmen. Zum ersten Male wird bei Wagner die Ungleichzeitigkeit der Entwicklung ästhetischer Medien, ja die Irrationalität selber in einen rational geplanten, ob auch vorerst bloß ästhetischen Zusammenhang eingesetzt. »Die Anpassung an die bürgerlich rationale und schließlich hochindustrielle Ordnung«, heißt es in einer neueren Schrift zur Ästhetik des Films, »wie sie vom Auge geleistet wurde, indem es die Realität vorweg als eine von Dingen, im Grunde als eine von Waren aufzufassen sich gewöhnte, ist vom Ohr nicht ebenso geleistet worden. Hören ist, verglichen mit dem Sehen, ›archaisch‹, mit der Technik nicht mitgekommen. Man könnte sagen, daß wesentlich mit dem selbstvergessenen Ohr, anstatt mit den flinken abschätzenden Augen zu reagieren, in gewisser Weise dem spätindustriellen Zeitalter widerspricht ... Das Auge ist immer ein Organ von Anstrengung, Arbeit, Konzentration, es faßt ein Bestimmtes eindeutig auf. Dem gegenüber ist das Ohr eher dekonzentriert, passiv. Man muß es nicht wie die Augen erst aufsperren. Mit ihnen verglichen, hat es etwas Dösendes, Dumpfes. Auf diesem Dösen aber liegt das Tabu, das die Gesellschaft über Faulheit überhaupt verhängt hat. Musik ist immer schon ein Versuch gewesen, dies Tabu zu überlisten.«* Wird heute das Dösen wissenschaftlich-psychotechnisch verwaltet, so hat Wagner erstmals, indem er dem Drang, auch der Not seiner Begabung folgte, es für Wirkungszusammenhänge entdeckt: das hat Nietzsche schon mit Recht geargwöhnt. Das Unbewußte, dessen Begriff Wagner von der Metaphysik Schopenhauers empfing, ist bei ihm bereits Ideologie: Musik soll die entfremdeten und verdinglichten Beziehungen der Menschen anwärmen und klingen lassen, als wären sie noch menschlich. Solche technologische Bewußtseinsfeindschaft ist das Apriori des Musikdramas. Es vereinigt die Künste, um sie rauschhaft zu vermischen. Wagners begehrlich-idealische Sprache bringt es unter das Gleichnis der sexuellen Vereinigung: »Das nothwendig aus sich zu Spendende, der nur in der brünstigsten Liebeserregung aus seinen edelsten Kräften sich verdichtende Samen – der ihm nur aus dem Drange, ihn von sich zu geben, d.h. zur Befruchtung ihn mitzutheilen, erwächst, ja an sich dieser gleichsam verkörperlichte Drang selbst ist – dieser zeugende Samen ist die dichterische Absicht, die dem herrlich liebenden Weibe Musik den Stoff zur Gebärung zuführt.«5 An diese Metapher hat die Wagnersche Praxis sich enthusiastisch gehalten. Nicht nur gipfeln die Musikdramen in rauschhaften Partien wie Isoldens Schlußgesang, der Siegfried-Brünnhilde-Szene am Ende des Siegfried oder Brünnhildes Totenklage in der Götterdämmerung – die musikdramatische Form selber ist in der Promiskuität ihrer Elemente jeden Augenblick dem Rausch als »thalassaler Regression« offen. Die Götterdämmerung, deren maßlose Zeitdauer den Hörer gewissermaßen auf eine Seereise entführt, scheint die ganze Welt mit Musik zu überfluten, und so wenig es ihr gerade gelingt, die Stoffmassen in Lyrik einzuschmelzen, um so mehr werden dafür die harten und starren Umrisse von den Wogen überspült. Nicht nur die Grenzen der Medien, die Grenzen der Werke selber gegeneinander verflüssigen sich beim späten Wagner. Allegoriker ist er nicht zuletzt darin, daß alles alles bedeuten kann. Figuren und Symbole spielen ineinander, bis Sachs zu Marke wird und der Gral zum Nibelungenhort, die Nibelungen zu den Wibelungen. Erst vom Extrem einer Art von Gedankenflucht, des Aufgebens eines jeglichen Eindeutigen, der Verneinung alles individuell Geprägten, keineswegs bloß in der Musik, erschließt sich die Idee des Musikdramas.

Es ist eine von Totalität: der Ring sucht, ohne viel Umstände zu machen, den Weltprozeß als ganzen einzufangen. Wagners Ungeduld gegen das Isolierte, beschränkt bei sich selber Verharrende, bloß für sich Seiende, von der das phantasmagorisch-musikdramatische Verfahren gespeist wird, ist Protest gegen die Verbürgerlichung der Kunst, die sich zum Gleichnis sturer Selbsterhaltung bescheidet. Untrennbar sind die Wagnerschen Veranstaltungen, allenthalben Grenzen verschwimmen zu lassen, sind die Riesenformate der Stoffe wie der Werke von der Sehnsucht nach dem »großen Stil«, die bereits dem herrschaftlichen Gestus des Dirigenten innewohnt. Die Wagnersche Totalität geht gegen Genrekunst. Wie Baudelaire hat er aus dem bürgerlichen Hochkapitalismus ein Antibürgerliches, Heroisches herausgelesen in der Zerstörung des Biedermeiers. Die Verzichte, die der letzte gesellschaftlich-substantielle Stil, um sich im individualistischen Zeitalter noch tragfähig zu halten, dem künstlerischen Verfahren auferlegte, waren ihm verhaßt. Tief genug hat er die Bewegungsgesetze der Gesellschaft innerviert, um der Ohnmacht eines Auswahlprinzips innezuwerden, das sich dem verstockten Absehen von eben jenen Gesetzen verdankt. Er bäumt sich auf gegen die falsche Geborgenheit, und blind gegen die Möglichkeit einer anderen, sieht er es aufs gefährliche Leben ab. Wie Nietzsche und später der Jugendstil, den er in vielem antezipiert, möchte er die ästhetische Totalität von sich aus, auf eigene Faust, durch beschwörende Veranstaltung herbeizwingen, trotzig unbekümmert darum, daß ihr die gesellschaftlichen Voraussetzungen mangeln. Wie der Begriff des technischen Kunstwerkes, so dürfte auch der des »Stilwillens« mit Wagners oeuvre in die Welt gekommen sein. Er protestiert gegen die Enge eines objektiven Geistes, dessen gesellschaftliches und ästhetisches Subjekt zum privaten Individuum schrumpfte. Sein eigenes Beginnen jedoch bleibt, eben als bloß ästhetisches, auf den Hörwinkel jenes Individuums verwiesen, auf das, was es von sich aus zu füllen vermag und worüber es doch im Namen des Ganzen hinaus möchte. Daher ist die Wagnersche Totalität, das Gesamtkunstwerk, zum Zerbrechen verurteilt. Die sich selbst übertreibende Verschleifung aller Elemente ineinander hat nicht zum letzten die Funktion, darüber zu täuschen. Je weniger das Musikdrama als Stil gelingen kann, um so angestrengter muß es sich stilisieren. Das Ganze wird zur Einheit nicht mehr aus einer vorgegebenen, sei's auch bloß konventionellen Abgestimmtheit der Ausdruckselemente aufeinander. Sondern die einander entfremdeten, von keinem wie immer gearteten Sinn mehr verbundenen Medien werden durchs Diktat des vereinzelten Künstlers, und darum willkürlich, zusammengebogen. Anstelle des Formaprioris innerer Organisation tritt ein lückenloses, doch äußerliches Additionsprinzip disparater Verfahrungsweisen, das aber so auftritt, als wäre es kollektiv verbindlich. Züge des privaten Individuums, und zwar des vorgestellten Betrachters, usurpieren die Einheit des Stils. Zum Stil wird die Summe der von seinen sämtlichen Sinnesorganen registrierten Reize. Das All der Wahrnehmungswelt, die ihm zuteil werden kann, gibt sich für die in sich geschlossene Totalität des Sinnes, für die Fülle des Lebens aus: daher der fiktive Charakter des Wagnerschen Stils. Denn in der zufälligen Erfahrung des individuellen bürgerlichen Daseins gewähren die einzelnen Sinnesorgane keine Totalität, keine in sich einstimmige, verbürgt wesenhafte Welt; fraglich, ob eine solche Einheit der sinnlichen Welt jemals bestand, auf die doch Wagners desillusionierter Bewußtseinsstand verwiesen sich sieht. Vielmehr klaffen die Organe, disparat in ihrer Entwicklung, am Ende weit auseinander, als Konsequenz der anwachsenden Vergegenständlichung der Realität ebenso wie des Prinzips der Arbeitsteilung, das nicht nur die Menschen voneinander trennt, sondern jeden Einzelnen in sich nochmals zerlegt. Daher mißlingt es dem Musikdrama, den einzelnen Medien sinnvolle Funktionen zuzuweisen. Es ist die Form der falschen Identität. Musik, Szene, Wort werden integriert einzig, indem der Autor – das Wort Dichterkomponist bezeichnet nicht übel das Monströse seiner Position – sie behandelt, als konvergierten alle in demselben. Damit aber tut er ihnen Gewalt an und verunstaltet das Ganze. Es wird zur Tautologie, zur permanenten Überbestimmung. Musik sagt noch einmal, was die Worte ohnehin sagen, und je mehr sie sich in den Vordergrund spielt, um so überflüssiger ist sie, gemessen an dem Sinn, den sie ausdrücken soll. Das berührt aber die musikalische Integrität selber. Gerade der Versuch, die Medien ineinander zu passen, verletzt die Einheit des Kompositionsgefüges. Das Stilmittel des Sprechgesangs ward von Wagner als Garant jener Einheit ersonnen: mit Hilfe eines gleichsam natürlichen Tonfalls sollen Musik und Sprache sich verbinden, ohne daß einer von ihnen Gewalt angetan würde. Damit nun wird der sinnfällige Träger des musikalischen Vorgangs, die Singstimme, auf die allemal im Operntheater die Aufmerksamkeit sich konzentriert, vom eigentlichen musikalischen Inhalt losgerissen. Sieht man von den wenigen Komplexen ab, in denen die absolut-musikalische Gestaltung eingestandenermaßen den Primat übernimmt, so entzieht sich die Singstimme dem motivischen Leben der Musik und ihrer Gesetzmäßigkeit: das gesungene Motiv widerspräche der geforderten Natürlichkeit des Tonfalls und entfernte sich vom sprachlichen Duktus. In Wagners musikalischer Faktur divergieren zwangsläufig deren wichtigste Elemente, Gesang und Orchester; das Auffälligste, der Gesang, ist am Wesentlichen, dem thematischen Gewebe, nicht mehr beteiligt als auf die recht abstrakte und unverbindliche Weise, daß die Singstimme nach den Harmonien des Orchesters sich richtet. Um der Synthesis aller Medien willen wird die Konsistenz des entscheidendsten, der Musik, mißachtet. Die Pseudomorphose der Musik an die Sprache, die seit dem stile rappresentativo unaufhaltsam fortschritt, und der die Musik so viel von ihrer Entfesselung verdankt, kehrt ihr negatives Moment hervor, sobald sie zum Parasiten der Sprache degeneriert, bloß noch die Kurve der Sprachintentionen nachahmt. Zugleich wird die Musik zum Kommentar der Bühne, indem der Autor Stellung nimmt und genau jene Formimmanenz verletzt, deren Ideal zuliebe das Musikdrama ersonnen ward. Das ist der Grund des Streifenhaften, Mitschleifenden, eigentlich Filmähnlichen darin. Das Wort, auf die Musik hin gesprochen, übernimmt sich in jedem Augenblick; die Schauspielerei des Dichters Wagner ist untrennbar vom terminus ad quem der Dichtung, die unablässig in Extremen sich bewegen muß, um musikfähig zu bleiben. Der Musik aber werden durch ihre auslegende Funktion alle die Kräfte fortgesogen, durch welche sie als bedeutungsferne Sprache, als reiner Laut, der menschlichen Zeichensprache sich kontrastiert und durch solchen Kontrast erst ganz menschlich wird. Die Szene endlich wird dazu genötigt, mitzumachen, was im Orchester geschieht; das läppische Gehabe der Sänger – oftmals erscheint das Operntheater als ein Museum längst verschollener Gesten – wird verursacht von ihrer Anpassung an den musikalischen Verlauf. Sie werden falsch musikähnlich; Karikaturen, weil die Gestik eines jeglichen nochmals erscheint, als wäre sie die eines Dirigenten. Je näher, indiskreter die divergierenden Medien einander auf den Leib rücken, je mehr der musikdramatische Wille auf ihre Indifferenz gegeneinander hinarbeitet, um so mehr stören sie sich. Die ältere Oper, der Wagner den Mangel ästhetischer Einheit vom Standpunkt der Integration der sinnlichen Medien aus vorwarf, war zumindest darin ihm überlegen, daß sie die Einheit nicht in der Assimilation suchte, sondern im Gehorsam gegen die Forderung eines jeglichen Materialbereichs. Die Mozartsche Einheit war die der Konfiguration, nicht der Identifizierung. Bei Wagner aber ist die radikale, sich geflissentlich unterstreichende Integration bereits das Deckbild des Zerfalls. Der Kosmos des Wahrnehmbaren, der bei ihm das Wesen vorstellen soll, weil die ästhetische Anschauung des isolierten Individuums auf nichts anderes als den Inbegriff dessen sich verlassen kann, was ihm sinnlich gewiß ist – dieser Kosmos ist keiner. Er wird von nichts anderem zusammengehalten als von der Zufälligkeit der Existenz des je Einzelnen. Als Zufälliges, das usurpatorisch sich selbst Notwendigkeit zuschreibt, muß geschichtsphilosophisch das Gesamtkunstwerk scheitern. Weil in der entfalteten bürgerlichen Gesellschaft ein jegliches Sinnesorgan gleichsam eine andere Welt, wenn nicht gar eine andere Zeit wahrnimmt, deshalb kann der musikdramatische Stil keinem einzelnen von ihnen sich anvertrauen, sondern muß eins ins andere transformieren, um auf diese Weise von sich aus etwas von jener Einstimmigkeit zuwege zu bringen, die ihnen abgeht. Das aber ist ihm nicht möglich, solange die Organe selber am Bewußtsein sich messen, sondern nur, indem sie der unterscheidenden Instanz sich entziehen und allesamt archaisch gebärden. Im Gesamtkunstwerk ist der Rausch unumgänglich als principium stilisationis: ein Augenblick der Selbstbesinnung des Kunstwerks würde genügen, den Schein seiner ideellen Einheit zu zersprengen.

Das Pathos der Stilisierung des Gesamtkunstwerks richtet sich jedoch nicht bloß gegen das versöhnliche Genre des Biedermeiers, sondern ebenso gegen die Kunstformen von Wagners eigenem, industriellem Zeitalter, in denen jene genrehaften Elemente in Konsumartikel umfunktioniert werden. Götter, Helden und weltumspannende Aktion versprechen der ästhetischen Sehnsucht Rettung auf der Flucht vorm Banalen; die frühere Romantik hatte der Bilder der Größe darum nicht bedurft, weil ihr noch nicht mit jedem Schritt die Drohung des Warencharakters begegnete, die dann schließlich bei Wagner auch die heroischen Modelle selber ergreift. Indem er, um der Totalität der Sinnesorgane willen, als erster kategorisch die Emanzipation des Gehörs verlangt, das »kein Kind«6 ist, opponiert er zugleich einer Verhaltensweise, welche den »Gehörsinn zum sklavischen Lastträger seiner sprachlichen Industriewaaren-Ballen macht«7. Weil aber die Idee der Totalität, die das Musikdrama inspiriert, keine bloße Antithese zum »gewöhnlichen Leben« duldet, sondern, aus großen Motiven, eben jenes Dasein in sich aufzunehmen sich verpflichtet weiß, dem aus nicht minder großen Motiven der Artist zugleich ausweichen muß, so ist die Verstrickung ins Banale auf der Flucht davor universal. Im Tristan wird es keineswegs bloß von der Welt des »Tages« vorgestellt, welche die »Handlung« fürs Reich der Nacht eintauschen möchte. Die Handlung kulminiert im Entschluß zum Tode. Er will die an der Unendlichkeit des Dranges in der Endlichkeit leidenden, endlichen Individuen in den Urgrund des Daseins zurücknehmen. Das Bild dieses Entschlusses aber, der die »Erlösung« der Individuen nicht bloß vom Tag, sondern von der eigenen Individuation meint, gerät selber banal. Denn die musikalische Bilderwelt, die als metaphysisches Widerspiel zur vereinsamten Monade gesetzt wird, stammt aus der Gesellschaft, die es negiert. Was als Korrektiv bloßer Individualität auftritt, ist musikalisch die approbierte Sprache, und das Individuum, das die Nacht wählt, verschreibt sich gegen den eigenen Willen wie gegen den ästhetischen dem Bestehenden. Kein Unbefangener, der das schwungvolle »Motiv des Todesentschlusses« im Tristan zum ersten Male hört, wird dem Eindruck trivialer Fröhlichkeit sich entziehen können. Aus dem individualistischen Horizont läßt die Wesenheit, das Allgemeine nur als schlecht Allgemeines sich beschwören. Die metaphysisch-psychologische Konstruktion des Tristan muß den Tod, um ihn aus der Individuation heraus zu rechtfertigen, die er tilgt, mit der Lust in eins setzen. Als Positivität jedoch gleitet das Bild der Lust ins Gewöhnliche ab. Es wird zum Elan des Individuums, das es so will, das in solchem Willen gerade teilhat am Leben und in dieser Teilhabe dem Leben sein Einverständnis bekundet. Damit hat auch die Wagnersche Todesmetaphysik ihren Tribut der Unerreichbarkeit der Freude gezollt, die seit Beethoven für alle große Musik gilt. Die Notwendigkeit des Übergangs des tragischen Entschlusses in ein Was kost' die Welt, schließlich des beseligten Liebestodes in einen Solistenreißer ist unvermeidlich. Das monadologische Individuum, dem der Komponist die Treue hält und aus dessen Aspekt er komponiert, steht nicht im absoluten Gegensatz zur Gesellschaft: seine Struktur folgt aus deren eigenem Prinzip. Das soziale Schicksal der Einsamkeit, rücksichtslos expressive Selbstaussage und ein Element vulgärer Selbstbehauptung und Selbstanpreisung sind miteinander nur allzu verträglich. Daß schon zu Wagners Lebzeiten, in flagrantem Widerspruch zu seinem Programm, aus den Totalwerken Glanznummern wie Feuerzauber und Wotans Abschied, Walkürenritt, Liebestod und Karfreitagszauber herausgebrochen, arrangiert und populär wurden, ist den Musikdramen, deren Gleichgewichtsverteilung jene Abschnitte klug einschätzt, nicht äußerlich; der Zerfall in Bruchstücke bezeugt die Brüchigkeit der Totalität.

Sie ließe in Stilkategorien sich aussprechen als der Konflikt des romantischen und des positivistischen Elements. Die Konzeption der in sich geschlossenen und sich selbst entrollenden Totalität, der in sinnlicher Anschauung anwesenden Idee ist ein Spätling der großen metaphysischen Systeme, deren Impuls, philosophisch seit dem Wagner vertrauten Feuerbach gebrochen, in die ästhetische Gestalt sich rettete. Man mag es Wagner glauben, daß er, als er schließlich im Schopenhauer las, von diesem bloß sich bestätigt fühlte, nicht im üblichen Sinn »beeinflußt« ward; die Verlagerung des metaphysischen Akzents auf die Kunst ist im dritten Buch der Welt als Wille und Vorstellung vorbereitet. Wie aber diese Verlagerung bedingt wird von dem Positivismus, der in Schopenhauers Entschlossenheit, allem natürlichen Dasein den »Sinn« abzusprechen und es dem blinden Willen zu überlassen, so deutlich sich ankündigt, so ist auch die der Wagnerschen Verfahrungsweise immanente Metaphysik verschwistert der Entzauberung der Welt. Die Addition der musikdramatischen Totalität aus allen Reaktionsformen der sinnlichen Organe hat zur Voraussetzung nicht nur die Absenz eines verbindlichen Stils, sondern mehr noch das Zergehen der Metaphysik. Im Gesamtkunstwerk will diese nicht sowohl sich ausdrücken als hergestellt werden. Die vollendete Profanität möchte aus sich selbst heraus eine Sakralsphäre erzeugen: darin erhebt der Parsifal lediglich die Tendenz des gesamten Ansatzes zum Selbstbewußtsein. Der illusionäre Charakter des Gesamtkunstwerks rührt her von solchem Wesen der Veranstaltung. Nicht länger gehorcht das Kunstwerk seiner Hegelschen Definition als des sinnlichen Scheinens der Idee, sondern das Sinnliche wird arrangiert, um zu scheinen, als wäre es der Idee mächtig: das ist der wahre Grund des allegorischen Zuges in Wagner, der Beschwörung unwiderbringlicher Wesenheit. Der technologische Rausch wird bereitet aus Furcht vor der allzu nahen Nüchternheit. So verschränkt der Übergang der Oper an die autonome Souveränität des Artisten sich mit dem Ursprung der Kulturindustrie. Die Begeisterung des jungen Nietzsche hat das Kunstwerk der Zukunft verkannt: in ihm ereignet sich die Geburt des Films aus dem Geiste der Musik. Dafür gibt es ein frühes und authentisches Zeugnis aus Wagners engstem Kreis. Am 23. März 1890, also längst vor der Erfindung der Kinematographie, schrieb Chamberlain an Cosima über Liszts Dantesymphonie, die hier für die ganze Sphäre einsteht: »Führen Sie diese Symphonie mit versenktem Orchester im nachtdunklen Raume auf, und lassen Sie im Hintergrunde Bilder vorbeiziehen – und Sie werden sehen, alle Levis und alle meine kalten Nachbarn von heute, die das arme Herz durch ihre Nichtempfindung peinigten, sie alle geraten in Ekstase.«8 Weniges könnte drastischer unter Beweis stellen, wie wenig die Massenkultur der Kunst bloß von außen angetan ward: kraft ihrer eigenen Emanzipation ist diese in ihr Gegenteil umgeschlagen.

Nirgends zeigt das Brüchige der Konzeption des Musikdramas sich schärfer als dort, wo sie ihrem eigenen Grunde, der Verdeckung des Produktionsvorgangs, am nächsten kommt: in Wagners antagonistischem Verhalten zur Arbeitsteilung, auf der dann die Kulturindustrie eingestandenermaßen beruht. Theoretisch und in der Ideologie der Werke hat er die Arbeitsteilung abgelehnt mit Parolen, die an die nationalsozialistischen von der Überwindung der Sonderinteressen durch den Gemeinnutz gemahnen. Wagner, der Experte für Orchester und theatralischen Effekt, hat die antisemitischen Karikaturen Beckmesser und Mime zugleich als solche von Experten ausgepinselt. Ihre Komik soll darin bestehen, daß sie vermöge ihrer Spezialisierung der eigenen Aufgabe nicht mehr gewachsen sind, der die Spezialisierung dient. Der zünftlerische Merker kann weder das Preislied verstehen, noch, angefüllt mit den Regeln der Tabulatur, selber auch nur etwas Kohärentes zustande bringen; und Mime, der Schmied, ist »zu weise«, um das einzige Schwert zu schmieden, dessen er bedürfte. In beiden Figuren schmäht Wagner den reflektierenden Verstand. Ihm setzt er die Welt Walthers und Siegfrieds als die ungespaltene des Ursprungs entgegen. Sie soll irrational sein wie, dem Programm des Gesamtkunstwerks zufolge, die Rolle der Musik in diesem. Walther beruft sich auf die Natur als auf seinen Lehrer, der er es abgelauscht haben will, und auf den »alten Meister« des Minnesangs, Walther von der Vogelweide, in dessen Gedichten übrigens, wie durchwegs in denen seiner Zeit, das fast ganz fehlt, was seit der industriellen Revolution Naturlyrik heißt. Der Idealismus Wagners ist rücksichtslos mit den Sachgehalten umgesprungen, deren Aura das Gesamtkunstwerk so gern sich zunutze macht. Während es aber gegen die Arbeitsteilung die mythische Einheit von Dichter, Sänger und Mimen ausspielt und sich die Allüre gibt, als wäre es solcher Einheit fähig, wird von der Verfahrungsweise selbst die Arbeitsteilung nicht aufgehoben, sondern eher gesteigert. Dem Text der Meistersinger ist die Ahnung um den Widerspruch so wenig fremd wie die Hegelsche Forderung des sich Entäußerns. Der »Sänger« Walther beugt sich am Ende dem »Meister« Sachs und lernt die spezialistischen »Zünfte« nicht zu »verachten«; wobei freilich die Versöhnung des Feudalen mit der bürgerlichen Ordnung aufs Einverständnis mit eben der verdinglichten Welt hinausläuft, vor welcher den Junker mit allem Recht Angst ergriff. Trotzdem jedoch ist weniges fortschrittlicher an Wagner als sein paradoxes Bemühen, rational über die von verblendeter ratio hervorgebrachten Verhältnisse hinauszugehen. Manche von Wagners kulturgläubigen und zivilisationsfeindlichen Gegnern, unter ihnen Hildebrandt, machen ihm einen Vorwurf daraus, daß er, bei allem angeblichen »Kampf gegen das neunzehnte Jahrhundert«, dessen technische Errungenschaften bedenkenlos übernommen habe. Sie rechnen ihm die Bedeutung des »Maschinenmeisters« in Bayreuth vor, und kämen gewiß zu weit bestürzenderen Ergebnissen, könnten sie Partitur lesen. Wagners Intention, die einzelnen Künste dem Gesamtkunstwerk einzuordnen, erzwingt mit der Organisation solcher Einheit eine Teilung des Arbeitsprozesses, die alles hinter sich läßt, was vor ihm Musik kannte. »Die Wunde schließt der Speer nur, der sie schlug«: das gilt zumindest für Wagners kompositorisches Verfahren. Gerade der sakrale Parsifal, der die filmähnliche Technik der Wandeldekoration verwendet, bezeichnet die Höhe solcher Dialektik: das magische Kunstwerk träumt sein vollkommenes Gegenbild, das mechanische. Der Arbeitsprozeß bedeutender Komponisten hat seit je Züge technischer Rationalisierung enthalten: man braucht nur an die Abkürzungen und Sigel von Beethovens Manuskripten zu denken. Der letzte Wagner geht darin besonders weit. Zwischen die Kompositionsskizze und die ausgeschriebene Partitur schiebt sich ein Drittes: die sogenannte Instrumentationsskizze. In ihr ist der Notentext gegenüber der Bleistiftniederschrift mit Tinte ausgeschrieben, also gewissermaßen objektiviert; zugleich findet sich die vollständige Instrumentation eingetragen, so daß Wagner während der Arbeit am Parsifal sagen konnte, nach der Instrumentationsskizze vermöchte ein anderer die Partitur herzustellen. Die Instrumentationsskizze – heute nennt man dergleichen Particell – wird parallel zur Kompositionsskizze fixiert: sie folgt ihr stets im Abstand weniger Tage. Es werden dadurch die beiden Arbeitsverfahren deutlich voneinander abgesetzt und vermieden, daß der Klang im Berliozschen Sinn sich verselbständigt. Seine Kontrolle ist dem kompositorischen Ablauf vorbehalten. Andererseits ermöglicht es der kurze Zeitabstand zwischen den beiden Prozessen, die koloristische Vorstellung, die bei der Komposition selber zugrunde lag, noch festzuhalten. So ingeniös hat Wagner die musikalische Arbeitsteilung organisiert. Sie erfaßt alle Schichten seines Komponierens und erlaubt jenes Ineinanderpassen der Elemente, das die Lücken verstopft und den Schein absoluter Geschlossenheit und Präsenz zeitigt. Die magische Wirkung selber ist untrennbar von eben dem rationalen Produktionsprozeß, den sie bannend von sich fernhält.

Wagners Arbeitsteilung ist die der Arbeit eines Individuums. Das setzt ihr die Grenze, und darum vielleicht muß sie so angestrengt sich verleugnen. Nicht, daß es das vorgeblich absolute Eigenrecht der einzelnen Künste antastet, ist gegen das Musikdrama einzuwenden. Dies Eigenrecht ist in der Tat ein Fetisch der arbeitsteiligen Disziplinen. Wenn Wagner ihn im Namen des »wirklichen«, nämlich des ganzen und freien Menschen angriff und Kooperation und Assoziation der Künste forderte, wie beim befreiten Menschen die Sinnesorgane, nicht länger mehr verstümmelt, einmal vielleicht sich zusammenfinden mögen, so hat er damit eine Forderung des realen Humanismus erhoben. Diese Forderung schlug ihm in Rausch und Verblendung um, anstatt mit der rationalen Lenkung des Arbeitsprozesses der Freiheit beizustehen. Das jedoch erklärt sich damit, daß das Gesamtkunstwerk von eben dem bürgerlichen »Individuum« und seiner Seele getragen wird, das Ursprung und Substanz selbst jener Entfremdung verdankt, gegen welche das Gesamtkunstwerk aufbegehrt. Es ist konstituiert nicht in der Gesamtheit, in deren Namen es dröhnt, sondern gehört nach Voraussetzung und Gehalt dem Einzelnen zu. Gewalttätig wirft er als Inkarnation der Gesamtheit sich auf. In Wagners theoretischer Konzeption fällt die emphatische Rolle des »Genies« dem Dichter zu, dessen Primat er, vielleicht als musikalischer Fachmann mißtrauisch gegen sein Eigentliches, die Musik, behauptet. Er hat die Not des Widerspruchs von Gesamtkunstwerk und Individualismus wohl erkannt; aber der Rausch soll sie bannen oder verklären: »Nicht Zweien kann gegenwärtig der Gedanke zur gemeinschaftlichen Ermöglichung des vollendeten Drama's kommen, weil Zweie im Austausche dieses Gedankens der Öffentlichkeit gegenüber die Unmöglichkeit der Verwirklichung mit nothwendiger Aufrichtigkeit sich eingestehen müßten, und dieses Geständniß ihr Unternehmen daher im Keime ersticken würde. Nur der Einsame vermag in seinem Drange die Bitterkeit dieses Geständnisses in sich zu einem berauschenden Genusse umzuwandeln, der ihn mit trunkenem Muthe zu dem Unternehmen treibt, das Unmögliche zu ermöglichen; denn er allein ist von zwei künstlerischen Gewalten gedrängt, denen er nicht widerstehen kann, und von denen er sich willig zum Selbstopfer treiben läßt.«9 So viel Wahres diese Sätze enthalten, ihre Konsequenz liefe nicht auf das Gesamtkunstwerk hinaus, sondern auf dessen kritisches Verbot. Weniger das Flaubertsche Motiv der Schaffensqual als der Gedanke an das Hoffnungslose der Sache ist es denn wohl, der Wagner von Selbstopfer reden läßt. Die Stelle zielt weiter als auf die rauschhafte Preisgabe der Individuation. Was der einzelne im Musikdrama opfert, ist nicht er selber, sondern die Konsistenz des Gebildes: er vermag es als Isolierter nicht, tatsächlich die Arbeitsteilung aufzuheben, der er alles verdankt, was er vollbringt, sondern nur den ephemeren Schein dieser Überwindung zu bewirken. Er vermag es aber auch ebensowenig, in allen Medien des Musikdramas zu dem Spezialisten sich zu machen, dessen es bedürfte. Der Künstler in Samtjacke und Barett, der sich zum »Meister«, zum Künstler schlechthin stilisiert, und der halbdilettantische Dichter, der den Forderungen von Dramaturgie und Sprache niemals ganz gewachsen sich zeigt – beide gehören, wie sehr auch einander widersprechend, zusammen. Was dem Individuum als organisch beseelte Einheit vorschwebt, stellt objektiv sich dar als bloßes Agglomerat. Die Rationalität der Technik, der Wagner im Material der Musik am nächsten kam, ist überall sonst gescheitert. Zu einem verbindlichen, von falscher Identität gereinigten Gesamtkunstwerk gehörte ein planendes Kollektiv von Spezialisten. Schönberg, der doch als Theaterkomponist der Wagnerschen Ästhetik naiv die Treue hielt, hat einmal die Utopie von »Komponierateliers« sich ausgedacht, in denen der eine die Arbeit genau dort aufnimmt, wo der andere sie aufgeben muß. Kollektivarbeit aber ist bei Wagner nicht bloß durch die Zeitsituation um die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts ausgeschlossen, von der er Rechenschaft ablegte, sondern durch den Gehalt seines Werkes, die Metaphysik von Drang, Rausch und Erlösung. Sie verwehrt jene Organisation des Gesamtkunstwerks, die einzig als kollektive vorgestellt werden könnte: die antithetische. Das Prinzip der falschen Identität läßt nicht zu, aus den Widersprüchen der einander entfremdeten Künste ihre Einheit zu konstruieren. Stand in der Geschichte der bürgerlichen Oper das Recht der Musik beim Einspruch gegen den stummen und sinnlosen Vollzug von Schicksal – beim Einspruch von Monteverdis klagender Ariadne nicht anders als bei der Fideliofanfare, die in den Kerker dringt – : dann hat bei Wagner Musik ihr Einspruchsrecht verkauft. Als unausweichlicher Wirkungszusammenhang bleibt sie deterministisch gleich der Philosophie, zu der er sich bekennt, und vollendet sich als blindes Verhängnis. Daher der Schein der reinen Formimmanenz wie das tief Formwidrige, wie es die verantwortlichen unter seinen Kritikern gewahrt haben. Die Bruchlosigkeit der musikdramatischen Form selber, der Wagnersche »Stil«, ist der Bruch. Musik hat nicht länger ihre entscheidende Kraft: die Gefangenschaft im Aktionszusammenhang zu transzendieren. Deshalb muß sie, ohne Atem zu holen, mit subjektiver Leidenschaft und Erregtheit den Hörer übertäuben. Die Ästhetik der Verdoppelung ist das Surrogat des Einspruchs, bloße Verstärkung der subjektiven Ausdrucksmomente, die gerade vermöge solcher Verstärkung ins Nichtige getrieben werden. Die Medien aber, denen der Wagnersche Zauber Gewalt antut, rächen sich an ihm, indem sie der Vereinigung spotten und die Divergenzen hervorkehren, die das Werk fruchtbar zu machen versäumte. Oftmals findet sich in den Musikdramen, eben weil sie das Gewebe um keinen Preis lockern dürfen, ein kahlerer Überschuß des Stoffs über die Musik als je in den Rezitativen, die den Stoff gar nicht erst musikalisch zu bewältigen vorhaben; und dieser Überschuß wirkt dann musikalisch fort in den ausgeklügelten Motivbeziehungen, die dem Wagnerschen Postulat der »Gegenwärtigkeit« ins Gesicht schlagen. Wer nicht gelernt hat, daß am Ende der Götterdämmerung das Erlösungsmotiv steht, dem bleibt der musikalische wie der poetische Vollzug gleich unverständlich. Das ist der Preis, den das Musikdrama dafür zu entrichten hat, daß es auf die rein musikalische Logik der innerzeitlichen Konstruktion verzichtet. Es verfällt dem Rationalismus aus irrationalistischer Gesinnung. Indem Gegenwart und Reflexion auseinander treten, vollzieht das Musikdrama ein Urteil gegen sich selber, wie es ähnlich der Theoretiker Wagner ausspricht, der Dichtung als Sache des Verstandes und Musik als Sache des Gefühls beschreibt, die das Gesamtkunstwerk vermählen wolle – eine Unterscheidung der Medien, die sie dem Cliché unterwirft, um sie danach bequemer zusammenbringen zu können. Die Produktivkraft des Musikdramas stammt aus dem Traum vom ganzen Menschen: »Wie sich uns zu vollster, befriedigendster Gewißheit nur derjenige Mensch darstellt, der unserem Auge und Ohre zugleich sich kundgiebt, so überzeugt auch das Mittheilungsorgan des inneren Menschen unser Gehör nur dann zu vollständigster Gewißheit, wenn es sich dem ›Auge und dem Ohre‹ dieses Gehöres gleichbefriedigend mittheilt.«10 Aber Entwurf und Praxis des Gesamtkunstwerks fallen unter Wagners eigene kritische Einsicht: »Niemand kann es gegenwärtiger sein als mir, daß die Verwirklichung des von mir gemeinten Drama's von Bedingungen abhängt, die nicht in dem Willen, ja selbst nicht in der Fähigkeit des Einzelnen, sei diese auch unendlich größer als die meinige, sondern nur in einem gemeinsamen Zustande und in einem durch ihn ermöglichten gemeinschaftlichen Zusammenwirken liegen, von denen jetzt gerade nur das volle Gegentheil vorhanden ist.«11

 
Fußnoten

 

* Die von Adorno nicht nachgewiesene Passage ist ein Selbstzitat; vgl. Theodor W. Adorno und Hanns Eisler, Komposition für den Film, München 1969, S. 41 und S. 43. (Anm. d. Hrsg.)

 

VIII

 

In stilgeschichtlichen Begriffen wäre die polemische Doppelstellung des Musikdramas so zu formulieren, daß es nicht bloß gegen die genrehaft verniedlichte romantische Oper sich wendet, sondern ebenso gegen die Große, die musikalische Staatsaktion. Wird im Namen des menschlichen Gehalts das Übernatürliche von der Bühne verwiesen oder ins Gleichnis für Natürliches nivelliert, so tilgt der Anspruch von Allmenschlichkeit ebenso das Gegenteil des Zaubers, den sachlich-historischen Stoff. Der phantasmagorische Rausch vertreibt alle Politik aus der Oper; übrigens waren bereits bei Meyerbeer die politischen Sujets zu bloßen Schaustücken neutralisiert, etwa wie in den Farbfilmen oder den Biographien berühmter Leute, welche heutzutage die Kulturindustrie auf den Markt bringt. An der Verflüchtigung des politischen Moments bei Wagner hat die Enttäuschung des Bürgertums nach 1848, die in seiner Korrespondenz so unverhohlen sich niederschlug, fraglos ihren Anteil. Aber bereits an der Historie, mit der der junge Wagner sich einließ, bemerkten seine Zeitgenossen das reaktionäre Potential, das erst in seinen späteren Werken manifest wurde. A. B. Marx wandte nach Newmans Angabe gegen den Lohengrin ein: »This drama the drama of the future? ... The Middle Ages a picture of our future, the outlived, the quite finished, the child of our hopes? Impossible! These sagas and fables ... come to us now only as the echo of the long-dead times that are quite foreign to our spirit.«1 Denkbar, daß Wagner in Erinnerung ans Junge Deutschland solchen Einwänden nicht weniger als der Aversion gegen Opernwunder gerecht werden wollte. Gewiß aber sträubte er sich, gebunden an die Kinderschablone vom Poetischen, trotz aller Rede vom »gewöhnlichen Leben« dagegen, mit der spröden Nüchternheit konkreter gesellschaftlicher Verhältnisse den Bannkreis der Oper zu gefährden. Das Dogma von der Identität von Dichtung und Musik ließ ihn alles fürchten, was in solcher Identität nicht aufgeht, was erst im gestalteten Gegensatz zur Musik zu ergreifen wäre; der Fidelio war um so viel politischer als die Musikdramen, wie er Musik und Text intermittierend behandelte. Ganz und gar bürgerlich zeigte Wagner sich darin, daß ihm die ästhetische Tiefe der Darstellung zusammenfiel mit dem Fortlassen des historischen Stellenwertes. Sein Bild vom allgemein Menschlichen erheischt den Abbau des vermeintlich Relativen zugunsten der Idee der Invarianz des Menschen. Ihm ist das Substantielle ein Residuum. So sieht er sich zwangvoll verwiesen auf eine Stoffschicht, die weder Geschichte kennt noch Übernatürliches noch auch eigentlich Natürliches, sondern jenseits von all solchen Kategorien liegen soll. Das Wesen wird in die allbedeutende Immanenz hineingezogen, die Immanenz von den Symbolen in Bann gehalten. Diese Schicht des Ungeschiedenen ist aber die mythische. Ihr fehlt Eindeutigkeit; ihr Zwielicht lockt zur Vermischung der unversöhnlichen Elemente, des positivistischen und des metaphysischen, weil in ihr Transzendenz so wenig vorkommt wie bloße Faktizität. Auf der gleichen Bühne agieren Götter und Menschen miteinander. Nach dem Lohengrin hat Wagner eigentlich geschichtliche Konflikte aus seinem Werk ausgeschlossen; das Rittertum von Tristan und Parsifal bietet bloß noch das pathetische Kolorit des weit Entrückten, und die Ausnahme der Meistersinger bestätigt wahrhaft nur die Regel. Das mythische Musikdrama ist säkular und magisch in eins: so löst es das Rebus der Phantasmagorie auf.

Der Versuch, die Mischform an der Vieldeutigkeit der Mythen zu legitimieren, stößt jedoch auf eine Grenze. Erweist sich Wagners Vorstellung von der unveränderlichen Menschennatur als ideologischer Trug, dann zerstört diesen die Gewalt der Mythen selbst, wie sie gegen Wagners Willen in seinen Werken durchschlägt. Die Wahlverwandtschaft, die ihn den Mythen zutreibt, zersetzt zugleich die Humanität, an die er noch glaubt: dem eingefleischten Bürger, der er noch war, schwankt schon der Begriff von sich selber unter den Füßen. Wohl fällt seiner Ohnmacht etwas von der negativen Wahrheit zu, vom Bewußtsein des Chaotischen unterhalb der bürgerlichen Ordnung – aber eben dorthin zieht es ihn zurück; das ist der objektive Grund der Wagnerschen Regression. In den reinen Menschen projiziert er bereits den Wilden, der am Ende aus dem Bürger hervortritt, und ihn verherrlicht er, als wäre er metaphysisch der reine Mensch. Mit so viel Recht man Wagners Musik psychologisch nennen mag, so wenig sind es die Texte, in denen primitiv, buchstäblich sich zuträgt, was im psychologischen Subjekt als Imagination bloß nachlebt. Der Dramatiker des Ringes, eigentlich der aller reifen Werke, verschmäht es, die Personen zu »entwickeln«. Die Wagnersche Tendenz zur Veräußerlichung, welche die subjektive Beseelung der gestischen Sinnfälligkeit und dem Effekt hintanstellt, fördert eben damit etwas vom Ephemeren der Beseeltheit selber zutage. Die Motivationen sind mit äußerster Drastik vorgeführt. Blitzschnell ändern sich die Verhaltensweisen der Personen. Kaum bleiben sie mit sich identisch, und Siegfried hat noch nicht das ganze Bewußtsein der Identität, sondern gebraucht fürs Personalpronomen häufig das Impersonale – »da redet's ja«. Liebe gibt es, wie schon im Holländer, auch zwischen Siegmund und Sieglinde, Walther und Eva nur auf den ersten Blick und nirgends in innerlicher Verschlossenheit; daß Wagner, allen deutschtümelnden Idealen zum Trotz, von der Atmosphäre des muffig Ehrbaren durchwegs sich freihält, hat er einer unverschandelten Anschauung vom Sexus zu verdanken, die allein ihm auch die rührende Szene gewährt, in der Brünnhilde um des Geliebten willen das Bild ihres Mädchentums retten möchte und dennoch ohne Widerstreben sich herschenkt. Freilich schlägt dann auch ihre Liebe ebenso umstandslos in Haß um. Keine Reflexion führt sie auf den Mechanismus der Intrige; und später wandelt wieder der Haß, nach Siegfrieds Tod, ebenso abrupt sich in Liebe, unter völligem Verzicht auf Lösung des dramatischen Knotens. Nachdem ihr Gutrune vom Vergessenstrank berichtet hat, verliert sie darüber kein Wort mehr. Es ist, als hätte Wagner auch jene Einsicht Freuds vorweggenommen, der zufolge beim archaischen Menschen alles in jäher krasser Aktion sich äußerte, was beim zivilisierten nur noch als innerliche Regung nachzittert, um einzig im Traum und Wahnsinn mit der alten Auswendigkeit zu erscheinen.

Zugleich aber bezeugt die Wagnersche Gleichgültigkeit gegenüber dem individuellen »Seelenleben« Spuren des politischen Wissens um die Bedingtheit des Individuums durch die materielle Realität. Er mißtraut wie die große Philosophie dem Privaten. Sein Blick auf die Totale ist nicht bloß totalitär-verfügend, sondern mahnt auch an die universale Verstricktheit, in der das Individuum desto weniger vermag, je rücksichtsloser es sich selbst setzt. Die Veränderung der Welt mißlingt, aber es geht um die Veränderung der Welt. Siegfried leidet nicht am Ödipuskomplex, sondern zerschlägt Wotan den Speer. Sublimiert sich schließlich die urweltliche Aktion zum Traum in der beseelten historischen Welt, so ereignet sich der Übergang in der Alberich-Hagen-Szene der Götterdämmerung selbst sinnfällig auf der Szene. Diese Sinnfälligkeit aber, und ihr Gegensatz zur Verinnerlichung, prägt die mythischen Stoffe weit geschichtlicher, als die Wagnersche Ästhetik Wort haben möchte. Mythos und Kultur folgen aufeinander als Phasen, und damit tritt der mythische Ursprung von Kultur selber ins Blickfeld. Der Dramatiker Wagner erkennt die Verschränkung von Mythos und Recht. Die »Verträge«, denen der Ring, in Reminiszenz an Schopenhauer, so viel Gewicht zuteilt, setzen die Anarchie voraus. Notdürftig nur wird der Kampf aller gegen alle durch die aus ihm resultierenden Rechtsordnungen geschlichtet. Er bricht überall dort von neuem aus, wo keine ausdrückliche Vertragsordnung es verhindert. Wotan ist zu jeder Gewalttat bereit, sobald ihn nicht kodifizierte Verträge binden. Darüber hinaus erweisen sich gerade die Verträge Wotans, die den finsteren Naturzustand einschränken, zugleich als Fesseln, die ihm die Freiheit der ausweichenden Bewegung rauben und damit das Chaos wieder herstellen helfen. Bei Wagner enthüllt sich das Recht als Äquivalenzform des Unrechts. Dem Ring könnte jener Spruch des Anaximander vorangestellt sein, den neuerdings Heidegger, als Sprachmythologe Wagner nicht unähnlich, interpretierte. Er lautet in Nietzsches Übersetzung: »Woher die Dinge ihre Entstehung haben, dahin müssen sie auch zugrunde gehen nach der Notwendigkeit, denn sie müssen Buße zahlen und für ihre Ungerechtigkeit gerichtet werden, gemäß der Ordnung der Zeit.« Das Recht, das sich als Buße des Unrechts bestimmt, gleicht diesem sich an und wird damit selber zum Unrecht, Ordnung zur Zerstörung: das aber ist das Wesen des Mythos, wie es im vorsokratischen Gedanken nachhallt, und ihm überläßt sich Wagner nicht stofflich nur, sondern bis ins Innerste des ästhetischen Vollzugs. Auf der archaischen Idee des Schicksals beruht der lückenlose Immanenzzusammenhang im Gesamtkunstwerk ebenso wie wahrscheinlich jenes musikalische Formprinzip der »Kunst des Übergangs«, der universalen Vermittlung. Wagners Musik beugt sich dem Rechtssatz, daß Spannung und Lösung im ganzen sich entsprechen müssen, daß nichts unausgeglichen, als Kahles, Isoliertes stehenbleiben dürfe: alles musikalische Sein ist bei ihm ein Sein für anderes, ist in der Komposition selber »vergesellschaftet«. Zielte alle bürgerliche Musikpraxis von Dissonanz und Konsonanz auf dergleichen ab, so wird bei Wagner das Gesetz der Gleichheit von Spannung und Lösung zum spezifischen Kanon der Technik. Schönberg, der als Komponist jenes Prinzip erstmals in Frage zu stellen begann, hat gleichwohl als Theoretiker, im strengen Wagnerschen Geiste, die authentische Formel dafür gefunden: »Every tone which is added to a beginning tone makes the meaning of that tone doubtful. If, for instance, G follows after C, the ear may not be sure whether this expresses C major or G major, or even F major or E minor; and the addition of other tones may or may not clarify this problem. In this manner there is produced a state of unrest, of imbalance which grows throughout most of the piece, and is enforced further by similar functions of the rhythm. The method by which this balance is restored seems to me the real idea of the composition.«2 In der Herstellung der »Balance« geht der Saldo des Schicksals auf; alles Geschehene wird widerrufen, und die ästhetische Rechtsordnung ist die Restitution des Urzustandes. Ganz konsequent, und übrigens mit großartiger Einsicht in den Ernst des kompositorischen Prozesses spricht Schönberg an anderer Stelle von den motivischen und harmonischen Verpflichtungen, welche die entfaltete Komposition einzulösen habe.3 Damit wird ein Primat des Tausches über Organisation und inneren Verlauf des Kunstwerks selber aufgerichtet: es wird zum Inbegriff des gesamtgesellschaftlichen Tauschvorgangs. Durch die Regression auf die Mythen ruft sich in Wagner die bürgerliche Gesellschaft selber beim Namen: alle neuen Ereignisse im musikalischen Fortgang messen den vorhergehenden sich an, und indem sie diese tilgen, wird stets auch das Neue getilgt. Der Ursprung ist erreicht mit der Liquidation des Ganzen. Das erwachende Bewußtsein von den anarchischen Zügen der späten bürgerlichen Gesellschaft dechiffriert die Totalität als vorweltliche Anarchie. Sie wird vom Bürger Wagner noch verdammt, vom Musiker schon gewünscht. Wenn im Ring mythische Gewalt und Vertrag sich verwirren, so setzt nicht bloß die Intuition von der Herkunft des Rechts sich durch, sondern auch die Erfahrung vom Unrecht einer Gesellschaft, die im Namen des Rechts beherrscht wird von Vertrag und Eigentum. So wahr der ästhetische Vorwurf gegen Wagner sein mag, er habe als Moderner am Ältesten, als Profaner am Mythos sich vergriffen, so wenig steht die Regression des ästhetischen Verfahrens beim individuellen Belieben oder beim psychologischen Zufall. Er gehört zu einer Generation, der erstmals in einer durch und durch vergesellschafteten Welt die Unmöglichkeit aufging, individuell zu wenden, was über den Köpfen der Menschen sich vollzieht. Versagt jedoch war ihm, die übergreifende Totalität beim Namen zu rufen. So verwandelt sie sich ihm in Mythos. Die Undurchsichtigkeit und Allmacht des sozialen Prozesses wird vom Individuum, das sie erfährt und das doch eben mit den herrschenden Mächten jenes Prozesses sich gleichsetzt, als metaphysisches Geheimnis verherrlicht. Wagner ersinnt das Ritual der permanenten Katastrophe. Sein losgelassener Individualismus spricht übers Individuum und dessen Ordnung das Todesurteil.

Indem er die Verfangenheit des eigenen Zustands im Weltgrund aufsucht, stellt ein Einverständnis sich her zwischen der Gegenwart und dem Mythos. Nicht als bloße Metaphern hat Wagner die Mythen zitiert: unter seinem Blick wird alles mythologisch und ganz gewiß der einzige neuzeitliche Stoff, den er bearbeitete. Die Meistersinger kokettieren mit jenem Brauch der älteren Malerei, das räumlich und zeitlich Entlegene mit Spätgeborenen, Einheimischen zu bevölkern. Das Weib aus Nürnberg wird zu Johannes dem Täufer an den Jordan entsandt. Eine endlose Tradition von Kitsch hat an die Manier solcher Wagnerschen Allegorese aus zweiter Hand sich angeschlossen. Aber der Anachronismus ist mehr als gespielte Naivetät und kunstgewerbliche Archaik. In jener heiteren Oper klingt jede Gegenwart, als wäre sie bereits Erinnerung. Der Ausdruck der süßen Sehnsucht verschmilzt mit der Lockung des Altbekannten, das Versprechen des Geborgenseins in der Heimat mit dem Gefühl des »Wann bin ich da schon einmal gewesen«, und um die Archetypen der Bürgerlichkeit legt sich der Nimbus der Urvergangenen. Das Werk verführt damit am Ende seine Hörer noch mehr als mit nationalistischer Selbstvergötzung und bestialischem Humor. Einem jeglichen erscheint es, als wäre es sein Eigentum allein, Botschaft seiner vergessenen Kindheit, und aus dem déjà vu aller schießt die Phantasmagorie des Kollektivs zusammen. Unwiderstehlich ist der in der Hexenküche destillierte Duft, weil er einen Drang aufrührt, befriedigt und auch noch ideologisch legitimiert, den das Dasein des Erwachsenen mühsam und nie ganz zu bändigen gelernt hat. Nicht Sachs allein, allen löst es die Glieder, und als Demagoge des Gefühls macht der Komponist allen die Reaktionen vor, in die sie einstimmen. Nirgends ist Wagner mythologischer als in der Moderne solchen Reizes. Er schmiegt der äußersten individuellen Differenzierung sich an, um das gestaltlose Glück des vorindividuierten Zustands zu bereiten. Was die Nürnberger Lebkuchenschachtel verheißt, wird als göttliches Ideenreich bestätigt. Die Wahrheit daran aber ist der Lüge untertan. Wagner unterschiebt die geschichtliche Existenz der deutschen Vergangenheit als Essenz. So hat er Begriffen wie denen des Volkes und der Ahnen jene Absolutheit eingehaucht, die sich im absoluten Grauen entlud. Das manipulierte Eingedenken ist das Widerspiel von Aufklärung. Wie die Spitzwegsche Poesie der Kulturlandschaft des Spotts auf Sonderlinge und Abweichende nicht entraten kann, so vermengt vollends Wagner die Mondnacht und den Flieder, den man im Europa des sechzehnten Jahrhunderts noch gar nicht kannte, mit der sadistischen Roheit. Das Züngelnde der Musik, der Ton des Venusbergs, ermuntert dazu, mit der Ordnung des Tages zugleich die Humanität abzuwerfen und der Destruktion ihren Lauf zu lassen. Mit jenem teuflischen Behagen, das sich nicht scheiden läßt von dem Humor, auf den es sich herausredet, weidet in der Schlägerei am Ende des zweiten Aktes der Theaterbesucher sich an der prophetischen Miniatur der Gewalttat.

Alle Wagnersche Zweideutigkeit entspringt seinem Verhältnis zu den archaischen Bildern. Sein Ingenium des Eingedenkens folgt den inwendigen Seelenregungen bis hinab zu ihren realen Modellen und hellt so das regressive Element auf; zugleich aber vertraut er sich diesem als der Wahrheit des Ursprungs an und regrediert selber. Ästhetisch hat er Spannungen vorweggenommen, die theoretisch erst mit dem Konflikt zwischen Freud und Jung aufkamen. Seine »psychoanalytischen« Motive, wie das des Inzests, des Vaterhasses, der Kastration sind oft genug erwähnt worden; und Sachsens Sentenz von der »Wahrtraumdeuterei« scheint das Kunstwerk insgesamt dem analytischen Ideal, der Bewußtmachung des Unbewußten anzunähern. In Augenblicken der Bewußtwerdung antezipiert die Sprachform Wagners die Nietzsches dreißig Jahre vorm Zarathustra: »Urmütter-Furcht! Ur-Sorge! Zu ewigem Schlaf hinab, hinab!« Aus der gleichen Perspektive antwortet Siegfried: »Muth und Übermuth – was weiß ich!« Die Formel jedoch ist selbst mythisch. Das »Muth und Übermuth« ähnelt den archaischen Mächten in der Geste der Herausforderung sich an, und die bei sich selbst beharrende Dumpfheit des »Was weiß ich« verfällt ihnen bereits wieder. Siegfried ist nicht nur das dem unbewußten Naturzusammenhang sich entringende Subjekt, sondern schon der Tor, der im Parsifal vollends verherrlicht wird, der »kindische Held«, der »Dumme«, der nicht etwa, zum Ich erwacht, die Angst verlor, sondern bloß das Fürchten »nicht kennt«, und nachdem er es am Sexus gelernt hat, wieder vergißt. Wenn Wotan Erda und die Urmütterfurcht hinabweist, büßen sie nicht ihre Gewalt ein, und er erringt nicht die Freiheit. Vielmehr verfällt er in der Nornenszene gegen seinen Willen ihrem Spruch, und zur Urmutter begeben die Nornen sich hinab, wenn das Seil reißt. Bewußtsein taugt einzig dazu, den Kreis des Unbewußtseins zu vollenden. Der kosmogonische Klages lehnt Wagner ab; aber seine Denkmotive sind in der Erdasphäre vollzähliger versammelt als je die »psychoanalytischen«. Selbst seine Erkenntnistheorie, die Lehre von den vegetabilisch treibenden Bildern als dem Gegensatz zum spontan vollzogenen Gedanken, ist im Siegfried rudimentär enthalten: der Schlaf der Wala heißt »sinnend«, und sie sagt von sich selber: »Mein Schlaf ist Träumen, mein Träumen Sinnen, mein Sinnen Walten des Wissens.« Wie bei Klages bedeutet die Entmächtigung der Erde das metaphysische Unheil: »Wirr wird mir's seit ich erwacht: wild und kraus kreis't die Welt!« Der Geist, der gegen das blinde Schicksal handelt, wird als dämonischer Widersacher der Seele gescholten: die Weltesche ist vom Gott, der den Speer daraus schnitt, tödlich verletzt. Wagner beginnt bereits, den Schopenhauerschen metaphysischen Willen in die handlichere Lehre vom kollektiven Unbewußten umzusetzen. Daraus wird schließlich die Volksseele, in der die vom selbstherrlichen Individuum entlehnte Brutalität mit der Macht der amorphen, vom Gedanken an die antagonistische Gesellschaft sorglich ferngehaltenen Masse expansiv sich verbindet. Konsequent geht die Wagnersche Mythologie über in die Wilhelminische Bilderwelt: das Hupensignal des Kaisers war eine Simplifizierung des Donnermotivs aus dem Ring.

Unmöglich, die Beziehung der Wagnerschen Mythologie zu jener Bilderwelt insgesamt zu verkennen, zur eklektischen Architektur falscher Ritterburgen, zu den aggressiven Traummodellen des neudeutschen Aufschwungs, deren Bereich von den bayerischen Königsschlössern bis zum Namen des Berliner Restaurants Rheingold sich erstreckt. Aber die Frage nach der Echtheit führt hier so wenig weiter wie sonstwo. Wie die Übergewalt des hochkapitalistischen Systems vorm kollektiven Bewußtsein zu Mythen sich auftürmt, so trägt zugleich die mythische Region, in welche das moderne Bewußtsein Schutz suchend hinabflüchtet, dessen eigene Spur: was subjektiv Wunschtraum war, ist objektiv Angsttraum. So läßt sich wohl sagen, das Unechte der Bilderwelt, die Entstellung der Mythen durch Nachgeborene, die in ihnen sich wiederfinden und spiegeln, sei auch ihre Wahrheit. Verwandt ist das Subjekt, angesichts der überhöhten Dingwelt, die auf es fremd, unansprechbar ihre Schatten wirft, dem mythischen in der Gebärde des Verstummens. Die aber ist für Wagner, bei aller Redseligkeit und vielleicht gerade um ihretwillen, konstitutiv. Newman hat auf die Beziehung zwischen der Dichtung des Rings und dem »Vorschlag zu einer Oper« aus den »Kritischen Gängen« F. Th. Vischers aufmerksam gemacht4. Der Ästhetiker postulierte eine Nibelungenoper mit der Begründung, der Nibelungenmythos, dem er romantisch alle Substantialität des deutschen Volkscharakters zuschreibt, widerstrebe dem gesprochenen Drama um der Wortkargheit seiner Figuren willen. Diese Stummheit könne zugleich erhalten und gelöst werden durch Musik. Nimmt man den Ring als Ausführung des Vischerschen Vorschlags – nach Newman darf es für sicher gelten, daß Wagner ihn kannte –, so hat er eher Musik in die mythische Stummheit hineingezogen als diese gebrochen. Die »geleitende« Funktion der Musik der Tetralogie ist nicht bloß Stilprinzip, sondern notwendig um der dramatischen Personen selbst willen. Als Repräsentanten der Idee sind sie zu leer, um eigentlich über »Ausdruck« zu verfügen, und dieser hält nicht umsonst vielfach mit einem Reservoir typischer Charaktere aus dem Fundus haus. Der Komponist entlastet gleichsam seine Figuren von der Verpflichtung, selbst Subjekte, selbst eigentlich beseelt zu sein: sie singen nicht, sondern rezitieren ihre Rollen. Zappelnde Marionetten in der Hand des Weltgeist-Regisseurs, der sie technologisch verwaltet, nähern sie sich dem gegenständlich Unbeseelten des Nibelungenliedes, wo der geleitende Gestus des Erzählers gegenüber den dargestellten Menschen den Vordergrund behauptet. Ausdruck und Beseeltheit sind wohl überhaupt nicht vom selben Schlag, und manchmal scheint es, als wolle der sich selbst setzende, in sich reflektierte Ausdruck durch Nachahmung nochmals herbeiziehen, was an sich schon verschwand. Das Wagnersche Espressivo nimmt den Helden ab, wessen sie bereits so wenig fähig sind wie später die Figuren auf der Leinwand; »der Dichter spricht«, weil das Schicksal ihnen die Rede verschlägt. Eben dadurch aber, Parteigänger des Schicksalsvollzugs, der über Ohnmächtige verhängt ist, verzichtet Musik auf jene tiefste Kritik, die ihr seit Erfindung der Opernform, während der gesamten Epoche des bürgerlichen Aufstiegs innewohnte: die am Mythos. Falsche Identifikation ist sie letztlich als Identifikation mit diesem. Auf Wagners musikalischem Theater ist die Figur des Orpheus unvorstellbar, so wie in seiner Nibelungenversion kein Raum bleibt für Volker, während die Szene des Epos, in der der Spielmann die Burgunden in den Schlaf ihrer letzten Nacht geigt, mehr als jede andere Musik hätte entbinden müssen. Die wahre Idee der Oper, die des Trostes, vor dem die Pforten der Unterwelt sich öffnen, ist verlorengegangen. Wo Wagners Formgefühl solchen Trost, die Zäsur im bloßen Ablauf konzipiert, wie in dem mit einem neuen Thema anhebenden Quintett des dritten Aktes der Meistersinger, versiegt rätselhaft die Gestaltungskraft; nach wenigen Takten zart leuchtender Schönheit fällt das Stück auf den motivischen Vorrat des Preisliedes zurück, entfaltet sich nicht aus dem neuen Gedanken und schließt sich nur scheinbar zur Form zusammen: ohnmächtige, darum freilich um so ergreifendere Regung. Sonst aber fährt die Musik der Handlung bloß nach, ohne sie zu übersteigen. Die Musikdramen sind in der Tat keine Opern; das hieratische Moment, das der Form von je eignete und etwa im Fidelio zum Ritual der bürgerlichen Freiheit gesteigert sich findet, bleibt allein übrig, und die Ausdrücke Bühnenfestspiel und Bühnenweihfestspiel zeigen Wagners eigenes Wissen davon an. Gerade indem die Opern durch »Weihe« aus der Spannung herausgelöst werden und sich als wiederholbare Kulthandlungen gebärden, überantworten sie sich der reinen Immanenz ihres Ablaufs und merzen aus, was anders wäre, die Freiheit. Nirgends ist Wagner mythischer und heidnischer als in der Weihe, dem vergeblichen Rückgriff aufs Mysterienspiel. Daß Musik und Wort bei Wagner das gleiche meinen, ist danach auszulegen. Mit erstaunlicher Einsicht hat Vischer von seinem Programm einer mythischen Oper Beethoven als »zu symphonisch« ausgenommen: wie vor dem Charakter des »O Hoffnung, laß den letzten Stern« aller Mythos zunichte wird, wie jeder Takt Beethovens den Naturzusammenhang transzendiert, aus dem er entspringt und dem er sich versöhnt, so ist allgemein die symphonische Form, das von Schönberg »entwickelnde Variation« genannte Prinzip, das schlechthin anitmythologische. Bei Wagner aber wird unversöhnlich Natur beherrscht, und darum hat ihr eigenes Verdikt das letzte Wort. Der innerste Kern seiner Musik, trotz aller Beteuerungen der theoretischen Schriften, ist so wenig symphonisch wie seine Motivarbeit: der Schlüssel jeglichen Gehaltes von Kunst liegt in ihrer Technik.

Wagners Dichtung reflektiert die veränderte Stellung der Musik zum Gehalt scharf in ihrem Verhältnis zum Märchen. Dieses fällt dem Mythos anheim. Die Texte sind voll von Märchenzügen wie jenem, daß das Wirkliche aus dem Bilde – der Holländer – oder aus der Erzählung – Lohengrin und der Siegfried des ersten Aktes Götterdämmerung – hervortritt. Man begegnet dem bei Grimm etwa im »Räuberbräutigam« wieder. Das Sprengen des bilderhaften Scheins ist nichts anderes als die Suspension der mythischen Immanenz. So stark sind solche Impulse, daß sie im Lohengrin den dramaturgischen Plan durchkreuzen; das Werk ist mit dem ersten Akt ähnlich »fertig« wie der Holländer im Augenblick der Begegnung des Helden mit Senta, und der zweite nicht Konsequenz aus dem phantasmagorisch einstehenden ersten, sondern epische Fortspinnung. Die Dramaturgie des reifen Wagner operiert durchwegs mit einer Art von »epischem Theater«. Mit dem Verzicht auf die Opposition der Musik gegen die Mythen ist vorweg jede tragische Idee geopfert. Der Determinismus von Form und Handlung kennt Konflikte nur als Schein, als Selbsttäuschung befangener Figuren. Eben darum vermag der musikalische Fluß alles, was geschieht, unterschiedslos aufzusaugen. Darin zumal sind die Texte mit der musikalischen Organisation eines Sinnes. Der ist aber der Triumph des Mythos übers Märchen. Er wird an der Geschichte des Stoffmotivs von dem, der das Fürchten nicht kennt, eklatant. Newman berichtet5, daß Wagner in den revolutionären Dresdner Tagen den reinen Grimmschen Märchenstoff habe komponieren wollen. Plötzlich habe er dann dessen Helden mit dem mythischen Siegfried zusammengeworfen6. Das Märchenelement bereitete Wagner die größten Schwierigkeiten, vor allem bei der Konstruktion des Rings; sie konnten in drei Fassungen des ersten Siegfriedaktes nicht bewältigt werden und haben ihren Niederschlag gefunden in gewissen unverständlichen Wendungen der endgültigen7. Es handelt sich dramaturgisch darum, daß Siegfrieds furchtlose Spontaneität – der Furchtlose ist der, über den der Bann des Vaters wie der natürlichen Generationsordnung keine Macht hat – in Berechnung und Plan Mimes nicht sich einfügt. Die Konstruktion kann nicht darüber ins reine kommen, ob Mime, das dummschlaue Werkzeug des Schicksals, nun Furcht oder Furchtlosigkeit Siegfrieds wünschen und nutzen soll. Die Märchentranszendenz dessen, was nach Wotans Wort »anders ist« und nicht das Immergleiche, weigert sich der Integration in den natürlich-gesellschaftlichen Zusammenhang. Nur an einem blinden Fleck kann es eingeschmuggelt werden. Dieser findet sich im ersten Akt des Siegfried: die schwach motivierte, zugleich unsicher und überspielt ausgeführte Angstvision Mimes. Die Rückbildung des Märchens in den Mythos hinterläßt in diesem Traumata, Narben, die den vereitelten Durchbruch bezeugen.

In der Preisgabe des Märchens ans von je schon Gewesene bemächtigt vollends der bürgerliche Charakter sich des Wagnerschen Werkes. Mythos wird zur Mythologisierung; die Gewalt des bloß Seienden zu dessen Legitimation. Man mag die Konstellation von Bürgerlichkeit und Mythos am deutlichsten im Lohengrin erkennen, wo die Etablierung der jedem profanen Zugriff entzogenen Sakralsphäre unmittelbar mit der Verklärung undurchschauter bürgerlicher Verhältnisse zusammenfällt. Im authentischen Geiste der Ideologie wird die Unterworfenheit der Frau in der Ehe als Demut, als Leistung der reinen Liebe bemäntelt. Die Unverständlichkeit des männlichen Berufslebens für die private weibliche Erfahrung, von der es strikt ferngehalten wird, erscheint als Mysterium. Der Schwanenritter spendet Glanz, wo der Ehemann bloß Geld gewährt; schon der Holländer ist eine gute Partie. Weiblicher Masochismus verzaubert die Gattenbrutalität des »Das geht dich nichts an« in das innige »Nie, Herr, soll mir die Frage kommen«. Herrenlaunen, Befehlsgewalt, vor allem aber die von Wagner bewußt kritisierte Arbeitsteilung sind unbewußt bestätigt; der Mann, der draußen für den Lebensunterhalt »kämpft«, wird zum Heros, so wie ungezählte Damen nach Wagner ihren Gatten sich zum Lohengrin zurechtstilisiert haben mögen. Im Verlauf der Handlung wird Elsa solcher Idealität unterworfen, und von ihrer Vision bleibt nichts übrig. Sie rebelliert ursprünglich gegen die ihr uneinsichtige Pflicht des männlichen Berufslebens, die in pathetischen Formeln wie »Schon sendet nach dem Säumigen der Gral« fatal mitschwingt. Dafür wird sie bestraft und will es auch selber nicht anders: »daß du mich strafest liege ich vor dir«. Der Rest unbeherrschter Natur, der im weiblichen Protest sich meldet, wird gebrochen im Namen eben des Wunderbaren, an dem die weibliche Natur entflammt, und daran erweist sich das Wunderbare selber als Lüge. So mündet die Wagnersche Mythologie in Konformismus. Mit Grund setzt gerade hier aller Spott der Abwehr an. Bestärkt die Mythologie die Bürgerlichkeit, so überführt diese den mythologischen Anspruch der Absurdität. Wagner hatte sich auf die Idiosynkrasie als letzte Instanz berufen, wo er verdammte. Nun ereilt ihn, in den eigenen Zügen des privat Zufälligen, Trivialen oder Infantilen, das Schicksal, selber Idiosynkrasie zu provozieren. Das Brautgemach zählt zu jenen Intimitäten, auf die, wenn nicht Lachen so Ekel antwortet. Vom Schlage unverschämten Sichgehenlassens, des Komplements bürgerlicher Selbstdisziplin, sind vollends die albernen Naturlaute der Rheintöchter und Walküren, Hans Sachsens »Oho! Trallalei! O he«, Figuren der »brünstigen« Sexualität wie Brünnhildens Selbstapostrophierung als »wild wüthendes Weib« oder Verse wie »Eine zierliche Fresse zeig'st du mir da, lachende Zähne im Leckermaul« und nicht zuletzt Sachsens »Auf, nach der Wies', schnell auf die Fuß'«. Der Affekt, der solchen Stellen antwortet, ist der der Scham für den Bürger, der es nicht mehr ist. Von da ist der Weg nicht weit zu jener Geschwätzigkeit und Selbstbewunderung, die allenthalben das Werk Wagners beeinträchtigt. Der Demagog redet die Gefolgschaft tot, und ihm tut es die unendliche Melodie nach. Solche Züge sind mit den Intimitäten verschmolzen; Wotan, selbst Gurnemanz benehmen sich »gemütlich«. Mit familiärer Umständlichkeit werden alle längst bekannten Geheimnisse enthüllt; Siegmund bekennt pathetisch, Wälse sei sein Vater, nachdem er ihn vorher als solchen angerufen hat; die Ähnlichkeit zwischen Siegmund und Sieglinde wird von Hunding sogleich bemerkt, und dennoch soll später die Offenbarung des Geschwisterverhältnisses ihren großen Effekt machen. All das sucht sich zu rechtfertigen mit der Vorstellung, daß fürs primitive Denken ein Tatbestand nur kraft seines Namens zum wirklichen werde. In Wahrheit jedoch bringt Wagners eigene Gemütlichkeit sich selber ein Prosit dar, und sächsisch sind ihre Urlaute. Man ist mit sich zufrieden. Fehlt dem Musikdrama das erlösende Wort, so rufen dafür seine Gestalten unablässig sich selbst als erlöste an; nicht bloß Elisabeth möchte »rein und engelgleich« sterben, noch Eva unterstellt in ihrem Dank an Sachs: »Durch dich nur dacht' ich edel, frei und kühn.« Nicht umsonst nimmt die Gestik des berühmtesten erotischen Künstlers der bürgerlichen Welt sich auf sich selber zurück: sie ist narzißtisch. Der Kult des Gewesenen und der des Individuums überlagern sich in Wagners Beschwörung der Mythologie. Dafür steht ein der Ring des Nibelungen.

 
Gesammelte Werke
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