Frauen frieren schneller als Männer
Stimmt. Das kann fast jeder aus Erfahrung bestätigen. Zum Beispiel fügen Hersteller von Outdoor-Schlafsäcken ihren Temperaturtauglichkeitsangaben gern Sätze hinzu wie «Frauen frieren durchschnittlich 5 Grad früher als Männer».
Aber wieso? Es hat weder mit einer anderen Körpertemperatur zu tun noch mit «den Hormonen», wie manchmal gesagt wird. Zwei einfache Gründe lassen den durchschnittlichen Frauenkörper schneller frieren: Erstens sind Frauen meist kleiner als Männer. Betrachten wir die Frau, grob vereinfacht, als maßstabsgerecht verkleinerten Männerkörper: Das Verhältnis von Körperoberfläche zu Körpervolumen ist ungünstiger – ein kleiner Körper strahlt verhältnismäßig mehr Wärme ab als ein großer, wie man zum Beispiel auch bei großen und kleinen Kartoffeln sehen kann. Das ist gut bei Hitze, aber schlecht bei Kälte. Zweitens ist bei Frauen (wiederum im Durchschnitt!) der Anteil der Muskelmasse am Körper kleiner als bei Männern und der Fettanteil größer. Die Muskeln sind aber das am besten durchblutete Gewebe und sozusagen unsere innere Heizung.
Dass diese beiden Faktoren wichtig für das Fröstelverhalten sind, bestätigt auch eine Studie, die kanadische Forscher im Jahr 2000 im Journal of Applied Physiology veröffentlichten: 11 Frauen und 14 Männer wurden 90 Minuten lang bis zum Hals in ein Becken mit 18 Grad kaltem Wasser eingetaucht – beziehungsweise so lange, bis sie es nicht mehr aushielten. Sie waren mit einem rektalen Fieberthermometer ausgerüstet, außerdem wurde über den Atem ihr Metabolismus gemessen. Ergebnis: Die Frauen kühlten schneller ab als die Männer und produzierten weniger Wärme im Verlauf des Versuchs. Wenn man allerdings die Körperoberfläche und den Körperfettanteil berücksichtigte, dann verschwand der Geschlechtsunterschied.
Es handelt sich also keineswegs um hysterisches Gejammer, sondern es ist objektiv begründbar, warum Frauen (und kleine dicke Männer) schneller frieren. Der Gentleman macht sich also nicht darüber lustig, sondern dreht die Heizung höher oder legt der Dame seinen wärmenden Mantel über die Schultern.