Stimmt nicht. Dass angeblich jeder wildfremden Menschen gestatten muss, seine Toilette zu benutzen, hört man von juristischen Laien immer wieder. Schon mit ein bisschen Nachdenken kann man aber einsehen, wie bedenklich eine solche Vorschrift wäre; schließlich lässt sich der vermeintliche Drang des Bittstellers nicht überprüfen, und damit stünde potenziellen Übeltätern, die etwas ganz anderes umtreibt als das besagte Bedürfnis, jede Wohnung offen.
Der einzige Paragraph, aus dem sich ein solches Recht eventuell ableiten ließe, ist der Paragraph 323 c des Strafgesetzbuches: Wer «bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten» ist, der macht sich strafbar. Aber, wie der Autor und Anwalt Ralf Höcker in seinem «Neuen Lexikon der Rechtsirrtümer» schreibt: «Eine Notdurft macht noch keinen Notfall.»
Höcker schildert dann auch die Möglichkeiten, wie der Betreffende sich erleichtern kann, ohne eine fremde Wohnung zu betreten – aber das müssen wir hier nicht weiter ausführen. Es geht jedenfalls. «Die Wohnung ist unverletzlich», heißt es lapidar in Artikel 13 Absatz 1 des Grundgesetzes, und deshalb müssen schon sehr schwerwiegende Umstände vorliegen, damit dieses Grundrecht hinter einem anderen zurückzustehen hat. Wenn zum Beispiel jemand vor der Tür steht, der durch einen Unfall oder eine Schlägerei verletzt ist, dann muss man helfen, gegebenenfalls auch dadurch, dass man den Verletzten in die Wohnung lässt (wenn man sich dadurch nicht selbst in Gefahr bringt, etwa weil die Verfolger gleich mit eindringen). Und man muss dann auch in Kauf nehmen, dass der Flokati eventuell ein paar Blutflecken abbekommt.