Stimmt nicht. Die sogenannte Kraft der Gedanken wird häufig mit dem Beispiel eines Mannes belegt, der ungewollt in einer Kühlkammer eingeschlossen war. Am nächsten Morgen wurde er erfroren aufgefunden – mit allen Symptomen eines Erfrierungstodes. Allerdings war die Kühlkammer gar nicht eingeschaltet. Der Arme soll also an der Überzeugung gestorben sein, er werde in der Kammer erfrieren. Fast immer wird die Geschichte noch mit einem Zettel ausgeschmückt, der neben der Leiche gefunden wurde und auf dem das Opfer in zittriger Schrift schildert, wie seine Finger langsam steif werden. Es gibt auch Varianten: etwa die Legende von dem Mann, der in einer scheinbar luftdichten, in Wahrheit aber gut belüfteten Kammer erstickt.
Das sind alles schöne Geschichten, die tatsächlich die Macht der Einbildungskraft beweisen würden – wenn sie denn stimmten. Aber sie tragen alle Merkmale der «urbanen Legenden»: Viele Leute erzählen sie, aber niemals aus erster Hand, immer hat man es von jemandem gehört, der jemanden kannte, dem das passiert ist. Es fehlen handfeste Orts- und Zeitangaben, die man zur Grundlage einer Recherche nehmen könnte. Belege wie etwa Zeitungsberichte gibt es nicht. Deshalb muss das Urteil lauten: wunderschön ausgedacht.
Eine andere Frage ist, ob es generell möglich ist, dass Menschen aufgrund einer eingebildeten Gefahr sterben, etwa durch einen Herzstillstand, oder auch weil sie ein Tabu übertreten haben. Es gibt solche Geschichten in der älteren psychologischen Literatur, zum Beispiel bei Freud. Dass Menschen, die ohnehin ein schwaches Herz haben, durch eine eingebildete Gefahr so in Panik geraten, dass sie tatsächlich einen Herzanfall erleiden – das ist vorstellbar. Aber für Todesfälle durch Symptome, die der physikalischen Realität widersprechen, fehlt jeglicher Beweis.