Auf dem Mount Everest kann man kein Ei kochen
Stimmt nicht. Auf dem Mount Everest siedet das Wasser bereits bei etwa 70 Grad. Das ist ein rein physikalisches Phänomen: Weil der Luftdruck dort oben geringer ist als auf Meereshöhe (nämlich nur etwa 0,3 Bar), brauchen die Wassermoleküle nicht so viel «Schwung», um in die Luft zu entweichen. Das bedeutet: Der Siedepunkt ist geringer.
Das Gerinnen des Eiklars (und auch des Eigelbs) dagegen ist ein chemisches Phänomen, nämlich die sogenannte Denaturierung und Gerinnung der langen Eiweißketten. Und diese Reaktion ist kaum vom Druck abhängig – beim Eierkochen auf dem Mount Everest passiert also nichts anderes, als wenn man zu Hause das Eierwasser nur auf 70 Grad erhitzt.
Ein Experte für das, was mit Eiweiß unter unterschiedlichem Druck geschieht, ist Horst Ludwig vom Institut für Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie der Universität Heidelberg. «Bei 70 Grad wird Eiklar zwar fest, aber wesentlich langsamer», sagt Ludwig. «Dieser Vorgang dürfte die Geduld eines Bergsteigers auf dem Mount Everest überfordern. Nach einer Stunde erhält er ein sehr, sehr weich gekochtes Ei. Nach anderthalb Stunden wird das Eiklar einem weichgekochten Ei vergleichbar, das Eigelb ist vergleichsweise fester.» So richtig hart wird das Ei wahrscheinlich nie.
Dass Eier auch bei Temperaturen unter 100 Grad gerinnen können, zeigt der Bericht eines Lesers aus der Frühzeit des Autofahrens. Er transportierte damals 24 frische Eier über die Autobahn, platziert auf dem Boden seines Beifahrersitzes. Die Heizung seines Käfers ließ sich nicht ausschalten, und so fuhr er mit offenem Schiebedach. Nach dreieinhalbstündiger Fahrt waren die Eier direkt am Luftauslass hartgekocht.