Stimmt nicht. Ein beliebtes Argument gegen die Einführung von «plebiszitären Elementen», also von direkten Volksabstimmungen in Deutschland, lautet: Dann hätten wir sofort wieder die Todesstrafe! Das Volk ließe sich von niederen Emotionen wie der Rachsucht treiben, im Gegensatz zu den rational operierenden Volksvertretern.
Während man durchaus gegen Volksentscheide argumentieren kann und das Volk in einigen Fragen wohl tatsächlich anders abstimmen würde als seine Vertreter, zum Beispiel über Abgeordnetendiäten – die Frage der Todesstrafe ist heute kein gutes Argument mehr gegen den Plebiszit. Unter dem Eindruck des RAF-Terrors ermittelte der Stern noch 1977 eine Mehrheit von 67 Prozent für die Todesstrafe, aber in den letzten Jahren waren in Umfragen stets die meisten Deutschen dagegen. Sie ließen sich in ihrer Überzeugung auch nicht durch Berichte über besonders verachtenswürdige Verbrecher erschüttern und blieben zum Beispiel fest, als Saddam Hussein hingerichtet wurde: Eine breite Mehrheit von 76 Prozent sprach sich im Januar 2007 in einer Spiegel-Umfrage prinzipiell gegen die Todesstrafe aus. Auf die Frage nach der angemessenen Strafe für den brutalen Diktator selbst hielten noch 49 Prozent dessen Hinrichtung für ungerechtfertigt (46 Prozent fanden sie richtig).
Ein ähnliches Ergebnis brachte im selben Monat eine Umfrage des Kölner Stadt-Anzeigers im Zusammenhang mit der Begnadigung von RAF-Terroristen – 70 Prozent waren gegen die Todesstrafe, 22 Prozent (im Osten: 31 Prozent) sprachen sich dafür aus. Man kann also davon ausgehen, dass die Ächtung der Hinrichtung inzwischen bei uns eine breite Mehrheit hat. Von den Meinungsforschungsinstituten wird die Frage in Umfragen schon gar nicht mehr routinemäßig gestellt.