Stimmt. Es klingt unglaublich, aber bis vor einigen Jahren musste der deutsche Verbraucher tatsächlich befürchten, dass sein knuspriges Frühstücksbrötchen Stoffe enthielt, die aus asiatischem Menschenhaar gewonnen wurden (wenn auch nicht, wie eine Boulevardzeitung das einmal überhöhte, aus den «Schamhaaren thailändischer Prostituierter»). Genauer gesagt, geht es um das sogenannte Cystein, eine Aminosäure, die den Teig geschmeidiger macht – es hat also nichts mit dem Aroma zu tun, wie manchmal behauptet wird. Cystein kann man aus Tier- und Menschenhaaren gewinnen, und die Importhaare aus Indien oder China waren eben billiger als heimische Ware. Auf 100 Kilogramm Mehl gibt man etwa ein Gramm der Substanz.
Chemisch ist dagegen nichts einzuwenden. Cystein kann man auf natürliche und synthetische Weise herstellen, es ist immer der gleiche Stoff. Aber unappetitlich klingt es schon – man will ja auch kein Wasser trinken, das aus Urin destilliert wurde, auch wenn es chemisch rein ist (um ein drastisches Beispiel zu nennen). Als die Sache mit den Haaren bekannt wurde, verpflichteten sich daher die deutschen Backmittelhersteller, auf den Import von Menschenhaar zu verzichten.
Ganz sicher können die europäischen Brot-, Brötchen- und Keksesser seit dem 1. April 2001 sein. Da trat nämlich eine EU-Richtlinie in Kraft, in der es zum Cystein ausdrücklich heißt: «Menschliches Haar darf nicht als Ausgangsmaterial für diese Substanz verwendet werden.» Jetzt kann die Backzutat allenfalls noch aus Schweineborsten stammen.