Wenn man in Sekt badet, wird man betrunken
Stimmt nicht. In Sekt zu baden ist doch eher ein ausgefallener Freizeitspaß. Die Physiologen, die ich zunächst befragt habe, antworteten denn auch, es gebe erstaunlich wenige wissenschaftliche Untersuchungen darüber, wie wir Alkohol durch die Haut aufnehmen. Sie konnten sich aber vorstellen, dass man auf diese Weise betrunken wird, weil Ethanol, der Alkohol im Sekt, als eher kleines Molekül auch die meisten Membranen ohne Probleme passiert, etwa die Haut. Besonders durchlässig ist die Haut zwischen den Zehen und im Intimbereich.
Dann aber meldete sich der Rechtsmediziner Achim Schäfer bei mir, und dem war das Phänomen schon des Öfteren untergekommen – nicht das Sektbad, aber eine angebliche Resorption von Alkohol durch die Haut. Vor Gericht würden Alkoholtäter oft behaupten, sie hätten den in ihrem Blut nachgewiesenen Alkohol nicht wissentlich getrunken, sondern irgendwie unbemerkt und damit schuldlos durch die Haut aufgenommen, etwa weil sie aus medizinischen Gründen Umschläge mit alkoholgetränkten Tüchern gemacht oder eine großflächige Hautdesinfektion mit Alkohollösung vorgenommen hätten. «Alle diese Fälle sind hinreichend erforscht, und es ist bekannt, dass man auf diese Weise keine Blutalkoholkonzentration von höher als etwa 0,1 Promille erreichen kann», schreibt Schäfer.
Zwar wirkt das Sektbad auf die gesamte Hautfläche, dafür ist aber auch die Konzentration des Alkohols viel geringer. Man kann also davon ausgehen, dass das Bad keinen allzu heftigen Rausch auslöst. Allenfalls könnte noch das Kohlendioxid, das sich über der Oberfläche konzentriert, benebelnd wirken.
Und Vorsicht ist bei Babys und Kleinkindern geboten: Italienische Ärzte berichteten 1991 in der Zeitschrift Pediatric Emergency Care über den Fall eines vier Wochen alten Babys, dessen Nabelschnurrest mit alkoholgetränkten Verbänden behandelt wurde. Die Eltern klagten darüber, dass das Mädchen lethargisch sei – tatsächlich war es wohl betrunken. Zum Glück war der Rausch nach kurzer Zeit vorbei.