Die Kinder von heute glauben, dass Kühe lila sind
Stimmt nicht. Die Legende geht zurück auf einen Schüler-Malwettbewerb, der Mitte der 90er Jahre in Bayern stattfand und an dem 40 000 Kinder teilnahmen. Als sie eine Kuh ausmalen sollten, wählten tatsächlich 30 Prozent der Schüler die Farbe Lila, offenbar in Anlehnung an die Werbung eines Schokoladenherstellers.
Aber was beweist das? Zunächst einmal nur, dass die Werbung offenbar wirkt. Aber glaubten diese Kinder wirklich, Kühe seien lila, oder fanden sie ihre Malerei einfach nur witzig? Diese Frage ist daraufhin tatsächlich wissenschaftlich untersucht worden. Soziologen von der Universität Marburg beschlossen 1997, das Naturbild von Kindern genauer zu untersuchen – in einer Studie mit dem bezeichnenden Titel «Lila Kuh». 2003 wurde die Erhebung noch einmal in einer kleineren Gruppe wiederholt.
Die Forscher kamen zu dem Schluss, dass mit dem Naturbild von Kindern und Jugendlichen tatsächlich einiges nicht in Ordnung ist – offenbar aufgrund mangelnder Erfahrung, aber auch wegen der Vorstellung, die ihnen ihre Eltern vorleben. Die Kinder idealisieren die Natur zu einer idyllischen, harmonischen Parallelwelt, in der der Mensch nichts verloren hat. Bäume zu pflanzen ist gut, Bäume zu fällen ist böse, und der Jäger ist sowieso ein Mörder.
«Bambi-Syndrom» nannten die Forscher das. Bezüglich der lila Kuh konnten sie allerdings Entwarnung geben – den Unterschied zwischen Werbung und Wirklichkeit sahen praktisch alle Kinder. Allerdings glaubten elf Prozent der Kinder 2003, dass Enten gelb seien – 1997 waren es noch sieben Prozent.