Wenn eine Wunde juckt, ist das ein Zeichen dafür, dass sie heilt
Stimmt meistens. Der Juckreiz gehört zu den weniger genialen Erfindungen der Natur. Ähnlich wie sein großer Bruder, der Schmerz, macht er uns zwar darauf aufmerksam, dass irgendwo auf unserer Haut Außergewöhnliches geschieht. Neben einer Wunde oder Narbe kann das zum Beispiel der Befall durch Parasiten sein. Wenn man dann aber anfängt zu kratzen (was vom Lustzentrum im Gehirn noch belohnt wird), verschlimmert man die Sache nur. Wir reißen Wunden wieder auf, infizieren sie möglicherweise noch mit Bakterien. Also, Finger weg!
Bei einer relativ frischen Verletzung ist Jucken ein Zeichen dafür, «dass Leben in der Wunde ist», sagt Joachim Dissemond, Dermatologe und Wundexperte an der Hautklinik der Universität Essen. Nach einer Verletzung gibt es rund um die Wunde eine Menge zu tun: Die Stelle muss abgeschottet werden gegen schädliche Erreger, neues Gewebe wird aufgebaut, koordiniert wird der Wiederaufbau von Botenstoffen wie dem Histamin. Auch eine lokale Entzündung, erkennbar an der Rötung der Haut, ist dabei durchaus positiv. Die Nervenzellen rund um die Verletzungsstelle bekommen die Aktivität mit und melden das als Juckreiz ans Gehirn. Also tatsächlich ein Zeichen dafür, dass die Heilung im Gange ist.
Kritisch wird es nur, wenn der Juckreiz lange anhält. Das könnte bedeuten, dass sich Komplikationen ergeben haben, zum Beispiel eine Infektion der Wunde. «Wenn der rote Bereich sich mehr als zwei Zentimeter um die Wunde ausbreitet, ist es Zeit, zum Arzt zu gehen», sagt Dissemond. Und ganz schlimm wird es, wenn die Wunde chronisch wird – dann kommt zu den Komplikationen der offenen Verletzung noch ein ständiger Juckreiz hinzu, der dann überhaupt kein gutes Zeichen mehr ist.