Stimmt nicht. Aber es ist erstaunlich viel. Meine Zahlen stammen aus dem Jahr 2003, stimmen aber wohl heute noch: Die Lufthansa schenkte 2003 etwa 1,2 Millionen Liter Tomatensaft an ihre Passagiere aus. Ein Teil davon wird im Ausland konsumiert, dafür schenken andere Fluggesellschaften Saft über deutschem Boden aus – nehmen wir also einfach mal diese Zahl als Wert für den deutschen Luftraum. Um den Verbrauch auf dem Boden zu berechnen, greifen wir auf eine Statistik des Verbandes der deutschen Fruchtsaftindustrie zurück: Demnach trank jeder Deutsche im selben Jahr durchschnittlich knapp einen Liter Gemüsesaft. Gehen wir davon aus, dass die Hälfte davon Tomatensaft ist, dann werden insgesamt etwa 40 Millionen Liter T-Saft getrunken. Also sind etwa drei Prozent davon über den Wolken ausgeschenkt worden. Das ist weit weniger als die Hälfte, aber sehr viel, wenn man bedenkt, wie wenig Zeit der Durchschnittsdeutsche im Flugzeug verbringt. Beim Orangensaft beträgt der «Luftanteil», auf dieselbe Weise von mir errechnet, nur etwa 0,4 Prozent!
Warum wird in der Luft so überdurchschnittlich viel Tomatensaft getrunken? Eine mögliche Erklärung: Im Flugzeug haben viele Leute ein flaues Gefühl im Magen, da greift man statt zum kalten Saft lieber zu dem bekömmlicheren Getränk. Im Frühjahr 2010 veröffentlichte die Aromachemikerin Andrea Burdack-Freitag vom Fraunhofer-Institut für Bauphysik in Holzkirchen eine Studie, der zufolge der Tomatensaft in der Luft einfach besser schmeckt: Bei Niederdruck – der Kabinendruck entspricht in etwa dem Luftdruck in 2000 Meter Höhe – schmeckte der Saft fruchtiger und süßer als am Boden. Die Fluggesellschaften berichten aber auch, dass das Verlangen nach dem roten Saft offenbar ansteckend ist – wenn einer mit Tomate anfängt, geht das wie eine Welle durch die ganze Kabine.