Kapitel 112
Innenstadt von Chicago
Marcianus stand stolz auf der hölzernen Plattform in der Mitte des Tempels. Um ihn herum hatten sich die Brüder aus allen Regionen der Welt versammelt. Da waren so viele verschiedene Gesichtszüge und Sprachen, so viele verschiedene Hautfarben und Körperbautypen. Der Tempel barg nun zahllose Vermächtnisse und Vorgeschichten, uralte und unterschiedlichste Geschlechtslinien.
All das ist entbehrlich, sinnierte der Große Anführer. Alle werden alsbald transzendiert sein. Der Geist wird freigesetzt werden. Wir werden eins sein.
Als er über die Menge blickte, fragte er sich einen Moment lang, ob sie wirklich bereit waren. Würden sie in der Lage sein, die anstehende Handlung durchzuführen – das Loslassen des Stofflichen willkommen zu heißen, das für die wahre Befreiung erforderlich war?
Als er ihre Mienen und die Erwartung in ihren Gesten betrachtete, wusste Marcianus, dass sie es waren. Er schaute zu, wie sie ihre Samtroben ausschüttelten und ihr anderes Gepäck in dem Lagerhaus auf verschiedene Haufen warfen. Weltliche Dinge waren nicht mehr nötig. Sie waren auf dem Weg hierher notwendig gewesen, um den Anschein einer ganz normalen Reise aufrechtzuerhalten. Aber nun, da sie hier waren, konnten die Brüder sie beiseite legen.
Alles, was die Mitglieder bei sich behielten, war ein kleiner Rucksack hier, ein Packsack da, eine übergroße Handtasche oder ein Aktenkoffer, in denen ihre Roben und Cingula locker zusammengefaltet lagen.
Und in ihren Händen die Worte der Freiheit. Die engsten Mitarbeiter von Marcianus verteilten gerade Fotokopien des Befreiungsgebets. Jedes Mitglied der Bruderschaft erhielt ein Blatt. Wir werden gemeinsam unsere Worte sprechen und in die Ewigkeit eingehen.
Er nahm die Originalübersetzung, die seine Männer in Kairo angefertigt hatten, in die Hand, faltete sie sorgfältig zusammen und ließ sie in seine Brusttasche gleiten. Er wollte sie dicht am Herzen haben.
Dann bückte er sich, legte einen Lautsprecher in seine Reisetasche und zog ihren Reißverschluss zu. Draußen schien die Sonne hell und strahlend.