Kapitel 88
Koptisches Museum, Kairo
Emily spürte, dass der Augenblick, um in Aktion zu treten, nahe war. Sie drehte sich zu Michael um, bohrte ihren Blick in seine Augen und teilte ihm mit aller Autorität, die sie aufbrachte, stumm mit: Gib mir die Waffe.
»Die Waffe?« Michael zögerte. Die Plastikpistole, die er aus dem Wagen mitgenommen hatte, war keine richtige Waffe. »Es ist nur eine Leuchtpistole, Emily.«
»Der Anschein reicht schon«, wisperte sie. »In dieser Dunkelheit wird es ihnen schwerfallen, einen Unterschied festzustellen.«
Ihre Bemerkungen glichen Michaels Überlegungen im Auto. Plötzlich wurde ihm klar, wohin das augenblickliche Szenario führen würde, und er nahm ihre Hände in die seinen. Sie kauerten hinter einer Vitrine, in der sich eine Landkarte befand, und waren zu dicht bei den Männern, um sich unnötiges Geflüster erlauben zu können. Dennoch musste er etwas tun, um Emily die in ihm aufflackernden Gefühle mitzuteilen. Er verstärkte den Druck seiner Hände um ihre Finger. Er sah ihr in die Augen und versuchte, ihr diese Mischung aus Liebe und Besorgnis zu übermitteln, die er empfand.
Emily wurde schwach. Sie liebte diesen Mann mehr, als sie jemals offen sagen könnte. Nicht nur, weil er der Mann war, dessen Gefühle ihre eigenen beflügelten, oder der Mann, der sie so offensichtlich zu beschützen versuchte, wenn er sie unterstützte und vorwärtstrieb. Doch in diesem Moment liebte sie ihn, weil er der Mann war, dessen Hände ihr die Leuchtpistole reichten. Er war genauso entschlossen wie sie.
Eine stillschweigende Verbundenheit. Und dann kam der Moment.
Emily packte die Leuchtpistole fester und verlagerte ihr Gewicht, um mit einem Blick um die Ecke ein letztes Mal die Lage sondieren zu können. Sie prägte sich die Position jedes einzelnen Mannes und jedes Objekts sowie jeden möglichen Weg für ihr Vorgehen fest ein. Dann holte sie tief Luft und schloss die Lider, um Klarheit zu gewinnen und Mut zu fassen.
Als sie die Augen wieder aufschlug, war sie bereits in Bewegung.