Kapitel 81

Kairo

»Bist du sicher, dass du in das weltweit größte Museum koptischer Antiquitäten einbrechen willst?«

Nach ihrer Autofahrt hatte Michael den Pajero am hinteren Ende des Hauptparkplatzes des Koptischen Museums abgestellt. Als er die Frage stellte, hatte er sich zu seiner Frau auf den extra breiten Beifahrersitz gesetzt.

Ihre Antwort war sehr bestimmt gewesen. »Dagegen kannst du doch keine Einwände haben. Mike, wir dürfen diese Leute nach all dem, was sie getan haben, nicht davonkommen lassen. Von dem, was sie vorhaben, ganz zu schweigen.«

Michael hatte keine weitere Bestätigung gebraucht. Kurz darauf hatten sie einige Dinge in ihre Taschen gestopft, die Handys ausgeschaltet und waren aus dem Auto gestiegen.

Die Türen des Haupteingangs ins Museum führten direkt in den Vorhof: ein zu gut einsehbarer Ort, wenn ihr Einbruch länger als ein paar Sekunden dauern würde, und keiner von ihnen besaß viel Erfahrung in dieser Art von Aktivität. Emilys Gefummel mit einer Haarklammer an einem billigen Paar Handschellen fünf Jahre zuvor in Istanbul war mit dem Haupteingang eines gesicherten Museums nicht zu vergleichen.

Die Seitentür war, anders als der Haupteingang, von zwei großen Bäumen geschützt, weshalb sich ihnen dort etwas Deckung bot. Als sie darauf zuschritten, steckte sich Michael die Leuchtpistole, die er aus dem Rucksack von Chris mitgenommen hatte, hinten in die Hosentasche. Dieses Signalwerkzeug und das Messer waren die einzigen Waffen, die ihnen zur Verfügung standen, und wenngleich die Leuchtpistole keine echte Handfeuerwaffe war, konnte sie doch einiges bewirken. Ob ihre Geschosse nun Kugeln waren oder nicht, Michael war der Ansicht, dass er von einer Leuchtpistole nur ungern in die Brust getroffen würde.

Sie näherten sich dem Seiteneingang schweigend und waren darauf bedacht, rasch die Bäume zu erreichen, die ihnen bei ihrem gewaltsamen Eindringen Sichtschutz geben würden. Als sie fast dort angekommen waren, fiel ihnen jedoch etwas völlig anderes auf. Sie würden keine Deckung brauchen. Die Tür stand bereits einen Spaltbreit offen, und frische Kratzer am Schloss verrieten, dass sich erst vor Kurzem jemand mit Gewalt Zutritt verschafft hatte.

»Wir sind heute Morgen nicht die Ersten«, stellte Emily fest, ihre Stimme war mit einem Mal leiser. Sie deutete auf die Tür. »Sie sind schon drin.«

Doch es gab kein Zurück. Emily zog sanft an der Tür und sah zu, wie diese leicht und geräuschlos aufschwang. Sie trat einen Schritt vor, ging durch die Tür und in den dunklen Flur dahinter. Michael holte tief Luft und folgte ihr. Zwei Schritte und ein Ziehen am Griff, und die Tür war hinter ihnen geschlossen. Emily und Michael befanden sich im Inneren des Koptischen Museums von Kairo.

Sie hielten sich unwillkürlich an Chris’ Ratschlag in der Höhle und blieben beide einen Augenblick lang stehen, damit sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnen konnten. Erst als die Umrisse von Sarkophagen, mit Gravuren verzierten Säulen und der Vitrinen deutlich zu erkennen waren, griff Michael zu seiner kleinen Taschenlampe.

»Nein«, flüsterte Emily und packte ihn am Handgelenk, bevor er die Lampe einschalten konnte. Da Bells Gruppe schon da war, würde sie selbst der kleinste Lichtschein verraten können. »Wir finden uns im Dunkeln zurecht.«

Michael nickte wortlos und stopfte die Taschenlampe in die Tasche. Er schloss die Augen und rief sich den Grundriss des Museums ins Gedächtnis. Im Zuge seiner Forschungen – genauer gesagt, zum Studium der Nag-Hammadi-Codizes – war er schon zwei Mal hier gewesen. Sein Erinnerungsvermögen kam bei Weitem nicht an das fast eidetische Gedächtnis von Emily heran, doch er hatte noch eine ziemlich gute Vorstellung davon, wie es im Innern dieses Gebäudes aussah.

»Die Codizes befinden sich oben im Saal 10. Die Treppe müsste etwa zwei Räume weiter in dieser Richtung sein.« Er zeigte nach links.

Geduckt setzte Emily sich in Bewegung, Michael blieb nur wenige Schritte hinter ihr. Obwohl keiner von ihnen so recht wusste, was sie machen würden, wenn sie erst einmal bei dem Ausstellungsraum angekommen waren, wussten sie doch genau, wohin sie gingen.

Der verborgene Schlüssel
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