Kapitel 25
Residenz des Erzbischofs, Washington, D.C.
Kardinal O’Dowd, noch im Ornat für die Messe, die er früher am Morgen gefeiert hatte, fuhr mit dem Finger über die kirschrote Biese, die seinen Überwurf säumte. Vor ihm lag die offizielle Einladung, die er acht Wochen zuvor vom Gouverneur von Illinois erhalten hatte. Er hatte die Antwort lange vor sich hergeschoben, seine Abscheu für derartige Veranstaltungen war beinahe körperlich spürbar. Wie er diesen nutzlosen Pomp hasste – ebenso wie die frivolen Gespräche, die da geführt wurden, als wären die Worte wirklich von Bedeutung. Die Vorspiegelung einer Einheit, wo es de facto gar keine gab, wo sie auch kaum gewünscht war. Bei derartigen Ereignissen wurde mit allem Pomp der Religion geprotzt, aber in Wahrheit war das nichts anderes als politisches Theater, gedacht als Verbeugung vor der wankelmütigen Meinung der Öffentlichkeit.
Doch sein Fehlen hätte Konsequenzen, und eine gewisse Verleugnung der persönlichen Neigungen brachte sein Amt nun einmal mit sich.
»Mary!«, bellte er durch die holzgetäfelte Bürotür zu dem kleinen Schreibtisch, hinter dem seine noch kleinere Assistentin saß. »Rufen Sie den Gouverneur von Illinois an. Sagen Sie ihm, ich hätte in letzter Minute noch ein Zeitfenster im Terminkalender gefunden. Ich werde an seiner Prozession doch teilnehmen können.«