Kapitel 53
Chicago
Der Lampenschein, in dem Walter alias Cerinthus arbeitete, war schwach, aber er reichte aus. Der Keller mit dem Arbeitsraum war ein normal hohes Untergeschoss, in das kein bisschen Tageslicht eindrang. Nur eine einzelne Arbeitslampe hing von der Decke herab und verbreitete ihr Licht direkt auf den vollgestellten Tisch.
Die örtliche Versammlung war bereit. Jene, die an diesem Morgen im Tempel gewesen waren, hatten ihre Aufregung nicht zu bezähmen vermocht. Selbst jetzt – viele Stunden später – klangen ihre erwartungsvollen Schreie Cerinthus immer noch in den Ohren.
Inzwischen würde der Große Anführer seine Hände um den wertvollen Schlüssel legen und ihn schnellstens zu den Texten bringen, um sie damit aufzusperren. Es war bereits ein Signal an die Brüder in jeder Ortschaft ergangen – das Rufzeichen, das die Erleuchteten dieser Welt, die ganze Bruderschaft, endlich zusammenziehen würde. Waren schon einige hier? Hatte die Versammlung etwa schon begonnen?
Er blickte hinab auf das mit eigenen Händen vollbrachte Werk. Er durfte sich nicht von der Grandiosität der Ereignisse ablenken lassen, während der Apparat, der seine Hauptaufgabe war, sich der Vollendung näherte. Die Komponenten dafür waren aus allen Ecken der Welt beschafft und heimlich nach Chicago gebracht worden, damit er sie zusammenbauen konnte. Mit all den Phiolen und Bestandteilen, die da vor ihm standen, kam er sich ein bisschen wie der verrückte Wissenschaftler in seinem Labor vor, doch an ihm war nichts Verrücktes. Cerinthus war geistig so gesund wie alle anderen, die jemals gelebt hatten. Vielleicht sogar gesünder als die meisten, denn er kannte, im Gegensatz zu vielen, seine Mission und Rolle in der Welt. Und er wusste, was kommen würde, und dass dies für seine Brüder eine Überraschung wäre, die jeder frommen Erwartung widersprach.
Er holte eines der Gefäße aus einer Kiste zu seiner Linken. Während viele von ihnen Pulver enthielten, barg dieses eine Flüssigkeit. Cerinthus zog seine Handschuhe über und zurrte die Schnüre seiner Maske fest. Dann entkorkte er die Flasche und hielt sie über einen Trichter, der über einem fünfundzwanzig Zentimeter hohen Glasröhrchen mit nur dreizehn Millimetern Durchmesser hing. Insgesamt würden es fünfundzwanzig derartige Phiolen sein. Drei, so hatten ihre Naturwissenschaftler entschieden, würden diese Flüssigkeit enthalten.
Er goss sie langsam und vorsichtig um und beobachtete, wie der Pegel in der Phiole stieg.