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Glück gehabt, nichts als Glück, wie so oft. Hatten wir jemals kein Glück? Sicher, nachdem die Sache mit dem Studium gebombt war, sah alles zunächst ziemlich unentspannt aus; die paar Termine, zu denen wir noch unsere Eltern sahen, wurden stressig, verhörartig. Doch wir richteten uns ganz gut ein, beschafften uns zwei, drei Jobs, die genug einbrachten, um einfach weitermachen zu können wie bisher. Und meistens ging die Rechnung auf. Ab und zu ein Neuzugang für die Retrocomputing-Sammlung war immer drin, genau wie die jährliche Forschungsreise, ein paar neue Games, die Pflicht-Filme des Monats und so. Okay, davon abgesehen konnten wir nicht viel Glamour bieten, schließlich muss man ja irgendwo kürzertreten. Klamotten, Ausgehen und Einrichtung fielen hinten runter - und damit auch die Frauensache. Aber was soll's? Dafür mussten wir uns nicht mit lästiger Verantwortung rumschlagen. Der Status Quo war gerettet. Mehr wollten wir ohnehin nie - den Status Quo retten, einfach die C64-Zeiten einfrieren. Für mehr fehlte uns einfach der Hunger. Warum sich abstressen, um es einmal besser als die Eltern zu haben? Die hatten's doch schon gut genug, da musste man nicht zwanghaft einen draufsetzen, sich beweisen. Wir trieben lieber weiter durch unser kleines unverbindliches Otaku-Universum und überließen es anderen, sich zu stressen. Ambitionen sind was für unglückliche Leute - so lautete unser Motto. Oder war es vielleicht doch nur mein Motto? Nick scheint in letzter Zeit mit den alten Slacker-Werten nicht mehr viel anfangen zu können, sonst hätte er sich nicht ohne Not diesen ganzen Verantwortungsscheiß ans Bein gehängt - Sabina, das Haus, und da kommt bestimmt noch mehr. So, wie es aussieht, werde ich mir bald einen anderen Player Two suchen müssen, der das rote Männchen bei International Karate steuert. Er hat natürlich Recht: Dass uns die Datacorp engagiert hat, ist das Sahnehäubchen auf einer ohnehin schon riesigen Sahnetorte, der finale Glücksgriff in einem Leben voller Glücksgriffe. Auch diesen Hauptgewinn werden wir wieder als selbstverständlich hinnehmen, wie wir es immer getan haben. Doch diese bohrende Frage im Hinterkopf bleibt, und sie bohrt immer lauter. Wann gehen uns die Wunder aus? Früher oder später muss diese Glückssträhne mal zu Ende gehen, und dann sind wir echt gekniffen. Lange kann das nicht mehr gutgehen; bald - vielleicht schon morgen oder an Nicks berühmtem Ende des Tages - wird einer kommen und merken, dass wir absolut nichts können. Nein, halt, totaler Stuss. Was ist los? Nick macht es richtig und freut sich über jeden neuen Rechner, jede Stunde Flugzeug und jeden Meter Wüste. Führt doch alles zu nichts, jetzt können wir unmöglich umkehren. Es bleibt dabei: Ab morgen wird gelernt.