LEVEL 31
Geht doch. Heute, an meinem zweiten Tag in Kanger, verhält sich das Wetter so, wie es das in der Nähe des Pols sollte: Es ist schlecht, und zwar richtig. Irgendwann. während ich heute Nacht im Zeitzonen-Koma lag, hat es wohl angefangen zu regnen und seitdem auch nicht mehr aufgehört. Das Wasser knallt so heftig gegen die Fensterscheiben des Restaurants, dass man Angst kriegt, sie könnten zerbrechen. Dicke Rinnsale ziehen sich den Rahmen herunter, und auf der Schotterpiste. wo gestern noch der Geländewagen Staub aufgewirbelt hatte, stehen jetzt kleine Teiche aus Schlamm. Obwohl es erst früher Nachmittag ist, hat sich der Himmel so eingedunkelt, dass die Bergkette hinter dem Frachtterminal von Air Greenland verschwunden zu sein scheint. Ich sitze imKangerlussuaq Poelsevogn, was so viel heißt wie Hot-Dog-Wagen, und kaue lustlos an einer Moschusochsen-Wurst, der Spezialität des Hauses. Nein, ein Sandwich mit Truthahnbrust könne sie nicht machen, hat die nette Dame hinter der Theke gesagt. Also bestelle ich wohl oder übel den Moschusochsen und hoffe, dass er keine aphrodisierende Wirkung hat; der Jetlag reicht. Da das Restaurant einfach zu klein ist, um die Bedienung anzuschweigen, versuche ich die Zeit, die der Mikrowellenofen zum Auftauen des Fleischs braucht, mit einem lockeren Gespräch über die Landessitten zu verkürzen. Auf meine Frage, ob es hier in Grönland üblich ist, Trinkgeld - »a tip« - zu geben, starrt mich die nette Oma nur verständnislos an.
»What's a tip?«
Mit der Air Force scheinen auch die amerikanischen Sitten abgezogen zu sein. Dann kommt der Ochse auf Brot, und weiß Gott, genau so sieht er auch aus. Schwarz und tranig und heiß. Nick hätte seine Freude an dem Fettlappen, vorausgesetzt, sein Pepto-Vorrat wäre noch nicht erschöpft. Überhaupt würde ihm Kanger gefallen, schon deshalb, weil es hier so wenig zu entscheiden gibt. Streng genommen gibt es an Tagen wie heute überhaupt nichts zu tun, außer zuzuschauen, wie die Jets durch den engen Fjord hereinschweben - wenn sie denn schweben und nicht direkt wegen schlechten Wetters am Boden bleiben müssen. Deshalb dauerte mein Rundgang durch Kangerlussuaq heute Morgen auch nur zwanzig Minuten. Mehr Zeit war nicht nötig, um jede verschlammte Straße einmal abzulaufen. Mein Fazit lautet: Kangerlussuaq ist nur was für Geschäftsfreunde. Alles an. diesem Ort ist militärisch oder wirtschaftlich nützlich - der Rest wurde weggelassen. Effizienz heißt in Grönland die Devise: Die meisten Häuser bestehen aus Containern oder Fertigelementen, da während des kurzen arktischen Sommers wohl nicht genug Zeit ist, um richtig zu bauen. Sogar die Kirche ist von außen mit gewelltem Stahlblech verkleidet und sieht aus wie ein Logistikzentrum an der A4. Hier scheint selbst der liebe Gott nur auf der Durchreise zu sein. Die dekorierende Hand einer Frau sucht man im Ort vergebens. Stockenten aus Holz im Vorgarten gibt es in Kangerlussuaq ebenso wenig wie Vorgärten selbst, denn dieser Platz ist für die Chevy Pickups und Toyotas der Einheimischen reserviert - bei minus 40 Grad im Winter hält der Grönländer den Weg zwischen Haustür und Auto lieber kurz. Hier irgendetwas nett anzumalen ist ebenfalls Unsinn, weil der arktische Winter jeden Lack gründlich abschmirgelt, so wie bei den alten amerikanischen GMC-Lastwagen, die am Straßenrand vor sich hinrosten und von deren roter Lackierung nur ein mattes Orange übrig geblieben ist. Der absolute Höhepunkt meines Rundgangs durch den industriell-militärischen Komplex namens Kangerlussuaq war der International Science Support, eine der vielen gesichtslosen Lagerhallen. Da stand neben dem Eingang eine Starthilferakete für die schweren Transportmaschinen rum, die die Wissenschaftler zum Pol bringen - einfach so! An der Seite der grau angestrichenen Bombe klebte ein riesiges Warnschild mit »Explosive!« drauf. Das scheint die Einheimischen allerdings nicht davon abzuhalten, die Höllenmaschine auf dem Bürgersteig zu lagern. An solchen Details merkt man, dass Kanger keine Stadt ist, sondern ein Basislager. Ein Restaurant, das »Am Ende der Welt« heißt, hat es hier leider nicht, obwohl ich mir keinen besseren Standort dafür vorstellen kann. Überhaupt gibt es nur drei Lokale: eines natürlich im Flughafen, dann den Würstchenwagen ungefähr 50 Meter vom Airport weg, und schließlich den Roklubben, einen Ruderclub, der an einem fünf Kilometer entfernten See liegt. Deutlich zu weit weg bei dem Regen. Bleiben also nur die Hot Dogs. Dadurch, dass ich mich erst um neun Uhr Ortszeit aus dem Bett geschält habe, ist schon der halbe Tag vorbei, ohne dass ich meine Mission auch nur ein Stück vorangebracht hätte, und ruck, zuck erreiche ich diesen toten Punkt zwischen Mittag und frühem Nachmittag, an dem selbst die Fliegen müde werden. Apathisch hocken sie am Rand des Formica-Tisches und warten darauf, dass die ersten Abendgäste reinkommen und ein Bier verschütten. Es ist zwei, vielleicht halb drei, aber so genau lässt sich das nicht sagen, da die Sonne hier ja ohnehin nie richtig untergeht. Ich nehme einen Schluck Kaffee und finde alles - ich habe das Alter erreicht, in dem man so was zugeben darf - gemütlich.Genau, gemütlich. Aus den Boxen scheppert »The Goodbye Look« von Donald Fagen, in der Küche rauscht die Spülmaschine, vor dem Fenster plätschert der Regen. Wie alt ist die Platte eigentlich? Irgendwie muss es eine ungeschriebene Regel geben, die da lautet: Je höher ein Ort im Norden liegt, desto älter darf die Musik aus der PA sein. Im Flughafen lief jedenfalls nonstop etwas, das ich für Creedence Clearwater Revival gehalten habe, immer wieder unterbrochen von Chers »Believe«.
Hier im Würstchenwagen also Fagen und seine Jungsfantasien aus den Sechzigern. Now the Americans are gone exept for two ...Wie passend. In der Ecke des Gastraums dudelt ein abgewetzter Arkanoid-Automat gegen das rosa Rauschen aus Regen und Geschirrspüler an. Ich stehe auf und lasse mich ein paar Minuten vom Demoprogramm hypnotisieren - das ist Entertainment in der Arktis! Wohl getimt zuckt eine Plattform am unteren Bildschirmrand hin und her und spielt den Ball in eine Klötzchenwand am oberen Rand zurück. Wo die Kugel einschlägt, verschwindet ein Steinchen, dann titscht sie wieder zur Plattform zurück. Ein billiger Klon des Hit-Spiels Breakout aus den Achtzigerjahren, simpel, aber hochinfektiös. Wie viele Freistunden haben wir damals auf dieses Hintergrundbild mit den blauen Waben gestarrt, wie oft haben wir frustriert gegen den Joystick geschlagen, wenn mal wieder ein Ball aus Versehen durchschlüpfte? Arkanoid gehörte zum Mobiliar der Spielkiste, der Zockhalle unseres Vertrauens zu Abizeiten. Der Laden lag direkt gegenüber unserer Schule und sah innen sogar ein bisschen aus wie der Hot-Dog-Wagen: Dunkle Wände, ein hellblauer Teppichboden mit postmodernem Muster, neben den Automaten über und über mit Brandflecken übersät - es durfte damals schließlich noch überall geraucht werden. Da eine Frau die Zockhalle führte, waren im Raum wahllos ein paar Plastikpalmen verteilt. Alles in allem stellte die Spielkiste den Versuch dar, das Apartment von Sonny Crockett in den Hollywood Hills mit Material aus dem Baumarkt nachzubilden. Uns war die Einrichtung natürlich völlig egal, wir kamen für die Videospiele: 1942, Raiden, R-Type. Während jeder Freistunde oder Schülervollversammlung war die Spielkiste rappelvoll, darauf konnte man sich verlassen. Und da standen wir dann, mit unseren Diesel Saddle-Jeans und Boss-Sakkos, lehnten lässig an den Automaten und versuchten, so zu tun, als hätten wir für den gerade eingeworfenen Heiermannbeim Pizzaservice nicht eine halbe Stunde Käse reiben müssen; die Dinge mühelos erscheinen zu lassen war schließlich oberste Pflicht. Ich kann das Gefasel der Gutmenschen förmlich hören: Damals spielte man noch zusammen, da hockte noch nicht jeder isoliert vor dem Rechner. Aber das ist nichts als Pfadfindergewäsch. Die Spielkiste war kein sozialer Schmelztiegel, sondern hier stand - genau wie überall woanders auch - die Klassengrenze bombensicher: Sie verlief quer durch den Raum, und zwar zwischen den Daddelautomaten an der einen Wand und den Videospielen auf der anderen. Auf der einen Seite fütterten die Arbeitslosen den Sonnen Play schon morgens um zehn mit dem Rest ihrer Stütze, gegenüber droschen wir auf die Feuerknöpfe ein. Ein Austausch über die Demarkationslinie Merkur-Mario hinweg fand nicht statt. Geldspieler wagten sich niemals in die Videoecke, wir trauten uns nicht ins Schnauzerterritorium. Daddeln, das war doch was für Leute, die sich an der Raste eine Packung Ramses mit Feuchtfilm ziehen. Bildeten wir uns zumindest ein. Aber dann, kurz vorm Abi, brach in der Spielkiste doch noch das große Miteinander aus: Über Nacht löste sich die Front auf und wurde - zumindest in eine Richtung - durchlässig. Nein, die ALU-Empfänger wechselten nicht die Seite und kamen zu uns rüber. Wir begannen zu daddeln. Wir, die ach so überlegenen Computerspieler, fest im Glauben an den Highscore und den Sieg des Willens über die Maschine, hatten plötzlich einen Mordsspaß dabei, für 30 Pfennig zehn Sekunden lang drehende Scheiben anzustarren. Und es waren keineswegs nur Nachprüfungskandidaten, die sich unter die Vokuhila-Fraktion mischten, sondern allen voran jene Jungs, die Minuten zuvor im Philosophieunterricht noch das Loblied auf die Ratio gesungen hatten. Diese oberklugen Streber ließen auf einmal den typischen Daddler-Bullshit vom Stapel, und zwar im vollen Ernst: »Der wirft gleich! Das siehst du daran, dass das Licht erst hier einmal blinkt und dann ...« oder »Wenn die Dreißig fünfzehn Mal hintereinandergekommen ist, kommt als Nächstes ...« und natürlich der Klassiker »der Schlüter hat letzte Woche hundertzwanzig Mark aus dem Ding rausgeholt«, Irgendwann war der Spuk dann vorbei, und der Schlüter musste seinen Golf GTD wieder daheim auf Papas Hof mit verbilligtem Traktordiesel befüllen. Eigentlich hätte ich Lust auf eine Runde Arkanoid, doch die Kiste nimmt ausschließlich Kronen, und ich habe nur noch Dollar in der Tasche; immerhin konnte ich mit denen im Würstchenwagen das Essen bezahlen. Also bleibt mir nichts anderes übrig, als weiter auf das Demoprogramm zu starren und zu warten, bis der Regen ein wenig nachlässt. Der Spielautomat stammt sicher noch aus der Zeit, als hier die Leute von der US Air Force ihre Zeit totgeschlagen haben. Anfang der Neunziger ist der letzte G.I. ins Flugzeug nach Hause gestiegen, dann wurde die Base still und leise dichtgemacht, hat die Dame an der Theke erzählt. Für die Einheimischen muss das ein schwererAbschied gewesen sein, schließlich stand ihr Ort jahrzehntelang im Scheinwerferlicht der Geopolitik, ein bisschen wie Bonn. Zu Zeiten des Kalten Krieges ging es auf dem eisigen Felsen zwischen USA und UdSSR nämlich ziemlich heiß zu; Grönland war Schauplatz von ziemlich vielen merkwürdigen Geheimaktionen. und es sollte mich wundern, wenn meine Mission nichts damit zu tun hätte. Meine Hypothese für die kommenden Tage lautet: Die versteckten Koordinaten in Moonlander weisen den Weg zu einer Radarstation - danach sahen die paar Striche auf dem Bildschirm zumindest aus. Sollte das stimmen, hätte ich mir keinen besseren Punkt auf dieser Erde aussuchen können, denn Radarstationen sind sozusagen - wie die Moschusochsenwurst - eine lokale Spezialität: Während des Kalten Krieges errichteten die USA nämlich quer durch das Land einen Gürtel von Radar-Frühwarnstationen, mit deren Hilfe man anfliegende russische Atombomber aufspüren wollte. Diese so genannte Linie von Distance Early Warning-Posten, kurz Dew-Line genannt, wurde quer durch Grönland angelegt, inklusive geheimer Landebahnen, Straßen und Wasserreservoirs. Klingt extrem geheim und gut. Diese Info hat mich ungefähr zehn Dollar gekostet; so viel musste im am Terminal in der Hotellobby für eine Stunde Netzzugang zahlen. Dafür bekam ich eine Datenrate. die an 56K-Modem- Zeiten erinnerte, plus eine Displaygrafik aus der MosaicÄra. Wieder einmal hinterließen Nick und sein Rechner eine große Leerstelle. Da ich ohnehin schon beim Researchen war, entschied ich mich, gleich noch eine Nachricht an die Redaktion zu schicken, um darin meinen verlängerten Urlaub anzukündigen. Nick müsste ja heute wieder an Deck sein und würde sicher ein paar mehr oder weniger glaubhafte Entschuldigungen dazu stammeln. Jetzt, nachdem das getan ist und sich das mentale Wurmloch zum Alltag wieder schließt, kann ich mich voll und ganz der Expeditionslogistik zuwenden, falls man davon überhaupt sprechen kann. Was mir für den Marsch morgen sicher am meisten fehlt, ist ein mobiles Navigationsgerät. Ich fürchte, ohne Orientierungshilfe werde ich mich schon hinter der ersten Hügelkette verlaufen. Da es auch im Netz kein Kartenmaterial gab, blieb mir nichts anderes übrig, als heute Morgen im Flughafen-Souvenirshop einen gedruckten Plan zu kaufen. Mit einem sanften Lächeln rief die Dame an der Kasse 15 Dollar für die Wanderkarte auf; sie schien sich noch an meine dumme Frage von gestern zu erinnern. Die Maschine aus Kopenhagen muss mittlerweile da gewesen sein, denn die atmungsaktiv gekleideten Massen waren aus dem Terminal verschwunden. Ich nippe wieder am Kaffee - den Rat der Bedienung, einmal den hauseigenen Apfelsaft zu kosten, schlage ich aus. Woher sollen hier die Äpfel kommen? Ich falte die Karte auf. Meine Augen brennen, weil ich das Schlafdefizit von L.A. immer noch nicht aufgeholt habe. „Das Erste, was Sie bemerken werden, ist die Stille«, hatte das örtliche Tourismusbüro im Netz geworben. Von arktischer Ruhe konnte heute Nacht aber keine Rede sein: Mein Zimmer liegt zwischen dem örtlichen Elektrizitätswerk, einer Laderampe und der Landebahn des Flughafens. Besser gesagt, ich wohne im Flughafen, denn das Hotel Kangerlussuaq und der Airport sind ja ein und dasselbe. Wer am Gate ankommt, fällt quasi direkt ins Zimmer. Das ist natürlich irre praktisch, wenn man, so wie ich, die kurzen Wege liebt, geht aber nach hinten los, weil diese lästigen Flugzeuge im Zweistundentakt direkt über der Bettdecke einschweben. Obendrein scheinen die Leute hier oben nicht an Mückennetze vor den Fenstern zu glauben, sondern darauf zu vertrauen, dass die Viecher bei 35 Grad Raumtemperatur ganz von allein platzen. Aber genug gejammert: Ich habe die Hälfte der Nacht auf Greenland I Wiederholungen von Xena - Die Kriegerprinzessin mit dänischen Untertiteln geschaut und dabei zugesehen, wie die Mücken vor der ockergelben Wand tanzten. Das Zimmer ist komplett mit hellen Holzmöbeln eingerichtet und verströmt diese Turnhallenumkleide-Aura. In der Ecke steht eine Stereoanlage aus den Siebzigerjahren samt Boxen von Bang &Olufsen, über die ich gerne eine Platte der Cardigans gehört hätte. Trotz der Mücken, die sogar durch meine Jeanshindurchgestochen haben, war alles irgendwie gut. Zurück zur Hot-Dog-Tristesse und der Karte vor mir auf dem Tisch. Sie wirkt direkt vertraut - das gleiche Layout wie bei den Generalstabsplänen der amerikanischen Forstbehörde, nach denen Nick und ich in den Rockies immer navigieren. Ein Kästchen entspricht einer Quadratmeile, Straßen sind durchgezeichnet, Wege gestrichelt. Doch anders als auf den Karten, die wir aus Montana kennen, ist auf dieser Karte außer Höhenlinien und vielen Flüssen absolut nichts eingezeichnet - nicht wegen eines Druckfehlers, sondern weil es schlichtweg nichts gibt. Dieeinzige dicke Linie schlängelt sich ein paar Kilometer vom Airport zum Hafen am Ende des Fjords. Von diesem bisschen Asphalt abgesehen existiert hier nichts, nur ein paar Schotterstraßen, die von Kanger aus in alle Richtungen abgehen. Der Rand des ewigen Eises ist ungefähr fünfzehn Kästen entfernt eingezeichnet. Auf den Luxus, den Bergen Namen zu geben, hat die Air Force verzichtet und stattdessen die Hügelkuppen einfach durchnummeriert: Point 543, Point 580, Point 590 und so weiter. Ein paar Ausnahmen haben sich die Pioniere, die während des Zweiten Weltkriegs die Gegend erkundet haben, gegönnt: So hat Kangerlussuaq tatsächlich seinen eigenen Zuckerhut, den »Sugar Loaf-Mountain« direkt neben der Stadt. Außerdem gibt es noch die »Ravneklippen (Black Ridge)«.
Tatsächlich, da steht es ganz deutlich, direkt neben den kleinen Kästchen, die die Baracken von Kanger symbolisieren. Sollte mein Ziel tatsächlich so nah sein? Ein kurzer Nachmittagsspaziergang, und schon klopfe ich am Hauptquartier der Datacorp an? Selbst wenn nicht - die Spur ist richtig. Black Ridge, das kann kein Zufall sein. Ich ziehe die Sixpack-Pappe aus dem Koffer, in die ich in L.A. die Koordinaten aus Moonlander geritzt habe, und versuche, mich zurechtzufinden - mit mäßigem Erfolg. Da hätte ich beim Orientierungslauf in der siebenten Klasse wohl besser mal aufgepasst. Ich hangele mich an den Breiten-und Höhengraden entlang, überschlage die Entfernung. Wie breit ist eigentlich eine Minute? Dann die Enttäuschung. Black Ridge kann nicht mein Ziel sein, dafür liegt der Bergrücken viel zu nah an der Stadt. Black Ridge II liegt in einer ganz anderen Gegend, 13 Meilen oder 20 Kilometer vom Flughafen entfernt, also viel zu weit weg, um heute noch loszumarschieren, egal, wie flach die Landschaft auch sein mag. Ich trinke meinen Kaffee aus und überlege mir, den Nachmittag für umgerechnet drei Dollar im örtlichen Fitness-Studio zu verbringen - noch so ein angenehmes Relikt aus der Zeit von Bluie West, wie die US-Basis damals hieß. Nach der Moschusochsen-Wurst wäre ein Workout angezeigt.