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„Mein Name ist Elija Njoya“, sagte der eine.
„Und ich bin Peter Kahiga“, sagte der andere.
„Wir sind von der Polizei.“
„Möchten Sie unsere Dienstmarken sehen?“
„Das wird nicht nötig sein“, antwortete er ihnen. „Vor dem Herrn der Krähen sind alle gleich.“
„Gut, das zu hören“, sagten sie wie aus einem Mund.
„Was führt euch zu so früher Stunde zu meinem Schrein?“
„Wir haben eine Nachricht von der Regierung für Sie“, antwortete Kahiga.
„Ihre Fähigkeiten im Umgang mit dem Spiegel sind dem Staat zu Ohren gekommen“, fügte Njoya etwas unbeholfen hinzu.
Er spürte die Furcht in ihrem Auftreten, doch bewies das nicht viel. Ähnliches Unbehagen hatte er schon oft erlebt, vor allem bei religiösen Schwärmern, gebildeten Fachleuten und hochrangigen Staatsbediensteten, die nach außen hin vorgaben, nicht an Übersinnliches zu glauben. Einmal kam bei Tagesanbruch ein Priester zu ihm, der jeden Sonntag die Zauberei verurteilte, und lief vor dem Schrein einem seiner Gemeindemitglieder über den Weg. Beide behaupteten stock und steif, mit dem Zauberer verwandt zu sein, und gaben das als Grund ihres Besuches an. Anschließend verabschiedeten sie sich voneinander und sagten, sie würden ein anderes Mal wiederkommen.
Wir Menschen sind kompliziert, dachte er, als er sich an diese Begegnung erinnerte.
Einer der Polizisten holte ihn ruckartig aus seinen Gedanken.
„Hören Sie gut zu. Wir suchen überall nach einer Frau namens Nyawĩra“, sagte Njoya, beugte sich vor und senkte die Stimme.
„Und wir haben bis jetzt nicht die geringste Spur von ihr“, fügte Kahiga hinzu.
„Und wer soll diese Nyawĩra sein?“, fragte der Zauberer.
„Sie haben bestimmt schon von ihr gehört“, antwortete Njoya. „Sie ist eine Terroristin, die sich geschworen hat, die legitime Regierung des Herrschers zu stürzen.“
„Eine entsetzliche Frau“, ergänzte Kahiga. „Sie hat schon vielen den Kopf verdreht.“
„Vielen Frauen vor allem“, setzte Njoya hinzu.
„Haben Sie von den Frauen gehört, die den Bauplatz für Marching to Heaven entweiht haben?“
„Der Herr der Krähen besucht keine Feierlichkeiten, denen er nicht selbst vorsteht“, sprach der Herr der Krähen.
„Wir wollen sie festnehmen“, meinte Njoya.
„Und Sie sind der Einzige, der die Macht hat, sie zu finden“, sagte Kahiga.
„Wir bitten Sie, Ihren Spiegel zu befragen“, erklärte Njoya.
Der Herr der Krähen musterte ihre Gesichter, konnte aber keinerlei Anzeichen von Sarkasmus oder Hohn entdecken.
„Ich verfüge nur über heilende Kräfte“, erklärte er.
„Wir bieten Ihnen einen Vertrag an. Geld spielt keine Rolle. Nennen Sie Ihren Preis“, sagten Njoya und Kahiga gleichzeitig. „Sie erfüllen Ihren Teil des Vertrags, wir den unseren.“
„Es geht mir nicht um Burĩ-Scheine“, wies er sie zurecht. „Jeder Beruf hat seinen Sinn und Zweck. Ihr würdet niemals einen Zahnarzt bitten, eine Herztransplantation vorzunehmen. Eure Qualifikation besteht darin, diejenigen zu bestrafen, die gegen die Gesetze des Staates verstoßen. Meine besteht darin, die Kräfte zu verfolgen, die die Gesetze des Lebens bedrohen.“
„Aber Nyawĩra ist eine schlimme Krankheit. Indem sie sich gegen unseren Staat wendet, bedroht sie das Leben von vielen“, wandte Njoya ein.
„Ja, räuchern Sie sie in ihrem Versteck aus. Sie ist wie eine ansteckende Krankheit“, ergänzte Kahiga.
„Dann bringt sie in meinen Schrein“, sprach der Herr der Krähen. „Und mit ihr alle, die sich bei ihr angesteckt haben.“
„Sie hat Unzählige angesteckt“, sagten sie gleichzeitig. „Hat der Jugend das Hirn vernebelt. Wir können nicht alle Infizierten zusammentreiben. Man muss das Virus isolieren, um die Ansteckung aufzuhalten.“
„Dann bringt mir das Virus, und ich werde ein Heilmittel finden“, entgegnete der Herr der Krähen in einem Ton, der die Unterredung beenden sollte. „Sind meine Heilkräfte der verlängerte Arm des Staates? Was würden meine Kunden denken, wenn sie davon erführen? Würde das Vertrauen aufbauen? Dann könnt ihr mich gleich ins State House einladen und der ganzen Welt verkünden: Hier steht Sir Herr der Krähen. Er lockt Kunden in den Schrein, um dem Staat zu helfen, Kriminelle zu fangen“, sagte er entschieden.
Statt verärgert zu reagieren, schauten sich Kahiga und Njoya an, als verstünden sie, worauf der Zauberer hinauswollte.
„Wir werden Ihre Botschaft denen überbringen, die uns geschickt haben“, sagte Njoya. „In der Zwischenzeit bitten wir Sie, sich zu überlegen, was Ihre Dienste für den Staat kosten sollen.“
„Da gibt es nichts zu überlegen“, antwortete er entschlossen. „Ihr seid Wächter des Staates, ich bin Hüter des Lebens.“